4a O 194/02 – Schredder

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  175

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. Februar 2003, Az. 4a O 194/02

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Maschinen zum Zerkleinern von z.B. Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und anderen Materialien, die aufweisen:

· einen Trichter zum Aufnehmen des Abfalls,

· einen Schneidetisch, der am Boden des Trichters mit wenigstens einem Satz fixierter, paralleler unterer Messer angeordnet ist, welche voneinander durch Öffnungen durch den Tisch getrennt sind,

· wenigstens eine drehbare Welle einer Antriebseinheit, wobei die Welle an der Oberseite des Schneidetisches in einer Richtung angeordnet ist, die sich senkrecht zu den unteren Messern erstreckt, und

· eine Anzahl von scheibenförmigen oberen Messern, die an der Welle befestigt sind, von denen jedes Messer mit einer Anzahl von Zähnen versehen ist und sich teilweise nach unten in eine Öffnung des Tisches erstreckt, wobei jede Öffnung breiter als das zugehörige obere Messer ist, und dieses in der zugehörigen Öffnung nahe einem der unteren Messer angeordnet ist,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei der die unteren Messer sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet,

und die Maschine mindestens zwei Messer-Wellen aufweist und zwei Sätze unterer Messer vorhanden sind, von denen je einer auf jeder Seite der ersten Welle angeordnet ist, und die sich im Wesentlichen in die gleiche Richtung erstrecken, die mindestens mit den unteren Messern in einem der beiden Sätze einen Winkel bildet, die auf den beiden Seiten der benachbarten Welle angeordnet sind.

2.

der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 14. Juli 2000 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten, und/oder der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Liefe­ran­ten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefer­mengen, -zeiten und -preisen und Typen­bezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Ab­nehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots­men­gen, -zeiten und -preisen und Typen­be­zeich­nungen sowie der Namen und Anschriften der Ange­bots­empfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe­trä­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­breitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und An­schrif­ten der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirt­schafts­prüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein be­stimm­ter Abnehmer oder Angebots­empfänger in der Auf­stel­lung enthalten ist.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 14. Juli 2000 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 10 %, im Übrigen der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- €, für die Beklagte in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein dänisches Maschinenbauunternehmen, das ursprünglich unter der Bezeichnung Bez1 A/S und anschließend unter der Bezeichnung Bez2 A/S firmiert hat. Inzwischen trägt sie die im Aktivrubrum angegebene Bezeichnung.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in der Verfahrenssprache Englisch am 6. September 1996 angemeldeten europäischen Patentes 0 928 222 (Anlage L 3; nachfolgend Klagepatent; deutsche Übersetzung Anlage L 4), das eine Priorität vom 12. September 1995 in Anspruch nimmt. Die Anmeldung der Patenterteilung wurde am 14. Juli 1999 veröffentlicht, der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatentes am 14. Juni 2000 bekannt gemacht. Die deutsche Übersetzung des in englischer Verfahrenssprache formulierten Klagepatentes wurde unter der Registernummer 696 08 918 (Anlage L 4) beim Deutschen Patent- und Markenamt hinterlegt und am 8. Februar 2001 im Patentblatt veröffentlicht. Das in Kraft stehende Klagepatent betrifft eine Zerkleinerungsvorrichtung. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz­feststellung in Anspruch.

Anspruch 1 hat in seiner nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgebenden englischen Fassung folgenden Wortlaut:

„A machine (1) of the kind, which serves the purpose of comminution for example domestic garbage, tires, furniture, carpets, mattresses, stubs, demolition timber and similar materials, and which comprises:

· a funnel (2) for accommodating the waste,

· a cutting table (4) placed at the bottom of the funnel (2) with at least one set of fixed, parallel lower knives (9a, b), which mutually are separated by openings (10a, b) through the table,

· at least one rotable axle (5a, b) of a drive unit (7), which axle is placed above the cutting table (4) in a direction, which extend perpendicular to the lower knives (9a, b), and

· a number of disc-shaped upper knives (8a, b) fixed to the axle, each of which knives is provided with a number of teeth (13a, b) and partly extends down into each their opening of the table, whereby each opening is wider than the associated upper knife which furthermore is placed close to one of the lower knives in the associated opening,

characterized in, that the lower knives extend into a direction, which intersects the axis of the axle or an area around this.

