4c O 45/14 – Wandbefestigungssystem

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2403

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. April 2015, Az. 4c O 45/14

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Bausätze mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer versenkbaren Befestigungseinrichtung für dieses Objekt, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu diesen Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen, welche

ein Rohr, eine Spannhülse, ein Schraubelement und ein Vormontagegehäuse zum Herstellen eines Kontakts zwischen Spannhülse und Objekt umfassen, wobei im Gebrauchszustand

– das Rohr einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt für den Eingriff mit einem mit einem Gegengewinde versehenen Bolzen zum freitragenden Befestigen an einer Wand aufweist, wobei das Rohr in ein entsprechendes Durchgangsloch eines Teils des aufzuhängenden Objekts einzuführen ist,
– die Spannhülse so einsetzbar ist, dass sie das auf den Bolzen geschraubte Rohr bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils des aufzuhängenden Objekts umgibt,
– das Schraubenelement in ein radiales Durchgangsloch der Spannhülse eingreift und mit dem entsprechenden Ende auf eine geneigte Fläche einwirkt, die von einer entsprechenden radialen Vertiefung des Rohrs gebildet ist,

wobei das Anziehen des Schraubenelements durch das Vorhandensein der geneigten Fläche eine Zugwirkung auf das Rohr und eine Schubwirkung der Spannhülse in axialer Richtung bezüglich des Bolzens auf den Teil des aufzuhängenden Objekts hervorruft, um dieses gegen die Wand zu spannen;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 21. November 2009 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, chronologisch geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 21. November 2009 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage hin mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

4. nur die Beklagte zu 1): die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben, wobei ihr das Recht vorbehalten bleibt, die genannten Erzeugnisse selbst zu vernichten;

5. nur die Beklagte zu 1): die unter Ziffer I.1. beschriebenen, frühestens seit dem 21. November 2009 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1) oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatentes EP 1 338 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1) zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 21. November 2009 begangenen Handlungen bereits entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I.1., 4. und 5. in Höhe von insgesamt 450.000,- €, hinsichtlich der Tenors zu Ziffer I.2. und 3. in Höhe von 50.000,- sowie hinsichtlich der Kosten in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

TATBESTAND

Die Klägerin ist eingetragene und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des in deutscher Verfahrenssprache abgefassten europäischen Patents EP 1 338 XXX (Anlage K 1, im folgenden: Klagepatent) betreffend eine Befestigungsvorrichtung für wandhängende Objekte. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer italienischen Priorität (IT PD20020XXX) vom 26. Februar 2002 am 16. Januar 2003 angemeldet und die Anmeldung wurde am 27. August 2003 offen gelegt. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 21. Oktober 2009 veröffentlicht.

Nachdem die Beklagte zu 1) am 6. November 2014 die als Anlage M 1 vorgelegte Nichtigkeitsklage erhoben hat, macht die Klägerin den für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentanspruch 1 in folgender Fassung geltend, wobei die gegenüber dem erteilten Anspruch erfolgte Änderung durch Unterstreichung gekennzeichnet wird:

„Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer versenkbaren Befestigungseinrichtung für dieses Objekt, die ein Rohr, eine Spannhülse, ein Schraubelement und ein Vormontagegehäuse zum Herstellen eines Kontakts zwischen Spannhülse und Objekt umfasst, wobei im Gebrauchszustand

– das Rohr einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt für den Eingriff mit einem mit einem Gegengewinde versehenen Bolzen zum freitragenden Befestigen an einer Wand aufweist, wobei das Rohr in ein entsprechendes Durchgangsloch eines Teils des aufzuhängenden Objekts einzuführen ist,
– die Spannhülse so einsetzbar ist, dass sie das auf den Bolzen geschraubte Rohr bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils des aufzuhängenden Objekts umgibt,
– das Schraubenelement in ein radiales Durchgangsloch der Spannhülse eingreift und mit dem entsprechenden Ende auf eine geneigte Fläche einwirkt, die von einer entsprechenden radialen Vertiefung des Rohrs gebildet ist,

wobei das Anziehen des Schraubenelements durch das Vorhandensein der geneigten Fläche eine Zugwirkung auf das Rohr und eine Schubwirkung der Spannhülse in axialer Richtung bezüglich des Bolzens auf den Teil des aufzuhängenden Objekts hervorruft, um dieses gegen die Wand zu spannen.“

Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und zeigen erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele. Figuren 1 und 2 stellen perspektivische Außenansichten eines ersten Ausführungsbeispiels der Befestigungsvorrichtung nach der Erfindung im Einsatz und in der Phase der Befestigung dar, Figur 3 eine Explosionsdarstellung der Vorrichtung der Figur 1 und Figur 5 Schnittansichten der Vorrichtung der Figur 1 in jeweiligen Phasen der Befestigung.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, ist eine in A ansässige Gesellschaft, die Sanitärkeramiken, unter anderem Toilettenschüsseln samt zugehöriger Befestigungsvorrichtung, auf dem deutschen Markt vertreibt. Die Beklagte zu 1) hat in der Vergangenheit für ihre frei an der Wand hängenden Toilettenschüsseln Befestigungssysteme von der Klägerin bezogen. Ein Mitarbeiter der Klägerin bezog bei einer Abnehmerin der Beklagten, der B GmbH in C, ein „D“ mit zugehöriger Befestigungsvorrichtung (im Folgenden angegriffene Ausführungsform). Photographische Ablichtungen der angegriffenen Ausführungsform sind in der Klageschrift wiedergegeben, worauf Bezug genommen wird. Nachfolgend wiedergegeben ist eine photographische Ablichtung der aus mehreren Teilen bestehenden Befestigungsvorrichtung, welche als Muster als Anlage K 7 zur Gerichtsakte gereicht wurde.

Als Anlage K 8 überreichte die Klägerin eine Aufbauanleitung, worauf ebenfalls Bezug genommen wird.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletzte das Klagepatent wortsinngemäß. Das erfindungsgemäße Vormontagegehäuse setze keine bestimmte Ausgestaltung voraus, insbesondere sei dieses nicht auf eine Ausgestaltung mit einem becherförmigen Abschnitt und axial verlaufenden und auf Biegung elastisch verformbaren Flügeln, wie dies in der zeichnerischen Darstellung bevorzugter Ausführungsformen gezeigt werde, beschränkt. Das Vormontagegehäuse müsse lediglich dergestalt ausgebildet sein, dass ein Kontakt zwischen Hülse und Objekt herstellt werde und es mit den weiteren Bestandteilen der Befestigungseinrichtung sowie des Objektes zusammenwirken könne.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des den deutschen Teil DE 503 12 XXX.X des europäischen Patents EP 1 338 XXX B1 betreffenden Nichtigkeitsverfahren auszusetzen,

hilfsweise den Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden.

Die Beklagten sind der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei das Klagepatent auf eine Ausgestaltung des Vormontagegehäuses entsprechend der Beschreibung und der zeichnerischen Darstellung der bevorzugten Ausführungsform beschränkt. Denn der Fachmann entnehme der Beschreibung der Erfindung nach dem Klagepatent, dass die dem Vormontagegehäuse zugeordnete Funktion, einen Kontakt zwischen der Spannhülse und dem Objekt herzustellen, durch eine spezielle Gestaltung des Vormontagegehäuses vermittelt werde, wie dies in der Klagepatentschrift in der Beschreibung erläutert werde. Zum einen nehme der becherförmige Abschnitt die Hülse auf und bewirke damit einen mittelbaren Kontakt zwischen der Spannhülse und dem Objekt. Unter Aufnehmen sei aus Sicht des Fachmannes zu verstehen, dass das Vormontagegehäuse mit seinem becherförmigen Abschnitt die Hülse umschließe. Dies komme durch die gewählte Terminologie des „Gehäuses“ zum Ausdruck. Die Hülse werde also durch den becherförmigen Abschnitt umschlossen („eingehaust“). Ein entsprechendes Verständnis folge auch aus der Beschreibung des vom Klagepatent in Bezug genommenen Standes der Technik, der NL-A 940 10 71. So verweise das Klagepatent darauf, dass dort ein Bausatz offenbart sei, welcher ein Vormontageelement umfasse. In Abgrenzung von dem Vormontageelement des Standes der Technik sei die Lehre nach dem Klagepatent somit auf ein Vormontagegehäuse gerichtet, welches die Hülse aufnehme. Zum anderen würden die Enden der elastischen Flügel, welche durch die Bohrung des Objektes geschoben würden, in den Sitz eingreifen, welcher in dem Objekt geformt sei. Schließlich würden die Positionierungsflügel eine Vergrößerung des Umfangs des becherförmigen Abschnittes des Vormontagegehäuses bewirken und durch die erhöhte Reibung den Kontakt zwischen dem Vormontagegehäuse und dem Objekt verbessern. Aus fachmännischer Sicht stehe daher fest, dass die dem Vormontagegehäuse patentgemäß zugeordnete Funktion zwingend der beschriebenen Ausgestaltung bedürfe.
Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus unmittelbarer Patentverletzung zu, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre nach dem Klagepatent Gebrauch macht.

