4a O 194/03 – Schwangerschaftstestgerät IV

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  236

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Oktober 2004, Az. 4a O 194/03

I. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die nachfolgend beschriebenen Handlungen vom 16. März 1994 bis zum 1. Oktober 1998 sowie vom 1. Juli 2002 bis 9. November 2003 begangen haben:

analytische Testgeräte, umfassend einen trockenen porösen Träger, ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, in trockenem Zustand in einer Zone stromaufwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweis­sub­stanz, welches markierte spezifische Bindungs­rea­genz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann,

in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen,

bei denen der poröse Träger und das markierte spezifische Markierungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses enthalten sind, das Gehäuse aus flüssigkeitsundurchlässigem festen Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf dem porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff ein teilchenförmiger Direktmarkierungsstoff ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, die beiden Zonen derart angeordnet sind, dass eine auf dem porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann,

und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermen­gen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschrif­ten der Abnehmer sowie der Vorbesitzer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange­bots­men­gen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträ­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­breitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüs­selten Gestehungskosten, des Umsatzes und des erzielten Gewinns,

wobei von den Beklagten die Angaben zu d) nur für die Zeit vom 16. März 1994 bis zum 1. Oktober 1998 zu machen sind.

II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die nachfolgend beschriebenen Handlungen vom 1. Juli 2002 bis 9. November 2003 begangen haben:

Spezifische Bindungsassays, mit einem für einen Analyten spezifischen markierten Reagenz, das durch einen porösen Träger frei wandern kann, der durch Aufbringen einer vermutlich den Analyten enthaltenden wässrigen Probe befeuchtet wird,

wobei es auf dem porösen Träger eine Detektionszone gibt, in der ein unmarkiertes spezifisches Bindungsagens für den Analyten permanent immobilisiert und daher im feuchten Zustand nicht beweglich ist, wobei das unmarkierte spezifische Bindungsagens mit dem Analyten und dem markierten Reagenz an einer Sandwich-Reaktion teilnehmen kann und der poröse Träger einen Teil einer analytischen Testvorrichtung umfasst,

in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken entweder eingeführt oder besessen,

bei denen die Markierung eine partikelförmige Direktmarkierung ist, und bei denen auf dem porösen Träger stromabwärts von der Detektionszone eine Kontrollzone vorhanden ist, wobei die Kontrollzone immobilisierten Antikörper enthält, der an das markierte Reagenz binden kann, oder wobei die Kontrollzone immobilisierten Analyten enthält, der an das Reagenz binden kann, bei denen das markierte Reagenz aus dem trockenen Zustand in der analytischen Testvorrichtung durch die wässrige Probe aufgenommen wird und mit dieser durch die Detektionszone und Kontrollzone wandert, wodurch sich ein positives Assayergebnis durch sichtbares Binden desselben markierten Reagenz sowohl in der Detektionszone als auch der Kontrollzone zeigt, und sich ein negatives Assayergebnis durch sichtbares Binden des markierten Reagenzes nur in der Kontrollzone zeigt;

und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Vorbesitzer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange­bots­men­gen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträ­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­breitungsgebiet,

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ver­pflich­tet sind, an die Klägerin für die in Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom 1. Juli 2002 bis 9. November 2003, sowie für die in Ziffer II. bezeichneten, in der Zeit vom 1. Juli 2002 bis 9. November 2003 begangenen Handlungen dasjenige herauszugeben, was die Beklagten durch die Benutzung des Gegenstandes der Klage­patente auf Kosten der Klägerin erlangt haben.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. bezeichneten, zwischen dem 16. März 1994 bis zum 1. Oktober 1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/6tel, im Übrigen die Klägerin zu tragen.

