4c O 71/14 – Ionenstrahlbearbeitung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2431

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. Juli 2015, Az. 4c O 71/14

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 EUR festgesetzt.

TATBESTAND

Die Klägerin ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 1 680 XXX B 1 betreffend ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Ionenstrahlbearbeitung von Oberflächen (im Folgenden: Klagepatent). Anmelderin und eingetragene Inhaberin des Klagepatents war zunächst die Klägerin. Im Anschluss hieran erfolgte ein Inhaberwechsel auf die A & B C GmbH mit Umschreibung im Patentregister am 20.12.2010. Am 08.08.2013 verschmolz die C GmbH mit der Klägerin (AG E HRB 19213, lfd. Nr. 33). Der Umschreibungsantrag ist zum Patentregister gestellt worden.

Die zugrunde liegende Anmeldung des Klagepatentes erfolgte am 29.10.2004 unter Inanspruchnahme einer Priorität der DE 10351XXX vom 31.10.2003. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 19.07.2006 bekannt gemacht. Die Veröffentlichung und Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 02.12.2009. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft. Die Beklagte zu 1. erhob mit Schriftsatz vom 30.01.2015 Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht, über die derzeit noch nicht entschieden ist.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Ionenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates. Weiterhin hat das Klagepatent eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens zum Gegenstand.

Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentansprüche 1, 2 und 5 haben folgenden Wortlaut:

1. Verfahren zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates, bei dem das Substrat gegenüber einem lonenstrahl, der von einer lonenstrahlquelle erzeugt wird, positioniert wird, und das bekannte Eigenschaftsmuster der Oberfläche des Substrates durch den lonenstrahl partiell derart bearbeitet wird, dass ein neues technologisch definiertes Eigenschaftsmuster ausgebildet wird, dadurch gekennzeichnet, dass

– die Strahlcharakteristik des lonenstrahls
– zur Erzeugung eines geometrischen Wirkungsmusters auf der Oberfläche (15) des Substrates (8)
– durch Veränderung der Ionenbeschleunigung, der lonenenergieverteilung, der lonenstromdichte, der lonendichteverteilung
– und/oder durch Pulsung des lonenstrahls derart verändert wird,
– dass in Abhängigkeit des bekannten Eigenschaftsmusters
– und in Abhängigkeit des Verfahrensfortschrittes
– das neue technologisch definierte Eigenschaftsmuster eingestellt wird, wobei das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des lonenstrahls auf der Oberfläche (15) des Substrates (8) vor und/oder während des Verfahrensablaufes mittels eines lonensondenarrays (9), welches in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche (15) des Substrates (8) angeordnet ist, gemessen wird.

2. Verfahren zur Ionenstrahlbearbeitung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Substrat (8) und die lonenstrahlquelle (1) zueinander rotieren und/oder gleichförmig oder ungleichförmig linear, kreisförmig oder in einer technologisch vorgegebenen Richtung bewegt werden.

5. Vorrichtung zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates nach einem Verfahren der Ansprüche 2 bis 4, beinhaltend

– innerhalb einer Vakuumkammer einen Substratträger zur Halterung mindestens eines Substrates (8),
– der in einer Y-Achse (4) und einer X-Achse (6) bewegt werden kann und
– eine lonenstrahlquelle (1), die in der Wand der Vakuumkammer derart gehaltert ist,
– dass die Achse eines lonenstrahls von der lonenstrahlquelle (1) senkrecht zur zu bearbeitenden Oberfläche (15) des Substrates (8) in der Z-Achse (11) steht,
– oder in einer zur Z-Achse geneigten Achse angeordnet werden kann,
– wobei der Abstand der lonenstrahlquelle (1) von der zu bearbeitenden Oberfläche (15) des Substrates (8) fest oder veränderlich sein kann, und
– dass die lonenstrahlquelle aus mindestens zwei einzelnen lonenstrahlquellen gebildet ist,
– deren einzelne lonenstrahlen auf der Oberfläche des Substrates ein gemeinsames aktuelles geometrisches Wirkungsmuster des lonenstrahls ausbilden,
und einem lonensondenarray (9), welches in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche (15) des Substrates (8) [angeordnet ist],
mit dem das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des Ionen strahls auf der Oberfläche (15) des Substrates (8) vor und/oder während des Verfahrensablaufes gemessen werden kann.

Die nachfolgend wiedergegebenen (verkleinerten) Zeichnungen veranschaulichen den Gegenstand der Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen. Die Zeichnung zeigt in den Figuren 1a und 1b ein Substrat mit einer Beschichtung, wobei Figur 1a die Beschichtung vor und Figur 1b nach einer Ionenstrahlbearbeitung zeigt. Figur 2 zeigt eine Vorrichtung zur Ionenstrahlbearbeitung des Substrates nach Figur 1a und 1b.

