4a O 571/05 – Dosierinhalatoren

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 885

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. März 2008, Az. 4a O 571/05

Rechtsmittelinstanz: 2 U 36/08

I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren, enthaltend eine Zusammensetzung für die Aerosolverarbreichung, enthaltend eine Lösung von Budesonid oder Epimeren davon, ein Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel und ein Cosolvens, wobei ein Teil der oder die gesamten Innenoberflächen der Inhalatoren aus Edelstahl oder anodisiertem Aluminium besteht/bestehen oder mit einer inerten organischen Beschichtung, ausgewählt aus einem Perflouralkoxyalkan, einem Epoxy-Phenol-Harz oder einem fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon, ausgekleidet ist/sind
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannte Zwecken einzuführen oder zu besitzen;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 04.02.2006 begangen hat und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Angebotsaufstellung enthalten ist;
3. die in unmittelbarem oder mittelbarem Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 04.02.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 90 %, der Klägerin zu 10 % auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000.000,00 EUR, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 131 xxx (Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das unter Inanspruchnahme zweier italienischer Prioritäten vom 25.11.1998 und vom 30.07.1999 am 23.11.1999 angemeldet wurde und dessen Erteilung am 04.01.2006 veröffentlicht wurde. Die deutsche Übersetzung des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache englisch ist, liegt als Anlage K14a vor. Das Patent steht in Kraft.

Die Beklagte legte am 12.04.2006 beim Europäischen Patentamt (EPA) Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents ein. Dieser wurde von der Einspruchsabteilung auf die mündliche Verhandlung vom 10.12.2007 zurückgewiesen. Die Beklagte nahm daraufhin mit Schreiben vom 06.02.2008 gegenüber der Einspruchsabteilung des EPA den Einspruch zurück und erklärte den Verzicht auf eine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 10.12.2007. Am selben Tage erhob sie beim Bundespatentgericht (BPatG) Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents.

Der hier geltend gemachte Klagepatentanspruch 1 ist mit den Ansprüchen 1 bis 7 aus dem früheren Gebrauchsmuster DE 299 23 xxx weitgehend wortgleich. Die Beklagte stellte hinsichtlich des Gebrauchsmusters Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA). In einem Vorbescheid vom 07.12.2006 teilte die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA mit, dass mit der Löschung des Gebrauchsmusters zu rechnen sei (Anlage B 11). Daraufhin nahm die Klägerin den Widerspruch gegen den Löschungsantrag zurück. Das Gebrauchsmuster wurde am 21.01.2008 gelöscht.

Das Klagepatent bezieht sich auf mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet in der deutschen Übersetzung:

1. Mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren, enthaltend eine Zusammensetzung für die Aerosolverarbreichung, enthaltend eine Lösung von Budesonid oder Epimeren davon, ein Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel und ein Cosolvens, wobei ein Teil der oder die gesamten Innenoberflächen der Inhalatoren aus Edelstahl oder anodisiertem Aluminium besteht/bestehen oder mit einer inerten organischen Beschichtung, ausgewählt aus einem Perflouralkoxyalkan, einem Epoxy-Phenol-Harz oder einem fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon, ausgekleidet ist/sind.

Die Beklagte ist eine bekannte Herstellerin von Generika. Sie vertreibt unter der Bezeichnung A (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator, der eine Lösung des Wirkstoffes Budesonid im Treibmittel Norfluan enthält. Weiterhin enthält das Produkt Ethanol und 3-sn-Phosphatidylcholin.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie behauptet, die Innenfläche des Inhalators weise eine inerte organische Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon auf. Dies ergebe sich aus zwei Analysen der angegriffenen Ausführungsform. Bei der Pyrolyse und anschließenden Gaschromatographie und Massenspektroskopie (GC/MS) seien zum einen Tetrafluorethylen und Hexafluorpropylen, also typische Abbauprodukte eines fluorierten Ethylen-Propylen-Copolymer (FEP), und Diphenylether und 4-Hydroxybenzolsulfonsäure, die Abbauprodukte von Polyethersulfon (PES), gefunden worden. Die Abbauprodukte seien mit den Ergebnissen der Analyse eines mit fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon beschichteten Dosierinhalators der Klägerin und mit den Einträgen in der NIST98-Bibliothek identisch. Die infrarotspektroskopische Analyse zweier angegriffener Ausführungsformen habe ebenfalls dasselbe Spektrum ergeben wie bei dem Vergleichsprodukt der Klägerin, das eine Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon aufweise. Wegen des genauen Ablaufs und der Ergebnisse der durchgeführten Versuche wird auf die Untersuchungsberichte der Universität Bologna (Anlage K13, in deutscher Übersetzung Anlage K13a) und des deutschen Kunststoffinstituts, Prof. Dr. E, (Anlage K20) Bezug genommen.
Die von der Universität Bologna untersuchte angegriffene Ausführungsform habe Herr B – Leiter der Abteilung Vertrieb der deutschen Tochter der Klägerin, der C GmbH – in Deutschland am 15.11.2004 kaufen lassen. Er habe sie an Frau D, Mitarbeiterin der Klägerin, nach Italien gesandt, die sie an das A.R.S. Laboratorium der Universität Bologna weiter gesandt habe. Herr Prof. Dr. E habe ebenfalls diese Probe untersucht und zudem eine weitere Probe, die die Klägerin ausweislich der vorliegenden Rechnung (Anlage K21) in Deutschland erworben habe.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent EP 1 131 051 anhängige Nichtigkeitsklage auszusetzen,

