4b O 10/14 – NFC-fähiges Mobilfunkgerät

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2389

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. März 2015, Az. 4b O 10/14

Leitsatz (nichtamtlich):

Für die Passivlegitimation im Falle einer mittelbaren Patentverletzung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG gelten sinngemäß die gleichen von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze wie im Fall von § 9 PatG. Demnach ist nicht nur derjenige passivlegitimiert, der die patentierte Erfindung in eigener Person i.S.d. § 9 PatG unmittelbar benutzt, sondern auch derjenige, der als Teilnehmer i.S.d. § 830 Abs. 2 BGB eine fremde unmittelbare Benutzung i.S.d. § 9 PatG ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt.

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise auch Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrerer Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an einem ihrer gesetzlichen Vertreter zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

a) Mobiltelefone anzubieten und/oder zu liefern, die zur Ausübung eines Verfahrens zum Modulieren der Amplitude des Antennen-Signals (Sa) eines induktiven Antennen-Schaltkreises geeignet sind, enthaltend eine Spule, mittels eines Steuer-Schaltkreises, der binäre Anschlüsse (P1 bis P7) enthält, die in einen Zustand hoher Impedanz (HZ) gebracht werden können und einen Innen-Widerstand von nicht Null aufweisen, wobei der Antennen-Schaltkreis von mindestens zwei Anschlüssen (P1 bis P4) des Steuer-Schaltkreises elektrisch versorgt wird, wobei das Verfahren die Schritte aufweist:
– Setzen der Anschlüsse (P1 bis P4), welche die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises sicherstellen, auf „1“, um den Antennen-Schaltkreises mit voller Energie zu versorgen, und
– Modifizieren des Zustands von mindestens einem der Anschlüsse (P1 bis P4), die die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises sicherstellen, um die Amplitude des Antennen-Signals (Sa) zu modulieren;

und/oder

b) Vorrichtungen zur Ausgabe von Daten durch induktive Kopplung anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, umfassend einen Antennen-Schaltkreis vom induktiven Typ, enthaltend eine Spule, durch die ein Antennen-Signal (Sa) läuft, einen Steuer-Schaltkreis des Antennen-Schaltkreises, der binäre Anschlüsse (P1 bis P7) enthält, die auf hohe Impedanz (HZ) gebracht werden können und einen Innen-Widerstand von nicht Null aufweisen, wobei der Antennen-Schaltkreis elektrisch von mindestens zwei Anschlüssen (P1 bis P4) des Steuer-Schaltkreises versorgt wird, und der Steuer-Schaltkreis angeordnet ist, um die Amplitude des Antennen-Signals (Sa) mit dem Verfahren gemäß I. 1. a) zu modulieren;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 06.09.2010 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) Rechnungen vorzulegen hat, und

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen,
– der der A S.A. durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, in dem Zeitraum vom 06.09.2010 bis zum 18.12.2014 begangenen Handlungen und
– der der Klägerin durch die unter Ziffer I. 1 . bezeichneten, seit dem 19.12.2014 begangenen Handlungen
entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar, wobei die einzelnen titulierten Ansprüche gegen Teilsicherheiten wie folgt vollstreckt werden können:
Unterlassung (I. 1.): 8.000.000,00 EUR
Rechnungslegung (I. 2.): 1.500.000,00 EUR
Kosten (III.): 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages

TATBESTAND

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 163 XXX B1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Inhaberin des Klagepatents ist die A S.A.. Von dieser, damals noch firmierend unter B S.A., später unter C S.A., mit Sitz in Frankreich, wurde das Klagepatent am 22.03.2000 unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 25.03.1999 angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 04.09.2002 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft.

Unter dem 02.06.2014 hat die Beklagte beim Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage eingereicht mit dem Antrag, das Klagepatent im Umfang der Ansprüche 1 und 5 für nichtig zu erklären. Über die Nichtigkeitsklage wurde bislang noch nicht entschieden.

Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren zum Modulieren der Amplitude eines Signals und dessen Ausstrahlung durch eine Antenne. Die von der Klägerin geltend gemachten Patentansprüche 1 und 5 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache französisch ist, lauten in der deutschen Übersetzung wie folgt:

1. Verfahren zum Modulieren der Amplitude des Antennen-Signals (Sa) eines induktiven Antennen-Schaltkreises (10), enthaltend eine Spule (11), mittels eines Steuer-Schaltkreises (2), der binäre Anschlüsse (P1 bis P7) enthält, die in einen Zustand hoher Impedanz (HZ) gebracht werden können und einen Innen-Widerstand von nicht Null aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass der Antennen-Schaltkreis (10) von mindestens zwei Anschlüssen (P1 bis P4) des Steuer-Schaltkreises (2) elektrisch versorgt wird, wobei das Verfahren die Schritte aufweist:
– Setzen der Anschlüsse (P1 bis P4), welche die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises (10) sicherstellen, auf „1“, um den Antennen-Schaltkreises mit voller Energie zu versorgen, und
– Modifizieren des Zustands von mindestens einem der Anschlüsse (P1 bis P4), die die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises (10) sicherstellen, um die Amplitude des Antennen-Signals (Sa) zu modulieren.

5. Vorrichtung (20, 30) zur Ausgabe von Daten durch induktive Kopplung, umfassend einen Antennen-Schaltkreis (10) vom induktiven Typ, enthaltend eine Spule (11), durch die ein Antennen-Signal (Sa) läuft, einen Steuer-Schaltkreis (2) des Antennen-Schaltkreises (10), der binäre Anschlüsse (P1 bis P7) enthält, die auf hohe Impedanz (HZ) gebracht werden können und einen Innen-Widerstand von nicht Null aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass der Antennen-Schaltkreis (10) elektrisch von mindestens zwei Anschlüssen (P1 bis P4) des Steuer-Schaltkreises (2) versorgt wird, und dass der Steuer-Schaltkreis (2) angeordnet ist, um die Amplitude des Antennen-Signals (Sa) mit dem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3 zu modulieren.

Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form aus der Klagepatentschrift stammende Schaltbilder wiedergegeben. Figur 1 zeigt das elektrische Schaltbild einer Vorrichtung zum Übertragen von Daten nach der Erfindung, Figuren 4 und 5 zeigen das elektrische und das logische Schaltbild eines Mikroprozessoranschlusses.

Am 20.06.2012 unterzeichneten die Herren E als Président du directoire der A S.A. und F als Directeur général der Klägerin einen Patentlizenzvertrag betreffend Near Field Communication (NFC) (nachfolgend Lizenzvertrag I). Gemäß Art. 2 Ziff. 2.1.1 räumte die A S.A. der Klägerin eine ausschließliche Lizenz an verschiedenen Schutzrechten, darunter auch dem Klagepatent, ein. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Anlage K 5c Bezug genommen.

Am 19.12.2014 unterzeichneten die Herren G als Membre du directoire der A S.A. und F als Directeur général der Klägerin einen weiteren Patentlizenzvertrag für die NFC-Technologie, mit dem sie in der Zwischenzeit vereinbarte Vertragsergänzungen und -änderungen in einer konsolidierten Vertragsfassung zusammenfassten (nachfolgend Lizenzvertrag II). Wiederum räumte die A S.A. mit Art. 2 Ziff. 2.1.1 der Klägerin eine ausschließliche Lizenz an verschiedenen Schutzrechten, darunter auch dem Klagepatent ein. Gemäß Ziffer 10 des Vertrages wurde der ursprüngliche Lizenzvertrag beendet und durch den neuen Vertrag ersetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des neuen Vertrages wird auf die Anlage K 5d Bezug genommen.

Am 27. und 28.01.2015 unterzeichneten die Herren G und F weiterhin eine Änderung des am 19.12.2014 unterzeichneten neuen Lizenzvertrages, mit der die Patentinhaberin gegenüber der Klägerin die Abtretung aller Schadensersatzansprüche erklärte, die der Klägerin in Verbindung mit dem Klagepatent entstanden. Wegen der Einzelheiten der Änderungsvereinbarung wird auf Anlage K 23 verwiesen.

Die Beklagte ist Teil der H-Gruppe, die sich unter anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von Mobilfunkgeräten beschäftigt. Die Mobilfunkgeräte werden auf den als Anlagen K3 und K7 auszugsweise wiedergegebenen Internetseiten unter der Domainwww.H.com beworben und zum Verkauf, auch in der Bundesrepublik Deutschland, angeboten. Urheberrechtlich gestaltet wurden diese Internetseiten von der H Corporation (Copyright H Corporation). Auch die Domain-Adresse www.H.com gehört der H Corporation. Allerdings wird die Beklagte im Impressum (Anlage K 16, K 26) genannt. Unter dem Suchbegriff „H Deutschland“ erscheint die Beklagte als erstes Suchergebnis bei Google unter der Impressumsangabe (Anlage K25). Die Telefonnummer der Beklagten erscheint unter der Rubrik „Kontakt“ auf der Internetseite www.H.com/de/contact/phone (Anlage K26) und ist die gleiche, die beim H Support Center in Deutschland erscheint. Auch bei der Anwahl von Deutschland unter der Länderseite öffnet sich der als Anlage K 28 vorgelegte Ausdruck mit den Schaltflächen „Anrufen“ unter Kontakt und „Support Center“. Ausweislich des als Anlage K17 vorgelegten Handelsregisterauszugs HRB 88XXX ist Gegenstand des Unternehmens der Beklagten der Vertrieb, Verkaufs- und Marketingunterstützung sowie der Kundendienst. Sie beschäftigt Mitarbeiter für die Bereiche „Sales“ und „Distribution“ sowie „Regional Key Account Manager“ für deutsche Mobilfunknetzanbieter.

Die Klage richtet sich gegen Angebot und Vertrieb NFC-fähiger Mobilfunkgeräte wie das Mobiltelefon „H K“ durch die Beklagte. Mit der NFC-Technologie („Near Field Communication“) ist eine Kommunikation durch kontaktlose Übertragung von Daten zwischen zwei Geräten über kurze Distanzen von wenigen Zentimetern möglich, wie z.B. bei der Ticketbezahlung durch ein NFC-fähiges-Smartphone bei der Deutschen Bahn. Umgesetzt wird die Kommunikation durch einen NFC-Controller im Zusammenwirken mit anderen Komponenten (z.B. einer Antennenschaltung). In NFC-fähigen Mobiltelefonen, die von dem H-Konzern stammen, z. B. dem „H K“, handelt es sich bei dem NFC-Controller um den NFC-Chip „L“, der dort mit anderen Komponenten (z.B. der Antennenschaltung) verbaut ist (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform).

Der NFC-Chip L dient der kontaktlosen Kommunikation bei 13,56 MHz, unter anderem entsprechend den Vorgaben der Standards ISO 14443 Typ A und ISO 14443 Typ B. Nachstehend ist ein typisches Anwendungsschaltkreisdiagramm für den NFC-Chip dargestellt. Die Abbildung stammt aus einem Datenblatt des Chip-Anbieters M für diesen Chip (Anlage K 10). Die weiteren Abbildungen stammen aus einer von der Beklagten bei dem Unternehmen N in Auftrag gegebenen Chip-Analyse und geben Teile der Schaltung des Senderteils des Chips L (Aufbau des Senderkerns) wieder (Anlage K 12).