Die in der Klagepatentschrift angegebene deutsche Übersetzung lautet wie folgt:

„Maschine (1) der Art, die zum Zweck der Zerkleinerung von, zum Beispiel, Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und ähnlichen Materialien dient, und die umfasst:

· einen Trichter (2) zum Aufnehmen des Abfalls,

· einen Schneidetisch (4), der am Boden des Trichters (2) mit wenigstens einem Satz fixierter, paralleler unterer Messer (9a, b) angeordnet ist, welche voneinander durch Öffnungen (10a, b) durch den Tisch getrennt sind,

· wenigstens eine drehbare Achse (5a, b) einer Antriebseinheit (7), welche Achse über dem Schneidetisch (4) in einer Richtung angeordnet ist, die sich senkrecht zu den unteren Messern (9a, b) erstreckt, und

· eine Anzahl von scheibenförmigen oberen Messern (8a, b), die an der Achse befestigt sind, von denen jedes Messer mit einer Anzahl von Zähnen (13a, b) versehen ist und sich teilweise nach unten in jede ihrer Öffnungen des Tischs erstreckt, wodurch jede Öffnung breiter als das zugehörige obere Messer ist, welches außerdem nahe einem der unteren Messer in der zugehörigen Öffnung angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass die unteren Messer sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet.

Anspruch 8, den die Klägerin in Kombination mit Anspruch 1 geltend macht, hat folgenden Wortlaut:

„A machine according to each of the claims 1 – 3, and there is at least two knife axles, characterized in that the lower knives (9a, b) in the two sets of lower knives situated at their side of one of the axles two und two are flushing each other into a direction, which forms an angle to at least the lower knives in one of the two sets of lower knives situated on each their side of the adjoining axle/axles.“

Der Anspruch 8 lautet in der deutschen Übersetzung folgendermaßen:

„Maschine nach jedem der Ansprüche 1 – 3 und bei der wenigstens zwei Messerachsen vorliegen, dadurch gekennzeichnet, dass zwei und zwei der unteren Messer (9a, b) in den beiden Sätzen von auf jeder ihrer Seite einer der Achsen angeordneten unteren Messern in einer Richtung in einer Ebene miteinander sind, die einen Winkel mit wenigsten den unteren Messern in einem der beiden Sätze von auf jeder ihrer Seite der angrenzenden Achse/Achsen angeordneten unteren Messer bildet.“

Die nachfolgend verkleinert wiedergegebenen, zeichnerischen Dar­stellungen patent­gemäßer Ausführungen stammen aus der Klagepa­tentschrift und dienen zur Erläuterung der Erfindung anhand eines Ausführ­ungsbeispiels. Figur 3 zeigt eine vergrößerte Darstellung einer patentge­mäßen Maschine von der Seite, Figur 4 eine perspektivistische Darstellung einer Maschine nach Figur 3. Die Figuren 9 bis 11 zeigen schematische Ausführungsformen einer Maschine mit zwei bzw. drei Wellen.

Mit patentanwaltlichem Schriftsatz vom 9. März 2002 (Anlage B 1) erklärte die Beklagte ihren Beitritt zu dem zuvor von dritter Seite gegen den deutschen Teil des Klagepatentes eingelegten Einspruch, über den bisher nicht entschieden worden ist.

Die Beklagte bietet an, stellt her und liefert Zwei-Wellen- und Drei-Wellen-Wertstoffzerkleinerer. Zum Produktprogramm der Beklagten zählen unter­schiedliche Modelle und Varianten von Zwei-Wellen-Wertstoffzerkleinerern, deren nähere Ausgestaltung sich aus den in Anlage L 8 vorgelegten Ablich­tungen ergibt. Die Varianten unterscheiden sich nach Größe, Motorleistung, Zubehör etc. Die Beklagte bietet weiterhin einen Drei-Wellen-Wertstoffzer­kleinerer gemäß der in Anlage L 22 abgelichteten Art an. In Anlage L 23 legte die Klägerin eine Broschüre vor, mit der die Drei-Wellen-Anlage durch die Beklagte vertrieben wird, in Anlage L 24 den Internet-Auftritt der Beklagten. Die Ausgestaltung der von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Wertstoffzerkleinerer ergibt sich weiterhin aus den von der Beklagten in Anlage B 3 und B 7 vorgelegten Konstruktionszeichnungen, die nachfolgend verkleinert abgebildet sind.

Die Klägerin sieht in diesen von ihr angegriffenen Ausführungsformen eine Verletzung des Klagepatentes mit wortsinngemäßen Mitteln. Sie macht geltend, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Achse über dem Schneidetisch angeordnet sei. Das Klagepatent sei dahingehend auszulegen, dass unter Achse nicht die Achse als mathematischer Mittelpunkt der Welle, sondern die Welle selbst verstanden werde müsse. Diese solle sich über dem Schneidetisch befinden.

Die beiden Sätze unterer Messer seien auch fluchtend angeordnet. Dies dürfe nicht streng geometrisch verstanden werden, sondern dahingehend, dass die Messer sich im Wesentlichen auf einer Linie befinden sollen; eine geringe Abweichung von einer fluchtenden Ausgestaltung bewirke keine technische Veränderung. Die angegriffenen Ausführungsformen machten hiervon Gebrauch.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage anzuweisen,

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegen das EP 0 928 222 eingelegten Einspruch der Beklagten vom 9. März 2002 auszusetzen.

