4b O 275/07 – Fensterheber

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1053

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. November 2008, Az. 4b O 275/07

Rechtsmittelinstanz: 2 U 151/08

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren zu unterlassen,

Längenkorrekturvorrichtungen für flexible Betätigungszüge oder dergleichen, insbesondere Seilnachstellvorrichtungen, mit einer Schlauchfassung, die eine Aufnahme für einen Schlauch des Betätigungszuges sowie im Bereich eines angeformten Fortsatzes einen Durchgangskanal für das Seil des Betätigungszuges aufweist und deren Außenwand im Bereich des Fortsatzes mit einer Radialverzahnung versehen ist, mit einem im Wesentlichen hülsenartig ausgebildeten Grundkörper mit einer Längsbohrung, in der der Fortsatz längsverschieblich geführt ist und mit einem mit der Radialverzahnung zusammenwirkenden Rastelement

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Längenkorrekturvorrichtung eine selbsttätige Längenkorrekturvorrichtung ist und der Grundkörper in einem hinteren Abschnitt eine an den vorderen Abschnitt mit der Längsbohrung anschließende Aufnahme aufweist, in der das mit dem Fortsatz in Eingriff stehende Rastelement mittels des Fortsatzes zwischen zwei Endstellungen verschiebbar aufgenommen und von einer Verriegelungsstellung in eine Entriegelungsstellung überführbar ist, wobei zwischen dem Grundkörper und der Schlauchfassung ein Druckfederelement angeordnet ist, unter dessen Wirkung die Schlauchfassung zur Längenkorrektur aus dem Grundkörper herausbewegbar ist;

2. der Klägerin in einem nach Kalenderjahren geordneten und für jedes Jahr Zusammenfassungen enthaltenden Verzeichnis Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1) bezeichneten Handlungen seit dem 18.07.1997 begangen hat und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, zugeordnet zu den einzelnen Lieferungen, unter Vorlage von Belegen in Form von Rechnungen und Lieferscheinen;

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, zugeordnet zu Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet sowie bei Internetwerbung der Schaltungszeiträume, der Domains sowie der Zugriffszahlen;

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben erst ab dem 04.08.2001 zu machen sind;

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, auf ihre Kosten die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger nur einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Angebotsempfänger oder ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist;

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. der Klägerin für die zu Ziffer I. 1) bezeichneten, in der Zeit vom 18.07.1997 bis zum 03.08.2001 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer I. 1) bezeichneten, seit dem 04.08.2001 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.864,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.08.2008 zu zahlen.

IV. Die Widerklage wird abgewiesen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.100.000,00 EUR.

VII. Der Streitwert wird auf 1.000.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Lizenznehmerin des europäischen Patents EP 0 778 XXX (Klagepatent, Anlage K 1). Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur selbsttätigen Längenkorrektur von flexiblen Betätigungszügen, insbesondere Seilnachstellvorrichtung. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 13.02.1995 am 13.02.1996 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 18.06.1997 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung am 04.07.2001 bekannt gemacht. Als Vertragsstaat wurde unter anderem die Bundesrepublik Deutschland benannt. Das Klagepatent steht in Kraft.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet:

„1. Längenkorrekturvorrichtungen für flexible Betätigungszüge oder dergleichen, insbesondere Seilnachstellvorrichtungen (10), mit einer Schlauchfassung (16), die eine Aufnahme (18) für einen Schlauch des Betätigungszuges sowie im Bereich eines angeformten Fortsatzes (20) einen Durchgangskanal (46) für das Seil des Betätigungszuges aufweist und deren Außenwand im Bereich des Fortsatzes (20) mit einer Radialverzahnung (22) versehen ist, mit einem im Wesentlichen hülsenartig ausgebildeten Grundkörper (12) mit einer Längsbohrung (14), in der der Fortsatz (20) längsverschieblich geführt ist und mit einem mit der Radialverzahnung (22) zusammenwirkenden Rastelement (23), dadurch gekennzeichnet, dass die Längenkorrekturvorrichtung eine selbsttätige Längenkorrekturvorrichtung ist und dass der Grundkörper (12) in einem hinteren Abschnitt (13) eine an den vorderen Abschnitt (11) mit der Längsbohrung (14) anschließende Aufnahme (15) aufweist, in der das mit dem Fortsatz (20) in Eingriff stehende Rastelement (23) mittels des Fortsatzes (20) zwischen zwei Endstellungen verschiebbar aufgenommen und von einer Verriegelungsstellung in eine Entriegelungsstellung überführbar ist, wobei zwischen dem Grundkörper (12) und der Schlauchfassung (16) ein Druckfederelement (34) angeordnet ist, unter dessen Wirkung die Schlauchfassung (16) zur Längenkorrektur aus dem Grundkörper (12) herausbewegbar ist.“

Wegen des Wortlauts der weiteren Patentansprüche wird auf das Klagepatent verwiesen. Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus dem Klagepatent und dienen zur Erläuterung der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Figur 1 zeigt in Schnittansicht ein Ausführungsbeispiel mit dem Rasteelement in Entriegelungsstellung, Figur 2 zeigt die Vorrichtung in ausgefederter Position mit dem Rastelement in Verriegelungsstellung:

Durch Ermächtigungs- und Abtretungserklärung vom 04/05.12.2007 (Anlage K 11, Bl. 56 GA) trat die Inhaberin des Klagepatents, die A GmbH, sämtliche Anspruche wegen Verletzung des Klagepatents an die Klägerin ab und ermächtigte diese überdies, Ansprüche aus dem Klagepatent gegen die Beklagte in eigenem Namen geltend zu machen.

Die Beklagte vertreibt elektrische Fensterhebesysteme, die Längenkorrekturvorrichtungen besitzen und die den nachstehend wiedergegebenen Lichtbildern (Anlagen K 8 und K 9) entsprechen (im folgenden: angegriffene Ausführungsform):

Auch die der ES 2 188 XXX (Anlage B 1) entnommenen Figuren 3 und 4 (Anlage K 10) zeigen die Konstruktionsweise der angegriffenen Ausführungsform. Hierauf wird Bezug genommen.

