4a O 96/08 – Bürstenaggregat II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1105

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. März 2009, Az. 4a O 96/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 50/09

I. Die Widerklage wird abgewiesen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die ihr durch die Einschaltung der Rechtsanwälte sowie des Patentanwalts entstandenen vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 4.236,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2008 zu zahlen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene alleinige Inhaberin des deutschen Patents DE 42 05 xxx C1 (Klagepatent, Anlage TW 1). Das Klagepatent, das am 21.02.1992 angemeldet und dessen Erteilung am 26.08.1993 bekannt gemacht wurde, betrifft ein rotativ antreibbares Bürstenaggregat. Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

Rotativ antreibbares Bürstenaggregat, bestehend aus einem Bürstenhalter und einer Ringbürste mit einem biegsamen Bürstenband, von dem Bürstenband nach außen stehenden Borsten und mit borstenfreien Bandzonen für das Bürstenband übergreifende Axialstege am Bürstenhalter,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Bürstenhalter (1) eine Ringfläche (7) aufweist, deren Außendurchmesser (Da) kleiner als der Innendurchmesser (Di) der die Ringfläche (7) übergreifenden Ringbürste (2) ist, dass der radiale Abstand (Ar) zwischen der Ringfläche (7) und den Axialstegen (6) ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke (S) beträgt, dass die Bürstenbandbreite (B) kleiner als der axiale Abstand (Aa) zwischen beidseitig der Ringfläche (7) angeordneten Radialflanschen (8) oder zwischen jeweils einseitig angeordneten Radialflanschen (8) und einer Spannscheibe (10) für die Ringbürste (2) ist, und dass die Ringbürste (2) dadurch mit radialem und axialem Bewegungsspiel in dem Bürstenhalter (1) gehalten ist.

Mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 30.09.2008 hat das
Bundespatentgericht das Klagepatent aufrechterhalten.

Nachfolgend werden Figuren aus der Klagepatentschrift wiedergegeben, die bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung betreffen. Figur 1 bildet ein erfindungsgemäßes Bürstenaggregat in einer Explosionsdarstellung ab, welches zum Einspannen zwischen zwei Spannscheiben geeignet ist.

In Figur 2 ist ein Bürstenaggregat nach Figur 1 in einer abgewandelten Ausführungsform mit beidseitig abgewinkelten Radialflanschen und die Radialflanschen verbindenden Axialstegen dargestellt. Figur 12 bildet eine abgewandelte Ausführungsform des Gegenstandes nach Figur 2 ab.

Die Klägerin stellt – wie die Beklagte – Bürstenaggregate und hierfür geeignete Rotationsmaschinen her. Als Inhaberin des Klagepatents führte die Beklagte in den Jahren 2006/2007 vor dem Landgericht Düsseldorf einen Rechtsstreit (Az. 4b O 400/06) gegen die A B.V., eine Kundin der Klägerin. Der Rechtsstreit betraf ein Vorgängermodell des nun streitgegenständlichen Bürstenaggregats (im Folgenden: Bürstenaggregat I), welches die Klägerin an die A B.V. lieferte.

Daraufhin stellte die Klägerin die Produktion des Bürstenaggregates I ein und veränderte die Halterkonstruktion im Bereich der Axialstege (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Dabei wurden die Axialstege mit einer Auswölbung versehen. Gleichzeitig wurde der Durchmesser der Ringfläche vergrößert, so dass die angegriffene Ausführungsform wie folgt gestaltet ist:

Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsform lässt sich unstreitig auch aus einer Patentanmeldung der Klägerin erkennen, aus deren Zeichnungen sich insbesondere die veränderte Form der Axialstege (Bezugsziffern 220 und 223) ergibt:

Mit der angegriffenen Ausführungsform nahm die Klägerin an einer Eisenwarenmesse in Köln teil, welche vom 09.-12.03.2008 stattfand. Nachdem Vertreter der Beklagten die angegriffene Ausführungsform dort begutachtet hatten, stellte die Beklagte Strafanzeige beim Hauptzollamt Köln, welches Muster des streitgegenständlichen Bürstenaggregates beschlagnahmte. Mit Schreiben vom 12.03.2008 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf die geänderte Ausführungsform auf, die Nichtverletzung des Klagepatents zu bestätigen und durch Unterzeichnung einer strafbewehrten Verzichts- und Verpflichtungserklärung rechtsverbindlich zu erklären, auf die Geltendmachung entsprechender Ansprüche zu verzichten. Nachdem sich die Beklagte geweigert hatte, diese Verzichts- und Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen, hat die Klägerin beim Landgericht Düsseldorf eine negative Feststellungsklage erhoben.