Die Klägerin wurde 1990 als A & B D GmbH gegründet und 2001 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Ein wichtiger Geschäftsbereich der Klägerin liegt in der Plasma- und Ionenstrahltechnologie. Die Klägerin entwickelt und bietet in diesem Bereich Technologien für die Beschichtung, Strukturierung und Bearbeitung von Oberflächen mit Hilfe von Plasma- und Ionenstrahlsystemen an. Die Anlagensysteme kommen vorwiegend in der Halbleiterindustrie, der Präzisionsoptik und Sensoren-Fertigung sowie Laboranwendungen zum Einsatz.

Die Beklagte zu 1. wurde im Jahre 2013 gegründet und ist – wie die Klägerin – im Bereich der Ionenstrahltechnologie tätig. Das Unternehmen der Beklagten zu 1. wurde von zwei früheren leitenden Angestellten der Klägerin gegründet, darunter dem Beklagten zu 2., der nunmehr als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. fungiert. Die Beklagte zu 1. stellt in ihrem Werk in E Ionenstrahltrimmer her, die diese auch in Deutschland bewirbt. Unter der beispielhaft genannten Produktbezeichnung „F 200“ (nachfolfgend: angegriffene Ausführungsform) vertreibt die Beklagte zu 1. Anlagen, die mittels Ionenstrahltrimmer ultrapräzise Korrekturen der Schichtdecken bei der Bearbeitung eines Substrates vornehmen können. Diese bewirbt sie, wie aus den Anlagen K 9a und K 9b ersichtlich.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre der Klagepatentansprüche 1, 2 und 5 wortsinngemäßen, hilfsweise äquivalenten Gebrauch.
Sie trägt vor, dass unter einer Ionenstrahlquelle im Sinne des Klagepatentes die gesamte Einrichtung bestehend aus Plasmaquelle und hintereinander geschalteten Extraktionsgittern zu verstehen sei, die in der Wand der Vakuumkammer gehaltert werde. Die Ionenstrahlquelle, welche wiederum aus mindestens zwei einzelnen Ionenstrahlquellen bestehen solle, sei hiervon zu unterscheiden. Diese könne von dem einzelnen Loch eines Extraktionsgitters gebildet werden, so dass auch Breitstrahl-Ionenquellen unter den Anspruch fallen würden, da diese über ein Gitter oder eine Lochmaske verfügen würden. Durch die Fokussierung der aus den Löchern austretenden Strahlen entstehe dann ein „Gesamt-Ionenstrahl“. Das Vorhandensein mehrerer Feinstrahl-Ionenquellen setze das Klagepatent indes nicht voraus.
Weiterhin genüge es, wenn die Bestimmung des geometrischen Wirkungsmusters funktional in der Bearbeitungsebene erfolge. Eine exakte Anordnung in der Ebene sei daher nicht erforderlich. Jedenfalls liege insoweit eine äquivalente Verletzung vor, da eine Verschiebung der Ebene um 10 mm nach hinten objektiv gleichwirkend, naheliegend und gleichwertig sei.
Überdies sei es für eine Verletzung des Klagepatents ausreichend, dass vor Beginn der Bearbeitung der Ionenstrahl gemessen und – soweit notwendig – nachreguliert werden könne. Darüber hinaus werde mit der Werbung der Beklagten mit einer einstellbaren Spotgröße ausgesagt, dass die Strahlcharakteristik veränderbar ist.

Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2015 den Antrag auf Vernichtung im Hinblick auf den Beklagten zu 2. mit Zustimmung zurückgenommen hat, beantragt die Klägerin nunmehr,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1., nämlich dem Beklagten zu 2., zu vollstrecken ist, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,

Vorrichtungen zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates beinhaltend

– innerhalb einer Vakuumkammer einen Substratträger zur Halterung mindestens eines Substrates,
– der in einer Y-Achse und einer X-Achse bewegt werden kann und
– eine lonenstrahlquelle, die in der Wand der Vakuumkammer derart gehaltert ist,
– dass die Achse eines lonenstrahls von der lonenstrahlquelle, senkrecht zur zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates in der Z-Achse steht,
– oder in einer zur Z-Achse geneigten Achse angeordnet werden kann,
– wobei der Abstand der lonenstrahlquelle von der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates fest oder veränderlich sein kann, und
– dass die lonenstrahlquelle aus mindestens zwei einzelnen lonenstrahlquellen gebildet ist,
– deren einzelne lonenstrahlen auf der Oberfläche des Substrates ein gemeinsames aktuelles geometrisches Wirkungsmuster des lonenstrahls ausbilden,
– und einem lonensondenarray, welches in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates angeordnet ist,
– mit dem das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des Ionenstrahls auf der Oberfläche des Substrates vor und/oder während des Verfahrensablaufes gemessen werden kann,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

die geeignet sind für ein Verfahren zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates, bei dem das Substrat gegenüber einem lonenstrahl, der von einer lonenstrahlquelle erzeugt wird, positioniert wird, und das bekannte Eigenschaftsmuster der Oberfläche des Substrates durch den lonenstrahl partiell derart bearbeitet wird, dass ein neues technologisch definiertes Eigenschaftsmuster ausgebildet wird,