Ausgehend vom deutschen Übersetzungswortlaut des Klagepatentes wendet sie ein, die von ihr hergestellten und vertriebenen Wertstoffzerkleinerer würden von der Lehre des genannten Schutzrechtes keinen Gebrauch machen, weil die Achse der Wellen sich nicht über dem Schneidetisch befände, sondern in der Ebene des Schneidetisches angeordnet sei.

Weiterhin seien die Sätze der unteren Messer nicht miteinander fluchtend. Bei dem Zwei-Wellen-Zerkleinerer sei der obere Abschnitt des unteren Messers in einem Winkel w aus der Ebene der unteren Schneidmesser nach oben versetzt angeordnet. Bei dem Drei-Wellen-Zerkleinerer hingegen befände sich der obere Abschnitt des unteren Messers parallel versetzt nach unten im Abstand D zu dem unteren Teil des unteren Messers. Der Abstand D betrage circa 6 bis 8 cm.

Sie berufen sich weiterhin auf eine Nichtigkeit des Klagepatentes und nehmen insoweit Bezug auf den Beitrittsschriftsatz im Einspruchsverfahren.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen insgesamt entgegen. Dass die unteren Messer der angegriffenen Ausführungsformen nicht direkt fluchtend seien, mache technisch keinen Unterschied. Sie behauptet insbesondere, der Abstand D um den der obere Teil des unteren Messers bei dem Drei-Wellen-Zerkleinerer versetzt sei, lediglich 3 cm betrage.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatz nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 14, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Denn die Beklagte macht mit den von ihr hergestellten und vertriebenen Werkstoffzerkleinerern von der Lehre des Klagepatents Gebrauch.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Zerkleinerungsvorrichtung zur Zerkleinerung von Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und ähnlichen Materialien. Diese Materialien haben teilweise eine erhebliche Größe und müssen deshalb in kleinere Teile aufgespalten werden, um während des Transports und bei der Entsorgung oder Kompostierung keinen unnötigen Platz einzunehmen. Das Gleiche gilt für Materialien, die wie z.B. größere Kunststoffteile aus verschrotteten Autos aufzuarbeiten sind, oder Materialien, die in einer Verbrennungsanlage verarbeitet werden. Denn um eine ausreichende Verbrennung zu erreichen, ist es erforderlich, diese Materialien vorher zu zerkleinern.

Solche Zerkleinerungsvorrichtungen sind nach dem in der Klagepatentschrift angeführten Stand der Technik bereits aus dem dänischen Patent 163 978 bekannt. Die dort offenbarte Maschine umfasst zwei obere Messer und der Schneidetisch mit den unteren Messern erstreckt sich horizontal etwas unter die Achsen oder Wellen. Die Öffnungen des Schneidetisches sind breiter als die oberen Messer und jedes Messer wird nahe zu einem der unteren Messer in der zugehörigen Öffnung angeordnet. Dadurch wird ein freier Teil als Öffnung zwischen dem oberen Messer und dem zweiten der unteren Messer gelassen. Auf Grund des Aufbaus der Maschine mit dem unter den Achsen oder Wellen angeordneten Schneidetisch, wird eine Zylinder­ober­fläche gebildet, die einen Umfang eines oberen Messers enthält und eine Ebene schneidet, die die zugehörigen unteren Messer in einem spitzen Winkel enthält, welcher den Aktionswinkel der Zähne in Bezug auf die unteren Messer bildet. Dieser spitze Winkel hat zur Folge, dass die Zähne sowohl durch tangentiale als auch radiale Kräfte belastet werden.

Die radialen Kräfte üben Biegekräfte auf die Zähne aus, so dass große Abmessungen erforderlich sind, um die unvorteilhafte Belastung durch die Kräfte zu absorbieren. Auch die anderen Komponenten der Maschine, wie die Achsen oder Wellen sowie die Lager müssen dementsprechende Abmessungen aufweisen, obwohl dennoch keine übermäßige Arbeitsleistung erreicht wird. Dadurch ist auch eine übermäßige Energiezufuhr notwendig, so dass die Maschine insgesamt nur einen geringen Nutzeffekt aufweist.

Die tangentiale Kraftbelastung der Zähne umfasst auf Grund des spitzen Aktionswinkels eine Komponente quer zu dem unteren Messer und eine zweite Komponente entlang derselben. Die Querkomponente ist wirksam im Zerkleinerungsprozess, während dies nicht unbedingt für die Längs­kompo­nente gilt, welche geneigt ist, um das Material entlang der unteren Messer zu schieben. Dadurch wird die Fähigkeit der Maschinen begrenzt, sicher und wirksam die Materialien zerkleinern zu können und außerdem wird der Zerkleinerungsvorgang erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, da er mehrfach wiederholt werden muss.

