4c O 62/14 – Lampenverpackung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2429

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. Juni 2015, Az. 4c O 62/14

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

TATBESTAND

Die Klägerin ist ein deutsches Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Leuchten, insbesondere Taschenlampen, beschäftigt. Sie ist eingetragene und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des in deutscher Verfahrenssprache abgefassten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 992 XXX B1 (Anlage K 2, im Folgenden: „Klagepatent“) betreffend die Verpackung oder den Träger für eine Lampe.
Das Klagepatent nimmt Prioritäten der DE 202004005XXX vom 5. April 2004, der DE 202004015XXX vom 13. Oktober 2004 und der DE 202004017XXX vom 12. November 2004 in Anspruch und wurde am 17. März 2005 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 19. November 2008, die Erteilung des Klagepatents wurde am 26. August 2009 bekanntgemacht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.
Der von der Klägerin im Rechtsstreit geltend gemachte Anspruch 1 lautet:
„Verpackung oder Träger mit einer Aufnahmetasche oder einem Befestigungsmittel für eine Lampe, insbesondere eine batteriebetriebene Taschenlampe mit einem Druckschalter zum Ein- und Ausschalten der Lampe, der über einen ersten Einschubweg zu einem Kontaktschluss in einem geschlossenen Stromkreis bewegbar ist und der erst bei weiterem Einschieben einrastet und den Kontaktschluss fixiert und bei nochmaligem Drücken den Kontaktschluss unterbricht, gekennzeichnet durch ein Zug- oder Druckelement, das zur Bewegung des Druckschalters über den ersten Einschubweg extern betätigbar ist, wobei das Druckelement ein einarmiger Hebel mit einem Anlenkpunkt an der Lampe oder an der Verpackung oder dem Träger ist.“
Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und zeigen erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele.
Die Beklagte ist eine direkte Wettbewerberin der Klägerin. Sie stellt her und vertreibt die ausschnittsweise in Anlage K 6 fotographisch dargestellte und im Original als Anlage K 5 zu den Akten gereichte Taschenlampenverpackung mit der Bezeichnung „A“ (im Folgenden „angegriffene Ausführungsform“). Die angegriffene Ausführungsform besteht aus einer dreiteiligen Blisterverpackung (Ober- und Unterteil sowie Umverpackung, in die aufeinandergelegtes Ober- und Unterteil eingeschoben werden) aus durchsichtigem Plastik. In dem Unterteil der Verpackung sind mehrere Ausnehmungen vorgesehen, u.a. eine Ausnehmung, in welche die Taschenlampe eingefügt werden kann. Im Bereich vor dem Druckschalter der in der Ausnehmung des Unterteils eingelegten Taschenlampe liegt in horizontaler Richtung eine kreisrunde Plastikscheibe, die einen größeren Durchmesser als der Druckschalter aufweist, an. Unmittelbar vor der Plastikscheibe und dem Druckschalter ist in vertikaler Richtung ein im Querschnitt kreuzförmiger, aus vier zusammengesteckten, länglichen Plastikstreifen gleicher Abmessung gebildeter Stößel angeordnet. Bei geschlossener Verpackung, die am Ende des Stößels einen ovalen Bereich mit der Kennzeichnung „Push“ aufweist, kann durch Drücken auf das Ende des Stößels der Druckschalter der in der Verpackung befindlichen Taschenlampe in der Weise betätigt werden, dass dieser gedrückt wird, aber nicht einrastet.
Ein Anlage K 6 entnommenes Foto, das einen Teil der angegriffenen Ausführungsform zeigt, wird nachfolgend wiedergegeben:
Die Klägerin richtete mit Schreiben ihrer Patentanwälte vom 2. Juni 2014 (Anlage K 7) wegen des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte eine Berechtigungsanfrage an die Beklagte. Nachdem die Beklagte über ihre anwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom 16. Juni 2014 (Anlage K 8) mitteilen ließ, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht, ließ die Klägerin die Beklagte mit Schreiben ihrer Patentanwälte vom 30. Juni 2014 (Anlage K 9) abmahnen und fruchtlos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auffordern. Für die Abmahnung sind der Klägerin unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 80.000,00 € Kosten in Form einer patentanwaltlichen Geschäftsgebühr in Höhe von 1.752,90 € entstanden.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletzte Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber äquivalent. Unter einem Hebel im Sinne des Klagepatentanspruchs könne auch eine Stange, die keine rotatorische Bewegung ausführe, zum Beispiel ein Schaft oder Stiel, verstanden werden. Der Schutzbereich des Klagepatents umfasse jede Art von Druckelement, das bei seiner Betätigung zu einem kurzzeitigen Einschalten der in der Verpackung befindlichen Taschenlampe führe, ohne dass hierbei der Druckschalter der Lampe zum Einrasten gebracht werde, und das beim Lösen des Druckelements zu einem Erlöschen der Lampe führe. Jedenfalls liege eine äquivalente Patentverletzung vor, weil der bei der angegriffenen Ausführungsform als Druckelement verwendete Stab mit einer darunterliegenden Plastikscheibe für den Fachmann eine naheliegende, gleichwirkende und gleichwertige technische Lösung zu dem in Patentanspruch 1 genannten „einarmigen Hebel“ darstelle.