Im Hinblick auf ihre Aktivlegitimation behauptet die Klägerin, ihr sei durch den Lizenzvertrag I vom 20.12.2012 (Anlage K5c, dort Art. 2.1.1.) eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent erteilt worden. Diese Lizenz sei durch den Abschluss des zweiten Lizenzvertrages vom 19.12.2014 (Anlage K5d) bestätigt und erneuert worden.

Zur Passivlegitimation der Beklagten behauptet die Klägerin, die Beklagte selbst biete die angegriffene Ausführungsform in Deutschland an und vertreibe sie. Jedenfalls aber fördere sie durch ihr Handeln die Vertriebstätigkeit der H Corporation in Deutschland. Für die als Anlagen K 3 und K 7 vorgelegten Internetseiten www.H.com werde als Verantwortliche ausweislich der Anlage K3 die Beklagte genannt. Dies stimme überein mit den Angaben im Handelsregister, wonach die Beklagte verantwortlich sei für den Vertrieb, den Kundendienst sowie die Verkaufs- und Marketingunterstützung. Die Beklagte zeige auf ihrer Internetseite Smartphones, die über die streitgegenständliche NFC-Technologie verfügten. Dies sei ausreichend, um die Beklagte in der geltend gemachten Weise in Anspruch nehmen zu können.

In dem Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform sieht die Klägerin eine mittelbare Verletzung des Klagepatentanspruchs 1 sowie eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatentanspruchs 5. Die Klagepatentansprüche seien im Hinblick auf den Begriff der binären Anschlüsse dahingehend auszulegen, dass diese lediglich zwei Zustände annehmen können müssten. Es genüge, wenn die Anschlüsse – wie von der patentgemäßen Lehre gefordert – in den Zustand „1“ und den Zustand „HZ“ gebracht werden könnten. Für einen dritten Zustand „0“ bestehe keine zwingende Notwendigkeit. Ob die mindestens zwei binären Anschlüsse dann innerhalb oder außerhalb des Steuer-Schaltkreises parallel geschaltet würden, sei unbeachtlich. Ebenso wenig sei es notwendig, dass zwingend alle Anschlüsse, die überhaupt für die elektrische Versorgung der Antenne genutzt werden könnten, für die Energieversorgung der Antennenschaltung eingesetzt würden. Davon seien jedenfalls solche Anschlüsse ausgenommen, die Energie mit entgegengesetztem elektrischen Vorzeichen bereitstellten.

Die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre durch die angegriffene Ausführungsform ergebe sich aus dem zum NFC-Controller L gehörigen Datenblatt, den von den Unternehmen N extrahierten Schaltbildern und dem Umstand, dass der NFC-Controller der ISO/A- und ISO/B-Norm genüge. Das einfache Bestreiten der Beklagten sei insofern unerheblich. Der NFC-Controller weise binäre Anschlüsse im Sinne des Klagepatents auf. Es handele sich um die Knotenpunkte, mit denen die PMOS-Transistoren an die zum Ausgang TX1 beziehungsweise TX1 führende Leitung angeschlossen seien. Die PMOS-Transistoren könnten die Zustände „1“ und „HZ“ annehmen. Selbst wenn verlangt würde, dass die Anschlüsse auch den Zustand „0“ annehmen können müssten, werde die Lehre des Klagepatents verwirklicht, weil die Schaltung der PMOS- und NMOS-Transistoren im Sendertreiber des Controllers (Schaltbild 5.1.4 der Anlage K 12) elektrotechnisch nahezu exakt der Schaltung der binären Anschlüsse im Ausführungsbeispiel des Klagepatents entspreche. Die zum Ausgang TX1 gehörige Steuerschaltung sei dabei mit der zum Ausgang TX2 gehörigen Schaltung identisch, versorge die Antennenschaltung jedoch mit Energie mit umgekehrtem Vorzeichen. Diese Schaltungsanordnung verletze das Klagepatent quasi doppelt. Dass der Zustand der binären Anschlüsse der angegriffenen Ausführungsform zwecks Amplitudenmodulation modifiziert werde, ergebe sich schließlich daraus, dass der NFC-Controller L der ISO/A- und ISO/B-Norm genüge. Damit sei die angegriffene Ausführungsform zur Anwendung des geschützten Verfahrens objektiv geeignet. Auf die NFC-Fähigkeit der angegriffenen Ausführungsform weise die Beklagte explizit hin.

Eine Aussetzung des Rechtsstreits sei nicht veranlasst, weil die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage keine Aussicht auf Erfolg habe.

Nachdem die Klägerin ursprünglich noch die Feststellung beantragt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den ihr entstandenen Schaden zu ersetzen, beantragt sie nunmehr,

zu erkennen wie geschehen, wobei die Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz (Anträge zu I. 2. und II.) bereits für die Zeit seit dem 04.10.2002 geltend gemacht werden,

hilfsweise zum Antrag zu I. 1. b)

– im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Mobiltelefone nicht ohne Zustimmung der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin des EP 1 163 XXX B1 für den NFC-Modus verwendet werden dürfen;

– im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Klägerin als ausschließliche Lizenznehmerin zu zahlende Vertragsstrafe von 10.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Mobiltelefone nicht ohne Zustimmung der Klägerin als ausschließliche Lizenznehmerin des EP 1 163 XXX B1 für den NFC-Modus zu verwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung des Bundespatentgerichts in dem Nichtigkeitsverfahren über den Rechtsbestand des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 163 XXX B 1 auszusetzen,

weiter hilfsweise für den Fall einer Verurteilung eine Vollstreckungssicherheitsleistung in Höhe von mindestens 300 Mio EUR anzuordnen.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Hinsichtlich der Aktivlegitimation bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen, dass die Klägerin und die A S.A. beim Abschluss des Lizenzvertrages I wirksam vertreten gewesen seien. Zudem ist sie der Auffassung, beide Verträge würden der Klägerin keine ausschließliche, sondern lediglich eine einfache Lizenz einräumen. Dies ergebe sich aus dem Verbot der Unterlizenzerteilung. Zudem sei das klägerische Vorgehen nicht von dem in der Lizenzvereinbarung genannten NFC Licensing Program gedeckt. Außerdem sei nicht ersichtlich, dass der Klägerin vor der Lizenzerteilung entstandene Ansprüche auf Schadensersatz wirksam abgetreten worden seien.

Im Hinblick auf die Passivlegitimation behauptet die Beklagte, sie sei weder Herstellerin der angegriffenen Ausführungsformen noch in dem vorwiegend in Asien stattfindenden Herstellungsprozess der streitgegenständlichen Mobiltelefone eingebunden. Allein aus ihrer Nennung im Impressum der Website www.H.com ergebe sich nicht, dass sie die angegriffene Ausführungsform in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitgestellt habe. Dies sei aber zur Verwirklichung eines patentrechtlich relevanten Anbietens erforderlich. Im Übrigen sei das Impressum auch nicht zutreffend, da die genannte Webseite nicht von ihr, sondern von der H Corporation betrieben werde. Aufgrund seiner rein deklaratorischen Natur sei das Impressum für die Entstehung von Sorgfaltspflichten und deren Verletzung nicht konstitutiv. Die tatsächliche und rechtliche Herrschaftsmacht über die Gestaltung der Website – einschließlich der deutschsprachigen Fassung – liege allein bei der H Corporation. Die Unrichtigkeit des auf der Webseite aufgeführten Impressums ergebe sich schon daraus, dass dort als Geschäftsführer Herr O genannt werde. Dieser sei hingegen nicht der Geschäftsführer der Beklagten, sondern der CEO der H Corporation. Auch der Handelsregisterauszug könne den konkreten Nachweis einer Verletzungshandlung nicht ersetzen, da die Eintragung keine Angabe enthalte, welche Waren vertrieben würden. Sie – die Beklagte – nehme in Deutschland lediglich Repräsentationspflichten für die H Corporation wahr. Eine konkrete Unterstützung im Rahmen der Vertriebstätigkeit erfolge nicht.

Die Beklagte meint, der Verletzungsvorwurf der Klägerin sei nicht hinreichend substantiiert, weil diese lediglich auf eine angebliche Analyse des NFC-Chips „L“ verweise, ohne die Untersuchung selbst und ihre Ergebnisse im einzelnen zu erläutern und den zugehörigen Bericht vorzulegen. Abgesehen davon fehle es auch auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Schaltbilder an einer Verwirklichung der Lehre des Klagepatents. Zur Auslegung der Klagepatentansprüche vertritt die Klägerin die Ansicht, bei dem in den Klagepatentansprüchen verwendeten Terminus „binärer Anschluss“ handele es sich um einen üblichen Fachbegriff, mit dem allgemein ein Anschluss bezeichnet werde, der die beiden logischen Zustände „0“ und „1“ annehmen könne. Von diesem Begriffsverständnis gehe auch das Klagepatent aus. Darüber hinaus werde ein dritter Zustand definiert, nämlich der Zustand hoher Impedanz. Die Anordnung im Klagepatentanspruch, die Anschlüsse, welche die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises sicherstellten, auf „1“ zu setzen, sei weiterhin so zu verstehen, dass sie sich auf sämtliche Anschlüsse beziehe, die für eine Versorgung des Antennen-Schaltkreises mit elektrischer Energie genutzt werden könnten.

Sofern die Klägerin die in der Klageschrift mit E1 bis E8 beschrifteten Knotenpunkte in dem dort wiedergegebenen Schaltbild des NFC-Chips L als binäre Anschlüsse ansehe, sei dem nicht zu folgen. Dagegen spreche bereits, dass ein Knotenpunkt kein Anschluss sei. Der Antennenschaltkreis der angegriffenen Ausführungsform sei lediglich mit den Anschlüssen TX1 und TX2 des NFC-Chips verbunden. Abgesehen davon seien die Knotenpunkte jeweils mit einem PMOS-Transistor verbunden, der entweder geöffnet oder geschlossen sei und damit nur zwei Zustände annehmen könne: Im offenen Zustand bestehe am Knotenpunkt ein Zustand hoher Impedanz, im geschlossenen Zustand werde der Antennenschaltkreis mit elektrischer Energie versorgt. Aber auch wenn man die weiteren vier NMOS-Transistoren des Sendertreibers des L-Chips in die Betrachtung einbeziehe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Ausweislich des Schaltbildes sei der Sendertreiber der angegriffenen Ausführungsform völlig anders realisiert als etwa in den Ausführungsbeispielen des Klagepatents. Binäre Anschlüsse seien nicht erkennbar, weil den Knotenpunkten E1 bis E8 kein NMOS-Transistor zugeordnet sei. Weiterhin lasse sich der Schaltungstopologie nicht entnehmen, ob und unter welchen Umständen bestimmte Einstellungen der Transistoren verwendet würden, mithin Anschlüsse auf „1“ gesetzt oder zwecks Amplitudenmodulation modifiziert würden. Bei alledem müsse auch berücksichtigt werden, dass die Klägerin lediglich den Anschluss TX2 betrachte, obwohl für die Stromversorgung des Antennenschaltkreises und die Modulation der Amplitude des Antennensignals das Verhalten der Anschlüsse TX2 und TX1 entscheidend sei. Dass alle 16 Knotenpunkte der beiden Sendertreiber für TX1und TX2 auf „1“ gesetzt würden, behaupte auch die Klägerin nicht.

