4b O 268/08 – Krampenbogenkassette II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1328

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Dezember 2009, Az. 4b O 268/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 9/10

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1.
der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie in dem Zeitraum vom 24.07.1992 bis zum Ablauf des 24.10.2009
Krampenbogenkassetten zur Abgabe von Krampenbögen an eine Heftmaschine mit einem Aufnahmeabschnitt für Krampenbögen, der umfasst
eine vordere Wandung, in deren unteren Abschnitt eine Auslassöffnung für Krampenbögen ausgebildet ist, die es erlaubt, dass die Krampenbögen aus dem Aufnahmeabschnitt austreten können,
zwei Seitenwandungen mit Trageteilen für Krampenbögen, die sich längs der Unterkanten der Seitenwandungen und unter rechten Winkeln zu diesen Seitenwandungen erstrecken und die Krampenbögen derart halten, dass diese nicht durch den offenen Boden des Aufnahmeabschnitts austreten können und
eine Rückwandung,
ein Führungsteil, das sich von dem unteren Ende der Außenfläche der vorderen Wandung vorwärts erstreckt, mit einem oberen Abschnitt, der den oberen Teil des Krampenbogens während des Fördervorgangs bedeckt und
einen Haltevorsprung, der auf einer unteren Fläche des oberen Abschnitts des Führungsteils in einer Weise ausgebildet ist, dass im befestigten Zustand der Kassette auf der Heftmaschine der Abstand zwischen der oberen Fläche des Förderers und dem Boden des Haltevorsprungs geringer oder gleich der Dicke des Krampenbogens ist,
zur Benutzung in einer Heftmaschine, wobei nach dem Einbau der Krampenbogenkassette in die Heftmaschine rechts und links vom Führungsteil der Krampenbogenkassette, jeweils in Verlängerung der beiden Seitenwände der Krampenbogenkassette Führungsflächen zur Führung der Seiten des Krampenbogens längs eines Förderers für Krampenbogen vorhanden sind
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten oder geliefert haben,
und zwar unter Angabe (mit jeweiliger Produktnummer)
a) der Herkunft und des Vertriebsweges der bezeichneten Produkte unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderen Vorbesitzer der bezeichneten Produkte sowie der bezahlten Preise, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der jeweiligen Domain, Schaltungszeiträume, Zugriffszahlen, sowie bei Auftritten auf Messen und anderen Ausstellungen der Orte und Zeiten,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Angaben zu den Einkaufspreisen nur für die Zeit seit dem 01.09.2008 zu machen sind und die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen) in Kopie vorzulegen haben.

2.
an die Klägerin 7.427,20 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2008 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. bezeichneten und in dem Zeitraum vom 24.07.1992 bis zum Ablauf des 24.10.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagten zu 90 %.

V. Dieses Urteil ist für die Beklagten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar und für die Klägerin wegen 50 % der Kosten ohne Sicherheitsleistung sowie wegen der restlichen 40 % der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages und wegen des Tenors zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500,00 €. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

VI. Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen mittelbarer Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 366 XXX (Klagepatent) auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz sowie Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das unter Inanspruchnahme zweier japanischer Prioritäten vom 25.10.1988 und 04.04.1989 am 24.10.1989 angemeldet wurde und dessen Erteilung am 24.06.1992 veröffentlicht wurde. Das Patent ist mit Ablauf des 24.10.2009 erloschen.

Das Klagepatent bezieht sich auf eine Kassette für eine elektrische Klammermaschine.
Der von der Klägerin geltend gemachten Patentanspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Englisch ist, lautet in der Originalfassung wie folgt:
A staple sheet cartridge for a dispensing staple sheets to a stapling machine comprising:
a staple sheet accommodating section comprising,
a front wall wherein a staple sheet let-off opening is formed in the lower portion of said front wall so as to allow said staple sheets to exit from said accommodating section,
two side walls having staple sheet supporting members extending along the lower edges of said side walls and at right angles of said side walls so as to hold said staple sheets from exiting the open bottom of said accommodating section and,
a rear wall,
a guide manner extending forward from the lower end of the outer surface of said front wall with a top portion covering the top of the staple sheet while in conveyance and guide surfaces for guiding the sides of the staple sheet along a staple sheet conveyor belt, and
a retaining protrusion formed on a lower surface of said top portion of said guide member in such a manner that, when said cartridge is mounted on said stapling machine, the distance between the upper surface of said conveyor belt and the bottom of said retaining protrusion is less than, or equal to, the thickness of the staple sheet.

Die deutsche Übersetzung lautet folgendermaßen:
Krampenbogenkassette zur Abgabe von Krampenbögen an eine Heftmaschine mit:
einem Aufnahmeabschnitt für Krampenbögen, der umfasst
eine vordere Wandung, in deren unteren Abschnitt eine Auslassöffnung für Krampenbögen ausgebildet ist, die es erlaubt, dass die Krampenbögen aus dem Aufnahmeabschnitt austreten können,
zwei Seitenwandungen mit Trageteilen für Krampenbögen, die sich längs der Unterkanten der Seitenwandungen und unter rechten Winkeln zu diesen Seitenwandungen erstrecken und die Krampenbögen derart halten, dass diese nicht durch den offenen Boden des Aufnahmeabschnitts austreten können und
eine Rückwandung,
einem Führungsteil, das sich von dem unteren Ende der Außenfläche der vorderen Wandung vorwärts erstreckt, mit einem oberen Abschnitt, der den oberen Teil des Krampenbogens während des Fördervorgangs bedeckt und mit Führungsflächen zur Führung der Seiten des Krampenbogens längs eines Förderbandes für Krampenbögen und
einem Haltevorsprung, der auf einer unteren Fläche des oberen Abschnitts des Führungsteils in einer Weise ausgebildet ist, dass im befestigten Zustand der Kassette auf der Heftmaschine der Abstand zwischen der oberen Fläche des Förderers und dem Boden des Haltevorsprungs geringer oder gleich der Dicke des Krampenbogens ist.

Wegen der lediglich „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 2 und 6 wird auf die deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift (Anlage K 1a) verwiesen. Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 3 (a) zeigt eine perspektivische Ansicht und Figur 3 (b) eine Schnittansicht einer Ausführungsform der Erfindung. Figur 3 (c) zeigt eine Schnittansicht entlang der Linie x-x der Figur 3 (b).

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, bietet an und vertreibt Krampenbogenkassetten, unter anderem die Krampenbogenkassette „A“ mit der Artikelnummer B (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Ein Muster einer angegriffenen Ausführungsform hat die Klägerin als Anlage K 3 vorgelegt. Das nachfolgend abgebildete Lichtbild 1 der Anlage K 4 zeigt die angegriffene Ausführungsform und das ebenfalls eingeblendete Lichtbild 3 der Anlage K 5 zeigt, wie sich ein aus der Krampenbogenkassette ausgetretener Krampenbogen in der Heftmaschine bewegt.

