4b O 249/07 – Rohrmuffe

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1030

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. Dezember 2008, Az. 4b O 249/07

Rechtsmittelinstanz: 2 U 13/09

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III.
Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

IV.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 500.000 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin an dem deutschen Patent DE 501 13 XXX (Anl. K 1, Klagepatent), dessen Inhaber der Präsident der Klägerin ist. Das Klagepatent wurde am 02.03.2001 angemeldet und am 12.09.2001 offengelegt. Seine Erteilung wurde am 31.03.2005 bekannt gemacht.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe.

Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe,
wobei
a) ein erster Schlauch (1) in einen Formtunnel (4) extrudiert wird, der aus mindestens einer Reihe auf einer Bahn geführter Kokillen gebildet wird,
b) der erste Schlauch (1) in mindestens einem ersten Abschnitt in eine gewellte Form gebracht wird und in mindestens einem zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe aufgeweitet wird,
c) ein zweiter Schlauch (6) in den ersten Schlauch extrudiert und in dem ersten Abschnitt gegen Wellentäler (8) des ersten Schlauchs (1) gedrückt wird,
d) während der erste Schlauch (1) in die gewellte Form gebracht und der zweite Schlauch (6) in den ersten extrudiert wird, sich zwischen den beiden Schläuchen (1, 6) ein Raum (A) ausbildet, der mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck p1 beaufschlagt wird,
e) vor dem Beginn des Aufweitens des ersten Schlauchs (1) zu einer Rohrmuffe der Raum (A) zwischen den beiden Schläuchen (1, 6) mit einem gesteuerten, über Atmosphärendruck liegenden im Wesentlichen konstanten Druck p2 < p1 beaufschlagt wird, der im Wesentlichen während der Ausbildung der Rohrmuffe konstant gehalten wird,
f) während des Extrudierens des zweiten Schlauchs (6) in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch (1) der zweite Schlauch (6) von innen mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck p3 beaufschlagt und gegen den ersten Schlauch (1) gedrückt wird,
g) anschließend der Raum (A) zwischen den beiden Schläuchen wieder mit dem Druck p1 beaufschlagt wird. “

Die nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 1 und 4 des Klagepatents veranschaulichen das erfindungsgemäße Verfahren anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels, wobei Figur 1 einen Längsschnitt durch einen Teil eines Spritzkopfes mit Formtunnel vor der Herstellung einer Rohrmuffe (erster Abschnitt) und Figur 4 einen solchen Abschnitt während des Extrudierens des zweiten Schlauchs in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch zeigt:

Die Beklagte stellt her und vertreibt Kunststoffrohre mit der Bezeichnung „A“. Diese Rohre dienen der Herstellung von Regenwasserleitungen und zeichnen sich durch eine profilierte Wandung mit einer glatten Innenrohrfläche aus. Diese Rohre werden u.a. mit einer angeformten Rohrmuffe angeboten, wie dies aus der nachfolgend eingeblendeten Darstellung (Anl. K 10, Bl. 1) ersichtlich ist:

Die Klägerin hat ein solches Rohr in der Größe DN 400 in Segmente zerschnitten und hiervon Ablichtungen gefertigt (Anlagenkonvolut K 12), von denen nachfolgend eine Ablichtung wiedergegeben wird, aus der das Profil eines solchen Rohrabschnittes ersichtlich ist:

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Rohre könnten insbesondere, wenn sie einen Durchmesser von 400 mm aufwiesen oder mehr, nur mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt werden. Nur hierdurch könne gewährleistet werden, dass die Schläuche mit einer gleichbleibenden Wanddicke zu einer Rohrmuffe aufgeweitet werden. Bei einer abweichenden Druckführung werde sich der zweite Schlauch in dem Bereich der ausgebildeten Ringräume des ersten Schlauchs in der Abkühlphase in diese hineinwölben, so dass eine glatte Innenwandfläche nicht mehr erhalten werde. Die von der Beklagten behauptete Verwendung eines Teil-Vakuums in dem Bereich zwischen den Kokillen und dem ersten Schlauch sei technisch nicht realisierbar. Die Klägerin nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Entschädigung und Schadenersatz in Anspruch.