Ungeachtet dessen seien die Klageanträge zu weit gefasst. Ein Schlechthinverbot im Falle einer mittelbaren Patentverletzung komme nicht in Betracht, weil die angegriffene Ausführungsform auch patentfrei genutzt werden könne. Auskunfts- und Schadensersatzansprüche beständen frühestens ab der Eintragung der Beklagten im Handelsregister am 06.09.2010.

Jedenfalls aber sei das Verfahren im Hinblick auf das parallele Nichtigkeitsverfahren auszusetzen, weil die Lehre des Klagepatents durch verschiedene Druckschriften neuheitsschädlich vorweggenommen werde und die Nichtigkeitsklage offensichtlich Erfolg haben werde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.2.2015 verwiesen. Die Akten der Parallelverfahren 4b O 9/14 und 4b O 140/13 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig und begründet.

A.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin prozessführungsbefugt. Sie macht zum einen aufgrund der von ihr behaupteten Eigenschaft als ausschließliche Lizenznehmerin im eigenen Namen eigene Ansprüche wegen Patentverletzung geltend. Zum anderen macht sie aufgrund der von ihr behaupteten Abtretung im eigenen Namen Ansprüche aus übergegangenem Recht geltend. Dies genügt zur Begründung der Prozessführungsbefugnis.

B.
Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.

I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

1.
Soweit die Klägerin Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche aus eigenem Recht geltend macht, ist sie dazu als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent sachlich berechtigt. Der ausschließliche Lizenznehmer hat eigene Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche aus dem Klagepatent ab dem Zeitpunkt der Einräumung der ausschließlichen Lizenz, im vorliegenden Fall seit dem 19.12.2014.

a)
Zwischen der A S.A. als Inhaberin am Klagepatent und der Klägerin ist ein Lizenzvertrag wirksam zustande gekommen. Die A S.A. ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Nach Vorlage des entsprechenden Handelsregisterauszuges (Anlage K 5d, dort S. 3 f.) steht fest und wird auch von der Beklagten zu Recht nicht mehr bestritten, dass es sich bei der B S.A. beziehungsweise der C S.A. lediglich um frühere Firmenbezeichnungen der A S.A. handelte. Bei dem Vertrag, mit dem die A S.A. der Klägerin wirksam eine Lizenz erteilte, handelt es sich um den am 19.12.2014 abgeschlossenen Lizenzvertrag II.

aa)
Auf den Vertrag vom 20.06.2012 (Lizenzvertrag I) kann für die wirksame Einräumung einer Lizenz nicht abgestellt werden, weil die Beklagte die Vertretungsbefugnis jedenfalls des Herrn E für die A S.A. erheblich bestritten hat. Nach französischem Recht ist grundsätzlich nur der Directeur général zur Vertretung der S.A. nach außen berechtigt, sofern sich aus den Statuten der Gesellschaft oder Einzelvereinbarungen mit der Gesellschaft nichts anderes ergibt. Herr E war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 19.06.2014 nicht Directeur général der A S.A. Dass er als Vorstandsvorsitzender aufgrund anderer Vereinbarungen zum Abschluss des Lizenzvertrages im Namen der A S.A. berechtigt war, hat die Klägerin nicht dargelegt.

bb)
Anders verhält es sich hingegen mit dem Lizenzvertrag II vom 19.12.2014. Zwar ist auch Herr G nicht Directeur général der A S.A. Aber die Klägerin hat mit der Anlage K20 die Kopie einer Vollmacht („Power of attorney“) vorgelegt, mit der der Directeur général der A S.A., Herr P, Herrn G Vollmacht zur Unterzeichnung des Lizenzvertrages II („Restated Patent License Agreement“) erteilt. Da für die Klägerin Herr F in seiner Funktion als Directeur général handelte, ist ein Lizenzvertrag wirksam zustande gekommen.

b)
Mit dem Lizenzvertrag II hat die Patentinhaberin der Klägerin eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent erteilt. Dass es sich bei der erteilten Lizenz um eine ausschließliche handeln soll, wird bereits in der Präambel des Lizenzvertrages klargestellt. Auch der die Gewährung der Rechte regelnde Art. 2 des Lizenzvertrages spricht in Abschnitt 2.1.1 ausdrücklich von der Gewährung einer ausschließlichen Lizenz. Dem steht das in Art. 2 Ziffer 2.1.1 enthaltene Verbot der „Sublizenzierung“ nicht entgegen. Der Vertrag ist an dieser Stelle dahingehend auszulegen, dass nur die Lizenznehmerin selbst und die mit ihr verbundenen Unternehmen („affiliates“) berechtigt sein sollen, einfache Lizenzen am Klagepatent zu erteilen. Es soll hingegen ausgeschlossen werden, dass die Klägerin dieses Recht zur Unterlizenzierung auf Dritte überträgt. In Abgrenzung zu dem ebenfalls in Art. 2 Ziff. 2.1.1 genannten Recht zur Einräumung einfacher Lizenzen („limited right to grant non-exclusive licenses“) ist mit der „Sublizenzierung“ die Weitergabe der exklusiven Lizenz und damit des Rechts zur Vergabe einfacher Lizenzen gemeint. Nach dem Wortlaut der Klausel ist die Klägerin lediglich berechtigt, mit ihr verbundenen Unternehmen eine solche „Sublizenz“ zu erteilen („except to its Affiliates“). Der weitere Halbsatz („limited right to grant non-exclusive licenses […]“) beschreibt dann im Einzelnen die ausschließliche Lizenz, die der Klägerin mit dem Vertrag gewährt wird („Licensor hereby grants to Licensing Entity and its Affiliates the […] limitited right […]“). Dieser Wille der Vertragsparteien ergibt sich im Übrigen aus einem Vergleich mit Art. 2 Ziff. 2.1.1 des Lizenzvertrages I, aus dem aufgrund seines etwas anderen Wortlauts unmittelbar ersichtlich ist, dass die Klägerin das Recht erhalten sollte, einfache Lizenzen an den „Licensed Patents“ für die jeweilige Jurisdiktion im Rahmen des NFC Patent Licensing Program zu gewähren. Der Ausschluss der „Sublizenzierung“ kann daher nur bedeuten, dass damit ausgeschlossen werden sollte, das Recht zur Einräumung einfacher Lizenzen an Dritte weiterzugeben. Mit dem Lizenzvertrag II wollten die Vertragsparteien nichts substanziell anderes regeln. Er enthält keinerlei Anhaltspunkte für die von der Beklagten vertretene Vertragsauslegung, nach der die Klägerin lediglich berechtigt sein sollte, im Namen der Patentinhaberin für diese Lizenzverträge zu schließen, ohne selbst eine Lizenz am Patent innezuhaben.

c)
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche gehen in räumlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht nicht über die mit der ausschließlichen Lizenz der Klägerin eingeräumten Befugnisse hinaus. Die Patentverletzung, die die Klägerin der Beklagten vorwirft, stellt in jeder Hinsicht eine Verletzung der Rechte der Klägerin aus der ausschließlichen Lizenz dar. Nach der Vorlage des ungekürzten Lizenzvertrages (Anlage K 5d) behauptet auch die Beklagte nicht mehr, dass die mit dem Lizenzvertrag II eingeräumte ausschließliche Lizenz Beschränkungen unterliege, aufgrund derer die Handlungen der Beklagten keine Beeinträchtigung der ausschließlichen Lizenz der Klägerin darstellen würden. Insbesondere umfasst das in Art. 2 Ziffer 2.1.1 erwähnte und in Exhibit 2 des Lizenzvertrages erläuterte NFC Patent Licensing Program, auf das die ausschließliche Lizenz beschränkt ist, den Vertrieb NFC-fähiger Smartphones, den die Klägerin in diesem Verfahren der Beklagten vorwirft.

2.
Soweit die Klägerin Auskunfts- und Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht geltend macht, hat die A S.A. der Klägerin die entsprechenden Ansprüche wirksam abgetreten.

Mit Erklärung vom 27./28.01.2014 trat die A S.A. alle ihr entstandenen Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit den lizensierten Patenten, darunter dem Klagepatent, an die Klägerin ab. Dass dabei die Auskunftsansprüche nicht ausdrücklich benannt sind, begegnet keinen Bedenken. Die Erklärung ist dahingehend auszulegen, dass neben den Schadensersatzansprüchen auch solche Ansprüche übertragen werden sollten, die der Durchsetzung der Schadensersatzansprüche dienen, insbesondere also so genannte Annexansprüche.

Die vorgenannte Abtretungserklärung wurde für die A S.A von Herrn G in deren Namen abgegeben. Für die Klägerin erklärte Herr F die Annahme der Abtretung. Beide hatten auch die für das Rechtsgeschäft erforderliche Vertretungsmacht. Für Herrn F ergibt sie sich aus seiner Eigenschaft als Directeur général der Klägerin. Herrn G wurde ausweislich Anlage K 21a mit Erklärung von Herrn P, als Directeur général vertretungsbefugt für die Klägerin, am 27.01.2015 Vollmacht zum Abschluss des „Amendment no 1“ zum Lizenzvertrag II erteilt. Bei dem „Amendment no 1“ handelt es sich um die als Anlage K 23 vorgelegte Abtretungserklärung vom 27.01.2015.

II.
Die mit dem Klagepatent geschützte Erfindung betrifft ein Verfahren zum Modulieren der Amplitude des Antennensignals eines induktiven Antennen-Schaltkreises und eine Vorrichtung zur Übertragung von Daten durch induktive Kopplung.

In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass solche Vorrichtungen insbesondere vorgesehen sind für den Datenaustausch mit tragbaren elektronischen Geräten, die einen kontaktlosen integrierten Schaltkreis umfassen, wie kontaktlose Chipkartenleser, Leser von elektronischen Etiketten, Leser von elektronischen Ansteckmarken und dergleichen mehr.

Gemäß den Vorgaben der Normprojekte ISO 14443-2/A und 14443-2/B (nachfolgend: ISO/A bzw. ISO/B) wird für die Datenübertragung die Antennenspule eines Lesers von kontaktlosen integrierten Schaltkreisen durch ein Antennensignal erregt, das mit einer Frequenz von 13,56 MHz schwingt. Die Datenübertragung zum integrierten Schaltkreis wird durch eine Amplitudenmodulation des Antennensignals mit einer Modulationstiefe von 100 % (ISO/A) bzw. 10 % (ISO/B) bewirkt.