I.
Das Klagepatent betrifft einen Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungsvorrichtung für dieses Objekt.

Zum Hintergrund der Erfindung führt das Klagepatent aus, dass die wandhängende Aufhängung für Sanitärobjekte immer mehr geschätzt wird. Diese werden freitragend an der Wand befestigt, ohne dass auf dem Boden aufstehende Stützen oder Füße vorgesehen sind. Dies erlaubt ein größeres Maß an Hygiene, da sie dem Benutzer die Möglichkeit bieten, eine leichte Reinigung auch an den Stellen durchzuführen, die durch den Raumbedarf der herkömmlichen Sanitärobjekte nicht zugänglich sind. Überdies steht durch die Art der wandhängenden Sanitärobjekte mehr Platz im Badezimmer zur Verfügung. Zudem haben, so die Klagepatentschrift, die Sanitärobjekte der wandhängenden Ausführung normalerweise eine im Vergleich zu traditionellen Sanitärobjekten größere formale und ästhetische Klarheit.

Nachteilig ist indes die Wandbefestigung. Hierzu schildert das Klagepatent, dass im Stand der Technik Wandbefestigungssysteme vorgesehen sind, die normalerweise an seitlich voneinander abgewandten Stellen an dem Sanitärobjekt platziert sind, welches mittels geeigneter Bereiche vorbereitet sein muss, die so geformt sind, dass sie im wesentlichen Tragebügel mit Bohrlöchern zum Einführen der Bolzen der genannten Wandbefestigungssysteme bilden. Hieran schildert es das Klagepatent als nachteilig, dass eine derartige Anbringungsmethode der Sanitärobjekte die ästhetisch formale Klarheit des Sanitärobjekts stark beeinflusst, da sie die Befestigungspunkte sichtbar macht. Andere Befestigungsvorrichtungen sind in der NL-A 940 10 71, FR-A 262 35 75 und DE-U 2011 26 22 offenbart.

Die NL-A 940 10 71, auf welche das Klagepatent näheren Bezug nimmt, offenbart einen Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungseinrichtung für dieses Objekt, die ein Rohr, eine Spannhülse, ein Schraubelement und ein Vormontageelement zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse und Objekt umfasst, wobei im Gebrauchszustand das Rohr einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt für den Eingriff mit einem mit einem Gegengewinde versehenen Bolzen zum freitragenden Befestigen an einer Wand aufweist, wobei das Rohr in ein entsprechendes Durchgangsloch eines Teils des aufzuhängenden Objekts einzuführen ist und die Spannhülse so einsetzbar ist, dass sie das auf den Bolzen geschraubte Rohr bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils des aufzuhängenden Objekts durchquert.

Nachfolgend wiedergegeben ist Figur 2 der NL-A 940 10 71.

Das Klagepatent führt im Zusammenhang mit der NL-A 940 10 71 weiter aus, dass die Druckschrift zusätzlich beschreibe, dass das Anziehen des Schraubelements eine Zugwirkung auf das Rohr und eine Schubwirkung der Hülse in axialer Richtung auf den Teil des aufzuhängenden Objekts hervorruft.

Ausgehend von dem geschilderten Stand der Technik formuliert es das Klagepatent als Aufgabe (Absatz [0013] ff.), einen Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungseinrichtung für dieses Objekt zu schaffen, der eine einfache, sichere und vollständig versenkbare Befestigung dieses Objektes an der Wand ermöglicht. Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Vorrichtung anzugeben, die eine präzise, sichere Befestigung mit vereinfachter Montage und Demontage für den Benutzer ermöglicht. Schließlich sind weitere formulierte Ziele der Erfindung, eine Vorrichtung anzugeben, die besonders flexibel in der Anwendung, sowohl in Bezug auf die Art des Sanitärobjektes als auch in Bezug auf die Wand, an der sie eingesetzt wird, anzugeben, bei welcher auch die Kosten gegenüber denen für Befestigungen mit analoger Funktionalität jedenfalls wettbewerbsfähig sind. Letztlich soll auch eine Befestigungsvorrichtung angegeben werden, die mit bekannten Anlagen und Verfahren hergestellt werden kann.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem im Nichtigkeitsverfahren verteidigten Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt (17) und einer versenkbaren Befestigungseinrichtung (10) für dieses Objekt,

umfassend

2. ein Rohr (11),

3. eine Spannhülse (18),

4. ein Schraubelement (24) und

5. ein Vormontagegehäuse (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Spannhülse (18) und Objekt (17),

wobei im Gebrauchszustand

6. das Rohr (11) einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt (12)

7. für den Eingriff mit einem mit einem Gegengewinde versehenen Bolzen (13)

8. zum freitragenden Befestigen an einer Wand (14) aufweist, wobei

9. das Rohr (11) in ein entsprechendes Durchgangsloch (15) eines Teils (16) des aufzuhängenden Objekts einzuführen ist,

10. die Spannhülse (18) so einsetzbar ist, dass sie das auf den Bolzen (13) geschraubte Rohr (11) bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) umgibt,