bei dem die Strahlcharakteristik des lonenstrahls zur Erzeugung eines geometrischen Wirkungsmusters auf der Oberfläche des Substrates durch Veränderung der Ionenbeschleunigung, der lonenenergieverteilung, der lonenstromdichte, der lonendichteverteilung und/oder durch Pulsung des lonenstrahls derart verändert wird, dass in Abhängigkeit des bekannten Eigenschaftsmusters und in Abhängigkeit des Verfahrensfortschrittes das neue technologisch definierte Eigenschaftsmuster eingestellt wird, wobei das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des lonenstrahls auf der Oberfläche des Substrates vor und/oder während des Verfahrensablaufes mittels eines lonensondenarrays, welches in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates angeordnet ist, gemessen wird,

und das Substrat und die lonenstrahlquelle zueinander rotieren und/oder gleichförmig oder ungleichförmig linear, kreisförmig oder in einer technologisch vorgegebenen Richtung bewegt werden;

hilfsweise (im Hinblick auf eine äquivalente Verletzung),

die Beklagten zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1., nämlich dem Beklagten zu 2., zu vollstrecken ist, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,

Vorrichtungen zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates beinhaltend

– innerhalb einer Vakuumkammer einen Substratträger zur Halterung mindestens eines Substrates,
– der in einer Y-Achse und einer X-Achse bewegt werden kann und
– eine lonenstrahlquelle, die in der Wand der Vakuumkammer derart gehaltert ist,
– dass die Achse eines lonenstrahls von der lonenstrahlquelle, senkrecht zur zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates in der Z-Achse steht,
– oder in einer zur Z-Achse geneigten Achse angeordnet werden kann,
– wobei der Abstand der lonenstrahlquelle von der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates fest oder veränderlich sein kann, und
– dass die lonenstrahlquelle aus mindestens zwei einzelnen lonenstrahlquellen gebildet ist,
– deren einzelne lonenstrahlen auf der Oberfläche des Substrates ein gemeinsames aktuelles geometrisches Wirkungsmuster des lonenstrahls ausbilden,
– und einem lonensondenarray, welches in einer zu der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates parallel versetzten Ebene angeordnet ist,
– mit dem das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des Ionenstrahls auf der Oberfläche des Substrates vor und/oder während des Verfahrensablaufes gemessen werden kann,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

die geeignet sind für ein Verfahren zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates, bei dem das Substrat gegenüber einem lonenstrahl, der von einer lonenstrahlquelle erzeugt wird, positioniert wird, und das bekannte Eigenschaftsmuster der Oberfläche des Substrates durch den lonenstrahl partiell derart bearbeitet wird, dass ein neues technologisch definiertes Eigenschaftsmuster ausgebildet wird,

bei dem die Strahlcharakteristik des lonenstrahls zur Erzeugung eines geometrischen Wirkungsmusters auf der Oberfläche des Substrates durch Veränderung der Ionenbeschleunigung, der lonenenergieverteilung, der lonenstromdichte, der lonendichteverteilung und/oder durch Pulsung des lonenstrahls derart verändert wird, dass in Abhängigkeit des bekannten Eigenschaftsmusters und in Abhängigkeit des Verfahrensfortschrittes das neue technologisch definierte Eigenschaftsmuster eingestellt wird, wobei das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des lonenstrahls auf der Oberfläche des Substrates vor und/oder während des Verfahrensablaufes mittels eines lonensondenarrays, welches in einer zu der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates parallel versetzten Ebene angeordnet ist, gemessen wird, wobei die Ionenstrahlquelle in Z-Richtung in einer solchen Weise verfahren wird, dass der Abstand zwischen der Ionenstrahlquelle und dem Ionensondenarray bei der Messung gleich ist dem Abstand zwischen der Ionenstrahlquelle und der Oberfläche des Substrates bei der Ionenstrahlbearbeitung,

und das Substrat und die lonenstrahlquelle zueinander rotieren und/oder gleichförmig oder ungleichförmig linear, kreisförmig oder in einer technologisch vorgegebenen Richtung bewegt werden;

2. ihr darüber Rechnung zu legen und Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Klageantrag I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 2. Januar 2010 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen, -zeiten und -preise und gegebenenfalls Typenbezeichnungen;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,
-zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Lieferempfänger,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung aufgeschlüsselt nach Werbezeiträumen, Werbeauflagestückzahlen pro Auflage pro Werbeträgern, nach Verbreitungszeitraum und -gebieten,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, ihr auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II. die Beklagte zu 1. zu verurteilen,

die im Besitz oder Eigentum der Beklagten zu 1. befindlichen Erzeugnisse zum Klageantrag I.1. selbst oder durch Dritte und auf Kosten der Beklagten zu 1. zu vernichten;

III. die Beklagten zu verurteilen,

die nach Klageantrag I.1. bezeichneten, seit dem 2. Januar 2010 in Verkehr gebrachten Vorrichtungen gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich durch das in diesem Rechtsstreit ergangene Urteil festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache mit der verbindlichen Zusage der Beklagten zu 1. zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

IV. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu erstatten, welcher ihr und der früheren Inhaberin A & Rau C GmbH des EP 1 680 XXX B1 durch die nach Klageantrag I. 1. bezeichneten und seit dem 2. Januar 2010 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.