hilfsweise ihr nachzulassen, die Vollstreckung gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Klägerin ist dem Aussetzungsantrag entgegengetreten.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Schlussfolgerungen im Untersuchungsbericht der Universität Bologna (Anlage K13 bzw. K31a) seien nicht zwingend, weil er ohne Prüfung davon ausgehe, dass das Vergleichsprodukt der Klägerin mit fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon beschichtet sei. Es sei anzunehmen, dass der Versuchsleiter voreingenommen gewesen sei, weil bereits in der Überschrift und der Einführung des Untersuchungsberichts von „Teflon aus A-Behältern“ die Rede sei. Außerdem seien weitere Abbauprodukte nachgewiesen worden, so dass es sich nicht zwingend um eine inerte organische Beschichtung handeln könne. Im Übrigen habe die Klägerin nicht dargelegt, wie sie in den Besitz der Behälter für die Untersuchungen der Universität Bologna gelangt sei. Der Erwerbsvorgang durch Herrn D und Frau D werde ebenso mit Nichtwissen bestritten wie der Umstand, dass sie – die Beklagte – die von Prof. Dr. E untersuchten Inhalatoren in den Verkehr gebracht habe.
Selbst wenn die Untersuchungsergebnisse zutreffend seien, sei mit der Untersuchung durch die Universität Bologna ausweislich Blatt 1 der Anlage 13a ein FEP-plus-PES-Copolymer nachgewiesen worden. Ein Copolymer sei jedoch nicht Gegenstand des Klagepatentanspruchs. Zudem widerspreche dies dem Bericht von Prof. Dr. E, der von einem FEP-PES-Blend spreche.

Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens wird auf den Akteninhalt nebst Anlagen und die nachfolgenden Entscheidungsgründe verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte im zuerkannten Umfang Anspruch auf Unterlassung, Rechnungslegung und Auskunft, Vernichtung und Schadensersatz, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch (II., III.). Die Aussetzung der Verhandlung kommt nicht in Betracht (IV.).

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator, der eine Zusammensetzung für eine Aerosolverabreichung enthält.

In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass solche Dosierinhalatoren im Stand der Technik bekannt waren, um pharmazeutische Produkte durch Inhalation in die Atemwege verabreichen zu können. Um die Tröpfchen mit dem Aerosol aus dem Dosierinhalator in die Atemwege auszustoßen, werden Treibmittel verwendet. Laut Klagepatentschrift wurden über viele Jahre Chlorfluorkohlenwasserstoffe verwendet, deren Produktion aber aufgrund ihrer die Ozonschicht schädigenden Wirkung eingestellt wird. Als Ersatz werden im Stand der Technik Fluoralkane – das sind Fluorkohlenwasserstoffe – als Treibmittel vorgeschlagen.

Viele Anwendungen, die Fluoralkane als Treibmittel verwenden, enthalten weitere Zusätze, zum Beispiel Verbindungen, die als Cosolvenzen wirken, oberflächenaktive Mittel, Tenside, Dispergiermittel und Stabilisatoren.

Bei den mit dem Inhalator zu verabreichenden Zusammensetzungen kann es sich um Lösungen oder Suspensionen handeln. Nach der Klagepatentschrift bieten Lösungen mehrere Vorteile gegenüber Suspensionen. Sie sind bequemer herstellbar, da sie in dem Treibmittelvehikel vollständig gelöst sind, und sie vermeiden physikalische Stabilitätsprobleme, die mit Suspensionszusammensetzungen verbunden sind. Als Problem zeigt die Klagepatentschrift auf, dass die Verwendung dieser Formulierungen durch ihre chemische Instabilität begrenzt ist, die zur Bildung von Abbauprodukten führt.

Die WO 94/13262 schlägt die Verwendung von Säuren als Stabilisatoren vor. Sie sollen den chemischen Abbau des Wirkstoffs in Aerosolformulierungen verhindern, die Fluoralkane als Treibmittel verwenden. Die ausgewählten Medikamente umfassen Ipratropiumbromid, für das viele Zusammensetzungsbeispiele angegeben werden, bei denen der Wirkstoff in Kombination mit einer organischen oder anorganischen Säure vorliegt.

Ein weiteres Problem von Dosierinhalatoren besteht laut Klagepatentschrift darin, dass mikronisierte Partikel an den Innenoberflächen des Inhalators wie Behälterwandungen, Ventilen und Dichtungen haften. Darauf beziehen sich die in der Klagepatentschrift benannte WO 96/32099, die WO 96/32150, die WO 96/32151 und die WO 96/32345. Diese Druckschriften betreffen Dosierinhalatoren zur Verabreichung verschiedener Wirkstoffe, die nicht als Lösung, sondern als Suspension in dem Treibmittel vorliegen. Die Innenoberflächen der Inhalatoren sind teilweise oder vollständig mit einem oder mehreren Fluorkohlenstoffpolymeren beschichtet, gegebenenfalls in Kombination mit einem oder mehreren nicht-Fluorkohlenstoffpolymeren.

Die EP 642 xxx hingegen beschreibt vorzugsweise aus Aluminium hergestellte Suspensionsaerosolzerstäuber. In der WO 98/24420 wird die Verwendung von Polyestern zur Lösung der „Quellprobleme von Kunststoffteilen“ von Dosieraerosolzerstäubern beschrieben. Die WO 92/11236 wiederum betrifft einen Suspensionsaerosol eines LTD4-Antagonisten, das mittels eines Sorbitantriesters stabilisiert wird.

Diese Anmeldungen, so das Klagepatent, behandeln jedoch lediglich die Haftung von mikronisierten Partikeln an den Innenoberflächen des Inhalators und nicht das technische Problem der chemischen Stabilität des Wirkstoffs. Darauf bezieht sich – laut Klagepatentschrift – die WO 95/17195. Darin werden Aerosolzusammensetzungen beschrieben, die Flunisolid, Ethanol und als Treibmittel ein Fluoralkan umfassen. Zur Aufnahme dieser Zusammensetzung können herkömmliche Aerosolbehälter verwendet werden, wobei bestimmte Behälter die chemische und physikalische Stabilität erhöhen, darunter vorzugsweise Behälter, die mit Harzen wie Epoxyharzen (Epoxy-Phenol-Harzen und Epoxy-Harnstoff-Formaldehyd-Harzen) beschichtet sind.