Die in der Klagepatentschrift weiterhin als Stand der Technik angeführte EP 0 412 004 offenbart eine Zerkleinerungsvorrichtung für Materialien wie aus Glas hergestellte Spritzen und Flaschen. Die oberen Messer der offen­barten Vorrichtung haben keine keilförmigen Zähne, sondern sind, wie ein Stern mit Armen geformt, die sich radial nach außen erstrecken. Deshalb sind die oberen Messer nicht in der Lage, das zu zerkleinernde Material während des Zerkleinerungsvorgangs zu ergreifen und festzuhalten, und die Arme werden deshalb dazu neigen, das Material auf dem Schneidetisch nach außen zu drücken. Weiterhin sind die oberen Messer nicht nahe an den unteren Messern auf einer Seite der Öffnungen des Schneidetischs angeordnet. Auch offenbart die Maschine keine Möglichkeit zum Schneiden von Materialien wie Kunststoffen. Da die oberen Messer der obigen Maschine in der Mitte der Öffnungen des Schneidetisches angeordnet sind, können die Messer kein Material zerbrechen.

Hiervon ausgehend liegt dem Klagepatent das technische Problem („die Aufgabe“) zugrunde eine Maschine zu offenbaren, die der Zerkleinerung von z.B. Hausabfall, Reifen, Möbeln, Teppichen, Matratzen, Baumstümpfen, Abbruchholz und ähnlichen Materialien dient, die sicher, schnell und effizient einen Zerkleinerungsvorgang durchführen kann, optimal die zugeführte Energie nutzt und mit den gegebenen Abmessungen eine größere Kapazität als nach dem Stand der Technik aufweist.

Hierzu schlägt die Klagepatentschrift in Anspruch 1 eine Maschine der genauer beschriebenen Art vor, die folgende Merkmale umfasst:

1. einen Trichter (2) zum Aufnehmen des Abfalls,

2. einen Schneidetisch (4)

a) der am Boden des Trichters (2) angeordnet ist,

b) der mit wenigstens einem Satz fixierter paralleler unterer Messer (9a, b) ausgestattet ist,

c) die Messer sind voneinander durch Öffnungen (10a, b) des Tisches getrennt;

3. wenigstens eine drehbare Achse (5a, b) einer Antriebseinheit (7),

a) die Achse ist an der Oberseite des Schneidetisches (4) in einer Richtung angeordnet,

b) die Achse erstreckt sich senkrecht zu den unteren Messern (9a, b);

4. eine Anzahl von scheibenförmigen oberen Messern (8a, b),

a) die Messer sind an der Achse befestigt,

b) jedes Messer ist mit einer Anzahl von Zähnen (13a, b) versehen,

c) jedes Messer erstreckt sich teilweise nach unten in jede Öffnung des Tisches,

d) wobei jede Öffnung breiter als das zugehörige obere Messer ist,

e) das obere Messer ist außerdem nahe einem der unteren Messer in der zugehörigen Öffnung angeordnet;

5. die unteren Messer erstrecken sich in eine Richtung, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet.

Ausgehend von der im Termin als Anlage L 33 von der Klägerin vorgelegten Merkmalsanalyse als zutreffender Übersetzung der maßgeblichen englischen Originalfassung schlägt das Klagepatent in Anspruch 8 weiterhin eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

6. die Maschine weist mindestens zwei Messer-Wellen auf;

7. es sind zwei Sätze unterer Messer (9a, 9b) vorhanden,

a) von denen je einer auf jeder Seite der ersten Welle angeordnet ist,

b) und die miteinander fluchtend angeordnet sind,

8. die Sätze fluchten in eine Richtung, die mindestens mit den unteren Messern in einem der beiden Sätze einen Winkel bildet, die auf den beiden Seiten der benachbarten Wellen angeordnet sind.

Hierdurch wird erreicht, so die Klagepatentschrift, dass die unteren Messer sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder Welle oder einen Bereich um diese herum schneidet, wodurch die Zähne der oberen Messer einen Aktionswinkel von ungefähr 90° bilden, und die Kraftbelastung die sie ausführen, hat keine wesentlichen Komponenten in die radiale Richtung der oberen Messer und entlang der unteren Messer. Hierdurch werden die aus dem dänischen Patent 169 378 bekannten negativen radialen Kräfte, welche auf die Messer einwirken, vermieden.

Zudem wird auf diese Weise erreicht, dass die Ebenen der unteren Messer miteinander eine V-förmige Ausgestaltung bilden, welche den Vorteil hat, dass Schwerkräfte ausgenutzt werden, die den zu zerkleinernden Müll in die Mitte zwischen den Wellen befördern. Hierdurch werden die Abmessungen der Zerkleinerungsvorrichtung verringert und die Kapazität der Maschine gesteigert.

