4a O 70/14 – beheizbarer Boden

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2420

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Mai 2015, Az. 4a O 70/14

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten am jeweils vertretungsberechtigten Verwalter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

beheizbare Böden für Viehställe, die aus einer Vielzahl von hohlen, rechteckigen Plattenkörpern zusammengesetzt sind, deren Hohlräume mit einem Wärmeträgerfluid, insbesondere mit Wasser befüllt sind und mittels durch diese Hohlräume verlaufender Heizleitungen beheizbar sind, wobei jeder Plattenkörper jeweils eine die Standfläche für das Vieh bildende, mit einer Einfüllöffnung versehene Oberschale und eine die Oberschale abstützende Unterschale aufweist, die an ihren Rändern flüssigkeitsdicht miteinander verbunden sind und mit Mitteln zum Einhängen in Träger versehen sind und in ihrem Flächenbereich durch Stützen aneinander abgestützt sind, die durch den Hohlraum verlaufen,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Stützen zumindest im von unten an die Oberschale angrenzenden Bereich von seitlich offenen Rohrstutzen mit eckigem Querschnitt gebildet werden, deren seitliche Öffnungen alle in Richtung auf die an einem Rand der Oberschale befindliche Einfüllöffnung ausgerichtet sind;

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 16.12.2010 begangen hat, und zwar unter Angabe

a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b. der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c. der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege, nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 27.06.2010 begangen hat, und zwar unter Angabe

a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben zu d. nur für die Zeit seit dem 16.01.2011 zu machen sind

und der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

4. die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 16.12.2010 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12.05.2015) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und seit dem 16.01.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

V. Das Urteil ist in Bezug auf die Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung (Ziff. I. 2. und I. 3. des Tenors) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- EUR, hinsichtlich der Kostengrundentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

TATBESTAND:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Patents DE 10 2008 055 XXX B 4 (im Folgenden: Klagepatent I) sowie des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2 369 XXX B1 (Klagepatent II), deren eingetragene Inhaberin sie ist, auf Unterlassung, Rechnungslegung und Auskunftserteilung, Rückruf sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch, wobei sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, dass die geltend gemachten Ansprüche bis zu dessen Erlöschen auf das Klagepatent I und für die Zeit danach auf das Klagepatent II gestützt werden.

Das Klagepatent I wurde am 04.11.2008 angemeldet und am 27.05.2010 offengelegt. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents I erfolgte am 16.12.2010. Das Klagepatent I war bis zum 19.09.2013 in Kraft und hat gemäß Artikel 2 § 8 Abs. 1 Ziff. 1 IntPatÜG am 20.09.2013 aufgrund des Ablaufs der Einspruchsfrist für das Klagepatent II seine Wirkung verloren.

Die Anmeldung des Klagepatents II erfolgte in deutscher Sprache unter Inanspruchnahme der Priorität des Klagepatents I vom 04.11.2008 am 30.10.2009. Veröffentlichungstag des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents II im Patentblatt ist der 19.12.2012. Der deutsche Teil des Klagepatents II ist in Kraft.

Die Klagepatente tragen die Bezeichnung „Beheizbarer Boden für Viehställe“. Patentanspruch 1 des Klagepatents I ist wie folgt gefasst:

„Beheizbarer Boden für Viehställe, der aus einer Vielzahl von hohlen, rechteckigen Plattenkörpern zusammengesetzt ist, deren Hohlräume mit einem Wärmeträgerfluid, insbesondere mit Wasser, befüllt sind und mittels durch diese Hohlräume verlaufender Heizleitungen (11) beheizbar sind, wobei jeder Plattenkörper jeweils eine die Standfläche für das Vieh bildende, mit einer Einlauföffnung (5) versehene Oberschale (1) und eine die Oberschale (1) abstützende Unterschale (7) aufweist, die an ihren Rändern flüssigkeitsdicht miteinander verbunden und mit Mitteln zum Einhängen der Träger versehen sind und in ihrem Flächenbereich durch Stützen (6, 9) aneinander abgestützt sind, die durch den Hohlraum verlaufen, dadurch gekennzeichnet, dass die Stützen (6, 9) zumindest im von unten an die Oberschale (1) angrenzenden Bereich die Gestalt von längs aufgeschnittenen Rohrstutzen mit rundem oder eckigem Querschnitt aufweisen, deren seitliche Öffnungen (6a) alle in Richtung auf die an einem Rand der Oberschale (1) befindliche Einfüllöffnung (5) ausgerichtet sind.“

Patentanspruch 1 des Klagepatents II weist folgende Fassung auf:

