4a O 212/03 – Patentdarlehen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  239

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 6. April 2004 , Az. 4a O 212/03

I.

Der Beklagte wird unter dem Vorbehalt der Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren verurteilt,

an den Kläger 115.187,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 12% p.a. seit dem 1. Januar 2003 auf einen Betrag in Höhe von 113.949,90 Euro und Zinsen in Höhe von 5% p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2003 auf einen Betrag in Höhe von 1.237, 45 Euro zu zahlen Zug um Zug gegen Aushändigung folgender Übertragungserklärung:

„Der unterzeichnende O,

überträgt im folgenden seine Anteile

an den als Anlage 1 dieser Erklärung (= Anlage 1 zur Vereinbarung zwischen Herrn T und Herrn O vom 12.05. 2001, Auflistung „Schutzrechte T“ vom 11.05. 2001 verfasst von Herrn Patentanwalt PA##1) ersichtlichen Schutzrechte, insbesondere Gebrauchsmuster, Patente sowie Patentanmeldungen im In- und Ausland sowie sonstiger von Herrn T angemeldeter und/oder für ihr eingetragener Schutzrechte im In- und Ausland

mit allen Rechten und Pflichten

an Herrn T, N-Straße 11/117 in ####3 I

und erklärt sich mit der Umschreibung auf den Erwerbenden einverstanden.

Die Übertragung bezieht sich insbesondere auf den Anteil an der Schutzrechtsanmeldung internationale Patentanmeldung Nr. PCT/DE 01/02615 (= Erstanmeldung Ankerwache) und den Anteil an der Schutzrechtsanmeldung internationale Patentanmeldung Nr. PCT/DE 01/02115 „Automatische Anker- und Krängungswache“.

Soweit der Unterzeichnende durch die am 12. Mai 2001 erfolgte Abtretung Inhaber weiterer Rechte von Herrn T geworden ist, so bezieht sich diese Übertragungserklärung ebenfalls darauf, d.h. Herr T wird wieder alleiniger und ausschließlicher Inhaber.

Der Unterzeichnende ist über den derzeitigen Bestand der von der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 umfassten Schutzrechte von Herrn T nicht informiert worden. Die Erklärungen zur Rückübertragung gelten nur in dem Umfang, als der Unterzeichnende überhaupt Schutzrechte etc. von Herrn T erworben hat bzw. soweit diese noch Bestand haben.

Herr O bevollmächtigt Herrn T hiermit – unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB – die Erklärungen abzugeben, die zur anteiligen Übertragung der jeweiligen Rechte auf Herrn T erforderlich sind. Eventuell notwendige Genehmigungen für die erforderlichen Änderungen und Eintragungen werden, soweit möglich, hiermit erteilt.

P, den … ”

und Aushändigung einer schriftlichen Erklärung, in der der Kläger gegenüber dem Beklagten auf alle ihm in der Anlage 2 zur Vereinbarung vom 12.05. 2001 unter der Überschrift „Verpfändung von gewerblichen Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen“ eingeräumten Rechte verzichtet und in die Löschung der zu seinen Gunsten eingetragenen Pfändungsvermerke betreffend die in vorstehend wiedergegebener Anlage 1 zur Vereinbarung vom 12.05. 2001 aufgeführten Vertragsschutzreche und bzw. Vertragsschutzrechtsanmeldungen – insbesondere betreffend die Gebrauchsmuster 298 08 443.0 und 298 02 911.1 sowie die Patente bzw. Patentanmeldungen 197 47 359.8-09 und 100 29 001.9-22 – einwilligt.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte, mit Ausnahme derjenigen Mehrkosten, die durch die Anrufung des funktionell unzuständigen Landgerichts Dortmund entstanden sind. Diese Mehrkosten trägt der Kläger.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger und der Beklagte dürfen die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des ihnen gegenüber zwangsweise durchzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch die unbedingte, unbefristete, selbschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt im Urkundsprozess Rückzahlung eines Darlehens.

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber diverser in Anlage I-C zur vorliegenden Klageschrift aufgelisteter deutscher Gebrauchsmuster, deutscher Patente und deutscher sowie internationaler Patentanmeldungen für „Life-Line Projekte zur Schiffssicherheit“.

