4b O 130/08 – Stabilisierung von Förderstrecken-Druckprodukten II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 895

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. Juni 2008, Az. 4b O 130/08

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die weltweit tätigen in der Schweiz geschäftsansässigen Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Druckmaschinen und Druckweiterverarbeitungssystemen.

Die Verfügungsbeklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 481 xxx (Anlage rop 1, im Folgenden: Verfügungspatent), welches ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Stabilisierung und Positionierung von Druckprodukten während ihrer Förderung betrifft. Die Ansprüche 1, 6 und 16, die im vorliegenden Verfahren von besonderem Interesse sind, lauten in der erteilten Fassung:

1. Verfahren zur Stabilisierung und Positionierung von flächigen Gegenständen, die von Fördermitteln (10) gehalten, beispielsweise hängend, gefördert werden, insbesondere von Druckprodukten (11), die wenig steif sind und mit hoher Geschwindigkeit gefördert werden, dadurch gekennzeichnet, dass über einen bestimmten Abschnitt der Förderstrecke Führungselemente (12) in den Förderstrom eingeführt und in Förderrichtung mitbewegt werden und dass die Führungselemente (12) die Druckprodukte (11) über mindestens einen Teil dieses Abschnittes derart führen, dass sie an mindestens einer Stelle eine definierte, stabile, von der Fördergeschwindigkeit, unabhängige Lage haben.

6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Führungselemente (12) von oben in den Förderstrom von hängenden Druckprodukten (11) eingeführt und gegen oben wieder aus dem Förderstrom ausgeführt werden.

16. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass sie Führungselemente (12) aufweist, die in regelmäßigen Abständen an mindestens einem angetriebenen Element (41) befestigt sind, und dass das angetriebene Element (41) derart angeordnet ist, dass ein Teil der Führungselemente (12) in den Förderstrom hineinragt.

Wegen des Inhalts der übrigen der insgesamt 23 Ansprüche wird auf die Verfügungspatentschrift verwiesen.

Zur Veranschaulichung wird nachfolgend die eine Vorrichtung zur Durchführung des in Anspruch 1 beschriebenen Verfahrens zeigende Figur 4 des Verfügungspatents abgebildet.

Das Verfügungspatent steht in Kraft. Mit Urteil vom 28. September 2006 (Anlage rop 3) erklärte das Bundespatentgericht das Verfügungspatent für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit für teilweise nichtig, als es über die Ansprüche 6 bis 23 in der erteilten Fassung hinausgeht. Gegen dieses Urteil haben sowohl die dortige Nichtigkeitsklägerin wie auch die dortige Beklagte Berufung eingelegt. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Rechtsmittel liegt bislang nicht vor.

Zwischen der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten kam es in der Vergangenheit zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten. Die (hiesige) Verfügungsbeklagte nahm die (hiesige) Verfügungsklägerin u. a. wegen Verletzung des Verfügungspatents durch Vertrieb der Einsteckhilfe „A“ in einem Eilverfahren erfolgreich in Anspruch (Landgericht Düsseldorf, 4b O 199/04; OLG Düsseldorf, I – 2 U 55/05).

Auf der Messe NEXPO in Washington/USA Mitte April diesen Jahres stellte die Verfügungsklägerin Positionierungselemente für die Einsteckmaschine „B“ aus. Deren Ausgestaltung ergibt sich aus den von der (hiesigen) Verfügungsbeklagten im Verfahren 4b O 131/08 überreichten Anlagen Ast 23 und Ast 24, von denen nachfolgend die Anlage Ast 23 eingeblendet ist.

Am 26. April 2008 erfuhr die Verfügungsbeklagte, dass die Verfügungsklägerin beabsichtigte, Positionierungselemente für die Einsteckmaschine „B“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) auf der vom 29. Mai bis 11. Juni 2008 in Düsseldorf stattfindenden Messe DRUPA auszustellen. Mittels einer provisorischen Maßnahme vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich (Anlage rop 6) versuchte die Verfügungsbeklagte, die Ausfuhr der angegriffenen Ausführungsform aus der Schweiz zum Zwecke der Zurschaustellung auf der Messe DRUPA zu verhindern. Eine abschließende Entscheidung über die beantragte Maßnahme lag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren nicht vor.

Am 6. Mai 2008 stellte die Verfügungsbeklagte bei der Bundesfinanzdirektion Südost einen Antrag auf Tätigwerden gemäß Art. 5, Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 (im folgenden: VO (EG)). Dem Antrag (Anlage rop 7) fügte sie das Verfügungspatent und Fotografien der auf der Messe NEXPO ausgestellten Positionierungselemente bei.
Antragsgemäß hielt die Zollabfertigungsstelle Messe Düsseldorf am 13. Mai 2008 beim Aufbau des Messestandes der Verfügungsklägerin die angegriffene Ausführungsform unter Bezugnahme auf den Beschluss vom selben Tage über die Aussetzung der Überlassung/Zurückhaltung der Ware (Anlage rop 8) zurück. Die bereits an der Gesamtvorrichtung angebrachte angegriffene Ausführungsform wurde abmontiert, in Kisten verpackt und an eine Speditionsfirma zur Verwahrung gegeben. Mittlerweile befindet sie sich im Gewahrsam des Hauptzollamtes Düsseldorf.

Die Verfügungsklägerin forderte zunächst die Verfügungsbeklagte auf, ihr Einverständnis zur Rückgabe der beschlagnahmten angegriffenen Ausführungsform gegenüber der zuständigen Zollbehörde zu erklären. Dies lehnte die Verfügungsbeklagte ab.

Die Verfügungsklägerin wandte sich sodann mit Schreiben vom 21. Mai 2008 an die Bundesfinanzdirektion Südost mit dem Antrag, einen etwaigen Antrag der Verfügungsbeklagten auf Verlängerung der 10-tägigen Frist für den Nachweis der Einleitung des Verfahrens nach Art. 10 VO (EG) nicht zu verlängern.

Danach legte sie mit Schriftsatz vom 26. Mai 2008 gegen den Beschluss der Zollbehörde vom 13. Mai 2008 beim Hauptzollamt Düsseldorf Einspruch (Anlage rop 13) ein. Sie beantragte, den Beschluss über die Aussetzung der Überlassung/Zurückhaltung von Waren aufzuheben und die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes unverzüglich auszusetzen und ihr den Einbau sowie das Vorführen der angegriffenen Ausführungsform auf der Messe DRUPA zu gestatten. Das Hauptzollamt kündigte an, sowohl den Einspruch wie auch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abschlägig zu bescheiden (Anlage rop 14; in der mündlichen Verhandlung überreichtes Schreiben vom 28. Mai 2008).