„Beheizbarer Boden für Viehställe, der aus einer Vielzahl von hohlen, rechteckigen Plattenkörpern zusammengesetzt ist, deren Hohlräume mit einem Wärmeträgerfluid, insbesondere mit Wasser befüllt sind und mittels durch diese Hohlräume verlaufender Heizleitungen beheizbar sind, wobei jeder Plattenkörper jeweils eine die Standfläche für das Vieh bildende, mit einer Einlauföffnung (5) versehene Oberschale (1) und eine die Oberschale (1) abstützende Unterschale (7) aufweist, die an ihren Rändern flüssigkeitsdicht miteinander verbunden und mit Mitteln zum Einhängen der Träger versehen sind und in ihrem Flächenbereich durch Stützen aneinander abgestützt sind, die durch den Hohlraum verlaufen, dadurch gekennzeichnet, dass die Stützen (6, 9) zumindest im von unten an die Oberschale (1) angrenzenden Bereich von seitlich offenen Rohrstutzen mit rundem oder eckigem Querschnitt gebildet werden, deren seitliche Öffnungen (6a) alle in Richtung auf die an einem Rand der Oberschale (1) befindliche Einfüllöffnung (5) ausgerichtet sind.“

Hinsichtlich der Formulierung der lediglich im Wege eines „insbesondere, wenn“ -Antrages geltend gemachten Unteransprüche 2 und 4 wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Klagepatentschriften Bezug genommen.

Die nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 2 und 6 zeigen nach der Klagepatentbeschreibung ein Ausführungsbeispiel der Erfindung. In Figur 2 sind Teile eines erfindungsgemäßen Plattenkörpers in einer Explosionszeichnung von schräg unten dargestellt.

In Figur 6 ist die Oberschale von unten zu sehen.

Die Beklagte ist eine in Spanien ansässige Wettbewerberin der Klägerin, die sich in erster Linie der Herstellung und Vermarktung von Anlagen für die Schweinehaltung widmet. Sie kündigte im Frühjahr 2012 unter anderen über die Internetseite „A“ sowie im November 2012 für die Messe „B“ eine neue Produktlinie betreffend hydraulisch beheizbare Platten für die Schweinezucht an (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Die Platten, die auf der Messe „B 2012“ in C tatsächlich auch ausgestellt wurden, werden unter anderem im Internetauftritt der Beklagten als „D“-Füllsystem beschrieben, welches eine blasenfreie Befüllung des Hohlraums der Platte mit Wasser sicherstellen soll. Die angegriffene Ausführungsform wird inzwischen auch von der E Maschinenfabrik und Eisengießerei GmbH & Co. KG, XXXXX F, in Deutschland zum Verkauf angeboten.

Die Klägerin beschaffte sich ein Exemplar der streitgegenständlichen Bodenplatten. Die technische Gestaltung der Unterschale des Plattenkörpers mit abgenommener Oberschale lässt sich anhand der nachfolgend eingeblendete Fotografie erkennen:

Nach Auffassung der Klägerin macht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie die Klage in Bezug auf den zunächst geltend gemachten Vernichtungsanspruch zurückgenommen und die im Hauptantrag begehrte Auskunftserteilung auf die Zeit ab dem 16.12.2010 sowie die im Hauptantrag begehrte Rechnungslegung auf die Zeit ab dem 27.06.2010 beschränkt hat,

zu erkennen, wie geschehen, jedoch mit der Maßgabe, dass Angaben zu den Gestehungskosten und dem erzielten Gewinn bereits für die Zeit ab dem 27.06.2010 begehrt werden;

hilfsweise für den Fall, dass die Kammer von einer mittelbaren Patentverletzung ausgeht:

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten am jeweils vertretungsberechtigten Verwalter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

beheizbare Böden für Viehställe, die aus einer Vielzahl von hohlen, rechteckigen Plattenkörpern zusammengesetzt sind, deren Hohlräume mittels durch diese verlaufender Heizleitungen beheizbar sind, wobei jeder Plattenkörper jeweils eine die Standfläche für das Vieh bildende, mit einer Einfüllöffnung versehene Oberschale und eine die Oberschale abstützende Unterschale aufweist, die an ihren Rändern flüssigkeitsdicht miteinander verbunden sind und mit Mitteln zum Einhängen in Träger versehen sind und in ihrem Flächenbereich durch Stützen einander abgestützt sind, die durch den Hohlraum verlaufen,

bei denen die Stützen zumindest im von unten an die Oberschale angrenzenden Bereich von seitlich offenen Rohrstutzen mit eckigem Querschnitt gebildet werden, deren seitliche Öffnungen alle in Richtung auf die an einem Rand der Oberschale befindlicher Einfüllöffnungen ausgerichtet sind,

wobei die Hohlräume der Plattenkörper dazu geeignet sind, mit einem Wärmeübertragungsfluid, insbesondere mit Wasser, befüllt zu werden,

Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern;

hilfsweise für den Fall, dass die Kammer von einer mittelbaren Patentverletzung ausgeht, aber ein Schlechthinverbot für nicht berechtigt erachtet, mit dem Zusatz:

ohne im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass diese beheizbaren Böden für Viehställe nicht ohne Zustimmung der Inhaberin des Europäischen Patentes 2 369 XXX B1 mit einem Wärmeträgerfluid, insbesondere Wasser, befüllt werden dürfen.

