4b O 260/08 – Pflegebett

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1327

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 26. November 2009, Az. 4b O 260/08

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 150.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Patents 44 06 XXX (Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 02.03.1994 angemeldet und dessen Erteilung am 24.08.1995 veröffentlicht wurde. Das Patent steht in Kraft. Das Klagepatent bezieht sich auf ein Kranken- oder Pflegebett. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
Kranken- oder Pflegebett mit einem in der Höhe verstellbaren Liegeflächenrahmen, einem mit dem Liegeflächenrahmen verbundenen Rahmenobergestell, einer Hubvorrichtung und einem Rahmenuntergestell, wobei das Rahmenobergestell mittels der Hubvorrichtung gegenüber dem Rahmenuntergestell in der Höhe verfahrbar ist, wobei am Rahmenuntergestell Fußstützen vorgesehen sind und das Kranken- oder Pflegebett Fußrollen aufweist und mittels der Hubvorrichtung neben der Höhenverstellung des Liegeflächenrahmens auch ein Wechsel aus einer Standposition, in der das Gewicht des Kranken- oder Pflegebetts im wesentlichen auf den Fußstützen lastet in eine Fahrposition möglich ist, in der das Gewicht des Kranken- oder Pflegebetts auf den Fußrollen lastet, wobei die Fußrollen (23) jeweils am unteren Ende von pfostenartigen vertikalen Holmen (25a, b, c) angeordnet sind und die Fußrollen (23) auch beim Hochfahren des Rahmenobergestells (12) Bodenkontakt behalten und am Rahmenuntergestell (13) Führungselemente (22a, b, c) angebracht sind, die beim Wechsel aus der Standposition in die Fahrposition auf den pfostenartigen Holmen (25a, b, c) axial und vertikal verschiebbar geführt sind, wobei die Führungselemente (22a, b, c) innen rohrförmige Führungshülsen sind, die im Eckbereich des Rahmenuntergestells (13) an Längsholmen (21) und Querholmen (26) befestigt sind und wobei am Rahmenobergestell (12) unterseitig Auflager (27) angebracht sind, die in der Tiefstposition des Rahmenobergestells auf den oberen Enden der vertikalen Holme (25a, b, c) aufliegen, dadurch gekennzeichnet, dass die Hubvorrichtung für das Höhenverfahren des Rahmenobergestells (12) ein oder zwei Scherenhubgestelle mit jeweils paarweise sich kreuzenden Scherenarmen (14a, b bzw. 15a, b) umfasst, wobei die unteren Enden der Scherenarme (15a, b) mit dem Rahmenuntergestell fest verbunden sind, die oberen Enden der Scherenarme (14a, b) mit dem Rahmenobergestell fest verbunden sind, die unteren Enden der Scherenarme (14a, b) in Führungsschienen (19) des Rahmenuntergestells (13) horizontal verschiebbar geführt sind und die oberen Enden der Scherenarme (15a, b) in Führungsschienen (35) des Rahmenobergestells horizontal verschiebbar geführt sind.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine schematisch vereinfachte Seitenansicht eines erfindungsgemäßen Pflegebetts in der fahrbaren Position. Figur 3 zeigt das erfindungsgemäße Pflegebett in schematisch vereinfachter Darstellung in der Position mit angehobenen Liegeflächenrahmen.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, stellt her und vertreibt bundesweit unter der Bezeichnung „A“ ein Pflegebett (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), das folgende Gestalt hat, die dem als Anlage K 5 vorgelegten Prospekt der Beklagten zu 1) zu entnehmen ist.