Mit englischsprachigem Patentanwaltsschreiben vom 14.08.2007 (Anlage B 2) mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie auf, im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies lehnte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 02.10.2007 (Anlage B 3) ab und forderte stattdessen ihrerseits die Klägerin auf, rechtsverbindlich zu erklären, dass die angegriffene Ausführungsform nicht patentverletzend sei.

Die Klägerin macht Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht für die Zeit seit dem 18.07.1997 geltend. Die Klägerin meint, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Ferner behauptet die Klägerin, sie habe für die Abmahnung der Beklagten vom 14.08.2007 (Anlage B 2) Patentanwaltskosten in Höhe von insgesamt 5.864,80 EUR aufgewandt, nämlich in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG zuzüglich Kostenpauschale von 20,00 EUR aus einem Gegenstandswert von 1 Mio. EUR.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie zunächst nur Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht geltend gemacht hat,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt widerklagend

I. die Klage abzuweisen,

II. die Klägerin zu verurteilen, für die Widerklägerin an die Rechtsanwälte B sowie an die Patentanwälte C jeweils 5.864,80 EUR zu zahlen.

Die Klägerin beantragt hinsichtlich der Widerklage,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, das Klagepatent zu verletzen. Die angegriffene Ausführungsform unterscheide sich von der patentgemäßen technischen Lehre dadurch, dass bei ihr das Rastelement mit dem Fortsatz nicht in Eingriff stehe, es nicht in der Aufnahme zwischen zwei Endstellungen verschiebbar und auch nicht von einer Verriegelungsstellung in eine Entriegelungsstellung überführbar sei. Der Fachmann erkenne und wisse aus dem Stand der Technik, dass es für die Funktion einer patentgemäßen Vorrichtung von Bedeutung sei, dass eine Überlastsicherung gewährleistet werde, welche bei der angegriffenen Ausführungsform indes fehle. Auch sei aus Sicht des Fachmannes von Bedeutung, dass die patentgemäße Vorrichtung einen gewissen Spielraum lasse, um kurzfristige Zustandsveränderungen auszugleichen, die etwa dann auftreten können, wenn die Vorrichtung in der Seilzuganlage eines elektrischen Autofensters eingesetzt werde und sich der Endanschlag des Fensters verschiebe. Ferner bestreit die Beklagte, die angegriffene Ausführungsform in der Zeit vom 18.07.1997 bis zum 03.08.2001 vertrieben zu haben. Sie mache mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform lediglich von der ES 2 188 XXX (Anlage B 3) seit deren Erteilung am 17.09.2001 Gebrauch.

Im Hinblick auf die Widerklage behauptet die Beklagte, sie habe für die Beantwortung des Abmahnschreibens der Klägerin vom 14.08.2007 und die Abfassung ihres Anwaltsschreibens vom 02.10.2007 (Anlage B 3) Kosten für patent- und rechtsanwaltliche Beratung in Höhe von insgesamt 11.729,60 EUR aufgewandt, nämlich Patentanwalts- und Rechtsanwaltskosten jeweils in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 1 Mio. EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die zur Gerichtsakte gelangten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Entschädigung und Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ, Art II § 1 Abs. 2 IntPatÜG, §§ 9, 139, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Daher war die klägerische Abmahnung berechtigt, so dass die Klage auch im Hinblick auf die Erstattung vorgerichtlicher Kosten begründet, die Widerklage hingegen unbegründet ist.

I.

Die Beklagte bestreitet zu Recht nicht mehr die Aktivlegitimation der Klägerin. Gemäß der Ermächtigungs- und Abtretungserklärung vom 04./05.10.2007 (Anlage K 11, Bl. 56 GA) hat die Patentinhaberin die Ansprüche aus dem Klagepatent gegen die Beklagte wirksam abgetreten. Jedenfalls ist die Klägerin hiernach ermächtigt, diese Ansprüche in eigenem Namen geltend zu machen.

II.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur selbsttätigen Längenkorrektur von flexiblen Betätigungszügen, insbesondere Seilnachstellvorrichtung. Derlei Vorrichtungen gelangen im Fahrzeugbau beispielsweise bei Seilzügen für Kupplungen oder für elektrische Fensterheber zum Einsatz. Es ist aus diesen Einsatzgebieten bekannt, dass bei Nutzung des Seilzuges über längere Zeit hinweg sich einerseits das in einem Schlauch geführte Zugseil verlängern kann, da die einwirkenden Zugkräfte die Metalllitzen des Zugseiles recken. Andererseits kann es dazu kommen, dass sich der das Zugseil umgebende Schlauch durch Schrumpfung verkürzt. In beiden Fällen – Verlängerung des Seils im Vergleich zum Schlauch und Verkürzung des Schlauchs im Vergleich zum Seil – ergibt sich ein Abschnitt des Seilzuges, in dem das Zugseil nicht vom Schlauch umgeben ist, und auf dessen Strecke die beispielsweise durch einen Motor ausgeübte Zugkraft zunächst wirkungslos bleibt, weil der Schlauch auf dem freiliegenden Stück Zugseil erst bis zu einem Anschlag bewegt werden muss (sog. „Seillose“). Sobald die Seillose in dieser Weise aufgebraucht ist, kommt es sodann zu einer ruckartigen Einwirkung der Zugkraft auf das System, wodurch eine kurzzeitige, besonders hohe mechanische Belastung aller Systemkomponenten entsteht. Um dies zu vermeiden, wird eine Vorrichtung benötigt, mittels derer die Länge des Schlauches korrigiert, nämlich um die Länge der Seillose vergrößert wird.

