4b O 48/07 – Gras- und Laubsauger

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 924

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. Februar 2008, Az. 4b O 48/07

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren zu unterlassen,

einachsige Anhänger mit wenigstens einem, um eine senkrecht zur Fahrebene gerichtete Achse verschwenkbar an einem Chassisrahmen gehaltenen Nachlaufrad und mit einem Behälter, der zum Zwecke der Hochentleerung über zwei etwa parallele Lenkeranordnungen gegenüber dem Chassisrahmen gehalten und mittels einer Kolben-Zylindereinrichtung heb- und senkbar ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei

die Lenkeranordnungen aus einer unteren Lenkereinrichtung und einem oberen Lenkerpaar bestehen, wobei die Kolben-Zylindereinrichtung mit einem hinsichtlich der Anhängerbreite mittig angeordneten Hubzylinder versehen ist, der einen Endes an dem Chassisrahmen abstützt und anderen Endes an der unteren Lenkereinrichtung angreift, wobei die untere Lenkereinrichtung mit dem oberen Lenkerpaar etwa ein Parallelogramm bildet und die untere Lenkereinrichtung andererseits an einem auf den breiten Mittelbereich des Anhängers beschränkten Chassisrahmenbereich des Chassisrahmens und andererseits an dem Behälter angelenkt ist.

2.
der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 05.04.1997 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei die Gemeinkosten nur abgezogen werden dürfen, wenn und soweit sie ausnahmsweise den unter 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können,

und dabei die zu a) zugehörigen Einkaufs- und Verkaufsbelege mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 05.04.1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,00 €.

V. Der Streitwert wird auf 300.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 0 478 xxx B 1 (nachfolgend: „Klagepatent“, Anlage K 1). Der Hinweis auf die Veröffentlichung des Klagepatents erfolgte am 05. März 1997.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

„Einachsiger Anhänger mit wenigstens einem, um eine senkrecht zur Fahrebene gerichtete Achse verschwenkbar an einem Chassisrahmen gehaltenen Nachlaufrad und mit einem Behälter, der zum Zwecke der Hochentleerung über zwei etwa parallele Lenkeranordnungen gegenüber dem Chassisrahmen gehalten und mittels einer Kolben-Zylindereinrichtung heb- und senkbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass
die Lenkeranordnungen aus einer unteren Lenkereinrichtung und einem oberen Lenkerpaar bestehen, dass die Kolben-Zylindereinrichtung mit einem hinsichtlich der Anhängerbreite mittig angeordneten Hubzylinder versehen ist, der einen Endes an dem Chassisrahmen abstützt und anderen Endes an der unteren Lenkereinrichtung angreift, wobei die untere Lenkereinrichtung mit dem oberen Lenkerpaar etwa ein Parallelogramm bildet und die untere Lenkereinrichtung andererseits an einem auf den breiten Mittelbereich des Anhängers beschränkten Chassisrahmenbereich des Chassisrahmens und andererseits an dem Behälter angelenkt ist.“

Nachfolgend eingeblendet sind die Figuren 1 bis 3 des Klagepatents, die bevorzugte Ausführungsbeispiele eines erfindungsgemäßen Anhängers zeigen.

Die Beklagte entwickelt, konstruiert und vertreibt Maschinen für den kommunalen und großflächigen Einsatz, wie beispielsweise Kehrmaschinen und Gras- bzw. Laubsauger. Insbesondere vertreibt sie in der Bundesrepublik Deutschland auch die Gras- und Laubsauger „A“ und „B“, die im Wesentlichen gleich aufgebaut sind und sich lediglich in ihrer Größe unterscheiden. Nachfolgend eingeblendet ist eine Fotografie des A (Anlage K 6), welche die Klägervertreter zu Illustrationszwecken mit Bezugsziffern versehen haben:

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen machten wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Hilfsweise macht die Klägerin eine Verletzung in äquivalenter Weise geltend. Sie nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung des Vertriebs, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die angegriffenen Ausführungsformen verletzten das Klagepatent weder in wortsinngemäßer noch in äquivalenter Weise. Sie bestreitet, dass die angegriffenen Ausführungsformen über zwei etwa parallele Lenkeranordnungen verfügten. Die Lenkeranordnungen wiesen auch keine untere Lenkereinrichtung auf. Die Kolben-Zylindereinrichtung sei nicht mit einem hinsichtlich der Anhängerbreite mittig angeordneten Hubzylinder versehen. Der Hubzylinder greife nicht an einer unteren Lenkereinrichtung an. Das obere Lenkerpaar bilde auch nicht mit einer unteren Lenkeinrichtung etwa ein Parallelogramm. Schließlich sei eine untere Lenkereinrichtung auch nicht an einem auf den breiten Mittelbereich des Anhängers beschränkten Chassisrahmenbereich des Chassisrahmens beschränkt. Im Übrigen seien Ansprüche der Klägerin wegen Patentverletzung jedenfalls verwirkt, da – so die Behauptung der Beklagten – die Klägerin bereits seit 1997/98 gewusst habe, dass die Beklagte Anhänger entsprechend den angegriffenen Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen wortsinngemäßer Verletzung des Klagepatents Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung.