11. das Schraubenelement (24) in ein radiales Durchgangsloch (25) der Spannhülse (189 eingreift

12. und mit dem entsprechenden Ende auf eine geneigte Fläche (27) einwirkt, die von einer entsprechenden radialen Vertiefung (28) des Rohrs (11) gebildet ist,

13. wobei das Anziehen des Schraubelements (24) durch das Vorhandensein der geneigten Fläche (27)

13.1 eine Zugwirkung auf das Rohr (11) und

13.2 eine Schubwirkung der Spannhülse (18) in axialer Richtung bezüglich des Bolzens (13)

auf den Teil des aufzuhängenden Objekts (17) hervorruft, um dieses gegen die Wand zu spannen.

II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Die Parteien streiten (zu Recht) ausschließlich über die Frage, ob die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 5 des Klagepatentanspruchs erfüllt, so dass sich Ausführungen der Kammer zu den weiteren Merkmalen erübrigen. Aber auch das zwischen den Parteien im Streit stehende Merkmal 5 wird durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.

Merkmal 5 besagt, dass der Bausatz ein Vormontagegehäuse zum Herstellen eines Kontakts zwischen Spannhülse und Objekt umfasst. Hierunter versteht das Klagepatent ein Vorrichtungsteil, welches zum Herstellen eines Kontaktes zwischen Spannhülse und Objekt geeignet sein muss. Desweiteren muss es, um mit den weiteren Bestandteilen des Bausatzes zusammenwirken zu können, in das Durchgangsloch (15) einführbar sein und geeignet sein, mit der Spannhülse (18) verbunden zu werden, um diese am Objekt (17) derart festzuhalten, dass der vormontierte Bausatz mit dem Vormontagegehäuse und der Spannhülse auf das Rohr (11), das auf den Bolzen geschraubt ist, aufgesetzt werden kann, und gemeinsam mit der Spannhülse das Rohr aufnehmen kann.

Weitere Voraussetzungen muss das Vormontagegehäuse anspruchsgemäß nicht erfüllen, insbesondere setzt Patentanspruch 1 nicht voraus, dass das Vormontagegehäuse über einen becherförmigen Abschnitt verfügt und axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel mit hakenförmigen Enden und mehrere Positionierungsflügel aufweist, wie dies die Beklagten vertreten. Entsprechende Anhaltspunkte können dem für die Auslegung maßgeblichen Patentanspruch 1 nicht entnommen werden. Dieser beschreibt das Vormontagegehäuse im Hinblick auf seine Funktion – zum Herstellen eines Kontakts zwischen Spannhülse und Objekt – sowie in Bezug auf das Zusammenspiel mit den weiteren Bestandteilen des Bausatzes. Eine konkrete räumlich-körperliche Ausgestaltung entsprechend dem Verständnis der Beklagten kann hierin nicht gesehen werden. Lediglich dann, wenn die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnung ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll, ist die technische Lehre einer Erfindung auf ein engeres Verständnis beschränkt (vgl. BGH GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Entsprechendes kann dem Klagepatentanspruch 1 unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnung sowie der technischen Funktion nicht entnommen werden. Die konkrete Ausgestaltung des Vormontagegehäuses überlässt der Anspruch vielmehr dem Fachmann.

So wird zwar in den Abs. [0024 f.] der Klagepatentschrift die in den Figuren zeichnerisch dargestellte Ausgestaltung u.a. des Vormontagegehäuses näher beschrieben. Es wird dort ausgeführt, dass das Vormontagegehäuse einen becherförmigen Abschnitt zum Aufnehmen der Hülse und mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel hat, die außerhalb des Rohrs in das Loch einführbar sind, bis ihre hakenförmigen Enden in einen Sitz eingreifen, der an der der Einführseite abgewandten Seite ausgebildet ist. Hierbei handelt es sich zunächst nur um die Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele, auf welche die Erfindung nach dem Klagepatent nicht beschränkt ist. Gerade der Umstand, dass diese besondere Ausgestaltung des Vormontagegehäuses mit einem becherförmigen Abschnitt und axial verlaufenden Flügeln sowie Positionierungsflügeln in den Unteransprüchen 2 und 3 unter Schutz gestellt wird, macht deutlich, dass das im Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vormontagegehäuse nicht auf diese konkrete Ausgestaltung beschränkt ist.