Nachdem die Klägerin zunächst eine wortsinngemäße und äquivalente Verletzung in einem gemeinsamen Antrag im gesamten europäischen Geltungsbereich des Klagepatents geltend gemacht und eine Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für den Zeitraum ab dem 26. September 2009 verlangt hat, beantragt sie nunmehr,
I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft im Hinblick auf die Beklagte an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

a) in der Bundesrepublik Deutschland Verpackungen oder Träger mit einer Aufnahmetasche oder einem Befestigungsmittel für eine Lampe, insbesondere eine batteriebetriebene Taschenlampe, mit einem Druckschalter zum Ein- und Ausschalten der Lampe herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

der über einen ersten Einschubweg zu einem Kontaktschluss in einem geschlossenen Stromkreis bewegbar ist und der erst bei weiterem Einschieben einrastet und den Kontaktschluss fixiert und beim nochmaligen Drücken den Kontaktschluss unterbricht, bei denen, wie nachstehend wiedergegeben

ein Zug- oder Druckelement vorhanden ist, das zur Bewegung des Druckschalters über den ersten Einschubweg extern betätigbar ist, wobei das Druckelement ein einarmiger Hebel mit einem Anlenkpunkt an der Lampe oder an der Verpackung oder dem Träger ist,

b) h i l f s w e i s e

in der Bundesrepublik Deutschland Verpackungen oder Träger mit einer Aufnahmetasche oder einem Befestigungsmittel für eine Lampe, insbesondere eine batteriebetriebene Taschenlampe, mit einem Druckschalter zum Ein- und Ausschalten der Lampe herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, der über einen ersten Einschubweg zu einem Kontaktschluss in einem geschlossenen Stromkreis bewegbar ist und der erst bei weiterem Einschieben einrastet und den Kontaktschluss fixiert und beim nochmaligen Drücken den Kontaktschluss unterbricht, bei denen, wie nachstehend wiedergegeben,

ein aus vier länglichen durchsichtigen Plastikstreifen gebildetes, im Querschnitt kreuzförmiges und damit versteiftes Druckelement (Stößel) vorhanden ist, das zur Bewegung des Druckschalters mittels einer zwischen Stößel und Druckschalter angeordneten kreisrunden Scheibe einen größeren Durchmesser als der Druckschalter aufweist, so dass der Druckschalter nicht durch das Druckelement in die Einraststellung gedrückt werden kann;

2. der Klägerin für die Zeit ab dem 19. Dezember 2008 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unten vorstehend zu Ziffer I 1 beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften des Lieferanten, und/oder anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber,

3. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I 1 bezeichneten und seit dem 26. September 2009 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der Belege, insbesondere unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei
der Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben betreffend vorstehend a) und b) durch Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einen geeigneten Zugang dazu,
hilfsweise: durch Übermittlung von Belegen (Rechnungen und Lieferscheinen, jeweils in Kopie) nachzuweisen ist,
4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse entsprechend vorstehend I 1 an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zweck der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben,

5. Erzeugnisse entsprechend vorstehend I 1 zurückzurufen und/oder sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen,

6. an die Klägerin den Betrag von 1.752,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

II. festzustellen,

1. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I 1 bezeichneten und in der Zeit vom 19.12.2008 bis zum 26.09.2009 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I 1 bezeichneten und seit dem 27.09.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform Anspruch 1 des Klagepatents weder wortsinngemäß, noch mit äquivalenten Mitteln verwirkliche. Die angegriffene Ausführungsform nehme von der patentgemäßen Lehre bewusst Abstand und verfüge nicht über einen extern betätigbaren, einarmigen Hebel im Sinne des geltend gemachten Anspruch 1 des Klagepatents. Zum einen sei die Bewegungsrichtung des Druckelements bei der angegriffenen Ausführungsform eine völlig andere als die eines Hebels, da nicht rotatorisch, sondern translatorisch mittels eines Stößels auf den Druckschalter eingewirkt werde. Ferner sei der Stößel nicht extern betätigbar, weil er nicht außerhalb der Verpackung angeordnet sei. Auch eine äquivalente Verletzung liege nicht vor. Denn es sei nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann bei der Lektüre des Klagepatents auf den Gedanken gekommen sein soll, das Druckelement zum Testen der Funktionsfähigkeit der Lampe so auszuführen und anzuordnen, wie dies bei der angegriffenen Ausführungsform geschehen sei. Schließlich erhebt die Beklagte den sog. Formstein-Einwand und trägt vor, dass die angegriffene Ausführungsform mit der Gesamtheit ihrer Merkmale bereits aus dem für das Klagepatent maßgeblichen Stand der Technik im Prioritätstag des Klagepatents, insbesondere der US-Anmeldung US A1 2002/0038772 (Anlage B 7) vorbekannt sei bzw. sich zumindest aus diesem Stand der Technik naheliegend ergebe.

