4b O 243/07 – Hundegeschirr II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1143

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 31. März 2009, Az. 4b O 243/07

1. Es wird festgestellt, dass der Widerklageantrag zu 3) erledigt ist.

2. Der Kläger wird auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte 4.102,00 € nebst 5 % Zinsen über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 13.09.2007 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird bis zum 31.10.2008 auf 105.780,78 € und für die Zeit danach auf 20.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand
Die Ehefrau des Klägers war eingetragene Inhaberin des am 4.2.2004 angemeldeten und am 27.05.2004 eingetragenen Gebrauchsmusters DE 20 2004 001 XXX (Anlage B 6a, nachfolgend: Klagegebrauchsmuster I), welches ein Geschicklichkeitsspielzeug für Hunde betraf. Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters I lautete:
„Geschicklichkeitsspiel für Hunde aus Holz, bestehend aus einer Unterplatte und neun Klötzen, dadurch gekennzeichnet, dass in die Unterplatte neun Klötze hineingesteckt werden.“

Der Kläger selbst war eingetragener Inhaber des am 15.10.2004 angemeldeten und am 30.12.2004 eingetragenen Gebrauchsmusters DE 20 2004 015 XXX (Anlage K 4, nachfolgend Klagegebrauchsmuster II), das ein Hundegeschirr zum Gegenstand hatte. Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters II lautete:
„Geschirr für Hunde aus Neopren und Polyester bestehend aus reisfestem Polyesterband unterfüttert mit Neopren dadurch gekennzeichnet, dass der Leinenring an einem Polyesterband vom Brustgurt aus schräg nach oben verlaufend separat und nicht direkt am Geschirr angebracht ist.“

Die Beklagte bot im Internet unter der Adresse „www.A.de“ ein „B“ (Anlage K 2, nachfolgend: angegriffene Ausführungsform I) sowie die Hundegeschirre „C“ und „D“ (Anlage K 2, nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II) an.

Mit Schreiben vom 28.02.2007 (Anlage K 1) mahnte die Firma E, deren Inhaber der Kläger und seine Ehefrau sind, die Beklagte wegen Anbietens, Herstellens und Inverkehrbringens der angegriffenen Ausführungsformen ab. Als Abmahnkosten machte sie einen Betrag in Höhe von 899,40 € geltend. Mit Schreiben vom 7.03.2007 (Anlage K 5) übersandte die Beklagte die unterschriebene, von der Firma E vorformulierte Unterlassungserklärung; eine Zahlung der begehrten Abmahnkosten erfolgte nicht.

Nachdem der Kläger einen Mahnbescheid beantragt hatte, kam es zu einem außergerichtlichen Schriftwechsel zwischen den Parteien, den auf Seiten der Beklagten der nunmehrige Prozessvertreter sowie der Patentanwalt führten. Mit Schreiben vom 17.08.2007 (Anlage B 13) stellte die Beklagte eine Verletzung der Klagegebrauchsmuster I und II sowie deren Schutzfähigkeit in Abrede und forderte u.a. den Kläger auf, rechtsverbindlich zu erklären, dass auf die Klagegebrauchsmuster I und II gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt verzichtet werde und dass aus den Klagegebrauchsmustern ihr gegenüber keinerlei Rechte hergeleitet werden. Sie forderte des Weiteren die Erstattung des aus der unberechtigten Abmahnung entstandenen Schadens und die Rücknahme der Klage. Für den Fall des Ausbleibens entsprechender Erklärungen kündigte sie die Erhebung einer negativen Feststellungsklage an. Der Kläger wies dies zurück (Anlage B 14).

Der Kläger hatte Klage wegen Zahlung der Abmahnkosten erhoben, welche mit Teilversäumnisurteil vom 10.06.2008 abgewiesen wurde. Gegen dieses am 27.06.2008 zugestellte Teilversäumnisurteil hatte der Kläger Einspruch eingelegt. Nachdem die Klagegebrauchsmuster I und II am 29.09.2008 in den von der Beklagten eingeleiteten Löschungsverfahren gelöscht worden waren (Anlagen B 38, B 39), nahm der Kläger – mit Zustimmung der Beklagten – die Klage zurück.