Die Verfügungsklägerin stellte beim Hauptzollamt Düsseldorf ferner einen Antrag gemäß Art. 14 VO (EG) auf Überlassung der angegriffenen Ausführungsform gegen Leistung einer Sicherheit. Der Verfügungsbeklagten wurde in diesem Zusammenhang zum Erwirken einer Sicherungsmaßnahme über die angegriffene Ausführungsform eine Frist bis zum 10. Juni 2008 und zur Vorlage eines Gutachtens zur Höhe der Sicherheitsleistung bis zum 30. Mai 2008 gesetzt.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die Verfügungsbeklagte habe das zollrechtliche Verfahren für ihre Zwecke instrumentalisiert. Obwohl der Verfügungsbeklagten die angegriffene Ausführungsform, deren Ausgestaltung sich aus dem deutschen Gebrauchsmuster 20 2007 008 680 (Anlage rop 5) ergebe, seit circa einem Jahr hinlänglich bekannt sei und sie infolge dessen auch wisse, dass diese Ausführungsform wegen der nur seitlich von unten in den Förderstrom ein- bzw. ausschwenkbaren Positionierungselemente nicht in den Schutzbereich des Verfügungspatents eingreife, habe sie einen Antrag auf Aussetzung der Überlassung gestellt. Bei diesem Antrag habe die Verfügungsbeklagte zudem – insoweit unstreitig – das Urteil des Bundespatentgerichts unerwähnt gelassen und somit darüber hinweg getäuscht, dass das Verfügungspatent nicht in vollem Umfang rechtsbeständig sei. Dieses Vorgehen der Verfügungsbeklagten diene allein dem Zweck, die Rechtsposition der Verfügungsklägerin endgültig und erheblich während der Dauer der Messe DRUPA zu beeinträchtigen sowie der faktischen Geltendmachung eines ihr – der Verfügungsbeklagten – nicht zustehenden patentrechtlichen Verfügungsanspruchs. Die Zollbehörde werde nach Antrag und ausschließlich auf der Grundlage der Angaben der Verfügungsbeklagten tätig; eine (eigenständige) Überprüfung der Frage, ob überhaupt eine Schutzrechtsverletzung vorliege, erfolge zu keinem Zeitpunkt, auch nicht im Rahmen des Einspruchsverfahrens. Der Zollbehörde genüge zur Aussetzung der Überlassung die schlichte Erfüllung von Formalien; materielle Einwände gegen die Zurückhaltung der Ware blieben ungehört. Infolge dessen stünde ihr – der Verfügungsklägerin – im Rahmen des zollrechtlichen Verfahrens hinsichtlich der behaupteten Schutzrechtsverletzung kein effektiver Rechtsschutz zur Seite. Rechtliches Gehör werde ihr nicht gewährt. Dies wiege vorliegend umso schwerer, weil während der Dauer der Messe keine Entscheidung der Zollbehörde erfolgen könne bzw. werde. Da die Verfügungsbeklagte sich dieser Gegebenheiten bewusst bedient habe und die Freigabe der nicht schutzrechtsverletzenden angegriffenen Ausführungsform gezielt verzögere, sei von einem vorsätzlichen, rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten Gewerbebetrieb auszugehen, der vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit geltend gemacht werden könne.

Die Verfügungsklägerin beantragt unter Nennung der gesetzlichen Ordnungsmittel,

I. der Verfügungsbeklagten zu untersagen,
gestützt auf das europäische Patent 0 481 xxx einen Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörde gemäß Art. 5, Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1381/2003 zu stellen und/oder aufrecht zu halten, wenn dieser sich auf Führungselemente, auch Beschickungshilfen oder Positionierungselemente genannt, bezieht, die für die Einsteckmaschine „B“ der Verfügungsklägerin bestimmt sind und die seitlich in die Freiräume zwischen den Druckprodukten ein- bzw. ausschwenkbar gesteuert sind,

II. der Verfügungsbeklagten aufzugeben,
gegenüber der Bundesfinanzdirektion Südost, Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz, Sophiestraße 6, 80333 München, sowie gegenüber der Zollabfertigungsstelle Messe Düsseldorf, Messeplatz 1, 40474 Düsseldorf, schriftlich zu erklären, und zwar am Tag der Zustellung dieser Verfügung vorab per Telefax
1. dass der Antrag der Verfügungsbeklagten vom 06.05.2008 auf Tätigwerden der Zollbehörde gem. Art. 5 und der Antrag gem. Art. 9 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1381/2003, beide gestützt auf das Europäische Patent 0 481 914, zurückgenommen werden,
2. dass auf die Rechte aus der Aussetzung der Überlassung/Zurückhaltung von Waren (Teile der Einsteckmaschine „B“) der Zollabfertigungsstelle Messe Düsseldorf vom 13.05.2008 (betreffend Zollbeleg VO 2590, GB 10 Nr. 22495 vom 07.05.2008 Zollamt Weil am Rhein) verzichtet wird,
3. dass Einverständnis mit der Rückgabe der Ware in den zwei Kartons, welche mit „HP“ und „VP“ gekennzeichnet sind und welche sich gegenwärtig im Gewahrsam des Hauptzollamtes befinden, an die Verfügungsklägerin besteht,
hilfsweise gegen Leistung einer Sicherheit durch die Verfügungsklägerin, in Höhe von 50.000,00 €, wobei diese Sicherheit durch eine Bürgschaft einer Schweizer Bank erbracht werden kann.

III. hilfsweise zu Ziffer II., der Verfügungsbeklagten zu untersagen,
die Freigabe auf dem Messegelände Düsseldorf mit Beschluss der Zollbehörde vom 13.05.2008 (betreffend Zollbeleg VO 2590, GB 10 Nr. 22495 vom 07.05.2008 Zollamt Weil am Rhein) zurückgehaltenen Waren (Teile der Einsteckmaschine „B“) an die Verfügungsklägerin dadurch zu behindern oder zu verzögern, dass die mit Schreiben des Hauptzollamtes vom 27.05.2008 gesetzte weitere die Sicherungsmaßnahme betreffende Frist für mehr als zwei Tage ab heute genutzt wird;

Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte rügt die Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit sei nicht gegeben. Die Verfügungsklägerin versuche im Kern nichts anderes, als gegen das Grenzbeschlagnahmeverfahren vorzugehen. Darüber hinaus fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Es sei unklar, auf welcher Grundlage die Zollbehörden eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren zum Anlass nehmen sollten, das zollbehördliche Verfahren einzustellen. Zudem stünden der Verfügungsklägerin einfachere Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung zur Seite, wie insbesondere der Antrag auf Herausgabe der angegriffenen Ausführungsform gegen Sicherheitsleistung zeige. Ferner sei der Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf eine nur vorübergehende Abgabe einer Willenserklärung generell unzulässig.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei zudem unbegründet. Es sei bereits nicht zu erkennen, wie die Beschlagnahme der angegriffenen Ausführungsform den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin unmittelbar beeinträchtigen können sollte. Es mangele des weiteren an einem rechtswidrigen Eingriff. Die angegriffene Ausführungsform sehe lediglich „kosmetische“ Veränderungen im Vergleich zu ihrem Vorgängermodell vor; nach wie vor griffen die Positionierungselemente von oben in den Förderstrom ein und würden auch nach oben wieder aus diesem herausgeführt. Eine Verletzung des Verfügungspatents, welches sich im übrigen im Nichtigkeitsberufungsverfahren als vollumfänglich rechtsbeständig erweisen werde, sei gegeben. Abgesehen davon habe sie mit dem Antrag auf Aussetzung der Überlassung lediglich ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren entsprechend der dafür geltenden Regeln in Anspruch genommen. Dies sei weder rechtsmissbräuchlich noch sittenwidrig. Sie treffe insbesondere auch weder die Pflicht, allein vor den zuständigen Patentstreitkammern Rechtsschutz im Hinblick auf das Ausstellen der angegriffenen Ausführungsform auf der Messe DRUPA zu suchen, noch bestehe für sie eine besondere, gesteigerte Sorgfaltspflicht. Die Grenzbeschlagnahme verfolge auch nicht den alleinigen Zweck, einem Schutzrechtsinhaber die Möglichkeit der Besichtigung zu vermitteln, sondern solle ebenso verhindern, dass schutzrechtsverletzende Ware in den Warenverkehr der Gemeinschaft gelangt. Da sie nicht gewillt sei, die Messe DRUPA abzuwarten und erst später eine Entscheidung zu erlangen, habe sie die ihr vom Gesetzgeber eingeräumte Schutzmöglichkeit zulässigerweise genutzt. Eine Verzögerungsabsicht ihrerseits sei nicht gegeben, wie insbesondere der – insoweit unstreitig – fristgerechte am 23. Mai 2008 bei der Kammer eingereichte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Verfahren 4b O 131/08 gegen die (hiesige) Verfügungsklägerin (Anlage ROKH 2) zeige. Schließlich sei nicht zu erkennen, welcher Schaden der Verfügungsklägerin konkret überhaupt durch die Beschlagnahme der angegriffenen Ausführungsform entstehen würde. Die Einsteckmaschine „B“ werde – insoweit unstreitig – auch ohne die angegriffene Ausführungsform auf der Messe DRUPA ausgestellt und betrieben.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf den Vortrag der Parteien sowie die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Der gegen die Verfügungsbeklagte geltend gemachte Unterlassungs- und/oder Beseitigungsanspruch steht der Verfügungsklägerin nicht zu.