Die Beklagten bestreiten den Vorwurf der Patentverletzung. Es fehle bereits an zwei einzelnen Ionenstrahlquellen, da die angegriffene Ausführungsform lediglich über eine Breitstrahl-Ionenquelle verfüge, bei welcher Ionenstrahlen mittels Lochmasken oder Gitter erzeugt würden. Die aus dem Loch austretenden Ionenstrahlen würden durch keine Ionenstrahlquelle gebildet werden, da das Gitter bzw. die Lochmaske keine Ionenstrahlquelle im Sinne des Klagepatentes bilde. Darüber hinaus sei das Ionensondenarray bei der angegriffenen Ausführungsform nicht in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates, sondern in einer um 10 mm nach hinten versetzten Ebene angeordnet. Weder eine wortsinngemäße noch eine äquivalente Verwirklichung der Lehre nach dem Klagepatent könne hierin gesehen werden. Zudem werde bei der angegriffenen Ausführungsform die Strahlcharakteristik des Ionenstrahls nicht während des Verfahrens verändert, was jedoch Voraussetzung sei.
Des Weiteren sind die Beklagten der Ansicht, das Klagepatent sei im Stand der Technik im Kern durch die Anlage E1 (Anlage K 8 der als Anlage B 1a beigefügten Nichtigkeitsklage) neuheitsschädlich vorweggenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht gegen die Beklagten nicht zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäß, noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Ionenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates, bei dem das Substrat gegenüber einem Ionenstrahl, der von einer Ionenstrahlquelle erzeugt wird, positioniert wird, und das bekannte Eigenschaftsmuster der Oberfläche des Substrats durch den Ionenstrahl mit einem definierten Wirkungsmuster partiell derart bearbeitet wird, dass ein neues technologisch definiertes Eigenschaftsmuster der Oberfläche ausgebildet wird und eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens.

Dabei werden unter Eigenschaftsmuster der Oberfläche eines Substrats alle die auf definierte Flächenbereiche der Oberfläche eines Substrats bezogenen physikalischen und chemischen Eigenschaften sowie die Oberflächentopographie verstanden. Das Wirkungsmuster des Ionenstrahls beinhaltet die auf definierte Flächenbereiche des Substrates, auf denen die Ionen eines Ionenstrahls einwirken, bezogenen örtlichen Ionenstromdichteverteilungen mit entsprechender Ionenenergieverteilung.

Nach dem Stand der Technik sind Verfahren und Einrichtungen bekannt, bei denen ein Ionenstrahl mit konstanter Strahlcharakteristik mit variabler Geschwindigkeit gegenüber der zu bearbeitenden Oberfläche eines Substrates bewegt wird. Strahlencharakteristik meint dabei die Ionenbeschleunigung, die Ionenenergieverteilung, die Ionenstromdichte und die Ionendichteverteilung des Ionenstrahls. Diese Parameter werden nach dem Stand der Technik bei der Bearbeitung des Substrates unverändert gelassen. Die Steuerung der Wirkung des Ionenstrahls auf die Oberfläche des Substrates erfolgt alleine über die Geschwindigkeit. Auch der Einsatz von Blenden zwischen der Ionenstrahlquelle und dem Substrat ist bekannt.

Das Klagepatent nimmt Bezug auf die US-A-3 699 334, welche ein Verfahren zur Anwendung eines Ionenstrahles für die kontrollierte Erosion einer Oberfläche beschreibt. Der fokussierte Ionenstrahl weist ein Beschleunigungspotential bis 120.000 Volt und einen konstanten Elektronenstrom auf. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass der Ionenstrahl in Kombination von kontrollierter Erosionsrate und in der Richtung kontrolliert auf die Oberfläche des bewegten Werkstückes gerichtet wird. Ausgehend von der Kenntnis der Oberflächenstruktur des Werkstückes wird die Bewegung von Ionenstrahl und Werkstück in programmierten automatischen Abläufen erfolgen. Dabei werden höhere Erosionsraten mit geringerer und niedrigere mit höherer Bewegungsgeschwindigkeit des Werkstückes im Ionenstrahl erreicht. Der in der Druckschrift näher definierte Ionenstrahl wird während der Bearbeitung in seiner Strahlencharakteristik nicht verändert.