II.

Zur Frage der Verletzung des Klagepatentes stimmen die Parteien zutreffend darin überein, dass die angegriffenen Ausführungsformen von den Merkmalen 1, 2, 3.b) sowie 4 und 6, 7.a) und 8 des Klagepatentes Gebrauch machen, so dass es hierzu keiner näheren Erläuterungen bedarf.

Die angegriffenen Ausführungsformen verletzen – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch die weiteren Merkmale des Klagepatentes. Die angegriffenen Ausführungsformen machen sowohl von Merkmal 3.a) wie auch Merkmal 7.b) Gebrauch.

Merkmal 3.a) der obigen Merkmalsanalyse sieht vor, dass die Achse über dem Schneidetisch (4) in einer Richtung angeordnet ist. Die Beklagte vertritt hierzu die Ansicht, dass der Fachmann das Merkmal dahingehend auslegt, dass die Achse der Welle über dem Schneidetisch angeordnet sein soll. Diese Auffassung ist unzutreffend.

Der Fachmann versteht das Merkmal dahingehend, dass mit dem Begriff der Achse nicht die mathematische Mittelachse der Welle, sondern die Welle selbst gemeint ist und diese muss an der Oberseite des Schneidetisches angeordnet sein. Zu dieser Auffassung gelangt der Fachmann unter Heranziehung der Patentansprüche in der englischen Verfahrenssprache sowie der Beschreibung der erfindungsgemäßen Lehre und der Darstellung bevorzugter Ausführungsformen.

In der englischen Verfahrenssprache lautet das Merkmal „the axle is placed above the cutting table in a direction, which extends perpendicular to the lower knives…“. Aus einem Vergleich mit dem Merkmal 5 erkennt der Fachmann, dass das Klagepatent zwischen einer „axle“, welches eine Welle darstellt, und einer „axis“ der „axle“, also einer Achse der Welle, verstanden als die mathematische Mittelachse des Bauteils Welle, in deren Richtung oder einen Bereich um diese herum sich die unteren Messer erstrecken sollen, unterscheidet. Entsprechend erkennt er, dass es für die Verwirklichung des Merkmals 3.a) ausreichend ist, wenn die Welle an der Oberseite des Schneidetisches angeordnet ist. Denn auch dann vermögen die mit Zähnen bewehrten Messer der oberen Achse das zu zerkleinernde Materialstück nach unten in Richtung auf die am unteren Schneidetisch angeordneten Messer zu drücken. Um diese Ziel zu erreichen ist es hingegen nicht erforderlich, dass die Welle mit dem Schneidetisch keinen gemeinsamen Flächenpunkt aufweisen darf, d.h. sich vollständig oberhalb des Schneidetisches befinden muss.

Dieses Verständnis findet der Fachmann anhand des in der Klagepatentschrift angeführten Standes der Technik und der zeichnerischen Darstellung bevorzugter Ausführungsformen bestätigt. So ist in dem dänischen Patent 169 378 die Achse etwas horizontal über dem Schneidetisch angeordnet, worauf in der Klagepatentschrift hingewiesen wird (Anlage L 4 Seite 2 Abs. 1). Auch bei der offenbarten europäischen Patentschrift 0 412 004 ist die Achse zumindest geringfügig oberhalb des Schneidetisches angeordnet, was sich aus Figur 2 der Druckschrift ergibt.

Eine weitere Bestätigung findet der Fachmann durch die zeichnerische Darstellung bevorzugter Ausführungsformen. In den Figuren 3 bis 16 ist die Welle (5a, b) der Achse jeweils in der Weise dargestellt, dass sie an der Oberseite des Schneidetisches angeordnet ist und in einem nicht näher vorgegebenen Abstand von der Oberfläche des Schneidetisches absteht. Die Achse, d.h. der mathematische Mittelpunkt der Welle befindet sich hingegen in einer Ebene mit dem Schneidetisch.