Das Lichtbild K 10/1 zeigt das gesamte Bett, Lichtbild K 10/2 zeigt das Bett in einer teilweise abgesenkten Position des Rahmenobergestells. Auf dem Lichtbild 10/5 liegt das Rahmenobergestell auf dem vertikalen Pfosten auf und die runde Fußstütze schwebt, so dass das Bett auf den Fußrollen lastet.
Lichtbild K 10/1:

Lichtbild 10/2:

Lichtbild 10/5:

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent wortsinngemäß, jedenfalls aber mit äquivalenten Mitteln. Sie habe erst kurz vor der Abmahnung der Beklagten wegen der angegriffenen Ausführungsform, nämlich im Herbst 2007, davon erfahren, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform vertreibe.
Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem Geschäftsführer, dem Beklagten zu 2), zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Pflegebetten mit einem in der Höhe verstellbaren Liegeflächenrahmen, einem mit dem Liegeflächenrahmen verbundenen Rahmenobergestell, einer Hubvorrichtung und einem Rahmenuntergestell, wobei das Rahmenobergestell mittels der Hubvorrichtung gegenüber dem Rahmenuntergestell in der Höhe verfahrbar ist, wobei am Rahmenuntergestell zylindrische Fußstützen mit einer Abdeckung vorgesehen sind und wobei das Pflegebett Fußrollen aufweist und mittels der Hubvorrichtung neben der Höhenverstellung des Liegeflächenrahmens auch ein Wechsel aus einer Standposition, in der das Gewicht des Pflegebetts im wesentlichen auf den Fußstützen lastet in eine Fahrposition möglich ist, in der das Gewicht des Kranken- oder Pflegebetts auf den Fußrollen lastet, wobei die Fußrollen jeweils am unteren Ende von pfostenartigen vertikalen Holmen angeordnet sind und die Fußrollen auch beim Hochfahren des Rahmenobergestells Bodenkontakt behalten und wobei am Rahmenuntergestell Führungselemente angebracht sind, die beim Wechsel aus der Standposition in die Fahrposition auf den pfostenartigen Holmen axial und vertikal verschiebbar geführt sind und wobei die Führungselemente innen rohrförmige Führungshülsen sind, die im Eckbereich des Rahmenuntergestells über die Abdeckung der zylindrischen Fußstütze an Längsholmen und über diese an Querholmen befestigt sind, und wobei am Rahmenobergestell unterseitig Auflager angebracht sind, die in der Tiefstposition des Rahmenobergestells auf den oberen Enden der vertikalen Holme aufliegen,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Hubvorrichtung für das Höhenverfahren des Rahmenobergestells zwei Scherenhubgestänge mit jeweils paarweise sich kreuzenden Scherenarmen umfasst, wobei die unteren Enden der Scherenarme mit dem Rahmenuntergestell fest verbunden sind, die oberen Enden der Scherenarme mit dem Rahmenobergestell fest verbunden sind, die unteren Enden der Scherenarme in Führungsschienen des Rahmenuntergestell horizontal verschiebbar geführt sind und die oberen Enden der Scherenarme in Führungsschienen des Rahmenobergestells horizontal verschiebbar geführt sind.
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 24.09.1995 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu b) und c) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben;
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;
II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 01.08.2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, bei der angegriffenen Ausführungsform ruhe das Gewicht in der Standposition nicht im Wesentlichen auf den Fußstützen, sondern vielmehr auf den Rollen (Merkmal 9). Auch gebe es bei der angegriffenen Ausführungsform keine Führungselemente, die im Eckbereich des Rahmenuntergestells an Längs- und Querholmen befestigt seien (Merkmal 11 c). Vielmehr seien die Führungselemente bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich an der Abdeckung der Rollen befestigt. Schließlich fehle es auch an unterseitig am Rahmenobergestell angebrachten Auflagern, die in der Standposition des Rahmenobergestells auf den oberen Enden der vertikalen Holme auflägen (Merkmale 12 und 13).
Die im Klagepatent geschützte Erfindung sei auch nicht schutzfähig. Es fehle an einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die beiden im Klagepatent gewürdigten Entgegenhaltungen DE 43 10 XXX (Anlage K 2) und DE 41 43 XXX (Anlage K 3). Desweiteren gebe es eine offenkundige Vorbenutzung, nämlich das bereits vor dem Jahr 1994 von der B vertriebene Pflegebett C.
Im Übrigen treffe den Beklagten zu 2) kein Verschulden, da er auf zahlreichen Messen schon vor 2002 Pflegebetten gesehen habe, die entsprechend der angegriffenen Ausführungsform konstruiert gewesen seien. Es habe für ihn daher kein Anlass bestanden, insofern vom Bestehen eines Patentschutzes auszugehen. Die Beklagten erheben schließlich den Einwand der Verjährung. Da die Klägerin wie alle Wettbewerber den Markt beobachte, müsse davon ausgegangen werden, dass der Klägerin schon seit vielen Jahren bekannt sei, dass sie, die Beklagte zu 1), die angegriffene Ausführungsform seit Herbst 2002 vertreibe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Vernichtung aus §§ 139 Abs. 1, 2, 140a Abs. 1, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB.