Um die Fortentwicklung und die Vermarktung seiner Erfindungen durch die Gründung einer oder mehrerer gemeinsamer Gesellschaften voranzutreiben, traf er unter dem 12. Mai 2001 mit dem Kläger eine schriftliche Vereinbarung (Anlage I-C), in der es unter anderem wie folgt heißt:

Kaufgegenstand:

Herr T verkauft und tritt an Herrn O 10% aller bereits bestehenden, noch einzutragenden oder im Eintragungsverfahren befindlichen Rechte ab. Die als Anlage 1 dieser Vereinbarung beigefügte Auflistung im Schreiben der Patentanwälte PA##1 & V vom 15.05.2001 hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, d.h., auch eventuell nicht erwähnte Rechte werden von dieser Vereinbarung erfasst.

Darüber hinaus wird Herr O ab jetzt an allen Projekten, zu gründenden Unternehmen, Patenten, Schutzrechten, Folgeentwicklungen etc., die Herr T entwickelt, anmeldet oder ggf. treuhänderisch anmelden lässt, jeweils in Höhe von 10% beteiligt sein.

Gegenleistung

Herr O zahlt an Herrn T am heutigen Tag einen Betrag in Höhe von 200.000,00 DM (in Worten: zweihunderttausend Deutsche Mark)…

Die Vertragsparteien legen dem Kaufgegenstand einen derzeitigen Gesamtwert in Höhe von 2.000.000,00 (zwei Millionen Deutsche Mark) bei.

Rücktrittsklausel

Herr O darf diese Vereinbarung bis spätestens 30.09.2002 (Poststempel) durch Rücktrittserklärung per Einschreiben rückgängig machen. Der Kaufpreis wird in diesem Falle als Darlehen behandelt. Der Gesamtbetrag ist spätestens am 31.12.2002 zzgl. 7% Zinsen p.a. seit 12.05.2001 zurückzuzahlen. Sollte das Darlehen nicht rechtzeitig zurückgezahlt werden, wird es ab Fälligkeit mit 12% p.a. verzinst.

Verpfändung der Rechte als Sicherheit, Bestimmungsrecht

Bis zur vollzogenen Gründung eines oder mehrerer Unternehmen werden sämtlich bereits existenten Rechte von Herrn T gemäß anliegendem Vertrag (Anlage 2) an Herrn O verpfändet. …

Herr T räumt Herrn O darüber hinaus ein einseitiges Bestimmungsrecht ein, den Verkauf des Großschiff-Patents an Dritte einzufordern und durchzusetzen. Mindesterlös: 10 Mio. DM.

In der formularmäßig vorgegebenen Zusatzvereinbarung zur Verpfändung der Schutzrechte finden sich unter anderem folgende Abreden:

§ 1 Pfandgegenstand

Der Sicherungsgeber ist eingetragener Inhaber oder Anmelder der in der Anlage 1 aufgelisteten Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen.

§ 2 Sicherungsabrede

Alle den Sicherungsnehmer in diesem Vertrag bestellten Sicherheiten dienen zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten, auch gesetzlichen Ansprüche des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsgeber, die sie im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erwirbt. …

§ 3 Verpfändung

1. Der Sicherungsgeber bestellt dem Sicherungsnehmer ein Pfandrecht an allen gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf Erteilung der sowie Rechten an und aus den in § 1 aufgeführten Patenten und Gebrauchsmustern.

3. Darüber hinaus verpfändet er auch seine Ansprüche auf Erteilung oder Eintragung sowie seine Rechte an und aus Patenten, Gebrauchsmustern und Marken, die er künftig beantragt, bzw. die ihm künftig erteilt oder für ihn eingetragen werden.

§ 4 Übertragung sonstiger Rechte

1. Der Sicherungsgeber tritt alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche, die ihm aus der Verletzung der gemäß § 3 verpfändeten Ansprüche und Rechte zustehen, an den Sicherungsnehmer ab.

2.

Der Sicherungsgeber tritt alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus mit Dritten abgeschlossenen und künftige abzuschließenden Lizenzverträgen, die sich auf die gemäß § 3 verpfändeten Ansprüche und Rechte beziehen, an den Sicherungsnehmer ab.

Die auf DM 200.000,00 festgelegte Gegenleistung wurde von dem Kläger mit Vertragsabschluss an den Beklagten gezahlt.