Sie beantragt,

1.
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der – näher bezeichneten – gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

a)
ein Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe

gewerbsmäßig anzuwenden, wenn bei dem Verfahren

ein erster Schlauch in einen Formtunnel extrudiert wird, der aus mindestens einer Reihe auf einer Bahn geführter Kokillen gebildet wird,

der erste Schlauch in mindestens einem ersten Abschnitt in eine gewellte Form gebracht wird und in mindestens einem zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe aufgeweitet wird,

ein zweiter Schlauch in den ersten Schlauch extrudiert und gegen die Wellentäler des ersten Schlauchs gedrückt wird,

während der erste Schlauch in die gewellte Form gebracht und der zweite Schlauch in den ersten extrudiert wird sich zwischen den beiden Schläuchen ein Raum ausbildet, der mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck p1 beaufschlagt wird,

vor dem Beginn des Aufweitens des ersten Schlauchs zu einer Rohrmuffe der Raum zwischen den beiden Schläuchen mit einem gesteuerten, über Atmosphärendruck liegenden im Wesentlichen konstanten Druck p2 < p1 beaufschlagt wird, der im Wesentlichen während der Ausbildung der Rohrmuffe konstant gehalten wird,

während des Extrudierens des zweiten Schlauchs in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch der zweite Schlauch von innen mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck p3 beaufschlagt und gegen den ersten Schlauch gedrückt wird,

und anschließend der Raum zwischen den beiden Schläuchen wieder mit dem Druck p1 beaufschlagt wird.

b)
ein unmittelbar nach dem Verfahren gemäß Ziffer 1.a) hergestelltes doppelwandiges thermoplastisches Rohr mit einer Rohrmuffe anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken zu besitzen;

2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1.a) und 1.b) bezeichneten Handlungen begangen hat und zwar unter Angabe

a)
der Zeiten der Anwendung des Verfahrens gemäß Ziffer 1.a), der Anzahl der Maschinen, mit denen das Verfahren gemäß Ziffer 1.a) durchgeführt wurde, und der Orte, an denen das Verfahren gemäß Ziffer 1.a) im Geltungsbereich des PatG angewendet wurde,

b)
der einzelnen Angebote das Verfahren gemäß Ziffer 1.a) betreffend, unter Angabe von Namen und Adressen der Angebotsempfänger,

c)
der Herstellungsmengen und der Herstellungszeiten von Erzeugnissen, die durch das Verfahren gemäß Ziffer 1.a) hergestellt wurden, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,

d)
der einzelnen Lieferungen von Erzeugnissen, die durch das Verfahren gemäß Ziffer 1.a) hergestellt wurden, aufgeschlüsselt nach Liefermenge, –zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

e)
der einzelnen Angebote Erzeugnisse betreffend, die durch das Verfahren gemäß Ziffer 1.a) hergestellt wurden, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, –zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

f)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

g)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten von Erzeugnissen, die durch das Verfahren gemäß Ziffer 1.a) hergestellt wurden, und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn diese könnten ausnahmsweise den in unter Ziffer 1.a) und b) bezeichneten Gegenständen unmittelbar hinzugerechnet werden,

und dabei

zu Ziffer 2.c) bis d) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege vorzulegen, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,

wobei

es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zu Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,

wobei

die Auskunft sich auf Handlungen die seit dem 30.04.2005 begangen wurden, zu erstrecken hat.
3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a)
der Klägerin eine angemessene Entschädigung für die unter Ziffer 1. a) und b) beschriebenen und in der Zeit vom 12.10.2002 bis zum 30.04.2005 begangenen Handlungen zu zahlen und

b)
der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1.a) und b) beschriebenen und von der Beklagten seit dem 01.05.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, dass die von ihr hergestellten und vertriebenen Rohre mit einem von dem Klagepatent abweichenden Verfahren hergestellt würden. Sie erreiche die gewünschte Form durch ein Teil-Vakuum, welches zwischen dem äußeren Schlauch und der Kokille angelegt werde. Hierdurch erzeuge der von ihr verwendete Extruder die erforderliche Druckdifferenz, ohne dass ein Druck angelegt werden müsse, der über dem Atmosphärendruck liege. Die gewünschte Wanddicke im Bereich der Aufweitung des Rohres zur Muffe werde bei dem angegriffenen Herstellungsverfahren durch eine Veränderung des Schmelzestromes bewerkstelligt, wodurch ein Aufreißen der Schlauchwand verhindert werde. Dieses Herstellungsverfahren habe sie im übrigen schon angewendet und entsprechende Rohre beworben, bevor das Klagepatent angemeldet worden sei.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte ein Verfahren zur Herstellung der von ihr angebotenen und vertriebenen Rohre „A“ anwendet, welches der technischen Lehre des Klagepatents entspricht. Die Beklagte ist daher der Klägerin weder zur Unterlassung noch zur Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Entschädigung oder zum Schadersatz nach §§ 9, 33, 139, 140 b PatG verpflichtet.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe.