Das nachfolgend wiedergegebene elektrische Schaltbild stammt aus der Klagepatentschrift und zeigt eine Vorrichtung zur Datenübertragung aus dem Stand der Technik.

Die in der Figur 1 dargestellte Vorrichtung 1 zur Datenübertragung umfasst einen Mikroprozessor 2, einen Oszillator 3, einen Modulationstransistor 4 und eine resonante Antennenschaltung 10. Die Antennenschaltung 10 umfasst eine Antennenspule 1, die parallel steht zu einem Kondensator 12, und empfängt eine Versorgungsgleichspannung VDD über eine Induktivität 13 und einen Isolierkondensator 14. Der Modulationstransistor 4 ist an die Anschlüsse der Spule 11 über den Isolierkondensator 14 angeschlossen. Zur Datenübertragung liefert sowohl der Oszillator 3 ein Signal S1, das mit 13,56 MHz schwingt, als auch der Mikroprozessor 2 an seinem Anschluss P1 ein binäres Signal S2 zur Amplitudenmodulation. Die Signale S1 und S2 liegen am Anschluss ET 5 an, dessen Ausgang ein Modulationssignal S3 liefert, das wiederum am Gate des Transistors 4 anliegt. Das Aussehen des Signal S3 ist in der Figur 1 wiedergegeben. Das Antennensignal Sa, das über die Spule 11 läuft, ist das Abbild des Signals S3.

Die soeben dargestellte Vorrichtung zur Datenübertragung hat – so das Klagepatent – den Vorteil, dass sie eine relativ einfache Struktur hat. Sie gestattet jedoch nur eine Modulation von 100 % der Amplitude des Antennensignals gemäß ISO/A. Um eine Modulation von 10 % des Antennensignals Sa gemäß ISO/B zu erhalten, wird die Vorrichtung komplexer und es müssen mehrere Elemente hinzugefügt werden.

Eine solche Vorrichtung wird noch komplexer, wenn sie sowohl für die Norm ISO/A, als auch die Norm ISO/B kompatibel sein soll, um Daten an zwei unterschiedliche Arten von integrierten Schaltkreisen übertragen zu können. Dieser Fall ist in der ebenfalls aus der Klagepatentschrift stammenden Figur 2 wiedergegeben. Dabei ist der Modulationsschalter 4 durch eine Modulationsschaltung 9 ersetzt. Diese empfängt Signale S1, S2 genauso wie ein Signal SAB, das durch einen Anschluss P2 des Mikroprozessors bereitgestellt wird, um die gewünschte Modulationsart auszuwählen. In der Klagepatentschrift wird an einer solchen Modulationsschaltung als nachteilig angesehen, dass für ihre Realisierung mehrere elektrische und/oder elektronische Bauteile erforderlich sind.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, eine Vorrichtung zur Übertragung von Daten des soeben beschriebenen Typs bereitzustellen, die das Antennensignal mit einer kleineren Modulationstiefe als 100 % modulieren kann und gleichzeitig eine einfache Struktur hat und kostengünstig zu verwirklichen ist. Eine bestimmtere Aufgabe der Erfindung besteht nach der Klagepatentschrift darin, eine Vorrichtung zur Übertragung von Daten vorzusehen, die eine Mehrzweckfunktion hat und das Antennensignal mit mehreren Modulationstiefen modulieren kann, insbesondere mit den Modulationstiefen 10 % und 100 %.

Dies soll durch das im Klagepatentanspruch 1 beschriebene Verfahren und eine Vorrichtung gemäß dem Klagepatentanspruch 5 erreicht werden, deren Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

Anspruch 1:

1.1 Verfahren zum Modulieren der Amplitude des Antennen-Signals (Sa) eines induktiven Antennen-Schaltkreises (10) mittels eines Steuer-Schaltkreises (2).
1.2 Der Antennen-Schaltkreis (10) enthält eine Spule (11).
1.3 Der Steuer-Schaltkreis (2) enthält binäre Anschlüsse (P1 bis P7),
1.3.1 die in einen Zustand hoher Impedanz (HZ) gebracht werden können und
1.3.2 die einen Innen-Widerstand von nicht Null aufweisen.
1.4 Der Antennen-Schaltkreis (10) wird von mindestens zwei Anschlüssen (P1 bis P4) des Steuer-Schaltkreises (2) elektrisch versorgt.
1.5 Das Verfahren weist die Schritte auf:
1.5.1 Setzen der Anschlüsse (P1 bis P4), welche die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises (10) sicherstellen, auf „1“, um den Antennen-Schaltkreises mit voller Energie zu versorgen, und
1.5.2 Modifizieren des Zustands von mindestens einem der Anschlüsse (P1 bis P4), die die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises (10) sicherstellen, um die Amplitude des Antennen-Signals (Sa) zu modulieren.

Anspruch 5:

5.1 Vorrichtung (20, 30) zur Ausgabe von Daten durch induktive Kopplung.
5.2 Die Vorrichtung (20, 30) umfasst
5.2.1 einen Antennen-Schaltkreis (10),
5.2.2 einen Steuer-Schaltkreis (2) des Antennen-Schaltkreises (10), der binäre Anschlüsse (P1 bis P7) enthält.
5.3 Der Antennen-Schaltkreis (10)
5.3.1 ist vom induktiven Typ,
5.3.2 enthält eine Spule (11), durch die ein Antennensignal (Sa) läuft.
5.4 Die binären Anschlüsse (P1 bis P7) des Steuer-Schaltkreises
5.4.1 können auf hohe Impedanz (HZ) gebracht werden und
5.4.2 weisen einen Innen-Widerstand von nicht Null auf.
5.5 Der Antennen-Schaltkreis (10) wird elektrisch von mindestens zwei Anschlüssen (P1 bis P4) des Steuer-Schaltkreises (2) versorgt.
5.6 Der Steuer-Schaltkreis (2) ist angeordnet, um die Amplitude des Antennen-Signals (Sa) mit dem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 zu modulieren.

III.
Der Kern der durch das Klagepatent geschützten Erfindung besteht in Abgrenzung zum Stand der Technik darin, dass das geschützte Verfahren beziehungsweise die geschützte Vorrichtung für die Amplitudenmodulation eine Steuerschaltung mit binären Anschlüssen verwendet, über die sowohl die Antennenschaltung mit voller Leistung versorgt, als auch die Amplitude des Antennensignals Sa moduliert werden kann (Merkmalsgruppe 1.5 bzw. Merkmale 5.5 und 5.6). Die Modulation erfolgt dadurch, dass die Amplitude des Versorgungssignals selbst moduliert wird, indem der Zustand von allen oder einem Teil der binären Anschlüsse modifiziert wird (vgl. S. 7 Abs. 2 der Anlage K 4a).

1.
Die Funktion (von mindestens zwei) der binären Anschlüsse des Steuerschaltkreises besteht darin, die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises sicherzustellen (Merkmale 1.4 und 1.5.1 bzw. 5.5) und zugleich die Amplitude des Antennen-Signals (Sa) zu modulieren (Merkmal 1.5.2 bzw. 5.6). Dafür ist nach den Klagepatentansprüchen 1 und 5 vorgesehen, dass die binären Anschlüsse in einen Zustand hoher Impedanz gebracht werden können (Merkmal 1.3.1 bzw. 5.4.1) und einen Innen-Widerstand von nicht Null aufweisen (Merkmal 1.3.2 bzw. 5.4.2). Im Einzelnen soll das Verfahren zur Modulation der Amplitude des Antennen-Signals so ablaufen, dass die Anschlüsse, die die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises sicherstellen, auf „1“ gesetzt werden und der Zustand mindestens eines dieser Anschlüsse modifiziert wird, um die Amplitudenmodulation herbeizuführen (Merkmalsgruppe 1.5). Nichts anderes gilt für die erfindungsgemäße Vorrichtung, die zur Durchführung dieses Verfahrens jedenfalls geeignet sein soll (Merkmal 5.6).

Demnach müssen die binären Anschlüsse entsprechend den Anordnungen der Klagepatentansprüche in mindestens zwei verschiedene Zustände geschaltet werden können: Sie können auf „1“ gesetzt werden, um den Antennen-Schaltkreis mit voller Energie zu versorgen (Merkmal 1.5.1). In diesem Zustand fließt ein Strom zur elektrischen Versorgung des Antennenschaltkreises. Da der Innenwiderstand der binären Anschlüsse nicht Null ist (Merkmal 1.3.2 bzw. 5.4.2), findet zudem ein geringfügiger Spannungsabfall am binären Anschluss statt. Dieser Zustand der binären Anschlüsse kann jedoch modifiziert werden, um die Amplitude des Antennen-Signals zu modulieren (Merkmal 1.5.2). In dieser Hinsicht geben die Klagepatentansprüche lediglich vor, dass die binären Anschlüsse in einen Zustand hoher Impedanz gebracht werden können (Merkmal 1.3.1 bzw. 5.4.1). In diesem Zustand fließt kein Strom durch den betroffenen binären Anschluss. Infolgedessen verändert sich die Amplitude des Versorgungssignals der binären Anschlüsse. Bei entsprechender Steuerung der binären Anschlüsse lässt sich so die Amplitude des Antennensignals modulieren.

2.
Nach der Lehre der Klagepatentansprüche 1 und 5 ist nicht zwingend erforderlich, dass die binären Anschlüsse auch auf „0“ gesetzt werden können in dem Sinne, dass sie in einem solchen Zustand auf Masse gezogen sind und im Unterschied zum Zustand „1“ ein Strom in entgegengesetzter Richtung fließen kann. Eine solche Auslegung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Klagepatentansprüche, noch aus der Beschreibung des Klagepatents.

Es mag sein, dass der Begriff „binärer Anschluss“ in der Fachwelt für einen Anschluss geläufig ist, der die Zustände „0“ und „1“ annehmen kann und letztlich das leisten kann, was durch die in den Figuren 4 und 5 der Klagepatentschrift dargestellten Schaltbilder veranschaulicht ist. Abgesehen davon, dass die Beklagte für ein solches fachmännisches Begriffsverständnis nichts dargetan hat, darf die Auslegung des Begriffs „binärer Anschluss“ an dieser Stelle nicht stehen bleiben. Denn Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen (technischen) Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der aus der Patentschrift sich ergebende Begriffsinhalt maßgebend (BGH GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2001, 232 – Brieflocher; GRUR 2005, 754 – Knickschutz).

a)
Die Klagepatentansprüche 1 und 5 selbst verlangen nicht, dass die binären Anschlüsse neben dem Zustand hoher Impedanz und dem Zustand „1“ auch den Zustand „0“ annehmen können müssen. Allein der Umstand, dass die Anschlüsse auf „1“ gesetzt werden können (Merkmal 1.5.1), zwingt nicht zu der Annahme, sie zwingend auch auf „0“ setzen können zu müssen. Der Zustand „1“ gibt lediglich den Zustand an, in dem die Stromversorgung sichergestellt ist. Durch den Wechsel in den Zustand hoher Impedanz kann dann die Amplitudenmodulation durchgeführt werden. Insofern können die Anschlüsse zwei verschiedene Zustände annehmen. Begrifflich kann daher unter einem binären Anschluss zwanglos ein Anschluss verstanden werden, der jedenfalls zwei Zustände annehmen kann: Die Zustände „1“ und hoher Impedanz sind dafür ausreichend.