Die Beklagte hatte sich im Hinblick auf die Klage mit der fehlenden Schutzfähigkeit beider Klagegebrauchsmuster verteidigt und eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters II durch die angegriffene Ausführungsform II in Abrede gestellt. Sie erhob darüber hinaus Widerklage. Die Klagegebrauchsmuster seien löschungsreif. Die Abmahnung vom 28.02.2007 stelle deshalb einen rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Ihren Internetshop habe sie auf Grund der Abmahnung geschlossen. Der Kläger sei verpflichtet, ihr den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen ebenso wie die ihr vorgerichtlich entstandenen Anwaltsgebühren in Höhe von 4.102,00 €.

Die Beklagte hat mit der jedenfalls am 13.09.2007 zugestellten Widerklage ursprünglich beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 001 XXX,8 „Geschicklichkeitsspielzeug für Hunde“ nicht bestandskräftig, sondern löschungsreif ist.
2. Es wird festgestellt, dass das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 015 XXX,4 „Hundegeschirr“ nicht bestandskräftig, sondern löschungsreif ist.
3. Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten gegenüber der Klägerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegebene „Unterlassungserklärung“ vom 7. März 2007 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegen-standslos ist.
4. Es wird festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen hat, der ihr adäquat kausal aus der unberechtigten Abmahnung der Klägerin vom 28. Februar 2007 durch die Rechtsanwälte F entstanden ist und noch entstehen wird, insbesondere soweit die Beklagte der Abmahnung nachkam aufgrund der formal eingetragenen Gebrauchsmusterrechte der Klägerin.
5. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte € 4.102,00 plus 5 % Zinsen über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die vorgerichtlich entstandenen Anwaltsgebühren zu bezahlen.

Die Beklagte hat sodann die Widerklageanträge 1. und 2. für erledigt erklärt und stattdessen widerklagend beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 001 XXX,8 „Geschicklichkeitsspielzeug für Hunde“ nicht verletzt hat und bei einer Fortsetzung des Vertriebes des vom Kläger angegriffenen Geschicklichkeitsspiels auch nicht verletzt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 015 XXX,4 „Hundegeschirr“ nicht verletzt hat und bei einer Fortsetzung des Vertriebes des vom Kläger angegriffenen Geschicklichkeitsspiels auch nicht verletzt

Nach Löschung der Klagegebrauchsmuster I und II erklärte die Beklagte die Widerklageanträge 1, 2 und 4 mit Schriftsatz vom 31.10.2008, der am selben Tag bei Gericht einging, für erledigt. Der Kläger schloss sich dieser teilweisen Erledigungserklärung an.

Nachdem der Kläger im Schriftsatz vom 1.12.2008 ausführte, er halte nicht mehr an der Erstattung der Abmahnkosten fest, da die Abmahnung durch die Löschung unberechtigt gewesen sei, so dass die Beklagte an ihre Unterlassungserklärung nicht mehr gebunden sei, kündigte die Beklagte mit Schriftsatz vom 9.12.2008 den Unterwerfungsvertrag. Sie erklärte zudem den Widerklageantrag für 3 für erledigt und beantragte für den Fall, dass sich der Kläger dieser Erledigungserklärung nicht anschließt,
festzustellen, dass der Widerklageantrag zu 3) zwischenzeitlich erledigt ist.

Der Kläger beantragt,
die Widerklage abzuweisen.

Der Kläger ist der Ansicht, dem Widerklageantrag zu 3) fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die von der Beklagten für die vorgerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessvertreter in Ansatz gebrachte Gebühr von 1,5 sei nicht angemessen. Sie müsse sich ferner ein Mitverschulden anrechnen lassen, da sie auf die Abmahnung übertrieben reagiert habe. Statt lediglich einen Löschungsantrag zu stellen, habe sie sofort eine Widerklage erhoben. Die Mitwirkung des Patentanwalts sei wegen des einfach gelagerten Sachverhalts nicht erforderlich gewesen. Der Streitwert der Widerklage von mehr als 100.000,00 € sei überhöht. Er begehre die Herabsetzung des Streitwerts.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe
I.
Nachdem der Kläger die Klage zurückgenommen und die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklageanträge 1, 2 und 4 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist in der Sache lediglich – wie aus dem Tenor ersichtlich – über die Widerklageanträge 3 und 5 zu entscheiden.

1)
Der Beklagten steht ein Anspruch auf Feststellung zu, dass der Widerklageantrag zu 3 erledigt ist. Der ursprünglich zulässige und begründete Antrag auf Feststellung, dass die von der Beklagten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegebene Unterlassungserklärung vom 7.03.2007 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegenstandslos ist, hat sich nach Eintritt der Rechtshängigkeit erledigt.