Solche doppelwandigen thermoplastischen Rohre bestehen aus einem gewellten Außenrohr und einem glatten Innenrohr. Das glatte Innerohr ist mit den Wellentälern des Außenrohres verschweißt. Diese Rohre werden in allen Bereichen der Technik eingesetzt, um Flüssigkeiten zu führen oder um Kabel oder Rohrleitungen zu schützen. Das gewellte Außenrohr vermittelt dem Rohr dabei die erforderliche Festigkeit und Steifigkeit, während das glatte Innenrohr ein Verhaken der hindurchgeführten Kabel in den Wellenbergen des Außenrohres verhindert bzw. Verwirbelungen der hindurchgeführten Flüssigkeiten vermeidet.

Solche Rohre werden üblicherweise als Endlosrohre produziert. Vor der Auslieferung an den Abnehmer werden sie dann so auf Länge geschnitten, dass sie für die konkrete Verwendung geeignet sind. Um diese zugeschnittenen Rohre miteinander verbinden zu können, werden sie mit Rohrmuffen versehen. Diese stellen einseitige Aufweitungen des Rohres dar, in die jeweils – ggf. verbunden mit einer zusätzlichen Ringdichtung – das andere, nicht aufgeweitete Ende des nächsten Rohres eingeschoben werden kann.

In dem in der Klagepatentschrift gewürdigten Stand der Technik, und hier insbesondere in der auf den Geschäftsführer der Beklagten zurückgehenden EP 0 563 575 (Anlage K 5), waren bereits Herstellungsverfahren in Extrudern für solche Rohre vorbekannt. Danach wird ein erster Schlauch in einen Formtunnel extrudiert, der aus mindestens einer Reihe auf einer Bahn geführten Formteilen (Kokillen) gebildet wird. Der erste Schlauch wird in mindestens einem ersten Abschnitt in eine gewellte Form gebracht und in mindestens einem zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe aufgeweitet. In der Extrusionsrichtung stromabwärts wird ein zweiter Schlauch in den ersten Schlauch extrudiert und gegen die Wellentäler des ersten Schlauchs gedrückt, so dass durch ein Verschweißen der beiden Rohre an diesen Berührungspunkten ein Verbundrohr entsteht.

Während der erste Schlauch in die gewellte Form gebracht wird und der zweite Schlauch in den ersten extrudiert wird, wird der Raum zwischen den beiden Schläuchen mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck p1 beaufschlagt, der so bemessen ist, dass nach dem Abkühlen der miteinander verschweißten Schläuche der Innenschlauch nicht nach innen oder außen gewölbt ist. Dies „gelingt“, wenn der Druck p1 so eingestellt wird, dass er nach dem Abkühlen dem Atmosphärendruck entspricht.

Das Einbringen des ersten Schlauchs in die gewellte Form erfolgt nach diesem gewürdigten Stand der Technik dadurch, dass ein Teil-Vakuum erzeugt wird, der Druck also unterhalb des Atmosphärendrucks liegt, was eine gewisse Saugwirkung in die von den Kokillen vorgegebene Form bewirkt.

Ebenfalls durch ein Teil-Vakuum wird nach der EP ´575 der erste Schlauch in die Muffenform aufgeweitet. Nach dem Aufweiten des ersten Schlauches wird sodann der Druck p1 bis auf Atmosphärendruck „entlüftet“, also abgesenkt.

Während des Extrudierens des zweiten Schlauchs in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch wird der zweite Schlauch von innen mit einem Druck p3 über Atmosphärendruck beaufschlagt und gegen den ersten Schlauch gedrückt. Hierdurch wird eine vollflächige Verschweißung der beiden Schläuche im Bereich der Rohrmuffe erzielt.

Nach der Ausformung der Muffe wiederholt sich der Produktionsvorgang in einer „Endlosschleife“.

Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik, dass das Aufbringen des Teil-Vakuums auf den ersten Schlauch schwierig sei, da der Raum zwischen dem ersten Schlauch und dem betreffenden Abschnitt des Formtunnels gut gegen das Eindringen von Außenluft abgedichtet sein müsse. Dies setze aufwändige technische Maßnahmen voraus.

Des weiteren waren im vorbekannten Stand der Technik bereits Verfahren bekannt, bei denen der erste Schlauch bei der Ausbildung der Rohrmuffe durch Vakuum und / oder Überdruck aufgerissen wird, um den Druck zwischen dem ersten und dem zweiten Schlauch entweichen zu lassen (WO 95/01251 A1) bzw. bei dem der Druck in dem zwischen dem ersten und dem zweiten Rohr befindlichen Raum auf Atmosphärendruck reduziert oder sogar auf Teil-Vakuum abgesenkt wird, wenn die Rohrmuffe ausgebildet wird. Hierdurch wird der äußere Schlauch dann durch den mit Gas unter Überdruck beaufschlagten inneren Schlauch in die Kokille gedrückt.

Vor diesem technischen Hintergrund stellt das Klagepatent sich die Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe zu schaffen, wodurch ein einwandfreies Aufweiten des ersten Schlauchs zu einer Rohrmuffe über dem betreffenden Abschnitt des Formtunnels mit geringem Aufwand gewährleistet ist.

Zur Lösung dieser Aufgabe hinsichtlich der Bereitstellung eines Verfahrens – welches für den vorliegenden Rechtsstreit alleine von Interesse ist – sieht Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe mit den folgenden Merkmalen vor:

a) ein erster Schlauch wird in einen Formtunnel extrudiert, der aus mindestens einer Reihe auf einer Bahn geführter Kokillen gebildet wird,

b) der erste Schlauch wird in mindestens einem ersten Abschnitt in eine gewellte Form gebracht und in mindestens einem zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe aufgeweitet,

c) ein zweiter Schlauch wird in den ersten Schlauch extrudiert und gegen die Wellentäler des ersten Schlauchs gedrückt,

d) während der erste Schlauch in die gewellte Form gebracht und der zweite Schlauch in den ersten extrudiert wird, bildet sich zwischen den beiden Schläuchen ein Raum aus, der mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck p1 beaufschlagt wird,

e) vor dem Beginn des Aufweitens des ersten Schlauchs zu einer Rohrmuffe wird der Raum zwischen den beiden Schläuchen mit einem gesteuerten, über dem Atmosphärendruck liegenden im Wesentlichen konstanten Druck p2 < p1 beaufschlagt, der im Wesentlichen während der Ausbildung der Rohrmuffe konstant gehalten wird,

f) während des Extrudierens des zweiten Schlauchs in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch wird der zweite Schlauch von innen mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck p3 beaufschlagt und gegen den ersten Schlauch gedrückt und

g) der Raum zwischen den beiden Schläuchen wird anschließend wieder mit dem Druck p1 beaufschlagt.

II.
Der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung führt nicht zu der tatsächlichen Feststellung, dass die Beklagte ein Verfahren gemäß dem Klagepatent anwendet.

1.
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass das Produktionsverfahren, welches bei der Beklagten angewendet wird die Merkmale a) – d), f) und g) verwirklicht, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen. Bei diesen Merkmalen handelt es sich im übrigen um solche, die ebenfalls dem Herstellungsverfahren gem. Anlage K 5 immanent sind, so dass es sich bei dem allein in Streit stehenden Merkmal e) um das einzig kennzeichnende Merkmal handelt.

2.
Es kann nicht festgestellt werden, dass bei dem von der Beklagten angewandten Verfahren vor dem Beginn des Aufweitens des ersten Schlauchs zu einer Rohrmuffe der Raum zwischen den beiden Schläuchen mit einem gesteuerten, über dem Atmosphärendruck liegenden im Wesentlichen konstanten Druck p2 < p1 beaufschlagt wird, der im Wesentlichen während der Ausbildung der Rohrmuffe konstant gehalten wird (Merkmal e)).