Im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Patentinhaberin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,- EUR pro beheizbarem Boden für Viehställe, mindestens jedoch 5.000,- EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die beheizbaren Böden für Viehställe nicht ohne Zustimmung der Patentinhaberin mit einem Wärmeübertragungsfluid, insbesondere Wasser, zu verwenden, die mit den vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Merkmalen ausgestattet sind.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung durch ihre Prozessbevollmächtigten klargestellt, dass sie in Bezug auf die hilfsweise geltend gemachte mittelbare Patentverletzung keinen Anspruch auf Rückruf geltend macht und auch die Rechnungslegung erst für die Zeit ab dem 16.01.2011 verlangt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

Die von der Beklagten angebotenen Böden seien – unstreitig – nicht mit Wasser befüllt, so dass es an einer Befüllung der Hohlräume mit einem Wärmeträgerfluid fehle.

Der streitgegenständliche Anspruch setze weiterhin voraus, dass es sich bei den Stützen um Rohrstutzen handele. Ein Rohrstutzen sei dadurch gekennzeichnet, dass er innen hohl sei. Der seitliche Schlitz gebe daher die räumliche Anordnung des Rohrstutzens dahingehend vor, dass durch diese seitliche Öffnung sämtliche, in dem gesamten Rohrstutzen vorhandene Luft entweichen könne. Es solle also der gesamte Rohrstutzen entlüftet werden. Die seitliche Öffnung sei daher patentgemäß so gestaltet, dass sie den gesamten inneren Bereich des Rohrstutzens öffne, also eine Art „Tor“ sei, welches ein Entweichen der gesamten Luft ermögliche. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien die Stützen demgegenüber an ihrer Oberseite geschlossen, sie hätten quasi einen Deckel. Oberhalb der geschlossenen, planen Oberfläche seien zwei minimal hohe Schweißnähte vorhanden, damit der Stutzen an die Oberschale geschweißt werden könne. Den oberen Bereich über dem Stutzen sehe der Fachmann nicht als Rohrstutzen an.

Schließlich seien die Schweißnähte bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht in Richtung auf die Einfüllöffnung ausgerichtet. Die Einfüllöffnung befinde sich in der Ecke zwischen dem Übergang von der kurzen zur langen Seite. Dementsprechend müsse die offene Flanke der Nuten für eine Verletzung der Klagepatente auf die Ecke der Oberschale, und nicht wie bei der angegriffenen Ausführungsform in Richtung der kurzen Kante der rechteckigen Oberschale, ausgerichtet sein.

Im Übrigen stehe der Klägerin auf der Basis des Klagepatents I kein Unterlassungsanspruch zu, nachdem dieses Patent seine Wirkung verloren habe. Die Klage sei daher insoweit auch bereits aus diesem Grund kostenpflichtig abzuweisen.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Insbesondere handele es sich bei Wasser um eine „Allerwelts“-Zutat, die für jedermann verfügbar und beim Empfänger bzw. Abnehmer schon vorhanden sei. Diesen Umstand mache sich die Beklagte bewusst zu Eigen, so dass ihr das Vorhandensein des Wassers beim Abnehmer bzw. Empfänger so zuzurechnen sei, als hätte sie dieses selbst mitgeliefert.

Des Weiteren sei es erfindungsgemäß auch nicht erforderlich, dass die Stützen über die gesamte Länge seitlich offen seien. Erforderlich, aber auch ausreichend sei vielmehr eine Öffnung im „von unten an der Oberschale angrenzenden Bereich“. Um die erfindungsgemäß angestrebte gleichmäßige Wärmeverteilung zu erreichen brauche dieser Bereich nur so lang zu sein, dass Wasser durch die seitliche Öffnung der Stütze unter Verdrängung der dort befindlichen Luft eindringen und die Oberschale im Bereich der Stütze von unten erreichen könne.