Ein anderes Verständnis folgt auch nicht aus dem in Bezug genommenen Stand der Technik, insbesondere der NL-A 940 10 71. Diese offenbart zwar nach den eigenen Angaben der Klagepatentschrift ein Vormontageelement. Dabei soll es sich, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, um das mit dem Bezugszeichen 16 versehene Vorrichtungsteil handeln. Hierbei handelt es sich, wie der Zeichnung und der als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung genommenen deutschen Übersetzung entnommen werden kann, um eine Unterlegscheibe. Insoweit ist nicht zu erkennen, dass das im Stand der Technik beschriebene Vormontageelement, welches durch eine Unterlegscheibe gebildet wird, zu einem Verständnis im Hinblick auf das erfindungsgemäße Vormontagegehäuse zwingt, welches einen becherförmigen Abschnitt, axial biegsame Flügel und Positionierungsflügel aufweisen muss.

Für ein entsprechend weiteres Verständnis, wie dies die Formulierung des Patentanspruches 1 nahelegt, spricht auch die gebotene technisch-funktionale Betrachtung. Das Klagepatent hat sich verschiedene Aufgaben gestellt. Dazu gehören die einfache, sichere und vollständig versenkbare Befestigung des Objekts an der Wand, eine präzise und sichere Befestigung mit vereinfachter Montage, Flexibilität in der Anwendung bei wettbewerbsfähigen Kosten. Zur Lösung dieser Aufgabe wird eine technische Lehre offenbart, nach der ein solcher Bausatz aus einem Objekt, einem Rohr, einer Spannhülse, einem Schraubelement und einem Vormontagegehäuse bestehen soll. Hierfür ist das Vorhandensein eines becherförmigen Abschnitts sowie von Flügeln nicht erforderlich. Mittels des Vormontagegehäuses soll lediglich der Kontakt zwischen Spannhülse und Objekt hergestellt werden. Ob dies dahingehend erfolgt, dass das Vormontagegehäuse die Spannhülse umschließt oder umgekehrt, lässt der Anspruch ebenso wie die konkrete Ausgestaltung des Vormontagegehäuses offen. Es muss lediglich gewährleistet sein, dass ein Kontakt zwischen Spannhülse und Objekt hergestellt werden kann, so dass das Vormontagegehäuse die Spannhülse am Sanitärobjekt vor dessen Endmontage provisorisch festlegt, um eine vereinfachte Montage zu erreichen. Hierfür sind weder eine becherförmige Ausgestaltung noch axial verformbare Flügel und Positionierungsflügel vonnöten. Denn ein fester Sitz des Vormontagegehäuses am Objekt, um einen entsprechenden Kontakt zwischen Spannhülse und Objekt zu gewährleisten, kann auch durch anderweitige Maßnahmen, die in das Belieben des Fachmannes gestellt sind, bewerkstelligt werden.

Soweit die Beklagten zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht weiterhin darauf verweisen, dass die Formulierung „Gehäuse“ ein Umschließen („einhausen“) der Spannhülse durch das Vormontagegehäuse begründe, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg. Denn die Ansicht der Beklagten beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf eine rein philologische Betrachtung des Begriffs „Gehäuse“ und lässt das gebotene technische funktionale Verständnis außer Acht. So mag zwar ein Umschließen der Spannhülse durch das Vormontagegehäuse in Einzelfällen erforderlich sein, nämlich um zu vermeiden, dass Metallgegenstände mit der Keramik unmittelbar in Kontakt treten. Denn liegt Metall unter Druckbeanspruchung auf Keramik an, besteht die Gefahr der Beschädigung. Dies kann ausgeschlossen werden, indem die Mantelfläche des aus Kunststoff gefertigten Vormontagegehäuses das Rohr komplett umschließt. Entsprechendes gilt, wenn die Spannhülse aus Metall gefertigt wird, wie dies in den Abs. [0024] und [0025] der Klagepatentschrift beschrieben ist. Ist indes die Spannhülse aus Kunststoff gefertigt, bedarf es eines Umschließens der Hülse durch das Vormontagegehäuse nicht, da insoweit nicht die Gefahr der Beschädigung der Keramik besteht. Ein Gehäuse stellt das Vormontagegehäuse vielmehr insoweit dar, als es das Rohr umschließt und damit aufnimmt.

Legt man vorstehend beschriebenes Verständnis des Begriffs Vormontagegehäuse zugrunde, macht der angegriffene Bausatz nebst WC von der Lehre nach dem Klagepatent unmittelbaren Gebrauch. Denn das im Tatbestand wiedergegebene und in der Klageschrift auf Seite 23 oben bildlich wiedergegebene graue Gehäuse bildet (ggfs. in Verbindung mit einem Zwischenring) ein Vormontagegehäuse nach der Lehre des Klagepatentes aus. Es stellt einen Kontakt zwischen der Spannhülse und der Toilettenschüssel her. Ohne dieses Vorrichtungsteil würde die Spannhülse, die das Schraubenelement aufnimmt und das Rohr festhält, herunterfallen. Um die Spannhülse in der Position zu halten, in der die endgültige Montage erfolgt, wird zunächst das Vormontagegehäuse in das Durchgangsloch in der Rückwand der Toilettenschüssel eingeschoben und von der anderen Seite die Spannhülse aufgeschraubt. Wenn das Vormontagegehäuse durch das Durchgangsloch der Toilettenschüssel gesteckt und sodann die Spannhülse an der Innenwand des Teils, die das Durchgangsloch abschließt, anliegt, hat das Vormontagegehäuse den Kontakt zwischen Spannhülse und Objekt hergestellt. In diesem vormontierten Zustand kann das Rohr 1 durch das Vormontagegehäuse bis in die Spannhülse geschoben und dann mit dem Schraubenelement festgezogen werden.