Die Klägerin hat das vorgelegte Musterexemplar von der Firma C aus D bezogen und behauptet, dass die Firma C die Ware wiederum über das Internet bei der E aus F erworben habe, was die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten. Unstreitig ist aber, dass die Beklagte zu 1) der E am 11.08.2006 ein Angebot gemacht hat (Anlage K 17a), das unter anderem die angegriffene Ausführungsform umfasste. Unstreitig ist auch, dass die E bei der Beklagten zu 1) die angegriffene Ausführungsform bezogen hat, wobei zwischen den Parteien insoweit streitig ist, wo die Übergabe der Produkte stattfand und ob für die Beklagte zu 1) erkennbar war, dass die Ware in der Bundesrepublik Deutschland auf den Markt gebracht werden sollte. Mit Schreiben vom 07.05.2008 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen einer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform und zugleich wegen einer Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 608 XXX durch die als Anlagen K 9 bis K 12 vorgelegten Ausführungsformen ab. Letztere sind Gegenstand des abgetrennten Verfahrens 4b O XXX/09.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 1) habe die Spedition F damit beauftragt, die angegriffene Ausführungsform zur E in die Bundesrepublik Deutschland zu liefern. Aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der E sei der Beklagten zu 1) auch bekannt gewesen, dass diese die Ware in der Bundesrepublik Deutschland und auch nach Nordrhein-Westfalen, weiter vertreibt. Davon, dass die Ware nur in Osteuropa weitervertrieben werden sollte, sei nie die Rede gewesen. Zudem ergebe sich aus dem Angebot gemäß Anlage K 17a, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform direkt in Deutschland angeboten und dorthin geliefert habe. Dass die angegriffene Ausführungsform von der E an die Firma C geliefert worden sei, sei insbesondere durch die Anlage K 26 belegt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten verletzten das Klagepatent wortsinngemäß, und zwar jedenfalls mittelbar. Zwar verfüge die angegriffene Ausführungsform nicht selbst über seitliche Führungen für die Krampenbögen, wie es Merkmal c2) voraussetze, aber solche Führungen seien in der dazugehörigen Heftmaschine, die als Muster als Anlage K 3a vorgelegt wurde, vorhanden. Wenn die angegriffene Ausführungsform in die Heftmaschine eingesetzt sei, sei das Klagepatent mit äquivalenten Mitteln verletzt. Die angegriffene Ausführungsform könne ausschließlich mit der Heftmaschine, die als Muster als Anlage K 3a vorgelegt wurde, verwendet werden. Für die Abmahnung könne sie jeweils für den Rechts- und den Patentanwalt eine 1,8-Geschäftsgebühr bei einem Gegenstandswert von 400.000,00 €, insgesamt also 9.551,20 € beanspruchen.

Die Klägerin hat zunächst – zusätzlich zu den zuerkannten Ansprüchen -beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen,
1.
die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zu 2 Jahren, zu unterlassen,
Krampenbogenkassetten zur Abgabe von Krampenbögen an eine Heftmaschine mit einem Aufnahmeabschnitt für Krampenbögen, der umfasst
eine vordere Wandung, in deren unteren Abschnitt eine Auslassöffnung für Krampenbögen ausgebildet ist, die es erlaubt, dass die Krampenbögen aus dem Aufnahmeabschnitt austreten können,
zwei Seitenwandungen mit Trageteilen für Krampenbögen, die sich längs der Unterkanten der Seitenwandungen und unter rechten Winkeln zu diesen Seitenwandungen erstrecken und die Krampenbögen derart halten, dass diese nicht durch den offenen Boden des Aufnahmeabschnitts austreten können und
eine Rückwandung,
einem Führungsteil, das sich von dem unteren Ende der Außenfläche der vorderen Wandung vorwärts erstreckt, mit einem oberen Abschnitt, der den oberen Teil des Krampenbogens während des Fördervorgangs bedeckt und
einem Haltevorsprung, der auf einer unteren Fläche des oberen Abschnitts des Führungsteils in einer Weise ausgebildet ist, dass im befestigten Zustand der Kassette auf der Heftmaschine der Abstand zwischen der oberen Fläche des Förderers und dem Boden des Haltevorsprungs geringer oder gleich der Dicke des Krampenbogens ist,
zur Benutzung in einer Heftmaschine, wobei nach dem Einbau der Krampenbogenkassette in die Heftmaschine rechts und links vom Führungsteil der Krampenbogenkassette, jeweils in Verlängerung der beiden Seitenwände der Krampenbogenkassette Führungsflächen zur Führung der Seiten des Krampenbogens längs eines Förderers für Krampenbogen vorhanden sind
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;
hilfsweise,
wie vorstehend, mit der Maßgabe, dass der Absatz „zur Benutzung in einer Heftmaschine…“ ersetzt wird durch die Formulierung
„zur Benutzung in einer Heftmaschine, die Führungsflächen aufweist zur Führung der Seiten des Krampenbogens längs Gleitflächen und eines Förderers für Krampenbögen.“

3.
die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen
zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Anteils des Klagepatents EP 0 608 XXX B 1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird und
endgültig zu entfernen, indem die Beklagten diese Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlassen.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2009 hat die Klägerin den Rückrufanspruch zurückgenommen und den auf Unterlassung gerichteten Antrag zu I. 1. aufgrund des Ablaufs des Patentschutzes für erledigt erklärt. Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung beantragt,
zu erkennen wie geschehen,
mit der Maßgabe,
– dass die Klägerin erst in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2009 die auf Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Schadensersatz gerichteten Anträge im Hinblick auf den Ablauf des Patentschutzes zeitlich dahingehend eingeschränkt, dass Rechnungslegung und Schadensersatz nicht mehr für die Zeit „ab dem 24.07.1992“ verlangt wird, sondern nur – wie tenoriert – für den Zeitraum vom 24.07.1992 bis zum 24.10.2009;
– dass die Klägerin ebenfalls erst in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2009 im Hinblick auf die Belegvorlage klargestellt hat, dass sie Belege in Form von Rechnungen verlangt;
– dass die Klägerin den vorstehend unter I. 1. genannten Hilfsantrag als Hilfsantrag im Rahmen der Anträge auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz aufrecht erhalten hat;
– dass die Klägerin an Stelle von 7.427,20 € – wie unter I. 2. tenoriert – Zahlung von 9.551,20 € verlangt hat.

Die Beklagten haben der Teilklagerücknahme zugestimmt und sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen.

Im Hinblick auf die noch im Streit stehenden Anträge beantragen die Beklagten, vorab die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts rügend,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und zugleich die Passivlegitimation der Beklagten seien nicht gegeben. Die E habe die Beklagte zu 1) kontaktiert und die angegriffene Ausführungsform zum Zwecke des Weitervertriebs in Osteuropa, insbesondere nach Tschechien, geordert. Die E habe die Ausführungsform durch die österreichische Spedition F in dem Lager der Beklagten zu 1) in der Nähe von Wien abholen lassen. Soweit die Klägerin auf das Angebot gemäß Anlage K 17a verweise, habe dieses Angebot andere Produkte betroffen, und außerdem lasse sich dem Angebot auch nicht entnehmen, dass die Ware nach Deutschland habe gesendet werden sollen.