Mit dieser am 23.05.2008 zugestellten Klage hat die Klägerin beantragt,

I. festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche wegen der Verletzung des deutschen Patents DE 42 05 xxx C1 zustehen und die Klägerin damit nicht verpflichtet ist,

1. es zu unterlassen,

ein rotativ antreibbares Bürstenaggregat, bestehend aus einem Bürstenhalter und einer Ringbürste mit einem biegsamen Bürstenband, von dem Bürstenband nach außen stehenden Borsten und mit borstenfreien Bandzonen für das Bürstenband übergreifende Axialstege am Bürstenhalter,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der Bürstenhalter eine Ringfläche aufweist, deren Außendurchmesser kleiner als der Innendurchmesser der die Ringfläche übergreifenden Ringbürste ist, bei denen die Axialstege Ausbuchtungen aufweisen, die das Bürstenband auf die Ringfläche aufdrückt, so dass der radiale Abstand zwischen der Ringfläche und den Axialstegen kein mehrfaches der Bürstenbanddicke beträgt, bei denen die Bürstenbandbreite kleiner als der axiale Abstand zwischen beidseitig der Ringfläche angeordneten Radialflanschen oder zwischen jeweils einseitig angeordneten Radialflanschen und einer Spannscheibe für die Ringbürste ist und bei denen die Ringbürste dadurch nicht mit radialem Bewegungsspiel in dem Bürstenhalter gehalten ist;

2. der Beklagten über den Umfang der vorstehend in Ziff. 1 bezeichneten Handlungen für die Zeit seit dem 26.09.1993 Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses unter Angabe

a) der Mengen der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer der vorstehend in Ziff. 1 beschriebenen Erzeugnisse,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen nebst Produktbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen nebst Produktbezeichnungen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei die Gemeinkosten nur abgezogen werden dürfen, wenn und soweit sie ausnahmsweise den unter Ziffer 1 beschriebenen Erzeugnissen unmittelbar zugerechnet werden können,

wobei der Klägerin vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Beklagten einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Klägerin dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Beklagten auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

3. der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Zuwiderhandlungen gegen die vorstehend in Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird;

4. die in ihrem mittelbaren oder unmittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend in Ziff. 1 beschriebenen Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten;

II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die ihr durch die Einschaltung der Rechtsanwälte sowie des Patentanwalts entstandenen vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 4.236,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 12.01.2009 die Klage hinsichtlich der Anträge zu I. in der Hauptsache für erledigt erklärt und insoweit beantragt, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Beklagte hat sich dieser Teilerledigungserklärung mit Schriftsatz vom 02.03.2009 unter Protest gegen die Kostenlast angeschlossen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Bürstenaggregat der Klägerin mache auch in seiner veränderten Ausführung widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Zur Begründung ihres Vortrags bezieht sie sich u.a. auf ein von ihr eingeholtes Gutachten des Professors Dr.-Ing. B (Anlage PBP 2). Sie nimmt die Klägerin deshalb auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Schadenersatz, Vernichtung sowie Entfernung aus den Vertriebswegen in Anspruch.

Mit Schriftsatz vom 06.10.2008 hat die Beklagte daher Widerklage erhoben, mit welcher sie beantragt,

I. die Klägerin zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren

zu unterlassen,

rotativ antreibbare Bürstenaggregate, bestehend aus einem Bürstenhalter und einer Ringbürste mit einem biegsamen Bürstenband, von dem Bürstenband nach außenstehenden Borsten und mit borstenfreien Bandzonen für das Borstenband übergreifen[de] Axialstege am Bürstenhalter

in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen

der Bürstenhalter eine Ringfläche aufweist, deren Außendurchmesser (Da) kleiner als der Innendurchmesser (Di) der die Ringfläche übergreifenden Ringbürste ist, bei denen der radiale Abstand (Ar) zwischen der Ringfläche und den Axialstegen ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke (S) beträgt, bei denen die Bürstenbandbreite (B) kleiner als der axiale Abstand (Aa) zwischen beidseitig der Ringfläche angeordneten Radialflanschen für die Ringbürste ist, und bei denen die Ringbürste dadurch mit radialem und axialem Bewegungsspiel in dem Bürstenhalter gehalten ist;