Die Klägerin tritt diesem Einwand entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl. 89 f d.A.) Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Erstattung von Abmahnkosten sowie Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht gegen die Beklagte nicht zu.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäß, noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Verpackung oder den Träger für eine Lampe.
Zunächst führt das Klagepatent allgemein einleitend aus, dass sämtliche über den gewerblichen Handel vertriebene Produkte – von Ausnahmefällen abgesehen – zum Schutz vor Schäden beim Transport und/oder zur Lagerung eine Verpackung benötigen. Dabei sei das Bedürfnis, die Verpackung diebstahlsicher auszugestalten umso größer, je kleiner die betreffenden Handelsprodukte seien. Eine diebstahlsichere Ausgestaltung der Verpackung setze voraus, dass die verpackten Teile einerseits nicht ohne weiteres aus der Verpackung bzw. von dem Träger entnommen werden können, andererseits die Größe der Verpackung ein unauffälliges Einstecken der Verpackung mit Inhalt so weit wie möglich verhindere. Zudem könne in einer solchen Verpackung oder auf der Verpackungsaußenseite der vorhandene Platz für Informationen über das Produkt, den Hersteller etc. genutzt werden. Verpackungen, die die vorgenannten Eigenschaften erfüllen, seien als sogenannte Blister-Verpackungen nach dem Stand der Technik bekannt. Solche Blister-Verpackungen bestehen im Regelfall aus einem oder zwei Plastikteilen, der bzw. die jeweils eine das Produkt umfassende Blase aufweist bzw. aufweisen. Bei Verwendung einer Klarsichtfolie können diese Teile auch an einem Kartonblatt (sog. Sichtkarte) befestigt sein, die nicht selten mit einem Schlitz oder einer sonstigen Durchtrennung versehen werden, die die Aufhängung an einem vorstehenden Stab eines Verkaufsständers erleichtern soll.
Bei Verpackungen von batteriebetriebenen Lampen, insbesondere Taschenlampen, ergebe sich – so das Klagepatent – die Besonderheit, dass bei einer Verpackung, soweit sie wie zuvor beschrieben diebstahlsicher ausgeführt ist, eine Funktionsprüfung der Lampe erst nach einem Aufbrechen der Verpackung möglich ist. Da Geschäfte häufig darauf bestünden, dass das Aufbrechen von Verpackungen zum Kauf verpflichte, könne dies unter Umständen Käufer daran hindern, ein betreffendes Produkt auszuwählen, da sie die Umtauschprozedur scheuten. Bei Taschenlampen mit Leuchtdioden (LED) könne, je nach gewählter Leuchtdiode, das emittierte Licht blau, orange, rot oder auch weiß sein, was für den Käufer den Anreiz erhöhe, vor dem Kauf der Lampe die Leuchtfarbe anzuschauen. Zudem sei für die Kaufentscheidung neben der Farbe die Helligkeit der Taschenlampe sowie der Abstrahlwinkel von Bedeutung. Schließlich sei für eine Kaufentscheidung neben der Funktionsprüfung die optische Aufmachung der Verpackung und/oder Sichtkarte mitbestimmend. Insbesondere dann, wenn die Produkte wie Miniatur-Taschenlampen der Wettbewerber relativ ähnlich und mit vergleichbaren Ausstattungen versehen sind, spielten zusätzliche Verkaufsanreize eine erhebliche Rolle.
Das Klagepatent beschreibt sodann eine Reihe aus dem Stand der Technik vorbekannter Verpackungen für Taschenlampen.
In der US 2002/00387722 A1 werde eine Blister-Verpackung beschrieben, bei der in der Verpackung eine Ausnehmung vorgesehen ist, durch die der Schalter des verpackten elektrischen Geräts direkt bedient werden kann. Die EP 0 325 122 A1 sieht eine Verpackungsanordnung als Verkaufshilfe für Stabtaschenlampen vor, die nach Art eines Blisters aus zwei dem Lampenkopf angepassten Halbschalen aus durchsichtigem Material besteht, die über einen zwischengeklemmten bedruckbaren Papieraufhänger miteinander verknüpft sind und aus der Verpackung wieder gelöst werden können. Dadurch ist das Einsetzen einer teuren Birne (z.B. Halogenlichtbirne) sowie der Batterien auch nach dem Verkauf möglich, ohne dass der Käufer auf eine unzerstörte Verpackung verzichten muss. Die Bedienungsknöpfe der Lampe liegen frei und können vom Käufer ausprobiert werden. Die US 4,046,251 offenbart eine Produktverpackung (z.B. für Taschenlampen) mit einer rechteckigen Grundfläche, in die eine Öffnung eingelassen ist, die der Kontur des zu verpackenden Produkts angepasst ist. Geschlossen wird die Verpackung mittels eines Deckels, der einen Kragen aufweist, so dass die Taschenlampe teilweise freiliegend fixiert in der Verpackung gelagert ist. In der US 6,311, 839 B1 wird eine Verpackung für einen Stift mit integrierter Leuchtvorrichtung vorgeschlagen, wobei der Druckknopf, der an dem oberen Ende des Stiftes angeordnet ist, nicht von der Verpackung umschlossen ist. Durch die Aussparung in der Verpackung ist es dem Käufer im Laden möglich, die Funktion des Stiftes zu testen, ohne den Stift dabei aus der Verpackung zu nehmen. Die US 5,188,222 beschreibt eine Verpackung für elektrische Geräte, die einen Mechanismus zum Ein- und Ausschalten des verpackten Geräts aufweist. Der Mechanismus verfügt über einen Hebel, der von außen ins Innere der Verpackung ragt. Über einen weiteren winklig ausgebildeten Hebel kann das Gerät ein- und ausgeschaltet werden. Eine weitere Verpackung wird in der US 5,718,335 vorgeschlagen, bei der die Verpackung insbesondere für Figuren geeignet ist. Diese stehen auf einem Drehteller, der über ein aus zwei Zahnrädern bestehendes Getriebe gedreht werden kann. Eines der Zahnräder kann durch eine Öffnung im hinteren Teil der Verpackung gedreht werden, so dass die Figur von allen Seiten aus betrachtet werden kann. Schließlich wird eine Verpackung für elektrische Funktionsgruppen, insbesondere eine akustische Signaleinrichtung in der DE 298 01 014 U1 vorgeschlagen. Diese sieht eine außerhalb der Verpackung betätigbare Einrichtung zur Betätigung der verpackten elektrischen Funktionsgruppe vor, wozu die Verpackung eine Einrichtung zur Versorgung der Funktionsgruppe mit elektrischer Energie aufweist.
Vor dem geschilderten technischen Hintergrund bezeichnet es das Klagepatent als seine technische Aufgabe (Abs. [0014]), eine Verpackung und/oder sog. Sichtkarte für Taschenlampen gegenüber dem Stand der Technik dahingehend zu verbessern, dass eine Möglichkeit geschaffen wird, die Funktion der Lampe zu überprüfen, ohne die Verpackung zu beschädigen.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verpackung oder Träger