Die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht. Es fehle an einem Führungsteil, das den oberen Teil des Krampenbogens während des Fördervorgangs bedecke (Merkmal c1) und an Führungsflächen zur Führung der Seiten des Krampenbogens längs des Förderbandes (Merkmal c2). Weiter weise die angegriffene Ausführungsform auch keinen Haltevorsprung auf, der in einem Abstand zum Förderband angeordnet sei, der geringer oder gleich der Dicke eines Krampenbogens sei (Merkmal d).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angerufene Gericht gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO international zuständig.

Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO, die im vorliegenden Fall anwendbar ist, da die Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand im EU-Ausland haben, kann eine Person in demjenigen Mitgliedsstaat verklagt werden, in dem eine unerlaubte Handlung begangen wurde oder deren Schäden eingetreten sind. Ausreichend für die Begründung der Zuständigkeit ist es dabei, wenn sich aus dem Klägervortrag schlüssig ergibt, dass die Handlung des Beklagten als Delikt einzustufen ist und dass sich der Deliktsort im Bezirk des angerufenen Gerichts befindet (Musielak/Lackmann, 7. Aufl. 2009, Art. 5 EuGVVO Rn. 25; BGH zitiert nach beckonline, LSK 1987, 100046). Vorliegend hat die Klägerin zum einen schlüssig dargetan und mit dem Angebot gemäß Anlage K 17a belegt, dass die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform an die E in F geliefert hat und zum anderen schlüssig dargetan, dass die E die Ware an die Firma C in Nordrhein-Westfalen weitergeliefert hat, und dass der Beklagten zu 1) aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der E bekannt war, dass diese ihre Ware an Kunden in ganz Deutschland weiter vertreibt. Damit ist eine deliktische Handlung der Beklagten im Bezirk des angerufenen Gerichts schlüssig dargetan. Denn als Verletzer verantwortlich für die Verletzung inländischer Patentrechte ist in grenzüberschreitenden Fällen auch ein im Ausland ansässiger Lieferant, wenn er die patentverletzenden Vorrichtungen in Kenntnis des Klagepatents und in Kenntnis des Bestimmungslandes liefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mitverursacht (BGH, GRUR 2002, 599 – Funkuhr I, LG Düsseldorf, InstGE 3, 174, 175 – Herzkranzgefäß-Dilatationskatheter, LG Düsseldorf, InstGE 1, 154, 155 – Rohrverzweigung; Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rn. 11). Den ausländischen Hersteller patentverletzender Vorrichtungen trifft eine Mitverantwortung, wenn er seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weiter vertreibt (LG Düsseldorf, InstGE 1, 154, 155 – Rohrverzweigung).

II.
Die Klage ist auch überwiegend begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz, aus Art. 64 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 3; 140b Abs. 1 und 3 PatG; §§ 242; 259 BGB zu. Abzuweisen war die Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Abmahnkosten.

1.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 eine Kassette für eine elektrische Klammermaschine. Derartige Heftmaschinen können maschinell mehrere Papierblätter zusammenheften und werden beispielsweise in Fotokopiermaschinen eingesetzt. Bei diesen Heftmaschinen sind die Krampen (Heftklammern) in einem geraden, das heißt noch nicht gebogenen Zustand hintereinander angeordnet, so dass sie eine viereckige Fläche (den so genannten Krampenbogen) bilden. Weil die Krampen vorgestanzt sind, können sie leicht aus dem Viereck herausgelöst und vereinzelt werden. Die Krampenbögen können in einer Kassette gestapelt werden. Bevor ein Krampen als Heftklammer zum Einsatz kommt, muss er über ein Fördermittel aus der Kassette heraus zu einem Abschnitt befördert werden, an dem er zuerst U-förmig umgebogen und in die Papierblätter eingetrieben wird und in dem schließlich die freien Enden umgebogen werden.

Das Klagepatent beschreibt zunächst, dass bei herkömmlichen Heftern die Krampen in einer Rolle ausgebildet sind, indem die Krampen mittels eines Klebers auf ein Band aufgebracht sind. Diese Rolle wird dann in eine Kassette geladen und so in den Hefter eingebracht. Die einzelnen Krampen werden dann mit einer Klinke dem Form- und Antriebsabschnitt zugeführt.

Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik, dass die Herstellung der Krampenrolle aufwändig ist und außerdem das Band dazu neigt, sich von der Rolle zu lösen, wenn die Antriebseinheit eine ausgebildete Krampe antreibt; dadurch kann der Krampeneintreibvorgang behindert werden.

Als nächstliegenden Stand der Technik nennt das Klagepatent die US 4 623 082, bei der die Krampen nicht auf eine Rolle gezogen sind, sondern in Bogenform aneinander befestigt sind. Die Funktionsweise dieses Standes der Technik erläutert die Klagepatentschrift an Hand der Figuren 1 (a) bis 2 (b), die nachfolgend wiedergegeben sind:

In Figur 1 (a) ist gezeigt, wie sich ein Stapel Krampenbögen – der unterste Krampenbogen ist mit dem Buchstaben „S“ bezeichnet – in der Krampenbogenkassette A befindet. Durch ein Niederdrückteil 6 wird der Stapel nach unten gedrückt. Mittels des Förderbandes 7 wird nun jeweils der unterste Krampenbogen S in Richtung der Auslassöffnung 3, die in Figur 2 (a) gezeigt ist, befördert und auf diesem Wege der Form- und Antriebseinheit zugeführt. Auf dem Weg zu dieser Form- und Antriebseinheit wird der Krampenbogen zwischen der Oberfläche des Förderbandes 7 und der unteren Fläche eines Führungsteils 13, das in Figur 1 (b) im Querschnitt gezeigt ist, gehalten. Um die Förderung des Krampenbogens nicht durch eine übermäßige Reibung zu behindern, weist das Führungsteil einen Ausnehmungsabschnitt 13c auf. Dadurch kann es allerdings, wie die Figur 1 (b) veranschaulicht, zu einer Krümmung des Krampenbogens kommen, die zwar einerseits die Reibungskraft zwischen Krampenbogen und Führungsteil verringert, andererseits aber auch die Förderwirkung durch das Förderband erschweren kann. Um die Förderwirkung zu sichern, sieht die US 4 623 082 magnetische Einrichtungen vor, die direkt unterhalb des Förderbandes angeordnet sind und einen ausreichenden Kontakt zwischen Krampenbogen und Förderband bewirken sollen. Das Klagepatent kritisiert an dieser Lösung, dass dies eine vorzeitige Abnutzung des Förderbandes verursachen kann, weil die Magneteinrichtung möglichst nahe am Förderband angebracht ist, dieses also berührt. Außerdem ist die magnetische Wirkung nicht über den gesamten Weg des Krampenbogens effektiv und erfordert eine gesonderte Wartung und zusätzliche Aufwendungen bei der Herstellung.