I.
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist gemäß § 13 GVG gegeben. Die Verfügungsklägerin hat tatsächliche Behauptungen aufgestellt, die – ihre Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergeben, für welche die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht.

Auch wenn Anlass des hiesigen Rechtsstreits der Beschluss der Zollabfertigungsstelle Messe Düsseldorf vom 13. Mai 2008 (Anlage rop 8) ist, mit dem die Aussetzung der Überlassung bzw. die Zurückhaltung der angegriffenen Ausführungsform angeordnet wurde, und die Verfügungsklägerin im Ergebnis die Aufhebung dieses Beschlusses bzw. die Beseitigung seiner Folgen begehrt, handelt es sich bei dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht um eine den Finanzrechtsweg eröffnende Streitigkeit.
Mit dem hiesigen Antrag wendet sich die Verfügungsklägerin nicht gegen den in dem Beschluss der Zollabfertigungsstelle zu sehenden belastenden Verwaltungsakt. Die Zollbehörde ist nicht Antragsgegnerin; die Überprüfung ihrer hoheitlichen Maßnahme erfolgt (allein) infolge des mit Schreiben vom 26. Mai 2008 (Anlage rop 13) eingelegten und nach § 347 AO vorgesehenen Einspruchs. Diese Prüfung obliegt der Zollbehörde bzw. dem im weiteren dafür zuständigen Finanzgericht. Die Verfügungsklägerin nimmt vorliegend vielmehr die Verfügungsbeklagte als gleichrangiges Privatrechtssubjekt unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Anspruch, den sie mit dem Stellen des Antrages auf Tätigwerden der Zollbehörde trotz angeblich bekannter Nichtverletzung des Verfügungspatents begründet. Sie stützt ihr Begehren mithin auf Deliktsnormen des bürgerlichen Rechts sowie auf Vorschriften des Patentrechts. Zur Entscheidung hierüber sind unzweifelhaft die ordentlichen Gerichte und hier insbesondere die Gerichte für Patentstreitsachen berufen.

II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch zulässig. Der Verfügungsklägerin ist nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zu versagen.

1)
Das Begehren der Verfügungsklägerin ist nicht objektiv sinnlos. Mit der von ihr beantragten Eilmaßnahme kann das von ihr begehrte (End-)Ziel, die Freigabe der zurückbehaltenen angegriffenen Ausführungsform, grundsätzlich erreicht werden.
Dass mit der beantragten einstweiligen Verfügung allein die Verfügungsbeklagte verpflichtet werden kann, nicht aber unmittelbar die Zollbehörde, ist unschädlich.
Stellt der Rechtsinhaber eines Schutzrechtes nach Art. 5 VO (EG) einen Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörde und gibt die zuständige Zollbehörde diesem Antrag nach Art. 8 VO (EG) statt, so werden die zuständigen Zollstellen innerhalb des vorgegebenen Zeitraumes entsprechend den Vorgaben des Kapitel III VO (EG) tätig.
Ausgehend von dem Antrag des Rechtsinhabers setzen die Zollbehörden bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 VO (EG) die Überlassung der Waren aus oder halten diese zurück. Der Rechtsinhaber wird hiervon unterrichtet. Von da an steht ihm entsprechend Absatz 3 des genannten Artikels innerhalb der von Art. 13 VO (EG) vorgesehenen Fristen die Möglichkeit zu, festzustellen, ob sein Schutzrecht nach den Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaates tatsächlich verletzt ist und bei Bejahung dieser Frage ein Verfahren nach Art. 10 VO (EG) einzuleiten. Die Verordnung (EG) Nr. 1381/2003 legt mithin nach der Aussetzung der Überlassung der Waren das weitere Verfahren im Hinblick auf die Verifizierung der befürchteten Schutzrechtsverletzung in die Hände des Rechtsinhabers bzw. Antragstellers. Er ist hierfür allein verantwortlich. Er hat gegebenenfalls ein Verfahren zur Feststellung der Schutzrechtsverletzung einzuleiten. Wird der Rechtsinhaber seinen Obliegenheiten nicht gerecht, erfolgt – bei Erfüllung der Zollförmlichkeiten – die Aufhebung der Zurückhaltung der Waren, Art. 13 VO (EG).
In dieser Situation sieht die Verordnung (EG) Nr. 1381/2003 keine Überprüfung der zurückgehaltenen Ware auf eine Schutzrechtsverletzung hin durch die Zollbehörde vor. Insoweit ist ihr keine Entscheidungskompetenz zugewiesen. Herr des weiteren Vorgehens in dieser Phase des Grenzbeschlagnahmeverfahrens ist allein der Rechtsinhaber bzw. Antragsteller. Seine Handlungen und Erklärungen bestimmen den weiteren Fortgang des Verfahrens. Nimmt der Rechtsinhaber bspw. seinen Antrag zurück oder erklärt er, die von ihm untersuchte zurückgehaltene Ware sei nicht schutzrechtsverletzend und/oder er werde kein entsprechendes Verfahren einleiten, hat die zollbehördliche Maßnahme keine Berechtigung mehr. Die zurückgehaltene Ware ist in diesem Fall – bei Vorliegen der Zollförmlichkeiten – ohne weiteres freizugeben.

2)
Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt ebenso wenig wegen des – im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch nicht beschiedenen – Antrages der Verfügungsklägerin beim Hauptzollamt gemäß Art. 14 VO (EG) auf Überlassung der zurückbehaltenen Ware gegen Leistung einer Sicherheit.
Zwar kann auch mittels eines solchen Antrages die tatsächliche Freigabe der angegriffenen Ausführungsform erwirkt werden, und dies sogar ohne „Umweg“ über die Verfügungsbeklagte. Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass dieser Weg einfacher, billiger und in wenigstens vergleichbar sicherer und wirkungsvoller Weise zum begehrten Ziel führt (vgl. BGH NJW 1998, 1636; BGH NJW 1994, 1351; BGH NJW 1971, 656), so dass der Verfügungsklägerin nicht von vornherein ein berechtigtes Interesse an der Inanspruchnahme der Zivilgerichte abgesprochen werden kann.