Die angegriffene Ausführungsform entspricht der unter Schutz gestellten Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäß noch äquivalent.

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 ein höhenverstellbares Kranken- oder Pflegebett.
Das Klagepatent nennt als vorangemeldeten, jedoch nicht vorveröffentlichten Stand der Technik die DE 43 10 XXX (Anlage K 2). Diese Schrift zeigt ein Krankenpflegebett, das an jeder Ecke über eine Trägerstütze verfügt, die gesondert von den anderen Trägerstützen höhenverstellt werden kann.

Zur Verdeutlichung dieses Standes der Technik wird nachfolgend die Figur 2 der Anlage K 2 wiedergegeben.

Die Trägerstützen (5) sind teleskopisch in säulenartigen Fußstützen (4) geführt. Eine Mutter (8), die nicht drehbar auf der Fußstütze (4) gelagert ist, wird, wenn eine Höhenverstellung gewünscht ist, von einem Motor angetrieben und gedreht, wodurch sich die Trägerstütze (5) aus der Fußstütze (4) ein- bzw. ausfährt. Dabei kann die Trägerstütze (5) so weit in die Fußstütze (4) eingelassen werden, bis der Bettrahmen (2) am Anschlag (19) auf die Tragsäule (6) auftrifft. Wird nun die Trägerstütze (5) noch weiter eingezogen, so kommt die Fußstütze (4) vom Boden (22) frei und das Bett ruht dann auf den Führungsrollen (20). Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik, dass bei dieser Ausführung für jeden Eckbereich jeweils eigene Antriebsmotoren und eigene Getriebe vorgesehen werden müssen. Dadurch wird die Hubvorrichtung relativ aufwändig und auch reparaturanfällig.
Als weiteren Stand der Technik würdigt das Klagepatent die DE 41 43 XXX (Anlage K 3). Danach kann das Rahmengestell des Bettes über eine als Scherengestänge ausgestaltete Hubvorrichtung hoch- und heruntergefahren werden. Dabei kann eine Tiefstposition erreicht werden, in der das Gewicht des Bettes noch im Wesentlichen auf dem Fußstützen lastet. Ausgehend von dieser Tiefstposition kann allerdings die Hubvorrichtung dazu veranlasst werden, das Rahmenuntergestell mit den Fußstützen einzuziehen. Dies hat zur Folge, dass dann das Bett nur noch auf den am Rahmenobergestell befestigten Fußrollen lastet, so dass das Bett verfahren werden kann. Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik, dass die Fußrollen am Rahmenobergestell befestigt sind, so dass diese bei einer Verstellung des Rahmenobergestells mit nach oben bzw. unten verfahren. Dies kann zu einem Verschleiß beim Aufsetzen der Fußrollen führen.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem zu Grunde, ein Kranken- oder Pflegebett zu schaffen, das mit einer konstruktiv einfach aufgebauten, robusten, verschleiß- und wartungsarmen Hubvorrichtung ausgerüstet ist.