An diesem Stand der Technik kritisiert das Klagepatent zudem, dass es zu einer periodischen Hemmung von Krampenbögen in der Auslasshemmung kommen kann. Wie in der Figur 2 (a) gezeigt, tendieren die Krampenbögen des verbleibenden Stapels dazu, sich dann, wenn der unterste Krampenbogen herausbefördert wird, zu verbiegen, wodurch es zu einem Verklemmen in der Auslassöffnung kommen kann.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem zu Grunde, eine Krampenkassette für einen elektrischen Hefter vorzusehen, in dem in der Kassette gestapelte Krampenbögen reibungslos und zuverlässig zu dem Form- und Antriebsabschnitt des Hefters gefördert werden.

Dies soll durch den Patentanspruch 1 erreicht werden, der folgende Merkmale aufweist:
a) Krampenbogenkassette (A) zur Abgabe von Krampenbögen (S) an eine Heftmaschine
b) mit einem Aufnahmeabschnitt (1) für Krampenbögen (S), der umfasst
b1) eine vordere Wandung (2), in deren unteren Abschnitt eine Auslassöffnung (3) für Krampenbögen (S) ausgebildet ist, die es erlaubt, dass die Krampenbögen (S) aus dem Aufnahmeabschnitt (1) austreten können,
b2) zwei Seitenwandungen (10) mit Trageteilen (12) für Krampenbögen (S), die sich längs der Unterkanten der Seitenwandungen (10) und unter rechten Winkeln zu diesen Seitenwandungen (10) erstrecken und die Krampenbögen (S) derart halten, dass diese nicht durch den offenen Boden (11) des Aufnahmeabschnitts (1) austreten können und
b3) eine Rückwandung,
c) einem Führungsteil (13), das sich von dem unteren Ende der Außenfläche der vorderen Wandung (2) vorwärts erstreckt,
c1) mit einem oberen Abschnitt, der den oberen Teil des Krampenbogens (S) während des Fördervorgangs bedeckt und
c2) mit Führungsflächen (13a) zur Führung der Seiten des Krampenbogens (S) längs eines Förderbandes (7) für Krampenbögen (S) und
d) einem Haltevorsprung (14), der auf einer unteren Fläche (13b) des oberen Abschnitts des Führungsteils (13) in einer Weise ausgebildet ist, dass im befestigten Zustand der Kassette (A) auf der Heftmaschine der Abstand (W 3) zwischen der oberen Fläche (7a) des Fördererbandes (7) und dem Boden (14b) des Haltevorsprungs (14) geringer oder gleich der Dicke des Krampenbogens (S) ist.

2.
Nachdem die Klägerin nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung keinen auf eine unmittelbare Patentverletzung gerichteten Klageantrag gestellt hat, war lediglich über die auf eine mittelbare Patentverletzung gestützten Klageanträge zu entscheiden.

Die insoweit nach dem Erlöschen des Klagepatents noch geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung stehen der Klägerin zu. Die angegiffene Ausführungsform verletzt das Klagepatent mittelbar.

a)
Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Muster K 3 sowie aus den Lichtbildern der Anlagen K 4 und K 5.

Die angegriffene Ausführungsform weist danach einen quaderförmigen Bereich auf, in dem die Krampenbögen aufgenommen sind. Dabei werden die Krampenbögen unten durch zwei an den Seitenwänden angebrachten Trageteilen daran gehindert, durch den offenen Boden auszutreten. Die vordere Wandung der Kassette ist zum Boden der Kassette hin derart verkürzt, dass einzelne Krampenbögen – von unten getragen von den Trageteilen – nach vorne hin aus der Kassette austreten können. Ausgehend von der vorderen Wandung der Kassette ragt in einer Länge von etwa einem Fünftel der Länge eines Krampenbogens ein Bauteil hervor, das an seiner Unterseite drei verdickte Stege aufweist. Setzt man die angegriffene Ausführungsform in die Heftmaschine gemäß Anlage K 3a ein, so kommen die vorderen Enden der seitlichen Wandungen der Kassette jeweils an hinteren Enden von zwei schwarzen Wandungen der Heftmaschine zum Anliegen.

b)
Die angegriffene Ausführungsform ist ein wesentliches Element der Erfindung. Denn der gesamte Patentanspruch bezieht sich auf eine Krampenbogenkassette, die in Merkmal a) genannt ist. Dass die Krampenbogenkassette ein wesentliches Element der Erfindung ist, ergibt sich damit bereits daraus, dass sie Bestandteil des Patentanspruchs ist (vgl. BGH GRUR 2004, 758, 761 – Flügelradzähler).

c)
Die angegriffene Ausführungsform ist auch objektiv dazu geeignet, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

aa)
Dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale a), b), b1), b2), b3) und c) des Klagepatents verwirklicht, steht zwischen den Parteien – zu Recht – außer Streit, so dass sich nähere Ausführungen hierzu erübrigen.

bb)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch das Merkmal c1) des Klagepatents. Nach diesem Merkmal muss das Führungsteil einen oberen Abschnitt aufweisen, der den oberen Teil des Krampenbogens während des Fördervorgangs bedeckt. Die Parteien streiten darüber, ob eine solche Bedeckung bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben ist, da das Führungsteil von dem Aufnahmeabschnitt der Kassette nur um ca. 1/5 der Länge der Seitenwand hervorragt, so dass es den Krampenbogen weder auf der gesamten Länge noch auf der gesamten Breite überdeckt. Die Beklagten meinen, der obere Abschnitt des Führungsteils müsse sich nach dem Klagepatent so weit nach vorne erstrecken, dass es den Krampenbogen auf seinem gesamten Förderweg überdeckt.

Dieser Argumentation kann die Kammer nicht folgen. Das Merkmal c1) gibt lediglich vor, dass sich das Führungsteil von dem unteren Ende der vorderen Wandung vorwärts erstrecken soll. Offen gelassen ist, wie weit sich das Führungsteil vorwärts erstrecken soll. In dem Merkmal heißt es hierzu lediglich, dass dieser obere Abschnitt des Führungsteils den oberen Teil des Krampenbogens während des Fördervorganges bedecken soll. Auch hier wird aber wiederum nicht gefordert, dass der Bogen während des gesamten Fördervorgangs von dem Führungsteil bedeckt sein soll. Auch eine funktionsorientierte Auslegung legt ein solches Verständnis nicht nahe. Das Führungsteil soll nach der Lehre des Klagepatents dafür sorgen, dass ein flaches Profil des Krampenbogens aufrecht erhalten wird, so dass dieser stets ausreichenden Kontakt mit dem Förderband hat. Dies war in dem vom Klagepatent ausführlich gewürdigten Stand der Technik nämlich nicht gewährleistet. Wie die Figur 1 (b) zeigt, war dort der Kontaktbereich zwischen Krampenbogen S und Führungsteil 13 minimiert worden, indem das Führungsteil einen Ausnehmungsabschnitt 13c aufweist, so dass lediglich die Kanten des Krampenbogens mit dem Führungsteil Kontakt haben (vgl. Anlage K 1a, S. 2, Zeilen 25 ff. bis S. 3, 1. Absatz). Weil das Förderband schmaler ist als der Krampenbogen, werden die Kanten des Krampenbogens nach unten geschoben, wodurch dieser sich krümmt. Dadurch wiederum verschlechtert sich der Kontakt mit dem Förderband; die Förderung wird unbeständiger. Dagegen will das Klagepatent eine reibungslose und zuverlässige Förderung der Krampenbögen erreichen, indem die Führungsfläche ein flaches Profil des Krampenbogens aufrecht erhält (K 1a, S. 4, 2. Absatz). Wenn aber die Funktion des Führungsteils darin besteht, den Krampenbogen auf das Förderband zu drücken, dann ist hierfür nicht notwendig, dass das Führungsteil den Krampenbogen auf dem gesamten Förderweg überdeckt. Vielmehr ist ein sicherer Transport durch das Förderband schon dann möglich, wenn der Druck auf eine nennenswerte Teilfläche des Krampenbogens ausgeübt wird. Denn jedenfalls in diesem Bereich kann dann das Förderband sicher angreifen und den – zusammenhängenden – Krampenbogen sicher vorwärts transportieren.