Der im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26.02.2015 von der Beklagten vorgebrachte Einwand, nach einer solchen Auslegung könne jedes Stück Leitung die beiden Zustände „1“ und „HZ“ annehmen, ohne dass es dadurch zu einem binären Anschluss werde, kann nicht ohne weiteres gefolgt werden. Denn der Gedanke der Erfindung liegt gerade darin, dass der Zustand der binären Anschlüsse veränderlich ist und durch die Kombination mehrerer binärer Anschlüsse sowie eine Zustandsänderung einzelner dieser Anschlüsse verschiedene Modulationstiefen erreicht werden können. Entsprechend setzt auch die Beklagte voraus, dass an die Leitung eine Spannung angelegt wird (Zustand „1“) oder nicht (Zustand „HZ“). Warum bei entsprechender Kombination und Beschaltung diese Leitungen nicht als binäre Anschüsse bezeichnet werden können, erschließt sich nicht. Der Begriff „binär“ wird dadurch nicht redundant, sondern weist auf genau die zwei Zustände hin, die der Anschluss mindestens annehmen können muss.

b)
Auch bei der gebotenen funktionalen Betrachtung ist es nicht erforderlich, dass die binären Anschlüsse auf „0“ gesetzt werden können. Für die Stromversorgung des Antennen-Schaltkreises und die Modulation der Amplitude des Antennen-Signals ist es ausreichend, wenn die binären Anschlüsse auf „1“ gesetzt und in den Zustand hoher Impedanz gebracht werden können, wie dies von den Klagepatentansprüchen verlangt wird. Es ist nicht erforderlich, dass sie auch auf „0“ gesetzt werden können.

c)
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Beschreibung des Klagepatents. Soweit die Beklagte in dieser Hinsicht zur Begründung ihrer Auffassung auf die in den Figuren 4 und 5 dargestellten binären Anschlüsse verweist, handelt es sich um die Darstellung beispielhafter Ausführungsformen, die eine einschränkende Auslegung der Lehre des Klagepatents regelmäßig nicht zu begründen vermögen (GRUR 2004, 1023, 1024 – bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung). Es ist richtig, dass in der Klagepatentschrift Ausführungsformen beschrieben werden, bei denen die binären Anschlüsse auch auf „0“ gesetzt werden können, um das Antennen-Signal zu modulieren. Dazu wird ausgeführt, dass in Abhängigkeit von der Modifikation der binären Anschlüsse unterschiedliche Modulationstiefen erreicht werden können: Werden sämtliche der Stromversorgung dienenden Anschlüsse auf „0“ gesetzt, beträgt die Modulationstiefe 100 %, weil das Versorgungssignal Sp gleich Null ist. Werden einzelne der der Stromversorgung dienenden Anschlüsse in den Zustand hoher Impedanz gebracht und die anderen auf „1“ gesetzt, fließt durch die auf „1“ gesetzten Anschlüsse ein Strom; die Spannung des Versorgungsignals Sp fällt aufgrund des geringen Innenwiderstands ab, das Signal wird aber nicht gelöscht, so dass eine Modulationstiefe von unter 100 % erreicht wird (S. 8 Abs. 2 der Anlage K 4a).

Die Lehre der Klagepatentansprüche 1 und 5 ist jedoch nicht darauf gerichtet, ein Verfahren beziehungsweise eine Vorrichtung bereitzustellen, mit denen Modulationstiefen von sowohl 100 % als auch kleiner als 100 % erreicht werden können. Vom Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 und damit auch des Klagepatentanspruchs 5 sind auch solche Ausführungsformen umfasst, mit denen lediglich eine Modulationstiefe von unter 100 % erreicht werden kann. Dies ergibt sich bereits aus der in der Klagepatentschrift formulierten Aufgabenstellung. Demnach soll zuerst eine Vorrichtung bereitgestellt werden, die das Antennensignal mit einer kleineren Modulationstiefe als 100 % modulieren kann (S. 2 Abs. 4 der Anlage K 4a). Erst eine „bestimmtere Aufgabe“ ist darauf gerichtet, eine Vorrichtung vorzusehen, die das Antennensignal mit mehreren Modulationstiefen, insbesondere von 10 % und 100 %, modulieren kann (S. 3 Abs. 1 der Anlage K 4a). Dementsprechend differenziert das Klagepatent zwischen Ausführungen, bei denen die Anschlüsse für eine Modulation von 100 % auf „0“ gesetzt werden und solchen, bei denen die Anschlüsse für eine Modulation kleiner als 100 % in einen Zustand hoher Impedanz gebracht werden können. Diese Differenzierung findet sich auch in den Unteransprüchen 2 und 3. Aus der Anordnung im Unteranspruch 2, für eine Modulationstiefe von 100 % die binären Anschlüsse auf „0“ zu setzen, folgt nicht, dass die im Klagepatentanspruch 1 genannten binären Anschlüsse zwingend so gestaltet sein müssen. Der Klagepatentanspruch 1 umfasst daneben auch solche Verfahren, in denen die Anschlüsse lediglich in einen Zustand hoher Impedanz gebracht werden können, um eine Modulationstiefe von weniger als 100 % zu erreichen. Soweit in der Beschreibung des Klagepatents Ausführungsformen beschrieben werden, die Modulationstiefen von 100 % und weniger als 100 % zulassen (bspw. S. 8 Abs. 2 mit Figur 3 der Anlage K 4a), handelt es sich um bevorzugte Ausführungsbeispiele, auf die die Lehre der Klagepatentansprüche 1 und 5 nicht beschränkt ist.

d)
Dass es für den Begriff der „binären Anschlüsse“ nicht auf das herkömmliche Verständnis des Fachmanns von einem binären Anschluss ankommt, ergibt sich auch aus dem Hinweis in der Klagepatentschrift, dass jede Art von Steuerschaltung, welche die in der Patentschrift beschriebenen Eigenschaften bietet, die Verwirklichung der Erfindung gestatten (S. 11 Abs. 1 der Anlage K 4a). Die Klagepatentschrift stellt an dieser Stelle wiederum ihr eigenes Lexikon dar. Der Begriff des Anschlusses ist damit nicht im herkömmlichen Sinne als räumlich-körperliches Vorrichtungsbestandteil zu verstehen, das der elektrischen Verbindung mit einem anderen elektrischen Bauteil dient. Wird die in der Figur 3 der Klagepatentschrift dargestellte erfindungsgemäße Ausführungsform betrachtet und wird berücksichtigt, dass die binären Anschlüsse P1 bis P4 die in den Figuren 4 und 5 dargestellte Schaltungstopologie aufweisen können, wird jede parallele Schaltung von P- und NMOS-Transistoren als erfindungsgemäße Schaltung angesehen werden können, sofern sie schaltungstechnisch der parallelen Schaltung mehrerer der in Figur 5 dargestellten Anschlüsse entsprechen – auch wenn ein Anschluss P1, P2, P3 oder P4 im herkömmlichen engeren Sinne nicht mehr vorhanden ist, sondern nur über die Zuordnung einzelner Schaltungsbauteile identifizierbar wird.

Dies geht auch aus den Ausführungen des Klagepatents zu spezifischen integrierten Schaltungen des „Q“-Typs hervor, die statt Mikroprozessoranschlüssen „Port“-artige Umschaltleitungen innerhalb einer programmierbaren Logikschaltung umfassen können. Bei diesen sind die Mikroprozessoranschlüsse oder die „Port“-artigen Umschaltleitungen im Inneren der spezifischen integrierten Schaltung angeschlossen, so dass die spezifische Schaltung nur ein Ausgangsfeld für die Steuerung der Antennenschaltung präsentiert (S. 11 Abs. 1 der Anlage K 4a). Auf die räumlich-körperliche Ausbildung eines Anschlusses im engeren Sinne kommt es demnach nicht an.

Die zitierte Textstelle (S. 11 Abs. 1 der Anlage K 4a) stellt entgegen der Auffassung der Beklagten auch keine in Patentschriften übliche „Catch-all-Klausel“ dar, mit der der Anmelder versucht, den Erfindungsgegenstand über den technischen Wortsinn des jeweiligen Patentanspruchs hinaus auszudehnen. In der Klagepatentschrift wird konkret auf den in dem Ausführungsbeispiel verwendeten Mikroprozessor (vgl. S. 7, letzter Absatz der Anlage K 4a) Bezug genommen und jede Art von Steuerschaltung als erfindungsgemäß bezeichnet, die die Eigenschaften dieses Mikroprozessors aufweist. Das Klagepatent stellt damit in erster Linie auf die (Steuer-)Schaltung und ihre Funktion (Eigenschaften) ab. Die Funktion der binären Anschlüsse besteht aber eben nicht darin, jeweils weitere elektrische Bauteile anschließen zu können, sondern in der Energieversorgung des Antennen-Schaltkreises und der Modifikation des Zustands einzelner Anschlüsse, um die Amplitude des Antennen-Signals zu modulieren. Dies ist auch durch schaltungstechnische Anordnungen möglich, wie sie in den vorangehenden Ausführungen dargestellt worden sind und bei denen ein Anschluss im herkömmlichen engeren Sinne nicht mehr vorhanden ist. Genau dies wird in der zitierten Textstelle auch durch die Darstellung der integrierten Schaltung des Q-Typs als konkrete Alternative zu einem Mikroprozessor deutlich, welche das Klagepatent ebenfalls als patentgemäß ansieht und welche keine Anschlüsse im herkömmlichen engeren Sinne aufweist. Der technische Wortsinn der Klagepatentansprüche wird dadurch nicht überdehnt. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Frage der patentrechtlichen Äquivalenz, bloß weil in der Klagepatentschrift in diesem Zusammenhang von einer „äquivalenten Struktur“ die Rede ist (S. 11 Abs. 1 der Anlage K 4a). Die Wendung ist sicherlich nicht im Rechtssinne zu verstehen.