VII. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- €, für die Beklagten in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist aufgrund Rechtsnachfolge eingetragene Inhaberin des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 291 194 (Klagepatent I), das auf einer Anmeldung vom 26. April 1988 beruht und dessen Erteilung am 16. Februar 1994 veröffentlicht wurde. Ursprüngliche Inhaberin war die Unilever N.V.. Das Klagepatent, welches anlaytische Testgeräte betrifft, wurde in einem Einspruchsbeschwerdeverfahren geringfügig eingeschränkt. Der geltende Patentanspruch 1 lautet in deutscher Übersetzung wie folgt:

Analytisches Testgerät, umfassend einen trockenen porösen Träger (10), unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone (14) permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, und in trockenem Zustand in einer Zone (12) stromaufwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, welches markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger und das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses (30) enthalten sind, das aus feuchtigkeitsundurchlässigem, festem Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf den porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel (32) zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff ein teilchenförmiger Direktmarkierungsstoff ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone (12) des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, wobei die beiden Zonen derartig angeordnet sind, dass eine auf den porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann.

Die Klägerin ist aufgrund Rechtsnachfolge weiterhin eingetragene Inhaberin des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 560 411 (Klagepatent II), dessen Erteilung am 26. Juli 2000 veröffentlicht wurde. Gegen das Klagepatent sind mehrere Einsprüche zum Europäischen Patentamt eingelegt worden, über die noch nicht entschieden wurde. Die Erfindung nach dem Klagepatent II betrifft Assays, insbesondere Immunoassays und Geräte hierfür. Der geltende Patentanspruch 1 lautet in deutscher Übersetzung wie folgt:

Spezifisches Bindungsassay, umfassend die Verwendung eines für einen Analyt spezifischen markierten Reagenz, wobei das markierte Reagenz durch einen porösen Träger (206) frei wandern kann, der durch Aufbringen einer vermutlich den Analyten enthaltenden wässrigen Probe befeuchtet wird, wobei es auf dem porösen Träger eine Detektionszone (209) gibt, in der Detektionszone ein unmarkiertes spezifisches Bindungsagens für den Analyt permanent immobilisiert und daher im feuchten Zustand nicht beweglich ist, wobei das unmarkierte spezifische Bindungsagens mit dem Analyt und dem markierten Reagenz an einer Sandwich-Reaktion teilnehmen kann, und der poröse Träger einen Teil einer analytischen Testvorrichtung umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass

a) die Markierung eine partikelförmige Direktmarkierung ist,

b) es auf dem porösen Träger stromabwärts von der Detektionszone eine Kontrollzone (210) gibt, wobei die Kontrollzone immobilisierten Antikörper enthält, der an das markierte Reagenz binden kann, und

c) das markierte Reagenz aus dem trockenen Zustand in der analytischen Testvorrichtung durch die wässrige Probe aufgenommen wird und mit dieser durch die Detektionszone und Kontrollzone wandert, wodurch sich ein positives Assayergebnis durch sichtbares Binden desselben markierten Reagenz sowohl in der Detektionszone als auch der Kontrollzone zeigt, und sich ein negatives Assayergebnis durch sichtbares Binden des markierten Reagenzes nur in der Kontrollzone zeigt.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Diagnostika, insbesondere diagnostische Schnelltests. Sie vertreiben unter der Bezeichnung „BIOCARD“ Schwangerschaftsfrühtestgeräte. Lieferantin dieser Testgeräte ist die Streitver­kündete. Zwischen den Parteien unstreitig machen die Schwangerschaftsfrühtestgeräte von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch.

Die Streitverkündete und die ursprüngliche Patentinhaberin schlossen am 1. Oktober 1998 einen Lizenzvertrag, wonach der Streitverkündeten die Berechtigung eingeräumt worden war, die Klagepatente zu benutzen. Zwischen der Streitverkündeten und der Klägerin war vor der hiesigen Kammer ein Patentverletzungsstreit anhängig. Mit Anerkenntnisurteil vom 20. Januar 2004 – Aktenzeichen 4a O 15/03 – wurde die Streitverkündete im vollem Umfang zur Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatzfeststellung und Vernichtung verurteilt.