Die US 4.835.xxx beschreibt das Verfahren zur Herstellung von Budesonid. Die Klagepatentschrift führt aus, dass aus den EP 504 112, WO 93/05765, WO 93/18746 und WO 94/21229 bislang nur Zusammensetzungen von Budesonid mit einem Fluoralkan-Treibmittel bekannt sind, bei denen Budesonid in Suspensionen im Treibmittelsystem vorliegt und die Zusammensetzung weiterhin zusätzliche Inhaltsstoffe wie bestimmte Arten von Tensiden umfasst. Diese Suspensionsformulierungen von Budesonid haben laut Klagepatentschrift und der von ihr zitierten WO 98/12031 den Nachteil, bei der Dispersion und Redispersion rasch grobe Flocken zu bilden, was die Reproduzierbarkeit der Dosierung negativ beeinflussen kann. Budesonid neige auch dazu, sich aus der Suspension an den Wandflächen des Behälters abzusetzen. Um eine stabile Suspension zu erhalten, werde im Stand der Technik bislang eine Zusammensetzung verwendet, die ein Gemisch aus Fluoralkan-Treibmitteln und bis zu 3 % eines Zusatzes wie Ethanol und geringe Mengen eines Tensids enthält. Dabei werde die Dichte des Treibmittelgemisches so gewählt, dass sie im Wesentlichen mit der Dichte von Budesonid übereinstimme. Allerdings sei die Menge der Zusätze niedrig, um eine signifikante Solubilisierung des Arzneistoffes zu vermeiden. Dies führe wieder zum chemischem Abbau und einem Anstieg der Partikelgröße bei der Lagerung.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik liegt dem Klagepatent das Problem zugrunde, mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren bereitzustellen, die die chemische Stabilität von Lösungen von Budenosid oder deren Epimere in einem Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel verbessern.

Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, der folgende Merkmale aufweist:

1. Mit Druck beaufschlagte Dosierinhalatoren, enthaltend
1.1. eine Zusammensetzung für die Aerosolverarbreichung, enthaltend eine Lösung von Budesonid oder Epimeren davon,
1.2 ein Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel und
1.3 ein Cosolvens,
2. ein Teil der oder die gesamten Innenoberflächen der Inhalatoren
2.1 besteht/bestehen aus Edelstahl oder anodisiertem Aluminium oder
2.2 ist/sind mit einer inerten organischen Beschichtung ausgekleidet
2.2.1 die Beschichtung ist aus einem Perflouralkoxyalkan, einem Epoxy-Phenol-Harz oder einem fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon ausgewählt.

II.
Die Lehre des Klagepatentanspruchs wird von der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht. Bei dem Produkt A handelt es sich unstreitig um einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator, der den Wirkstoff Budesonid enthält. Dieser befindet sich in Lösung mit Norfluan, einem Fuorkohlenwasserstoff-Treibmittel. Weiterhin enthält die Wirkstoffzusammensetzung Ethanol als Cosolvens und 3-sn-Phosphatidylcholin als schwer flüchtige Komponente. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich, ob der Behälter mit einer inerten organischen Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon ausgekleidet ist (Merkmal 2.2 und 2.2.1).

1. Nach der Lehre des Klagepatentanspruchs muss ein Teil oder die gesamte Innenoberfläche des Dosierinhalators, wenn er nicht aus Edelstahl oder anodisiertem Aluminium besteht, mit einer inerten organischen Beschichtung ausgekleidet sein. Was unter einer inerten organischen Beschichtung zu verstehen ist, wird in der Klagepatentschrift nicht näher erläutert. Im Klagepatentanspruch selbst wird jedoch angeordnet, dass als inerte organische Beschichtung nur ein Perfluoralkoxyalkan, ein Epoxy-Phenol-Harz oder ein fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon als inerte organische Beschichtung in Frage kommen. Ist also ein Behälter ganz oder teilweise mit einem dieser Materialien beschichtet, handelt es sich bereits um eine inerte organische Beschichtung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs.
Weiterhin bedarf der Begriff „fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon“ der Auslegung. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon nicht um ein (Co-)Polymer handelt, sondern um eine Mischung bzw. einen Blend aus fluoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Die Klägerin hat ausgeführt, dass es ein fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon-Copolymer nicht gebe und es sich bei fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon notwendigerweise um ein Gemisch bzw. Blend handeln müsse. Diese Auslegung des Begriffs wird bestätigt durch den Wortlaut des Klagepatentanspruchs in der – nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen – englischen Originalfassung und der zugehörigen Beschreibung. Dort werden die Bestandteile des fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon anders als in der deutschen Fassung nicht durchgängig mit Bindestrichen geschrieben. Im Klagepatentanspruch und in der Beschreibung auf Seite 3 Zeile 30 der Klagepatentschrift (Anlage B6) ist die Rede von „fluorinated-ethylene-propylene polyether sulfone“, in der Tabelle 1 auf Seite 5 Zeile 51 lautet die Bezeichnung sogar „Fluorinated-ethylene-propylene/ polyether sulphone.“ Der im Klagepatentanspruch verwendete Begriff „fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon“ ist daher als Gemisch bzw. Blend aus fluoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon auszulegen.

2. Vor diesem Hintergrund werden die Merkmale 2.2 und 2.2.1 von der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verwirklicht, da sie eine Beschichtung aus einem Blend von fluoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon besitzt (a) und es sich dabei um einer inerte Beschichtung handelt (b). Den entsprechenden klägerischen Vortrag hat die Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten.

a) Die Klägerin hat zunächst schlüssig vorgetragen, die Innenfläche der angegriffenen Ausführungsform weise eine inerte organische Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon auf. Sie stützt sich für ihre Behauptung auf die Ergebnisse aus zwei Analysen der angegriffenen Ausführungsform. Bei der Pyrolyse und anschließenden Gaschromatographie und Massenspektroskopie (GC/MS) seien zum einen Tetrafluorethylen und Hexafluorpropylen, also typische Abbauprodukte eines fluorierten Ethylen-Propylen-Copolymer (FEP), und zum anderen Diphenylether und 4-Hydroxybenzolsulfonsäure, die Abbauprodukte von Polyethersulfon (PES), gefunden worden. Die Abbauprodukte seien mit den Ergebnissen der Analyse eines mit fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon beschichteten Dosierinhalators der Klägerin und mit den Einträgen in der NIST98-Bibliothek identisch. Die infrarotspektroskopische Analyse zweier angegriffener Ausführungsformen habe ebenfalls dasselbe Spektrum ergeben wie bei dem Vergleichsprodukt der Klägerin, das eine Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon aufweise.