3.
Soweit für das erfindungsgemäße Verfahren verlangt wird, dass die Anschlüsse, welche die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises sicherstellen, auf „1“ gesetzt werden, um den Antennen-Schaltkreis mit voller Energie zu versorgen (Merkmal 1.5.1 bzw. 5.6), ist nicht erforderlich, dass alle Anschlüsse, die für die Energieversorgung des Antennen-Schaltkreises nur irgendwie in Betracht kommen, auf „1“ gesetzt werden müssten. Vom Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 ist auch ein Verfahrensablauf umfasst, bei dem nur so viele Anschlüsse auf „1“ gesetzt werden, wie für die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreis im konkreten Einzelfall notwendig sind. Ob es darüber hinaus weitere Anschlüsse gibt, mit denen der Antennen-Schaltkreis mit Strom versorgt werden könnte, ist unbeachtlich. Gemäß dem Merkmal 1.4 ist lediglich erforderlich, dass mindestens zwei Anschlüsse die Stromversorgung sicherstellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antennen-Schaltkreis mit „voller Energie“ versorgt werden soll. Gemeint ist damit die Energie, die für den konkreten Anwendungsfall zum Betrieb des Antennen-Schaltkreises erforderlich ist. Damit ist zugleich die Amplitude festgelegt, deren Modulation durch die Zustandsänderungen einzelner Anschlüsse erfolgt (Merkmal 1.5.2 bzw. 5.6).

IV.
Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte begründen eine mittelbare Verletzung von Anspruch 1 des Klagepatents im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG.

1.
Die Beklagte bietet an und liefert die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland.

Für die Passivlegitimation im Falle einer mittelbaren Patentverletzung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG gelten sinngemäß die gleichen von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze wie im Fall von § 9 PatG. Demnach ist nicht nur derjenige passivlegitimiert, der die patentierte Erfindung in eigener Person i.S.d. § 9 PatG unmittelbar benutzt, sondern auch derjenige, der als Teilnehmer i.S.d. § 830 Abs.2 BGB eine fremde unmittelbare Benutzung i.S.d. § 9 PatG ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt. Schuldner der Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft kann schließlich auch sein, wer lediglich eine weitere Ursache für die Rechtsverletzung setzt, indem er eine von ihm ermöglichte Rechtsverletzung durch einen Dritten nicht unterbindet, obwohl dies von ihm zu erwarten wäre. Zu diesem objektiven Verursachungsbeitrag muss allerdings hinzukommen, dass eine Rechtspflicht verletzt wird, die zumindest auch dem Schutz des verletzten absoluten Rechts dient und deren Beachtung den Verursachungsbeitrag entfallen ließe. Das Bestehen und der Umfang einer Rechtspflicht richten sich im Einzelfall nach der Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Entscheidend ist, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls ein Tätigwerden zuzumuten ist (vgl. zum Ganzen: BGH, GRUR 2009, 1142 – MP3-Player-Import).

Legt man diese Grundsätze zu Grunde, ist die Beklagte Verletzer i.S.d. §§ 9 und 10 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ und damit hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche passiv legitimiert.

Die Beklagte fördert das Anbieten der streitgegenständlichen Mobiltelefone im Internet. Sie wird als Verantwortliche im Impressum der Internetseite www.H.com genannt, auf die unter der Eingabe der ULR www.H.de automatisch weitergeleitet wird. Selbst unterstellt, der Vortrag der Beklagten träfe zu, es handele sich hierbei um ein – bislang immer noch nicht behobenes – Versehen, würde dies den Verantwortlichkeitsbeitrag nicht beseitigen. Unerheblich, da nicht entscheidungsrelevant, sind in diesem Zusammenhang etwaige Überlegungen zu § 5 TMG. Denn neben der Nennung im Impressum führen auch alle anderen Wege zur Beklagten, wenn der Nutzer mit „H“ über die Internetseite in Kontakt treten möchte. Über die Rubriken „Anrufen“ und „Support Center“ wird der Nutzer der Internetseite zur Telefonnummer der Beklagten in Frankfurt geführt. Auch wenn das Internetangebot als solches von der H Corporation herrührt, liegt in der Tätigkeit der Beklagten, als Ansprechpartnerin zur Verfügung zu stehen, jedenfalls ein Fördern dieser Angebotshandlung. Denn ein am Erwerb eines Smartphones interessierter Anrufer wendet sich mit seinem Anruf automatisch an die Beklagte. Darin liegt eine Organisations- und Unterstützungsleistung. Lediglich indizielle Bedeutung kommt daneben dem Umstand zu, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verwendung der Internetseite die Tochtergesellschaften (und damit auch die Beklagte) neben der Muttergesellschaft H Corporation als Vertragspartner genannt werden.

Darüber hinaus fördert die Beklagte auch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen. Nach dem bislang unwidersprochenen Vortrag der Klägerin sind bei der Beklagten mehrere Arbeitnehmer angestellt, deren Tätigkeitsbereich auch oder ausschließlich den Vertrieb und Verkauf in Deutschland betreffen (Jan R, Head of Sales Deutschland/Österreich/Schweiz; Frank S, Head of Channel and Distribution, Germany). Ferner sind Mitarbeiter als Regional Key Account Manager für in Deutschland ansässige Mobilfunkanbieter eingestellt (z.B. Martin T und Ulrich U, Regional Key Account Manager Vodafone; Sebastian V, Key Account Manager W). Auch wenn dem Unternehmensgegenstand der Beklagten im Handelsregisterauszug für sich alleine keine Bedeutung zukommt, bestätigt der Einsatz der vorgenannten Mitarbeiter der Beklagten, dass die Beklagte im Bereich des Vertriebs und der Verkaufs-und Marketingunterstützung tätig ist. Hinzu tritt, dass der Geschäftsführer der Beklagten V1 im Konzern unter anderem für Europa zuständig ist. Letzteres ist ebenfalls ein – wenn auch schwächeres – Indiz, dass die Handlungen der Beklagten sich in Deutschland nicht nur in Repräsentation und Zubehörverkäufen für Smartphones erschöpfen.

Vor diesem Hintergrund trifft die Beklagte eine Rechtspflicht zur Überprüfung von Patentverletzungen durch das Angebot und den Vertrieb der streitgegenständlichen Smartphones. Denn indem sie die Angebots- und Vertriebshandlungen der H Corporation in Deutschland aktiv unterstützt, trägt sie zu einer Gefährdungssituation bei, mit der eine Rechtspflicht zur Vermeidung etwaiger Rechtsverstöße, insbesondere der Verletzung fremder Patente, korrespondiert (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14; Leitsätze in GRUR 2015, 61).

Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Beklagten eine Überprüfung der Patentsituation nicht möglich oder unzumutbar war. Im Rahmen ihrer Stellung als Tochtergesellschaft hätte sie ihre Muttergesellschaft kontaktieren und sicherstellen müssen, dass die angegriffenen Smartphones Rechte Dritter, insbesondere das Klagepatent, nicht verletzen. Durch die Konzernverflechtung fällt dies der Beklagten leichter als beispielsweise einem außenstehenden Dritten.

2.
Bei den Angebotsempfängern und den (End-)Abnehmern der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um Personen, die zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigt sind. Das ist gemäß § 10 Abs. 3 PatG auch dann der Fall, wenn es sich dabei um Verbraucher handelt, die die angegriffene Ausführungsform gemäß § 11 Nr. 1 PatG lediglich im privaten Bereich zu nicht-gewerblichen Zwecken verwenden.

3.
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Da der Patentanspruch maßgeblich dafür ist, welcher Gegenstand durch das Patent geschützt ist, sind regelmäßig alle im Patentanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Erfindung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG. Daher bezieht sich bei einem Verfahrenspatent eine im Patentanspruch genannte Vorrichtung, die zur Ausführung des Verfahrens verwendet wird, regelmäßig auf ein wesentliches Element der Erfindung (BGH, GRUR 2007, 773 Rn 14 – Rohrschweißverfahren; BGH Urt. v. 03.02.2015 – X ZR 69/13 – Audiosignalcodierung). Die angegriffene Ausführungsform enthält einen NFC-Chip des Typs L mit Steuer-Schaltkreisen, über die die Amplitude eines Antennensignals eines Antennen-Schaltkreises moduliert werden kann. Da insofern jedenfalls Teile des Mittels im Klagepatentanspruch 1 selbst genannt sind, bezieht es sich auch auf eine wesentliches Element der Erfindung.

4.
Die angegriffene Ausführungsform ist objektiv geeignet, für die Durchführung des mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützten Verfahrens verwendet zu werden. Ob ein Mittel geeignet ist, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, ist nach der objektiven Beschaffenheit des angebotenen oder gelieferten Gegenstands zu beurteilen. Das Mittel muss grundsätzlich so ausgebildet sein, dass eine unmittelbare Benutzung der geschützten Lehre mit allen ihren Merkmalen durch die Abnehmer möglich ist (BGH GRUR 1992, 40, 42 –
Beheizbarer Atemluftschlauch; GRUR 2005, 848, 850 – Antriebsscheibenaufzug; Urt. v. 03.02.2015 – X ZR 69/13 – Audiosignalcodierung).

Die objektive Eignung der angegriffenen Ausführungsform zur Anwendung des geschützten Verfahrens hat die Klägerin hinreichend substantiiert vorgetragen. Auf den Einwand der Beklagten hat die Klägerin den gesamten Bericht des Unternehmens N über die Analyse des NFC-Chips vorgelegt, aus dem sich der gesamte Schaltungsaufbau des NFC-Chips ergibt. Diesen Aufbau hat die Beklagte nicht weiter bestritten und auch sonst – zu Recht – nicht mehr die Auffassung vertreten, dass der Verletzungsvorwurf der Klägerin in dieser Hinsicht unsubstantiiert sei.

Der in der angegriffenen Ausführungsform installierte NFC-Chip L enthält unstreitig einen Steuer-Schaltkreis (Merkmal 1.1), mit dem die Amplitude des Antennen-Signals eines Antennen-Schaltkreises moduliert werden kann. Weiterhin weist die angegriffene Ausführungsform unstreitig einen Antennen-Schaltkreis mit einer Spule auf (Merkmal 1.2). Der Antennen-Schaltkreis ist an die Ausgänge TX1 und TX2 des NFC-Chips L angeschlossen, die jeweils mit einem Steuerschaltkreis verbunden sind. Dieser Steuerschaltkreis enthält einen Sendertreiber. Die Schaltung des dem jeweiligen Ausgang TX1 beziehungsweise TX2 vorgeschalteten Sendertreibers ergibt sich aus der folgenden Darstellung.

Der einzelne Sendertreiber kann als Steuer-Schaltkreis im Sinne der Lehre des Klagepatents angesehen werden, der binäre Anschlüsse enthält (Merkmal 1.3). Die Anschlüsse werden durch die Knotenpunkte zwischen den von den PMOS-Transistoren kommenden Leitungen und der zum Ausgang TX1 beziehungsweise TX2 führenden Verbindungsleitung gebildet, die von der Klägerin in der Klageschrift mit E1 bis E8 bezeichnet worden sind. Dass es sich dabei nicht um räumlich-körperliche Anschlüsse im engeren Sinne handelt, über die eine elektrische Verbindung mit anderen elektrischen Bauteilen hergestellt werden kann, ist nach zutreffender Auslegung (s.o.) unbeachtlich. Entscheidend ist, dass – was auch die Beklagte nicht bestritten hat – diese Anschlüsse in einen Zustand hoher Impedanz gebracht werden können und einen Innen-Widerstand von nicht Null aufweisen (Merkmale 1.3.1 und 1.3.2). Der Zustand hoher Impedanz tritt ein, wenn der jeweilige PMOS-Transistor gesperrt ist, so dass kein Strom fließen kann. Umgekehrt fließt ein Strom, wenn der jeweilige PMOS-Transistor durchgeschaltet ist. Bereits der geringe Widerstand der zugehörigen Leitung sorgt für einen Innen-Widerstand dieses Anschlusses von nicht Null.