I.

Das Klagepatent betrifft einen Mäh- oder Kehrgutsammelbehälter in der Bauweise als einachsiger Anhänger.

Zum älteren Stand der Technik zugehörige Sammelbehälter dieser Bauart werden derart einer Hochentleerung zugeführt, dass man den an zwei parallelen Lenkerpaaren gegenüber einem Chassisrahmen gehaltenen Behälter mit Hilfe zweier Hydraulikzylinder, die beiderseits an dem Behälter angreifen, hebt und senkt. Dies bedingt einen entsprechend großvolumig ausgebildeten Rahmen, an dem sich die beiden Hydraulikzylinder abstützen können. Der demzufolge schwere Chassisrahmen beherbergt auch den seitlich angeordneten Sauger (Sauggebläse).

Als nächstliegenden Stand der Technik erwähnt das Klagepatent die US 4,487,007, die bereits einen Anhänger zum Gegenstand hat, dessen Hubmechanik einen mittig angeordneten hydraulischen Zylinder aufweist. Als nachteilig kritisiert das Klagepatent an diesem Schutzrecht, dass es aufgrund der Verwendung eines Hebel- und Teleskopgestänges für das Heben und Senken des Behälters trotz mittiger Anordnung eines einzigen Hubzylinders die Abstützung an einem entsprechend breit ausgebildeten Chassisrahmen nicht vermeidet.

Im Hinblick darauf formuliert das Klagepatent die Aufgabe, einen solchen, als einachsigen Anhänger ausgebildeten Sammelbehälter möglichst kompakt und leicht sowie dem Zugfahrzeug nahe angeordnet zu konstruieren.

Die Erfindung löst die gestellte Aufgabe mit einem einachsigen Anhänger, welcher die nachfolgend wiedergegebenen Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents aufweist:

(1) Einachsiger Anhänger

(a) mit wenigstens einem Nachlaufrad (3), das um eine senkrecht zur Fahrebene gerichtete Achse verschwenkbar an einem Chassisrahmen (2) gehalten ist,

(b) und mit einem Behälter (1), der zum Zwecke der Hochentleerung über zwei etwa parallele Lenkeranordnungen (4, 5) gegenüber einem Chassisrahmen (2) gehalten und mittels einer Kolben-Zylindereinrichtung heb- und senkbar ist.

(1) Die Lenkeranordnungen (4, 5) bestehen aus einer unteren Lenkereinrichtung (4) und einem oberen Lenkerpaar (5).

(3) Die Kolben-Zylindereinrichtung ist mit einem hinsichtlich der Anhängerbreite mittig angeordneten Hubzylinder (6) versehen.

(4) Der Hubzylinder (6) stützt einen Endes an dem Chassisrahmen (2) ab und anderen Endes greift er an der unteren Lenkereinrichtung (4) an.

(5) Die untere Lenkereinrichtung (4) bildet mit dem oberen Lenkerpaar (5) etwa ein Parallelogramm.

(6) Die untere Lenkereinrichtung (4) ist einerseits an einem auf den breiten Mittelbereich des Anhängers beschränkten Chassisrahmenbereich des Chassisrahmens und andererseits an dem Behälter (1) angelenkt.

II.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die nachfolgenden Ausführungen gelten für beide angegriffenen Ausführungsformen, welche sich nur in ihrer Größe, nicht aber in ihrer grundlegenden Bauart unterscheiden. Soweit nachfolgend Abbildungen des Anhängers „A“ zwecks Veranschaulichung eingeblendet werden, gelten die zugehörigen Ausführungen jeweils auch für den „B“.

1)
Das Merkmal 1a) ist unstreitig wortsinngemäß verwirklicht, weshalb hierzu weitere Ausführungen der Kammer entbehrlich sind.