Die Möglichkeit, die Überlassung der Ware oder die Aufhebung ihrer Zurückhaltung gegen Sicherheitsleistung zu erwirken, bietet sich bei der vorliegend relevanten Konstellation nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) erst, nachdem der Rechtsinhaber die Zollstelle darüber unterrichtet hat, dass fristgemäß ein Verfahren eingeleitet wurde, in dem festgestellt werden soll, ob das Schutzrecht, dessen wegen die Zurückhaltung der Ware ausgesprochen wurde, verletzt ist. Stellt der die Ware Einführende sodann einen Freigabeantrag, hängt dessen positive Bescheidung von den weiteren Handlungen bzw. der Mitwirkung des Rechtsinhabers ab. Dieser kann zum einen mittels einer Sicherungsmaßnahme gemäß Art. 14 Abs. 1 a) VO (EG) die Freigabe der Ware insgesamt verhindern. Zum anderen sind seine Angaben für die Höhe der zu leistenden Sicherheit entscheidend, wobei für den Fall, dass zwischen den Parteien keine Einigung über die Höhe der Sicherheitsleistung erzielt werden kann, die Zollbehörde die angemessene Sicherheitsleistung zu ermitteln hat. Die Entscheidung der Zollbehörde hängt demnach von den Handlungen des Rechtsinhabers ab. Keineswegs wird die ausgesetzte Überlassung der Ware durch schlichte Stellung des Antrages auf Freigabe der Ware gegen Sicherheitsleistung aufgehoben. In Anbetracht der dem Rechtsinhaber zur Verfügung stehenden Fristen nach Artt. 13, 14 VO (EG) kann zudem nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Weg im Vergleich zum einstweiligen Rechtsschutz durch die Zivilgerichte per se der schnellere ist.
Bei dieser Entscheidung der Zollbehörde findet ferner keine Prüfung der Schutzrechtssituation statt. Ob sich die im Raum stehende widerrechtliche Benutzung eines Schutzrechts bewahrheitet, ist für die Freigabe gegen Sicherheitsleistung ohne Belang. Eine Prüfung unter patentrechtlichen Gesichtspunkten erfolgt in diesem Zusammenhang nicht. In materiell-rechtlicher Hinsicht unterscheidet sich diese Entscheidung der Zollbehörde demnach qualitativ von der vorliegend begehrten Eilmaßnahme.
Nicht außer Betracht bleiben kann schließlich, dass der Einführende eine Sicherheit leisten muss, die – damit die Interessen des Rechtsinhabers gewahrt sind – eine erhebliche Höhe erreichen kann und diese Sicherheit erst dann wieder heraus gegeben werden kann, wenn von den dazu berufenen Zivilgerichten festgestellt ist, dass die zurückbehaltenen Waren das Schutzrecht nicht verletzen.

III.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Ein Anspruch auf Unterlassung und/oder Beseitigung wegen unerlaubten Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß §§ 823, 1004 BGB ist nicht gegeben.

1)
In der durch den Antrag der Verfügungsbeklagten verursachten Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückbehaltung der Ware gemäß Art. 9 Abs. 1 VO (EG) ist allerdings ein unmittelbarer Eingriff in den Geschäftsbetrieb der Verfügungsklägerin zu sehen.
Die zollbehördliche Maßnahme ist betriebsbezogen. Sie richtet sich gegen den Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin als solchen und betrifft nicht nur vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter (vergl. hierzu: BGH GRUR 2006, 433 (435) – unbegründete Abnehmerverwarnung; BGH NJW 2003, 1040 (1041); BGH NJW 1983, 2313; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 823 Rn. 128; MüKo/Wagner, BGB, 4. Aufl., § 823 Rn. 185). Da die Verfügungsklägerin die angegriffene Ausführungsform nicht auf der alle 3 bis 5 Jahre stattfindenden Messe DRUPA, die unstreitig weltweit die wichtigste Messe für das Druckgewerbe ist, ausstellen und potentiellen Abnehmern gegenständlich präsentieren kann, wird ihr Absatz beeinträchtigt (BGH GRUR 2006, 433 (435) – unbegründete Abnehmerverwarnung; BGHZ 14, 286 (292) – Farina Belgien).

2)
Es fehlt jedoch an der Rechtswidrigkeit des Eingriffs.
Erfolgt ein Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mittels Erhebung einer Klage oder der sonstigen Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Rechtspflegeverhältnisses zur Durchsetzung (vermeintlicher) Rechte, ist dieser Eingriff grundsätzlich rechtmäßig. Dies auch dann, wenn sich das Begehren als sachlich nicht gerechtfertigt erweist und dem anderen Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwachsen. Eine Verpflichtung, vor Ingangsetzung des Verfahrens die eigene sachliche Berechtigung mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, besteht nicht. Demjenigen, der ein gesetzlich geregeltes Verfahren in Anspruch nimmt, ist grundsätzlich ein Recht auf Irrtum zuzubilligen. Die Verletzung des geschützten Rechtsgutes indiziert in diesem Fall die Rechtswidrigkeit nicht. Das schadensursächliche Verhalten trägt angesichts seiner verfahrensrechtlichen Legalität vielmehr zunächst die Vermutung der Rechtmäßigkeit in sich. Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage haftet der ein solches Verfahren betreibende Schutzrechtsinhaber wie jeder anderer Kläger oder Antragsteller außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen deshalb grundsätzlich nicht nach dem Recht der unerlaubten Handlung. Eine andere Beurteilung würde die freie Zugänglichkeit der staatlichen Klage bzw. Rechtspflegeverfahren, an der auch ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, in bedenklicher Weise einengen. Eine Deliktshaftung kommt deshalb in den hier in Rede stehenden Konstellationen nur dann in Betracht, wenn in dem betriebenen Verfahren nach dessen gesetzlicher Ausgestaltung kein ausreichender Schutz der Interessen des Prozess- bzw. Verfahrensgegners gewährleistet ist und/oder sich der das Verfahren Einleitende unlauterer und damit sittenwidriger Mittel bedient, er mithin subjektiv unredlich handelt (BGH NJW 2008, 1147; BGH GRUR 2006, 433 (435) – unbegründete Abnehmerverwarnung; BGH GRUR 2006, 219 (221) – Detektionseinrichtung II; BGH GRUR 2005, 882 (884) – unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; BGH NZV 2004, 134 (135); BGH JuS 2003, 817; BGH NJW 1985, 1959 (1961); BGHZ 74, 9 (13); BGHZ 36, 18 (21)).

a)
Bei dem Verfahren der Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren gemäß der VO (EG) Nr. 1383/2003 handelt es sich um ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren zur Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte.

b)
Nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung sieht dieses Verfahren auch die Wahrung der Interessen desjenigen, dessen Waren zurückgehalten werden, in einer die Rechtmäßigkeit im obigen Sinne herbeiführenden Weise vor.

