4b O 167/07 – Sicherheitsschalter

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 955

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 6. Mai 2008, Az. 4b O 167/07

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 400.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 0 920 xxx (Klagepatent, Anlage K 1), welches unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 25.11.1997 am 25.09.1998 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 6. Mai 2004. Zu den benannten Vertragsstaaten gehört u.a. auch die Bundesrepublik Deutschland.

Hauptanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

„Sicherheitsschalter (1) mit einem in einem Schaltergehäuse (2) axial verschiebbar gelagerten und mit einer Schaltbrücke (4) versehenen, federbelasteten Stößel (3), der an einem seiner Enden eine Betätigungsvorrichtung in Form einer Schaltklinke (8) aufweist, die im Bereich einer Einführöffnung für einen bügelartigen Betätiger (6) liegt und derart mit dem Betätiger (6) zusammenwirkt, dass der Stößel (3) und damit auch die Schaltbrücke (4) bei eingefahrenem Betätiger (6) in Einschaltstellung und bei herausgefahrenem Betätiger (6) in Ausschaltstellung verschoben ist, wobei die Schaltklinke (8) aus einem im Wesentlichen U-förmigen Bügel besteht, dadurch gekennzeichnet, dass der im Wesentlichen U-förmige Bügel im Bereich seines Mittelsteges (9) schwenkbar im Gehäuse (2) gelagert ist und mit einem seiner Seitenschenkel (11) in einer Ausnehmung (12) des Stößels (3) eingreift und dessen anderer Seitenschenkel (13) oberhalb des Stößels (3) liegt, wobei der letztgenannte Seitenschenkel (13) bei eingefahrenem Betätiger (6) diesen hintergreift und ein vollständiges Herausziehen des Betätigers (6) aus dem Gehäuse (2) erst in der Ausschaltstellung gestattet.“

Die nachstehend eingeblendete Figur 1 des Klagepatents veranschaulicht einen erfindungsgemäßen Sicherheitsschalter in seiner Einschaltstellung anhand einer bevorzugten Ausführungsform:

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, stellt her, bietet an und vertreibt Sicherheitsschalter mit der Artikelbezeichnung ES 14 AZ 1 Ö (14.9.66.9.02). Die Klägerin hat ein Exemplar eines solchen Schalters als Anlage K 5 im Original zur Akte gereicht.
Die konstruktive Ausgestaltung dieses Sicherheitsschalters ist aus den von den Beklagten als Anlage B 7 zur Akte gereichten Lichtbildern 4, 5 und 6, die nachfolgend eingeblendet werden, ersichtlich, wobei die Beklagtenvertreter in diesen Lichtbildern Bezugsziffern gemäß dem Klagepatent eingefügt haben.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Sicherheitsschalter der Beklagten machten von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch. Insbesondere weise auch dieser Sicherheitsschalter einen U-förmigen Bügel auf, der im Bereich seines Mittelsteges schwenkbar im Gehäuse gelagert sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Schaltklinke auch eine weitere Befestigung am Stößel aufweise. Jedenfalls sei in einer solchen Lösung eine äquivalente Verwirklichung der Lehre des Klagepatents zu sehen. Sie nimmt die Beklagten aufgrund dessen auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

I.
die Beklagten zu verurteilen,

1.
es bei Meidung der – näher bezeichneten – gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Sicherheitsschalter mit einem in einem Schaltergehäuse axial verschiebbar gelagerten und mit einer Schaltbrücke versehenen, federbelasteten Stößel, der an einem seiner Enden eine Betätigungsvorrichtung in Form einer Schaltklinke aufweist, die im Bereich einer Einführöffnung für einen bügelartigen Betätiger liegt und derart mit dem Betätiger zusammenwirkt, dass der Stößel – und damit auch die Schaltbrücke – bei eingefahrenem Betätiger in Einschaltstellung und bei herausgefahrenen Betätiger in Ausschaltstellung verschoben ist, wobei die Schaltklinke aus einem im Wesentlichen U-förmigen Bügel besteht,

im deutschen Geltungsbereich des EP 0 920 043 B1 herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der im Wesentlichen U-förmige Bügel im Bereich seines Mittelsteges schwenkbar im Gehäuse gelagert ist und mit einem seiner Seitenschenkel in einer Ausnehmung des Stößels eingreift und dessen anderer Seitenschenkel oberhalb des Seitenschenkels liegt, wobei der letztgenannte Seitenschenkel bei eingefahrenem Betätiger diesen hintergreift und ein vollständiges Herausziehen des Betätigers aus dem Gehäuse erst in der Ausschaltstellung gestattet;