Unter dem 1. Juli 2002 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung des Lizenzvertrages. Unter dem 6. November 2003 stellte der britische „High Court of Justice, Chancery Division, Patents Court“ fest, dass die Kündigung der Klägerin vom 1. Juli 2002 wirksam ist (vgl. Anlage MBP 17). Zwischen den ehemaligen Lizenzvertragsparteien wurde u.a. nachfolgende Vereinbarung geschlossen. Wegen des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf die Anlage MBP 22 verwiesen.

„Exhibit 3

Agreed Statement

The patent licence agreement between Inverness Medical (parent company of Unipath) and KM## of Finland has been terminated. Save for limited sales to named customers over a short transitional period ending in February 2004, KM## will cease all its sales of immunoassays incorporating the Unipath technology in a number of countries including Germany, Switzerland, Austria, France, Netherlands, Belgium, Greece, Italy and Sweden. The other terms of the settlement are confidential.“

Der Wortlaut dieses Teils der Vereinbarung wurde den Beklagten mit Telefax vom 14. November 2003 von der Streitverkündeten übermittelt. Zwischen den Parteien unstreitig handelt es sich bei der „unipath technology“ um die Lehre nach den Klagepatenten.

Die Klägerin erhob unter dem 2. Juni 2003 vor dem hiesigen Gericht Klage auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gegen die Beklagten. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2003 gaben die Beklagten eine Unterlassungserklärung ab. Auf den Wortlaut der als Anlage B 1 überreichten Erklärung wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2003 erteilten die Beklagten Auskunft. Danach bezogen sie in der Zeit vom 25. Juli bis zum 28. November 2003 ca. 60.000 Testgeräte zu einem Stückpreis von 1,45 € bei der Streitverkündeten. Hinsichtlich der weiteren Auskünfte wird auf den Inhalt des Schriftsatzes verwiesen. In dem frühen ersten Termin vom 18. Dezember 2003 wiederholten die Beklagten ihre Unterlassungserklärung unter verändertem Wortlaut. Wegen des konkreten Wortlauts der Erklärung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Unterlassungserklärungen nicht die Wiederholungsgefahr ausräumen. Auch hätten die Beklagten bisher nicht ausreichend Auskunft erteilt. Im Übrigen hätten die Beklagten auch schuldhaft gehandelt, da sie Kenntnis von der Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten zum Zeitpunkt des Bezuges der streitgegenständlichen Analysetest gehabt hätten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 7. September 2004 erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend hinsichtlich der Unterlassungsanträge für erledigt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

wie erkannt, sowie zusätzlich die Beklagten zur Feststellung der vollumfänglichen Schadensersatzverpflichtung, Rechnungslegung und Vernichtung zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass durch die Unterlassungserklärungen die Wiederholungsgefahr in Bezug auf den Unterlassungsanspruch ausgeräumt sei. Im Übrigen hätten sie vollständig Auskunft erteilt. Ein schuldhaftes Verhalten habe nicht vorgelegen, da sie erst im November 2003 Kenntnis von den Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten gehabt hätten. Auch habe keine Patentverletzung vorgelegen, da sie zum Abverkauf berechtigt gewesen sei, wie sich aus der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten ergebe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

Mit dem Vertrieb der streitbefangenen Tests machen die Beklagten dem Wortsinn nach von der technischen Lehre der Klagepatente unstreitig Gebrauch.