Auch die DE 198 14 760 A1 beschreibt ein Verfahren zur Ionenstrahlbearbeitung von Festkörperoberflächen. Dabei erfolgt die Steuerung der Bearbeitung durch Geschwindigkeitsvariation in Abhängigkeit von der Position, Ionenstrahlparameter und Materialeigenschaft. Ausgehend von diesen Parametern wird der Ionenstrahl in einem bestimmten festen oder variablen Abstand rechnergesteuert über das Werkstück geführt. Dabei gilt, dass eine höhere Geschwindigkeit eine geringere Einwirkung, eine geringere Geschwindigkeit dagegen eine höhere Einwirkung auf das Werkstück bewirkt.

Daneben ist aus der EP 1 253 619 B 1 ein Belichtungsapparat zur Lithographie mit Elektronen oder Ionen bekannt. Die Vielzahl der Einzelstrahlen sind dabei individuell abblendbar („blanking“). Durch Einsatz von Blenden sind die Ionenstrahlen fokussier- und ablenkbar. Auch diese Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Ionenstrahl als solcher während der Bearbeitung des Werkstückes eine konstante Charakteristik aufweist. Eine Steuerung erfolgt mittels des Einsatzes von Blenden.

Dem Klagepatent liegt vor dem Hintergrund des geschilderten Standes der Technik das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, ein Verfahren zur Ionenstrahlbearbeitung von Oberflächen anzugeben, mit dem eine hohe Effektivität erreicht wird und der technische Aufwand gering ist. Weiterhin besteht die Aufgabe, eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens anzugeben.

Das Klagepatent löst die Aufgabe für das Verfahren durch die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale. Für die Einrichtung wird die Aufgabe durch die im Anspruch 5 angegebenen Merkmale gelöst. Die Vorrichtung muss zudem geeignet sein für die Ausübung eines Verfahrens nach Anspruch 2, der wiederum auf Anspruch 1 rückbezogen ist. Die patentgemäße Vorrichtung sieht demnach die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Vorrichtung zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates, beinhaltend

2. einen Substratträger
2.1 zur Halterung mindestens eines Substrates (8),
2.2 innerhalb einer Vakuumkammer und
2.3 der in einer Y-Achse (4) und einer X-Achse (6) bewegt werden kann;

3. eine lonenstrahlquelle (1)
3.1 gehaltert in der Wand der Vakuumkammer,
3.2 bei der die Achse eines lonenstrahls von der Ionenstrahlquelle
3.2.1 senkrecht zur zu bearbeitenden Oberfläche (15) des Substrates (8) in der Z-Achse (11) steht oder
3.2.2 in einer zur Z-Achse geneigten Achse angeordnet
werden kann,
3.3 deren Abstand von der zu bearbeitenden Oberfläche (15)
des Substrates (8) fest oder veränderlich sein kann,
3.4 die aus mindestens zwei einzelnen lonenstrahlquellen gebildet wird und
3.5 deren einzelne lonenstrahlen auf der Oberfläche des Substrates ein gemeinsames aktuelles geometrisches Wirkungsmuster des lonenstrahls ausbilden;

4. ein lonensondenarray (9)
4.1 das in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche (15) des Substrates (8) angeordnet ist und
4.2 mit dem das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des lonenstrahls auf der Oberfläche (15) des Substrates (8) vor und/oder während des Verfahrensablaufes gemessen werden kann;

5. nach einem Verfahren zur lonenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates, bei dem
5.1 das Substrat gegenüber einem lonenstrahl, der von einer lonenstrahlquelle erzeugt wird, positioniert wird,
5.2 das bekannte Eigenschaftsmuster der Oberfläche des Substrates durch den lonenstrahl partiell derart bearbeitet wird, dass
5.3 ein neues technologisch definiertes Eigenschaftsmuster ausgebildet wird,
5.4 die Strahlcharakteristik des lonenstrahls verändert wird
5.4.1 zur Erzeugung eines geometrischen Wirkungsmusters auf der Oberfläche (15) des Substrates (8)
5.4.2 durch Veränderung der lonenbeschleunigung, der lonenenergieverteilung, der lonenstromdichte, der lonendichteverteilung und/oder Pulsung des Ionenstrahles
5.4.3 derart, dass das neue technologische Eigenschaftsmuster eingestellt wird
5.4.3.1 in Abhängigkeit des bekannten Eigenschaftsmusters und
5.4.3.2 in Abhängigkeit des Verfahrensfortschrittes
5.5 wobei das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des lonenstrahls auf der Oberfläche (15) des Substrates (8) gemessen wird
5.5.1 vor und/oder während des Verfahrensablaufes
5.5.2 mittels eines lonensondenarrays (9),
5.5.3 welches in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche (15) des Substrates (8) angeordnet ist

5.6 und das Substrat (8) und die lonenstrahlquelle zueinander rotieren und/oder gleichförmig oder ungleichförmig linear, kreisförmig oder in einer technologisch vorgegeben Richtung bewegt werden.