Nach den vorstehenden Ausführungen handelt es sich bei den Anschlüssen E1 bis E8 auch um binäre Anschlüsse im Sinne des Klagepatents, da sie zwei Zustände annehmen können: Sie können auf „1“ gesetzt werden, um den Antennen-Schaltkreis mit elektrischer Energie zu versorgen, und sie können in den Zustand hoher Impedanz gebracht werden. Dies genügt nach der hier vertretenen Auslegung für die Qualifikation als binärer Anschluss. Dass letztlich sämtliche Anschlüsse über eine Leitung mit dem Ausgang TX1 beziehungsweise TX2 verbunden sind, führt nicht aus der Lehre des Klagepatentanspruchs heraus. Denn auch die in der Klagepatentschrift dargestellten binären Anschlüsse des Mikroprozessors sind in gleicher Weise parallel geschaltet.

Das Merkmal 1.3 wird aber auch dann verwirklicht, wenn über die PMOS-Transistoren hinaus die NMOS-Transistoren in die Betrachtung einbezogen werden. Die Gesamtanordnung von PMOS- und NMOS-Transistoren kann bei zutreffender Auslegung des Klagepatents durchaus als Anordnung mehrere binärer Anschlüsse im Sinne der Lehre des Klagepatents angesehen werden. Dabei entspricht ein binärer Anschluss jeweils einem Transistorpaar bestehend aus einem PMOS- und einem NMOS-Transistor. Auch wenn es sich dabei nicht um Anschlüsse im engeren Sinne zur jeweiligen elektrischen Verbindung mit anderen elektrischen Bauteilen handelt, entspricht die im NFC-Chip L enthaltene Schaltung des Sendertreibers schaltungstechnisch der in der Figur 3 des Klagepatents dargestellten Parallelschaltung von binären Anschlüssen P1 bis P4, wie sie jeweils in der Figur 5 des Klagepatents dargestellt sind, und weist damit binäre Anschlüsse im Sinne des Klagepatents auf. Ein solcher Anschluss kann nicht nur auf „1“, sondern auch auf „0“ gesetzt werden. Werden nämlich die NMOS-Transistoren durchgeschaltet, verbinden sie den Anschluss TX1 beziehungsweise TX2 mit der Masse, so dass ein Strom in umgekehrter Richtung fließen kann.

Werden die PMOS-Transistoren des Sendertreibers des NFC-Chips L durchgeschaltet, wird der Antennen-Schaltkreis elektrisch versorgt (Merkmal 1.4). Mindestens zwei der binären Anschlüsse, welche die elektrische Versorgung des Antennen-Schaltkreises sicherstellen, können dabei auf „1“ gesetzt werden (Merkmal 1.5.1) und der Zustand mindestens eines dieser Anschlüsse kann modifiziert werden, um die Amplitude des Antennen-Signals zu modulieren (Merkmal 1.5.2). Werden nämlich die PMOS-Transistoren durchgeschaltet, wird der Antennen-Schaltkreis mit Energie versorgt. Es handelt sich insofern auch um die volle Energie, weil abgesehen von dem durch den Innenwiderstand der PMOS-Transistoren verursachten Spannungsabfall die volle Spannung, die an den PMOS-Transistoren anliegt, auch dem Antennen-Schaltkreis zur Verfügung steht. Werden einzelne dieser PMOS-Transistoren auf hohe Impedanz gebracht, fließt kein Strom und die Amplitude des Antennen-Signals kann dadurch moduliert werden. Werden hingegen die NMOS-Transistoren durchgeschaltet, fließt ein Strom in umgekehrter Richtung. Auch dadurch kann das Antennensignal moduliert werden.

Dass die Transistoren im Sendertreiber des NFC-Chip L in der vorbeschriebenen Art und Weise geschaltet werden und durch die gesamte angegriffene Steuerschaltung das patentgemäße Verfahren angewendet wird, ergibt sich daraus, dass die angegriffene Ausführungsform mit dem ISO/A- und ISO/B-Standard kompatibel ist, mithin mit Modulationstiefen von 100 % und 10 % arbeitet. Dies setzt die entsprechende Schaltung der PMOS- und NMOS-Transistoren voraus.

Im Übrigen führt es nicht aus der Lehre des Klagepatents heraus, dass die angegriffene Ausführungsform zwei Anschlüsse TX1 und TX2 mit zwei identischen, jeweils den beiden Anschlüssen zugeordneten Schaltungen aufweist. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist quasi jeder Anschluss für die Erzeugung einer Halbschwingung zuständig: Für die erste Halbschwingung werden die PMOS-Transistoren von TX1 durchgeschaltet, so dass der Strom von TX1 durch die Antennenschaltung über TX2 zu den diesem Anschluss zugeordneten NMOS-Transistoren fließen kann. Für die zweite Halbwelle sind dann die dem Anschluss TX2 zugeordneten PMOS-Transistoren durchgeschaltet, so dass der Strom von TX2 über die Antennenschaltung zu TX1 fließt, wo die NMOS-Transistoren durchgeschaltet sind. Durch die patentgemäße Zustandsveränderung der Transistoren während jeder Halbwelle können die entsprechenden Modulationstiefen erzielt werden. Es versteht sich von selbst, dass nicht sämtliche PMOS-Transistoren beider Anschlüsse durchgeschaltet sein können, weil die zu TX2 gehörige Schaltung quasi das Spiegelbild der zu TX1 gehörigen Schaltung darstellt und mit dem Wechsel jeder Halbwelle im Grunde ein „Rollentausch“ stattfindet. Für die Lehre des Klagepatents ist dies unbeachtlich. Insbesondere erfordert die Versorgung mit „voller Energie“ (Merkmal 1.5.1) nicht die Durchschaltung sämtlicher PMOS-Transistoren beider Anschlüsse TX1 und TX2.

5.
Für die Beklagte ist es jedenfalls offensichtlich, dass die angegriffene Ausführungsform dazu geeignet und seitens der Abnehmer dazu bestimmt ist, für die Durchführung des patentgemäßen Verfahrens verwendet zu werden.

Für die Offensichtlichkeit ist maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung nach den gesamten Umständen des Falls die drohende Patentverletzung aus der Sicht des Anbieters oder Lieferanten so deutlich erkennbar war, dass ein Angebot oder eine Lieferung der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist (BGH GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Es genügt, wenn aus der Sicht des Dritten mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass der Abnehmer die gelieferten Mittel in patentgemäßer Weise verwenden wird (BGH GRUR 2006, 839 – Deckenheizung). Regelmäßig liegt der notwendig hohe Grad der Erwartung einer Patentverletzung dann vor, wenn der Anbieter oder Lieferant selbst eine solche Benutzung vorgeschlagen hat (BGH GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Das ist hier der Fall.

In den Produktbeschreibungen der angegriffenen Ausführungsform wird ausdrücklich auf die NFC-Fähigkeit hingewiesen. Beim Start eines angegriffenen Smartphones erscheint im Menu-Programm der NFC-Modus. Die Benutzung der angegriffenen Ausführungsform ist damit auch darauf angelegt, die NFC-Funktion zu verwenden. Es mag zwar sein, dass einzelne Nutzer NFC nicht anwenden. Ist aber eine solche Anwendung auf einem Smartphone vorhanden, ist sicher zu erwarten, dass jedenfalls ein Teil der Nutzer die NFC-Anwendung auch benutzen wird. Da in einem solchen Fall das patentgemäße Verfahren zwangsläufig angewendet wird, nämlich zur Kommunikation mit dem Lesegerät eine Amplitudenmodulation im Sinne der Lehre des Klagepatents erfolgt, ist die Anwendung des patentgemäßen Verfahrens auch aus Sicht der Beklagten offensichtlich.

V.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht weiterhin sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 5. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen zur objektiven Eignung der angegriffenen Ausführungsform zur Anwendung des mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützten Verfahrens verwiesen (siehe Abschnitt III. 4.). Die Merkmale der Klagepatentansprüche sind weitgehend deckungsgleich. Zudem ist die angegriffene Ausführungsform mit dem NFC-Chip L und dem dort implementierten Sendertreiber geeignet, die Amplitude des Antennen-Signals mit dem Verfahren gemäß Klagepatentanspruch 1 zu modulieren (Merkmal 5.6).

VI.
Da die Beklagte die durch die Klagepatentansprüche 1 und 5 geschützte Erfindung im Sinne von § 9 S. 1 und 2 Nr. 1 PatG und § 10 Abs. 1 PatG benutzt, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung der patentgemäßen Erfindung ohne Berechtigung erfolgt.

Die Verhängung eines Schlechthinverbots ist dabei auch gerechtfertigt, soweit der Unterlassungsanspruch auf Benutzungshandlungen im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG gestützt ist. Zwar kommt ein Schlechthinverbot im Rahmen einer nur mittelbaren Patentverletzung regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn die angegriffene Ausführungsform auch patentfrei benutzt werden kann (vgl. Schulte/Rinken/Kühnen, PatG 9. Aufl.: § 10 Rn 34 ff). Etwas anderes gilt aber dann, wenn weder ein Warnhinweis, noch eine Vertragsstrafenvereinbarung Gewähr dafür bieten können, dass es unter Verwendung des Mittels nicht zu einer Patentverletzung kommt, eine etwaige Patentverletzung für den Schutzrechtsinhaber praktisch nicht feststellbar ist und dem Lieferant ohne weiteres zumutbar ist, das Mittel so umzugestalten, dass es nicht mehr patentgemäß verwendet werden kann (Schulte/Rinken/Kühnen, PatG 9. Aufl.: § 10 Rn 39). Das ist hier der Fall. Denn die Nutzung der patentverletzenden NFC-Anwendung erfolgt erst beim Endabnehmer der angegriffenen Smartphones, regelmäßig einem privaten Endverbraucher. Diesem gegenüber verbieten sich Vertragsstrafenvereinbarungen. Aber auch ein Warnhinweis kommt nicht in Betracht, weil dieser regelmäßig ins Leere liefe: Ein Hinweis, die NFC-Anwendung nicht nutzen zu dürfen, ist gegenüber einem Endverbraucher nicht nur unzutreffend, sondern dürfte auch ein ernsthaftes Kaufhindernis darstellen. Gleiches gilt für den Hinweis, dass die angegriffene Ausführungsform nicht NFC-fähig sei, zumal der NFC-Modus im Menu-Programm selbst angeboten wird. Darüber hinaus lässt sich seitens der Klägerin nicht feststellen, ob die Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform entgegen einem Warnhinweis nicht doch die NFC-Anwendung benutzen. Der Beklagten ist es hingegen ohne weiteres zumutbar, die angegriffene Ausführungsform dergestalt abzuwandeln, dass den Nutzern die NFC-Anwendung nicht mehr zur Verfügung steht. Die NFC-Funktionalität wird in der angegriffenen Ausführungsform im Wesentlichen durch separate Schaltungen verwirklicht; im Wesentlichen basiert sie auf dem NFC-Chip L. Insofern kann es der Beklagten zugemutet werden, unmittelbar die Hardware der angegriffenen Ausführungsform dergestalt zu ändern, dass die NFC-Funktionalität tatsächlich nicht mehr ausgeübt werden kann, oder jedenfalls durch entsprechende Software-Änderungen dafür zu sorgen, dass dem Nutzer die NFC-Funktionalität nicht mehr zur Verfügung steht (auch wenn die Hardware-technischen Voraussetzungen noch gegeben sind).