In zwei Schreiben vom 17. und 18. Oktober 2001 (Anlagen II-I) widerrief der Beklagte gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt seine Bewilligung in eine Umschreibung vom 3 Gebrauchsmustern, 3 Patenten/Patentanmel-dungen und einer PCT-Anmeldung, woraufhin das Deutsche Patent- und Markenamt in einem Bescheid vom 11. März 2002 (Anlage II-K) feststellte, dass die betreffenden Schutzrechte nicht auf den Kläger umgetragen werden könnten.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 (Anlage B4) zeigte der Kläger dem Deutschen Patent- und Markenamt an, dass der Beklagte drei deutsche Gebrauchsmuster, 2 deutsche Patente bzw. Patentameldungen und die Rechte aus zwei PCT-Anmeldungen an ihn verpfändet habe.

Zu der Verpfändung von zwei der Gebrauchsmuster (Anlage II-F) und den beiden Patenten / Patentanmeldungen (Anlagen II-G, B6 und B7) teilte das Deutsche Patent- und Markenamt dem Kläger mit, dass es die betreffenden Verfügungen in den Akten vermerkt habe.

Nach Abschluss der zuvor wiedergegebenen Vereinbarungen gerieten die Parteien über deren Rechtswirksamkeit in Streit.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 14. März 2002 (Anlage B2) erklärte der Beklagte, die Übereinkunft vom 12. Mai 2001 vorsorglich außerordentlich und hilfsweise ordentlich zu kündigen, weil aufgrund der unterschiedlichen beiderseitigen Vorstellungen eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht absehbar sein.

Weil der Beklagte die von ihm versprochene und geschuldete Mitarbeit verweigert habe, erklärte der Kläger in einem Einschreiben vom 27. September 2002 (Anlage I-D) vorsorglich den Rücktritt von der eingangs beschriebenen Vereinbarung.

Die Parteien versuchten sodann, ihre Übereinkunft im Wege einer vergleichsweisen Einigung rückabzuwickeln. Hierzu bot der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 5. Februar 2002 (Anlage I-F) die Rückübertragung der Schutzrechte und Aufhebung von hieran bestehenden Sicherungsrechten an. Zugleich forderte er den Beklagte dazu auf, das Darlehen nebst Zinsen und weitere DM 2.420,25 an verauslagten Patentanwaltshonoraren, zu denen der Beklagte in einem anwaltlichen Schreiben vom 23. September 2002 (Anlage I-L) ausgeführt hatte, diese Kosten seien in eine vergleichsweise Regelung mit einzubeziehen, bis zum 21. Februar 2003 auf sein Konto zu überweisen.

Hierauf anwortete der Beklagte in einem anwaltlichen Schreiben vom 14. Februar 2003 (Anlage I-E):

Bei den von Ihnen beigefügten beiden Entwürfen („Erklärung über die Aufhebung von Sicherungsrechten“, „Übertragungserklärung“) sind unseres Erachtens keine Änderungen notwendig. Herr T ist ferner grundsätzlich bereit, den von ihnen geforderten Betrag zu zahlen. …

In einem weiteren Schreiben vom 25. Februar 2003 (Anlage I-G) führte der Beklagte aus:

Auf Grund dieser Verzögerung benötige ich nun nicht nur das Dir zustehende Geld, es drückt auch an mehreren anderen Stellen. Meine Kapitalgeber wünschen bei der nun erhöhten Summe doch noch eine Rücksprache mit meinem Patentanwalt und einem namhaften Schiffstechniker. Hiernach würde einer baldigen Rückabwicklung nichts mehr im Wege stehen und ich möchte Dich bis dahin noch um Geduld bitten – gerne auch zu deinem Tageszins. Alle Bemühungen hierfür laufen unter Hochdruck.

Die Vergleichsverhandlungen führten zu keinem Ergebnis.

Der Kläger, der von dem Beklagten vorrangig Zahlung aus der eingangs wiedergegebenen Vereinbarung und hilfsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangt, sieht in den Schreiben des Beklagten vom 23. September 2002 und 14. sowie 25. Februar 2003 (Anlagen I-L, I-E und I-G) ein Anerkenntnis.

Der Kläger hat von dem Beklagten ursprünglich uneingeschränkt Rückzahlung seiner auf die Vereinbarung vom 12. Mai 2001 geleisteten Zahlung und hilfsweise eine entsprechende Verurteilung des Beklagten Zug-um-Zug gegen Erfüllung der im Tenor bezeichneten Gegenrechte verlangt.