aa) Die Einwände der Beklagten gegen die Methoden, mit denen die von der Klägerin vorgetragenen Untersuchungsergebnisse gewonnen wurden, greifen nicht durch. Der Umstand, dass bereits in der Überschrift und der Einführung des Untersuchungsberichts der Universität Bologna von „Teflon aus A-Behältern“ die Rede sei, stellt die von der Universität Bologna angewandte Methodik und die daraus gewonnen Ergebnisse der Analyse nicht in Frage. Die Beklagte ergeht sich lediglich in der Mutmaßung, dass der Versuchsleiter voreingenommen gewesen sei. Dabei lässt sie unberücksichtigt, dass ein Untersuchungsbericht regelmäßig nach Durchführung der Analysen niedergeschrieben wird, wenn das Analyseergebnis bereits feststeht. Zudem wird aus dem gesamten Untersuchungsbericht deutlich, dass der Versuchsleiter nicht aufgrund einer etwaigen Voreingenommenheit, sondern aufgrund der durchgeführten Pyrolyse und anschließenden GC/MS zu den Versuchsergebnissen gelangte. Abgesehen davon wies bereits der weitere private Gutachter Prof. Dr. E darauf hin (S. 2 der Anlage K20), dass es sich bei dem Begriff „Teflon“ lediglich um eine Substanzgruppenbezeichnung handelt, die den Schluss auf eine bestimmte Beschichtung – wie hier aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon – nicht zulasse.

bb) Soweit die Beklagte beanstandet, dass der Versuchleiter in der Untersuchung der Universität Bologna ungeprüft davon ausgegangen sei, dass das Vergleichsprodukt der Klägerin eine Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon aufweise, ist auch diese Einwendung unerheblich und vermag das Analyse-Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Zum einen hat die Klägerin vorgetragen und durch Vorlage des Schreibens der Firma 3M (Anlage K22) belegt, dass die an die Klägerin verkauften Behälter eine Beschichtung aus einem Gemisch von fluoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon aufweisen. Dem ist die Beklagte im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr entgegengetreten. Zum anderen wurden die von der Universität Bologna vorgelegten Analyse-Ergebnisse nicht allein durch den Vergleich einer angegriffenen Ausführungsform mit einem Produkt der Klägerin gewonnen. Vielmehr beruht die Feststellung, dass die Beschichtung der angegriffenen Ausführungsform aus fluoriertem Ethylen-Propylen und Polyethersulfon besteht, auf einem Vergleich der Spektren der Abbauprodukte dieser (Co-)Polymere mit der Spektrensammlung in der NIST98-Bibliothek. Die Feststellung der chemischen Zusammensetzung der Beschichtung in der angegriffenen Ausführungsform erfolgte also unabhängig vom Klägerprodukt.

cc) Auch die Einwendungen der Beklagten gegen die Analyse-Ergebnisse selbst greifen nicht durch. Sie behauptet, das Untersuchungsergebnis der Universität belege nicht die Verwirklichung des Merkmal 2.2.1, denn es sei ausweislich Blatt 1 der Anlage 13a ein FEP-plus-PES-Copolymer nachgewiesen worden. Ein Copolymer sei jedoch nicht Gegenstand des Klagepatentanspruchs. Die Klägerin hat daraufhin ihren Vortrag näher konkretisiert und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es ein FEP-plus PES-Copolymer gar nicht gebe. Vielmehr könne es sich technisch nur um eine Mischung bzw. einen Blend aus fluoriertem Ethylen-Propylen und aus Polyethersulfon handeln. Dies wird durch die Stellungnahme von Prof. Dr. E in seinem Untersuchungsbericht (Anlage K20) bestätigt. Dort heißt es auf Seite 4 zum fluorierten Ethylen-Propylen-Polyethersulfon:
„Allerdings ist der in dem Bericht [Anm.: Untersuchungsbericht der Universität Bologna, Anlage K13 bzw. K13a] benutzte Ausdruck „Copolymer“ aus den bereits erläuterten Gründen nicht zutreffend, sondern hätte als „Blend“ aus FEP und PES bezeichnet werden müssen, zumal Copolymere aus fluoriertem Ethylen, Propylen und Polysulfat als Handelsprodukte gar nicht bekannt sind und wohl auch nur sehr schwer herzustellen wären.“
Bei den „bereits erläuterten Gründen“ in der zuvor wiedergegebenen Textstelle handelt es sich um Ausführungen auf Seite 2 des Berichts von Prof. Dr. E. Dort erläutert er zu dem Begriff „fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon“, dass es für den Fachmann selbstverständliche sei, dass es sich dabei um ein als Polymerblend bezeichnetes Gemisch aus FEP und PES handele.
Nach den weiter konkretisierten Darlegungen der Klägerin stellt sich also die Feststellung in dem Untersuchungsbericht der Universität Bologna, es handele sich bei der Beschichtung um ein Copolymer, als bloße Falschbezeichnung dar. Nicht zuletzt ergibt sich dies auch aus dem Umstand, dass die Beschichtung der von der Firma 3M bezogenen Behälter der Klägerin ausweislich der Anlage K22 aus einem „blend of fluoroethylene propylene (FEP) / polyethersulfone (PES)“ besteht und die Untersuchung dieses Produkts zu denselben Analyseergebnissen führte wie die angegriffene Ausführungsform.