II.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die streitgegenständlichen Ansprüche 1, 2 und 5 des Klagepatents nicht wortsinngemäß.

Zwischen den Parteien steht – zu Recht – allein die Verwirklichung der Merkmale 3.1, 3.4, 4.1, 4.2, 5.4, 5.5, 5.5.1 und 5.5.3 in Streit, so dass sich Ausführungen zu den weiteren Merkmalen erübrigen. Die Kammer vermag indes nicht festzustellen, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 3.4, 4.1 und 5.4 in wortsinngemäßer Weise verwirklicht.

1.
Merkmal 3.4 sieht vor, dass die Ionenstrahlquelle aus mindestens zwei einzelnen Ionenstrahlquellen gebildet wird.

Das Klagepatent macht in den für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Ansprüchen zur Ausgestaltung der Ionenstrahlquelle keine konkreten Angaben. Insoweit sieht Merkmal 3 zunächst nur vor, dass die erfindungsgemäße Vorrichtung eine Ionenstrahlquelle (1) aufweist, welche in den Merkmalen 3.1 bis 3.5 näher beschrieben wird, und zwar – wie bereits erwähnt – in Merkmal 3.4 dahingehend, dass die Ionenstrahlquelle (1) aus zwei einzelnen Ionenstrahlquellen gebildet wird. Nach Merkmal 3.5 bilden dann deren einzelne Ionenstrahlen auf der Oberfläche des Substrates ein gemeinsames aktuelles geometrisches Wirkungsmuster des Ionenstrahls aus.

Dem Fachmann ist bekannt, dass es Feinstrahl-Ionenquellen gibt, bei denen eine Ionenquelle genau einen Ionenstrahl erzeugt, und Breitstrahl-Ionenquellen, bei denen Ionenstrahlen aus einem gemeinsamen Plasma mittels Lochmasken oder Gittern erzeugt werden. Die dabei aus einem Loch austretenden Ionen bilden „Strählchen“. Der Fachmann weiß insoweit zwischen einer Ionenstrahlquelle und einem Ionenstrahl zu unterscheiden, eine Unterscheidung, welche auch in den geltend gemachten Ansprüchen erfolgt. So bestimmt Merkmal 3.5, dass die einzelnen Ionenstrahlen auf der Oberfläche des Substrates ein gemeinsames aktuelles Wirkungsmuster des Ionenstrahls ausbilden, Merkmal 4.1 beschreibt, dass mit dem Ionensondenarray das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des Ionenstrahls auf der Oberfläche des Substrates vor und/oder während der Verfahrensablaufes gemessen werden kann. In der Merkmalsgruppe 5 wird darüber hinaus deutlich gemacht, dass das Substrat gegenüber einem Ionenstrahl, der von einer Ionenstrahlquelle erzeugt wird, positioniert und partiell bearbeitet wird (Merkmal 5.2) und die Strahlcharakteristik des Ionenstrahls verändert wird zur Erzeugung eines geometrischen Wirkungsmusters auf der Oberfläche des Substrates durch Veränderung der Eigenschaften des Ionenstrahls (Merkmal 5.4.2).

Das Klagepatent macht damit deutlich, dass zwischen der Ionenstrahlquelle und dem Ionenstrahl zu unterscheiden ist und die Strahlcharakteristik des Ionenstrahls verändert werden muss zur Erzeugung eines geometrischen Wirkungsmusters auf der Oberfläche des Substrates. Auf Grund der vorgesehenen Möglichkeit der Veränderung der Strahlcharakteristik macht das Klagepatent deutlich, dass unter einer Ionenstrahlquelle im Sinne der Merkmalsgruppe 3 eine Feinstrahl-Ionenquelle zu verstehen ist und nicht – wie die Klägerin meint – das Gitter oder die Lochmaske einer Breitstrahl-Ionenquelle, welche die Klägerin mit einem Duschkopf oder einer Gießkanne vergleicht, deren Löcher einzelne Wasserstrahlen hervorrufen.

Ein entsprechendes Verständnis kann auch der allgemeinen Beschreibung des Klagepatentes entnommen werden.

In Absatz [0022] der Beschreibung des Klagepatents heißt es hierzu: „In einer Weiterbildung der Vorrichtung kann die Ionenstrahlquelle aus mindestens zwei einzelnen Ionenstrahlquellen bestehen, deren einzelne Ionenstrahlen auf der Oberfläche des Substrates ein gemeinsames aktuelles geometrisches Wirkungsmuster des Ionenstrahls ausbilden.“

In Absatz [0015] heißt es: „Insbesondere für die Bearbeitung größerer Substrate oder Substratanordnungen ist es vorteilhaft, entsprechend Anspruch 3 mindestens zwei Einzel-Ionenstrahlquellen kombiniert anzuordnen, derart dass die Einzel-Ionenstrahlen gemeinsam das geometrische Wirkungsmuster des erfindungsgemäßen Ionenstrahls ausbilden.“

Den Textstellen kann entnommen werden, dass insoweit auch eine Unterscheidung zwischen einer „Ionenstrahlquelle“ und einem „Ionenstrahl“ erfolgt, wobei jede individuelle Ionenstrahlquelle den Aufbau einer Ionenstrahlquelle (1) aufweist und auch unabhängig von der anderen Ionenstrahlquelle positioniert werden kann. Denn nur einzelne Ionenstrahlquellen können kombiniert in einer vorgegebenen Weise angeordnet werden, wie dies in Absatz [0015] beschrieben ist. Auch können nur mindestens zwei einzelne Ionenstrahlquellen ein „gemeinsames aktuelles geometrisches Wirkungsmuster“ ausbilden.