In der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004 hat er seinen Hauptantrag zurückgenommen.

Der Kläger beantragt nunmehr,

zu erkennen, wie geschehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

ihm die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.

Er wendet ein, die Vereinbarung vom 12. Mai 2001 sei rechtsunwirksam, weil sie nicht hinreichend bestimmt sei. Dessen ungeachtet stelle sie eine sittenwidrige Benachteiligung zu seinen Lasten dar.

Hilfsweise beruft er sich auf Zurückbehaltungsrechte, zu denen er geltend macht, der Kläger habe die Rückübertragung der an ihn abgetretenen Schutzrechte und die Löschung der Verpfändungsvermerke beim Deutschen Patent- und Mar-kenamt zu bewirken. Auch habe er seine Rechte und Pflichten als Mitanmelder der PCT-Anmeldung DE 01/02615 zu übertragen und die Umschreibung auf eigene Kosten herbeizuführen. Seine im Zuge der Vergleichsverhandlungen mit Schreiben vom 5. Februar 2003 zeitlich befristeten Erklärungen (Anlage I-F) reichten hierzu nicht aus.

Weiter habe der Kläger ihm Auskunft über eventuelle weitere, nicht beim Deutschen Patent- und Markenamt vermerkte Maßnahmen zu erteilen. Dies gelte insbesondere auch im Hinblick auf die ausländischen Schutzrechte.

Überdies könne er von dem Kläger die Herausgabe einer Originalvollmacht zu der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 (Anlage B17) verlangen.

Hierauf erwidert der Kläger, die beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Verpfändungsvermerke würden den Beklagten in seiner Verfügungsberechtigung nicht einschränken. Eine Übertragung seiner Rechte als Mitanmelder der PCT-Anmeldung DE 01/02615 habe er dem Beklagten wiederholt angeboten mit der Folge, dass sich der Beklagte insofern in Annahmeverzug befinde. Über den Akteninhalt des Deutschen Patent- und Markenamtes hinausgehende Maßnahmen habe er nicht veranlasst. Die vom Beklagten herausverlangte Originalvollmachtsurkunde stehe nicht in einem Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 12. Mai 2001. Es handele sich um eine eigenständige, für einen konkreten Auftrag erteilte anwaltliche Handlungsvollmacht.

Das vom Kläger ursprünglich angerufene Landgericht Dortmund hat sich mit Beschluss vom 13. Mai 2003 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an die funktionell zuständige Kammer für Patent- und Gebrauchsmusterstreitigkeiten bei dem Landgericht Düsseldorf verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und de zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat in dem vom Kläger nunmehr geltend gemachten Umfang vorbehaltslos Erfolg.

I.

Der Beklagte ist nach § 607 BGB i.V.m. der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 (Anlage I-C) dazu verpflichtet, die von dem Kläger empfangenen DM 200.000,00 nebst Zinsen in der hier geltend gemachten Höhe zurückzuzahlen.

1.

Die Parteien sind unter dem 12. Mai 2001 schriftlich darin übereingekommen, dass der Kläger für die Abtretung eines Anteils von 10% an einer Anzahl näher bezeichneter gewerblicher Schutzrechte an den Beklagten DM 200.000,00 leisten soll.

Für den Fall, dass der Kläger die Vereinbarung bis zum 30. September 2002 kündigen sollte, haben die Parteien vereinbart, dass die vom Kläger geleistete Zahlung als ein zum 31. Dezember 2002 fällig werdendes, näher zu verzinsendes Darlehen zu behandeln ist.

Diese Voraussetzung ist eingetreten, nachdem der Kläger mit Einschreiben vom 27. September 2002 (Anlage I-D) seinen Rücktritt von der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 erklärt hat.

a)

Gegenüber seiner hieraus hervorgehenden Rückzahlungspflicht wendet der Beklagte ohne Erfolg ein, die in Vereinbarung vom 12. Mai 2001 geregelte Schutzrechtsübertragung sei nicht hinreichend bestimmt, mit der Folge, dass die Übereinkunft insgesamt rechtsunwirksam sei.

Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die nach dem Vertrag vom 12. Mai 2001 auf den Kläger zu übertragenden Schutzrechte hinreichend konkret bezeichnet werden und ob es – entsprechend dem Vertragsverständnis des Beklagten – rechtlich unmöglich ist, einen näher bezeichneten Anteil dieser Schutzrechte an den Kläger abzutreten.