Demgemäß weist die Erfindung gemäß dem Klagepatent folgende Merkmale auf:
1. Kranken- oder Pflegebett
2. mit einem in der Höhe verstellbaren Liegeflächenrahmen (11),
3. mit einem mit dem Liegeflächenrahmen verbundenen Rahmenobergestell (20, 30),
4. mit einer Hubvorrichtung
5. mit einem Rahmenuntergestell (21, 22a, 22b),
6. wobei das Rahmenobergestell (20, 30) mittels der Hubvorrichtung gegenüber dem Rahmenuntergestell (21, 22a, 22b) in der Höhe verfahrbar ist,
7. wobei am Rahmenuntergestell (21, 22a, 22b) Fußstützen (24a, b) vorgesehen sind
8. wobei das Kranken- oder Pflegebett Fußrollen (23) aufweist
9. wobei mittels der Hubvorrichtung neben der Höhenverstellung des Liegeflächenrahmens auch ein Wechsel aus einer Standposition, in der das Gewicht des Kranken- oder Pflegebetts im wesentlichen auf den Fußstützen lastet in eine Fahrposition möglich ist, in der das Gewicht des Kranken- oder Pflegebetts auf den Fußrollen lastet,
10. wobei die Fußrollen (23)
a) jeweils am unteren Ende von pfostenartigen vertikalen Holmen (25a, b, c) angeordnet sind und
b) auch beim Hochfahren des Rahmenobergestells (12) Bodenkontakt behalten,
11. wobei am Rahmenuntergestell (13) Führungselemente (22a, b, c) angebracht sind,
a) die Führungselemente (22a, b, c) sind beim Wechsel aus der Stand- in die Fahrposition auf den pfostenartigen Holmen (25a, b, c) axial und vertikal verschiebbar geführt,
b) die Führungselemente (22a, b, c) sind innen rohrförmige Führungshülsen,
c) die Führungselemente (22a, b, c) sind im Eckbereich des Rahmenuntergestells (13) an Längsholmen (21) und Querholmen (26) befestigt,
12. wobei am Rahmenobergestell (12) unterseitig Auflager (27) angebracht sind,
13. die Auflager (27) liegen in der Tiefstposition des Rahmenobergestells auf den oberen Enden der vertikalen Holme (25a, b, c) auf
14. die Hubvorrichtung für das Höhenverfahren des Rahmenobergestells (12) umfasst ein oder zwei Scherenhubgestelle mit jeweils paarweise sich kreuzenden Scherenarmen (14a, b bzw. 15a, b)
15. die unteren Enden der Scherenarme (15a, b) sind mit dem Rahmenuntergestell (13) fest verbunden,
16. die oberen Enden der Scherenarme (14a, b) sind mit dem Rahmenobergestell fest verbunden,
17. die unteren Enden der Scherenarme (14a, b) sind in Führungsschienen (19) des Rahmenuntergestells (13) horizontal verschiebbar geführt,
18. die oberen Enden der Scherenarme (15a, b) sind in Führungsschienen (35) des Rahmenobergestells (12) horizontal verschiebbar geführt.

II.
Das angegriffene Pflegebett „A“ macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Es mangelt an der Verwirklichung der Merkmale 12 und 13.

1.
Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aus den Lichtbildern gemäß den Anlagen K 10/1, 10/2 und 10/5. Aus diesen Abbildungen ist ersichtlich, dass dann, wenn man bei dem angegriffenen Pflegebett das Rahmenobergestell herunterfährt, schließlich eine Position erreicht werden kann, bei der das Rahmenobergestell direkt auf den pfostenartigen Holmen aufliegt, an deren anderen Ende die Fußrollen befestigt sind. Der pfostenartige Holm ist derart ausgestaltet, dass an seinem Ende eine Schraube eingedreht ist, die mit einer Kunststoffkappe abschließt. Auf diese Kunststoffkappe kommt das Rahmenobergestell mit seiner Unterseite zur Auflage.

2.
Die so ausgestaltete Ausführungsform verletzt den Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht wortsinngemäß.