Aus dem Stand der Technik, namentlich aus der WO 93/22517 (Anlage K 4) ist eine Vorrichtung zur Längenkorrektur von mechanisch-flexiblen Fernbetätigungen bekannt, die ein Nachstellen der Länge der Vorrichtung automatisch durchführen, sobald das erforderliche Maß an Vorspannung, zum Beispiel des Schlauches einer mechanisch flexiblen Fernbetätigung, nicht mehr gegeben ist. An den vorbekannten Vorrichtungen kritisiert das Klagepatent es als nachteilig, dass sie einen recht aufwendigen konstruktiven Aufbau aufweisen. Ferner wird als nachteilig erkannt, dass diese Vorrichtungen ein Rastelement vorsehen, das unter Umständen der Gefahr der Verschmutzung ausgesetzt ist, was zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit führen kann.

Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe (Anlage K 1, Spalte 1, Zeile 30 bis 34), die aus dem Stand der Technik bekannten Vorrichtung dahingehend weiterzubilden, dass der konstruktive Aufbau vereinfacht, und die Funktionssicherheit erhöht ist und die Längenkorrektur dennoch selbsttätig erfolgt.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Längenkorrekturvorrichtung für flexible Betätigungszüge oder dergleichen, insbesondere Seilnachstellvorrichtung (10) mit
1.1 einer Schlauchfassung (16),
1.2. einem Grundkörper (12) und
1.3. einem Rastelement (23);

2. die Schlauchfassung (16)
2.1. weist eine Aufnahme (18) für einen Schlauch des Betätigungszugs,
2.2. einen angeformten Fortsatz (20) sowie
2.3. im Bereich des Fortsatzes (20) einen Durchgangskanal (46) für das Seil des Betätigungszuges auf, wobei
2.4. ihre Außenwand im Bereich des Fortsatzes (20) mit einer Radialverzahnung (22) versehen ist;

3. der Grundkörper (12)
3.1. ist im Wesentlichen hülsenartig ausgebildet,
3.2. mit einer Längsbohrung (14) versehen und
3.3. weist in einem hinteren Abschnitt (13) eine an den vorderen Abschnitt (11) mit einer Längsbohrung (14) anschließende Aufnahme (15) auf;

4. der Fortsatz (20) ist in der Längsbohrung (14) längsverschieblich geführt;

5. das Rastelement (23)
5.1. wirkt mit der Radialverzahnung (22) zusammen,
5.2. steht mit dem Fortsatz (20) in Eingriff,
5.3. ist in der Aufnahme (15) mittels des Fortsatzes (20) zwischen zwei Endstellungen verschiebbar aufgenommen und von einer Verriegelungsstellung in eine Entriegelungsstellung überführbar;

6. zwischen dem Grundkörper (12) und der Schlauchfassung (16) ist ein Druckfederelement (34) angeordnet, unter dessen Wirkung die Schlauchfassung (16) zur Längenkorrektur aus dem Grundkörper (12) herausbewegbar ist;

7. die Längenkorrekturvorrichtung ist eine selbsttätige Längenkorrekturvorrichtung.

III.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie verwirklicht wortsinngemäß alle Merkmale des Patentanspruchs 1.

1.

Zwischen den Parteien steht – zu Recht – außer Streit, dass die Merkmale 1 bis 4, 5.1 sowie 6 und 7 verwirklicht sind. Aus den Figuren 3 und 4 der ES 2 188 XXX (Anlage K 10), welche die Konstruktionsweise der angegriffenen Ausführungsform unstreitig wiedergeben, ist die Verwirklichung dieser unstreitigen Merkmale ersichtlich:

Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Längenkorrekturvorrichtung für flexible Betätigungszüge oder dergleichen, nämlich eine Seilnachstellvorrichtung, die eine Schlauchfassung (in obigen, der ES 2 188 XXX entnommenen Figuren mit Bezugsziffer 6 bezeichnet), einen Grundkörper (obige Bezugsziffer 7) und ein Rastelement (obige Bezugsziffer 8) umfasst (Merkmal 1) und die selbsttätig ist (Merkmal 7). Dabei weist die Schlauchfassung eine Aufnahme für einen Schlauch des Betätigungszuges auf, in obigen Figuren nämlich jeweils an der rechten Seite, sowie einen angeformten Fortsatz (obige Bezugsziffer 4), in dem ein Durchgangskanal (obige Bezugsziffer 1) für das Seil des Betätigungszuges (obige Bezugsziffer 2) gebildet ist, und an dessen Außenwand eine Radialverzahnung (obige Bezugsziffer 9) vorhanden ist (Merkmal 2). Der Grundkörper der angegriffenen Ausführungsform ist im Wesentlichen hülsenartig ausgebildet und mit einer Längsbohrung versehen und weist eine trichterförmig zulaufende Aufnahme auf, und zwar in seinem hinteren (in obigen Figuren jeweils in der linken Bildhälfte dargestellten) Abschnitt, wobei die Längsbohrung an die Aufnahme anschließt (Merkmal 3) und der Fortsatz (obige Bezugsziffer 4) in der Längsbohrung längsverschieblich geführt wird. Ferner wirkt das Rastelement (obige Bezugsziffer 8) mit der Radialverzahnung (obige Bezugsziffer 9) zusammen (Merkmal 5.1.). Schließlich ist bei der angegriffenen Ausführungsform auch zwischen dem Grundkörper und der Schlauchfassung ein Druckfederelement angeordnet, nämlich diejenige der beiden Spiralfedern, die den größeren Durchmesser hat und in obigen Figuren mit Bezugsziffer 14 bezeichnet und im Querschnitt wiedergegeben ist. Unter der Wirkung dieses Druckfederelements ist die Schlauchfassung zur Längenkorrektur aus dem Grundkörper herausbewegbar (Merkmal 6).

2.