2. der Beklagten darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26.09.1993 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei die zugehörigen Einkaufs- und Verkaufsbelege mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Widerbeklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können;

wobei der Klägerin vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Beklagten einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Klägerin dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Beklagten auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

II. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 26.09.1993 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III. die Klägerin weiter zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter oben I. 1. fallenden Bürstenaggregate auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

IV. die Klägerin weiter zu verurteilen, die von ihr vertriebenen, unter oben I. 1. fallenden Bürstenaggregate endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen.

Des Weiteren hat die Beklagte hilfsweise für den Fall, dass die Kammer von einer äquivalenten Verletzung des Klagepatents ausgehen sollte, den Unterlassungsantrag gemäß Ziffer I. wie folgt gestellt:

die Klägerin zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren

zu unterlassen,

rotativ antreibbare Bürstenaggregate, bestehend aus einem Bürstenhalter und einer Ringbürste mit einem biegsamen Bürstenband, von dem Bürstenband nach außenstehenden Borsten und mit borstenfreien Bandzonen für das Borstenband übergreifende Axialstege am Bürstenhalter

in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen

der Bürstenhalter eine Ringfläche (mit Aussparungen) aufweist, deren Außendurchmesser (Da) kleiner als der Innendurchmesser (Di) der die Ringfläche übergreifenden Ringbürste ist, bei denen der radiale Abstand (Ar) zwischen der Ringfläche und den Axialstegen, die in Richtung auf die Aussparungen der Ringfläche eine Auswölbung aufweisen, zum Teil weniger als die Bürstenbanddicke (S) beträgt, bei denen die Bürstenbandbreite (B) kleiner als der radiale Abstand (Aa) zwischen beidseitig der Ringfläche angeordneten Radialflanschen für die Ringbürste ist, und bei denen die Ringbürste dadurch mit radialem und axialem Bewegungsspiel in dem Bürstenhalter gehalten ist.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Sie meint, das von ihr nunmehr hergestellte und vertriebene Bürstenaggregat verletze das Klagepatent nicht. Zunächst betrage der radiale Abstand der Ringfläche zu den Axialstegen nicht ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke. Die Axialstege würden nunmehr eine Auswölbung aufweisen, die das Bürstenband nach dem Einsetzen in den Bürstenhalter auf die Ringfläche aufdrückt. Gleichzeitig sei der Durchmesser der unterbrochenen Ringfläche im Vergleich zu dem Vorgängermodell vergrößert worden. Hierdurch habe sich der radiale Abstand zwischen der Ringfläche und den Axialstegen so verkleinert, dass dieser nicht mehr ein Vielfaches der Dicke des Bürstenbandes betrage. Darüber hinaus sei die Ringbürste nicht mit radialem und axialem Bewegungsspiel in dem Bürstenhalter gehalten. Die Auswölbungen an den Axialstegen würden derart auf das Bürstenband drücken, dass es zwischen den Axialstegen und den schräg gegenüberliegenden Kanten an den Unterbrechungen der Ringfläche fest eingeklemmt werde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Widerklage hat in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Beklagte hat gegen die Klägerin keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadenersatz, Vernichtung und endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Deshalb hat die Beklagte der Klägerin die vorgerichtlichen Kosten ihrer Rechts- und Patentanwälte zu erstatten, § 823 Abs. 1 BGB bzw. §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.

I.
Das Klagepatent betrifft ein rotativ antreibbares Bürstenaggregat, bestehend aus einem Bürstenhalter und einer Ringbürste mit einem biegsamen Bürstenband, von dem Bürstenband nach außen stehenden Borsten und borstenfreien Bandzonen für das Bürstenband übergreifende Axialstege am Bürstenhalter.