Art. 9 Abs. 1 VO (EG) normiert als Voraussetzung für die Aussetzung der Überlassung der Waren oder dessen Zurückhaltung die Feststellung der Zollbehörde, dass die Waren im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen.
Auch wenn damit anders als nach den nationalen Vorschriften keine offensichtliche Rechtsverletzung für das Tätigwerden der Zollbehörden erforderlich ist, die Eingriffsschwelle folglich niedriger ist, muss gleichwohl eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Schutzrechtsverletzung vorliegen (Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 142a R. 20; Cordes, GRUR 2007, 483 (485); Hermsen, Mitt. 2006, 261 (262) spricht von einem „hinreichend begründeten Verdacht“). Die Schutzrechtsverletzung darf nicht nur eine bloße oder entfernte Möglichkeit darstellen, sondern es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die angehaltenen Waren in überwiegend wahrscheinlicher Weise tatsächlich von dem genannten Schutzrecht Gebrauch machen.
Die Entscheidung, dass im konkreten Fall eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gegeben ist, die zur Aussetzung der Überlassung führt, ist von der Zollbehörde selbst zu treffen (Art. 9 Abs. 1 VO (EG): „Stellt eine Zollbehörde … fest, dass in der Entscheidung genannte Waren … im Verdacht stehen … ). Angesichts des Umstandes, dass es in diesem Zeitpunkt des Verfahrens um den Erlass einer hoheitlichen Maßnahme der Zollbehörde geht, erscheint dies auch selbstverständlich. In diesem Verfahrensstadium obliegt es somit der Zollbehörde, die behauptete Schutzrechtsverletzung zu beurteilen und in eigener Zuständigkeit zu entscheiden, ob eine solche überwiegend wahrscheinlich ist, so dass die hoheitliche Maßnahme erlassen werden kann.
Dass bei der Beurteilung insbesondere einer Patentrechtsverletzung oftmals schwierige und komplexe rechtliche sowie tatsächliche Fragen zu klären sind, die außerhalb des Zollrechts angesiedelt sind, eröffnet zwar eine Rückgriffsmöglichkeit auf den Antrag und die vom Schutzrechtsinhaber zur Verfügung gestellten Unterlagen, aus denen sich eine Schutzrechtsverletzung ergeben soll bzw. kann. Dies bedeutet hingegen nicht, dass die Zollbehörde keinerlei eigene Prüfung anstellen muss. Die erwähnten und durchaus bekannten Schwierigkeiten haben den Verordnungsgeber nämlich nicht davon abgehalten, vor Erlass der zollbehördlichen Maßnahme eine Feststellung durch die Zollbehörde selbst vorzusehen. Die Zollbehörde wird, wie Art. 9 Abs. 1 VO (EG) zeigt, gerade nicht nur mit der schlichten Prüfung betraut, ob überhaupt ein entsprechender Antrag vorliegt und/oder weitere zollrechtliche Formalitäten eingehalten sind. Die Verordnung bestimmt nicht, dass jeder förmlich korrekte Antrag automatisch zu einer Zurückhaltung von Waren führt.
Die Versagung einer Prüfung durch die Zollbehörde selbst kann auch nicht aus den Artt. 10, 11 VO (EG) abgeleitet werden, wonach sich die Frage, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist, nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften richtet und die Feststellung einer Schutzrechtsverletzung in einem Verfahren vor den nationalen Zivilgerichten zu treffen ist. Diese Kompetenzzuweisung betrifft den Zeitpunkt nach der Entscheidung der Zollbehörde, die Aussetzung der Überlassung bzw. der Zurückbehaltung der Ware anzuordnen, und damit allein die endgültige Feststellung einer Schutzrechtsverletzung. Vor Erlass der hier diskutierten zollbehördlichen Maßnahmen greift sie nicht.
Im Rahmen der Prüfung, ob eine Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren gerechtfertigt ist, ist nach der VO (EG) Nr. 1383/2003 demnach eine ausreichende Interessenwahrung des Betroffenen vorgesehen. Dass eine solche – wie die Verfügungsklägerin vorgetragen hat – in der Praxis der Zollbehörde tatsächlich nicht gegeben sei, kann keine Berücksichtigung finden. Es kommt auf die gesetzliche Ausgestaltung des in Anspruch genommenen Verfahrens an. Zudem ist als Rechtsbehelf gegen die zollbehördliche Maßnahme ein Einspruch gemäß § 347 AO vorgesehen und gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet. Sowohl im Einspruchsverfahren wie auch im finanzgerichtlichen Verfahren wird die Rechtmäßigkeit des zollbehördlichen Handelns überprüft und damit auch die Frage, ob in zutreffender Weise der Verdacht einer Schutzrechtsverletzung festgestellt worden ist. Rechtliches Gehör wird jedenfalls im Rahmen dieser Rechtsbehelfe gewährt.
Soweit die Verfügungsklägerin darüber hinaus das Fehlen eines effektiven Rechtsschutzes in dem zollbehördlichen Verfahren mit dem Verweis begründet, jedenfalls während der Dauer der Messe DRUPA sei keine Entscheidung von der Zollbehörde zu erwarten, gebietet auch dies nicht die Annahme, dass es sich bei dem Verfahren nach Artt. 9 ff VO (EG) um ein solches handelt, das nicht (mehr) den oben genannten Anforderungen genügt. Abgesehen davon, dass den gesetzlichen Regelungen keine Fristen zu entnehmen sind, die definitiv und von vornherein eine Einspruchsentscheidung während der Messe ausschließen, ist auch vor den Finanzgerichten einstweiliger Rechtsschutz oder ein Antrag auf Aussetzung der Zurückhaltung der Waren möglich.

Die Interessen des von der Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren Betroffenen werden nach der VO (EG) Nr. 1383/2003 des weiteren durch Artikel 6 gewahrt. Hiernach hat der Rechtsinhaber, der einen Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden stellt, seinem Antrag eine Erklärung beizufügen, mit der er die etwaige Haftung gegenüber dem Betroffenen für den Fall übernimmt, dass das nach Art. 9 Abs. 1 VO (EG) eingeleitete Verfahren aufgrund einer Handlung oder Unterlassung des Rechtsinhabers eingestellt oder dass festgestellt wird, dass die betreffenden Waren kein Recht des geistigen Eigentums verletzen. In diesen Konstellationen ist der Rechtsinhaber gegenüber dem Betroffenen zum Schadenersatz verpflichtet, was nach der Vorstellung der VO (EG) Nr. 1383/2003 offenbar als ausreichend angesehen wird.

c)
Die Verfügungsbeklagte hat das ihr zur Verfügung stehende gesetzliche Verfahren ergriffen und hierbei sämtliche Anforderungen, welche die Zollbehörde stellt bzw. gestellt hat, ordnungsgemäß erfüllt. Dass sie hierbei subjektiv unredlich handelte, lässt sich nicht feststellen.

aa)
Das Vorbringen der Verfügungsklägerin, die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung der Waren gemäß Art. 9 Abs. 1 VO (EG) sei schon deshalb nicht erforderlich gewesen, weil die Verfügungsbeklagte die angegriffene Ausführungsform (spätestens) seit der Messe NEXPO gekannt habe, eine Besichtigung der angegriffenen Ausführungsform mithin gar nicht erforderlich gewesen sei, verfängt nicht.

Es kann bereits aus grundsätzlichen Erwägungen eine subjektive Unredlichkeit nicht begründen. Zutreffend ist zwar, dass die Aussetzung der Überlassung bzw. die Zurückhaltung der Waren – wie die Artt. 9 Abs. 2, 3, 10, 13 VO (EG) zeigen – vorrangig dem Zweck dient, dem Rechtsinhaber die Möglichkeit einer Inspizierung der vermeintlich schutzrechtsverletzenden Ware an die Hand zu geben. Er soll in die Lage versetzt werden, die angehaltene Ware zu überprüfen und gegebenenfalls ein Verfahren zur Feststellung deren Schutzrechtswidrigkeit einzuleiten. Auf diesen Zweck ist die VO (EG) Nr. 1383/2003 jedoch nicht beschränkt. Sie beinhaltet nicht nur ein (weiteres) Besichtigungsverfahren für einen Rechtsinhaber, sondern hat auch das Bestreben, schutzrechtsverletzende Waren nicht auf den Markt kommen zu lassen. In den vorangestellten Erwägungen der Verordnung heißt es unter (2), dass wegen des bei dem Rechtsinhaber entstehenden Schadens und der möglicherweise aufgrund einer Täuschung für den Verbraucher bestehenden Gefahren „soweit wie möglich verhindert werden (soll), dass solche Waren auf dem Markt gelangen, und es sollten Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung dieser illegalen Praktiken ergriffen werden, …“. Mit der Zurückhaltung der Waren wird ein rechtswidriges Verbringen dieser Waren in den Markt wirksam verhindert.