Für eine hinreichend konkrete Bezeichnung der zu übertragenden Schutzrechte spricht der aus der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 hervorgehende Wille, alle Schutzrechte des Beklagten, durch welche die Erfindung „Life-Line Projekte zur Schiffssicherheit“ geschützt werden, anteilig auf den Kläger zu übertragen.

Der Rechtswirksamkeit dieser Vereinbarung steht nicht entgegen, dass es unmöglich ist, gewerbliche Schutzrechte realiter aufzuspalten (Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 15 PatG, Rz. 18).

Ein solcher Wille, einen realen Anteil an den bezeichneten Schutzrechten zu übertragen, geht aus der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 nicht hervor. Eine Aufspaltung der Schutzrechte wird hierin nicht erklärt. Bei verständiger Würdigung und unter Berücksichtigung des Vertragszweckes ging es den Parteien vielmehr darum, den Kläger im Sinne einer Bruchteilsgemeinschaft an den gewerblichen Schutzrechten quotenmäßig zu beteiligen. Einer so verstandenen Verfügung stehen rechtliche Hindernisse nicht entgegen.

Selbst wenn man dem Verständnis des Beklagten im Sinne einer realen Teilung der betroffenen Schutzrechte folgt, führt dies nicht dazu, dass die Vereinbarung vom 12. Mai 2001 rechtsunwirksam ist. Denn die rechtliche Unmöglichkeit, gewerbliche Schutzrechte realiter aufzuspalten, betrifft nicht den Rechtsbestand einer hierauf gerichteten Übereinkunft, sondern allein deren Vollzug. Nach dem § 311a BGB n.F., der gemäß Art. 229 § 5 EGBGB auf die vorliegende Rechtsbeziehung Anwendung findet, führt der Umstand, dass ein Vertrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, entgegen dem früheren § 306 BGB a.F. nicht mehr zur Nichtigkeit der betreffenden Vereinbarung. Die anfängliche objektive Unmöglichkeit stellt einen Fall schuldrechtlicher Leistungsstörung dar, die auf den Bestand einer entsprechenden Vereinbarung keinen Einfluss nimmt.

b)

Entgegen dem weiteren Einwand des Beklagten ist die Vereinbarung vom 12. Mai 2001 auch nicht wegen Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Ein entsprechender Sittenverstoß kann in einem Verhalten gegenüber dem Geschäftspartner bestehen. Neben dem in § 138 Abs. 2 BGB hervorgehobenen Fall des Wuchers, soll auch der § 138 Abs. 1 BGB den Schwächeren gegen wirtschaftliche und intellektuelle Übermacht schützen (BGH, NJW 1981, 1206). Zum Anwendungsbereich des § 138 Abs. 1 BGB gehören in dieser Hinsicht Knebelungs- oder wucherähnliche Verträge, Verträge mit übermäßigen Freiheitsbeschränkungen, Verträge, die unter Ausnutzung wirtschaftlicher Übermacht zustande gekommen sind oder den Schwächeren in eine ausweglose Lage bringen (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 138 BGB, Rz. 24). Einen solchen Tatbestand hat der Beklagte nicht schlüssig dargetan. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien in der Vereinbarung vom 12.Mai 2001 die Gesamtheit der auf den Beklagten zurückzuführenden Schutzrechte mit DM 2.000.000,00 bewertet haben, oder lediglich den auf den Kläger zu übertragenden 10%igen Anteil, mit der Folge, dass der Kläger diese Verfügung mit lediglich 10% des ihm zugedachten Vermögenszuwachses vergüten sollte. Allein aus einem solchen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung lässt sich hier nicht herleiten, dass der Beklagte sich bei Vertragsabschluss einem in seiner Verhandlungsposition übermächtigen Geschäftspartner gegenüber sah und von diesem in die Vereinbarung vom 12.Mai 2001 hineingedrängt worden ist. Dies gilt auch deshalb, weil es sich in der mit DM 2.000.000,00 vorgenommenen Bewertung der sich zum Teil noch im Anmeldestadium befindlichen Schutzrechte nach dem erkennbaren Willen der Parteien um eine unverbindliche Bemessungsgrundlage handeln sollte.