2.
darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 6. Juni 2004 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer unter Vorlage entsprechender Belege,

b)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn diese könnten den unter I. 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II.
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, seit dem 6. Juni 2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie machen geltend, dass die Schaltklinke bei den von ihnen hergestellten und vertriebenen Sicherheitsschaltern nicht am Gehäuse, sondern am Stößel schwenkbar gelagert sei. Zusätzlich hierzu sei an dem Gehäuse des Schalters ein Führungsstift vorgesehen, der ein Langloch der Schaltklinke durchgreife und hierdurch beim Verschwenken der Schaltklinke eine zusätzliche Führung ermögliche. Diese Führungsvorrichtung stelle aber keine Lagerung im Sinne des Klagepatentes dar, weswegen eine wortsinngemäße Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents vorliegend ausscheide. Die von ihr gewählte Ausgestaltung entspreche vielmehr dem vorbekannten Stand der Technik, der in dem Klagepatent bereits zitiert sei und von dem das Klagepatent sich gerade abgrenzen wolle, weshalb vorliegend auch eine äquivalente Verwirklichung der Lehre des Klagepatents nicht in Betracht komme. Einer solchen stehe im Übrigen der Formstein-Einwand entgegen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents weder dem Wortsinn nach noch in äquivalenter Weise Gebrauch macht.

I.

Das Klagepatent betrifft einen Sicherheitsschalter mit einem in einem Schaltergehäuse axial verschiebbar gelagerten und mit einer Schaltbrücke versehenen, federbelasteten Stößel, der an einem seiner Enden eine Betätigungsvorrichtung in Form einer Schaltklinke aufweist. Diese liegt im Bereich einer Einführöffnung für einen bügelartigen Betätiger und wirkt derart mit dem Betätiger zusammen, dass der Stößel bei eingefahrenem Betätiger in Einschaltstellung und bei herausgezogenem Betätiger in Ausschaltstellung verschoben ist. Die Schaltklinke besteht bei alledem aus einem im Wesentlichen U-förmigen Bügel. Als vorbekannter Stand der Technik wird alleine die – ebenfalls von der Klägerin stammende – Gebrauchsmusterschrift DE 296 09 012 U 1 angeführt, ohne im Einzelnen darzulegen, was dieser Schrift zu entnehmen sein soll. Des weiteren wird eine Anforderung benannt, die an gattungsgemäße Sicherheitsschalter gestellt werden, wonach in jedem Fall sichergestellt sein soll, dass bei herausgezogenem Betätiger die Ausschaltstellung gegeben ist, auch dann, wenn die den Stößel an sich in Ausschaltrichtung belastenden Federn beschädigt worden und somit nicht mehr funktionsfähig sind.

Nur der Aufgabenstellung ist zu entnehmen, was am Stand der Technik als nachteilig kritisiert wird, nämlich dessen konstruktiv aufwendige Ausgestaltung. Denn das Klagepatent stellt sich die Aufgabe,

einen Sicherheitsschalter der gattungsgemäßen Art so zu gestalten, dass der vorgenannten Forderung mit besonders einfachen konstruktiven Mitteln entsprochen werden kann.

Zur Lösung dieses Problems sieht Anspruch 1 des Klagepatents die Kombination der folgenden Merkmale vor:

(1) Sicherheitsschalter (1) mit einem Stößel (3)

(1.1) der Stößel ist in dem Schaltergehäuse (2) axial verschiebbar gelagert;

(1.2) der Stößel ist mit einer Schaltbrücke (4) versehen;

(1.3) der Stößel ist federbelastet;

(2) der Stößel weist an einem seiner Enden eine Betätigungsvorrichtung in Form einer Schaltklinke (8) auf,

(2.1) die Betätigungsvorrichtung liegt im Bereich einer Einführöffnung für einen bügelartigen Betätiger (6);

(2.2) die Betätigungsvorrichtung wirkt derart mit dem Betätiger (6) zusammen,
(2.3) dass der Stößel (3) und damit auch die Schaltbrücke (4) bei einem eingefahrenen Betätiger (6) in Einschaltstellung und bei herausgefahrenem Betätiger (6) in Ausschaltstellung verschoben ist,

(3) die Schaltklinke (8) besteht aus einem im Wesentlichen U-förmigen Bügel;

(4) der im Wesentlichen U-förmige Bügel ist im Bereich seines Mittelsteges (9) schwenkbar im Gehäuse (2) gelagert;