III.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich nachfolgende Rechtsfolgen:

Da die Beklagten das Klagepatent widerrechtlich benutzt haben, sind sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet.
Die Beklagten trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Die Beklagte zu 1) als Fachunternehmen und der Beklagte zu 2) als deren Geschäftsführer hätten bei Anwendung der von ihnen im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Erteilung des Klagepatents schulden die Beklagten daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.
Da die genaue Schadensersatzhöhe sowie die Höhe der angemessenen Entschädigung derzeit noch nicht feststehen, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagten hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz und die ihr zustehende angemessene Entschädigung zu beziffern, sind die Beklagten verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen.
Schließlich ist die Beklagte zu 1) nach Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 1 und 3 PatG in der zuerkannten Weise zur Vernichtung und zum Rückruf der das Klagepatent verletzenden Gegenstände verpflichtet.

IV.
Eine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung über die von der Beklagten zu 1) erhobene Nichtigkeitsklage besteht nicht.
Nach Auffassung der Kammern (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung, BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und den Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; GRUR 2014, 1237 ff. – Kurznachrichten) bestätigt wurde, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen.

Die Entscheidung des für die Entscheidung über den Verletzungsvorwurf zuständigen Gerichts über eine (hilfsweise) beantragte Aussetzung des Verletzungsverfahrens bis zu einer Entscheidung im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren ist deshalb eine Prognoseentscheidung. Das zur Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung berufene Organ, das im Gegensatz zum Verletzungsgericht technisch fachkundig besetzt ist, ist nicht an eine Einschätzung des Verletzungsgerichts zum Rechtsbestand des Klagepatents gebunden. Indes muss, soll dem vor dem oder parallel zum Verletzungsprozess erhobenen Einspruch bzw. der entsprechenden Nichtigkeitsklage nicht regelmäßig eine hemmende Wirkung zukommen, das Verletzungsgericht die gegen den Rechtsbestand des Klagepatents vorgebrachten Entgegenhaltungen darauf prüfen, ob sie – allein aus der Perspektive des Verletzungsgerichts – einen Widerruf bzw. eine Vernichtung des Klagepatents hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen. Ist dies nicht der Fall, so verdient das Interesse des Patentinhabers an einer alsbaldigen Durchsetzung seiner – zeitlich ohnehin begrenzten – Rechte aus dem Patent den Vorrang vor dem Interesse der Gegenpartei, nicht aus einem Patent verurteilt zu werden, das sich möglicherweise später als nicht rechtsbeständig erweist. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatentes wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der ihm am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

In Anwendung dieser Grundsätze ist eine Aussetzung des Rechtsstreits, wie von den Beklagten beantragt, nicht geboten. Es erscheint nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Rechtsbestand des Klagepatentes vor dem Hintergrund der erhobenen Einwendungen verneint wird.

1.
Dass das Klagepatent mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf Grund des Einwandes der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Ans. 1 Nr. 4 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 c) EPÜ) widerrufen wird, vermag die Kammer nicht festzustellen.

Die Beklagten machen in diesem Zusammenhang geltend, dass die Aufnahme der Formulierung „ein Vormontagegehäuse zum Herstellen eines Kontakts zwischen Spannhülse und Objekt“ eine unzulässige Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Offenbarung der Offenlegungsschrift EP 1 338 XXX A1 (Anlage M 2) beinhalte. Das Vormontagegehäuse sei in der veröffentlichten Anmeldung in dem abhängigen Anspruch 2 sowie in den Absätzen [0022] und [0023] beschrieben und in diesem Zusammenhang stets mit einer bestimmten räumlich-körperlichen Ausgestaltung, nämlich mit einem becherförmigen Abschnitt zum Aufnehmen der Hülse, mehreren auseinandergehenden, vorwiegend axial verlaufenden und auf Biegung elastisch verformbaren Flügeln und mehreren Positionierungsflügeln.