Die Beschreibung des Klagepatents führt aus, dass eine rotativ antreibbare Werkzeugspannvorrichtung mit zumindest zwei Spannscheiben auf einer gemeinsamen Spannschraube zum Einspannen einer Werkzeughülse zwischen den beiden Spannscheiben bekannt ist, wobei es sich bei der Werkzeughülse auch um eine Bürstenscheibe handeln kann. Die beiden Spannscheiben dieser Werkzeugspannvorrichtung weisen konzentrische Ringnuten zum Einspannen von im Wesentlichen durchmessergleichen Bürstenhülsen auf; im Übrigen sind die eingespannte Bürstenhülse außenseitig übergreifende Axialstege an den Spannscheiben vorgesehen. Diese Vorrichtung gewährleistet eine einwandfreie Positionierung und Stabilisierung der jeweils eingespannten Bürstenhülse, so dass aus dem im Einsatz angreifenden Beanspruchungen keine Deformationen resultieren, also stets eine zylindrische Werkzeugoberfläche zur Verfügung steht, selbst wenn die Bürstenhülse aus biegsamen Material besteht; insoweit hat sich diese Werkzeugspannvorrichtung bewährt. Die Klagepatentschrift kritisiert jedoch, dass die Intensität bzw. Effektivität der Oberflächenbearbeitung verbesserungsbedürftig sind.

Als weiteren Stand der Technik nennt das Klagepatent die US 4,365,448, aus der eine rotativ antreibbare Schmirgelschleifvorrichtung bekannt ist. Diese ist mit einem Schleifeinsatz mit radial abstehenden Sandpapierstreifen ausgerüstet, wobei der Schleifeinsatz einen innenseitigen Verstärkungsring aufweist und die zwischen den abstehenden Sandpapierstreifen entstehenden freien Verstärkungsringzonen von Axialstegen übergriffen werden, die an einer Befestigungsscheibe angeformt sind und in Verbindung mit einer Abdeckplatte den Schleifeinsatz fingerartig umschließen. Dadurch soll ein einfacher Austausch des Sandpapierschleifeinsatzes gewährleistet werden.

Die Klagepatentschrift führt darüber hinaus als Stand der Technik die DE 37 18 932 C2 an, aus der ein Rotationsbürstenwerkzeug zur Oberflächenbearbeitung bekannt ist, bei dem ein Band aus Kunststoff oder Metall mit Stahldrahtborsten gleicher Länge bestückt ist. Das flache, dünne, endlose Band ist als Ring auf einen gummielastischen Ringkörper gespannt, der zwischen zwei Flanschen einer aus diesen gebildeten Spanneinheit axial verformt und verspannt wird und sich infolge seiner Verformung radial aufzuweiten sucht, wodurch das Band festgespannt wird. Dadurch soll eine verbesserte Bearbeitungswirkung erzielt werden, da die einzelnen Borsten nicht in sich selbst, sondern nur als Ganzes aufgrund des flexiblen Borstenkörpers elastisch nachgeben können. Das Klagepatent stellt jedoch als nachteilig heraus, dass ein komplizierter Aufbau und eine schwierige Montage in Kauf genommen werden müssen.

Schließlich erwähnt das Klagepatent die DE 847 013, die eine Bürstenwalze für Straßenkehrmaschinen, die aus einer Mehrzahl von nebeneinander liegenden Bürstenringen besteht, betrifft. Bei dieser ist jeder Bürstenring durch mehrere spiralförmig verlaufende Federspeichen mit der Antriebswelle gekuppelt.

Vor diesem Hintergrund des Standes der Technik nennt es die Klagepatentschrift als der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe (das technische Problem), ein rotativ antreibbares Bürstenaggregat zu schaffen, welches eine besonders intensive bzw. effektive Oberflächenbearbeitung gewährleistet und sich darüber hinaus durch eine in fertigungs- und montagetechnischer Hinsicht besonders einfache Bauweise auszeichnet.

Dazu schlägt das Klagepatent eine Kombination der folgenden Merkmale vor:

1. Rotativ antreibbares Bürstenaggregat, bestehend aus einem Bürstenhalter (1) und einer Ringbürste (2).

2. Der Bürstenhalter (1) weist auf
a) eine Ringfläche (7),
b) Axialstege (6), die das Bürstenband (3) übergreifen.

3. Die Ringbürste (2)
a) weist ein biegsames Bürstenband (3) auf,
b) übergreift die Ringfläche (7) des Bürstenhalters (1).