Auch die zwischen den Parteien streitigen Merkmale 5.2. und 5.3. werden durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht.

a)

Merkmal 5.2. lehrt, dass das Rastelement mit dem Fortsatz in Eingriff steht. Dieses Merkmal konkretisiert das Merkmal 5.1., das ein „Zusammenwirken“ von Rastelement und Radialverzahnung lehrt. Das Klagepatent definiert den Begriff „Eingriff“ nicht mittels einer Legaldefinition. Die konkrete Art und Weise des patentgemäßen Eingriffs wird weder durch ein – weiteres – Anspruchsmerkmal noch durch eine Beschreibungsstelle exakt bestimmt. Insbesondere findet sich im Klagepatent kein Hinweis darauf, dass nur dann von einem erfindungsgemäßen Eingriff ausgegangen werden kann, wenn Radialverzahnung und Rastelement in einem vollflächigen Formschluss verrasten.

Aus Sicht des maßgeblichen Durchschnittsfachmanns, der das Klagepatent in gebotener Weise funktionsbezogen, also im Hinblick auf die Bedeutung des jeweiligen Merkmals für die Erzielung eines technischen Vorteils auslegt (OLG Düsseldorf GRUR 2000, 599, 601ff. – Staubsaugerfilter), steht das Rastelement mit dem Fortsatz dann in Eingriff, wenn die Flächen des Rastelements, welche den Formschluss, also die Rastung, bewirken, mit der gemäß Merkmal 2.4. an der Außenwand des Fortsatzes vorhandenen Radialverzahnung in der Weise in Berührung kommen, dass bei der Bewegung des Fortsatzes durch den Grundkörper und an dem Rastelement vorbei ein Formschluss dadurch bewirkt wird, dass das Rastelement in der Aufnahme des Grundkörpers zum Anliegen kommt. Zwar führt nicht jede Berührung zwischen Rastelement und Fortsatz dazu, dass beide Bauteile zueinander in Eingriff stehen. Aus Sicht des Fachmanns kommt es darauf an, dass zwischen Rastelement und Radialverzahnung eine formschließende Verrastung zustande kommen kann, wenn die von dem Druckfederelement ausgeübte Federkraft dadurch überwunden wird, dass auf das Seil des Betätigungszuges eine Kraft wirkt, die auf die patentgemäße Vorrichtung übertragen wird und diese zusammendrückt. Die Expansion der Vorrichtung, die durch das Druckfederelement bewirkt wird, wenn die Vorspannung durch eine Verkürzung des Schlauches gegenüber dem Zugseil und/oder eine Verlängerung des Zugseils gegenüber dem Schlauch schwindet, muss aufrecht erhalten bleiben. Das wird aus Sicht des Fachmanns durch das Zustandekommen eines rastenden Formschlusses zwischen dem Rastelement und der auf der Außenseite des Fortsatzes befindlichen Radialverzahnung gewährleistet. In dieser Sichtweise wird der Fachmann in der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels gestützt, bei welcher (Anlage K 1, Abschnitt [0021]) während der Krafteinwirkung und der Überwindung der Federkraft sich die Schlauchfassung und somit der Fortsatz in Richtung der Aufnahme des Grundkörpers verschiebt, so dass das Rastelement an der Aufnahme anliegt und in die Radialverzahnung des Fortsatzes eingreift. Im Hinblick auf das so beschriebene bevorzugte Ausführungsbeispiel stehen Rastelement und Radialverzahnung des Fortsatzes jedenfalls dann gemäß Merkmal 5.2. miteinander in Eingriff, wenn die Rastzähne des Rasteelements der Radialverzahnung zugewandt sind und bei einer Bewegung des Fortsatzes über die Radialverzahnung in die eine oder andere Richtung hinweggleiten.

Hiernach verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 5.2. Die lose im Grundkörper aufgenommenen und durch die innere der beiden Druckfedern im Grundkörper gehaltenen, keilförmigen und in den oben abgebildeten, aus der ES 2 188 XXX (Anlage K 10) entnommenen Figuren mit der Bezugsziffer 8 bezeichneten Rastelemente greifen in die Radialverzahnung des Fortsatzes der Schlauchaufnahme ein, wenn ein Druck auf die Schlauchaufnahme ausgeübt und dadurch die Federkraft der äußeren Druckfeder überwunden wird, wenn also in den genannten Figuren auf die angegriffene Ausführungsform ein Druck von rechts her ausgeübt wird. Die Radialverzahnung nimmt dann die Rastelemente in Richtung der Aufnahme des Grundkörpers mit, so dass sie schließlich im kegelförmigen Sitz der Aufnahme zum Anliegen kommen. Der Sitz verhindert ein Ausweichen der Rastelemente, so dass diese wiederum den mit der Radialverzahnung versehenen Schlauchfortsatz an einer weiteren Durchführung durch den Grundkörper hindern. Bei der Bewegung des Fortsatzes durch die Aufnahme hindurch gleiten die schrägen Rastflächen der Rastelemente an den geometrisch als Gegenstücken geformten Zähnen der Radialverzahnung auf dem Fortsatz entlang: bei einer Bewegung des Fortsatzes aus dem Grundkörper hinaus (in obiger Zeichnung der Figur 2 in Pfeilrichtung) gleitet jede schräge Rastfläche bis zu ihrem Ende, an dem der Rastsprung erfolgt, nämlich die Rastfläche sodann auf der nächsten Fläche der Radialverzahnung anliegt. Bei der umgekehrten Bewegung des Fortsatzes in den Grundkörper hinein (entgegen der Pfeilrichtung der oben wiedergegebenen Figur 2) gleitet die schräge Rastfläche nur so weit, bis die senkrecht zur Längsachse des Fortsatz stehende Rastfläche gegen die entsprechende senkrechte Rastfläche der Radialverzahnung stößt und an dieser sodann formschlüssig anliegt. Somit stehen nach der dargelegten Sichtweise des maßgeblichen Durchschnittsfachmanns das Rastelement und der Fortsatz in jeder Situation miteinander in Eingriff.