Soweit die Klägerin demgegenüber einwendet,Unteranspruch 3 stünde einer derartigen Auslegung entgegen, weil dort unabhängig voneinander steuerbare Ionenstrahlen beansprucht würden und der Hauptanspruch nicht auf die Offenbarung des Unteranspruchs beschränkt werden dürfe, ist dem entgegenzuhalten, dass der Unteranspruch 3 die individuelle Ansteuerbarkeit und/oder Pulsung zum Gegenstand hat, während Anspruch 1 lediglich mindestens zwei einzelne Ionenstrahlquellen erfordert, unabhängig davon, ob diese individuell ansteuerbar sind oder nicht.

Vor dem Hintergrund des beschriebenen Verständnisses macht die angegriffene Ausführungsform von dem Merkmal 3.4 keinen Gebrauch, da diese lediglich eine Ionenstrahlquelle aufweist, nämlich eine Breitstrahl-Ionenquelle.

2.
Darüber hinaus verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal 4.1 nicht, welches besagt, dass das Ionensondenarray in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates angeordnet ist.

Das Merkmal 4.1 sieht vor, dass das Ionensondenarray und die zu bearbeitende Oberfläche des Substrates „in einer Ebene“ angeordnet sind. Der Begriff „angeordnet“ ist als räumlich-körperliche Vorgabe zu verstehen und meint eine feste Anordnung, die nicht verändert wird. „In einer Ebene“ versteht der Fachmann dahingehend, dass ein Arbeiten auf der gleichen Ebene stattfindet.

Dieses Ergebnis wird gestützt durch Absatz [0020] der Beschreibung des Klagepatents. Dort heißt es: „Damit kann zu jeder Zeit die momentane Strahlcharakteristik bestimmt werden und in der Folge, wenn nötig, im erforderlichen Umfang korrigiert werden“. Sinn und Zweck der Anordnung „in einer Ebene“ ist eine schnelle und sichere Kontrolle, damit das Arbeiten ohne Zwischenschritte und jederzeit möglich ist. Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Ionensondenarray und die zu bearbeitende Oberfläche des Substrates auf einer Höhe befinden.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Ebene sei die Bezugsgröße zum einen für den Abstand zwischen der Oberfläche des Substrates und der Ionenstrahlquelle bei der Bearbeitung und zum anderen für den Abstand zwischen der Ionenstrahlquelle und dem Ionensondenarray bei der Messung, und zur Vermeidung von Fehlern sollen die Messung und die Bearbeitung funktional in derselben Ebene stattfinden, bleibt der Einwand ohne Erfolg. Denn Merkmal 4.1 macht deutlich, dass die Anordnung des Ionensondenarrays in der Ebene erfolgt, gibt mithin eine eindeutige räumlich-körperliche Vorgabe. Dabei mag es bei funktionaler Betrachtung ohne Relevanz sein, ob die Anordnung exakt in der Ebene oder versetzt erfolgt, solange die Messung und Bearbeitung in derselben Ebene stattfindet. Auch wenn grundsätzlich eine funktionsorientierte Auslegung angebracht ist und Merkmale und Begriffe des Patentanspruchs regelmäßig so zu deuten sind, wie dies angesichts der ihnen nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist, darf die gebotene funktionale Betrachtung bei räumlich-körperlich definierten Merkmalen nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung steht (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185, 188 – WC-Sitzgarnitur mit Verweis auf OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.03.2013, I-2 U 73/09).

Vor diesem Hintergrund scheidet eine Verwirklichung des Merkmals durch die angegriffene Ausführungsform mit wortsinngemäßen Mitteln aus. Das Ionensondenarray ist bei der angegriffenen Ausführungsform nicht in der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates angeordnet. Die Beklagte zu 1. verwendet ein Faradaysondenarray, das in einer zur Substratoberfläche um 10 mm nach hinten versetzten Ebene angeordnet ist. Diese Bauart bedingt, dass nach der Kalibrierung eine zusätzliche Bewegung der Ionenstrahlquelle zur Ionenstrahlpositionierung im „Materialabtrag“-Betrieb erforderlich ist. Sobald also mittels des Arrays (und in entsprechendem Abstand zu diesem) die Position des Ionenstrahls gemessen (kalibriert) wird, muss die Ionenstrahlquelle vom Array weg nach hinten und damit von der Ebene der zu bearbeitenden Oberfläche des Substrates weg bewegt werden, um dann dort in entsprechendem Abstand den Ionenstrahl auf das Substrat aufbringen zu können. Die angegriffene Ausführungsform muss somit zusätzlich und in einem weiteren Arbeitsschritt in der Z-Ebene bewegt werden.