4. Die Ringfläche (7) hat

a) entweder

– beidseitig angeordnete Radialflansche (8)

oder

– jeweils einseitig angeordnete Radialflansche (8) und eine Spannscheibe (10) für die Ringbürste (2),

b) einen Außendurchmesser (Da), der kleiner ist als der Innendurchmesser (Di) der die Ringfläche (7) übergreifenden Ringbürste (2),

c) einen radialen Abstand (Ar) zu den Axialstegen (6), der ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke (S) beträgt.

5. Das Bürstenband (3) weist auf

a) nach außen stehende Borsten (4),

b) borstenfreie Bandzonen (5) für die das Bürstenband (3) übergreifenden Axialstege (6),

c) eine Bürstenbandbreite (B), die kleiner ist als der axiale Abstand (Aa) zwischen den beidseitigen Radialflanschen (8) bzw. den einseitigen Radialflanschen (8) und der Spannscheibe (10).

6. Die Ringbürste (2) ist dadurch mit radialem und axialem Bewegungsspiel in dem Bürstenhalter (1) gehalten.

Die Beschreibung des Klagepatents stellt es als Vorteil der Erfindung heraus, dass die Maßnahmen zur Folge haben, dass die Ringbürste praktisch lose in dem gleichsam einen Käfig bildenden Bürstenhalter gehalten wird. Wird das erfindungsgemäße Bürstenaggregat angetrieben, entstehen zwischen den einzelnen Axialstegen nahezu kleeblattartige Ausbauchungen unter Bildung changierender Bürstenflächen.

II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die durch Patentanspruch 1 des Klagepatents beanspruchte Lehre weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln.

1.
Zwischen den Parteien ist zu Recht nicht umstritten, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um ein antreibbares Bürstenaggregat, bestehend aus einem Bürstenhalter (1) und einer Ringbürste (2) handelt (Merkmal 1). Der Bürstenhalter (1) besteht aus einer Ringfläche (7) und Axialstegen (6), die das Bürstenband (3) übergreifen (Merkmalsgruppe 2). Die Ringbürste (2) weist ein biegsames Bürstenband (3) auf, welches die Ringfläche (7) des Bürstenhalters (1) übergreift (Merkmalsgruppe 3). Des Weiteren verfügt die angegriffene Ausführungsform über beidseitig angeordnete Radialflansche (Merkmal 4 a)). Der Außendurchmesser (Da) der Ringfläche (7) ist kleiner als der Innendurchmesser (Di) der die Ringfläche (7) übergreifenden Ringbürste (2) (Merkmal 4 lit. b)). Schließlich weist das Bürstenband (3) nach außen stehende Borsten (4) und borstenfreie Bandzonen (5) für die das Bürstenband (3) übergreifenden Axialstege (6) auf, wobei die Bürstenbandbreite (B) kleiner als der axiale Abstand (Aa) zwischen den beidseitigen Radialflanschen (8) ist (Merkmalsgruppe 5)

2.
Jedoch beträgt der Abstand der Ringfläche (7) zu den Axialstegen (6) bei der angegriffenen Ausführungsform nicht ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke (S) (Merkmal 4 lit. c)).

a)
Die angegriffene Ausführungsform verfügt über eine Ringfläche sowie axiale Metallstege. Es steht der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents zunächst nicht entgegen, dass die Ringfläche teilweise
unterbrochen ist und damit keinen geschlossenen Ring darstellt, der das Bürstenband trägt. Es kann dahinstehen, ob der Begriff des Ringes nach allgemeinem Verständnis verlangt, dass die Ringfläche keine Lücken aufweist; dies ist beispielsweise bei Spann- und Federringen, die sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie eine Lücke aufweisen, nicht der Fall. Jedenfalls erkennt der Fachmann, dass die maßgebliche technische Lehre des Klagepatents, welches insofern sein eigenes Lexikon ist, den Begriff der Ringfläche abweichend versteht. Der Fachmann entnimmt der Beschreibung, dass das Klagepatent mit dem Begriff der Ringfläche nicht eine lückenlose zylindrische Ausgestaltung verbindet. Aus dem in Figur 12 gezeigten und in der Beschreibung des Klagepatents näher erläuterten Ausführungsbeispiel (vgl. Anlage TW 1, Sp. 1, Z. 9 – 14) ist zu erkennen, dass die technische Lehre des Klagepatents es genügen lässt, wenn die Ringfläche nur gedacht vorhanden ist. Im genannten Ausführungsbeispiel versteht der Fachmann auch eine im Zentrum eines gleichseitigen Mehrkants, dort eines Dreieckes, gezogene, jeweils die Außenkanten eines Dreiecks umfassende Reißlinie ausdrücklich als so bezeichnete Ringfläche. Eine unschwer als solche erkennbare Ringfläche, die wie bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich an drei Stellen nicht geschlossen ist, ist daher erst recht als Ringfläche im Sinne der technischen Lehre des Klagepatents anzusehen.