Die angegriffenen Ausführungsformen weisen eine Ausgestaltung auf, nach welcher sie Merkmal 3.a) des Klagepatentes wortsinngemäß verletzen. Anhand der von der Beklagten in Anlage B 3 und B 7 vorgelegten Konstruktionszeichnungen des Zwei- und Drei-Wellen-Zerkleinerers, die auch nach dem Vortrag der Beklagten der tatsächlichen Ausgestaltung entsprechen sollen, ist ersichtlich, dass bei beiden Ausführungsformen die Wellen jeweils oberhalb des Schneidetisches angeordnet sind; sie stehen gegenüber dem Schneidetisch nach oben vor. Zudem zeigt der Zwei-Wellen-Zerkleinerer eine wesentliche Über­ein­stimmung mit der in Figur 9 der Klagepatentschrift dargestellten bevor­zugten Ausführungsform.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen auch – jedenfalls mit äquivalenten Mitteln – von Merkmal 7.b) des Klagepatentes Gebrauch. Merkmal 7.b) sieht vor, dass zwei Sätze unterer Messer vorhanden sind, die miteinander fluchten. Hierunter versteht der Fachmann, dass die unteren Messer, welche sich nach Merkmal 5. in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet, sich nachdem sie die Achse der Welle geschnitten haben, in die gleiche Richtung fortsetzen, d.h. miteinander fluchtend oder bündig sind. Die angegriffenen Ausführungsformen weisen nach dem unstreitigen Vorbringen beider Parteien keine bündige Ausgestaltung auf. Bei dem Zwei-Wellen-Zerkleinerer weisen die oberen Abschnitte der unteren Schneidmesser bevor sie die Achse der Welle schneiden einen Winkelversatz w auf, während bei dem Drei-Wellen-Zerkleinerer der obere Abschnitt des unteren Messers um einen Abstand D nach unten versetzt, so dass eine wortsinngemäße Verletzung ausscheidet.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen demgegenüber mit äquivalenten Mitteln von dem Merkmal 7.b) Gebrauch. Nach ständiger Recht­sprech­ung des Bundes­gerichtshofes zu § 14 PatG, Art. 69 EPÜ liegt Äqui­va­lenz dann vor, wenn der Fachmann die bei der Aus­führ­ungsform einge­setzten Mittel auf Grund von Überlegungen, die am Sinn­ge­halt der in den Schutz­ansprüchen beschriebenen Lehre ausgerichtet sind, mit Hilfe seiner Fach­kenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zu Grunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 2002, 515, 517 – Schneidmesser I m.w.N. aus der Rspr.).

Die bei den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzten Mittel sind gleichwirkend und für den Fachmann auffindbar. Denn für die Verwirklichung der Lehre des Klagepatentes kommt es nicht darauf an, dass die unteren Messer vollständig miteinander fluchten. Für die Verwirklichung der Lehre des Klagepatentes ist vielmehr von Relevanz, dass die unteren Schneidmesser sich in eine Richtung erstrecken, wie in Merkmal 5. vorge­sehen, die die Achse der Welle oder einen Bereich um diese herum schneidet und die Schneidmesser miteinander einen V-förmigen Winkel ausbilden. Denn durch die Lehre des Klagepatentes soll erreicht werden, dass die aus der dänischen Patentschrift 169 378 bekannten negativen radialen Kräfte, welche auf die Messer einwirken, vermieden werden. Dies wird dadurch erreicht, dass die oberen Messer mit den unteren Schneid­messern durchschnittlich einen Aktionswinkel von ungefähr 90° ausbilden. Dies hat zur Folge, dass die Maschinen über eine höhere Kapazität und geringere Abmessungen verfügen können (vgl. L 4, Seite 13 Abs. 2). Die Ausbildung von V-förmigen Winkeln ergänzt – nach den Ausführungen der Klagepatentschrift – diesen Effekt (Anlage L 4, Seite 15 Abs. 5 Umbruch Seite 16) und bewirkt zudem, dass das Material gleichmäßig in die Mitte der unteren Schneidmesser gebracht wird unter Ausnutzung der Schwerkräfte.

Die bei den angegriffenen Ausführungsformen vorhandenen Abweichungen von der fluchtenden Anordnung der unteren Messer bewirken auch nach Ansicht der Beklagten keine Abkehr von der Verwirklichung der patent­gemäßen Lehre. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen auf Grund des Versatz des Abstandes der unteren Messer kein technischer Wirkungsunterschied auftrete. Die Beklagte hat hiergegen ohne nähere Konkretisierung vorgetragen, dass die äußeren Abschnitte der unteren Messer nur bei Gegenbetrieb der Rotoren zum Zerkleinern des Abfalls von Relevanz seien. Nicht erheblich sei hingegen die fluchtende Ausgestaltung für die von der Klägerin behauptete Wirkung, dass das zu zerkleinernde Material in die Mitte rutschen solle. Das Material rutsche nicht in die Mitte, da dies wegen der mittig angeordneten Rotoren nicht möglich sei, die Materialien würde vielmehr durch die Messer mitgeschleppt.