Diesen konkreten Vortrag der Klägerin zur Beschichtung, insbesondere zu den Bestandteilen und der Verbindung von fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon, hat die Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, spätestens nach dem durch die Untersuchungsergebnisse untermauerten Vortrag der Klägerin, dass es sich bei der Beschichtung der angegriffenen Ausführungsform um einen Blend aus FEP und PES handele, weil fluoriertes Ethylen-Propylen-Polyethersulfon als Copolymer nicht existiere, ihr Bestreiten näher zu konkretisieren und zum Beispiel darzulegen, aus welchem Material die Beschichtung der von ihr vertriebenen Dosierinhalatoren tatsächlich besteht oder welche alternativen Materialien zumindest auf Basis der Untersuchungsergebnisse für eine mögliche Beschichtung in Frage kämen. Insofern ist der Vortrag der Klägerin, bei der Beschichtung der angegriffenen Ausführungsform handele es sich um einen Blend aus FEP und PES, mithin aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon, nicht hinreichend qualifiziert bestritten worden.

dd) Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestritten hat, dass die dem Untersuchungsbericht der Universität Bologna zugrundeliegenden Proben von den Mitarbeitern der Beklagten – Herrn und Frau D – erworben und bis an die Universität Bologna weitergesandt wurden, geht das Bestreiten ins Leere. Denn aus den klägerischen Darlegungen zum Erwerbsvorgang ergibt sich zugleich der Vortrag, dass das konkrete Produkt A mit der Code-Nummer „GO/DRUGS/341/L“ und der Chargenbezeichnung „CH.-B YR4211“ – das angeblich von Herrn D erworben und weitergesandt worden sein soll – eine Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon aufweise. Auf diesen Tatsachenvortrag bezieht sich das Bestreiten mit Nichtwissen der Beklagten nicht. Im Übrigen wäre es gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, da das Produkt unstreitig von der Beklagten hergestellt wurde und die Beschichtung daher Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung war. Gleiches gilt für die weitere von Prof. Dr. E untersuchte angegriffene Ausführungsform mit der Chargenbezeichnung L YR5090 und für die Frage, ob angegriffene Ausführungsformen dieser Chargen von der Beklagten in Deutschland in Verkehr gebracht wurden.

b) Da von der Beklagten nicht erheblich bestritten worden ist, dass die Beschichtung der angegriffene Ausführungsform aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon besteht (Merkmal 2.2.1), handelt es sich zugleich um eine inerte organische Beschichtung (Merkmall 2.2). Denn wie bereits erläutert, ist eine inerte organische Beschichtung unter anderem dann vorhanden, wenn die Beschichtung ganz oder teilweise aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon besteht.

Die Beklagte kann dagegen nicht einwenden, dass im Rahmen der Untersuchung durch Pyrolyse und anschließender GC/MS verschiedene Abbauprodukte gefunden worden und daher verschiedene Verbindungen vorhanden gewesen seien, die das Vorhandensein einer inerten Beschichtung ausschließen könnten. Denn auf diesen Einwand hin hat die Klägerin ihren Vortrag weiter konkretisiert und mit dem Untersuchungsbericht des privaten Gutachter Prof. Dr. E (dort Seite 3 und 4 der Anlage K20) dargelegt, dass durch die Pyrolyse von Polymeren nur in wenigen Fällen die das Polymer aufbauenden Monomere entstehen und in der GC/MC nachgewiesen werden können. Je nach Stoff und Pyrolyse-Bedinungen entstehen meist unterschiedlich viele, chemisch verschiedene Produkte, unter denen sich stets in mehr oder weniger großen Anteilen die Monomere oder chemisch verwandte Stoffe befinden, aus denen die untersuchten Polymere bestehen. Konkret führte der Gutachter aus, dass Dodecafluorcyclohexan ein bei der Pyrolyse entstandenes Cyclisierungsprodukt sei, dessen Auftreten bestätige, dass das untersuchte Polymer perfluoriert sei. Ebenso lasse die Analyse der halbflüchtigen Verbindungen aufgrund der gefundenen Monomere mit Sicherheit erkennen, dass die zweite Komponente der Verbindung aus einem Polyethersulfon bestehe. Die weiteren aliphatischen und aromatischen Spaltprodukte seien zwar nicht genau zuzuordnen, seien bei der angewandten Pyrolysetechnik aber auch nicht überraschend.
Abgesehen davon, dass die Beklagte selbst nicht behauptet, dass die Beschichtung ihrer Produkte nicht inert sei, ist sie dem Vortrag der Klägerin auch nicht weiter entgegengetreten. Da der schlüssige Vortrag der Klägerin insofern nicht weiter bestritten worden ist, weist die angegriffene Ausführungsform eine inerte organische Beschichtung aus fluoriertem Ethylen-Propylen-Polyethersulfon im Sinne der Lehre des Klagepatents auf.

III.
1. Da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, ist die Beklagten gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG.

2. Da die Beklagte auch schuldhaft gehandelt hat, ist sie der Klägerin auch zum Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG verpflichtet. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da die Klägerin ihren Schaden derzeit nicht beziffern kann, ist das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Gegen eine Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach bestehen keine Bedenken, weil ein Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich ist.

3. Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, § 242 BGB. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, ist die Beklagte dementsprechend zur Rechnungslegung verpflichtet.

4. Der Vernichtungsanspruch ergibt sich aus § 140a PatG, da die Voraussetzungen des § 139 PatG vorliegen.

IV.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf die von den Beklagten als Anlage B4 vorgelegten Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) besteht kein hinreichender Anlass.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt daher nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder die Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

1. Der Aussetzungsantrag der Beklagten kann nicht allein mit der Begründung zurückgewiesen werden, das Einspruchsverfahren sei nach der Rücknahme des Einspruchs und dem Verzicht auf die Beschwerde bislang nicht förmlich beendet worden und eine Nichtigkeitsklage deshalb gemäß § 81 Abs. 2 PatG unzulässig. Der Klägerin ist zuzugeben, dass auch nach dem Ausscheiden einer Partei aus dem Einspruchsverfahren, die Einspruchsabteilung das Verfahren von Amts wegen fortsetzen und eine Entscheidung herbeiführen kann, Regel 60 Abs. 2 S. 2. Für eine solche Handhabe besteht vorliegend jedoch kein Anlass, denn die Regel 60 Abs. 2 S. 2 findet gemäß den Richtlinien regelmäßig nur dann Anwendung, wenn die Einspruchsabteilung nach dem Stand des Verfahrens der Auffassung ist, dass dieses voraussichtlich zu einer Beschränkung oder zum Widerruf des europäischen Patents führen wird (Benkard/Schäfers, EPÜ: Art. 101 Rn 76). Vorliegend hat die Einspruchsabteilung jedoch bereits über den Einspruch entschieden und diesen vollumfänglich zurückgewiesen. Insofern ist das Verfahren mit dem Verzicht auf die Beschwerde beendet, auch wenn die Einspruchsabteilung lediglich mitteilte, die Beklagte sei nicht mehr Partei des Einspruchsverfahrens. Dementsprechend ist anerkannt, dass die Rücknahme der Beschwerde das Einspruchsbeschwerdeverfahren beendet und Regel 60 Abs. 2 S. 2 hinsichtlich der in der ersten Instanz entschiedenen Sachfragen keine Anwendung findet (vgl. Singer/Stauder/Joos, EPÜ 4. Aufl.: Art. 108 Rn 33, 34). Gleiches gilt dann auch für den Verzicht auf die Beschwerde, wenn in erster Instanz eine Entscheidung in der Sache getroffen wurde.