b)
Allerdings beträgt der Abstand der Ringfläche (7) zu den Axialstegen (6) bei der angegriffenen Ausführungsform nicht ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke (S). Unstreitig weist das Bürstenband der angegriffenen Ausführungsform eine Dicke zwischen 2,15 und 2,18 Millimetern auf. Demgegenüber beträgt der Abstand zwischen der (gedachten) Ringfläche und dem ausgewölbten Axialsteg für den Fall, dass die den jeweiligen Axialstegen gegenüberliegenden Teile der Ringfläche kreisförmig vervollständigt werden, auch nach dem als Anlage PBP 2 vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen Prof. B lediglich 1,8 mm und ist damit sogar kleiner als die Dicke des Bürstenbandes. Die Kammer verkennt nicht, dass dann, wenn die den Axialstegen gegenüberliegenden Teile der Ringfläche, wie in Anlage PBP 4 dargestellt, mittels Kreissehnen vervollständigt werden, der Abstand zwischen der (gedachten) „Ringfläche“ und den Axialstegen 2,8 mm beträgt, so dass dieser größer als die Bürstenbanddicke ist.

Es kann dahinstehen, ob dieser, das 1,3-fache der Bürstenbanddicke betragende Abstand bei funktionaler Betrachtung tatsächlich ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke beträgt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn auch in diesem Fall die Ringbürste praktisch lose in dem gleichsam einen Käfig bildenden Bürstenhalter gehalten wird, so dass zwischen den einzelnen Axialstegen nahezu kleeblattartige Ausbauchungen unter Bildung changierender Bürstenflächen entstehen können (vgl. Anlage TW 1, Sp. 2, Z. 19 – 25). Jedenfalls finden sich in der Klagepatentschrift, auch unter Berücksichtigung der Figur 12, für den Fachmann keine Anhaltspunkte, die Ringfläche nicht kreisförmig, sondern durch Sehnen zu vervollständigen. Die Kammer verkennt nicht, dass bei der in der Figur 12 dargestellten Ausführungsform der Erfindung die Ringfläche (7) von den Außenkanten (27) eines um eine Mittelachse rotierenden Mehrkantes (28), zum Beispiel eines gleichseitigen Dreiecks, definiert ist. Die Ringfläche (7) ist dabei in Figur 12 strickpunktiert angedeutet. Jedoch wird auch nach dem in Figur 12 dargestellten Ausführungsbeispiel die Ringfläche nicht durch die Seiten des Mehrkants, insbesondere des gleichseitigen Dreiecks, gebildet. Vielmehr definieren die Außenkanten (in der Figur 12: die Spitzen des Dreiecks) lediglich die strichpunktartig dargestellte, kreisförmige Ringfläche (vgl. Anlage TW 1, Sp. 6, Z. 9 – 21).

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte schließlich darauf, patentgemäß könnten die Außenkanten (27) des Mehrkants (28) auch in der Ausführungsform eines Dreiecks als abgerundete Kanten ausgeführt sein (vgl. Anlage TW 1, Sp. 6, Z. 37 – 39). Auch diese Ausgestaltung knüpft an die Darstellung gemäß Figur 12 an, bei der die strichpunktiert dargestellte, kreisförmige Ringfläche durch die Außenkanten des Dreiecks definiert wird. Diese können nicht nur als Spitzen, sondern auch abgerundet ausgestaltet sein. Im Übrigen gilt gleiches auch für die durch das Klagepatent vorgeschlagene Ausführungsform, bei welcher statt eines Mehrkantes (28) ein elliptischer Querschnitt verwirklicht ist, um die Ringfläche (7) zu erzeugen (vgl. Anlage TW 1, Sp. 6, Z. 43 – 44). Auch dann wird eine kreisförmige Ringfläche, anknüpfend an die Darstellung in Figur 12, durch die äußeren Punkte der Ellipse definiert.