Vor diesem Hintergrund ist seitens der Klägerin der weitere Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform jedenfalls nicht hinzunehmen, da er regelmäßig dazu führen wird, dass die Abnehmer der angegriffenen Smartphones von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Auch wenn die angegriffene Ausführungsform patentfrei genutzt werden kann und eine Änderung der angegriffenen Ausführungsform mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, ist dies der Beklagten im Hinblick darauf zumutbar, dass andernfalls der Patentschutz der Klägerin ins Leere liefe.

2.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG.

Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Die Beklagte ist zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin beziehungsweise der Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.

Das gilt auch, soweit der Schadensersatzanspruch auf Verletzungshandlungen im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG gestützt wird. Zwar kann das bloße Anbieten von Mitteln, wie es der Beklagten vorliegend vorgeworfen wird, regelmäßig nicht zu einer unmittelbaren Patentverletzung unter Einsatz dieser Mittel führen, sofern dem Angebot keine Lieferung nachfolgt. Schon das Anbieten begründet jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass es auch zur Lieferung gekommen ist. Diese Wahrscheinlichkeit reicht zwar zum Nachweis einer solchen Lieferung und damit für die Begründetheit einer bezifferten Schadensersatzklage in aller Regel nicht aus. Sie lässt aber nach der Erfahrung des täglichen Lebens mit einiger Sicherheit erwarten, dass ein Schaden entstanden ist, und führt deshalb zur Begründetheit eines unbezifferten Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (BGH GRUR 2013, 713, 715 – Fräsverfahren).

Die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz ist jedoch auf Handlungen beschränkt, die in der Zeit seit dem 06.09.2010 begangen wurden, weil die Beklagte erst ab diesem Zeitpunkt im Handelsregister eingetragen war.

Für die Zeit seit dem 19.12.2014 stehen der Klägerin Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht zu, weil zu diesem Zeitpunkt der Lizenzvertrag zwischen ihr und der A S.A. als Inhaberin des Klagepatents in Kraft trat und sie seit diesem Zeitpunkt ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent ist. Für den Zeitraum vor dem 19.12.2014 kann die Klägerin Ersatz für den der A S.A. entstandenen Schaden verlangen.

3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Auch dieser Anspruch ist auf die Zeit ab der Eintragung der Beklagten im Handelsregister am 06.09.2010 beschränkt.

VII.
Für eine Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO besteht keine Veranlassung. Es kann nicht mit der für eine Aussetzung erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage erfolgreich sein wird.

1.
Die durch die Patentansprüche 1 und 5 geschützte technische Lehre wird in der Entgegenhaltung US 5,347,263 (= D1) nicht neuheitsschädlich offenbart.

Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen kann oder wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen (allgemeinen) Lehre entnimmt. Maßgeblich ist, was aus fachmännischer Sicht einer Schrift „unmittelbar und eindeutig” zu entnehmen ist (BGH GRUR 2009, 382, 384 – Olanzapin m.w.N.).

Davon ausgehend wird jedenfalls nicht das Merkmal 1.3.1 beziehungsweise das Merkmal 5.4.1 offenbart. Auch wenn die in Figur 5 der Entgegenhaltung D1 dargestellte Schaltungsanordnung der I/O-Anschlüsse weitgehend mit der Schaltung der Figuren 3 und 5 der Klagepatentschrift übereinstimmt, wird an keiner Stelle offenbart, dass die Anschlüsse dieser Schaltung auch in einen Zustand hoher Impedanz gebracht werden können (Merkmal 1.3.1 bzw. 5.4.1). Die in der D1 offenbarte Schaltung mag zwar bei entsprechender Ansteuerung grundsätzlich dazu geeignet sein. Aber eine solche Ansteuerung, mit der die Anschlüsse in einen Zustand hoher Impedanz gebracht werden können, wird eben an keiner Stelle beschrieben. Ebenso wenig werden die einzelnen Verfahrensschritte des Klagepatentanspruchs 1 beschrieben, für die die Vorrichtung gemäß dem Klagepatentanspruch 5 geeignet sein muss. Dafür besteht aus Sicht der D1 auch kein Anlass, da sie sich mit der Art und Weise der Signalmodulation oder Modulationstiefe im Fall der Amplitudenmodulation in keiner Weise auseinandersetzt. Soweit in der Beschreibung der D1 die Amplitudenmodulation angesprochen wird (Sp. 7 Z. 9 ff, Sp. 10 Z. 3 ff und Z. 39 ff der D1), geschieht dies nur neben weiteren Modulationsverfahren und zudem anlässlich der Modulation des vom Transponder (!) zu versendenden Identifizierungssignals, nicht aber in Bezug auf die Modulation der vom Lesegerät mit der in Figur 5 der D1 dargestellten Schaltung gesendeten Signale. Dementsprechend enthält die Entgegenhaltung keinerlei Hinweise darauf, wie das vom Lesegerät gesendete Signal moduliert wird. Dass sich die Anschlüsse beim Umschalten von „1“ auf „0“ kurzzeitig im Zustand „HZ“ befinden, damit ein Kurzschluss vermieden wird, offenbart ebenfalls nicht das Merkmal 1.3.1 beziehungsweise 5.4.1. Von der Funktion dieses Merkmals ausgehend müssen die Anschlüsse patentgemäß jedenfalls so in den Zustand „HZ“ gebracht werden können, dass damit eine Amplitudenmodulation möglich ist. Dafür bestehen in D1 keine Anhaltspunkte.

Soweit sich die Beklagte in dieser Hinsicht im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26.02.2015 auf die Eigenschaften des in der D1 angesprochenen Mikrocontrollers Y beruft, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt, § 296a ZPO. Dabei ist ohnehin fraglich, ob das als Anlage D1b vorgelegte Datenblatt geeignet ist, die Eigenschaften des Microcontrollers im Prioritätszeitpunkt der D1, mithin am 05.02.1993, wiederzugeben, da das Datenblatt selbst einen Copyright-Vermerk für das Jahr 1998 trägt.

2.
Die patentgemäße Lehre wird weiterhin nicht durch die Entgegenhaltung US 5,418,353 (= D2) offenbart. Zumindest die Merkmale 1.4, 1.5.1 und 1.5.2 beziehungsweise 5.5 und 5.6 werden nicht beschrieben. Zur Funktionsweise der in der Figur 10 der D2 dargestellten Schaltung wird in der D2 ausgeführt, dass für die Ausgabe des Zeichens „1“ die Transistoren 40a und 41a abwechselnd durchgeschaltet werden, so dass ein hochfrequentes Signal mit einer Amplitude von 2V1 an die Spule abgegeben wird. Für die Ausgabe des Zeichens „0“ werden hingegen die Transistoren 40b und 41b abwechselnd durchgeschaltet, so dass ein hochfrequentes Signal mit einer Amplitude von 2V2 ausgegeben wird (Sp. 10 Z. 39 ff der D2). Damit ist immer nur einer der beiden Anschlüsse aktiv, um entweder das Signal „1“ oder das Signal „0“ auszugeben. Es wird hingegen nicht offenbart, dass mindestens zwei binäre Anschlüsse des Steuer-Schaltkreises den Antennen-Schaltkreis elektrisch versorgen (Merkmal 1.4 bzw. 5.5). Daher wird auch nicht das in der Merkmalsgruppe 1.5 beziehungsweise dem Merkmal 5.6 dargestellte Verfahren beschrieben. Denn es werden nie die beiden Anschlüsse auf „1“ gesetzt, also zur Stromversorgung des Antennen-Schaltkreises eingesetzt, und der Zustand von mindestens einem dieser beiden Anschlüsse zur Modulation der Amplitude modifiziert. Es wird vielmehr immer nur ein Anschluss so gesteuert, dass über ihn ein Signal mit einer bestimmten Amplitude ausgegeben wird.

3.
Schließlich offenbart auch die Entgegenhaltung EP 0 775 792 (= D3) nicht die patentgemäße Lehre, weil die Merkmale 1.4, 1.5.1 und 1.5.2 beziehungsweise 5.5 und 5.6 nicht beschrieben werden. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass im Absatz [0098] der D3a (entspricht S. 10 Z. 26 ff der D3) lediglich beschrieben wird, wie immer nur einer der drei Transistoren 51a, 511b, 511c der in Figur 5 dargestellten Schaltung durchgeschaltet ist, um den Antennenschaltkreis mit Strom zu versorgen. Insofern greifen hier die gleichen Erwägungen wie zur D2.

VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Auf den entsprechenden Antrag der Klägerin waren Teilsicherheiten festzusetzen. Die Höhe der Sicherheitsleistung orientiert sich an der Streitwertangabe der Klägerin von 10.000.000,- EUR. Die Kammer ist der Auffassung, dass dieser Betrag angemessen ist, um etwaige Schäden der Beklagten, die durch eine Vollstreckung des Urteils eintreten, abzusichern. Hierbei ist die Kammer von einem Zeitraum von ca. einem Jahr ausgegangen, der bis zu einer Berufungsentscheidung durch das OLG Düsseldorf vergehen dürfte. Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, dass ihr potentieller Schaden im Falle der Aufhebung des Urteils über den Betrag von 10.000.000,- EUR hinausgehen würde. Ein solcher Schaden könnte – neben Gerichts- und Anwaltskosten – in Gewinneinbußen oder erhöhten Herstellungskosten (etwa bei der Abwandlung der angegriffenen Ausführungsform) liegen, wobei zu berücksichtigen ist, dass es vorliegend allein um etwaige Schäden der Beklagten, nicht aber der H Corporation geht. Hierzu fehlt es an Vortrag der Beklagten. Der Verweis auf die Umsatzzahlen mit dem H K führt an dieser Stelle nicht weiter. Diese betreffen allein die Umsätze der H Corporation. Inwieweit die Beklagte hieran partizipiert, trägt sie nicht vor. Darüber hinaus lassen die reinen Umsatzzahlen keinen Rückschluss auf die mit dem H K erzielten Gewinne zu.

Der Streitwert wird auf 10.000.000,- EUR festgesetzt.