2. mit einer Aufnahmetasche oder einem Befestigungsmittel für eine Lampe, insbesondere eine batteriebetriebene Taschenlampe

3. mit einem Druckschalter zum Ein- und Ausschalten der Lampe, der über einen ersten Einschubweg zu einem Kontaktschluss in einem geschlossenen Stromkreis bewegbar ist und der erst bei weiterem Einschieben einrastet und den Kontaktschluss fixiert und bei nochmaligem Drücken den Kontaktschluss unterbricht, wobei

4. ein Zug- oder Druckelement vorgesehen ist, das zur Bewegung des Druckschalters über den ersten Einschubweg extern betätigbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass
5. das Druckelement ein einarmiger Hebel mit einem Anlenkpunkt an der Lampe oder an der Verpackung oder dem Träger ist.

II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Anspruch 1 des Klagepatents nicht wortsinngemäß.
Zwischen den Parteien steht – zu Recht – alleine die Verwirklichung der Merkmale 4 und 5 im Streit.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht jedenfalls die technische Lehre des Klagepatents gemäß Merkmal 5 nicht wortsinngemäß. Sie verfügt nicht über einen einarmigen Hebel als Druckelement mit einem Anlenkpunkt an der Lampe oder an der Verpackung oder dem Träger.

1.
Merkmal 5 des Anspruchs 1 des Klagepatents sieht vor, dass das in Merkmal 4 näher beschriebene Druckelement ein einarmiger Hebel mit einem Anlenkpunkt an der Lampe oder an der Verpackung oder dem Träger ist. Dies bedeutet, dass als Druckelement ein drehbar gelagerter Stab mit einem Anlenkpunkt an der Lampe oder an der Verpackung oder dem Träger vorhanden sein muss, der zur Kraftübertragung dient.
Dieses Verständnis ergibt sich für den Fachmann aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 des Klagepatents, der gem. Art. 69 Abs. 1 EPÜ den Schutzbereich des Patents bestimmt.
Das Klagepatent verwendet in seinem Anspruch 1 den Begriff „einarmiger Hebel“, ohne dass dieser Begriff in den Ansprüchen selbst oder in der Beschreibung näher definiert oder erläutert wird. Nach dem allgemeinen technischen Verständnis, das der Fachmann mangels einer Begriffsbestimmung durch das Klagepatent selbst zugrunde legt, handelt es sich bei einem Hebel um einen starren, stabförmigen Körper, der an einem Angelpunkt drehbar befestigt ist und der Kraftübertragung dient. Kennzeichnend für den Hebel ist insoweit seine rotatorische Bewegung zur Kraftübertragung.
Dieses Verständnis wird gestützt durch die im Klagepatent in den Figuren 1-3 gezeigten bevorzugten Ausführungsbeispiele, die mit der Bezugsziffer „213“ einen Hebel im vorgenannten Sinne zeigen, der in Abs. [0024] der Beschreibung auch als „Hebel“ bezeichnet wird, während der mit der Bezugsziffer „223“ in Figur 5 gezeigte Stab bzw. die Stange als „Druckstab“ bezeichnet wird (Abs. [0027]). Der unterschiedlichen Begriffsbezeichnung von „Hebel“ und „Druckstange“ entnimmt der Fachmann, dass das Klagepatent einen „Hebel“ nicht mit einem „Druckstab“ gleich- setzt, sondern hierunter sich in technischer Hinsicht unterscheidende (Bau-)Teile versteht.
Die vertretene Auslegung steht überdies auch im Einklang mit dem Wortlaut von Unteranspruch 3 des Klagepatents. Unteranspruch 3, der auf Anspruch 1 rückbezogen ist, stellt u.a. einen Hebel unter Schutz, der eine besondere Ausgestaltung aufweist, bei der das zweite Ende des Hebels mit einer Zug- oder Druckstange verbunden ist. Da das Klagepatent somit innerhalb desselben Anspruchs zwei verschiedene Begriffe für ein stabförmiges Teil verwendet, erkennt der Fachmann, dass es sich bei „Druckstange“ und „Hebel“ um voneinander abweichende Teile handelt, da es ansonsten einer derartigen begrifflichen Differenzierung nicht bedürfte.