3.
Die nicht wortsinngemäß verwirklichten Merkmale sind bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht mit äquivalenten Mitteln realisiert.

a)
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform nur dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden, wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (vgl. BGH GRUR 2002, 511 ff. – Kunststoffhohlprofil; BGH GRUR 2002, 515, 518 – Schneidmesser I; GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 f. – Custodiol II; GRUR 2007, 410, 415 f. – Kettenradanordnung; GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung; GRUR 2007, 1059, 1063 – Zerfallzeitmessgerät). Die Einbeziehung einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführungsform in den Schutzbereich eines Patents setzt danach dreierlei voraus:

1. Das der Erfindung zu Grunde liegende Problem muss mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln gelöst werden.

2. Seine Fachkenntnisse müssen den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden.

3. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht.

Bei der Diskussion der Äquivalenz ist dabei auf den Gesamtzusammenhang der durch den Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre abzustellen. Eine Erforschung des Inhalts einzelner Merkmale kann demgegenüber nur dazu dienen, schrittweise den allein maßgeblichen Wortsinn des Patentanspruchs als Einheit zu ermitteln (BGH GRUR 2006, 313, 315 – BGH GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung).

b)
Es kann dahinstehen, ob die bei der angegriffenen Ausführungsform gewählte Gestaltung gegenüber der patentgemäßen Lösung gleichwirkend ist. Jedenfalls ist das Austauschmittel, eine ausgewölbte Ausbildung der Axialstege in Richtung der Aussparungen in der Ringfläche, für den Durchschnittsfachmann anhand seines Fachwissens nicht als gleichwirkendes Lösungsmittel auffindbar gewesen, ohne erfinderisch tätig zu werden.

Der Fachmann erhält in der Klagepatentschrift keine Anhaltspunkte, die Axialstege mit Auswölbungen zu versehen. Vielmehr ist patentgemäß vorgesehen, dass der radiale Abstand zwischen den Axialstegen ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke beträgt (Merkmal 4 lit. c)). Entgegen der in Merkmal 6 offenbarten Lehre wird bei der angegriffenen Ausführungsform dem Bürstenband über die Auswölbungen an den Axialstegen zunächst Spiel genommen, wodurch eine gewisse Klemmwirkung des Bürstenbandes erzeugt wird. Erst durch die gegenüber den Axialstegen angeordneten Aussparungen erhält das Bürstenband die notwendige Bewegungsfreiheit. Dafür, entgegen der Lehre des Klagepatents das radiale Bewegungsspiel des Bürstenbandes durch die Auswölbungen an den Axialstegen teilweise aufzugeben und dies durch eine Umlenkung des Bürstenbandes in die Aussparungen in der Ringfläche zu kompensieren, erhält der Fachmann in der Klagepatentschrift jedoch keinen Hinweis. Die Kammer verkennt nicht, dass dem Fachmann in der Klagepatentschrift in Figur 12 offenbart wird, dass die Ringfläche nicht vollständig ausgebildet sein muss, sondern auch lediglich durch die Außenkanten eines Mehrkants definiert und damit teilweise „virtuell“ sein kann. Jedoch beträgt der Abstand zwischen der (teilweise virtuellen) Ringfläche und den Axialstegen auch in dem in Figur 12 einschließlich der zugehörigen Beschreibung dargestellten Ausführungsbeispiel ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke. Anhaltspunkte dafür, diesen Abstand, welcher patentgemäß ein Mehrfaches der Bürstenbanddicke betragen soll, zunächst durch das Vorsehen von Auswölbungen an den Axialstegen zu verringern und einen Ausgleich dieser Verringerung durch die Schaffung von Aussparungen in der Ringfläche zu schaffen, erhält der Fachmann in der Klagepatentschrift demgegenüber nicht.