Überdies erklärte der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung, er könne nicht sagen, ob die Elemente der auf der Messe DRUPA beschlagnahmten angegriffenen Ausführungsform identisch ausgestaltet seien wie bei der auf der Messe NEXPO ausgestellten Positionierungshilfe für die Einsteckmaschine „B“. Die Erklärung mag sich auf mögliche Abweichungen bezogen haben, die für die technische Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform keine Bedeutung haben. Gleichwohl kann angesichts dieser Erklärung und des Umstandes, dass einen Vergleich der zurückgehaltenen angegriffenen Ausführungsform mit der auf der Messe NEXPO ausgestellten Positionierungshilfe zulassende Unterlagen der Kammer nicht vorgelegt wurden, nicht die sichere Feststellung getroffen werden, dass der Verfügungsbeklagten die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform zur Gänze und vollständig bekannt gewesen sei.

bb)
Tatsächliche Anhaltspunkte für eine zeitliche Verschleppung und/oder ungerechtfertige Verzögerung des Grenzbeschlagnahmeverfahrens durch die Verfügungsbeklagte mit dem Ziel, die hiesige Verfügungsklägerin zu schädigen, sind nicht ersichtlich. Die Verfügungsbeklagte hat die ihr von der Verordnung zugestandenen Fristen nicht ausgeschöpft.

cc)
Eine subjektive Unredlichkeit der Verfügungsbeklagten kann auch nicht – wie die Verfügungsklägerin meint – daraus abgeleitet werden, dass die Verfügungsbeklagte um die Nichtverletzung des Verfügungspatents durch die angegriffene Ausführungsform positiv wisse. Die angegriffene Ausführung macht wortsinngemäß von der technischen Lehre des Verfügungspatents Gebrauch.

aaa)
Das Verfügungspatent betrifft mit seinen Ansprüchen 1 bis 15 ein Verfahren, mit seinen Ansprüchen 16 bis 20 eine Vorrichtung zum Stabilisieren und Positionieren von Druckprodukten während ihrer Förderung und mit seinen Ansprüchen 21 und 22 die Verwendung eines solchen Verfahrens zur Zuführung hängend geförderter Druckprodukte zu einer Verarbeitungsvorrichtung.

Nach den einleitenden Bemerkungen des Verfügungspatents ist eine Vorrichtung dieser Art aus der Schweizer Patentschrift 668 244 (Anlage rop 4) bekannt. Nach dieser Offenbarung werden Druckprodukte hängend in einen Förderstrom transportiert, indem an der Oberkante jedes Druckproduktes ein Fördermittel in Form einer Klammer oder eines Greifers anfasst. Die Druckprodukte werden unter Ausnutzung der Schwerkraft durch einfaches Öffnen des Fördermittels einzeln nach unten einem nachfolgenden Verarbeitungsschritt zugeführt, während sich die Fördermittel selbst im wesentlichen gradlinig weiterbewegen. Zur Verbesserung der Übergabe von dem Fördermittel an die nächste Verarbeitungsstation ist überdies vorgesehen, die Unterkanten der hängenden Druckprodukte unmittelbar vor der Zuführungsstelle mit einem parallel zur Förderrichtung laufenden Förderband zu erfassen und dadurch die Druckprodukte zu stabilisieren.

Diese Art der Zuführung ist – wie die Verfügungspatentschrift weiter ausführt – für ausreichend steife und relativ langsam geförderte Druckprodukte brauchbar. Die für eine störungsfreie Übergabe an die Verarbeitungstrommel notwendige definierte Position der Unterkante ergibt sich bei solchen Druckprodukten daraus, dass sich die Unterkante unter den genannten Bedingungen immer senkrecht unter der Oberkante befindet.
Bei weniger steifen Druckprodukten und höheren Fördergeschwindigkeiten erachtet das Verfügungspatent das bekannte Verfahren jedoch als verbesserungsbedürftig, weil der auftretende beträchtliche Luftwiderstand die Druckprodukte unterhalb der festgehaltenen Oberkante gegen die Förderrichtung nach hinten wegbiegt, wobei das Maß des Wegbiegens mit steigender Entfernung von der Oberkante zunimmt. Da die Position der Unterkante, mit der die Druckprodukte voran an den nächstfolgenden Verarbeitungsschritt übergeben werden sollen, nicht definiert ist, ergibt sich die Notwendigkeit, die Abstände zwischen den einzelnen Druckprodukten im Förderstrom sehr groß und die Zuführstelle (z. B. die Aufnahmetasche der Verarbeitungstrommel) gleichzeitig sehr weit zu dimensionieren. Bei gleicher Positionsleistung würde dies zu höheren Fördergeschwindigkeiten und dadurch bedingt zu noch höheren Luftwiderständen führen. Eine präzise Zuführung der Druckprodukte sei mit dieser Konstruktion folglich nicht möglich.
Das in der CH-PS 668 244 (Anlage rop 4) parallel zur Förderrichtung laufende Förderband stabilisiert die wenig Eigensteifigkeit aufweisenden Druckprodukte nicht in ausreichendem Maße. Die nur auf dem mitlaufenden Förderband mit ihrer Unterkante aufliegenden Druckprodukte werden nämlich auf ihrer zwischen Ober- und Unterkante liegenden Fläche weiter gegen die Förderrichtung gebogen; dadurch entsteht die Gefahr, dass die Wölbung ein Maß erreicht, bei dem die Unterkante zu weit angehoben wird und nicht mehr an das Förderband heran reicht. Entsprechend vergrößerte Abstände der Druckprodukte und eine entsprechend weitere Ausbildung der Zuführstelle erhöhen bei gleicher Produktion die Förderungsgeschwindigkeiten und auch die Luftwiderstände und werden daher nicht als geeigneter Ausweg gesehen.
Zusätzliche Klammern oder Greifer zur Erfassung der Unterkante werden vom Verfügungspatent als zu aufwändig beanstandet, weil sie die Druckprodukte schon vor dem Einwirken des Luftwiderstandes erfassen und über die ganze Förderstrecke mitlaufen müssen; insbesondere empfindliche Druckprodukte sollten nicht mit mehr Klammern als unbedingt notwendig festgehalten werden.

Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die technische Aufgabe zugrunde, ein Verfahren aufzuzeigen, mit dem Druckprodukte, die von einzelnen Fördermitteln gehalten, transportiert werden, an bestimmten Stellen der Förderstrecke stabilisiert und exakt positioniert werden können. Insbesondere soll die Position einer nicht vom Fördermittel gehaltenen Kante des Druckproduktes relativ zu der durch die Fördermittel gehaltenen Kante an einem Punkt der Förderstrecke genau definiert und stabil sein. Das Verfahren soll namentlich für wenig steife Gegenstände, die mit hoher Geschwindigkeit gefördert werden, anwendbar und für empfindliche Druckprodukte schonend sein. Die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens soll unkompliziert, einfach und robust sein.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Anspruch 1 des Verfügungspatentes in seiner erteilten Fassung ein Verfahren mit der Kombination folgender Merkmale vor:

1. Verfahren zur Stabilisierung und Positionierung flächiger Gegenstände (insbesondere Druckprodukte (11), die wenig steif sind und mit hoher Geschwindigkeit gefördert werden), die von Fördermitteln (10) gehalten, gefördert werden.

2. Über einen bestimmten Abschnitt der Förderstrecke werden Führungselemente (12) eingeführt und in Förderrichtung mitbewegt.

3. Über mindestens einen Teil dieses Abschnittes der Förderstrecke führen die Führungselemente (12) die Druckprodukte (11) derart, dass die Druckprodukte (11) an mindestens einer Stelle eine definierte, stabile und von der Fördergeschwindigkeit unabhängige Lage haben.

In Anspruch 6 sieht das Verfügungspatent ein Verfahren vor, das sich durch folgende weitere Merkmale auszeichnet:

1. Verfahren nach (mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenem) Anspruch 5,

2. bei dem die Führungselemente (12)
a) von oben in den Förderstrom von hängenden Druckprodukten (11) eingeführt und
b) gegen oben wieder aus dem Förderstrom ausgeführt werden.

Anspruch 16 stellt zudem eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen unter Schutz:

1. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 15.

2. Die Vorrichtung weist Führungselemente (12) auf, die in regelmäßigen Abständen an mindestens einem angetriebenen Element (41) befestigt sind.

3. Das angetriebene Element (41) ist derart angeordnet, dass ein Teil der Führungselemente (12) in den Förderstrom hineinragt.

bbb)
Die angegriffene Ausführungsform ist geeignet, das in Anspruch 1 des Verfügungspatents unter Schutz gestellte Verfahren wortsinngemäß zu verwirklichen. Darüber hinaus macht sie wortsinngemäß von den Merkmalen des Vorrichtungsanspruchs 16 Gebrauch. Beides hat die Verfügungsklägerin zu Recht nicht in Abrede gestellt.