Dem dargelegten Verständnis steht auch nicht Abs. [0021] der Klagepatentschrift entgegen, in dem ein Druckelement in Form einer nach außen führenden Stange, die auf eine Blattfeder einwirkt, die an dem Druckschalter anliegt, als Ausführungsvariante beschrieben wird. Denn das Klagepatent bezeichnet ein solches Druckelement ausdrücklich als „Stange“ – und nicht als „Hebel“, so dass für den Fachmann aufgrund der unterschiedlichen Begriffswahl im Klagepatent wiederum deutlich ist, dass es sich bei dem beschriebenen Druckelement gerade nicht um einen Hebel im Sinne von Anspruch 1 handeln soll.
Gegen die dargelegte Auslegung spricht auch nicht die Tatsache, dass das Klagepatent in Abs. [0030] vorsieht, dass im Rahmen der Erfindung nach dem Klagepatent auch andere Druckelemente verwendet werden können, die unmittelbar auf den Druckschalter einwirken. Diese Beschreibungsstelle ist nicht dahingehend zu verstehen, dass erfindungsgemäß ein jedes Druckelement verwendet werden kann, solange es den erfindungsgemäßen Zweck erfüllt, auch wenn es keinen einarmigen Hebel im Sinne des Anspruchs 1 des Klagepatents darstellt. Denn die Beschreibung ist im Einklang mit dem den Schutzbereich vorrangig bestimmenden Anspruchswortlaut von Anspruch 1 auszulegen, der als Druckelement spezifisch einen einarmigen Hebel vorsieht und damit eine räumlich-körperliche Vorgabe trifft. Bei einem solch räumlich-körperlich definierten Merkmal darf die gebotene funktionale Betrachtung nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal zu eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung steht (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185 – WC-Sitzgelenk; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Februar 2013 – I-2 U 58/11), mag es auch vorliegend aus technischer Sicht ohne größere Bedeutung sein, ob ein Hebel im hier dargelegten Sinne oder ein anders gestaltetes Druckelement die Aufgabe erfüllt, kurzzeitig auf den Druckschalter der Taschenlampe einzuwirken, ohne dass dieser dabei vollständig einrastet.
Schließlich steht dem hier vertretenen Verständnis von Merkmal 5 auch nicht Unteranspruch 3 entgegen. Unteranspruch 3 sieht vor, dass das erste Ende des Hebels an der Lampe oder an der Verpackung oder dem Träger befestigt ist, das mittlere Teil des Hebels über den Druckschalter geführt ist und das zweite Ende mit einem Zugmittel, wie einer Kordel oder einer Zugstange oder einer Druckstange, verbunden, ist, die nach außen geführt und somit extern betätigbar ist, oder dass das Druckelement eine nach außen führende Stange umfasst, die auf eine Blattfeder einwirkt, die an dem Druckschalter anliegt. Im Einklang mit dem dargelegten Verständnis von Merkmal 5 des Anspruchs 1 bedeutet dies, dass der in Anspruch 1 beschriebene einarmige Hebel die in Unteranspruch 3 genannten körperlichen Teile – Zugmittel oder (Druck-)Stange – zusätzlich umfasst, nicht hingegen, dass der in Anspruch 1 beschriebene einarmige Hebel durch ein anderes Druckelement ersetzt werden kann, weil ansonsten der Rückbezug auf Anspruch 1 leer liefe.