Dass die Aufnahme des Begriffs des Vormontagegehäuses ohne die näher beschriebene räumlich-körperliche Ausgestaltung eine unzulässige Erweiterung beinhaltet, kann nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind zur Vermeidung einer unbilligen Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehaltes seiner Patentanmeldung auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zulässig (GRUR 2014, 970, 971 – Stent; GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal). Danach reicht es aus, wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist, wobei es gerade nicht erforderlich ist, dass der Gegenstand der beanspruchten Erfindung in der Ursprungsanmeldung identisch offenbart ist (BGH, a.a.O. – Kommunikationskanal). Vielmehr kommt es darauf an, welche allgemeine technische Lehre der Fachmann zur Lösung des geschilderten technischen Problems dem Ursprungsdokument entnehmen kann. Ist ein im Ursprungsdokument geschildertes spezielles Merkmal für den Fachmann zur Lösung des geschilderten Problems durch die beanspruchte Lehre nicht in seiner speziellen Ausgestaltung erforderlich, dann kann dieses Merkmal im Rahmen des Erteilungsverfahrens noch verallgemeinert werden. Denn dann ist dem Fachmann erkennbar, dass das spezielle Mittel aus dem Ursprungsdokument nur beispielhaften Charakter hat, was auch auf den vorliegenden Fall zutreffen dürfte.

Wie bereits im Rahmen der Auslegung des Merkmals 5 erläutert, ist das Vormontagegehäuse für die vereinfachte Montage einer komplett versenkbaren Befestigungsvorrichtung für ein wandhängendes Objekt erfindungswesentlich. Dieses Vormontagegehäuse war jedoch im ursprünglichen unabhängigen Anspruch 1 der Ursprungsanmeldung nicht enthalten. Dieses Merkmal war erkennbar erfindungswesentlich, weil die vereinfachte Montage der komplett versenkbaren Vorrichtung nur mit Hilfe eines solchen Vormontagegehäuses verwirklicht werden kann. Das Vormontagegehäuse war auch nicht auf die besondere Ausgestaltung – becherförmiger Abschnitt und elastisch verformbare Flügel – beschränkt. In Bezug auf die Positionierungsflügel wird das insoweit deutlich, als diese in einem gesonderten Unteranspruch 3 unter Schutz gestellt wurden. Im Hinblick auf den becherförmigen Abschnitt sowie die elastisch verformbaren Flügel ist für den Fachmann erkennbar, dass diese für die Funktion des Vormontagegehäuses nicht wesentlich sind und auch durch andere Ausgestaltungen verwirklicht werden können.

Der weitere Einwand der Beklagten, das Fehlen des Wortes „versenkbar“ wird durch die von der Klägerin im Nichtigkeitsverfahren (und auch im hiesigen Verletzungsverfahren) vorgenommene Änderung des Patentanspruches 1 obsolet.

2.
Es kann überdies nicht festgestellt werden, dass das Klagepatent mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wegen Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit vernichtet wird.

Die Beklagten tragen insoweit vor, dass die in dem Gebrauchsmuster DE 79 10 XXX U1 (= D1, Anlage M 3, nachfolgend D1) offenbarte Lehre, deren Figur 3 nachfolgend wiedergegeben wird,

mit dem Wissen des Fachmannes der erfinderischen Tätigkeit der Erfindung nach dem Klagepatent entgegen stehe.

Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Zwar bildet die D1 grundsätzlich Stand der Technik, auch wenn diese in ihren Zeichnungen einen Bausatz für eine Regalaufhängung offenbart, da das Klagepatent nicht auf Sanitärobjekte beschränkt ist, sondern generell Bausätze mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungseinrichtung für dieses Objekt offenbart. Dass die D1 jedoch ein Vormontagegehäuse offenbart, ist nicht zu erkennen. Die Beklagten meinen insoweit, dass die Öffnung des Regalbrettes 24 das Vormontagegehäuse, mithin das Objekt selbst das Vormontagegehäuse ausbilden könne. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn das Klagepatent offenbart einen Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungseinrichtung, welche die in den Merkmalen 2 bis 5 beschriebenen Vorrichtungsbestandteile, u.a. ein Vormontagegehäuse umfasst. Das Klagepatent setzt mithin voraus, dass das Vormontagegehäuse Bestandteil der Befestigungseinrichtung ist, mit welcher das Objekt an einer Wand aufgehängt wird. Die Befestigungseinrichtung ist mithin von dem aufzuhängenden Objekt zu unterscheiden. Es ist daher nicht zu erkennen, dass das Vormontagegehäuse auch von dem an einer Wand aufzuhängenden Objekt selbst gebildet werden kann. Denn das Vormontagegehäuse vermittelt nach dem Merkmal 5 erst den Kontakt zwischen der Spannhülse und dem Objekt. Würde das Objekt selbst das Vormontagegehäuse bilden, wäre das erfindungsgemäß vorgesehene Vormontagegehäuse obsolet.
Insoweit ist daher nicht zu erkennen, dass der Fachmann ausgehend von der D1 mit seinem Wissen zur Lehre nach der Erfindung nach dem Klagepatent gelangen würde. Denn insoweit müsste er ausgehend von der D1 zunächst erkennen, dass die Öffnung im Regalbrett nicht ausreichend ist und vielmehr ein separates Vormontagegehäuse entwickeln. Darüber hinaus müsste er veranlasst sein, das offenbarte Außengewinde zu einem im Merkmal 6 vorgesehenen Innengewinde umzuwandeln. Eine Anregung hierfür ist nicht zu erkennen.