(5) der U-förmige Bügel greift mit einem seiner Seitenschenkel (11) in einer Ausnehmung (12) des Stößels ein;

(6) der andere Seitenschenkel (13) des U-förmigen Bügels liegt oberhalb des Stößels (3);

(7) der letztgenannte Seitenschenkel (13) hintergreift bei eingefahrenem Betätiger (6) den Betätiger (6);

(8) ein vollständiges Herausziehen des Betätigers (6) aus dem Gehäuse (2) gestattet erst die Ausschaltstellung.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Sie weist jedenfalls keine im Bereich ihres Mittelsteges schwenkbar im Gehäuse gelagerte Schaltklinke auf, so dass es an einer Verwirklichung des Merkmals 4 fehlt.

1.
Eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals 4 kann tatrichterlich nicht festgestellt werden, dann es fehlt an einer schwenkbaren Lagerung des im Wesentlichen U-förmigen Bügels (der Schaltklinke) im Gehäuse des Sicherheitsschalters.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist zunächst festzustellen, welcher Schutzbereich dem Klagepatent zukommt. Nach Artikel 69 Abs. 1 EPÜ wird der Schutzbereich des Europäischen Patents durch die Patentansprüche bestimmt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind die Beschreibung und die Zeichnungen jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Wendet man diese Auslegungsregeln auf das vorliegende Klagepatent an, so entnimmt der Fachmann der Forderung, dass die Schaltklinke schwenkbar im Gehäuse gelagert sein muss, zunächst einmal nach dem allgemeinen Wortsinn des Begriffes einer Lagerung, dass eine Verbindung von Maschinenteilen hergestellt werden soll, die eine Bewegung dieser Maschinenteile relativ zueinander zulässt.

In diesem allgemeinen Verständnis wird er bestärkt, wenn er – da er der allgemeinen Beschreibung als solcher keine Anhaltspunkte entnehmen kann – die Figuren 1 bis 3 des Klagepatents betrachtet. Denn die dort jeweils gezeigten schwenkbaren Lagerungen mit dem Bezugszeichen (10) sind anspruchsgemäß an einer Stelle des Mittelsteges am Gehäuse des Sicherheitsschalters realisiert. Er weiß auch, dass es sich bei dem dort gezeigten Muster um ein Ausführungsbeispiel handelt, welches erfindungsgemäß ist, den Schutzbereich des Anspruchs aber nicht insoweit einschränken darf, als nur solche dort gezeigte Lösungen der technischen Lehre der Erfindung entsprechen.

Er wird zudem – zulässigerweise – den im Klagepatent gewürdigten Stand der Technik heranziehen und der Gebrauchsmusterschrift DE 296 09 012, die von der Klägerin als Anlage K 3 zur Anlage gereicht wurde, ein dort offenbartes, besonderes Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 in Betracht ziehen, welches nachfolgend eingeblendet wird,

und diesem entnehmen, dass die dort gezeigte Schaltklinke (8) am Stößel (2) drehbar gelagert ist und dass diese Schaltklinke (8) mit einer von einem gehäuseseitig festgelegten Führungsstift (13) durchtretenen Schaltkulisse (12) ausgestattet ist.

Der Aufgabenstellung des Klagepatents entnimmt der Fachmann, dass das Klagepatent sich von einer solchen Ausgestaltung insofern abgrenzen will, als ein Sicherheitsschalter der gattungsgemäßen Art geschaffen werden soll, der den bestehenden Sicherheitsanforderungen mit besonders einfachen konstruktiven Mitteln entsprechen kann. Unmittelbar im Anschluss an diese Aufgabenstellung entnimmt der Fachmann dem Klagepatent in Abschnitt [0005] (Anlage K 1, Spalte 1, Zeile 33 – 37), dass diese Aufgabe dadurch gelöst wird, dass der im Wesentlichen U-förmige Bügel im Bereich seines Mittelsteges schwenkbar im Gehäuse gelagert ist und mit einem seiner Seitenschenkel in einer Ausnehmung des Stößels eingreift. In Abschnitt [0006] (Anlage K 1, Spalte 1, Zeile 43 bis 46) liest der Fachmann dazu weiter, dass der erfindungsgemäße Sicherheitsschalter sich dadurch auszeichnet, dass er eine besonders einfache Gestaltung der Schaltklinke als U-förmigen Bügel und deren einfache Lagerung im Gehäuse aufweist. Er wird vor diesem Hintergrund davon ausgehen, dass das technische Problem des Klagepatents gerade dadurch gelöst wird, dass die Schaltklinke nur noch einen Lagerungspunkt aufweist, der sich am Gehäuse befinden soll.