2.
Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 5 nicht. Denn die angegriffene Ausführungsformen verfügt nicht über eine an einem Anlenkpunkt befestigbare Stange, die mittels rotatorischer Bewegung Kraft überträgt, sondern über einen aus einzelnen Plastikteilchen zusammengesetzten Stab (Stößel), dem ein kreisrundes Plastikplättchen vorgelagert ist und der mittels linearer Bewegung Kraft auf den Druckschalter der Taschenlampe ausüben kann.

III.
Die angegriffene Ausführungsform stellt auch keine äquivalente Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents dar.

1.
Unter dem Gesichtspunkt der patentrechtlichen Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart im Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit; zu allen Voraussetzungen: BGH GRUR 2002, 511 (512) – Kunststoffrohrteil; BGH GRUR 2002, 515 (518) – Schneidmesser I; BGH GRUR 2002, 519 (521) – Schneidmesser II; BGH GRUR 2002, 527 (529) – Custodiol II; BGH GRUR 2007, 410 (415 f.) – Kettenradanordnung; BGH GRUR 2004, 758 (760) – Flügelradzähler; BGH GRUR 2007, 959 (961) – Pumpeinrichtung; BGH GRUR 2007, 1059 (1063) – Zerfallszeitmessgerät; BGH GRUR 2012, 45 – Diglycidverbindung).

Für eine Gleichwertigkeit ist erforderlich, dass die Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass er die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine dieser technischen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH, GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2013 – 2 U 29/12 – WC-Sitzgelenk m. w. N.; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rn. 75 m. w. N.; Rinken/ Kühnen in: Schulte, PatG, 9. Aufl., § 14 Rn. 65 m. w. N.). Für diese Gleichwertigkeit genügt es nicht, wenn der Fachmann aufgrund seines Fachwissens die abgewandelte Lehre als technisch sinnvoll und in gleicher Weise zielführend wie die im Patentanspruch formulierte Lehre erkennt. Vielmehr müssen sich, da der Patentinhaber an die technische Lehre gebunden ist, die er unter Schutz hat stellen lassen (BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil), die Überlegungen des Fachmannes am Patentanspruch orientieren. Dieser ist in allen seinen Merkmalen nicht nur Ausgangspunkt, sondern maßgebliche Grundlage für die Überlegungen des Fachmanns (BGH, GRUR 1989, 205 – Schwermetalloxidationskatalysator; BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I). Die technische Lehre des Patents ist dabei von ihm als sinnhaft hinzunehmen und darf bei der Suche nach einem gleichwirkenden Ersatzmittel in ihrer sachlichen Berechtigung nicht infrage gestellt werden. Zudem muss die angegriffene Ausführungsform in ihrer für die Merkmalsverwirklichung relevanten Gesamtheit – und nicht nur isoliert bezogen auf das abgewandelte Mittel – eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH, GRUR 2007, 959 – Pumpeneinrichtung).