Unerheblich ist dabei, ob, wie die Beklagte behauptet, in der Situation, in der eine Seillose durch eine Verlängerung des Zugseils im Verhältnis zum Schlauch oder einer Verkürzung des Schlauchs gegenüber dem Zugseil entsteht, bei der angegriffenen Ausführungsform „der Fortsatz unter dem Rastelement ‚durchratscht’“. Selbst wenn das der Fall wäre, hinderte dies nicht die Verwirklichung des Merkmals 5.2. Aus Sicht des Fachmanns kommt es nicht darauf an, dass das Rastelement in jeder Belastungssituation oder jedenfalls bis zu einer gewissen Grenzkraft hin mit dem Fortsatz in eingerasteter, formschließender Stellung steht. Zum einen kann der Fachmann dies – wie oben ausgeführt – weder dem Patentanspruch noch der Patentbeschreibung entnehmen. Zum anderen erkennt der Fachmann, namentlich mit Blick auf Merkmal 7., dass das Rastelement in der beschriebenen Situation gerade nicht einen Durchtritt des Fortsatzes aus dem Grundkörper hinaus verhindern darf. Wird der Federkraft der äußeren Druckfeder keine auf die Schlauchfassung wirkende Kraft entgegengesetzt, bewirkt diese Druckfeder eine Bewegung des Schlauchfortsatzes aus dem Grundkörper hinaus. Dadurch verlängert sich die angegriffene Ausführungsform, und zwar bis zu dem Punkt, an dem die Seillose aufgebraucht ist, also die Länge des durch die angegriffene Ausführungsform verlängerten Schlauches wieder derjenigen des Zugseiles entspricht. Auf diese Weise geschieht die Korrektur der Länge selbsttätig und genau in dem Maße, wie eine Seillose herrscht. Das ist die durch Merkmal 7. geforderte Funktionsweise. An dieser Bewegung darf bei einer patentgemäßen Vorrichtung der Fortsatz nicht gehindert werden, andernfalls eine selbsttätige Längenkorrektur gemäß Merkmal 7. nicht möglich ist. Dass in dieser Situation Rastelement und Radialverzahnung nicht in Formschluss stehen, bewirkt gerade die patentgemäße Funktion nach Merkmal 7. und steht somit einem In-Eingriff-Stehen von Rastelement und radial verzahntem Fortsatz gemäß Merkmal 5.2. nicht entgegen. Das Klagepatent definiert für diese Situation keinen abweichenden Begriff des In-Eingriff-Stehens, vielmehr wird auch dies als patentgemäßen Eingriff betrachtet. Dies folgt auch aus der Beschreibung des vorzugswürdigen Ausführungsbeispiels (Anlage K 1, Spalte 4, Zeilen 29 bis 35).

b)

Die technische Lehre des Klagepatents fordert nach Merkmal 5.3. weiter, dass das Rastelement in der Aufnahme mittels des Fortsatzes zwischen zwei Endstellungen verschiebbar aufgenommen und von einer Verriegelungsstellung in eine Entriegelungsstellung überführbar ist. Auch dieses Merkmal verwirklicht die angegriffene Ausführungsform.

aa)

Das Rastelement der angegriffenen Ausführungsform ist in der Aufnahme des Grundkörpers mittels des Fortsatzes zwischen zwei Endstellungen verschiebbar angeordnet. Insoweit legt der Fachmann die technische Lehre des Klagepatents in der Weise aus, dass sich das Rastelement einer patentgemäßen Vorrichtung in einem Bereich entlang der Achse des Zugseils hin und herbewegen kann, welcher zum einen begrenzt ist und der zum anderen so belegen ist, dass sich das Rastelement nicht vollständig aus der Aufnahme des Grundkörpers hinausbewegt, und dass die Zug- oder Druckkraft in die eine oder die andere Richtung durch den Fortsatz auf das Rastelement ausgeübt wird.

Die Rastelemente der angegriffenen Ausführungsform bewegen sich, wie aus den Figuren 3 und 4 der ES 2 188 XXX (Anlagen K 10 und B 3) ersichtlich ist, zwischen dem Anschlag im Sitz der Aufnahme des Grundkörpers auf der einen Seite (in der ES 2 188 XXX Figur 3) und auf der anderen Seite bis zum Entgegenwirken der inneren Druckfeder teilweise aus dem Grundkörper hinaus (in der ES 2 188 XXX Figur 4). Auf der einen Seite wird die Bewegung begrenzt durch den Sitz in der Aufnahme des Grundkörpers, auf der anderen Seite durch die entgegenwirkende Kraft der innenliegenden Druckfeder. Diese verhindert, wie die Beklagte selber vorträgt, eine weitere Bewegung der Rastelemente aus dem Grundkörper hinaus.

Die Bewegung der Rastelemente in die eine oder andere Richtung wird durch eine entsprechende Bewegung des Fortsatzes in die jeweils selbe Richtung bewirkt. Bewegt sich die den Fortsatz aufweisende Schlauchfassung vom Grundkörper weg, ziehen die zur Achse der Zugseilführung schräg stehenden Flächen der Radialverzahnung die Rastelement in dieselbe Richtung, und zwar so weit, bis das Ende der Schrägfläche erreicht ist und das Rastelement über den jeweiligen Rastzahn hinweg auf den nächsten Rastzahn springt (Rastsprung). Eine weitere Bewegung des Rastelements in diese Richtung wird durch die innere Druckfeder verhindert. Bewegt sich umgekehrt die Schlauchfassung auf den Grundkörper zu, drückt die innere, in Figur 4 der ES 2 188 XXX mit Bezugsziffer 13 bezeichnete und am Fortsatz angreifende Druckfeder die Rastelemente in Richtung der Aufnahme des Grundkörpers, allerdings nur so weit, wie die zur Achse des Zugseils schräg stehenden Zahnflächen der Radialverzahnung dies zulassen. Dies verwirklicht die patentgemäße technische Lehre.