Im Übrigen seien die seitlichen Öffnungen der Stützen bei der angegriffenen Ausführungsform auch alle auf die kurze Seite der rechteckigen Oberseite ausgerichtet, wo sich die Einfüllöffnung befinde, und zwar so, dass alle aus den Stützenverlängerungen verdrängten Luftblasen im Bereich der Einfüllöffnung aus dem Hohlraum der Platte austreten könnten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre der Klagepatente wortsinngemäß Gebrauch macht, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Rückruf sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach aus (Art. 64 EPÜ i. V. m.) §§ 139 Abs. 1 und 3, 140a Abs. 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu. Für eine teilweise Klageabweisung in Bezug auf die begehrte Unterlassung ist demgegenüber kein Raum, nachdem die Klägerin klargestellt hat, dass sie den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ausschließlich auf das Klagepatent II und nicht (auch) auf das Klagepatent I stützt.

I.
Die Klagepatente betreffen einen beheizbaren Boden für Viehställe, der aus einer Vielzahl von hohlen, rechteckigen Plattenkörpern zusammengesetzt ist, deren Hohlräume mit einem Wärmeträgerfluid, insbesondere mit Wasser, befüllt und mittels durch die Hohlräume verlaufender Heizleitungen beheizbar sind. Dabei hat jeder Plattenkörper eine die Standfläche für das Vieh bildende, mit einer Einlauföffnung versehene Oberschale und eine die Oberschale abstützende Unterschale. Beide Schalen sind an ihren Rändern flüssigkeitsdicht miteinander verbunden, mit Mitteln zum Einhängen in Träger versehen und in ihrem Flächenbereich durch in dem Hohlraum verlaufende Stützen aneinander abgestützt.

Nach den einleitenden Bemerkungen in den Klagepatentschriften ist ein solcher beheizbarer Boden für Viehställe beispielsweise aus der DE 20 2007 009 XXX U1 bekannt. Das Klagepatent I erwähnt darüber hinaus noch die DE 43 26 XXX A1. Diese offenbare einen beheizbaren Boden für Viehställe, dessen Warmwasserheizung eine ventillose Luftabführung der im warmen Wasser gelösten Luft aufweise. Schließlich sei aus der, ebenfalls nur im Klagepatent I erwähnten, GB 2 404 XXX A eine feuchtigkeitsbeständige, isolierte Bodenplatte aus Kunststoff bekannt, deren Ober- und Unterschale durch Stützen verbunden seien, welche die Gestalt von längs aufgeschnittenen Rohrstutzen hätten.

An den vorbekannten Böden kritisieren beide Klagepatente, dass es schwierig sei, die Hohlräume der Plattenkörper blasenfrei mit dem Wärmeträgerfluid zu befüllen. Diese Schwierigkeit ergebe sich insbesondere dann, wenn in dem Hohlraum des Plattenkörpers zur Steigerung der Stabilität Stützen mit großer Tragkraft angeordnet werden müssten. Um dieses Problem zu lösen, seien bei den vorbekannten Böden die Oberseiten der Oberschalen der Plattenkörper pyramidenförmig ausgebildet und die Einfüllöffnungen im Bereich der Pyramidenspitzen angeordnet worden. Dadurch solle erreicht werden, dass die sich beim Befüllen in den Hohlräumen bildenden Luftblasen entlang der schrägen Pyramidenflächen zu den an den Pyramidenspitzen befindlichen Einfüllöffnungen aufsteigen. Dies gelinge allerdings nur, wenn die Pyramidenflächen einen verhältnismäßig steilen Neigungswinkel hätten. Zudem dürften entlang des Wanderweges der Luftblasen keine Hohlräume oder Taschen angeordnet sein, in denen die Luftblasen hängen bleiben könnten. Um eine solche Taschenbildung zu vermeiden, würden bei den vorbekannten Plattenkörpern als Stützen zwischen Ober- und Unterschale ausschließlich flache, gerade Stege verwendet, die nur verhältnismäßig geringe Kräfte aufnehmen und zwischen Ober- und Unterschale übertragen könnten.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, den beheizbaren Boden der eingangs genannten Art im Hinblick auf seine Stabilität zu verbessern und zugleich eine blasenfreie Befüllung sicherzustellen.

Zur Lösung dieser Aufgabe ist in Patentanspruch 1 des Klagepatents II ein beheizbarer Boden mit den folgenden Merkmalen vorgesehen:

1. Beheizbarer Boden für Viehställe,

2. der aus einer Vielzahl von hohlen, rechteckigen Plattenkörpern zusammengesetzt ist.

3. Die Hohlräume der Plattenkörper sind

3.1. mit einem Wärmeträgerfluid, insbesondere mit Wasser, befüllt

3.2. und mittels durch diese Hohlräume verlaufender Heizleitungen beheizbar.

4. Jeder Plattenkörper weist auf:

4.1. eine Oberschale (1)

4.2. und eine Unterschale (7).

5. Die Oberschale (1)

5.1. bildet eine Standfläche für das Vieh

5.2. und ist mit einer Einfüllöffnung (5) versehen.