Eine Benutzung mit äquivalenten Mitteln liegt nach diesen Grundsätzen vor, wenn der Patentanspruch und die zu seiner Auslegung heranzuziehende Beschreibung erkennen lassen, dass auch im Anspruch nicht ausdrücklich genannte Mittel in den Schutzbereich einbezogen werden sollen. Dies kann etwa bei einer erkennbar unvollständigen Formulierung des Anspruchs zu bejahen sein. Hingegen kommt eine äquivalente Benutzung nicht in Betracht, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang des Anspruchs ergibt, dass mit der Anspruchsformulierung eine bewusste Beschränkung auf ein bestimmtes Lösungsmittel vorgenommen werden soll. Hat sich der Anspruch in diesem Sinne nach Auslegung durch die Beschreibung auf eine bestimmte konkret umschriebene Lösung festgelegt, so liefe eine Abweichung von diesen Vorgaben darauf hinaus, die technische Lehre des Schutzrechts zu ändern. Das widerspricht jedoch dem auch im Rahmen der äquivalenten Benutzung geltenden Grundsatz, dass die im Wortsinn des Patentanspruches beschriebene technische Lehre als sinnhaft hingenommen werden muss (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.09.2013 – 2 U 26/13; Kühnen, aaO, Rn. 97). Offenbart die Beschreibung mehrere Möglichkeiten, wie eine bestimmte technische Wirkung herbeigeführt werden kann, ist jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden, begründet die Benutzung eine der übrigen Möglichkeiten regelmäßig keine Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln (OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2015 – 2 U 16/14).

2.
Dies zugrunde gelegt, zieht der Fachmann auf Grundlage der technischen Lehre des Klagepatents eine Verwendung eines starren Stabes (Stößels) als auf den Druckschalter der Taschenlampe einwirkendes Druckelement als gleichwertige Lösung nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die objektive Gleichwirkung und das Naheliegen des Austauschmittels (Stößel) zu bejahen ist. Denn es fehlt jedenfalls an der Gleichwertigkeit.

Die Klagepatentschrift leitet den Fachmann nicht zu einem eventuell gleichwirkenden Ersatzmittel in Form eines „Stößels“ als Druckelement, das auf den Druckschalter der in der Verpackung befindlichen Taschenlampe einwirkt. Im Anspruchswortlaut – der für die Bestimmung des Schutzbereichs entscheidend ist und insoweit Vorrang vor der Beschreibung hat (vgl. BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung) legt sich das Klagepatent auf einen „einarmigen Hebel“ als Druckelement fest. Die Klagepatentschrift führt in ihrer Beschreibung (Abs. [0030]) aus, dass auch andere Druckelemente verwendet werden können, die unmittelbar auf den Druckschalter einwirken, solange Vorsorge getroffen werde, dass der Druckschalter nicht in die Einraststellung gedrückt werde. Das Klagepatent beschreibt zudem im Rahmen der Darstellung bevorzugter Ausführungsbeispiele verschiedenste Druck- und Zugelemente, die auf den Druckschalter der Lampe einwirken, so z.B. eine Kordel (Abs. [0019] und Figur 4). Als weitere Ausführungsvariante wird in Abs. [0021] zudem auch als Druckelement eine nach außen führende Stange, die auf eine Blattfelder einwirkt, genannt, wobei die Feder an dem Druckschalter anliegt.

Bei sinnvollem Verständnis wird der Fachmann der Klagepatentschrift als Ganzes die Botschaft entnehmen, dass sich die Erfindung erfolgreich mit verschiedensten Druckelementen (oder sogar Zugelementen) durchführen lässt. Der Beschreibungstext belegt somit, dass die Anmelderin erkannt hat, dass die Erfindung nicht nur mit einem einzelnen, ganz bestimmten, sondern prinzipiell verschiedenen Druck- und Zugelementen, die auf den Druckschalter der Taschenlampen soweit einwirken, dass das Lämpchen der Lampe aufleuchtet, der Druckschalter der Taschenlampe jedoch nicht einrastet, erfolgreich umgesetzt werden kann (vgl. Urteil des OLG Düsseldorf vom 5. März 2015, Az. 2 U 16/14). In den Patentanspruch 1 aufgenommen ist – im klaren Gegensatz zum Inhalt des allgemeinen Beschreibungstextes – dagegen lediglich ein spezifisches Druckelement, nämlich ein einarmiger Hebel. Dem entnimmt der Fachmann, dass das Klagepatent eine ganze Reihe verschiedener Druck- und Zugelemente als gleichwirkend zur Erreichung des mit dem Klagepatents verfolgten technischen Zweck ansehen mag, diese aber bewusst nicht in den Schutzbereich aufnehmen wollte, sondern eben nur das Druckelement „einarmiger Hebel“. Hierdurch kann der Fachmann erkennen, dass das Klagepatent eine bewusste Entscheidung für ein bestimmtes Druckelement – den einarmigen Hebel – getroffen und somit eine bewusste Beschränkung vorgenommen hat. Die Gleichwertigkeit anderer Druckelemente – z.B. eines Stößels, wie bei der angegriffenen Ausführungsform – kann der Fachmann der Klagepatentschrift deshalb nicht entnehmen.