Es kommt nicht darauf an, dass ab einem bestimmten Ausmaß der Verlängerung der angegriffenen Ausführungsform die innere Druckfeder womöglich so weit entspannt ist, dass sie auf die Rastelement keine genügende Kraft mehr ausüben kann, um diese in der Aufnahme des Grundkörpers zurückzuhalten. Zum einen erfährt der Fachmann aus dem Klagepatent, dass auch eine patentgemäße Vorrichtung nur einen bestimmten Bereich der Längenkorrektur gewährleisten kann. Eine Verschiebung des Rastelements findet dann nicht mehr statt, sobald der an seiner Außenseite radial verzahnte Fortsatz nicht mehr mit dem Rastelement in Eingriff steht, also gar nicht mehr in Berührung kommt. Dies ist explizit ersichtlich aus der Beschreibung der Funktionsweise anhand eines patentgemäßen vorzugswürdigen Ausführungsbeispiels (Anlage K 1, Abschnitt [0020]) ist ersichtlich, dass Der Fachmann betrachtet daher eine beliebig weite Ausdehnung der Vorrichtung nicht, weil sie von vorneherein ohne Bedeutung ist. Zum anderen bringt die Beklagte selber nicht vor, dass die angegriffene Ausführungsform in der Weise eingesetzt wird, dass sie sich über ihren Anwendungsbereich hinaus ausdehnen kann, dass also die Seillose so lang werden kann, dass die innere Druckfeder keine ausreichende Kraft mehr ausübt und der Schlauchaufnahmefortsatz nicht mehr mit den Rastelementen in Berührung kommt. Hiergegen spricht schon, dass sich bei diesem Einsatz der angegriffenen Ausführungsform diese tatsächlich „in ihre Einzelteile auflösen“ würde, sie also ihre Funktion vollständig verlieren würde und nicht mehr in einen funktionsbereiten Zustand überführt werden könnte. Auch hat die Beklagte in mündlicher Verhandlung vorgebracht, durch die angegriffene Ausführungsform müsse eine Seillose von bis zu 3 bis 4 Zentimetern Länge ausgeglichen werden können. Die von der Beklagten überreichten Muster weisen indes einen Fortsatz von etwa 5 Zentimetern Länge auf, so dass der Fortsatz nicht zu kurz ist, um eine Seillose diesen Umfangs ausgleichen zu können.

Dass die Rastelemente der angegriffenen Ausführungsform sich bei einer Bewegung aus dem Grundkörper heraus nicht nur in Richtung der Achse der Zugseilführung, sondern zugleich (in Figur 4 der ES 2 188 XXX durch zwei senkrecht zueinander stehende Pfeile angedeutet) in senkrechter Richtung zu dieser Achse nach außen hin bewegen, hindert die Merkmalsverwirklichung ebenfalls nicht. Merkmal 5.3. lehrt lediglich, dass das Rastelement in der Aufnahme des Grundkörpers mittels des Fortsatzes verschiebbar ist, nicht aber, dass diese Verschiebung nur in einer bestimmten Richtung möglich sein soll. Der Fortsatz selber ist zwar nach Merkmal 4 längsverschieblich geführt. Daraus folgt aber nicht, dass die Bewegung, in welche das Rastelement durch den Fortsatz versetzt wird, auch nur in dieser Richtung der Lehre des Klagepatents entspricht. Wiederum enthält das Klagepatent keine zwingende und abschließende Definition zur Richtung, innerhalb der das Rastelement verschiebbar ist. Die im Klagepatent erläuterte Funktionsweise eines vorzugswürdigen Ausführungsbeispiels belegt aber (Anlage K 1, Abschnitt [0020]), dass es nach dem Klagepatent auch erfindungsgemäß ist, wenn eine seitliche Bewegung senkrecht zur Längsachse des Fortsatzes erfolgt: Das in dem vorzugswürdigen Ausführungsbeispiel gelehrte Rastelement besteht aus Federarmen, die aufgespreizt werden (Anlage K 1, Spalte 4, Zeile 38 bis 41), sich also nach außen weg bewegen, so dass die Radialverzahnung unter den Rastzähen des Rastelement hindurchratscht.

Schließlich greift der von der Beklagten in mündlicher Verhandlung erhobene Einwand nicht durch, die Rastelemente der angegriffenen Ausführungsform verschöben sich deshalb nicht mittels des Fortsatzes, weil die innere Druckfeder die Rastelemente in Richtung der Aufnahme des Grundkörpers drücke. Dass auch diese innere Druckfeder die Verschiebung der Rastelemente bewirkt, führt aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus. Die innere Druckfeder greift auf der einen Seite an den Rastelementen und auf der anderen Seite am Fortsatz an. Dadurch überträgt sie die Bewegung des Fortsatzes auf die Rastelemente. Ferner wird die Bewegung der Rastelemente durch die entsprechende Position der schrägen Rastflächen der Radialverzahnung des Fortsatzes vorgegeben. Die Druckfeder ist damit neben dem Fortsatz ein weiteres Mittel, welche die Verschiebe-Bewegung der Rastelemente bewirkt. Aus dem Klagepatent ergibt sich aber nicht, dass die Verschiebbarkeit ausschließlich mittels des Fortsatzes gegeben ist; dass sie auch mittels der inneren Druckfeder geschieht, wird daher auch von der Lehre des Klagepatents umfasst.

Ferner sind die Rastelemente der angegriffenen Ausführungsform zwischen zwei Endstellungen verschiebbar. Unschädlich ist insofern, dass eine der beiden Endstellungen durch die innere der beiden Druckfedern vorgegeben ist. Das Klagepatent – dies bringt auch die Beklagte vor – lehrt nicht, in welcher Weise die Endstellung zu gewährleisten ist, wenn nur der Verschiebeweg des Rastelements begrenzt ist. Die Endstellungen sind nicht mit der patentgemäßen Verriegelungs- und Entriegelungsstellung gleichzusetzen. Insoweit bedient sich das Klagepatent bereits unterschiedlicher Begrifflichkeiten. Es trifft in der Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen (Abschnitte [0007], [0008] und [0011]) zudem die allgemein und über die Ausführungsbeispiele hinausreichende gültige Aussage, dass der Verschiebeweg der Rastelemente begrenzt sein soll. Die weitere Darstellung eines Ausführungsbeispiels (Abschnitt [0015]) benennt überdies in Zusammenhang mit den Figuren ausdrücklich Endstellungen am linken und rechten Enden. Das Rastelement kann sich in dieser Konstruktion nicht über die Endstellungen hinaus bewegen.