2)
Das Merkmal 2) verlangt, dass die Lenkeranordnungen aus einer unteren Lenkereinrichtung und einem oberen Lenkerpaar bestehen. Hinsichtlich des Begriffs der „unteren Lenkereinrichtung“ ist das Klagepatent denkbar weit gefasst und sieht weder im Anspruchswortlaut noch im Beschreibungstext Einschränkungen konstruktiver Art vor. Auch eine funktionsorientierte Auslegung lässt keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass ausschließlich eine bestimmte Konstruktion als patentgemäß anzusehen sei. Erfindungsgemäß soll die untere Lenkereinrichtung den Sammelbehälter lenken und bewegen. Diese Funktion wird unstreitig durch das in der oben eingeblendeten Anlage K 6 mit der Bezugsziffer 4 bezeichnete Konstruktionselement der angegriffenen Ausführungsform erfüllt.

Vor diesem Hintergrund stehen sämtliche Einwendungen der Beklagten, die sich auf die konstruktive Ausgestaltung dieses Elements der angegriffenen Ausführungsform beziehen, der Annahme einer wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 2 nicht entgegen. Dies gilt zunächst hinsichtlich des Umstandes, dass die angegriffene Ausführungsform sich eines Strebenpaares bedient. Insoweit ist überdies zu beachten, dass die Figur 1 des Klagepatents gerade eine untere Lenkereinrichtung in Form eines Strebenpaares zeigt. Dass die Streben der angegriffenen Ausführungsform geschwungen oder z-förmig sind, steht ihrer Subsumtion unter den weit zu verstehenden Begriff der „unteren Lenkereinrichtung“ ebenfalls nicht entgegen, da das Klagepatent keinerlei Einschränkungen zur Formgestaltung derselben vorsieht. Aus dem gleichen Grunde kommt es nicht darauf an, ob die angegriffenen Ausführungsformen zwei massive Einzelstreben verwenden oder nicht.

Schließlich spielt es für die Frage der Verwirklichung des Merkmals 2 keine Rolle, an welcher Stelle des Anhängers sich das Sauggehäuse befindet. Denn die Lage des Sauggehäuses ist nicht Gegenstand des Anspruchs 1 des Klagepatents; mit dieser Thematik beschäftigt sich erst der Unteranspruch 11 des Klagepatents.

3)
Das Merkmal 1b) setzt voraus, dass der Anhänger über einen Behälter verfügt, welcher zum Zwecke der Hochentleerung über zwei etwa parallele Lenkeranordnungen gehalten ist.

Der Fachmann erkennt, dass es dem Anspruch 1 des Klagepatents bereits dem Wortlaut nach nicht auf eine im geometrischen Sinne exakt parallele Anordnung ankommt. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass der Behälter des Anhängers über zwei „etwa“ parallele Lenkeranordnungen gehalten wird. Das Wort „etwa“ beinhaltet bereits eine gewisse Relativierung der geforderten parallelen Ausgestaltung.

Vor allem besteht auch nach dem technischen Sinngehalt der Worte „etwa parallel“ kein Anlass für ein enges Verständnis derselben. Bei der Aktivierung des Hubzylinders zwecks Bewegung der unteren Lenkeranordnung nach oben fungiert die obere Lenkanordnung mittels seitlicher Führung als Schutz vor Kippbewegungen des Behälters, wie dem Fachmann die nachfolgend wiedergegebene Passage der Beschreibung des Klagepatentes verdeutlicht (Spalte 1, Zeile 59 bis Spalte 2, Zeilen 1 – 4 ):

„Die Querstabilität der Sammelbehälterführung wird durch dieses im oberen Bereich dieser Parallelführung angeordnete Lenkerpaar sichergestellt, welches lediglich der Führung dient und insoweit keine Kräfte überträgt.“

Dem entnimmt der Fachmann, dass die „etwa parallele Lenkeranordnung“ dazu dient, dass die obere Lenkeranordnung beim Hub- oder Senkvorgang dem Bewegungsablauf der unteren Lenkeranordnung durch Parallelführung folgt. Die seitlich am Sammelbehälter angreifende obere Lenkanordnung soll dabei für die nötige Querstabilität der Sammelbehälterführung sorgen. Entscheidend ist insoweit, dass die obere Lenkeranordnung nicht „anders“ bzw. nicht „gegenläufig“ zur unteren Lenkeranordnung wirkt. Dass dieses Zusammenspiel der beiden Lenkeranordnungen auch bei den angegriffenen Ausführungsformen gewährleistet ist, stellt die Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht in substantiierter Weise in Abrede. Soweit sie vorträgt, es sei kein Gleichlauf der Bewegung beider Lenkeranordnungen gegeben, stützt sie dies argumentativ allein auf die unterschiedliche Länge ihrer Streben. Letzteres vermag aber nicht die erforderliche Querstabilität als Schutz vor Kippbewegungen in Frage zu stellen. Es ist weder ersichtlich noch von der Beklagten selbst behauptet, dass die unterschiedliche Strebenlänge eine gegenläufige Bewegung der beiden Lenkeranordnungen nach sich ziehe.