2. Bei der Entscheidung über den Aussetzungsantrag ist zu berücksichtigen, dass das EPA den Einspruch der Beklagten gegen die Erteilung des Klagepatents zurückgewiesen hat. Diese Entscheidung ist für das Bundespatentgericht und seine Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Klägerin zwar nicht bindend. Allerdings kommt sie einer gewichtigen sachverständigen Stellungnahme gleich, in die sowohl der bereits im Erteilungsverfahren geprüfte als auch im Erteilungsverfahren unberücksichtigte Stand der Technik für die Beurteilung der Erfindungshöhe eingeflossen ist. Da die Entscheidung der Einspruchsabteilung beim EPA, den Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents zurückzuweisen, auf einer plausiblen und vertretbaren Begründung beruht, besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Klagepatent für nichtig erklärt wird. Vielmehr besteht begründeter Anlass für die Erwartung, dass die Nichtigkeitsklage ohne Erfolg bleiben wird. Das gilt auch im Hinblick auf die im Zwischenbescheid vom 07.12.2006 geäußerte Ansicht der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA im Löschungsverfahren zum parallelen Gebrauchsmuster.

a) Die Einspruchsabteilung hat die Druckschrift WO 98/13031 (nachfolgend TM 10, im Einspruchsverfahren D12) als nächstliegenden Stand der Technik angesehen und diese Ansicht im Wesentlichen damit begründet, dass sich die TM 10 als einzige Druckschrift speziell mit Zusammensetzungen aus Budesonid und einem Treibmittel in Dosierinhalatoren und zudem mit der chemischen Stabilität von Budesonid beschäftigt. Unter Berücksichtigung von Ziel und Aufgabe der Entgegenhaltung TM 10 und vor dem Hintergrund der Lehre des Klagepatentanspruchs kommt die Einspruchsabteilung zu der Auffassung, dass es sich bei der TM 10 um den nächstliegenden Stand der Technik handele. Sie hat weiter ausgeführt, dass der Fachmann durch die TM 10 keine Anregungen erhalte, Lösungen von Budesonid mit einem höheren Cosolvens-Gehalt vorzuschlagen, weil er aufgrund der TM 10 wisse, dass bereits eine Konzentration von 5 % w/w Ethanol in Suspensionformulierungen zum Abbau des Wirkstoffs führe. Vielmehr werde er von der Lehre des Klagepatentanspruchs weggeführt. In diesem Zusammenhang hat die Einspruchsabteilung auf die Ausführungen in der TM 10 auf Seite 7 Zeile 11-16 und auf das Beispiel 14 in der TM 10 hingewiesen. Ebenso erfährt der Fachmann auf Seite 2 Zeile 30 bis Seite 3 Zeile 2 der TM 10, dass bei höheren Zugaben von Ethanol Stabilitätsprobleme mit Budesonid auftreten. Die Beklagte hat nicht aufgezeigt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Bewertung der TM 10 durch die Einspruchsabteilung nicht zumindest vertretbar ist.

b) Die Beklagte vertritt in der Nichtigkeitsklageschrift die Auffassung, der Fachmann nehme die Druckschrift WO 95/17195 A1 (nachfolgend TM 5; im Einspruchsverfahren D 1) als Ausgangspunkt für seine Überlegungen, um zur Lehre des Klagepatentanspruchs zu gelangen. Die TM 5 betrifft unter anderem pharmazeutische Aerosolformulierungen in einer Lösung, bestehend aus dem Wirkstoff Flunisolid, einem Fluorkohlenwasserstoff-Treibmittel und Ethanol als weiteres Cosolvens. Darüberhinaus offenbart die Druckschrift einen mit Druck beaufschlagten Dosierinhalator zur Verabreichung der Aerosolformulierungen. Die Ansicht der Beklagten steht in Widerspruch zur Einschätzung der Einspruchsabteilung, die ausgeführt hat, dass es lediglich bei rückschauender Betrachtung möglich sei, ausgehend von der TM 5 die für eine stabile Lagerung von Budesonid geeigneten Behälter aufzufinden und der Fachmann auch keinen Anlass gehabt habe, gerade Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen.

aa) Die Einspruchsabteilung hat zur Begründung angeführt, dass sich die TM 5 nicht ausschließlich mit konkreten Innenbeschichtungen von Inhalatorbehältern beschäftige. Es werde vielmehr allgemein die Verwendung herkömmlicher Aerosolbehälter vorgeschlagen, zur Verbesserung der chemischen Stabilität seien jedoch Glas- oder Aluminiumampullen, deren Kammer mit einem Harz überzogen ist, zu bevorzugen. Daneben diskutiere die Entgegenhaltung Zusätze zu der Aerosolformulierung, um die chemische Stabilität zu verbessern (S. 5 Z. 1-30 bzw. S. 3 der deutschen Übersetzung Anl. zu B9). Die TM 5 präsentiere also eine Reihe gleichwertiger Alternativen, um die chemische Stabilität von Flunisolid zu verbessern. Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass das Verständnis der Einspruchsabteilung von der TM 5 nicht zumindest vertretbar ist. Der Einwand der Beklagten, die Einspruchsabteilung habe fehlerhaft angenommen, die TM 5 beschäftige sich nicht mit dem Problem der chemischen Stabilität von Steroiden, überzeugt nicht. Denn die Einspruchsabteilung geht vielmehr davon aus, dass die TM 5 keine allgemeine Lehre offenbare, zur Verbesserung der chemischen Stabilität verschiedener Wirkstoffe Behälter mit einer bestimmten Beschichtung zu versehen (vgl. S. 4 der deutschen Übersetzung zur Anlage B9).