Der Umstand, dass das in der Klagepatentschrift gezeigte Ausführungsbeispiel eine Überdeckung des Förderweges in der Breite des gesamten Krampenbogens zeigt, vermag hieran nichts zu ändern, denn ein Ausführungsbeispiel erlaubt regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung).

cc)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch das Merkmal c2) des Klagepatents, allerdings nicht wortsinngemäß, sondern – wie von der Klägerin geltend gemacht – mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln, und zwar dadurch, dass die Heftmaschine, mit der die angegriffene Ausführungsform verwendet wird, seitliche Führungsflächen für die Krampenbögen aufweist.

(1)
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform anerkanntermaßen dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden, wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (vgl. BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffhohlprofil; BGH GRUR 2002, 515, 518 – Schneidmesser I; BGH GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 511, 512 – Kunststoffrohrteil; GRUR 2002, 527, 528 f. – Custodiol II; GRUR 2005, 313, 315; GRUR 2007, 410, 415 f. – Kettenradanordnung; GRUR 2004, 758, 760 – Flügelradzähler; GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung, GRUR 2007, 1059, 1063 – Zerfallzeitmessgerät). Die Einbeziehung einer vom Wortsinn des Schutzanspruchs abweichenden Ausführungsform in den Schutzbereich eines Patents setzt danach voraus, dass das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln gelöst wird (Gleichwirkung), dass seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen) und dass die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit).

(2)
Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier vor. Merkmal c2) verlangt, dass das Führungsteil Führungsflächen zur Führung der Seiten des Krampenbogens längs eines Förderbandes für Krampenböen aufweist. Vorliegend weist zwar das an der angegriffenen Krampenbogenkassette angebrachte und sich nach vorne erstreckende Führungsteil keine solchen seitlichen Führungsflächen auf. Allerdings sind solche seitlichen Führungsflächen an der Heftmaschine vorhanden, die die Klägerin als Anlage K 3a vorgelegt hat. Die in der Heftmaschine gelagerten schwarzen Wandungen verlängern dann, wenn man die Krampenbogenkassette in die Heftmaschine einsetzt, die Seitenwände der Krampenbogenkassette und führen damit die Krampenbögen auf ihrem Förderweg seitlich.

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin hinreichend substantiiert dargetan, dass diese seitlichen Wandungen die gleiche Wirkung haben wie die klagepatentgemäßen seitlichen Führungsflächen des Führungsteils. Wie die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen und auch in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2009 demonstriert hat, liegen die schwarzen Wandungen dann, wenn man die Krampenbogenkassette in die Heftmaschine einsetzt, derart an der Kassette an, dass sie deren Seitenwände verlängern. Es ist deshalb erkennbar, dass diese schwarzen Wandungen einen Krampenogen, der die Kassette durch die Auslassöffnung verlässt, seitlich auf seinem Förderweg führen. Die Führung erstreckt sich auch über eine erhebliche Strecke, denn die schwarzen Wandungen erstrecken sich jedenfalls bis zu dem grünen Plastikeinsatz, der die schwarze Wandung im oberen Bereich unterbricht. Damit ist eine effektive seitliche Führung gewährleistet.

Es ist für den Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnisse auch naheliegend, die seitlichen Führungsflächen an der Heftmaschine anstatt an dem Führungsteil der Krampenbogenkassette anzubringen. Denn wie die Klägerin zu Recht anführt, befähigen seine Fachkenntnisse einen Fachmann dazu, zu erkennen, dass dann, wenn eine seitliche Führung eines zu fördernden Gutes erreicht werden soll, die Führungsflächen an den Seiten dieses Gutes entlang führen müssen. Eine sichere seitliche Führung ist dabei immer dann gewährleistet, wenn die Führung selbst fest liegt. Nicht entscheidend für die sichere seitliche Führung ist dagegen, mit welchem Bauteil der Gesamtkonstruktion diese Führung verbunden ist, ob vorliegend also mit der Krampenbogenkassette selbst oder aber mit der Heftmaschine.

Die Überlegungen, die der Fachmann zum Auffinden der abgewandelten Lösung anstellen muss, sind auch derart am Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Drei Anhaltpunkte aus der Klagepatentschrift führen den Fachmann zu der Überlegung, dass er die seitlichen Führungsflächen auch an der Heftmaschine vorsehen kann.

Erstens entnimmt er dem Merkmal c2), dass das Klagepatent keine näheren Vorgaben dazu macht, ob bzw. wie die seitlichen Führungsflächen 13a mit dem oberen Abschnitt des Führungsteils 13 verbunden sein sollen. In der Merkmalsgruppe c) ist lediglich von einem Führungsteil 13 „mit Führungsflächen 13a“ die Rede. Diese Formulierung zeigt dem Fachmann, dass das Klagepatent nicht zwingend davon ausgeht, dass die seitlichen Führungsflächen einstückig mit der oberen Wandung des Führungsteils verbunden sein müssen. So könnten nach diesem Wortlaut die seitlichen Führungsflächen auch beispielsweise separat von dem oberen Abschnitt vorne an der Krampenbogenkassette angebracht sein. Auch wenn es immerhin nicht mehr vom Wortsinn des Klagepatents erfasst ist, wenn man die seitlichen Führungen gar nicht mehr an der Krampenbogenkassette, sondern an der Heftmaschine, anbringt, wird der Ort, an dem die seitlichen Führungsflächen angebracht werden sollen, in Merkmal c2) dennoch im Rahmen der Möglichkeiten offen gelassen.