Auch das Ausmaß der an den Kläger zu Sicherungszwecken verpfändeten Schutzrechte und das ihm im Hinblick auf einen Verkauf des sog. Großschiffpatents zugesagte Bestimmungsrecht vermögen nicht die Annahme zu rechtfertigen, die Vereinbarung vom 12.Mai 2001 stelle eine sittenwidrige Benachteiligung zulasten des Beklagten dar. Wie bereits ausgeführt, war es zwischen den Parteien nicht gewollt und ihnen auch nicht möglich, den Wert der auf den Kläger zu übertragenden Schutzrechte verbindlich festzulegen. Daher lässt der Umfang der dem Kläger gewährten Sicherheiten keinen zwingenden Rückschluss auf ein Missverhältnis der auszutauschen Leistungen zu. Auch hat der Beklagte nicht dargetan, von dem Kläger infolge wirtschaftlicher Unterlegenheit zu der Verpfändung der Schutzrechte gedrängt worden zu sein. Seine Behauptung, die Vereinbarung vom 12.Mai 2001 sei durch den Kläger vorgegeben worden besagt hierzu nicht. Sie ist im übrigen nicht urkundlich belegt, so dass der Beklagte hiermit in der gewählten Prozessart nicht gehört werden kann.

c)

Rechtlich unerheblich schließlich ist die von dem Beklagten zu der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 mit Schreiben vom 14. März 2002 (Anlage B2) ausgesprochene Kündigung.

Ein entsprechendes Kündigungsrecht für Beklagten ist in der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 nicht vorgesehen. Auch war der Beklagte nicht dazu berechtigt, die vorstehend bezeichnete Vereinbarung außerordentlich zu kündigen. Die Ausübung eines solchen Gestaltungsrechts setzt in der Regel ein pflichtwidriges Verhalten des Vertragspartners voraus, aufgrund dem es der anderen Partei unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen nicht zuzumuten ist, an der getroffenen Übereinkunft gebunden zu bleiben (vgl. Palandt/Putzo, Kommentar zum BGB, 60. Aufl., § 626 BGB, Rz. 37-41). Wegen der weitreichenden Folgen ist es im Allgemeinen erforderlich, den Vertragspartner vor Aussspruch der außerordentlichen Kündigung abzumahnen und ihm so Gelegenheit zu geben, sich fortan vertragsgemäß zu verhalten.

Ausgehend von diesen Voraussetzungen vermag die von dem Beklagten mit Schreiben vom 14. März 2002 ausgesprochene Kündigung bereits in Ermangelung eines vorgetragenen Kündigungsgrundes keine Rechtswirkungen zu erzeugen. Eine vorhergehende Abmahnung des Klägers ist nicht zu ersehen und von dem Beklagten auch nicht dargetan worden.

2.

Die an den Kläger zurückzuleistende Zahlung vermag der Beklagte nach §§ 273, 346 BGB solange zu verweigern, bis ihm die Rückübertragung der auf den Kläger umgetragenen Schutzrechte und der Verzicht des Klägers auf die in der Anlage 2 zur Vereinbarung vom 12. Mai 2001 unter der Überschrift „Verpfändung von gewerblichen Schutzrechen und Schutzrechtsanmeldungen“ ihm eingeräumten Rechte erklärt worden ist.

Solchen Gegenansprüchen des Beklagten ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004 zutreffend nicht mehr entgegengetreten, so dass es hierzu keiner näheren Erläuterungen bedarf.

a)

In Ermangelung einer tauglichen Anspruchsgrundlage kann der Beklagte allerdings nicht verlangen, dass der Kläger die Umschreibung der auf seinen Namen lautenden PCT-Anmeldung DE 01/02615 bei dem Deutschen Patent- und Markenamt bewirkt. Sowohl im Hinblick auf eine Übertragung wie auch eine Verpfändung der dem Kläger zugesagten Schutzrechte haben die Parteien keine Absprache zu deren Anzeige beim Deutschen Patent- und Markenamt und den hiermit verbundenen Verfahrenskosten getroffen. Nach dem Grundsatz, dass der Veräußerer dem Erwerber im Zweifelsfall nur eine solche Rechtsposition zusagen will, wie sie für den mit dem Vertrag verfolgten Zweck erforderlich ist (vgl. BGH, GRUR 1981, 281, 288 -Honorar-vereinbarung; BGH, GRUR 1996, 121, 122 -pauschale Rechtseinräumung), hat des dem Willen der Parteien entsprochen, dass Anzeigen, die mit einer Umsetzung der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 zusammenhängen, ohne Anspruch auf Kostenerstattung von demjenigen vorzunehmen sind, der durch die anzuzeigende Verfügung begünstigt ist. Für die Rückabwicklung des streitgegenständlichen Vertrages hat dies zur Folge, dass sich auch der Kläger darauf beschränken kann, dem Beklagten die für eine (Rück-) Übertragung der ihm zuteil gewordenen Rechte erforderlichen Erklärungen zu erteilen.