Der Feststellungsantrag war ursprünglich zulässig. Es mangelte insbesondere nicht an dem erforderlichen Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO. Dem subjektiven Recht der Beklagten drohte eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch, dass im Zeitpunkt der Zustellung der Widerklage (13.09.2007) der infolge der Rücksendung der unterzeichneten Unterlassungserklärung vom 7.03.2007 zwischen ihr und der Firma E zustande gekommene Unterwerfungsvertrag noch Gültigkeit besaß. Der Kläger berief sich auf die dadurch gewährte Rechtsposition und erachtete überdies die Abmahnung der Firma E vom 28.02.2007 als rechtmäßig.
Der Feststellungsantrag war zudem ursprünglich begründet. Die Klagegebrauchsmuster I und II sind, nachdem der Kläger seine Widersprüche gegen die Löschungsanträge der Beklagten zurückgenommen hat, vom Deutschen Patent- und Markenamt am 23.09.2008 gelöscht worden. Die Löschung der Klagegebrauchsmuster wirkt auf den Zeitpunkt der Eintragung zurück und beseitigt damit das Schutzrecht vollständig von Anfang an, so als ob es nie bestanden hätte. Die Abmahnung der Firma E war deshalb rechtswidrig; die Geschäftsgrundlage des Unterwerfungsvertrages (§ 313 BGB) ist weggefallen.

Nach Löschung der Klagegebrauchsmuster I und II und der Erklärung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 1.12.2008, er habe die Klage zurückgenommen und halte an der Erstattung der Abmahnkosten nicht fest, da die Abmahnung unberechtigt gewesen sei, hat sich der Widerklageantrag zu 3 erledigt. Die Beklagte hat zeitgleich mit ihrer Erledigungserklärung den Unterwerfungsvertrag gekündigt, § 313 Abs. 3 S. BGB. Dass infolge der Erklärung des Klägers und/oder der Kündigung des Unterwerfungsvertrages das Rechtsschutzinteresse der Beklagten an der mit dem Widerklageantrag zu 3 begehrten Feststellung verloren gegangen ist, ist nicht zu erkennen. Die Beklagte ist hierdurch nicht endgültig gesichert.

2)
Der Beklagten steht gegenüber dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 4.102,00 € gemäß §§ 670, 683, 677 BGB zu.

Das vorgerichtliche Schreiben der Beklagten vom 17.08.2007 (Anlage B 12) ist eine Gegenabmahnung. Die Beklagte stellte darin nicht nur den von der Firma E erhobenen Verletzungsvorwurf in Abrede, sondern erhob (durchgreifende) Zweifel an der Schutzfähigkeit beider Klagegebrauchsmuster und kündigte, sollten nicht die geforderten (Verzichts)-Erklärungen abgegeben werden, die Erhebung einer negativen Feststellungsklage an.
Eine derartige Gegenabmahnung ist allerdings nur dann (ausnahmsweise) veranlasst, wenn die Abmahnung in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruht, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden kann, oder wenn seit der Abmahnung ein längerer Zeitraum verstrichen ist und der Abmahnende in diesem entgegen seiner Androhung keine gerichtlichen Schritte eingeleitet hat. Denn nur in solchen Fällen entspricht eine Gegenabmahnung dem mutmaßlichen Willen und dem Interesse des Abmahnenden und kann der Abgemahnte daher die Kosten der Gegenabmahnung erstattet verlangen (BGH GRUR 2004, 790 – Gegenabmahnung).
Vorliegend ist die erste Konstellation anzunehmen. Die Beklagte hat in dem Schreiben vom 17.08.2007 die mangelnde Schutzfähigkeit sowohl des Klagegebrauchsmusters I wie auch des Klagegebrauchsmusters II zum einen mit der Vorlage von Stand der Technik begründet, welcher in den Klagegebrauchsmuster weder genannt noch gewürdigt wurde. Dass er dem Kläger gleichwohl bekannt war, ist nicht dargetan oder ersichtlich. Zum anderen hat die Beklagte für beide Klagegebrauchsmuster eine Vorbenutzung vorgetragen. Hinsichtlich des Klagegebrauchsmusters I hat sie auf die vor dessen Anmeldetag erfolgte Lieferung des interaktiven Spielzeuges Solitär (Anlagen B 8, B 9) am 16.10.2003 hingewiesen. Bezüglich des Klagegebrauchsmusters II hat sie erläutert, dass ihre Lieferantin, die Firma G, die angegriffene Ausführungsform II schon vor Anmeldung des Klagegebrauchsmusters II ausgeliefert hat. Beidem ist der Kläger nicht entgegen getreten. Dass er vor der Gegenabmahnung der Beklagten von diesen Vorbenutzungstatbeständen Kenntnis gehabt hätte, war für die Beklagte nicht zu erkennen und ist vom Kläger auch nicht vorgetragen worden. Es entsprach deshalb dem mutmaßlichen Willen der E und damit dem Willen des Klägers, vor Erhebung einer negativen Feststellungsklage von diesen ihm bis dahin unbekannten Umständen Kenntnis zu erhalten. Die Beklagte konnte damit rechnen, dass der Kläger zu einer Änderung seiner Auffassung infolge dieser für ihn neuen Informationen kommt.