III.
Die zulässige Klage hat, soweit die Parteien sie nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Abmahnung aus § 823 Abs. 1 BGB (eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb) bzw. aus
§§ 683 S. 1, 677, 670 BGB analog zu. Insbesondere handelt es sich bei dem als Anlage TW 5 vorgelegten Schreiben, welchem auch der Entwurf einer Verzichts- und Verpflichtungserklärung beigefügt war, tatsächlich um eine Abmahnung, nicht um eine bloße Berechtigungsanfrage.

Dabei kann die Klägerin auch direkt Zahlung des ihren Rechts- und Patentanwälten geschuldeten Betrages durch die Beklagte verlangen. Zwar trägt die Klägerin nicht vor, dass sie die ihr aufgrund der Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten bereits beglichen hat. Bei dieser Sachlage ist sie wegen der Inanspruchnahme anwaltlicher Dienste derzeit nur mit einer Verbindlichkeit belastet, so dass ihr Erstattungsanspruch gemäß § 249 Abs. 1 BGB zunächst grundsätzlich nur auf Befreiung von der fortbestehenden Haftung, nicht aber auf Zahlung an sich selbst geht.

Der Freistellungsanspruch ist jedoch nach § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergegangen. Nach dieser Norm setzt der Übergang des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch zwar voraus, dass der Geschädigte dem Schädiger erfolglos eine Frist zur Herstellung (also hier zur Freistellung) verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Vorliegend hat die Klägerin der Beklagten mit ihrem Abmahnschreiben lediglich eine Frist gesetzt, binnen derer sich die Beklagte unter anderem zur Übernahme der Anwaltskosten bereit erklären sollte. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist hier aber entbehrlich, weil die Beklagte die Leistung von Schadenersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dem Setzen einer Frist mit Ablehnungsandrohung steht es nach ständiger Rechtsprechung gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadenersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Damit wandelt sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (vgl. BGH NJW-RR 1987, 43, 44; NJW 1991, 2014; NJW 1992, 2221, 2222; NJW-RR 1996, 700; NJW 1999, 1542, 1544; NJW 2004, 1868 f.; OLG Köln, OLG-Report 2008, 431; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 250 Rz. 2). So liegt der Fall hier. Die Beklagte behauptet nach wie vor eine Patentverletzung und bestreitet damit zugleich jedwede Einstandspflicht für die außergerichtlichen Kosten der Klägerin, also auch ihre Verpflichtung zur Freistellung der Klägerin. Hierin liegt eine endgültige und ernsthafte Ablehnung jeglicher Schadenersatzleistung mit der Folge, dass sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch wandelt.

Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz), 91a ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind der Beklagten die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen aufzuerlegen, da die Klägerin unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes obsiegt haben dürfte. Die durch die Klägerin erhobene negative Feststellungsklage war zulässig. Insbesondere besaß die Klägerin das für die Erhebung der negativen Feststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse, § 256 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat bei der Staatsanwaltschaft Köln gegen die Klägerin bzw. ihren Vorstandsvorsitzenden einen Strafantrag gestellt, aufgrund dessen durch das Hauptzollamt Köln Musterstücke der angegriffenen Ausführungsform beschlagnahmt wurden. Des Weiteren hat die Beklagte unstreitig auf der Eisenwarenmesse in Köln unter anderem gegenüber der Klägerin behauptet, dass die angegriffene Ausführungsform nach wie vor das Klagepatent verletze. Die daraufhin durch die Klägerin geforderte strafbewehrte Verzichts- und Verpflichtungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben. Insgesamt hat sich die Beklagte somit durch ihr Verhalten gegenüber der Klägerin im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform auf eine Verletzung des Klagepatents berufen, so dass es der Klägerin nicht zuzumuten war, die fortgesetzte Behauptung der Patentverletzung durch die Beklagte zu dulden und die Erhebung einer Verletzungsklage abzuwarten. Schließlich war die durch die Klägerin erhobene negative Feststellungsklage auch begründet. Die angegriffene Ausführungsform macht, wie bereits ausgeführt, von der technischen Lehre der DE 42 05 xxx C1 weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.

V.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

VI.
Der Streitwert wird auf 300.000,- EUR festgesetzt (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG).