4b O 337/03 – Anhänger

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  273

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. Dezember 2004, Az. 4b O 337/03

I. Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie seit dem 18.06.1999

Tragevorrichtungen zum Ankoppeln an Fahrzeuge mit einem am Fahrzeug angekoppelten Stützrahmen und mit zumindest einem an dem Stützrahmen schwenkbar festgelegten Trägerelement zur Aufnahme eines Transportgutes und zum Verschwenken desselben aus einer Transportstellung in eine Kippstellung um eine parallel zur Fahrzeugquerachse liegende Schwenkachse

in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,

bei denen der Stützrahmen horizontal ausgerichtet ist und in den Stützrahmen Trägerelemente integriert schwenkbar festgelegt sind, wobei die Trägerelemente in der Transportstellung in einer Ebene mit dem Stützrahmen liegen und um die Schwenkachse vom Fahrzeug weg in die Kippstellung schwenkbar sind,

und zwar unter Angabe

1. der Namen und Anschriften des Herstellers und sonstiger Vorlieferanten bzw. Vorbesitzer sowie der gelieferten oder bestellten Menge,

2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

a) von dem Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und von der Beklagten zu 1) die Angaben zu e) nur für solche Handlungen zu machen sind, die sie seit dem 12.12.2000 begangen haben,

b) den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II. Die Beklagte zu 1) wird darüber hinaus verurteilt, die zu I. bezeichneten Tragevorrichtungen, die sich spätestens seit dem 30.09.2004 in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befinden, zu vernichten.

III. Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu I. bezeichneten, seit dem 12.12.2000 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

2. dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, an den Kläger dasjenige nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben, was sie – die Beklagte zu 1) – durch die zu I. bezeichneten, in der Zeit vom 18.06.1999 bis 11.12.2000 begangenen Handlungen auf Kosten des Klägers erlangt hat.

IV. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 10 % und die Beklagten zu 90 % zu tragen.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 100.000 EUR. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 1.400 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

VII. Der Streitwert wird auf 500.000 EUR festgesetzt. Der Streitwertermäßigungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.

Tatbestand:

Aufgrund schriftlichen Vertrages vom 18.06.1999 (Anlage K 2) ist der Kläger Inhaber einer ausschließlichen Lizenz an dem für seine Ehefrau eingetragenen Gebrauchsmuster 94 15 xxx. Der Vertrag hat u.a. folgenden Inhalt:

§ 2 Vertragsgebiet

1. Die Lizenz wird für die Länder der Europäischen Union (EU) erteilt.

2. Dem Lizenznehmer ist ein Vertrieb der unter die Vertragsschutzrechte hergestellten Erzeugnisse in andere Länder nicht gestattet.

§ 16 Nichtangriffspflicht

Der Lizenznehmer verpflichtet sich, die Vertragsschutzrechte während der Dauer des Lizenzvertrages nicht anzugreifen oder Dritte bei einem Angriff auf die Schutzrechte zu unterstützen.

§ 18 Vertragslaufzeit

Der Vertrag tritt mit Unterzeichnung in Kraft.

Der Vertrag endet zum 12.09.2004.

§ 22 Salvatorische Klausel

Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein oder werden oder der Vertrag eine Lücke enthalten, so bleibt die Rechtswirksamkeit der übrigen Bestimmungen hiervon unberührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt eine wirksame Bestimmung als vereinbart, die der von den Parteien gewollten wirtschaftlich am nächsten kommt; das gleiche gilt im Falle einer Lücke.

Das Klagegebrauchsmuster, welches am 09.02.1995 im Patentblatt bekannt gemacht worden ist, war bereits Gegenstand eines von dritter Seite geführten Löschungsverfahrens beim Deutschen Patent- und Markenamt. Mit Beschluss vom 21.03.2001 (Anlage K 3) hat Schutzanspruch 1 im Wege der Teillöschung folgenden Wortlaut erhalten:

Tragevorrichtung zum Ankoppeln an Fahrzeuge, mit einem am Fahrzeug angekoppelten Stützrahmen und mit zumindest einem an dem Stützrahmen schwenkbar festgelegten Trägerelement zur Aufnahme eines Transportgutes und zum Verschwenken desselben aus einer Transportstellung in eine Kippstellung um eine parallel zu einer Fahrzeugquerachse liegende Schwenkachse,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,

dass der Stützrahmen (1) horizontal ausgerichtet ist und in den Stützrahmen (1) Trägerelemente (5.1, 5.2) integriert und an einer dem Fahrzeug abgewandten Seite des Stützrahmens (1) an diesem schwenkbar festgelegt sind, wobei die Trägerelemente (5.1, 5.2) in der Transportstellung in einer Ebene mit dem Stützrahmen (1) liegen und um die Schwenkachse (X) vom Fahrzeug weg in die Kippstellung schwenkbar sind.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 und 2 der Klagegebrauchsmusterschrift) verdeutlichen den Gegenstand des Schutzrechts anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Nach mehrfachen Verlängerungen ist die Schutzdauer des Klagegebrauchsmusters am 30.09.2004 abgelaufen.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Heckträger mit der Modellbezeichnung “T Prestige”, wie sie u.a. aus den Anlagen K 13, K 15, K 19 und K 24 ersichtlich sind. Zum besseren Verständnis sind nachfolgend die Abbildungen der Anlage K 24 wiedergegeben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die besagten Heckträger wortsinngemäß von der technischen Lehre des Schutzanspruchs 1 Gebrauch machen. Mit seiner den Beklagten am 12.12.2003 zugestellten Klage hat er die Beklagten deshalb aus dem Gesichtspunkt der Gebrauchsmusterverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung sowie Schadenersatz sowie Bereicherungsausgleich in Anspruch genommen. Nachdem das Klagegebrauchsmuster zwischenzeitig abgelaufen ist, haben die Parteien den Unterlassungsanspruch im Verhandlungstermin vom 23.11.2004 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Der Kläger beantragt nunmehr noch,

wie erkannt, jedoch mit der Maßgabe, dass Rechnungslegung und Bereicherungsausgleich für Benutzungshandlungen seit dem 9.03.1995 begehrt werden.

Die Beklagten beantragen,

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise,

a) ihnen einen umfassenden, d.h. sich auch auf die nicht gewerblichen Abnehmer erstreckenden Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen;

b) ihnen Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Sie halten den Gegenstand des Klagegebrauchsmusters mit Rücksicht auf die vorveröffentlichte französische Patentanmeldung 2 686 051 (Anlage B 1) für schutzunfähig. Das angegriffene Heckträger-System – so meinen sie – verwirkliche darüber hinaus nicht die technische Lehre von Schutzanspruch 1. Zum einen verschwenkten die Trägerelemente in der Kippstellung nicht vom Fahrzeug weg; vor allem aber treffe es nicht zu, dass sich die Trägerelemente in der Transportstellung in einer Ebene mit dem Stützrahmen befinden. Der Lizenzvertrag vom 18.06.1999 enthalte in § 2 Nr. 2 sowie § 16 kartellrechtswidrige Klauseln, die den Vertrag insgesamt nichtig machten. Mit Rücksicht darauf fehle dem Kläger auch die Aktivlegitimation. Die Klage stelle sich ohnehin deshalb als kartellrechtswidrige Behinderung dar, weil nach den gesamten Umständen davon auszugehen sei, dass der damaligen Antragstellerin im Löschungsverfahren eine Freilizenz am Klagegebrauchsmuster eingeräumt worden sei, um eine vollständige Vernichtung des Schutzrechtes im Beschwerdeverfahren, in dem die eingangs genannte französische Patentanmeldung neu eingeführt worden sei, zu verhindern. Es stelle eine kartellrechtswidrige Behinderung dar, wenn einem von mehreren Wettbewerbern eine Freilizenz gegeben, der andere Wettbewerber (sic.: die Beklagten) jedoch aus demselben offensichtlich schutzunfähigen Gebrauchsmuster in Anspruch genommen werde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend begründet. Das angegriffene Heckträger-System “T Prestige” der Beklagten macht dem Wortsinn nach von der technischen Lehre des Schutzanspruchs 1 widerrechtlich Gebrauch. Da das Klagegebrauchsmuster schutzfähig ist, sind die Beklagten dem Kläger im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung, zur Vernichtung, zum Schadenersatz sowie zum Bereicherungsausgleich verpflichtet. Unbegründet ist die Klage lediglich im Hinblick auf Benutzungshandlungen der Beklagten, die vor dem Abschluss des Lizenzvertrages (18.06.1999) stattgefunden haben, weil dem Kläger insoweit die Aktivlegitimation fehlt.

I.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft eine Tragevorrichtung für Transportgut (z. B. Fahrräder), die an ein Fahrzeug angekoppelt wird.

Nach den einleitenden Bemerkungen der Klagegebrauchsmusterschrift führen Tragevorrichtungen, die an der Heckseite eines Kraftfahrzeuges angeschlossen werden, wenn das Fahrzeug mit einer Heckklappe ausgerüstet ist, dazu, dass die Heckklappe bei positioniertem Transportgut nicht oder nur umständlich geöffnet werden kann. Im Stand der Technik – so heißt es – sei aus diesem Grunde bereits vorgesehen worden, die Tragevorrichtung mit einem Kugelgelenk zu versehen, welches die Tragevorrichtung im Betriebszustand in einer horizontalen Ausrichtung hält und bei Bedarf von Hand gelöst werden kann, um die Transportvorrichtung um das Gelenk nach unten zu kippen. Abgesehen davon, dass sich der Benutzer zur Betätigung des Kippmechanismus zwischen die Tragevorrichtung und das Fahrzeug zwängen müsse, sei es nach Beendigung eines Hantiervorganges an der Heckklappe des Fahrzeuges erforderlich, dass der Benutzer die gesamte Tragevorrichtung mit dem unter Umständen schweren Transportgut anhebt, horizontal ausrichtet und sodann die Verriegelung herbeiführt. Die Verwendung eines Kugelgelenkes sei überdies konstruktiv aufwendig und ausgesprochen störanfällig.

Ausgehend hiervon bezeichnet es die Klagegebrauchsmusterschrift als Aufgabe der Erfindung, eine Tragevorrichtung zu schaffen, mit der auf einfache Weise ein größerer Freiraum zwischen einer Fahrzeugseite und einem auf der Tragevorrichtung befindlichen Transportgut erhalten werden kann, wobei die Tragevorrichtung zudem kostengünstig und robust ist.

Der geltende Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters sieht hierzu die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Tragevorrichtung zum Ankoppeln an Fahrzeuge.

(2) Die Tragevorrichtung umfasst

(a) einen Stützrahmen (1)
(b) und zumindest 1 Trägerelement (5.1, 5.2).

(3) Der Stützrahmen (1)

(a) ist an das Fahrzeug angekoppelt
(b) und horizontal ausgerichtet.

(4) Das Trägerelement (5.1, 5.2)

(a) ist in den Stützrahmen (1) integriert und
(b) an einer dem Fahrzeug abgewandten Seite des Stützrahmens (1) schwenkbar am Stützrahmen (1) festgelegt;
(c) es dient dazu, ein Transportgut aufzunehmen und aus einer Transportstellung in eine Kippstellung zu verschwenken.

(5) Das Verschwenken des Transportguts geschieht um eine Schwenkachse (X), die parallel zu einer Fahrzeugquerachse liegt.

(6) In der Transportstellung liegt das Trägerelement (5.1, 5.2) in einer Ebene mit dem Stützrahmen (1).

(7) In der Kippstellung verschwenkt das Trägerelement (5.1, 5.2) vom Fahrzeug weg.

Durch die beschriebene Ausgestaltung wird erreicht, dass nicht mehr der gesamte Stützrahmen abgesenkt bzw. nach oben geklappt werden muss, sondern lediglich die Trägerelemente. Dadurch, dass sich die Schwenkachse fahrzeugfern befindet, ergibt sich in der Kippstellung zwischen der Heckseite des Fahrzeuges und den Trägerelementen mit dem darauf befindlichen Transportgut ein Freiraum, der einen leichten Zugang zur Heckklappe ermöglicht und der deshalb besonders vorteilhaft ist, weil sich zwischen dem Fahrzeug und den Trägerelementen ausschließlich noch der Stützrahmen befindet, welcher deshalb kein Hindernis darstellt, weil er anspruchsgemäß horizontal ausgerichtet ist.

II.

Die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters ist schutzfähig. Sie wird durch den vorbekannten Stand der Technik, wie er sich aus der von den Beklagten entgegengehaltenen französischen Patentanmeldung 2 686 051 (Anlage B 1) ergibt, weder vorweggenommen noch nahegelegt.

Wie die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 2, 4, 6, 10 und 19) verdeutlichen,

betrifft die Druckschrift einen im Heckbereich eines Fahrzeugs zu montierenden Gepäckzusatzbehälter, der aus einer horizontalen Transportstellung in eine vom Fahrzeug weggerichtete Kippstellung verschwenkt werden kann, um die Reinigung bzw. Be- und Entladung des Zusatzbehälters zu erleichtern. Anstelle der in Figur 19 vorgesehenen Box können Halteschienen für den Transport von Fahrrädern in einer Ebene parallel zur Fahrzeugrückseite vorgesehen werden.

Im Sinne der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters bildet das Bauteil mit der Bezugsziffer (10) ein Trägerelement, während das in der Seitenansicht L-förmige Bauteil mit der Bezugsziffer (1) das Trägerelement (mit dem darauf aufstehenden Transportgut) am Fahrzeug abstützt. Es ist deswegen – lässt man die weitere Frage, ob das gezeigte plattenartige Bauteil als rahmenartige Konstruktion angesehen werden kann, außer Betracht – als Stützrahmen anzusehen. Es ist bei diesem Befund offensichtlich, dass der in der französischen Anmeldeschrift offenbarte “Stützrahmen” nicht im Sinne des Klagegebrauchsmusters “horizontal” ausgerichtet ist. Soweit die Beklagten darauf abstellen, dass jedenfalls der untere, vom Fahrzeug abgewandte Schenkel des Bauteils (1) die geforderte horizontale Orientierung hat, greift diese Betrachtung ersichtlich zu kurz. Der Lehre des Klagegebrauchsmusters geht es darum, mit der Kippbewegung der Trägerelemente einen Freiraum zwischen dem Fahrzeug und dessen Heckklappe einerseits und den Trägerelementen mit dem darauf befindlichen Transportgut andererseits zu schaffen, der den ungehinderten Zugang zu und das freie Hochschwenken der Heckklappe ermöglicht. Für den Fachmann versteht es sich von selbst, dass der Stützrahmen deshalb horizontal ausgerichtet sein soll, weil auch er bei gekippten Trägerelementen kein Hindernis im Heckbereich des Fahrzeuges bilden soll. Die Anweisung des Klagegebrauchsmusters, den Stützrahmen horizontal anzuordnen, begreift der Fachmann deswegen dahin, dass sich der Stützrahmen als Ganzes horizontal erstrecken soll. Selbstverständlich muss der Stützrahmen schon wegen der ihm zugedachten lastaufnehmenden Funktion auch eine gewisse vertikale Ausdehnung besitzen. Sie wird vom Klagegebrauchsmuster bei sinnvollem Verständnis seiner technischen Lehre erkennbar nicht in Frage gestellt. Schädlich und ausgeschlossen ist jedoch eine vertikale Erstreckung des Stützrahmens, die nicht aus einer bestimmten Dicke der Stützkonstruktion resultiert, sondern sich darin äußert, dass aufwärts gerichtete Rahmenteile vorhanden sind. Sie nämlich ragen bei weggekippten Trägerelementen in den Bereich zwischen dem Fahrzeugheck und den Trägerelementen mit dem Transportgut hinein und beeinträchtigen deshalb den dort vorgesehenen Freiraum, der den einfachen Zugang zur Heckklappe des Fahrzeuges ermöglicht. Bei der französischen Entgegenhaltung ist exakt eine derartige nachteilige Anordnung beschrieben. Aus der Figur 19 entnimmt der Fachmann, dass der vertikale Schenkel des Bauteils (1) sich praktisch über die gesamte Höhe des Kofferraumdeckels erstrecken soll. Tendenziell nichts anderes folgt aus der Figur 1, die ebenfalls einen (wenn auch nicht bis zur Oberkante des Kofferraumdeckels reichenden) vertikalen Schenkel offenbart, der mindestens dieselbe Länge hat wie der horizontal ausgerichtete Schenkel. Die Beklagten können dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, Figur 19 betreffe lediglich ein Ausführungsbeispiel. Nirgends in der Beschreibung wird erwähnt, dass der vertikale Plattenteil minimal ausfallen oder auf ihn sogar vollständig verzichtet werden kann. Gerade weil die Figur 19 eine besonders bevorzugte Konstruktionsvariante wiedergibt, muss der Fachmann naheliegend zu der Auffassung gelangen, dass sich die von der französischen Patentanmeldung angestrebten Vorteile gerade dann erzielen lassen, wenn der vertikale Plattenteil – wie in den Figuren 1 und 19 exemplarisch gezeigt – über ein beträchtliches Maß erstreckt. Er hat schon deshalb keine Veranlassung, an dieser Anordnung etwas zu ändern. In besonderem Maße gilt dies vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich bei einem Verzicht auf den vertikal aufragenden Schenkel des Bauteils (1) der in dessen oberen Bereich vorgesehene Arretierungsmechanismus (2, 7) nicht mehr verwirklichen ließe und außerdem auch die durch den quer verlaufenden Schlitz im oberen Bereich des Vertikalschenkels gegebene Möglichkeit, die Vorrichtung von Hand zu tragen, entfallen würde.