Die erste Endstellung erreichen die Rastelemente in der angegriffenen Ausführungsform demnach, wenn die Federkraft der inneren Druckfeder nicht mehr überwunden wird und die innere Druckfeder die Rastelement im Grundkörper zurückhält. Die zweite Endstellung ist das Anliegen der Rastelemente im Sitz der Aufnahme des Grundkörpers. Auch gegen diese Endstellung ist das Rastelement verschiebbar. Es ist nicht ersichtlich und insbesondere nicht mit dem in den Figuren dargestellten Ausführungsbeispiel der ES 2 188 XXX (welche unstreitig die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform wiedergibt) vereinbar, wenn die Beklagte behauptet, die Rastelemente gelangten deshalb nicht in eine zweite Endstellung, weil sie einen „Zahnsprung“ vollzögen und danach irreversibel daran gehindert würden, in die Aufnahme des Grundkörpers hinein zu gelangen. Dieser Zahnsprung, also das Hinübergleiten der Rastelemente über das Ende der schrägen Flächen der Rastverzahnung, lässt die Verschiebbarkeit der Rastelemente unberührt. Auch nach diesem Zahnsprung können die Rastelemente, geschoben nunmehr von der senkrechten Fläche des „nächsten Zahns“, in die Aufnahme des Grundkörpers bis in den Sitz hinein gedrückt werden.

Soweit schließlich die Beklagte einwendet, nur eine Vorrichtung sei patentgemäß, die über eine Überlastsicherung verfüge und bei der ein Spielraum für kurzfristige Zustandsveränderungen gegeben ist, lässt sich dies mit der technischen Lehre des Klagepatents nicht in Einklang bringen. Das Klagepatent lehrt in Anspruch 1 weder das Vorsehen einer Überlastsicherung noch die Notwendigkeit eines solchen Spielraums. Zwar erfährt der Fachmann aus Abschnitt [0002] der Klagepatentschrift, dass eine Vorrichtung nach der als Stand der Technik vorbekannten WO 93/22571 weiterentwickelt werden soll. Dem ist aber schon nicht zu entnehmen, dass alle technischen Lehren dieser Schrift auch für Vorrichtungen nach dem Klagepatent gelten sollen; schließlich ist es auch Aufgabe des Klagepatents, eine gegenüber dem Stand der Technik weniger konstruktiv aufwendige Vorrichtung zur Verfügung zu stellen. Überdies wird in der WO 93/22571 lediglich im Rahmen eines vorzugswürdigen Ausführungsbeispiels gelehrt (Anlage K 4, Seite 6, 2. Absatz), dass eine Sicherung gegen Überlastung durch eine nach dieser Schrift gelehrte Konstruktion einer Federwegreserve erreicht werden kann.

Die Gewährung eines gewissen Spielraums lehrt das Klagepatent selber wiederum nur als vorzugswürdiges Ausführungsbeispiel (Abschnitt [0011]): Hiernach ist es eine vorteilhafte Weiderbildung der Erfindung, Restseillose zur Verfügung zu stellen, um einer Verspannung durch Nachstellbewegungen vorzubeugen. Ein solches vorzugswürdiges Ausführungsbeispiel vermag aber nicht den Schutzbereich des Klagepatents zu begrenzen (BGHZ 160, 204 = BGH GRUR 2004, 1023, 1024 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung). Im übrigen besteht auch bei der angegriffenen Ausführungsform ein Spielraum, nämlich maximal in Länge des Abstands zweier Rastzähne der Rastelemente zueinander. Auf dieser Länge wird eine Seillose zwar ausgeglichen, jedoch tritt kein Rast- oder Zahnsprung auf, weil das Ende des Rastzahns noch nicht erreicht ist. Diese Länge liegt, dies zeigen die als Muster zur Akte gereichten Exemplare der angegriffenen Ausführungsform sowie der Rastelemente, nicht im mikroskopischen Bereich, sondern beträgt etwas mehr als zwei Millimeter. Die auf dieser Länge eintretende begrenzte und kurzzeitige Längenveränderung ist deshalb reversibel.

bb)

In der angegriffenen Ausführungsform ist das Rastelement von einer Verriegelungsstellung in eine Entriegelungsstellung gemäß Merkmal 5.3. überführbar. Der Fachmann versteht die entsprechende technische Lehre des Klagepatents in der Weise, dass das Rastelement in einer Stellung einen Formschluss mit der Radialverzahnung auf der Außenseite des Fortsatzes eingeht, in einer anderen Stellung, in welche die Rastelemente aus der genannten Stellung übergehen können, dieser Formschluss indes nicht besteht. Dies entnimmt der Fachmann dem Zusammenhang des Anspruchs, nämlich dem Merkmal 5.1., wonach das Rastelement mit der Radialverzahnung zusammenwirkt. Die Rastung, also der Formschluss, muss folglich zwischen Rastelement und Radialverzahnung bestehen. Aus der Gesamtschau mit Merkmal 7. entnimmt der Fachmann darüber hinaus, dass die Rastung dann nicht bestehen darf, wenn eine Seillose entsteht, denn dann muss sich nach diesem Merkmal die Längenkorrektur selbsttätig einstellen und darf nicht durch eine Rastung gehindert werden. Neben der Verriegelungsstellung, in welcher der Formschluss besteht, muss also eine Entriegelungsstellung möglich sein, in der kein Formschluss besteht.