Die von den Beklagten vorgenommenen Benutzungshandlungen waren hingegen für den Zeitraum vom 9. November 2003 bis 5. Februar 2004 nicht rechtswidrig, da hinsichtlich der Benutzung der angegriffenen Produkte in dieser Zeit Erschöpfung eingetreten ist. Insoweit waren die Beklagten auf Grund der zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten geschlossenen „Abverkaufsvereinbarung“, deren Wortlaut im Tatbestand wiedergegeben ist, auch zum Bezug und Verkauf der streitgegenständlichen Produkte berechtigt. Der Wortlaut der Vereinbarung und die weiteren Umstände sprechen dafür, dass auf Grund der „Abverkaufsvereinbarung“ auch die Beklagten als Abnehmer der Streitverkündeten zum Abverkauf berechtigt sein sollten. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung würde die Regelung keinen Sinn machen, wenn nur die ursprüngliche Lizenznehmerin zum Abverkauf berechtigt sein sollte, nicht hingegen die Abnehmer, da ansonsten auch die Abnehmer die Lizenznehmerin in Regress nehmen könnten. Auch der Umstand, dass die Streitverkündete die Beklagten nach Abschluss der Vereinbarung am 9. November 2003 über den Inhalt der Vereinbarung informiert hat, spricht dafür, dass die Beklagten zum Abverkauf berechtigt waren, mithin Erschöpfung eingetreten ist. Denn es ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Streitverkündete den Beklagten den Inhalt der Vereinbarung zur Kenntnis gibt, diese hingegen keine Rechte hieraus erhalten sollte, zumal den Parteien der Vereinbarung, insbesondere der Klägerin bekannt war, dass die Beklagte zu 1) eine Abnehmerin der Streitverkündeten ist und in der Anlage 6 der Vereinbarung konkret ausgeführt wurde, in welchem Umfang die Beklagten zu 1) streitgegenständliche Produkte von der Streitverkündeten bezogen hat.

Hingegen war die Benutzung der angegriffenen Ausführungsformen in dem Zeitraum vom 1. Juli 2002 – Kündigung der Lizenzvereinbarung zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten – und dem 9. November 2003 rechtswidrig. Denn für den Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis zum 9. November 2003 bestand kein Lizenzvertrag zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten mehr. Die Beklagten haben zwar mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16. September 2004 die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung des Lizenzvertrages in Abrede gestellt. Durchgreifende Erwägungen, insbesondere das Nichtbestehen von Kündigungsgründen, wurden hingegen nicht vorgetragen. Im Übrigen hat auch der britische „High Court of Justice, Chancery Division, Patents Court“ am 6. November 2003 bindend festgestellt, dass die Kündigung der Klägerin am 1. Juli 2002 wirksam ist.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass von den Beklagten in der Zeit zwischen dem 1. Juli 2003 und 9. November 2003 vorgenommene Handlungen nachträglich genehmigt worden sind. Für diesen Zeitraum haben die Klägerin und die Streitverkündete lediglich eine Schadensersatzzahlung vereinbart, wie sich aus Ziffer 4.1 der Vereinbarung ergibt (Anlage MBP 22). Die Vereinbarung eines Schadensausgleichs impliziert jedoch, so wie die Verurteilung zum Schadensersatz nach der Lizenzanalogie, keine nachträgliche Genehmigung; eine Inanspruchnahme weiterer Verletzer in der Verletzerkette ist dadurch grundsätzlich nicht ausgeschlossen (vgl. LG E, Entsch. 1996, 69; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl. § 139 Rdnr. 123, 145 m.w.N.).

II.

Aus der rechtswidrigen Benutzung der Klagepatente ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

Die Beklagten trifft für Lieferungen bis zum 9. November 2003 kein Verschulden. Denn auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt konnten sie die Rechtswidrigkeit der Benutzung der Klagepatente durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht erkennen und vermeiden.

Es ist weder ersichtlich noch von der Klägerin dargetan, dass die Beklagten bis zum 9. November 2003 Kenntnis von den Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten hatten. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten Kenntnis von der fristlosen Kündigung des Lizenzvertrages hatten. Die Beklagten haben insoweit vorgetragen, dass sie in der zweiten Jahreshälfte bzw. im November 2003 über die Auseinandersetzungen in Kenntnis gesetzt wurden. Über die am 9. November 2003 erfolgte Einigung zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten sei sie telephonisch am gleichen Tag informiert worden; die Einigungsklausel sei ihr mit Telefax vom 14. November 2003 zugegangen. Dem ist die Klägerin nicht konkret entgegen getreten.