Ob die Beklagte darüber hinaus auch einen Schadenersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB hat, weil sich die Abmahnung der Firma E angesichts der Löschung der Klagegebrauchsmuster als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung und damit als rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten darstellt, und dem Kläger zudem schuldhaftes Handeln wegen nicht gehöriger Prüfung der Schutzfähigkeit der Klagegebrauchsmuster (Benkard – Rogge/Grabinski, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 24 GebrMG Rn. 17; Bühring, GebrMG, 7. Aufl., § 24 Rn. 60) vorgeworfen werden kann, kann angesichts des Anspruchs aus §§ 670, 683 677 BGB dahin stehen.

Die Inanspruchnahme eines Rechts- und eines Patentanwalts bei der Gegenabmahnung war erforderlich. Die Firma E forderte die Beklagte unter Zuhilfenahme ihrer heutigen Prozessvertreterin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Erstattung der Abmahnkosten auf. Die Abmahnkosten wurden sodann mittels Mahnbescheid geltend gemacht. In dieser Situation konnte die Beklagte ebenfalls anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, zumal die Streitigkeit das Gebrauchsmusterrecht betrifft. Sie konnte darüber hinaus einen Patentanwalt einschalten. Zum Tätigkeits- und Aufgabenbereich eines Patentanwaltes gehören Gebrauchsmusterstreitigkeiten. Auf diesem Gebiet verfügt ein Patentanwalt über besondere Kenntnisse sowie Erfahrungen und ist zur sachgerechten Wahrung der Belange einer Partei erforderlich. Insoweit ist die Zuziehung eines Patentanwalts auch im vorprozessualen Stadium ohne weiteres angebracht und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung angemessen.

Die von der Beklagten bzw. ihrem Prozessvertreter und Patentanwalt angesetzte 1,5 Gebühr nach Ziffer Nr. 2300 VV RVG ist nicht zu beanstanden. Welche Gebühr für die Tätigkeit im Einzelfall verdient ist, ist gemäß § 14 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei ein Toleranzbereich zu berücksichtigen ist. Die Festsetzung des Gebührensatzes durch den Anwalt ist hinzunehmen, solange und soweit sie einen Toleranzbereich von 20 % des an sich angemessenen Satzes nicht überschreitet (LG Düsseldorf InstGE 6, 37 – Abmahnkostenerstattung bei Patentverletzung). Eine derartige missbräuchliche Überschreitung ist nicht zu erkennen. Streitigkeiten über technische Schutzrechte stellen regelmäßig schwierige Sachverhalte dar, so auch hier. Mögen auch die unter Schutz gestellten Lehren für sich genommen ein vergleichsweise überschaubares Technikgebiet betreffen, so kann gleichwohl nicht außer Acht gelassen werden, dass nicht nur die Verletzung zweier Klagegebrauchsmuster streitig war, sondern auch deren Schutzfähigkeit. Es bedurfte unter Heranziehung spezieller Kenntnisse auf dem Gebiet des Gebrauchsmusterrechts einer Erörterung der streitigen Fragen sowie umfassender Recherchen und der eingehenden Befassung mit einer großen Anzahl an Entgegenhaltungen. Die Heranziehung eines Rechtsanwalts und eines Patentanwalts ändert hieran nichts (LG Düsseldorf InstGE 6, 37 – Abmahnkostenerstattung bei Patentverletzung). Diese Doppelvertretung entspricht dem gesetzgeberischen Willen und wird den sich aus technischen Schutzrechten und entsprechenden Verletzungstatbeständen ergebenden Problemen gerecht.