Es fehlt der angegriffenen Ausführungsform an unterseitig am Rahmenobergestell angebrachten Auflagern (Merkmal 12), die in der Tiefstposition des Rahmenobergestells auf den oberen Enden der vertikalen Holme aufliegen (Merkmal 13). Denn entgegen der Ansicht der Klägerin kann das bloße Rahmenobergestell selbst nicht als Auflager im Sinne des Klagepatents angesehen werden. Denn wenn es im Wortlaut des Patentanspruchs heißt, „am Rahmenobergestell solle ein Auflager angebracht sein“, dann ist damit klar gefordert, dass sich ein weiteres Bauteil an dem Rahmenobergestell befinden soll. Das Auflager soll die Funktion erfüllen, in der Aufliegeposition das Gewicht vom Rahmenobergestell in die vertikalen Holme und in die Fußrollen einzuleiten (vgl. Klagepatentschrift, Spalte 5, Zeilen 4-8). Diese Funktion könnte zwar auch dann erfüllt werden, wenn das Rahmenobergestell unmittelbar auf dem Holm aufliegt. Allerdings schreibt der Fachmann dem Auflager nach Lektüre der Klagepatentschrift noch eine weitere Funktion zu, und zwar diejenige, einen Verschleiß der aufeinander aufliegenden Teile (vertikale Holme einerseits und Rahmenobergestell andererseits) zu verhindern, indem der Anstoß abgefedert wird. Denn zum einen gibt diese Funktion dem Vorhandensein eines Auflagers erst einen rechten Sinn, denn für die bloße Weiterleitung des Gewichts hätte auf ein gesondertes Bauteil zwischen Rahmenobergestell und pfostenartigen Holm auch verzichtet werden können. Zum anderen wird der Fachmann dem Auflager diese Abfederungsfunktion deshalb zuschreiben, weil das Klagepatent im Zusammenhang mit dem Stand der Technik DE-OS 41 43 XXX kritisiert, dass durch das Aufsetzen von Fußrollen bei dem erfolgenden Wechsel der Gewichtsverteilung eine Verschleißgefahr besteht (Klagepatentschrift, Spalte 1, Zeilen 65-67), und weil sich das Klagepatent vor diesem Hintergrund gerade zur Aufgabe macht, eine verschleißarme Hubvorrichtung zu schaffen. Eine Verschleißgefahr besteht aber – wie der Fachmann erkennt – auch bei der klagepatentgemäßen Ausführung an denjenigen Bauteilen, die in der Tiefstposition aufeinander zu liegen kommen, also das Rahmenobergestell und der pfostenartige Holm. Diese weitere Funktion des Auflagers wird durch das bloße Rahmenobergestell jedenfalls nicht erfüllt, wenn es ohne abfederndes Bauteil auf das Rahmenuntergestell aufgesetzt wird.

Letztlich ist eine Ausgestaltung ohne ein weiteres Bauteil am Rahmenobergestell auch unabhängig von Funktionserwägungen nicht mehr vom Wortlaut des Patentanspruchs gedeckt, denn in diesem Fall ist am Rahmenobergestell nichts mehr „angebracht“. Eine funktionale Betrachtung darf in keinem Fall dazu führen, dass ein Merkmal auf seine bloße Funktion reduziert wird und das Merkmal in einer Weise interpretiert würde, die mit der vorgegebenen räumlich-körperlichen Ausgestaltung nicht mehr in Übereinstimmung steht (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl. 2008, Rn. 24; Meier-Beck, GRUR 2003, 905, 907).

3.
Die nicht wortsinngemäß erfüllten Merkmale 12 und 13 verwirklicht die angegriffene Ausführungsform auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.

a)
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichend Ausführungsform dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit; vgl. zu allen Voraussetzungen: BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffhohlprofil; GRUR 2002, 515, 518 – Schneidmesser I; GRUR 2002 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 511, 512 – Kunststoffrohrteil; GRUR 2002, 527, 528 f. – Custodiol II; GRUR 2007, 410, 415 f. – Kettenradanordnung; GRUR 2004, 758, 760 – Flügelradzähler; GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung; GRUR 2007, 1059, 1063 – Zerfallzeitmessgerät).

b)
Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier nicht vor.