a)
Wird bei dem Herstellungsverfahren der doppelwandigen thermoplastischen Rohre nach diesem Merkmal verfahren, so bewirkt dies, dass der erste Schlauch über den dafür vorgesehenen Abschnitt des Formtunnels vollständig zu einer Rohrmuffe aufgeweitet wird. Der Druck wird an der Innenseite des ersten Schlauchs aufgebracht und bewirkt, weil er erfindungsgemäß über dem Atmosphärendruck liegt, dass die flüssige und formbare Kunststoffmasse an die Kokillenform des Muffenteils angedrückt wird, da zwischen der Außenseite des ersten Schlauchs und dem Formgebungsteil der Muffe nur Atmosphärendruck herrscht. Der Druck p2 ist dabei so einzustellen, dass der erste Schlauch sich exakt zu einer Rohrmuffe aufweitet. Wird er zu gering gewählt, so weitet sich der erste Schlauch nicht bzw. nicht ausreichend weit auf. Ist er zu hoch eingestellt, so wird der erste Schlauch beim Extrudieren so stark gedehnt, dass er am Anfang der Ausbildung der Rohrmuffe eine dünnere und am Ende der Rohrmuffe eine dickere Wandstärke aufweist. Zudem kann ein zu hoher Druck zu einem Abreißen des ersten Schlauchs beim Aufweiten der Rohrmuffe führen.

Das Klagepatent schlägt daher vor, den Druck p2 vorzugsweise so einzustellen, dass der erste Schlauch über den zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe vollaufgeweitet wird und über den gesamten Abschnitt eine im Wesentlichen gleiche Wandstärke aufweist (Abschn. [0014]).

Mit einer erfindungsgemäßen Verfahrensführung kann das – als nachteilig angesehene – Aufbringen eines Teil-Vakuums von außen auf den ersten Schlauch zur Bildung einer Rohrmuffe, die einen dichten Abschluss des Raumes zwischen dem ersten Schlauch und dem „Formtunnel“ voraussetzt, vermieden werden (vgl. Abschn. [0012]). Dieses Teil-Vakuum ist Gegenstand des Verfahrens gem. Anlage K 5.

b)
Die Klägerin macht hierzu geltend, dass es für Rohrweiten von mehr als 400 mm nicht praktikabel sei, mit dem Verfahren nach der Anlage K 5 zu produzieren. Eine solche Herstellungsweise führe bei solchen Durchmessern dazu, dass sich der Innenschlauch in die Wellenberge hineinwölben würde. Zur Begründung führt sie hierzu an, dass, wenn die Luft anfänglich nur auf Atmosphärendruck eingestellt sei, es beim Abkühlen zu einem deutlichen Druckabfall komme, wodurch die Innenhaut in die Ringräume hineingezogen werde.

Nur durch den gemäß Klagepatent vorgesehenen Überdruck in den Ringräumen sei es möglich, das Einwölben zumindest größtenteils zu vermeiden.

c)
Die Beklagte tritt diesem Vortrag entgegen und nimmt für sich in Anspruch, dass sie das Verfahren gem. der Anlage K 5 anwende. Eine unerwünschte Veränderung der Wanddicke werde dadurch vermieden, dass entsprechend der technischen Lehre des europäischen Patents EP 0 995 XXX, welches ebenfalls für den Geschäftsführer der Beklagten eingetragen ist, mindestens ein Schmelzestrom verändert werden kann. Hierunter versteht dieses Patent eine Veränderung der Schmelzemenge bei konstanter Temperatur pro Zeiteinheit. Hierbei wird der Schmelzestrom zu Beginn der Aufweitung des ersten Schlauches beibehalten, während der Schmelzestrom für den Innen-Schlauch erhöht wird, um eine ausreichende Wanddicke für das Recken des Innen-Schlauches am Anfang der Verbindungs-Muffe zu erhalten.

d)
Dieser Vortrag der Beklagten ist in sich schlüssig und durchaus nachvollziehbar, da zunächst einmal maßgeblich ist, dass zwischen dem ersten Schlauch und der Kokille eine Druckdifferenz besteht, die dafür sorgt, dass das erste Rohr an die Form gepresst wird. Hierfür ist es aber schon ausreichend, wenn der Druck p1 nur Atmosphärendruck erreicht, wenn gleichzeitig sichergestellt ist, dass durch Herstellen eines (Teil-) Vakuums zwischen erstem Schlauch und der Form die erforderliche Druckdifferenz realisiert wird. Zudem erscheint es technisch nicht unmöglich zu sein, dass unerwünschte Differenzen der Wandstärken durch eine Steuerung der Schmelzeströme ausgeglichen werden können. Es mag sein, dass dies einen höheren Steuerungsaufwand bedeutet. Dass dies aber nicht machbar sein soll, ist ohne weiteres nicht ersichtlich. Zudem spricht für den Vortrag der Beklagten, dass ein (leichtes) Wölben des grünen Innenschlauchs in den Ringraum aus der Anlage K 11 tatsächlich ersichtlich ist. Nach dem Klagepatent soll solches aber gerade vermieden werden können, so dass der Vortrag der Beklagten nicht von vornherein als „ins Blaue hinein“ bezeichnet werden kann.