Die Ausführungen des Einspruchsabteilung sind auch vor dem Hintergrund der Tabelle 8 der Entgegenhaltung TM 5 zumindest plausibel. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der beschichtete Aluminiumbehälter den geringsten prozentualen Verunreinigungswert (0,14 %) aufweist. Dazu hat die Einspruchsabteilung jedoch ausgeführt, diese Werte seien für den Fachmann kein Anzeichen dafür, dass epoxy-beschichtete Behälter zu bevorzugen seien, weil die Tabelle hinsichtlich des Abbaus nur kleine Unterschiede zu den übrigen Ampullen (Glas: 1,07 %; Aluminium: 2,07 %) zeige und keine Unterschiede bezüglich der Wirkstoffrückgewinnung aufweise. Ob diese Interpretation der Tabellenwerte zutreffend ist, kann die Kammer mangels eigener Fachkenntnis letztlich nicht entscheiden. Allerdings ist die Einspruchsabteilung fachkundig besetzt, so dass deren Entscheidung einer gewichtigen, sachverständigen Stellungnahme gleichkommt. Es besteht daher für die Kammer im Rahmen der Entscheidung nach § 148 ZPO kein Anlass, von der durch die Einspruchsabteilung des EPA gefundenen Einschätzung abzuweichen, zumal die Beklagte keine weiteren Gründe dafür angibt, wann Unterschiede im Wirkstoffabbau signifikant sind. Vielmehr hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass es bereits Messfehler im ersten Nachkommastellenbereich gebe, was an den Werten für die Wirkstoffrückgewinnung von über 100 % (100,6 % oder 100,1 %) erkennbar sei. Dies spricht dafür, dass die Unterschiede in den Abbauwerten für den Fachmann nicht signifikant sind.

bb) Ebenso wenig kann nach der Entscheidung der Einspruchsabteilung mit der für eine Aussetzung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass es für den Fachmann ausgehend von der TM 5 nahegelegen hat, den Wirkstoff Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Einspruchsabteilung bei ihrer Entscheidung die strukturelle Ähnlichkeit von Flunisolid und Budesonid nicht außer acht gelassen. Sie hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es eine Vielzahl von Steroiden mit einer strukturellen Ähnlichkeit zu Flunisolid gebe. Gleichwohl könnten die strukturellen Unterschiede, die in der Entscheidung der Einspruchsabteilung ausdrücklich benannt werden, zu bemerkenswerten Unterschieden hinsichtlich der Stabilität der Wirkstoffe Flunisolid und Budesonid führen (vgl. S. 7 der Anl. B 9).

Die Einspruchsabteilung hat darüber hinaus ausgeführt, dass der Fachmann, selbst wenn er Budesonid als Wirkstoff in Erwägung zöge, doch auch die Lehre aus der TM 10 berücksichtigen müsse. Diese vermittelt dem Fachmann, dass Budesonidlösungen und sogar -suspensionen mit einem hohen Gehalt an Cosolvens (Ethanol) zu vermeiden sind, um den Abbau des Wirkstoffs zu verhindern. Die Einspruchsabteilung hat daraus den Schluss gezogen, im Stand der Technik sei nicht nur kein Hinweis dafür vorhanden, dass beim Ersetzen von Flunisolid in der TM 5 durch Budesonid ähnliche Stabilitätsergebnisse zu erwarten seien, sondern der Fachmann werde durch die Lehre der TM 10 sogar von der Lösung, Flunisolid durch Budesonid in der Zusammensetzung der TM 5 zu ersetzen, abgehalten. Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass diese Einschätzung der fachkundig besetzten Einspruchsabteilung nicht zumindest plausibel ist.

Vor dem Hintergrund der Argumentation der Einspruchsabteilung vermag auch die Einwendung der Beklagten nicht zu überzeugen, der Fachmann habe Veranlassung gehabt, Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen, weil Budesonid einen höheren Wirkungsgrad als Flunisolid habe und preisgünstiger sei. Denn nach der Begründung der Einspruchsabteilung wird der Fachmann aufgrund seiner Kenntnis von der TM 10 davon abgehalten, Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen. Darüber hinaus liegt dem Vortrag der Beklagten die Vorstellung zugrunde, der Fachmann werde eine Aerosolformulierung mit dem Wirkstoff Budesonid herstellen, weil dieser den höchsten Wirkungsgrad hat und preisgünstig ist. Ausgehend von diesem Vorhaben wird der Fachmann – mit dem Ziel einer Budesonid-haltigen Aerosolformulierung – jedoch die TM 10 und nicht die TM 5 heranziehen, weil letztere Flunisolid zum Gegenstand hat.

c) Die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA begegnet auch im Hinblick auf den Zwischenbescheid der Gebrauchsmusterabteilung vom 06.12.2006 im Löschungsverfahren zum parallelen Gebrauchsmuster keinen durchgreifenden Bedenken. In dem Bescheid vertrat die Gebrauchsmusterabteilung die Auffassung, dass sich das Gebrauchsmuster aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit als nicht rechtsbeständig erweise und gelöscht werde. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich dabei lediglich um die vorläufige Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung handelte. Eine Entscheidung über die Löschung des Gebrauchsmusters war damit noch nicht verbunden. Darüber hinaus fehlt es dem Vorbescheid an einer differenzierten Begründung, wie sie der Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA zugrunde liegt, so dass auch insoweit keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents hervorgerufen werden.