3.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht zudem Merkmal 5.4 nicht wortsinn-gemäß.

Danach wird bei dem Verfahren zur Ionenstrahlbearbeitung der Oberfläche eines Substrates die Strahlcharakteristik des Ionenstrahls verändert. Gemäß Merkmal 5.4.2 und nach Absatz [0003] der Beschreibung des Klagepatents wird mit der Strahlcharakteristik die Ionenbeschleunigung, die Ionenenergieverteilung, die Ionenstromdichte und die Ionendichteverteilung des Ionenstrahls beschrieben. Diese muss nach Merkmal 5.4 verändert werden. Unstreitig wird hiervon nicht die Veränderung der Geschwindigkeit bzw. der Verweildauer des Ionenstrahls erfasst.

Das Klagepatent sieht vor, dass die Strahlcharakteristik in Abhängigkeit des Verfahrensfortschritts verändert werden kann. Insoweit macht Merkmal 5.4.3 deutlich, dass die Strahlcharakteristik des Ionenstrahls derart verändert werden kann, dass das neue technologische Eigenschaftsmuster eingestellt wird in Abhängigkeit des bekannten Eigenschaftsmusters und in Abhängigkeit des Verfahrensfortschrittes. Dies versteht der Fachmann dahingehend, dass die Strahlcharakteristik auch während der Bearbeitung verändert wird. Denn das Verfahren beginnt mit der Bearbeitung der Oberfläche eines Substrates.

Der Kern der Erfindung nach dem Klagepatent besteht gemäß Absatz [0012] der Beschreibung des Klagepatents im neuartigen Einsatz des Ionenstrahls, indem die technologisch erforderliche Wirkung des Ionenstrahls auf der Oberfläche des Substrates mittels Veränderung der Strahlcharakteristik und/oder durch Pulsung des Ionenstrahles in Abhängigkeit des bekannten Eigenschaftsmusters der Oberfläche und des herzustellenden neuen technologisch definierten Eigenschaftsmusters der Oberfläche in Abhängigkeit des Verfahrensfortschrittes eingestellt wird. Dabei wird das aktuelle geometrische Wirkungsmuster des Ionenstrahls auf der Oberfläche des Substrates jeweils an das aktuell bekannte Eigenschaftsmuster der Oberfläche angepasst. Das beinhaltet, dass die Strahlcharakteristik auch während des Verfahrens verändert wird. Zudem heißt es in Absatz [0026] der Beschreibung des Klagepatents: „Durch die zeitlich veränderliche Strahlcharakteristik kann die Genauigkeit der Bearbeitung und auch die Bearbeitungsgeschwindigkeit vorteilhaft an das zu erreichende örtliche Eigenschaftsmuster angepasst werden.“.

Soweit die Klägerin einwendet, ausreichend sei, dass vor Beginn der Bearbeitung der Ionenstrahl gemessen und – soweit notwendig – nachreguliert werden könne und eine Veränderung der Strahlcharakteristik nicht bei jedem zu bearbeitenden Substrat erforderlich sei, kann dem nicht gefolgt werden. Kern der Erfindung ist, dass die Strahlcharakteristik – die einmal eingestellt wurde – nicht konstant bleibt, wie dies beim Stand der Technik der Fall ist, sondern veränderbar ist und – wenn nötig – auch verändert wird.

Die Strahlcharakteristik des Ionenstrahls kann jedoch bei der angegriffenen Ausführungsform nicht während der Ionenstrahlbearbeitung verändert werden. Vielmehr bleibt die einmal eingestellte Strahlcharakteristik konstant. Es kann bei der Oberflächenbearbeitung lediglich die Verweildauer des Ionenstrahls an einer bestimmten Position mittels der Geschwindigkeit, mit der der Ionenstrahl über die zu bearbeitende Oberfläche gefahren wird, verändert werden.

Auch die Werbung der Beklagten mit einer „einstellbaren Spotgröße“ führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Veränderung der Spotgröße erfordert einen mechanischen Umbau der Anlage. Bei der Notwendigkeit eines Umbaus fehlt es daran, dass die Strahlcharakteristik „in Abhängigkeit des Verfahrensfortschrittes“ verändert werden kann.

III.

Vor dem Hintergrund, dass die Kammer eine Verwirklichung der Merkmale 3.4, 4.1 und 5.4 nicht für gegeben erachtet, bedarf es keiner Ausführungen, ob die angegriffene Ausführungsform eine äquivalente Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents im Hinblick auf Merkmal 4.1 darstellt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.