b)

Wegen weiterer Schutzrechte vermag der Beklagte von dem Kläger keine (Rück-)Übertragung verlangen, weil er nicht dargetan hat, ob und ggf. welche seiner Gebrauchsmuster, Patente und Rechte aus PCT-Anmeldungen neben der PCT-Anmeldung DE 01/02615 auf den Kläger ein- bzw. umgetragen worden sind. Wie sich aus einem Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. März 2002 (Anlage II-K) ersehen lässt, ist es zu einer Umschreibung der Gebrauchsmuster 297 19 883, 298 02 911 und 298 08 344, der Patente bzw. Patentanmeldungen 197 47 359, 198 20 895 und 100 29 001 und der Rechte aus der PCT-Anmeldung DE 01/02115 auf den Kläger nicht gekommen, weil der Beklagte mit Schreiben vom 17. Oktober 2001 (Anlage II-I) seine Umschreibungsbewilligung zurückgenommen hatte.

c)

Der Beklagte vermag die von ihm geschuldete Zahlung auch nicht nach § 273 BGB solange zu verweigern, bis der Kläger ihm Auskunft über weitere Maßnahmen erteilt, die er in Umsetzung der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 veranlasst hat. Eine solche im nach dem §242 BGB obliegende Auskunftspflicht hat der Kläger dadurch erfüllt (§ 362 BGB), dass er mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2003 dargetan hat, über den dem Beklagten bekannten Akteninhalt des Deutschen Patent- und Markenamtes hinaus keine Maßnahmen in die Wege geleitet zu haben. Zu diesem Vorbringen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004 präzisiert, dass es zu Auskunftszwecken gegenüber dem Beklagten erfolgt ist.

d)

Auch wegen der von ihm herausverlangten Originalvollmachtsurkunde (Anlage B17) schließlich kann der Beklagte schließlich keine Zahlung nach § 273 BGB verweigern.

Denn es ist nicht einzusehen, warum der Kläger diese Urkunde an den Beklagten herausgeben soll. Eine entsprechende Pflicht folgt nicht aus § 346 BGB in Rückabwicklung der Vereinbarung vom 12. Mai 200. Die von dem Beklagten zu der Vollmacht vorgelegte Kopie enthält keinen Hinweis, wonach das Schriftstück den Kläger dazu ermächtigen sollte, die in der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 enthaltenen Abreden umzusetzen. Für eine Übertragung der dem Kläger zugesagten Rechte war die Vollmacht nicht erforderlich, weil der Kläger bereits in der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 von dem Beklagten dazu ermächtigt worden ist, die hierfür erforderlichen Erklärungen abzugeben. Das in der Kopie wiedergegebene Schriftstück stellt eine allgemeine Handlungsvollmacht für prozessuale und außerprozessuale Angelegenheiten zum Betreiben aller mit den „Life-Line-Systemen“ zusammenhängenden Angelegenheiten dar. Ein berechtigtes Interesse an einer Rückgabe dieser Vollmachtsurkunde ist nicht zu ersehen und von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Die von ihm verauslagten Patentanwaltskosten kann der Kläger von dem Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 670, 677, 683 BGB ersetzt verlangen.

Maßgebende Einwendungen hiergegen hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

Ein Zurückbehaltungsrecht zur Durchsetzung der von ihm einredeweise erhobenen Gegenansprüche steht ihm aus den vorstehend dargelegten Gründen auch gegenüber dieser Verbindlichkeit nur in dem im Tenor zuerkannten Ausmaß nach § 273 BGB zu.

III.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. den in der Vereinbarung vom 12. Mai 2001 vereinbarten Zinssätzen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 269 Abs. 3, 281 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 4 und 11, 711, 108 ZPO.

V.

Der Streitwert wird auf 115.187,35 Euro festgesetzt.

Dr. H N2 L2