Es ist – worauf die Beklagten hinweisen – zutreffend, dass die französische Anmeldeschrift herausstellt, dass sich bei montiertem Zusatzbehälter der Kofferraum weiterhin öffnen lässt. Daraus folgt jedoch keineswegs, dass der Fachmann die Anregung erhält, auf den vertikalen Schenkel des Bauteils (1) zu verzichten. Das Gegenteil trifft zu. Wenn die L-förmige Ausgestaltung der Stützkonstruktion den Zugang zum Fahrzeugkofferraum nicht ausschließt, erhält der Fachmann keine Anregung dahingehend, auf den Vertikalschenkel zu verzichten. Die gegenteilige Argumentation der Beklagten beruht auf einer unzulässigen rückschauenden Interpretation in Kenntnis der Lehre des Klagegebrauchsmusters.

III.

Das Heckträger-System “T Prestige” der Beklagten macht von der technischen Lehre des Schutzanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch.

Hinsichtlich der Merkmale (1) bis (5) steht dies zwischen den Parteien – mit Recht – außer Streit und bedarf deshalb keiner weiteren Erläuterung. Verwirklicht sind darüber hinaus auch die weiteren Anspruchsmerkmale (6) und (7).

Soweit das zuletzt genannte Merkmal (7) verlangt, dass die Trägerelemente in der Kippstellung vom Fahrzeug weg schwenken, kommt es allein darauf an, dass diejenigen Teile des Trägerelements, die sich jenseits des Fahrzeughecks bis zur Schwenkachse erstrecken, in der Kippstellung ihre Lage so verändern, dass sie sich – im Vergleich zur Transportstellung – weiter vom Fahrzeugheck entfernt befinden. Dann nämlich ist bereits gewährleistet, dass durch ein Verschwenken der Trägerelemente (mit dem darauf aufstehenden Transportgut) zwischen dem Heckbereich des Fahrzeuges und der Tragevorrichtung ein Freiraum für den ungehinderten Zugang zum Fahrzeug geschaffen wird. Dieser Freiraum wird ersichtlich nicht dadurch in irgend einer Weise beeinträchtigt, dass sich derjenige Teil der Trägerelemente, der sich jenseits der Schwenkachse befindet, in der Kippstellung dem Fahrzeug nähert, weil hierdurch nicht in den Freiraum oberhalb des Stützrahmens eingegriffen wird, sondern lediglich der Bereich unterhalb des Stützrahmens (der für den Zugang zum Fahrzeugheck ohnehin irrelevant ist) betroffen ist. Ausgehend von diesem Verständnis ist es offensichtlich, dass das angegriffene Trägersystem der Vorgabe des Merkmals (7) wortsinngemäß folgt.

Im Ergebnis dasselbe gilt mit Blick auf das Anspruchsmerkmal (6), welches besagt, dass die Trägerelemente in der Transportstellung in einer Ebene mit dem Stützrahmen liegen. Mit Bezug auf die im Tatbestand wiedergegebene Abbildung gemäß Anlage K 24 ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die mit den Bezugszeichen (5.1) und (5.2) versehenen Bauteile als Trägerelemente anzusehen sind, die durch zusätzliche Tragschienen (7.1, 7.2), wie sie auch das Klagegebrauchsmuster kennt, ergänzt werden. Unstreitig ist weiterhin, dass die Trägerelemente (5.1, 5.2) auf den Seitenblechen (1) aufliegen, wenn sich die Vorrichtung in der Transportstellung befindet. Die Seitenbleche gehören demgemäß – wie auch die Beklagten nicht in Zweifel ziehen – zum Stützrahmen. Zu ihm gehört darüber hinaus allerdings auch jedes weitere Bauteil, welches dasjenige leistet, was der Stützrahmen erfindungsgemäß zu gewährleisten hat. Seine Aufgabe besteht, da der Stützrahmen anspruchsgemäß am Fahrzeug angekoppelt ist (Merkmal 3 a) und außerdem die das Transportgut aufnehmenden Trägerelemente schwenkbar hält (Merkmal 4 b), darin, die Trägerelemente (mitsamt dem Transportgut) am Fahrzeug “abzustützen” Zu dieser technischen Funktion leistet bei der angegriffenen Ausführungsform auch das überkragende Winkelprofil mit dem Bezugszeichen (3) einen unverzichtbaren Beitrag. Wie sich aus der Anlage K 19 erschließt und zwischen den Parteien im Verhandlungstermin vom 23.11.2004 überdies unstreitig war, werden die Trägerelemente über die mittlere Bohrung in der dem Fahrzeug zugewandten Tragschiene (7.1) dadurch in der Transportstellung gehalten (d.h. gegen ein Verschwenken gesichert), dass durch die Bohrung der Trägerschiene (7.1) und eine korrespondierende Bohrung im Winkelprofil (3) ein Bolzen gesteckt wird. Es ist offensichtlich, dass die Trägerelemente bereits aufgrund des Gewichtes des aufstehenden Transportgutes, erst recht aber bei Fahrbahnunebenheiten oder unter der Einwirkung von Fahrtwind dazu neigen, in die Kippstellung zu verschwenken, wenn die vorbeschriebene Sicherung nicht wirksam wäre. Das Winkelprofil (3) mit seiner den Arretierungsbolzen aufnehmenden Bohrung stützt deshalb ebenfalls die Trägerelemente und das Transportgut am Fahrzeug ab, weshalb das betreffende Bauteil notwendiger Bestandteil des Stützrahmens ist. Die – als solche unbestrittene – Darstellung in Anlage K 19 führt damit zu der Feststellung, dass die Trägerelemente in der Transportstellung in derselben Ebene liegen wie der Stützrahmen.

IV.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob die Vermutung der Beklagten zutrifft, dass der Antragstellerin im vorangegangenen Löschungsverfahren eine Freilizenz am Gegenstand des Klagegebrauchsmusters eingeräumt worden ist. Selbst wenn dem so wäre, steht es dem Kläger frei, die Beklagte wegen der von ihr begangenen Gebrauchsmusterverletzung in Anspruch zu nehmen. Für einen irgendwie kartellrechtlich relevanten Behinderungstatbestand gibt das Vorbringen der Beklagten nicht das Geringste her.

V.