Grundlage der zu erstattenden Kosten ist ein Streitwert in Höhe von 100.000,00 €.
Der Streitwert einer negativen Feststellungsklage entspricht dem Streitwert einer positiven Leistungsklage (auf Unterlassung) umgekehrten Rubrums (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl., Rn. 865). In dem Schreiben vom 17.08.2007 hat die Beklagte eine Klage auf Feststellung dahingehend ange-droht, dass die zwei angegriffenen Ausführungsformen die zwei Klagegebrauchsmuster nicht verletzen und beide Klagegebrauchsmuster nicht rechtsbeständig sind. Aufgrund der Anzahl der streitigen Gebrauchsmuster, ihrer jeweiligen Laufzeit und der Anzahl der angegriffenen Ausführungsformen erscheint der genannte Streitwert angemessen.

3)
Der Zinsanspruch der Beklagten resultiert aus § 291 BGB.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 1 ZPO und, soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, auf § 91 a ZPO.
Die Entscheidung nach § 91 a ZPO erfolgte unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf den Kläger, da er ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses hinsichtlich der Widerklageanträge 1, 2 und 4 aller Voraussicht nach unterlegen wäre.
Die Widerklageanträge waren zulässig. Dies galt insbesondere für die ursprünglich gestellten Widerklageanträge 1 und 2 (Feststellung der fehlenden Bestandskraft). Das für eine Feststellungsklage erforderliche Rechtsschutzinteresse war gegeben, da die Beklagte nicht nur die Schutzunfähigkeit festgestellt wissen wollte, sondern bei gehöriger Auslegung der Anträge anhand der Widerklageschrift zugleich die Feststellung begehrte, dass die angegriffenen Ausführungsformen die Klagegebrauchsmuster nicht verletzen. Dieses Rechtsschutzziel vermochte die Beklagte mittels eines Löschungsantrages nicht zu erreichen. Die ursprünglich anhängige Leistungsklage nahm dem Feststellungsbegehren – auch nicht in der Fassung der späteren Widerklageanträge zu 1 und 2 – nicht das Rechtsschutzinteresse. Der Kläger machte keinen Unterlassungsanspruch geltend, sondern begehrte den Ersatz von Abmahnkosten. Die Schutzrechtsverletzung und die Schutzfähigkeit des geltend gemachten Schutzrechtes werden hierbei nur inzident geprüft.
Die Widerklageanträge zu 1, 2 und 4 waren auch begründet. Die Klagegebrauchsmuster I und II sind vom Deutschen Patent- und Markenamt am 29.09.2008 gelöscht worden. Es bestand mithin ein Anspruch auf Feststellung, dass die Klagegebrauchsmuster nicht bestandsfähig waren und die angegriffenen Ausführungsformen keine Verletzung derselben darstellen. Daneben bestand ursprünglich auch ein Anspruch auf Feststellung eines Schadenersatzanspruchs dem Grunde nach. Die Abmahnung war infolge der Löschung der Klagegebrauchsmuster rechtswidrig und stellte einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist auch von einem Verschulden des Klägers auszugehen. Es ist nicht ersichtlich, dass er die Schutzfähigkeit der (ungeprüften) Schutzrechte vor der Abmahnung der Beklagten, die lediglich Abnehmerin war, sorgfältig (vergl. hierzu: BGH GRUR 1963, 255 – Kindernähmaschinen; BGH GRUR 1974, 290 – maschenfester Strumpf) geprüft hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S.1 ZPO.

Für den Streitwert des Verfahrens waren der Streitwert der Klage und der Streitwert der Widerklage zusammenzurechnen, § 45 Abs. 1 S. 1 GKG. Ab dem Zeitpunkt der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung war der Streitwert unter Berücksichtigung der bis dahin entstandenen Kosten wie aus dem Tenor ersichtlich zu bestimmen.
Eine Herabsetzung des (anfänglichen) Streitwertes gemäß § 26 GebrMG kommt nicht in Betracht. Es mangelt jedenfalls an der Glaubhaftmachung der erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage des Klägers durch die Belastung mit den Prozesskosten. Allein die Vorlage des Steuerbescheides für das Jahr 2005 genügt hierfür nicht.