Die Beklagten haften der Klägerin daher für Handlungen zwischen dem 1. Juli 2002 bis zum 9. November 2003 nicht auf Schadenersatz (Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG, § 840 BGB). Sie sind jedoch zum Ausgleich der Bereicherung verpflichtet. Zum Schadensersatz verpflichtet sind sie hingegen, soweit Handlungen einen Monat nach Veröffentlichung des Klagepatentes I betroffen sind, d.h. vom 16. März 1994 bis zum 1. Oktober 1998, Abschluss der Lizenzvereinbarung.

Die Beklagten sind im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§ 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB). Die Angaben, die im Rahmen der Rechnungslegung von den Beklagten zu machen sind, entsprechen ihrer Verpflichtung zum Schadens- und Bereicherungsausgleich. Die Beklagten haben zwar bereits Auskunft mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2003 erteilt. Diese diente ersichtlich auch der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung, umfasst hingegen nicht die sämtliche Angaben, die von den Beklagten im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Rechnungslegung zu erbringen sind.

Gemäß § 140 a PatG sind die Beklagten weiterhin zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet, die auf Grund von Benutzungshandlungen vom 1. Juli 2002 bis zum 9. November 2003 in ihren mittelbaren oder unmittelbaren Besitz gelangt sind und sich dort noch befinden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO.

Nachdem die Parteien das Verfahren in der Hauptsache im Hinblick auf die Unterlassungsanträge betreffend beide Klagepatente übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Regelmäßig entspricht es der Billigkeit, derjenigen Partei die Kosten des erledigten Rechtsstreits aufzuerlegen, die ohne die Erledigungserklärungen voraussichtlich unterlegen wäre. Hiervon ausgehend sind der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits des für erledigt erklärten Teils aufzuerlegen. Denn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes wären ihr die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da sie ohne die Erledigungserklärungen voraussichtlich unterlegen wäre.

Hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruches wurde jedenfalls durch die von den Beklagten im frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung ausgesprochene vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr ausgeräumt. Wegen seiner in die Zukunft gerichteten Wirkung muss die Besorgnis bestehen, dass es künftig zu Patentverletzungen kommen wird, denen mit dem Unterlassungsanspruch begegnet werden soll. Ist bereits eine Verletzungshandlung vorgefallen, so ergibt sich aus ihr ohne weiteres die Gefahr, dass in Zukunft weitere Rechtsverletzungen stattfinden werden (sog. Wiederholungsgefahr). Ausgeräumt werden kann die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nur durch die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, die mit einem ausreichenden Vertragsstrafeversprechen gesichert ist (BGH, GRUR 1996, 290, 292 – Wegfall der Wiederholungsgefahr). Dass die ausgesprochene Unterlassungserklärung nicht ernsthaft gemeint war, ist nicht ersichtlich. Nachdem die Beklagten in dem frühen ersten Termin auch den letzten Absatz der Seite 3 gestrichen haben, wurde jedenfalls zu diesem Zeitpunkt die Erklärung auch uneingeschränkt abgegeben. Der Umstand, das die Beklagte im frühen ersten Termin erklärt hat, dass der genannte Absatz „vorsorglich“ entfallen sollte, steht dem nicht entgegen. Damit war erkennbar nur gemeint, dass die Beklagte bereits ihre erste vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung als wirksam angesehen hat. Dadurch wird die Ernsthaftigkeit ihrer zweiten, im frühen ersten Termin abgegebene Unterlassungserklärung nicht in Frage gestellt.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 709, 108 ZPO.

Streitwert:

· bis zum 9. September 2004: 400.000,- € (200.000,- € je Klagepatent)

· danach: 120.000,- € zzgl. Kosteninteresse aus 280.000,- €

Dr. H
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Dr. L2