Unter den gegebenen Umständen sind die Beklagten, da sie das Klagegebrauchsmuster zumindest fahrlässig verletzt haben, im zuerkannten Umfang zum Schadenersatz und die Beklagte zu 1) außerdem zum Bereicherungsausgleich verpflichtet (§§ 24 Abs. 2, 24c GebrMG, §§ 812, 818 BGB). Da dem Kläger die genaue Anspruchshöhe mangels näherer Kenntnis vom Umfang der Benutzungshandlungen unbekannt ist, besteht ein hinreichendes Interesse daran, dass die Haftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO). Damit der Kläger in die Lage kommt, den ihm zustehenden Schadenersatz– und Bereicherungsanspruch zu beziffern, sind die Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet (§ 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB). Hinsichtlich der gewerblichen Abnehmer ist ihnen dabei kein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen, weil nichts dafür vorgetragen ist, dass ihnen deren Bekanntgabe ausnahmsweise unzumutbar ist (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger). Ohne dass dies eines besonderen Ausspruchs im Tenor bedurfte, beschränkt sich die Verpflichtung der Beklagten zur Rechnungslegung, zur Auskunft und zum Schadenersatz auf solche Benutzungshandlungen, die bis zum 30.09.2004 (dem Ablauf des Klagegebrauchsmusters) begangen worden sind. Für diejenigen schutzrechtsverletzenden Tragevorrichtungen, die bis zu diesem Zeitpunkt in dem Besitz oder in das Eigentum der Beklagten gelangt sind, ist auch der Vernichtungsanspruch gemäß § 24a GebrMG gerechtfertigt; er ist durch den Schutzrechtsablauf als solchen nicht in Wegfall geraten (vgl. Benkard, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 140a PatG Rn. 7; Busse, Patentgesetz, 6 .Aufl., § 140a PatG Rn. 9, 19).

Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich grundsätzlich aus dem als Anlage K 2 vorgelegten Lizenzvertrag, wonach ihm von der Schutzrechtsinhaberin eine ausschließliche Lizenz am Gegenstand des Klagegebrauchsmusters eingeräumt worden ist. Es kann dahinstehen, ob – wie die Beklagten einwenden – die Regelungen in § 2 Nr. 2 sowie § 16 kartellrechtswidrig sind. Selbst wenn dem so sein sollte, würde dies angesichts der in § 22 vorgesehenen salvatorischen Klausel nichts daran ändern, dass der Lizenzvertrag im Übrigen Bestand hätte. Ebenso ist es unschädlich, dass der Lizenzvertrag nach § 18 zum 16.09.2004 enden soll. Mit Rücksicht auf den Anmeldetag des Klagegebrauchsmusters (16.09.1994) war mit der genannten Regelung erkennbar beabsichtigt, den Lizenzvertrag für die maximale Schutzdauer des lizenzierten Gebrauchsmusters bestehen zu lassen. Bei Aufnahme des Datums “16.09.2004” in den Vertrag haben die Parteien erkennbar übersehen, dass ein Gebrauchsmuster – anders als ein Patent – erst 10 Jahre nach Ablauf des Monats endet, in den der Anmeldetag fällt. Der wirkliche Wille der Lizenzvertragsparteien ging deshalb dahin, den Lizenzvertrag erst mit Ablauf des 30.09.2004 – und nicht früher – auslaufen zu lassen. Andererseits sieht § 18 allerdings vor, dass der Vertrag mit seiner Unterzeichnung in Kraft tritt. Dem Kläger ist deshalb eine seine Aktivlegitimation begründende ausschließliche Lizenz erst mit Wirkung zum 18.06.1999 eingeräumt worden. Für die Zeit davor kann er deshalb mit seinen Klageansprüchen nicht durchdringen.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a, 92 Abs. 1 ZPO. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich, dass der von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärte Unterlassungsanspruch begründet war. Dies rechtfertigt es, den Beklagten insoweit die Kosten aufzuerlegen.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 108 ZPO. Eine Sicherheitsleistung kam dabei nur insoweit in Betracht, wie das Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, d.h. hinsichtlich des Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Vernichtungsanspruchs sowie der Kostenentscheidung.

VII.

Der Streitwertermäßigungsantrag des Klägers bleibt ohne Erfolg. Es ist nicht zu erkennen, dass die sich aus der geringen Kostenquote ergebende Belastung des Klägers dessen wirtschaftliche Lage erheblich gefährdet.