Soweit die Verfügungsklägerin unter Verweis auf das deutsche Gebrauchsmuster 20 2007 008 680 (Anlage rop 5) vorgetragen hat, die angegriffene Ausführungsform greife wegen der nur seitlich von unten in den Förderstrom ein- bzw. ausschwenkbaren Positionierungselemente nicht in den Schutzbereich des Verfügungspatents ein, erlangt dieses Vorbringen nur für die Frage einer Verletzung von Anspruch 6 Bedeutung. Allein dieser Verfahrensanspruch sieht nämlich das Ein- und Ausführen der Führungselemente von bzw. nach oben aus dem Förderstrom der Druckprodukte vor.

Anspruch 1 fordert dies nicht. Der Wortlaut des Anspruchs verhält sich nicht dazu, aus welcher Richtung die Führungselemente (12) in den Förderstrom eingeführt und in welche Richtung sie ausgeführt werden sollen. Er ist mit Blick auf derartige Richtungsangaben vielmehr denkbar weit gefasst und lässt offen, von wo nach wo das Ein- und/oder Ausführen der Förderelemente erfolgen soll.
Ein einschränkendes Verständnis folgt auch nicht aus dem allgemeinen Beschreibungsteil des Verfügungspatents, in dem (Anlage rop 1, Spalte 3, Zeilen 12 bis 20) als „Grundprinzip“ des erfindungsgemäßen Verfahrens gelehrt wird, dass „vor einer Positionierungsstelle, an der die beispielsweise hängenden Druckprodukte eines Förderstroms eine ganz bestimmte Lage haben sollen, Führungselemente von oben (d.h. von derjenigen Seite des Förderstromes, an der die Druckprodukte von den Fördermitteln gehalten werden) in den Förderstrom eingeführt werden…..“, oder aus dem Umstand, dass alle Figuren des Verfügungspatents ein Einführen der Förderelemente in den Förderstrom von oben und ein Ausführen nach oben zeigen.
Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent unter Schutz gestellt ist, ist gemäß Art. 69 Abs. 1 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Was bei sinnvollem Verständnis nicht so deutlich in den Wortlaut einbezogen ist, dass es vom Fachmann als zur Erfindung gehörend anerkannt wird, kann den Gegenstand des Patentanspruchs nicht kennzeichnen. Auch die zur Erfassung des Sinngehalts eines Patentanspruchs vorgesehene Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen des betreffenden Patents darf weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch – was im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung ist – zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patents festgelegten Gegenstandes führen (BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 – Mehrgangnabe; BGH GRUR 2007, 778 (779) – Ziehmaschinenzugeinheit; BGH GRUR 2007, 309 (310 f) – Schussfädentransport; BGH GRUR 2004, 1023 (1024) – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, dass nur bei Befolgung einer – auf der genannten Beschreibungsstelle und den Zeichnungen basierenden – engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt werden kann, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll. Die Stabilisierung und exakte Positionierung der hängend transportierten wenig steifen Druckprodukte an bestimmten Stellen der Förderstrecke mit den erfindungsgemäßen Mitteln ist – wie im übrigen auch die angegriffene Ausführungsform zeigt – nicht zwingend und ausschließlich davon abhängig, dass die Förderelemente von oben in den Förderstrom eingreifen und dass sie sodann von unten nach oben wieder ausgeführt werden. Auch wenn ein Eingreifen der Fördermittel von der Seite her in den Förderstrom erfolgt, ist die Position der Unterkante der Druckprodukte zu einem bestimmten Zeitpunkt zu stabilisieren und genau zu bestimmen.
Zu berücksichtigen sind zudem die mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche des Verfügungspatents. Wenn nicht schon Anspruch 4 so stellt doch jedenfalls Anspruch 6 das Ein- und Ausführen der Führungselemente von bzw. nach oben in bzw. aus dem Förderstrom von hängenden Druckprodukten gesondert unter Schutz. Dies entbehrt eines technischen Sinns, wenn bereits der Hauptanspruch 1 gleiches zwingend erfordern würde.

Da die angegriffene Ausführungsform die technische Lehre der Ansprüche 1 und 16 verwirklicht, bedarf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die angegriffene Ausführungsform von Anspruch 6 des Verfügungspatents Gebrauch macht, keiner abschließenden Klärung.

dd)
Dies gilt auch nicht vor dem Hintergrund, dass das Bundespatentgericht mit Urteil vom 28. September 2006 (Anlage rop 3) das Verfügungspatent wegen neuheitsschädlicher Vorwegnahme durch die CH-PS 668 244 (Anlage rop 4) insoweit für nichtig erklärt hat, als es über die Ansprüche 6 bis 23 in der erteilten Fassung hinausgeht. Abgesehen davon, dass diese Teilvernichtung nicht rechtskräftig ist, das Verfügungspatent mithin nach wie vor in der erteilten Fassung in Kraft steht, ist derzeit nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Vernichtung des Anspruchs 1 im Nichtigkeitsberufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof Bestand haben wird.

aaa)
Zunächst ist zu bemerken, dass die vom Bundespatentgericht als neuheitsschädlich eingestufte CH-PS 668 244 (Anlage rop 4) weder in ihren Ansprüchen noch in ihrer Beschreibung von Druckprodukten etc. spricht, die „wenig steif sind“. Die Notwendigkeit einer Stabilisierung der in Hängelage befindlichen Druckprodukte vor dem Einbringen in die Abteile der dortigen Verarbeitungstrommel wird im Rahmen dieser Entgegenhaltung allein im Zusammenhang mit hohen Fördergeschwindigkeiten diskutiert (vgl. insbesondere S. 4, rechte Spalte, Zeilen 6 ff.). Die dort vorgesehene Abstützvorrichtung würde bei wenig steifen Druckprodukten auch keine Stabilisierung erzielen können. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die vom Verfügungspatent formulierte und oben bereits wiedergegebene Aufgabenstellung, die explizit (siehe Anlage rop 1, Spalte 2, Zeilen 40 f.) wenig steife Produkte erwähnt und sich so vom gattungsbildenden Stand der Technik abgrenzt.

Darüber hinaus ist es zweifelhaft, ob – unabhängig von der sogleich abgehandelten Frage nach der Eigenschaft der Abteilwände 6 als Führungselemente – mittels der in der CH-PS 668 244 (Anlage rop 4) offenbarten technischen Lehre eine Positionierung der Druckbögen erreicht werden kann beziehungsweise überhaupt erzielt werden soll. An der entscheidenden Stelle – nämlich vor der Einführung der Druckprodukte in die Abteile 3 – ist die Abstützvorrichtung aufgrund ihrer konstruktiven Ausgestaltung nicht in der Lage, eine exakte Positionierung zu gewährleisten. Anschließend – also wenn die Druckprodukte sich bereits innerhalb der Abteile 3 der Verarbeitungstrommel befinden – bedarf es darüber hinaus auch keiner Positionierung mehr.

Es erscheint überdies zumindest als fraglich, ob dem Bundespatentgericht darin zu folgen ist, dass die Eintrittskante 7a und die Abteilwand 6 als „Führungselemente“ im Sinne des Verfügungspatents betrachtet werden können. Das Verfügungspatent weist den Führungselementen die Funktion zu, sicher zu stellen, dass die – nur an der Oberkante gehaltenen – flächigen Gegenstände, die wenig steif, instabil und einer Verformung durch den Luftwiderstand ausgesetzt sind, an einem bestimmten Punkt so zu stabilisieren und zu positionieren, dass sie auch bei hohen Fördergeschwindigkeiten problemlos etwa von einer Verarbeitungstrommel aufgenommen werden können.