Zweitens wird dem Fachmann in der Figur 3 (c) verdeutlicht, dass auch Elemente, die an der Heftmaschine angebracht sind, zur Führung der Krampenbögen beitragen können. Die Figur 3 (c) zeigt eine Krampenbogenkassette in einem Zustand, in dem sie in eine Heftmaschine eingesetzt ist. Dies wird aus der zugehörigen Beschreibungsstelle (Anlage K 1a, Seite 7, Zeilen 4-12) deutlich. Die in der Figur gezeigten Führungsschienen 16 sind demnach Teile, die in der Heftmaschine vorhanden sind und nicht an der Krampenbogenkassette – dementsprechend sind sie auch in der Übersichtsfigur 3 (a) nicht zu sehen. Aus der Figur 3 (c) und der vorgenannten Beschreibungsstelle erfährt der Fachmann, dass die Führungsschienen 16 dazu dienen, den Krampenbogen zu tragen, also seine Führung von unten zu gewährleisten. Es wird also deutlich, dass auch in der Heftmaschine angeordnete Elemente dafür vorgesehen werden können, zu einer Führung der Krampenbögen auf ihrem Förderweg beizutragen.

Drittens wird der Fachmann auch durch die Textstelle auf Seite 6, Zeilen 25-27 der Klagepatentschrift zu der Überlegung angeregt, dass in der Heftmaschine seitliche Führungen für die Krampenbögen vorgesehen werden können. Dort heißt es:
„Die Kassette A ist derart auf das Magazin gesetzt, dass sie über dem Krampenbogenförderband 7 in dem Hefter platziert ist“.
Hieraus ergibt sich, dass die Krampenbogenkassette in die Heftmaschine eingesetzt werden soll und in dieser eingesetzten Position eine bestimmte Lage der Kassette beibehalten werden soll. Dadurch wird dem Fachmann klar, dass die Kassette in der Heftmaschine fest sitzen, insbesondere gegen ein seitliches Verrutschen gesichert sein soll. Ein solcher fester Sitz ist aber – worauf der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen hat – nur dann gewährleistet, wenn die Kassette im eingesetzten Zustand mit ihren Seitenwänden direkt an den Seitenwänden bzw. seitlichen Halterungen der Heftmaschine anliegt, also in eine passgenaue Öffnung der Heftmaschine eingesetzt wird. Wird nun diese Vorgabe des Klagepatents befolgt, so erkennt der Fachmann, dass dann eine seitliche Führung der Krampenbögen durch die Heftmaschine selbst schon vorgezeichnet ist. Er muss nur noch dafür sorgen, dass die ohnehin vorhanden Seitenwände der Heftmaschine im vorderen Bereich, in dem die Krampenbögen austreten, um die Dicke der Seitenwände der Krampenbogenkassette verengt werden, damit sie die Krampenbögen, die schmaler sind als die Kassette mit ihren Seitenwänden, seitlich führen können. Indem er die seitliche Führung auf diese Weise ausführt, wahrt er sämtliche Vorteile, die das Klagepatent ihrer Krampenbogenkassette zuschreibt. Eine Gleichwertigkeit ist damit gegeben.

dd)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch das Merkmal d), wonach die Krampenbogenkassette einen Haltevorsprung aufweisen muss, der auf einer unteren Fläche des oberen Abschnitts des Führungsteils in einer Weise ausgebildet ist, dass im befestigten Zustand der Kassette auf der Heftmaschine der Abstand zwischen der oberen Fläche des Fördererbandes und dem Boden des Haltevorsprungs geringer oder gleich der Dicke des Krampenbogens ist. Die Beklagten wenden ein, es fehle der angegriffenen Ausführungsform an einem solchen klagepatentgemäßen Haltevorsprung, weil an dem Führungsteil drei Stege vorhanden seien, die in ihrer gesamten Längserstreckung die gleiche Höhe aufweisen würden, so dass im eingesetzten Zustand der Krampenbogenkassette der Abstand zwischen dem Förderband und dem Steg immer gleich sei. Es fehle daher an einer „Rampe“, wie sie etwa in der Figur des Klagepatents gezeigt sei (Bezugsziffer 14a). Auch könne der mittlere Steg bei der angegriffenen Ausführungsform nicht in dem vom Klagepatent vorgegebenen Abstand zum Förderband stehen. Denn wenn der Abstand zwischen Förderband und Stegunterseite kleiner sei als der Krampenbogen, dann würde der Steg die Beförderung des Krampenbogens durch den Spalt erst gar nicht zulassen. Eine solche Verkantung sei auch dann zu erwarten, wenn der Abstand gleich der Dicke eines Krampenbogens sei.

Diese Einwände überzeugen nicht. Zunächst ist zur Auslegung des Merkmals d) festzustellen, dass der Haltevorsprung dazu dient, den Krampenbogen flach auf dem Förderer zu halten, damit dieser den Krampenbogen sicher und zuverlässig befördern kann (vgl. K 1a, S. 7, Zeilen 23 ff). Dieses Flachdrücken durch den Haltevorsprung ist nur dann möglich, wenn der Spalt zwischen Förderer und Haltevorsprung, in den der Krampenbogen geführt wird, nicht dicker als der Krampenbogen selbst ist. Wenn es in Merkmal d) heißt, der Spalt könne auch schmaler sein als die Dicke des Krampenbogens, dann wird dies ein Fachmann dahingehend verstehen, dass damit nur der Zustand beschrieben sein kann, bevor der Krampenbogen in den Spalt eingeführt wird. Denn sobald sich der Krampenbogen in dem Spalt befindet, muss dieser Spalt notwendigerweise die Dicke des Krampenbogens aufweisen, damit dieser überhaupt dazwischen passt. Entgegen der Ansicht der Beklagten setzt Merkmal d) auch nicht voraus, dass der Haltevorsprung eine Abschrägung aufweist, die dem Krampenbogen das Einlaufen in den Spalt erleichtert. Diese Variante ist lediglich in einem Ausführungsbeispiel beschrieben (vgl. K 1a, S. 6, Zeilen 21-23), aber nicht in den Patentanspruch aufgenommen worden. Dieses Ausführungsbeispiel darf nicht zu einer eingeschränkten Auslegung des Patentanspruchs führen.

Dem Fachmann wird vielmehr freigestellt, wie er sicherstellt, dass der Krampenbogen in den engen Spalt zwischen Förderer und Steg eingeführt wird. Anstatt den Haltevorsprung abzuschrägen, kann er etwa auch das Förderband „bergauf“ laufen lassen. Genau in dieser Weise scheint das Problem bei der angegriffenen Ausführungsform gelöst zu sein: der Krampenbogen wird auf der Förderrolle bis auf deren höchsten Punkt hochgedrückt. In welchem Abstand dieser höchste Punkt des Förderers im Verhältnis zu dem Steg steht, zeigt die Abbildung , die die Klägerin auf Seite 24 ihres Schriftsatzes vom 17.08.2009 wiedergegeben hat und die nachfolgend eingeblendet ist:

Diese Abbildung zeigt, dass zwischen dem Steg und der unten quaderförmig dargestellten Förderrolle weniger Platz ist als der Krampenbogen dick ist. Die Beklagten haben diese Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform nicht substantiiert bestritten: sie haben auch in der mündlichen Verhandlung bei der Erörterung des Merkmals d) nicht konkret vortragen, wie groß der Abstand zwischen Förderband und Steg bei der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich sein soll. Ein solcher konkreter Vortrag wäre von den Beklagten aber angesichts der genauen Angaben der Klägerin zu erwarten gewesen, worauf sie in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen worden sind.

d)
Auch die subjektiven Voraussetzungen einer mittelbaren Patentbenutzung liegen vor. Die mittelbare Verletzung eines Patentes setzt neben der Eignung des Mittels als subjektives Tatbestandsmerkmal voraus, dass der Abnehmer die das Mittel bildende Vorrichtung dazu bestimmt, zur Benutzung der Erfindung verwendet zu werden, und dass der Lieferant diese Eignung und Bestimmung positiv kennt oder sie nach den Umständen offensichtlich ist. Der Lieferant muss die Bestimmung durch den Abnehmer kennen und wollen; er muss vorsätzlich handeln.