6. Die Unterschale (7) stützt die Oberschale (1) ab.

7. Die Oberschale (1) und die Unterschale (7) sind

7.1. an ihren Rändern flüssigkeitsdicht miteinander verbunden;

7.2. an ihren Rändern mit Mitteln zum Einhängen von Trägern versehen;

7.3. in ihrem Flächenbereich mit Stützen aneinander abgestützt, die durch den Hohlraum verlaufen.

8. Die Stützen (6, 9) werden zumindest im von unten an die Oberschale (1) angrenzenden Bereich von seitlich offenen Rohrstutzen mit rundem oder eckigem Querschnitt gebildet.

9. Die seitlichen Öffnungen der Rohrstutzen (6a) sind alle auf die an einem Rand der Oberschale (1) befindliche Einfüllöffnung (5) ausgerichtet.

Patentanspruch 1 des Klagepatents I unterscheidet sich davon nur dadurch, dass es statt „dass die Stützen […] von seitlich offene Rohrstutzen mit rundem oder eckigem Querschnitt gebildet werden“ heißt „dass die Stützen […] die Gestalt von längs aufgeschnittenen Rohrstutzen mit rundem oder eckigem Querschnitt aufweisen“.

II.
Davon ausgehend macht die angegriffene Ausführungsform unmittelbar und wortsinngemäß von der technischen Lehre der Klagepatente Gebrauch.

1.
Zu Recht hat die Beklagte die Verwirklichung der Merkmale 1. bis 3. sowie 3.2. bis 7.3. der vorstehend eingeblendeten Merkmalsgliederung nicht bestritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

2.
Anders, als die Beklagte meint, steht es einer unmittelbaren Benutzung des Klagepatents nicht entgegen, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform unstreitig ohne das für die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre erforderliche Wärmeträgerfluid anbietet und der patentgemäße beheizbare Boden erst dann hergestellt ist, wenn die Abnehmer Wasser (oder ein vergleichbares Wärmeträgerfluid) in die von der Beklagten angebotenen bzw. gelieferten Bodenplatten einfüllt. Denn bei der Lieferung eines Teils einer Gesamtvorrichtung kommt eine unmittelbare Schutzrechtsverletzung auch dann in Betracht, wenn in dem benutzten Teil der Erfindungsgedanke bis auf selbstverständliche, für die im Patent unter Schutz gestellte technische Lehre unbedeutende Zutaten bereits verwirklicht ist.

Es liegt ein klarer Fall einer unmittelbaren Patentverletzung vor, wenn dem Abnehmer die fehlende Zutat – vorher, gleichzeitig oder hinterher – von einem Dritten geliefert wird. Der Handelnde baut in einem solchen Fall bei seiner Lieferung gezielt darauf, dass die fehlende (Allerwelts-) Zutat beim Empfänger entweder bereits vorhanden ist (so dass eine abermalige Bereitstellung sinnlos wäre) oder aber vom Belieferten problemlos selbst besorgt werden kann und tatsächlich auch beschafft wird, um den gelieferten Gegenstand seiner bestimmungsgemäßen Verwendung zuzuführen. Der Handelnde macht sich bei einer solchen Sachlage mit seiner Lieferung die Vor- oder Nacharbeit seines Abnehmers bewusst zu Eigen, was es rechtfertigt, ihm diese Vor- oder Nacharbeit so zuzurechnen, als hätte er die Zutat selbst mitgeliefert (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.02.2011, Az.: I-2 U 122/09 – Lungenfunktionsmessgerät; Urt. v. 13.02.2014, Az.: I-2 U 93/12 – Foliendruckverfahren).

Unter Heranziehung dieser Rechtsgrundsätze liegt im Streitfall eine unmittelbare und nicht lediglich eine mittelbare Patentverletzung vor. Die Beklagte bietet an und vertreibt beheizbare Boden für Viehställe, die aus einer Vielzahl von hohlen, rechteckigen Plattenkörpern zusammengesetzt und unstreitig auch mit einem Wärmeträgerfluid befüllbar sind, bei dem es sich auch um Wasser handeln kann. Dabei muss das Wasser keine besonderen Eigenschaften aufweisen. Dass die durch die Beklagte angebotenen und vertriebenen Bodenplatten auch ohne das Einfüllen eines Wärmeträgerfluids sinnvoll genutzt werden können, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Dies gilt auch, soweit sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung pauschal darauf berufen hat, die angegriffene Ausführungsform könne auch mit einem Wärmekissen betrieben werden. Wie die durch die Klägerin in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform zur Akte gereichten Fotos verdeutlichen, verfügt die angegriffene Ausführungsform nicht nur über eine Heizleitung, sondern auch über einen Einfüllstutzen. Somit ist klar, dass die angegriffenen Platten in der Gestaltung, wie sie durch die Beklagte geliefert werden, zum Einfüllen eines Wärmeträgerfluids (und damit nicht zur Verwendung mit einem Wärmeträgerkissen) bestimmt sind. Entsprechend wird die angegriffene Ausführungsform auch im Gesamtkatalog der Beklagten beworben („water heated plates“).