Vor diesem Hintergrund überzeugen auch die Ausführungen des im Berufungsnichtigkeitsverfahren beauftragten Sachverständigen Dr. Wilken im Gutachten gemäß der in dem Verfahren 4b O 131/08 überreichten Anlage Ast 11a, denen die Kammer sich nach eigener Überprüfung anschließt und welche die Neuheitsschädlichkeit der CH-PS 668 244 verneint. Weder die Abstützvorrichtung noch das Förderband im Sinne von Anspruch 10 der schweizerischen Druckschrift dienen der Korrektur von Lagefehlern, die in schnell bewegten Druckprodukten durch Luftdruck erzeugt werden, sondern dem Ausrichten in bezug auf die Fächer der Weiterverarbeitungstrommel. Zudem gewährleisten beide genannten Elemente auch keine definierte und stabile Lage der Druckprodukte, weil bereits geringfügige Maßabweichungen zur Folge haben, dass sich unterschiedliche Nachbarabstände auf der Abstützvorrichtung bzw. auf dem Förderband einstellen. Dies lässt erkennen, dass die Transportvorrichtung eher für Bahngeschwindigkeiten konzipiert ist, die noch keine nennenswerten Formabweichungen der Druckprodukte durch Luftausdruck mit sich bringen, und insofern auch nicht für wenig steife Gegenstände ausgelegt sind.

bbb)
Auch die weiteren gegen den Rechtsbestand vorgebrachten Entgegenhaltungen lassen eine Vernichtung des Verfügungspatents nicht als überwiegend wahrscheinlich erscheinen.

Die CH-PS 593 797 betrifft schon ihrer Gattung nach eine gänzlich andersartige Vorrichtung, da bei ihr die Druckprodukte auf einem Förderband liegend im Schuppenstrom transportiert werden und sich daher die im Verfügungspatent diskutierten Lage-, Stabilisierungs- und Positionierungsprobleme gar nicht erst stellen (vgl. Urteil des Bundespatentgerichts, Anlage rop 3, Seite 19, 3. Absatz).
Darüber hinaus hat der im Berufungsnichtigkeitsverfahren beauftragte Sachverständige Dr. Wilken überzeugend auf folgenden Unterschied zum Verfügungspatent hingewiesen: Während beim Verfügungspatent die Führungselemente von allen Seiten des Förderstroms aus eingeführt werden können, muss dies in der genannten Entgegenhaltung zwingend von der Seite aus erfolgen, weil der Falz ansonsten nicht zugänglich wäre (Seite 8 des Gutachtens gemäß der im Verfahren 4b O 131/08 eingereichten Anlage Ast 11a, 2. Absatz unter Ziffer 2).
Ergänzend wird insoweit auf die den Parteien bekannten Ausführungen der Kammer im Rechtsstreit 4b O 199/04 (Urteil vom 15.04.2005, Seite 14 unten bis Seite 17, 2. Absatz, Anlage Ast 1) sowie der Berufungsinstanz OLG Düsseldorf I – 2 U 55/05 (Urteil vom 23.03.2006, Seite 23, letzter Absatz, bis Seite 24, Mitte, Anlage Ast 2) verwiesen.

Hinsichtlich des EP 0 241 634 gilt, dass der Fachmann dieser Druckschrift zur Lösung des im Verfügungspatent behandelten Problems nicht mehr entnehmen konnte, als ihm bereits aus der CH-PS 668 244 (Anlage rop 4) bekannt war. Die in der in Figur 7 dargestellten, auf dem Förderband befindlichen Vorsprünge können bei hohen Fördergeschwindigkeiten, bei denen sich die hängenden Druckprodukte entgegen der Förderrichtung zurückbiegen, keine Stabilisierung bewirken, weil sie den Druckprodukten in Förderrichtung voraus laufen. Auch bei dünnen und biegeweichen Druckprodukten ist mit der Lösung dieser Entgegenhaltung keine hinreichend zuverlässige Positionierung zu erreichen (vgl. Gutachten gemäß der im Verfahren 4b O 131/08 überreichten Anlage Ast 11a, Seite 9, 3. Absatz am Ende).

Schließlich vermag auch das EP 0 380 921 der Neuheit des Anspruchs 1 des Verfügungspatents nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entgegen zu stehen. Die dort vorgesehenen nacheilenden Klemmplatten des Fächerrades sind keine Führungsmittel im Sinne des Verfügungspatents. Sie stellen vielmehr zusammen mit den vorauseilenden Klemmplatten Greifelemente dar, welche die von den Fördermitteln losgelassenen Druckprodukte ergreifen, festklemmen und dann erst der Verarbeitungstrommel zuführen. Das Fächerrad stellt bei dieser Entgegenhaltung ein weiteres Funktionsteil dar, das zwischen Förderstrom und Verarbeitungstrommel zwischengeschaltet ist und das die Druckprodukte zusätzlich passieren muss, bevor sie aus dem Förderstrom in die Verarbeitungstrommel gelangen. Zudem lehnt die Verfügungspatentbeschreibung (Anlage rop 1, Spalte 2, Zeilen 24 bis 26) zusätzliche Klammern speziell für empfindliche Druckprodukte als nicht vorteilhaft ab, so dass sie deshalb auch keine Führungselemente im Sinne der technischen Lehre des Verfügungspatents sein können.

Soweit der Rechtsbestand des Verfügungspatents unter dem Gesichtspunkt einer offenkundigen Vorbenutzung in Frage gestellt wird, bleibt dies letztlich ohne Erfolg für den hiesigen Rechtsstreit. Die behauptete offenkundige Vorbenutzung ist nicht lückenlos durch liquide Beweismittel belegt, sondern zumindest teilweise auch auf Zeugenbeweis angewiesen (vergl. OLG Düsseldorf GRUR 1979, 636, 637 – Ventilbohrvorrichtung). Somit müsste selbst dann, wenn den Ausführungen des vom BGH beauftragten Sachverständigen in seinem Gutachten auf Seiten 11 f. unter Ziffer 2.c) (im Verfahren 4b O 131/08 vorgelegte Anlage Ast 11a) beizutreten wäre, über die insoweit in tatsächlicher Hinsicht streitigen Fragen eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen durchgeführt werden. Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des OLG Düsseldorf in dem den Parteien bekannten Rechtsstreit I – 2 U 55/05 (Urteil vom 23.03.2006, Seiten 27 – 32) Bezug genommen.

ccc)
Aufgrund des zuvor Gesagten erübrigen sich Überlegungen dazu, ob es der Verfügungsbeklagten oblegen hätte, der Zollbehörde das Urteil des Bundespatentgerichts vom 28. September 2006 zur Kenntnis zu bringen, oder ob die Nichtvorlage des Urteils als unvollständige Information und Täuschung der Zollbehörde über den mangelnden Rechtsbestand anzusehen wäre.

IV.
Angesichts der Ausführungen unter III. ist schließlich keine Auseinandersetzung mit den weiteren zwischen den Parteien umstrittenen Fragen vonnöten. Insbesondere dahin stehen kann, ob die Abgabe einer Willenserklärung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren unter dem Blickwinkel des Verbots einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vorliegend ausscheiden würde (vergl. hierzu: OLG Dresden GRUR-RR 2003, 226; OLG Köln NJW-RR 1997, 59; OLG Stuttgart NJW 1973, 908; Bernecke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rn. 44; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 894 Rn. 7, jeweils m. w. Nachw.).

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6 ZPO.

Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingereichten Schriftsätze der Parteien vom 2. Juni 2008 und 12. Juni 2008 fanden bei der Entscheidung keine Berücksichtigung. Schriftsatznachlässe waren nicht gewährt worden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung verbietet sich angesichts des Eilcharakters des Verfügungsverfahrens.