Soweit die Klägerin hierzu geltend macht, dass die konstruktiv einfache Ausgestaltung eines Sicherheitsschalters gemäß dem Klagepatent sich von dem Stand der Technik gemäß Anlage K 3 dadurch abgrenze, dass die Schaltklinke nicht mehr – wie in Anlage K 3 gezeigt – an der Außenseite des Stößels angreife, sondern statt dessen in eine Ausnehmung des Stößels eingreife, kann dem nicht gefolgt werden. Wie die Beklagtenvertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung zutreffend geltend gemacht hat, ist die von dem Klägervertreter aufgestellte Behauptung, dass ein Sicherheitsschalter gemäß Anlage K 3 eine Schaltklinke lehre, die an der Außenseite des Stößels angreife, der Anlage K 3 nicht zu entnehmen.

Zutreffend hat die Beklagtenvertreterin darauf hingewiesen, dass die Formulierung in Schutzanspruch 1 der Anlage K 3, wonach der Drehpunkt der Schaltklinke gegenüber der Längsachse (11) des Stößels (2) seitlich versetzt angeordnet sei, nicht die von der Klägerin gezogene Schlussfolgerung trage. Vielmehr ist damit nichts anderes gemeint – wie insbesondere aus der Figur 1 der Anlage K 3 ersichtlich –, als dass der dort mit dem Bezugszeichen (10) bezeichnete Drehpunkt seitlich, nämlich nach links, aus der Längsachse des Stößels heraus versetzt ist.

Gegen die gegenteilige Annahme der Klägerin spricht zudem, dass die Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamtes im Prüfungsverfahren vor Erteilung des Klagepatentes in einem Bescheid vom 05.06.2003 Bedenken hinsichtlich der Patentfähigkeit des in der Anmeldung enthaltenen Anspruchs 2 geäußert hat. Mit diesem Anspruch 2 wurde eine zweite Variante eines erfindungsgemäßen Sicherheitsschalters beansprucht, dessen konkrete Ausgestaltung sich aus den nachfolgend eingeblendeten Figuren 4 – 6 gemäß Anlage B 1 ergibt.

Bei diesem Ausführungsbeispiel ist erkennbar, dass die Schaltklinke im Bereich eines ihrer Seitenschenkel gelenkig am Stößel angeschlossen ist und im Bereich ihres Mittelsteges ein von einem gehäuseseitigen Stift durchtretenes Langloch aufweist. Dieser zweiten Variante eines beanspruchten Sicherheitsschalters hat die Einspruchsabteilung entgegengehalten, dass die Erfindung gemäß Anlage K 3 bereits einen solchen Sicherheitsschalter offenbare, der eine Schaltklinke aufweise, die im Bereich eines ihrer Seitenschenkel gelenkig am Stößel angeschlossen sei und im Bereich ihres Mittelsteges ein von einem gehäuseseitigen Stift durchtretendes Langloch aufweise.

Zwar ist der Klägerin insoweit zuzustimmen, dass das Erteilungsverfahren sowie hierin von dem Patentanmelder gemachte Erklärungen keine zulässigen Auslegungsmittel darstellen. Aber es ist in diesem Bescheid jedenfalls eine fachmännische Stellungnahme darin zu sehen, welchen Offenbarungsgehalt die Anlage K 3 einerseits und die in der ursprünglichen Patentanmeldung enthaltene zweite Variante eines Sicherheitsschalters andererseits enthält. Wäre die von der Klägerin vertretene Ansicht zutreffend, dass die Erfindung nach dem Klagepatent sich dadurch auszeichnet, dass die Schaltklinke nicht mehr an der Außenseite des Stößels gelenkig befestigt sei – wofür es bereits, wie vorstehend ausgeführt, keine Anhaltspunkte gibt –, dann hätte die fachkundige Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamtes keine Veranlassung gehabt, an der Patentfähigkeit der zweiten Variante der ursprünglichen Patentanmeldung zu zweifeln, da hierin dann ein technisch relevanter Unterschied gelegen hätte.

Es verbleibt daher bei der eingangs dargestellten Auslegung, dass die erfindungsgemäße Schaltklinke eine schwenkbare Lagerung im Gehäuse aufweisen muss. Eine solche schwenkbare Lagerung ist bei der angegriffenen Ausführungsform aber nicht im Bereich des Gehäuses realisiert, sondern im Stößel des Sicherheitsschalters. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass zusätzlich zu dieser Drehlagerung im Bereich des Stößels noch eine Führungsvorrichtung vorgesehen ist, die ein Verkanten der Schaltklinke bei der Auf- und Abbewegung des Stößels verhindern kann.