3.
Die Klägerin kann sich demgegenüber vorliegend nicht auf die Beweislastregel des § 139 Abs. 3 PatG zurückziehen. Nach dieser Vorschrift wird bis zum Beweis des Gegenteils zugunsten des Patentinhabers vermutet, dass in ihren relevanten Eigenschaften mit dem erfindungsgemäßen neuen Erzeugnis übereinstimmende Produkte nach dem patentierten Verfahren hergestellt worden sind. Neu im Sinne dieser Vorschrift ist ein Verfahrenserzeugnis jedoch nur dann, wenn es sich durch wenigstens eine Eigenschaft auszeichnet, die es von den am Prioritätstag vorbekannten Produkten erkennbar unterscheidet. Für eine Anwendung der Vermutung ist deswegen grundsätzlich kein Raum, wenn es ein Erzeugnis mit der betreffenden Eigenschaft in dem für das Klagepatent maßgeblichen Zeitraum bereits gegeben hat (LG Düsseldorf, InstGE 3, 91 – Steroidbeladene Körner). Dies darzulegen und notfalls zu beweisen ist Sache des Patentinhabers (oder Lizenznehmers), der sich auf § 139 Abs. 3 PatG beruft.

Im vorliegenden Fall beruft die Klägerin sich auf diese Beweislastregel zu Recht nicht. Es wird von ihr nicht behauptet, dass es erfindungsgemäße Rohre nicht auch schon vor dem Prioritätszeitpunkt gegeben hat. Dies ist ihr vor dem Hintergrund der Anlage K 5 auch schlechterdings nicht möglich. Soweit sie geltend macht, dass Durchmesser ab 400 mm nicht auf diese Weise herstellbar seien, ist dies vorliegend für die Frage der Neuheit unbeachtlich, da keines der in Rede stehenden Schutzrechte sich mit der Größe der herzustellenden Rohre befasst.

4.
Dem Beweisantritt der Beklagten auf Vernehmung des Zeugen B, den die Klägerin sich im Schriftsatz vom 17.07.2008 zueigen gemacht hat, zu der Behauptung der Beklagten, dass sie das vorstehend beschriebene Verfahren anwende, war nicht nachzugehen, da es sich insoweit um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handelt.

a)
Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt vor bei einem Beweisantritt, der nicht unmittelbar oder mittelbar dem Beweis vom Beweisführer vorgetragener Tatsachen dient, sondern der Ausforschung von Tatsachen oder der Erschließung von Erkenntnisquellen, die es erst ermöglichen sollen, bestimmte Tatsachen zu behaupten und sodann unter Beweis zu stellen. Für die Abgrenzung des zulässigen Beweisantrags von einem solchen unzulässigen und damit unbeachtlichen Beweisermittlungsantrag ist entscheidend, ob die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürliche Behauptungen aufs Geratewohl aufstellt (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., vor § 284 Rn 5).

b)
Im vorliegenden Fall hätte es der Klägerin mithin oblegen, Tatsachen vorzutragen oder darzutun, aus denen heraus sich ergeben würde, dass die Beklagte bei der Herstellung der streitgegenständlichen Rohre ein Verfahren anwendet, bei welchem ein über dem Atmosphärendruck liegender Druck p2 verwendet würde. Die von der Klägerin behaupteten Tatsachen entbehren aber nachvollziehbaren Anknüpfungspunkten:

aa)
Sie hat einerseits behauptet, die patentgemäße Verfahrensführung folge daraus, dass das Anlegen eines Teil-Vakuums nicht möglich sei. Dieser Vortrag ist ersichtlich auf Geratewohl erfolgt. Es mag zutreffend sein, dass ein solches Teil-Vakuum bei den Extrudern der Klägerin nicht erzeugt werden kann. Dass solches technisch überhaupt nicht realisierbar sein soll, kann aber nicht erkannt werden. Es bedarf „nur“ der entsprechenden konstruktiven Ausgestaltung eines solchen Extruders in der Form, dass ein Zuströmen von Umgebungsluft ausgeschlossen wird, um durch Entlüften des fraglichen Bereichs ein unter dem Atmosphärendruck liegendes Teil-Vakuum zu erzeugen. Eine solche konstruktive Maßnahme ist im übrigen aus der Figur 3 der Anlage K 5 ersichtlich, auf die insoweit Bezug genommen wird.