Vor dem Hintergrund dieses Vortrages der Beklagten wird eine technische Gleichwirkung durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht ausge­schlossen. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass die V-förmige Anordnung der unteren Messer sowie das Schneiden der Achse der Wellen durch die unteren Messer der Schaffung eines Arbeitswinkels von 90° dient und ein solcher wird auch bei Normalbetrieb der angegriffenen Ausführungsformen erreicht. Soweit die Beklagte vorträgt, dass der jeweilige Versatz des oberen Abschnitts der unteren Messer eine andere Art der Zerkleinerung bei Gegenbetrieb erreiche, ändert dies nichts daran, dass das Ziel des Klagepatentes – Schaffung eines Aktionswinkels von 90° – bei der angegriffenen Ausführungsform erreicht wird. Dies gilt selbst dann, wenn man einen Aktionswinkel von 90° im Gegenbetrieb verlangt, da auch bei Versatz der äußeren Abschnitte der unteren Messer ein solcher Winkel annähernd erreicht wird, wie sich aus den von der Beklagten vorgelegten Konstruktionszeichnung ergibt. Nach dem Klagepatent genügt ein Wert von durchschnittlich 90° (Anlage L 4, Seite 14 Abs. 2). Zudem ist nicht ersichtlich, dass bei einer Zerkleinerungsvorrichtung, die über große Ausmaße verfügt, ein Versatz der unteren Messer D, selbst wenn man den Vortrag der Beklagten zugrunde legt, wonach dieser ungefähr 6 bis 8 cm betragen soll, die technische Wirkung maßgeblich verändert.

Die bei den angegriffenen Ausführungsformen eingesetzten Mittel waren für den Fachmann auch auffindbar. Der Fachmann konnte erkennen, dass für die Verwirklichung der Lehre des Klagepatentes eine vollständig fluchtende Stellung der unteren Messer nicht erforderlich ist.

III.

Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.

Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents unter Verstoß gegen § 9 PatG benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch wurde aus Gründen der Verständlichkeit der englischen Verfahrenssprache angepasst.

2.

Die Klägerin kann zudem von der Beklagten nach § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatz­verpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatz­anspruch beziffern zu können, ist die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet, zumal die Klägerin im gewährten Umfang mit der Bewilligung eines Wirtschaftsprüfervorbehaltes einverstanden ist. Eine weitergehender Wirtschaftsprüfervorbehalt auch im Hinblick auf die gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger konnte der Beklagten nicht bewilligt werden. Sie hat nicht vorgetragen, dass die Erteilung dieser Auskünfte unverhältnismäßig ist.

4.

Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2 mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

IV.

Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung. Nach der Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Trans­portfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtig­keits­klage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungs­rechtsstreit aus­zu­setzen, da dies faktisch darauf hinauslau­fen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine dem Patentschutz hem­mende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patentes Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies wiederum kann regelmä­ßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am näch­sten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berück­sichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch ver­nünftige Argumente finden lassen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht im Hinblick auf den Beitritt der Beklagten zu dem Einspruch gegen das Klagepatent keine hinreichende Veranlassung. Ein Widerruf des Klagepatentes ist nicht mit überwiegender Wahrschein­lichkeit zu erwarten.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sind Anspruch 1 und der rückbezogene Anspruch 8 des Klagepatentes hinreichend offenbart. Ein Offenbarungs­mangel liegt vor, wenn die Ausführbarkeit der Lehre nicht nur erschwert, sondern verhindert wird (BGH, GRUR 1972, 592, 593 – Sortiergerät), wenn der Fachmann die Lehre nur mit großen Schwierigkeiten und nicht – oder nur durch Zufall – ohne vorherige Mißerfolge praktisch verwirklichen kann (BGH, GRUR 1980, 166 – Doppelachsaggregat). Eine solche Verhinderung der Ausführbarkeit ist vorliegend nicht ersichtlich.

Der Einwand der Beklagten, dass durch die Angabe „Achse über dem Schneidetisch“ (Merkmal 3.a.)) die Erfindung nicht hinreichend offenbart sei, trägt nicht. Es wurde im Rahmen der Auslegung des Merkmals bereits ausgeführt, dass sich aus der englischen Anspruchsfassung ergibt, dass sich die Welle an der Oberseite des Schneidetisches befinden soll, nicht hingegen die Achse der Welle. Weitere Angaben benötigt der Fachmann nicht.

Auch das Merkmal 4.e) „nahe“ ist hinreichend offenbart. Anhand der Figur 1. des Klagepatentes lässt sich ersehen, dass hierunter lediglich zu verstehen ist, dass das obere und das untere Messer nicht in der Öffnung zentriert angeordnet sein sollen, sondern das eine Messer näher zu einem Messer angeordnet sein soll als zu einem anderen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Messer nicht berühren dürfen, weiß der Fachmann konkret mit dem Merkmal 4.e.) umzugehen.