Nach dem vorstehend zum Stand der Technik Ausgeführten ist es offensichtlich, dass eine solche zusätzliche Führungsvorrichtung in den Fällen erforderlich ist, in denen die schwenkbare Lagerung am Stößel erfolgt. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der zweite – obere – Schenkel der Schaltklinke tatsächlich beim Verschwenken seine bestimmungsgemäße Position einnimmt.

Entgegen der von den Vertretern der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht, ist bei der von der angegriffenen Ausführungsform realisierten Konstruktion die Lagerung nicht in dem Langloch der Schaltklinke verwirklicht. Die erfindungsgemäße Ausgestaltung zeichnet sich dadurch aus, dass eine schwenkbare Lagerung der Schaltklinke realisiert werden soll. Es mag zutreffend sein, dass auch eine Ausgestaltung der Führungskulisse im Bereich des Mittelsteges als eine Lagerung im technischen Sinne bezeichnet werden kann, wenn man mit einem allgemeinen technischen Verständnis auch eine solche Konstruktion als Lagerung bezeichnet, die nicht ausschließlich eine Rotation, sondern zusätzlich auch eine Verschwenkung mit vertikaler Komponente zulässt. Mit einem solchen allgemeinen Verständnis stellt dann aber auch der erfindungsgemäße Eingriff des einen Schenkels der Schaltklinke in den Stößel des Sicherheitsschalters eine (zweite) Lagerung der Schaltklinke dar. Der Fachmann wird aber bei der Feststellung des Schutzbereichs des Klagepatents nicht dieses allgemeine technische Verständnis zugrunde legen, sondern erkennt, dass das Klagepatent sich festlegt und mit der schwenkbaren Lagerung gerade nur diejenige meint, die sich auf die bloße Rotation der Schaltklinke bezieht. Deswegen wird er mit diesem Verständnis auch nicht davon ausgehen, dass die Führung der Schaltklinke bei der angegriffenen Ausführungsform die erfindungsgemäße Lagerung darstellt.

Aufgrund dessen ist eine wortsinngemäße Verwirklichung der technischen Lehre des Merkmals 4 durch die angegriffene Ausführungsform nicht gegeben.

2.
Bei der von den Beklagten gewählten Ausgestaltung des Sicherheitsschalters kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass diese Ausgestaltung das Klagepatent mit äquivalenten Mitteln verletzt.

Vorrichtungen, die von der Lehre eines Schutzrechtes nicht wortsinngemäß Gebrauch machen, können unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz dennoch unter dessen Schutzbereich zu subsumieren sein. Eine Benutzung einer Erfindung liegt nämlich auch dann vor, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Ansprüche, d. h. an der darin beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mitteln mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 1987, 279 – Formstein). Eine solche mögliche – äquivalente – Verletzung des Schutzbereichs des Klagepatents scheitert vorliegend aber jedenfalls daran, dass die von der angegriffenen Ausführungsform realisierte Ausgestaltung nicht gleichwertig ist.

Diejenigen Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, müssen derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Es ist mithin nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens eine Lehre als technisch sinnvoll und gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt. Hierbei müssen sich seine Überlegungen an der Patentschrift orientieren.

Den vorstehenden unter II. 1. gemachten Ausführungen folgend, wird der Fachmann vorliegend davon abgehalten, vom Klagepatent aus zu der von den Beklagten realisierten Ausführung zu gelangen. Denn diese Ausführung, mit einer schwenkbaren Lagerung am Stößel und einer zusätzlichen Führung durch ein von einem gehäuseseitigen Stift durchtretenen Langloch im Bereich der Schaltklinke, war in dem im Klagepatent gewürdigten Stand der Technik bereits vorbekannt und wurde von diesem als nachteilig kritisiert. Der Aufgabenstellung ist gerade zu entnehmen, dass die dortige – im Stand der Technik offenbarte – Lösung mit konstruktiv einfacheren Mitteln gelöst werden solle. Dies schließt es vorliegend bereits aus, dass der Fachmann diese Kritik am Stand der Technik ignoriert und gleichwohl – um eine gleichwertige Lösung für das technische Problem des Klagepatents zu finden – wieder zu der dortigen Ausführung zurückkehrt und die abgelehnte Lagerung und Führung für seine Ausführungsform realisiert.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 108, 709 Satz 1 ZPO.