Insoweit ist daher auch nicht ersichtlich, dass die D1 in Verbindung mit der US 2 442 XXX (= D4, Anlage M 6) und der EP 0 485 XXX A1 (= D5, Anlage M 7), welche jeweils ein Innengewinde offenbaren, der Lehre nach dem Klagepatent entgegenstehen, da die D1 bereits kein Vormontagegehäuse offenbart.

Auch die weiteren, von den Beklagten vorgetragenen Kombinationen der DE 198 09 XXX A1 (= D2, Anlage M 5) mit der US 2 442 XXX (= D4, Anlage M 6) und der EP 0 485 XXX A1 (= D5, Anlage M 7) stehen der erfinderischen Tätigkeit der Lehre nach dem Klagepatent nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit entgegen.

Die D2, deren Figur 1 nachfolgend wiedergegeben wird,

offenbart einen Bausatz zur Befestigung von wandhängenden Sanitärobjekten. Nicht offenbart werden nach Ansicht der Beklagten die Merkmale 6 und 7 sowie das radiale Durchgangsloch des Merkmals 11 und das Merkmal 12. Diese sollen durch die D4 und D5 offenbart werden.
Es ist bereits nicht zu erkennen, aus welchem Grund eine Kombination mit der D4 naheliegend sein soll, deren Gegenstand ein Befestigungselement zum Verbinden der Enden von Bausteinen, Gipskarton und anderen Baueinheiten betrifft. Überdies weist die Befestigungseinrichtung der D4 kein Rohr mit einem mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt auf. Das Vorrichtungsteil 9 der D4, welches ein Innengewinde aufweist, bildet kein Rohr aus. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Fachmann ausgehend von der D2, welche mit der Bezugsziffer 2 einen Tragbolzen offenbart, welcher nach Ansicht der Beklagten ein Rohr im Sinne des Merkmals 2 ausbildet, nunmehr mit einem Innengewinde versehen werden sollte, wie dies das Vorrichtungsteil 9 der D4 aufweist. Eine Anregung hierfür ist nicht zu erkennen. Desweiteren wird ein aufzuhängendes Objekt nicht offenbart. Eine Kombination der beiden Druckschriften führt mithin nicht zu einer Offenbarung sämtlicher Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatentes. Überdies ist nicht zu erkennen, welche Anregung ein Fachmann hätte, die beiden Druckschriften miteinander zu kombinieren.
Die D5 zeigt zwar in Figur 1 mit einem Waschbecken ein wandhängendes Sanitärobjekt. Der Bausatz bezieht sich indes auf eine Verbindung der Enden von Rohrstücken eines Handlaufs, eines Griffs, eines Handtuchhalters oder eines Gestells und zum Befestigen der Enden der Rohrstücke an einer Wand. Die Entgegenhaltung offenbart kein Rohr mit einem mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt. Es ist daher nicht ersichtlich, aus welchem Grund ein Fachmann bei derartigen Rohrverbindungen zu einer Kombination mit der D2 gelangen könnte.
Allein das Wissen des Fachmannes, dass ein Außengewinde auch zu einem Innengewinde „umgekehrt“ werden kann, bedingt eine solche Offenbarung noch nicht. Denn für den Fachmann muss ein entsprechender Anlass bestanden haben. Jedenfalls finden sich noch vernünftige Argumente für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit.

Auch soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass die Lehre nach dem Klagepatent auf Grundlage der NL 940 10 71 (Anlage K 3) in Verbindung mit dem Wissen des Fachmannes naheliegend sei, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Dem steht bereits der formale Grund entgegen, dass es sich bei der NL 940 10 71 um im Erteilungsverfahren gewürdigten Stand der Technik handelt. Aber auch nach Auffassung der Beklagten werden die Merkmale 5, 11 und 12 nicht offenbart. Insoweit ist nicht zu erkennen, welchen Anlass ein Fachmann gehabt haben soll, um ausgehend von der NL 940 10 71 mit seinem Wissen zu der Erfindung nach dem Klagepatent zu gelangen.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO war den Beklagten nicht einzuräumen, da die entsprechenden Voraussetzungen weder dargetan noch glaubhaft gemacht worden sind.

Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.