Dr. R1 Dr. R2 R3

Abzugrenzen von einer solchen –eine Kostenerstattungspflicht auslösenden- Abmahnung ist eine bloße Aufforderung, sich zu einer von dem Absender gemutmaßten Schutzrechtsverletzung zu äußern. Soll mit einem solchen Anschreiben an einen Wettbewerber lediglich ein Austausch initiiert werden, ob es sich bei dem beanstandeten Produkt um ein solches handelt, welches von dem beanspruchten Schutzrecht Gebrauch macht, so liegt hierin ein zulässiges geschäftliches Gebaren, welches keine Kostentragungspflicht für eine Rechtsverteidigung des Empfängers auslöst, auch dann, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Schutzrechtsverletzung nicht gegeben ist, sei es, weil die angebotenen Gegenstände dieses Schutzrecht nicht verletzen, sei es, wie vorliegend, dass sich herausstellt, dass Zweifel an dem Rechtsbestand des Schutzrechtes bestehen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze gilt für die streitgegenständlichen Schreiben das folgende: Die Beklagte hat die Firma H mit Schreiben vom 30.10.2000 zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme bis zum 04.11.2002 aufgefordert, da die Firma H durch die Verteilung von Kaminofenhandschuhen das diesbezügliche Schutzrecht der Beklagten verletze. Dieses Schreiben enthält schon nicht ein an die Firma H adressiertes eindeutiges Unterlassungsbegehren. Zwar ist die Ausdrucksweise und Wortwahl nicht unbedingt so, wie man es bei einer Berechtigungsanfrage erwarten würde, da hier vielmehr eine Verletzungshandlung als klar gegeben dargestellt wird. Das alleine könnte es rechtfertigen, das Schreiben als eine Abmahnung zu bewerten. Dieser Inhalt wird aber durch die letzte Zeile des Schreibens gerade entkräftet, als dort eine schriftliche Stellungnahme „gefordert„ wird. Es handelt sich hierbei nicht um die Abgabe einer Unterlassungserklärung o.ä.. Welchen Inhalt diese Stellungnahme haben kann – oder soll- ist völlig offen gelassen. Schließlich ist auch nicht die Androhung gerichtlicher Schritte enthalten für den Fall, dass die Firma H der „Forderung„ nicht Folge leistet.

Auch in Zusammenschau mit dem weiteren Schreiben der Beklagten vom 11.11.2002 ergibt sich nicht die Notwendigkeit, zur Rechtsverteidigung einen Rechts- oder Patentanwalt aufzusuchen, mit der Folge, dass die Beklagte dessen Kostennote zu ersetzen hätte. Denn auch in diesem Schreiben wird von der Firma H keine Unterlassung der Verteilung von Kaminofenhandschuhen verlangt. Die gesetzte „letzte Frist bis zum 15.11.2002„ bezieht sich eindeutig auf die Abgabe einer Stellungnahme (und nicht einer Unterlassungsverpflichtungserklärung). Zwar ist in diesem Schreiben nunmehr die Rede davon, dass ab diesem Zeitpunkt (15.11.2002) weitere Schritte gegen die Firma H vorgenommen werden sollen. Es ist aber für diese in keiner Weise erkennbar gewesen, welche Art von Schritten dies sein sollten. Keinesfalls musste es sich um die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe handeln. Mit den „weiteren Schritten“ konnte – was sogar noch näher lag – auch die Einschaltung eines Rechts- oder Patentanwalts gemeint sein, den die Beklagte bisher noch nicht hinzugezogen hatte. Es war von der Firma H in dieser Situation zu erwarten, dass sie einfach zuwartete, welche Schritte denn nun von der Beklagten ergriffen würden. Selbstverständlich stand es ihr auch frei, die Kläger aufzusuchen und diese um Rat zu fragen. Erforderlich ist dies für eine vernünftige und im Geschäftsleben erfahrene Person aber nicht gewesen, so dass hierfür ein Kostenersatz nicht verlangt werden kann.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.

Dr. R1 Dr. R2 R3