Zweifel an einer hinreichenden Offenbarung bestehen nicht im Hinblick auf das Merkmal 5. des Klagepatentes. Danach sollen sich die unteren Messer in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet. Dadurch wird erreicht, dass die patentgemäßen Vorrichtungen nicht die aus dem Stand der Technik bekannten radialen und tangentialen Kräfte aufweisen. Da bei dem Stand der Technik nach den Angaben der Klagepatentschrift die unteren Messer jeweils horizontal angeordnet waren, entstanden ungünstige Kräfteentwicklung. Diese sucht das Klagepatent zu vermeiden, indem sich die unteren Messer in die Richtung der Achse der Achse oder einen Bereich darum erstrecken, um diese zu schneiden. Anhand der zeichnerischen Darstellungen ist für den Fachmann konkret ersichtlich, wie er das Merkmal 5. verstehen soll. Zur Durchführung der technischen Lehre des Klagepatentes ist es danach lediglich erforderlich, die unteren Messer um die Achse bzw. Welle herum zu führen.

Keine der von der Beklagten angeführten Entgegenhaltungen stellt die Neuheit der in Kombination geltend gemachten Ansprüche 1 und 8 in Frage.

Hinsichtlich des europäischen Patentes 0 412 004 (Anlage B 1/1) ist zu Lasten der Beklagten im Rahmen der nach § 148 ZPO erforderlichen Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, dass diese – in Widerspruch zu § 184 GVG – der in fran­zö­sischer Sprache vorgelegten Druckschrift keine Übersetz­ung beigefügt hat.

Die Entgegenhaltung steht der Neuheit der geltend gemachten Ansprüche 1 und 8 dennoch nicht entgegen. Diese wurde im Hinblick auf den Anspruch 1 bereits im Erteilungs­verfahren gewürdigt. Zudem offenbart die in Figur 2 gezeigte Darstellung einer bevorzugten Ausführungsform nicht Merkmal 4.b), wonach jedes Messer mit einer Anzahl von Zähnen versehen ist. Die nach der Entgegenhaltung offenbarte technische Lehre verfügt lediglich über Messer, nicht jedoch über Zähne bzw. Haken, die in der Lage sind Material mitzuschleppen. Anspruch 1 des Klagepatentes lässt das Vorhandensein der Zähne nicht offen. Denn an dieser Entgegenhaltung wird gerade kritisiert, dass die „Zähne“ nicht in der Lage sind das Material zusammenzuführen, dieses vielmehr aus dem Schneidebereich herausgedrängt wird.

Auch die Entgegenhaltung EP 0 521 081 (Anlage B 1/2 = WO 91/14501). nimmt die geltend gemachte Anspruchskombination 1 und 8 nicht vorweg. Die Entgegenhaltung offenbart Merkmal 5. des Klagepatentes nicht, d.h. die Anordnung der unteren Messer dergestalt, dass sie sich in eine Richtung erstrecken, die die Achse der Achse oder einen Bereich um diese herum schneidet. Weder in der Beschreibung der Druckschrift noch aus den Zeichnungen ist eine solche Anordnung ersichtlich. Soweit die Beklagte diesbezüglich auf die Figur 1 verweist, ist dies auch nach Vorlage der Anlage B 4 und den hierzu gemachten Ausführungen nicht nachvollziehbar. Die Figur 1 stellt lediglich eine Draufsicht dar, anhand derer nicht ersichtlich ist wie die unteren Messer ausgerichtet sind.

Die DE 32 21 431 (Anlage B 1/3) steht der Kombination der Ansprüche 1 und 8 nicht neuheitsschädlich entgegen. Die Druckschrift offenbart zwar sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatentes. Anspruch 8 wird hingegen nicht offenbart.

Die beiden Ansprüche werden auch nicht durch eine Kombination des EP 0 412 004 (Anlage B 1/1) und EP 0 521 081 (Anlage B 1/2) mit der für eine Aussetzung notwendigen überwiegenden Wahrscheinlichkeit nahegelegt. Die EP 0 412 004, die nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt wurde, offenbart in Figur 2 nicht, dass bei Verwendung mehrerer Wellen mit Messern diese in einem Winkel zueinander stehen. In der französischen Patentschrift sind in Figur 3 zwar mehrere Wellen vorgesehen. Diese stehen jedoch nicht in einem Winkel zueinander. Auch die EP 0 521 081 offenbart eine V-förmige Anordnung nicht. Die erfindungsgemäße Vorrichtung ist dort lediglich in Draufsicht dargestellt. Auch unter Heranziehung der Beschreibung ergibt sich eine solche Anordnung nicht. Anhand des in Anlage B 6 vorgelegten Prospektes der Fa. PR, Österreich, aus dem Jahre 1993 ist eine winkelförmige Ausgestaltung ebenfalls nicht ersichtlich. Denn die qualitativ unzureichenden Ablichtung des Prospektes lässt keine Einzelheiten der offenbarten Vorrichtung erkennen.

Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen auf Grund welcher Überlegungen es für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt nahegelegen hat, die Anlagen B1/1, B 1/2 und B 6 miteinander zu kombinieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 204.516,75 € (400.000,- DM).

Dr. H
N
L