4)
Ebenso machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Merkmals 3, welches verlangt, dass die Kolben-Zylindereinrichtung des Anhängers mit einem hinsichtlich der Anhängerbreite mittig angeordneten Hubzylinder versehen ist, wortsinngemäß Gebrauch.

Auch wenn der Anspruchswortlaut hier anders als im Merkmal 2 bezüglich der Parallelität der Lenkeranordnungen die Voraussetzung der „mittigen“ Anordnung des Hubzylinders nicht durch das Wort „etwa“ einschränkt, wird der Fachmann das Wort „mittig“, das für sich betrachtet keine exakte Trennschärfe beinhaltet, nur als eine ungefähre Bereichsangabe verstehen und nicht etwa annehmen, der Hubzylinder müsse genau im Mittelpunkt der Anhängerbreite liegen. Von diesem Verständnis wird ihn insbesondere nicht der Umstand abhalten, dass der Beschreibungstext in Sp. 1, Zeilen 51 ff. hinsichtlich einer Strebe, an welcher der Hubzylinder angreifen soll, relativierend von einer „etwa mittigen“ Lage spricht. Der Beschreibungstext differenziert nämlich weiterhin zwischen den Ortsangaben „mittig“ und „zentral mittig“, wie Ziffern 4. und 6. der Bezugszeichenliste verdeutlichen: So soll der untere Lenker „zentral mittig“ unter dem Behälter liegen, während für den Hubzylinder lediglich eine „mittige“ Anordnung verlangt wird.

Dass das Merkmal 3 nicht eine Anordnung des Hubzylinders im Mittelpunkt der Anhängerbreite verlangt, ergibt sich für den Fachmann auch anhand einer systematischen Betrachtung der Merkmale 4 und 6. Der Hubzylinder greift an der unteren Lenkereinrichtung an (vgl. Merkmal 4), die ihrerseits an einem auf den „breiten Mittelbereich“ des Anhängers beschränkten Chassisrahmenbereich des Chassisrahmens anlenkt (vgl. Merkmal 6). Da das Klagepatent in Merkmal 4 keine exakte Vorgabe dazu macht, wo genau der Hubzylinder an der unteren Lenkeinrichtung angreift, zieht der Fachmann in Kombination mit dem Merkmal 6 den Schluss, dass der Hubzylinder auch dann „mittig“ im Sinne des Merkmals 3 angeordnet ist, wenn er im „Mittelbereich“ des Anhängers liegt, solange nur eine Anordnung innerhalb der Streben des Chassisrahmens gegeben ist.

Eine exakte Anordnung des Hubzylinders ist vor allem auch nicht notwendig, damit dieser der ihm zugedachten technischen Funktion – nämlich dem Heben und Senken des Sammelbehälters durch Hochdrücken bzw. Runterziehen der unteren Lenkereinrichtung – genügen kann. Die Funktion des Hubzylinders kommt in Spalte 2, Zeilen 5 ff. näher zum Ausdruck:

„Der die Hochentleerung ermöglichende, mittig angeordnete Hubzylinder ist seinerseits an einem chassisfesten Rahmenteil abgestützt, das sich – in bevorzugter Ausführung aus verhältnismäßig nah beabstandeten etwa vertikal gerichteten Streben gebildet – auf den Längsmittelbereich des Anhängers beschränkt.“

Der Hubzylinder kann diese ihm zugedachte Aufgabe auch erfüllen, wenn er im Vergleich zum Mittelpunkt der Anhängerbreite seitlich verschoben ist, solang er nur im Bereich zwischen den Streben des Chassisrahmens liegt und noch ein gleichmäßiger über die untere Lenkereinrichtung vermittelter Druck bei der Hochführung des Sammelbehälters gewährleistet ist.