Die Verriegelungsstellung der angegriffenen Ausführungsform besteht, wenn die Rastelemente im Sitz der Grundkörperaufnahme anliegen. In dieser Stellung hindert der Formschluss zwischen Rastelementen und Radialverzahnung einen weiteren Durchtritt des Fortsatzes in Richtung des Grundkörpers. Die Entriegelungsstellung ist demgegenüber gegeben, wenn die Rastelemente teilweise aus dem Grundkörper herausgetreten sind: In dieser Stellung kann der Fortsatz so weit in den Grundkörper eindringen, bis die von der Radialverzahnung mitgeschobenen Rastelemente wiederum in der Aufnahme des Grundkörpers anliegen.

IV.

Die Klage ist demnach vollumfänglich begründet.

1.

Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie gemäß Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet. Die Beklagte trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt hätte sie die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können. Für die Zeit nach Patenterteilung schuldet die Beklagte daher Ersatz des Schaden, der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Artikel 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird. Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, die ihr zustehende Entschädigung und den ihr zustehenden Schadensersatz zu beziffern, ist die Beklagte gemäß §§ 242, 259 BGB, § 140 b PatG verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen. Im Rahmen der gemäß § 140 b PatG bestehenden Auskunftspflicht hat die Beklagte außerdem die betreffenden Belege zu überlassen (OLG Düsseldorf, InstGE 5, 249 – Faltenbalg). Hinsichtlich der Angebotsempfänger ist der Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger; Kühnen/Geschke, Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl., Rn. 437).

2.

Sofern die Beklagte bestreitet, die angegriffene Ausführungsform in der Zeit vom 18.07.1997 bis zum 03.08.2001 vertrieben zu haben, steht dies der Feststellung des Entschädigungsanspruchs der Klägerin aus Art. II § 1 Abs. 2 IntPatÜG im vorliegenden Verletzungsverfahren nicht entgegen. Sofern eine Verletzungshandlung der Beklagten feststeht, ist ihre Schadensersatz- und Entschädigungspflicht für den gesamten Zeitraum festzustellen, in welchem seit Veröffentlichung der Anmeldung (unter Berücksichtigung einer einmonatigen Karenzzeit) etwaige Verletzungshandlungen diese Ansprüche auslösen können. Des Nachweises einer weiteren, früheren Verletzungshandlung bedarf es zur Feststellung des Entschädigungsanspruchs nicht. Erst nachdem die Beklagte die geschuldete Auskunft erteilt und die Klägerin ihren dem Grunde nach festgestellten Schadensersatzanspruch beziffert hat, gewinnt der Nachweis der konkreten (ersten) Verletzungshandlung Bedeutung (BGH GRUR 2007, 877, 879 – Windsor Estate; LG Düsseldorf, GRUR 1990, 117, 118 – Strickwarenhandel II; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 88a m.w.N.). Da die Beklagte nicht bestreitet, Verletzungshandlungen nach dem 04.08.2001 begangen zu haben, ist ihre Entschädigungspflicht auch vor diesem Zeitpunkt festzustellen.

3.

Auch soweit die Klägerin Erstattung der Kosten für die Abmahnung der Beklagten begehrt, ist die Klage begründet. Die Abmahnung vom 14.08.2007 (Anlage B 2) war berechtigt, da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten folgt aus dem Grundsatz der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB. Der Abmahnende betreibt mit der berechtigten Abmahnung ein Geschäft im Sinne des Abgemahnten, da die Abmahnung, weil und sofern sie berechtigt ist, dazu dient, einen Rechtstreit zu vermeiden, indem nämlich dem Abgemahnten die Chance eröffnet wird, die Patentverletzung zu unterlassen und sich strafbewehrt zur Unterlassung zu verpflichten, wodurch die Wiederholungsgefahr entfällt (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 171; für die ständige Rechtsprechung bei der berechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung vor Inkrafttreten des § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG n.F. etwa BGH NJW 1970, 243; BGH NJW 2002, 1404). Dabei kann die Klägerin Abmahnkosten in Höhe der Gebühren eines Patentanwalts geltend machen, welche sich wiederum nach der Gebührenhöhe für einen Rechtsanwalt nach dem RVG bemessen (Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O.), so dass die Forderung der Klägerin auch der Höhe nach berechtigt ist.

Es kann dabei wegen § 250 Satz 2 BGB dahinstehen, ob – was die Beklagte bestreitet – die Klägerin die Kosten für die Abmahnung bereits bezahlt hat. Bereits vor der Zahlung hat die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung von der Honorarforderung, mit der sie ihr Vermögen belastet hat, wodurch ein nach §§ 249, 250 BGB im Wege der Naturalrestitution Schaden entstanden ist. Ein solcher Befreiungsanspruch wandelt sich nach allgemeiner Ansicht auch ohne Setzung einer Frist nach § 250 Satz 2 BGB durch Erhebung einer Zahlungsforderung in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Schuldner die Freistellung als Ersatzleistung ernsthaft und endgültig verweigert, da die Fristsetzung dann nur noch eine überflüssige Förmelei wäre (BGH 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1999, 1542; BGH NJW-RR 1996, 700; Oetker, in: MünchKomm z. BGB, 5. Aufl., § 250 Rn. 7 m.w.N.). Eine solche Leistungsverweigerung kann in der Stellung eines vollumfänglichen Klageabweisungsantrages liegen (BGH NJW 2004, 1868, 1869; BGH NJW 1984, 1460; LG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2004, Az. 4b O 360/04 – Irreführende Abmahnung). Demnach ist auch im vorliegenden Fall eine Fristsetzung durch die Klägerin entbehrlich gewesen: Die Beklagte bestreitet die Patentverletzung und damit in vollem Umfang ihre Haftung für Schäden der Klägerin.

Der Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

V.
Die Widerklage, gerichtet auf Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beklagten ist hingegen unbegründet, weil die Abmahnung mit Anwaltsschreiben der Beklagten vom 02.10.2007 (Anlage B 3) unberechtigt war.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 108 ZPO.