aa)
Die Klägerin hat sich schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung in erster Linie darauf berufen, dass die Merkmale 12 und 13 wenn nicht wortsinngemäß, dann jedenfalls dadurch mit äquivalenten Mitteln verletzt seien, dass an Stelle eines separaten, am Rahmenobergestell unterseitig angebrachten Auflagers bei der angegriffenen Ausführungsform die Unterseite des Rahmenobergestells selbst das Auflager bilde. Diese Argumentation vermag jedoch eine Äquivalenz nicht zu begründen, denn sie läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass sie eine Verletzung des Klagepatents annimmt, obwohl zwei seiner Merkmale, die Merkmale 12 und 13, ersatzlos fehlen. Das Rahmenobergestell selbst ist nämlich kein Austauschmittel für das Auflager, sondern vielmehr ein Teil, das nach den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs ohnehin vorhanden sein muss. Fehlen aber einzelne Merkmale des Patentanspruchs ersatzlos, so handelt es sich um eine Unterkombination, die aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in den Schutzbereich des Patents einbezogen werden kann, und zwar auch dann nicht, wenn – wie die Klägerin wohl meint – das fehlende Merkmal des Auflagers für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre erkennbar überflüssig ist (BGH GRUR 2007, 1059 – Zerfallszeitmessgerät).

bb)
Aber auch die schriftsätzlich vorgetragene Argumentation der Klägerin, ein äquivalentes Austauschmittel für die unterseitigen Auflager seien die Kunststoffkappen, die an den pfostenartigen Holmen angebracht seien, überzeugt die Kammer nicht.

Zwar dürften diese Kunststoffkappen dieselbe Wirkung erzielen wie die im Klagepatent vorgesehenen Auflager, da sie zum einen das Gewicht des Rahmenobergestells auf die Fußrollen weiterleiten und zum anderen dafür sorgen, dass der Anstoß zwischen Rahmenobergestell und vertikalem Holm abgefedert wird. Es mag auch zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der Durchschnittsfachmann dieses Austauschmittel aufgrund seines Fachwissens als gleichwirkendes Mittel ohne erfinderisches Bemühen auffinden kann.

Es fehlt aber an der Voraussetzung, dass der angesprochene Durchschnittsfachmann die bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Abwandlung als eine der im Wortsinn des Patentanspruchs 1 beschriebenen Lösung gleichwertige Alternative in Betracht zieht. Erforderlich ist hiernach auch, dass diejenigen Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Es ist also nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens eine Lehre als technisch sinnvoll und gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt. Vielmehr müssen sich seine Überlegungen an der Patentschrift orientieren. Das bedeutet, dass sich ein Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung beschränken kann, selbst wenn der technische Gehalt der Erfindung vor dem Hintergrund des Standes der Technik eine weitere Anspruchsfassung ermöglicht hätte. Der Schutzrechtsinhaber ist dann an die technische Lehre gebunden, die er unter Schutz hat stellen lassen; er kann nicht nachträglich Schutz für etwas beanspruchen, war er nicht unter Schutz hat stellen lassen (BGH GRUR 2007, 1059, 1063 – Zerfallszeitmessgerät).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwirklichung der Merkmale 12 und 13 mit äquivalenten Mitteln nicht gegeben.