Ohne nähere Begründung erklärte die Gebrauchsmusterabteilung, Budesonid und Flunisolid seien hinsichtlich ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften als gleichwertig anzusehen. Daher sei es für den Fachmann bei Kenntnis der TM 5 naheliegend, Flunisolid durch den bekannten Wirkstoff Budesonid zu ersetzen und dafür den in der TM 5 beschriebenen Behälter mit Epoxy-Phenol-Harz-Beschichtung zu verwenden; zumindest könne eine geeignete Oberfläche anhand einer Versuchsreihe ohne erfinderisches Zutun ermittelt werden. Die Einspruchsabteilung hat hingegen darauf hingewiesen, dass die TM 5 schon gar keinen Anhaltspunkt dafür liefere, dass Budesonid im Vergleich zu Flunisolid eine ungleich geringere Stabilität aufweise und infolgedessen auch gar kein Anlass für eine Auswahlentscheidung hinsichtlich der Behälter bestehe. Ebenso wenig könne ohne rückschauende Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der Fachmann Flunisolid durch Budesonid ersetze. Die Begründung der Einspruchsabteilung ist – wie bereits unter lit. a) und b) dargestellt – plausibel und vertretbar. Der Bescheid der Gebrauchsmusterabteilung vom 06.12.2006 vermag diese Einschätzung nicht grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.

d) Schließlich hilft der Beklagten auch nicht der Hinweis auf die weiteren in der Nichtigkeitsklage enthaltenen Entgegenhaltungen weiter, soweit sie noch nicht im Erteilungsverfahren oder im Einspruchsverfahren berücksichtigt worden sind. Es handelt sich dabei um den Auszug aus dem Buch „Arzneimittelwirkungen“ von E. Mutschler (Anlage TM 7) und die Druckschrift WO 97/01329 (TM 8).

In der TM 7 werden beispielhaft neben Budesonid auch Beclometason-dipropionat und Flunisolid als inhalativ angewandte Glucocorticoide zur Anwendung gegen Asthma bronchiale genannt. Auch wenn der Fachmann dem Artikel entnimmt, dass Budesonid einen höheren Wirkungsgrad als die anderen Glucocorticoide und eine zu Flunisolid ähnliche Strukturformel hat, stellt dies die Begründung der Einspruchsabteilung nicht in Frage. Diese hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass eine ähnliche Strukturformel den Fachmann nicht ohne weiteres veranlasse, Flunisolid durch Budesonid zu ersetzen. Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter lit. a) und b) verwiesen werden.

Gleiches gilt für die TM 8. Diese Druckschrift betrifft ethanolische Wirkstofflösungen zur Erzeugung treibgasfreier Aerosollösungen. Neben einer Vielzahl verschiedener Steroide, die als Wirkstoff in Aerosolformulierungen verwendet werden können, wird auch Budesonid in Lösung genannt. Allerdings wird weder die Verwendung von Treibmitteln offenbart, noch gibt die Druckschrift einen Hinweis auf die Verwendung bestimmter Beschichtungen zur Verbesserung der Stabilität von Budesoniden. Mit der von der Einspruchsabteilung zu den anderen Entgegenhaltungen gefundenen Begründung kann auch im Fall der TM 8 argumentiert werden, dass der Fachmann ausgehend von der TM 8 keinen Anlass hat, speziell Budesonid aus der Vielzahl von Wirkstoffzusammensetzungen auszuwählen und Stabilitätsprobleme durch die Auswahl bestimmter Behälter zu lösen. Vielmehr wird der Fachmann von der Lehre des Klagepatents weggeführt, weil in der TM 8 der Verzicht auf Treibmittel und der Einsatz von Verneblern befürwortet wird und Stabilitätsprobleme allgemein durch den Zusatz einer organischen oder anorganischen Säure gelöst werden können. In gleicher Weise vermag die Argumentation der Einspruchsabteilung zu greifen, wenn der Fachmann ausgehend von der TM 5 in Erwägung zieht, Budesonid als Wirkstoff auszuwählen. Er müsste – wie unter lit. b) ausgeführt – zunächst den aus der TM 10 bekannten Vorbehalt überwinden, dass bei Budesonid in einer Zusammensetzung mit über 5 % w/w Ethanol chemische Stabilitätsprobleme auftauchen. Dieser Vorbehalt wird durch die TM 8 nicht ausgeräumt, weil sich die TM 8 nicht speziell auf Budesonid bezieht und Stabilitätsprobleme lediglich in allgemeiner Form angesprochen, aber durch den Zusatz einer Säure gelöst werden.

3. Da keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die Nichtigkeitsklage Erfolg haben wird, kann insofern eine Aussetzung der Verhandlung nicht begründet werden. Auch die Interessenlage der Parteien spricht gegen eine Aussetzung. Dabei ist der eingangs erwähnte Grundsatz zu berücksichtigen, dass regelmäßig dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Beklagte trägt vor, das Verbot, die angegriffene Ausführungsform zu vertreiben, würde ihre Patienten, die an ihr Produkt gewohnt seien, unzumutbar beeinträchtigen. Es drohe der Abbruch der Therapie. Dieser Vortrag ist unbeachtlich, weil die Patienten auf Arzneimittel gleicher Wirkung umsteigen können. Eine damit einhergehende Umgewöhnung im Geschmack vermag eine Aussetzung angesichts der fortdauernden Verletzung des – voraussichtlich rechtsbeständigen – Klagepatents nicht zu rechtfertigen. Ebenso wenig trägt der Vortrag der Beklagten, eine Beeinträchtigung sei nicht festzustellen, weil die Klägerin einen etwaigen Schaden beziffern könne und das Preisniveau nicht sinke. Wie diese – von der Klägerin teilweise bestrittenen – Umstände ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der Aussetzung begründen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Aufgrund dieser Umstände entfällt auch nicht das Interesse der Klägerin an einer Fortführung des Verfahrens. Vielmehr hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beeinträchtigung in der Verletzung des Klagepatents zu sehen sei und vorrangig die Fortsetzung des Verfahrens rechtfertige.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kostenquote ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat, soweit sie sich auch auf die Handlung des „Herstellens“ bezog.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Die Voraussetzungen des beantragten Vollstreckungsschutzes nach § 712 ZPO hat die Beklagte weder vorgetragen noch in der durch § 714 Abs. 2 ZPO gebotenen Weise glaubhaft gemacht. Ihrem Vollstreckungsschutzantrag war daher nicht zu entsprechen.

Streitwert: 10.000.000,00 EUR