Dabei ist die subjektive Bestimmung des Abnehmers zur unmittelbar patentverletzenden Verwendung eines angebotenen Mittels regelmäßig dann aufgrund der Umstände offensichtlich, wenn ein Mittel ausschließlich patentverletzend verwendet werden kann (BGH GRUR 2005, 848, 852 – Antriebsscheibenaufzug). Die Darlegung wiederum, dass eine patentfreie Nutzung des Mittels technisch möglich ist, obliegt den Beklagten: sie müssen eine konkrete patentfreie Verwendungsmöglichkeit benennen (Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl. 2008, § 10 Rn. 37).

Vorliegend hat die Klägerin mehrfach konkret behauptet, dass die angegriffene Ausführungsform ausschließlich mit der Heftmaschine gemäß Anlage K 3a einsetzbar sei. Die Beklagten haben dies in der Duplik und mit Schriftsatz vom 23.11.2009 bestritten. Mit diesem bloßen Bestreiten sind die Beklagten jedoch der ihnen obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. Es hätte ihnen oblegen, eine patentfreie Nutzungsmöglichkeit für die angegriffene Ausführungsform konkret zu behaupten. Da die Beklagte zu 1) ein Fachunternehmen ist, wäre es ihr ohne weiteres möglich gewesen, konkrete Modelle von Heftmaschinen zu benennen, in die ihrer Ansicht nach die angegriffene Ausführungsform auch eingesetzt werden kann. Trotz eines Hinweises in der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten es jedoch beim bloßen Bestreiten belassen.

Den Beklagten war die Eignung und die Bestimmung der angegriffenen Vorrichtung zur erfindungsgemäßen Verwendung auch bewusst. Der Nachweis hierfür kann deshalb als erbracht angesehen werden, weil die Verwendung der angegriffenen Ausführungsform für die Benutzung der Erfindung – wie vorstehend ausgeführt – offensichtlich ist und daher eine Beweiserleichterung auch im Hinblick auf dieses subjektive Tatsbestandsmerkmal eingreift (BGH GRUR 2001, 228, 231 – Luftheizgerät).

e)
Die Beklagten sind passiv legitimiert. Sie haften auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz als Gesamtschuldner. Denn als Verletzer verantwortlich ist in grenzüberschreitenden Fällen auch ein im Ausland ansässiger Lieferant, der mittelbar patentverletzende Vorrichtungen in Kenntnis des Klagepatents und in Kenntnis des Bestimmungslandes liefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mitverursacht (für unmittelbare Verletzungen: BGH, GRUR 2002, 599 – Funkuhr I, LG Düsseldorf, InstGE 3, 174, 175 – Herzkranzgefäß-Dilatationskatheter, LG Düsseldorf, InstGE 1, 154, 155 – Rohrverzweigung; Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rn. 11). Den ausländischen Hersteller patentverletzender Vorrichtungen trifft daher eine Mitverantwortung, wenn er seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weiter vertreibt (LG Düsseldorf, InstGE 1, 154, 155 – Rohrverzweigung).

Vorliegend hat die Klägerin dargetan, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform an die E geliefert hat. Die Klägerin hat als Anlage K 17a ein an die E gerichtetes Angebot der Beklagten zu 1) vom 11.08.2006 vorgelegt, in dem die Beklagte zu 1) der E unter anderem das Produkt „G“ mit der Artikelnummer H anbietet. Die Beklagten sind dem Vortrag der Klägerin, dass es sich hierbei um die angegriffene Ausführungsform handelt, nicht erheblich entgegen getreten. Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 30.10.2009 hierzu schlicht vorgetragen, in der Anlage K 17a ginge es um „andere Produkte“, ist dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert, denn die Beklagten hätten an Hand der eigenen Artikelnummer ohne weiteres nachprüfen und vortragen können, um welches andere Produkt es sich handeln soll.

Aus der Anlage K 17a ergibt sich, dass die Beklagten die angegriffene Ausführungsform an die E geliefert hat. Denn die Beklagten haben nicht bestritten, dass der Auftrag gemäß dem Angebot vom 11.08.2006 auch tatsächlich zur Auslieferung gekommen ist. In dem Angebot ist auch nicht aufgeführt, dass die Lieferung an eine andere Adresse als an die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige E gehen sollte. Auch aus dem in Anlage K 21 vorgelegten Lieferschein ergibt sich, dass hier die angegriffene Ausführungsform an die E nach Deutschland versandt wurde.

Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Unterlagen kann auch davon ausgegangen werden, dass die E die Ware innerhalb Deutschlands, und zwar an die Firma C, weitervertrieben hat und dass den Beklagten bewusst war, dass ein solcher Weitervertrieb innerhalb Deutschlands geplant war. Zum Beleg dafür, dass die E die angegriffene Ausführungsform an die Firma C geliefert hat, hat die Klägerin die Rechnung vom 03.05.2007 (Anlage K 26) vorgelegt, aus der sich ergibt, dass „XXX“ an die Firma C geliefert wurden. Aus der Aufstellung gemäß Anlage K 17d ergibt sich, dass es sich bei diesen Magazinen um die angegriffene Krampenbogenkassette G der Beklagten handelt, die bei der Beklagten zu 1) die Artikelnummer H trägt. Die Beklagten haben zwar bestritten, dass es sich bei den in der Anlage K 26 genannten Produkten unter anderem um die angegriffene Ausführungsform handelt. Allerdings haben die Beklagten sämtliche Angaben der Klägerin zu den Produkten und Artikelnummern – wie bereits ausgeführt – derart pauschal bestritten, dass dieses Bestreiten nicht berücksichtigt werden kann. Zudem ergibt sich aus dem von der Beklagten zu 1) selbst erstellten Angebot vom 11.08.2006 (Anlage K 17a), welche Produkte mit welchen Artikelnummern in welchen Packungsgrößen verkauft werden. In der Rechnung gemäß Anlage K 26 wird dasjenige Produkt, das die Klägerin als die angegriffene Ausführungsform bezeichnet (Art.-Nr. der E: XXX), in derselben Packungsgröße (Pack = 3 Cart. à 2.000 Stck.) angegeben, wie sie die Beklagte zu 1) in ihrem Angebot vom 11.08.2005 für die angegriffene Ausführungsform angibt. Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in der Anlage K 26 auch der Einsatzzweck der Krampenbogenkassette („I“) angegeben ist, hätte es den Beklagten oblegen, näher darzulegen, weshalb es sich bei der Position XXX in der Anlage K 26 nicht um die angegriffene Ausführungsform handeln kann.