bb)
Das weiter in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument, dass ein solches Erzeugen eines Teil-Vakuums dazu führen würde, dass der hierbei verursachte Luftstrom den Extruderkopf und den Außenschlauch abkühlen würde, haben die Beklagten unwidersprochen dadurch widerlegt, dass bei ihrer Anlage der Rohrkopf beheizt sei, wodurch eine Abkühlung kompensiert werden kann.

cc)
Die zwei weiteren Gesichtspunkte, anhand derer zu erkennen sein soll, dass die angegriffenen Rohre mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden sein sollen, sind aus dem zur Akte gereichten Muster schon nicht ersichtlich. Hierauf ist der Klägervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung auch hingewiesen worden. Zum einen kann schon nicht gesehen werden, dass im Bereich des Übergangs der Aufweitung eine gleichmäßige Wanddicke erzielt wurde. Der pauschale Vortrag hierzu, dass es sich insoweit um eine „schlechte gleichmäßige Fläche handele“ ist nicht geeignet, einen konkreten Anhaltspunkt für eine patentgemäße Verfahrensführung zu erhalten.

Des weiteren ist aus dem als Anlage zur Akte gereichten Rohrsegment der angegriffenen Ausführungsform ersichtlich, dass sich der zweite Schlauch in die Ringräume leicht hineinwölbt, was durch das klagepatentgemäße Verfahren gerade verhindert werden soll. Hierzu hat der Klägervertreter geltend gemacht, dass eine solche leichte Wölbung noch patentgemäß sei. Würde der Vortrag der Beklagten zutreffen, dass in dem Bereich zwischen den beiden Schläuchen nur Atmosphärendruck herrsche, müsste der zweite Schlauch sich vollständig bis an den ersten Schlauch in diesen Ringraum hineinwölben, was offensichtlich nicht der Fall sei. Diese Argumentation kann aber schon von den naturwissenschaftlichen Gegebenheiten her nicht zutreffen. Nach dem Vortrag des Klägervertreters müsste sich das Volumen des mit Atmosphärendruck vorhandenen Luftgemisches während des Abkühlvorganges auf Null reduzieren. Da ein Entweichen der Luft jedoch aus dem hermetisch abgeschlossenen Ringraum nicht möglich ist, kann dieser Vortrag nicht zutreffen. Es muss immer ein Restraum verbleiben, in dem sich noch Luft befindet. Die Reduzierung des Volumens wird im übrigen nicht so stark wie behauptet ausfallen, da das verwendete Schlauchmaterial bereits nach einer relativ geringen Abkühlung seine Plastizität verliert. Dies bedingt, dass es sich nicht weiter in den Ringraum hineinwölben kann, wodurch – ebenfalls von der Beklagten unbestritten vorgetragen – im Verlauf des weiteren Abkühklens und der hierdurch verbundenen Volumenreduzierung des darin befindlichen Gases sich in dem Ringraum ein Unterdruck ausbildet.

dd)
Schließlich hat die Klägerin vorgetragen, dass sie versucht habe, auf ihren Anlagen das von der Beklagten behauptete Verfahren durchzuführen, was zu keiner verwertbaren Rohrproduktion geführt habe. Auch dieser Vortrag ist nicht geeignet, die Behauptung einer Patentverletzung in der Art und Weise zu substantiieren, dass sie einer Beweisaufnahme zugänglich wäre. Der Beklagtenvertreter hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Erzeugung eines Teil-Vakuums konstruktive Maßnahmen erfordert, die an dem Extruder der Klägerin nicht vorhanden seien, weswegen nicht zu erwarten sei, dass das Verfahren der Beklagten auf nicht hierfür umgebauten Extrudern funktioniere.

5.
Auf das darüber hinaus geltend gemachte Vorbenutzungsrecht der Beklagten kommt es danach nicht an, so dass sich Ausführungen hierzu erübrigen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 108, 709 ZPO.