Sofern der Fachmann die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Lösung – Stößel aus Plastik in Kombination mit runder, auf dem Druckschalter aufliegenden, einen größeren Durchmesser als der Druckschalter aufweisende, Plastikscheibe – und das in der Beschreibung des Klagepatents genannte Druckelement „Stange mit Blattfeder“ nicht als gleichartig ansieht und das bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Druckelement somit ggf. als nicht der Beschränkung unterfallend erachtet, stellt die angegriffene Ausführungsform dennoch kein gleichwertiges Austauschmittel zur Verfügung. Bei einem „dritten“ – in der Beschreibung nicht genannten – Austauschmittel kann eine äquivalente Benutzung grundsätzlich in Frage kommen, wenn sich – erstens – die abgewandelte Lösung in ihren spezifischen Wirkungen mit der im Patent unter Schutz gestellten Lösung deckt („Gleichheit im Positiven“) und wenn sie sich – zweitens – in ähnlicher Weise wie die wortsinngemäße Lösung von der nur in der Beschreibung, nicht aber im Patentanspruch aufgezeigten Lösungsvariante unterscheidet („Gleichheit im Negativen“). Das dritte Lösungsmittel muss somit, um äquivalent zu sein, näher bei dem wortsinngemäßen Lösungsmittel des Patentanspruchs als bei dem Ersatzmittel des Beschreibungstextes stehen (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage 2014, Rdnr. 131). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der bei der angegriffenen Ausführungsform vorgesehene Stößel mit der davor liegenden Plastikscheibe dient, ebenso wie die in der Beschreibung des Klagepatents erwähnte Stange mit Blattfeder, der linearen Kraftübertragung auf den Druckschalter, während der im Anspruchswortlaut genannte „Hebel“ gerade durch eine rotatorische Bewegung und Kraftübertragung ausgerichtet ist. Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform steht somit näher bei dem im Beschreibungstext genannten Druckmittel „Stange mit Blattfeder“ als bei dem vom Anspruch geschützten einarmigen Hebel.

Schließlich kann auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit vorliegend keine äquivalente Verletzung angenommen werden. Mit dem Gebot der Rechtssicherheit soll erreicht werden, dass der Schutzbereich eines Patents für Außenstehende hinreichend sicher vorhersehbar ist; sie sollen sich darauf verlassen können, dass der im Patent unter Schutz gestellte Gegenstand mit den Merkmalen des Patentanspruchs vollständig umschrieben ist (BGH GRUR 1992, 594, 596 – Mechanische Betätigungsvorrichtung). Dies hat für den vorliegenden Sachverhalt zur Konsequenz, dass die Klägerin nicht ihren Wettbewerbern die Aufgabe und das Risiko übertragen kann, den Schutzbereich des Klagepatents zutreffend zu umreißen. Wenn die Klägerin es nicht unternommen hat, ihr Patentbegehren auf jede Form des Druckelements zu richten und stattdessen lediglich ein einziges, ganz bestimmtes Druckelement – den einarmigen Hebel – in den Patentanspruch aufgenommen hat, so ist es nicht Sache des Konkurrenten, sich Gedanken darüber zu machen, ob und welche anderen Druckelemente sonst noch vom Patentschutz erfasst sein könnten. Die Klägerin, die ausweislich des allgemeinen Beschreibungstextes die Tauglichkeit anderer Druckelemente gesehen und erfasst hat, muss sich vielmehr daran festhalten lassen, dass jeder Dritte im seinem Vertrauen darauf geschützt wird, dass der Schutzbereich des Patents mit demjenigen, was Inhalt des Patentanspruchs geworden ist, abgesteckt ist (vgl. Urteil des OLG Düsseldorf vom 5. März 2015, Az. 2 U 16/14).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 80.000,00 € festgesetzt. Der klägerischen Wertangabe kommt im gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht indizielle Bedeutung zu, weil der Kläger, zumal wenn er die Angabe, wie vorliegend, bei Klageerhebung macht, erstens am besten in der Lage ist, sein für den Streitwert maßgebliches Angriffsinteresse zu bestimmen, und weil er zweitens bei einer anfänglichen Angabe diese ohne Kenntnis von den Erfolgschancen seiner Rechtsverfolgung machen wird (Büttner, in: Ahrens, Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 40 Rdn. 27f.).