Da der Abnehmer selbstverständlich zumindest über einfaches Wasser verfügt, folgt die Herstellung der ganzen patentgemäßen Vorrichtung beim Abnehmer auch zwingend nach. Die unter diesen Umständen vorgezeichnete nachfolgende Herstellung der patentgemäßen Gesamtvorrichtung beim Abnehmer ist der Beklagten zuzurechnen, weil sie weiß und will, dass ihre Abnehmer die an sie gelieferten Plattenkörper mit Wasser befüllen, da die Plattenkörper andernfalls die ihnen zugedachte Heizwirkung nicht bereitstellen können. Hierzu werden die Abnehmer durch die Beklagte auch angeleitet, indem die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform auf der Internetseite der Beklagten dahingehend beschrieben wird, dass das in der Platte enthaltene Wasservolumen erwärmt werde, welches für die thermische Trägheit sorge. Zudem werden die Platten im Gesamtkatalog der Beklagten auch ausdrücklich als „water heated plates“, also als wasserbeheizbare Platten, bezeichnet. Dem Anwender, der die Platten von der Beklagten ohne Wasser geliefert bekommt, ist somit klar, dass er diese zunächst befüllen muss.

3.
Des Weiteren weisen die Stützen der angegriffenen Ausführungsform auch eine Merkmal 8 entsprechende Gestaltung auf.

Dem steht nicht entgegen, dass die unstreitig einen Hohlraum aufweisenden Stützen nicht durchgängig seitlich offen sind. Ebenso wenig führt es aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus, dass die Stützen im oberen Bereich geschlossen sind und damit – mit den Worten der Beklagten – „quasi einen Deckel haben“.

Bereits aus der Formulierung der streitgegenständlichen Patentansprüche geht klar hervor, dass die Stützen nicht durchgängig seitlich offen sein müssen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass die Stützen im von unten an die Oberschale angrenzenden Bereich von seitlich offenen Rohrstutzen gebildet werden (Unterstreichung hinzugefügt). Im Übrigen wird die technische Gestaltung der Stützen in das Belieben des Fachmanns gestellt. Nur in dem von unten an die Oberschale angrenzenden Bereich müssen die Stützen somit die Gestalt eines seitlich offenen Rohrstutzens aufweisen und damit hohl sein.

Dass es patentgemäß nicht auf das Vorhandensein eines durchgängigen Hohlkörpers ankommen kann, bestätigt dem Fachmann Unteranspruch 3, wonach die Stützen auch jeweils zweiteilig ausgebildet sein können, wobei die jeweiligen Teile miteinander verbunden werden (vgl. auch Klagepatent I, Abschnitt [0010]; Klagepatent II, Sp. 2, Z. 28 – 34). Konkrete Vorgaben zur technischen Gestaltung der Stützen des Unterteils finden sich jedoch in der Klagepatentschrift ebenso wenig wie zur Art und Weise der Verbindung. Insbesondere muss es sich bei den Stützen des Unterteils um keine Rohrstutzen handeln, so dass diese ohne Weiteres nicht nur massiv, sondern etwa auch hohl mit einem Deckel ausgestaltet sein können. Ist dem so, dann liegt aber auch in einem solchen Fall kein durchgängiger, von der Unter- zur Oberseite reichender Hohlkörper vor.

Ein einschränkendes Verständnis des streitgegenständlichen Anspruchs ist schließlich auch nicht aus funktionalen Gründen gerechtfertigt.

Zum einen lässt sich der mit der Verwendung eines Rohrstutzens angestrebte Vorteil, bei gleichem Materialaufwand eine größere Tragfähigkeit als bei schmalen geraden Stegen zu erzielen (vgl. Klagepatent I, Abschnitt [0008]; Klagepatent II, S. 2, Z. 6 f.), auch dann erreichen, wenn der Rohrstutzen nicht durchgängig, sondern etwa durch Zwischenwände unterbrochen ist.