Schließlich geht die Kammer auch davon aus, dass die Beklagten von dem Weitervertrieb der angegriffenen Krampenbogenkassette in Deutschland durch die E wussten bzw. einen solchen Weitervertrieb jedenfalls billigend in Kauf nahmen. Die Lieferscheine gemäß den Anlagen K 20, K 21 und K 22 belegen, dass die Beklagte zu 1) mit der E seit 2005 zahlreiche Liefergeschäfte ausgeführt hat, und der Mailkontakt gemäß den Anlagen K 17b, 24 und K 25 belegt, dass Mitarbeiter der Beklagten zu 1) mit Mitarbeitern der E gut vertraut waren. Angesichts dieser langjährigen Geschäftsbeziehung mit dem in Deutschland ansässigen Unternehmen können die Beklagten nicht pauschal behaupten, sie hätten nicht gewusst, dass die E innerhalb Deutschlands weitervertreibt. Die Kammer hat die Beklagten deshalb mit Beschluss vom 16.11.2009 darauf hingewiesen, dass ihr Vortrag dazu, die angegriffene Ausführungsform sei von der E „zum Zwecke des Weitervertriebs nach Osteuropa, namentlich Tschechien geordert worden“ zu unkonkret ist. Es fehle an konkreten Angaben dazu, was in diesem Zusammenhang im Einzelnen bei welchem Gespräch, das wo zwischen welchen Personen stattgefunden haben soll, besprochen worden sein soll. An dieser Bewertung hat sich durch den Schriftsatz vom 23.11.2009, den die Beklagten auf den gerichtlichen Hinweis eingereicht haben, nichts geändert. In diesem Schriftsatz werden wieder keine genauen Daten, Orte, beteiligte Personen und Gesprächsinhalte aufgeführt. Stattdessen wird auf Zeugenaussagen verwiesen, die in einem der Kammer nicht bekannten Verfahren vor dem Landesgericht Wiener Neustadt getätigt worden sein sollen, die inhaltlich ebenso ungenau bleiben wie der bisherige Vortrag. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin diesen Vortrag trotz Nachfragen der Kammer nicht näher präzisiert. Der Beklagtenvortrag bleibt daher unsubstantiiert; auf seiner Grundlage kann eine Vernehmung von Zeugen nicht stattfinden, da eine solche Beweisaufnahme auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufen würde.

f)
Aus der Verletzung des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen.

aa)
Die Beklagten haben der Klägerin im Hinblick auf den patentverletzenden Vertrieb der Krampenbogenkassetten Schadensersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ; § 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2), die Patentverletzung durch die Krampenbogenkassetten bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Die Beklagten haften als Gesamtschuldner auf Schadensersatz, § 840 Abs. 1 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grund nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.

bb)
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242; 259 BGB). Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG.

Im Rahmen der Verurteilung zur Auskunft, zur Rechnungslegung und zum Schadensersatz war davon auszugehen, dass der Vertrieb der Krampenbogenkassetten während der Laufzeit des Klagepatents vollständig verboten war, dass also nicht etwa ein eingeschränkter Vertrieb unter Hinweis auf das Klagepatent zulässig gewesen wäre. Denn wie bereits ausgeführt, ist davon auszugehen, dass die angegriffene Ausführungsform ausschließlich zusammen mit der Heftmaschine gemäß Anlage K 3a und damit patentverletzend einsetzbar ist, so dass ein Schlechthin-Verbot gerechtfertigt war.

cc)
Außergerichtliche Abmahnkosten kann die Klägerin jedoch gemäß § 139 Abs. 2 PatG nur in Höhe von 7.427,20 € verlangen. Denn die außergerichtliche Abmahnung vom 07.05.2008, mit der eine Verletzung des Klagepatents des vorliegenden Verfahrens sowie eine Verletzung der Patentansprüche 1 und 10 des deutschen Teils des Europäischen Patents 0 608 XXX geltend gemacht wurde, war nur im Hinblick auf das hiesige Klagepatent sowie auf Patentanspruch 10 des Europäischen Patents 0 608 XXX begründet, nicht aber im Hinblick auf Patentanspruch 1 des Europäischen Patents 0 608 XXX. Für die Ansprüche aus dem Klagepatent ist ein Gegenstandswert von 50.000,00 € angemessen, und für den – tatsächlich verletzten – Patentanspruch 10 des Europäischen Patents 0 608 XXX ist ein Gegenstandswert von weiteren 192.500,00 € (55 % des dortigen Streitwerts von 350.000,00 €) gerechtfertigt. Wegen der Bewertung der Verletzung des Europäischen Patents 0 608 XXX wird auf das ebenfalls am heutigen Tage verkündete Urteil der Kammer in der Sache 4b O XXX/09 verwiesen. Insgesamt kann die Klägerin daher die Erstattung von Rechts- und Patentwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von 242.500,00 € verlangen. Dass für den Rechts- und den Patentanwalt jeweils eine 1,8-Gebühr verlangt wird, ist nicht zu beanstanden, da es sich um eine Patentsache handelt, die zudem aufgrund der mittelbaren Patentverletzung und der Äquivalenzerwägungen einen mittleren Schwierigkeitsgrad aufweist. Es ergibt sich damit ein Erstattungsbetrag von 7.427,20 € (2 x 1,8 Geschäftsgebühr bei einem Gegenstandswert von 242.500,00 € + 2 x 20,00 € Post- und Telekommunikationspauschale). Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 91a ZPO. Mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2009 noch geltend gemachten Ansprüchen hat die Klägerin – bis auf einen geringen Teil der Abmahnkosten – obsiegt. Im Hinblick auf den Rückrufantrag, der mit 10 % des Streitwerts bemessen wird und den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, hat sie die Kosten zu tragen. In Bezug auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Unterlassungsantrag, der angesichts der recht kurzen Restlaufzeit des Klagepatents mit 50 % des Streitwerts bemessen wird, waren die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, weil der geltend gemachte Anspruch begründet war und erst durch das Erlöschen des Klagepatents am 24.10.2009 unbegründet geworden ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 794 Nr. 3, 91a Abs. 2, 269 Abs. 5 ZPO. Da die zu Gunsten der Beklagten ergangene Kostenentscheidung auf § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO beruht und da die zu Gunsten der Klägerin ergangene Kostenentscheidung in Bezug auf 50 % ihrer Kosten auf § 91a ZPO beruht, war die Vollstreckbarkeit insoweit ohne Sicherheitsleistung anzuordnen. Im Hinblick auf die Vollstreckung aus dem Tenor zu I. war eine Sicherheitsleistung von 7.500,00 € ausreichend, da der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch mit 15 % des Streitwertes bemessen wird.