Es ist weder von der Klägerin dargetan noch ersichtlich, was den Fachmann bei Orientierung an der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre dazu anregen könnte, das Auflager an einem anderen Bauteil als am Rahmenobergestell anzubringen. Weder im Patentanspruch noch in der Patentbeschreibung ist die Möglichkeit erwähnt oder angedeutet, die Auflager an einem anderen Ort anzubringen. Von den Auflagern ist in der Patentbeschreibung lediglich im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel in Spalte 5, Zeilen 4 bis 8 und 18 bis 22 die Rede. Danach sollen die Auflager, die das Gewicht in die vertikalen Holme ableiten sollen, unten an Rohrstutzen des Rahmenobergestells angebracht sein. Auch in den Figuren sind die Auflager stets als am Rahmenobergestell angebracht gezeigt. Ein anderer Befestigungsort wird von der Klagepatentschrift nicht erwogen. Selbst wenn der Fachmann daher mithilfe seines allgemeinen Wissens erkennt, dass die erfindungsgemäße Aufgabe auch durch die Abwandlung – die Anbringung der Auflager an den vertikalen Holmen – gelöst wird, wird ihn der Inhalt der Patentschrift zu dem Schluss führen, dass diese Abwandlung vom Patent nicht erfasst werden soll. Dies gilt aus Gründen der Rechtssicherheit auch dann, wenn der Fachmann dem in den Patentanspruch aufgenommen Merkmal verglichen mit der Abwandlung keinen konkreten Vorteil entnehmen kann. Der Patentinhaber muss sich dann an der von ihm unter Schutz gestellten Lehre festhalten lassen und kann sich nicht darauf berufen, dass die Abwandlung technisch ebenso sinnvoll ist (Kühnen/Geschke, a.a.O., Rn. 46, 49). Dies gilt umso mehr in einem Fall, in dem die Klagepatentschrift das betreffende Merkmal aufnimmt, obwohl dem Patentinhaber die mögliche Abwandlung bekannt ist. Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Denn in der K 2, die noch vor dem Klagepatent angemeldet, jedoch erst nach ihm veröffentlicht worden ist und die der Patentinhaberin offensichtlich bekannt war, da sie in der Klagepatentschrift gewürdigt wird, ist eine Lösung offenbart, bei der das Auflager (bzw. der Anschlag 19, vgl. oben Figur 2), der den Anschlag vom Rahmenobergestell auf den vertikalen Holm vermittelt, an dem vertikalen Holm und nicht am Rahmenobergestell angebracht ist. In Kenntnis dieser Option schreibt dagegen das Klagepatent vor, dass das Auflager unterseitig am Rahmenobergestell angebracht werden soll.

Ausgehend von diesen, mit den Parteien erörterten Erwägungen der Kammer hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinerlei Anhaltpunkte aus der Klagepatentschrift aufzeigen können, die eine Gleichwertigkeit hätte begründen können. Soweit die Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.10.2009 beanstandet, dass ihr nicht vor der mündlichen Verhandlung ein Hinweis auf eine mögliche Verletzung mit äquivalenten Mitteln erteilt worden ist, ist dem zu entgegnen, dass die mündliche Verhandlung naturgemäß der umfangreichen Erörterung aller Sach- und Rechtsfragen dient und von den Parteivertretern erwartet werden kann, dass sie zu diejenigen Fragen, über die bereits schriftsätzlich gestritten wurden, Stellung nehmen können. Nachdem die Frage der Äquivalenz bereits von der Klägerin selbst schriftsätzlich erörtert worden war und die Kammer zudem zu Beginn der Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass sie allenfalls eine äquivalente Verletzung des Klagepatents mit dem Austauschmittel der am pfostenartigen Holm angebrachten Kunststoffplatte für denkbar halte, aber insoweit Zweifel an der Gleichwertigkeit dieser Lösung bestünden, ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin die Diskussion über diesen Punkt als überraschend ansieht. Eine Schriftsatzfrist ist dementsprechend auch nicht beantragt worden. Dessen ungeachtet enthält der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 29.10.2009 lediglich rechtliche Ausführungen, die im Ergebnis weder eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung noch eine andere Beurteilung der Rechtslage rechtfertigen. Die dort genannte Argumentation, die Überlegungen des Fachmanns seien deshalb am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert, weil in Merkmal 13 angegeben sei, die Auflager lägen „auf den oberen Enden der vertikalen Holme“ auf, überzeugt die Kammer nicht. Denn durch dieses Merkmal wird lediglich näher präzisiert, wo das Auflager zur Auflage kommt. Eine Anregung, das Auflager an einem anderen Ort als an der Unterseite des Rahmenobergestells anzubringen, enthält diese Stelle nicht. Auch wenn dies auch fachmännischer Sicht nahe liegen mag, deutet die Patentschrift nicht an, dass auch eine solche Ausgestaltung von ihrem Schutzbereich erfasst werden soll.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.