Zum anderen findet sich in den Klageschutzrechten auch kein Hinweis darauf, dass die in dem von unten an die Oberschale angrenzenden Bereich seitlich offenen Rohrstutzen zwingend der Entlüftung der gesamten Stützen dienen. Zwar soll der Hohlraum möglichst blasenfrei befüllt werden (vgl. Klagepatent I, Abschnitte [0005] und [0008]; Klagepatent II, Sp. 1, Z. 46 – 49 und Sp. 2, Z. 11). Es sollen im Hohlraum des Plattenkörpers also keine Taschen entstehen, in denen die aufsteigende Luft zurückgehalten werden könnte (vgl. Klagepatent I, Abschnitt [0039]; Klagepatent II, Sp. 5, Z. 30 – 35). Ziel einer solchen Gestaltung ist es jedoch, eine gleichmäßige und großflächige Verteilung des Wärmeträgerfluids über die Unterseite der Oberschale zu erreichen, so dass diese sehr gleichmäßig beheizt und zugleich von den rohrstutzenförmigen Stützenoberteilen abgestützt wird (vgl. Klagepatent I, Abschnitt [0039]; Klagepatent II, Sp. 5, Z. 35 – 40). Einer vollständigen Entlüftung der Stützen bedarf es vor diesem Hintergrund somit in den Bereichen nicht, wo diese weder eine Verbindung zum Hohlraum und damit zum Wärmefluid aufweisen, noch mit der Oberschale verbunden sind.

Geht man davon aus, entsprechen die Stützen der angegriffenen Ausführungsform den Vorgaben von Merkmal 9 des streitgegenständlichen Anspruchs, denn sie werden zumindest im von unten an die Oberschale angrenzenden Bereich von seitlich offenen Rohrstutzen mit einem eckigen Querschnitt gebildet.

Dass der sich von der Oberseite bis zu dem durch die Beklagte als „Deckel“ bezeichnete Bauteil erstreckende Bereich schmal ist, steht einer wortsinngemäßen Verwirklichung der beanspruchten Lehre bereits deshalb nicht entgegen, weil sich weder in den streitgegenständlichen Patentansprüchen, noch in der Klagepatentbeschreibung Hinweise auf eine bestimmte Mindesthöhe des Rohrstutzens finden. Unter Berücksichtigung der dem seitlich geöffneten Rohrstutzen zugewiesenen Funktion, eine gleichmäßige Verteilung des Wärmefluids zu gewährleisten, fällt somit jede Gestaltung eines solchen, seitlich geöffneten Rohrstutzens unter das Klagepatent, die ein gleichmäßiges Fließen des Wärmefluids unter die Oberfläche ermöglicht. Dass dies bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall wäre, behauptet auch die Beklagte nicht.

4.
Schließlich sind die seitlichen Öffnungen der Rohrstutzen bei der angegriffenen Ausführungsform auch alle auf die an einem Rand der Oberschale befindliche Einfüllöffnung ausgerichtet (Merkmal 9).

Dem steht nicht entgegen, dass die seitlichen Öffnungen der Rohrstutzen bei der angegriffenen Ausführungsform parallel zur kurzen Seite der Platte verlaufen, so dass die seitlichen Öffnungen nicht geometrisch exakt in dem Sinne in Richtung der Einfüllöffnung zeigen, dass diese von einer fiktiven Verlängerung der die Begrenzung des Rohrstutzens bildenden Schenkel des Dreiecks eingeschlossen wird. Unter Berücksichtigung der gebotenen funktionsorientierten Auslegung besteht keine Veranlassung, eine derartige, geometrisch exakte Ausrichtung, wie sie beispielhaft in den Figuren der Klageschutzrechte nebst der zugehörigen Beschreibung gezeigt wird, zu fordern.

Wie der Fachmann der Klagepatentbeschreibung entnimmt (vgl. Klagepatent I, Abschnitt [0008] a. E.; Klagepatent II, Sp. 2, Z. 7 – 20), soll die Ausrichtung der Stützen in Richtung der Einfüllöffnung die blasenfreie Befüllung des Hohlraums sicherstellen, indem bei einem schräg gestellten Plattenkörper alle den Hohlraum nach oben begrenzenden Flächen zu der Einfüllöffnung hin zeigen, so dass die Blasen derart in Richtung der Einfüllöffnung aufsteigen, dass die Luft am Einfüllstutzen austreten kann. Vor diesem Hintergrund ist dem Fachmann klar, dass die Öffnungen der Rohrstutzen bereits dann in Richtung der Einfüllöffnung ausgerichtet sind, wenn bei einem schräg gestellten Plattenkörper, bei dem sich die Einfüllöffnung am höchsten Punkt des Hohlraums befindet, alle den Hohlraum nach begrenzenden Flächen in Richtung der Einfüllöffnung ansteigen, so dass die Blasen ohne Behinderung in Richtung Einfüllöffnung aufsteigen können. Dies ist jedoch auch dann der Fall, wenn die Öffnungen – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – zwar nicht geometrisch exakt in Richtung der Einfüllöffnung zeigen, aber gleichwohl in deren Richtung offen sind. Denn auch in diesem Fall können die Luftbläschen ungehindert in Richtung der Einfüllöffnung aufsteigen, und zwar unabhängig davon, ob die Stützen – wie etwa in den aus Richtung der Einfülllöffnung gesehen oberen Reihen – seitlich versetzt zur Einfüllöffnung abgeordnet sind.

Ob demgegenüber auch eine Gestaltung unter den Schutzbereich des Klagepatents fällt, bei der die offenen Seiten der Dreiecke in Richtung der langen Seite der Platte zeigen, braucht die Kammer nicht zu entscheiden. Denn eine solche Gestaltung, auf welche die Beklagte lediglich als Kontrollüberlegung abgestellt hat, findet sich bei der angegriffenen Ausführungsform nicht.

III.
Die Beklagte hat die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben und damit widerrechtlich von der Lehre des Klagepatents im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG Gebrauch gemacht.

a)
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt.

Dass die Klägerin ihren Unterlassungsantrag, wie die Beklagte meint, darüber hinaus zumindest auch auf das deutsche Patent gestützt hat, vermag die Kammer unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Klageschrift nicht zu erkennen. Die Anträge der Parteien sind als Prozesshandlungen der Auslegung fähig. Dabei sind die zur Auslegung materiellrechtlicher Rechtsgeschäfte entwickelten Regeln entsprechend anzuwenden. Danach ist nicht der bloße Wortlaut des Antrages entscheidend, sondern der durch in verkörperte Wille. Es ist dementsprechend nicht nur darauf abzustellen, ob der Antrag für sich allein betrachtet einen eindeutigen Sinn ergibt, sondern es ist auch die dem Antrag beigefügte Begründung zu beachten (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 12. Auflage,
§ 308 Rz. 3; Cepl/Voß/Werner/Zigann, Prozesskommentar zum gewerblichen Rechtschutz, § 308 Rz. 7).

Ausgehend von diesen Grundsätzen mag es sein, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift im Rahmen ihrer Rechtsausführungen zum Unterlassungsanspruch ausschließlich auf die deutschen Normen abgestellt hat. Allein dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Klageschrift so zu verstehen, dass die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch tatsächlich zumindest auch auf das deutsche Patent stützen wollte. Unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Klageschrift erschließt sich vielmehr ohne Weiteres, dass die geltend gemachten Ansprüche bis zu dessen Erlöschen auf das deutsche Patent und für die Zeit danach auf das europäische Patent gestützt werden. Dass das Klagebegehren so zu verstehen sein soll, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt. Zudem hat die Klägerin ihren Unterlassungsantrag nicht auf der Grundlage des Klagepatents I, sondern auf Basis des Klagepatents II formuliert. Im Übrigen hätte der durch die Beklagte aus den im Rahmen der Rechtsausführungen zitierten Normen gezogene Schluss auf das insoweit geltend gemachte Schutzrecht zur Folge, dass die Klägerin ihren, auf die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch dann ausschließlich auf das deutsche Patent und nicht einmal kumulativ zumindest auf das europäische Patent gestützt hätte. Dass dies mit der Klage nicht gemeint sein kann, verdeutlichen insbesondere auch die Ausführungen auf Seite 7 der Klageschrift, wo die Klägerin ausdrücklich darauf hinweist, dass das deutsche Patent seine Wirkung bereits am 20.09.2013 und damit weit vor der Klageerhebung verloren hatte. Somit ist klar, dass es sich bei den durch die Beklagte zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung herangezogenen Passagen der Klageschrift lediglich um ein Redaktionsversehen handelt.

b)
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten ((Art. 64 EPÜ i. V. m.) § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

c)
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus (Art. 64 EPÜ i. V. m.) § 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB zu, wobei Angaben zu den Gestehungskosten und zum entgangenen Gewinn jedoch erst ab dem tenorierten Zeitpunkt geschuldet sind. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf seine nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2010, Az.: I-2 U 42/09).

d)
Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen gemäß (Art. 64 EPÜ i. V. m.) § 140a Abs. 3 S. 1, Var. 1 PatG. Dabei kommt es – anders als für den Vernichtungsanspruch – auch nicht darauf an, ob die Beklagte (in der Bundesrepublik Deutschland) eine Verfügungsgewalt über die Sache hat, welche typischerweise sogar fehlen dürfte (vgl. Schulte/Voß/Kühnen, Patentgesetz, 9. Auflage, § 140a Rz. 29). Anspruchsobjekt können daher auch im Ausland befindliche Gegenstände sein, wenn sie mit dem Makel der Patentverletzung im Inland behaftet sind (vgl. Fitzner/Lutz/Bodewig/Rinken, Patentrechtskommentar, 4. Auflage, § 140a Rz. 46).

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i. v. m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 S. 1; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.