Mit der im vorletzten Absatz wörtlich wiedergegebenen Chassisrahmenkonstruktion verbindet das Klagepatent die Vorteilsangabe (Spalte 2, Zeilen 17 – 20), dass wesentlich leichtere Bauweisen als im Stand der Technik erzielt werden können. Auch für die Erzielung dieses Vorteils bedarf es keiner mathematisch exakten Anordnung des Hubzylinders in der Mitte der Anhängerbreite. Entgegen der Auffassung der Beklagten geht es dem Klagepatent mit der beschriebenen Konstruktionsform (T-Form des Chassisrahmens) nicht notwendig darum, einen Einbau des Gebläseantriebes – wie in Figur 1 ersichtlich – an der Seite des Hubzylinders zu ermöglichen. Die Figur 1, in welcher eine exakte Anordnung des Hubzylinders in der Mitte der Anhängerbreite gezeigt ist, visualisiert nur eine bevorzugte Ausführungsform, auf welche die technische Lehre des Klagepatents nicht begrenzt ist. Soweit die Beklagte auf Sp. 2, Zeilen 25 ff. Bezug nimmt, resultiert der dort beschriebene Raumgewinn aus einer schräg zur Ebene des zu bearbeitenden Bodens verlaufenden Stirnfläche des Sammelbehälters (vgl. dazu Unteranspruch 3 des Klagepatents) und beruht nicht etwa auf der mittigen Anordnung des Hubzylinders, so dass auch Ausführungsformen, bei denen aufgrund eines seitlich zum Mittelpunkt versetzten – aber innerhalb der Streben des Chassisrahmen befindlichen – Hubzylinders kein Gebläseantrieb an dessen Seite angebracht werden kann, das Merkmal 3 erfüllen.

Basierend auf dieser Auslegung weisen die angegriffenen Ausführungsformen einen „mittig“ im Sinne des Klagepatents angeordneten Hubzylinder auf, wie anhand der nachfolgend eingeblendeten Anlage K 9 ersichtlich wird.

Man erkennt anhand der Anlage K 9 insbesondere, dass der Hubzylinder sich zwischen den Streben des Chassisrahmens befindet. Der wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 3 steht es nicht entgegen, dass – wie die Beklagte geltend macht – die Einzelstreben der unteren Lenkeinrichtung der angegriffenen Ausführungsformen sehr weit voneinander beabstandet seien. Soweit die Beklagte daraus herleiten will, dass sich die untere Lenkeinrichtung nicht mehr im mittleren Bereich des Chassisrahmens befinde und daraus folgend auch der Hubzylinder nicht mittig angeordnet sein könne, ist dem zu widersprechen. Berücksichtigt man, dass bei der Bemessung der Ausdehnung der Anhängerbreite auch der Sammelbehälter mit einzubeziehen ist (vgl. Merkmalsgruppe 1), befinden sich die senkrechten Streben des Chassisrahmens ungefähr im mittleren Drittel der Anhängerbreite. Dies gilt dann umso mehr für den zwischen den Streben angeordneten Hubzylinder.

5)
Der Hubzylinder der angegriffenen Ausführungsformen greift mit einem Ende an der unteren Lenkereinrichtung an, so dass auch das Merkmal 4 wortsinngemäß verwirklicht ist.

Dem steht nicht entgegen, dass der Hubzylinder nur an einer der beiden Streben der unteren Lenkeinrichtung angreift. Der Wortlaut des Merkmals 4 verhält sich in keiner Weise dazu, an welchem Ort oder in welchem Umfang der Hubzylinder an der unteren Lenkeinrichtung angreift. Der Fachmann erkennt unmittelbar, dass die Funktion des Merkmals 4 darin besteht, das Anheben des Sammelbehälters in erster Linie durch das Zusammenspiel von Hubzylinder und unterer Lenkereinrichtung zu bewirken. Solange dies erfüllt ist, ist der konkrete Verbindungsort zwischen den beiden Elementen unerheblich.

Soweit die Beklagte auf Spalte 1, Zeilen 55 und 57 verweist („an einer Strebe; diese Strebe“) folgt aus der jeweiligen Verwendung des Singulars nichts Abschließendes für die Auslegung, weil es sich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel handelt, auf das die Erfindung nicht beschränkt ist und damit die Verwendung mehrerer Streben, von denen nur eine unmittelbar mit dem Hubzylinder verbunden ist, nicht ausgeschlossen wird.

6)
Bei den angegriffenen Ausführungsformen bildet die untere Lenkeinrichtung – wie von Merkmal 5 vorausgesetzt – mit dem oberen Lenkerpaar etwa ein Parallelogramm.

Auch hier verdeutlicht die Einschränkung „etwa“ dem Fachmann, dass es nicht auf die geometrisch exakte Ausgestaltung eines Parallelogramms ankommt.

Vielmehr ist es von Relevanz, dass die obere und untere Lenkeranordnung bei Anhebung des Sammelbehälters gleich verlaufen und so gewährleistet ist, dass der Behälter von beiden gleichmäßig angehoben und geführt wird. Diese Funktion wird – analog zu den Ausführungen zum Merkmal 1b) – bei den angegriffenen Ausführungsformen erfüllt. Vor diesem Hintergrund führt es nicht aus der wortsinngemäßen Verletzung heraus, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die untere Lenkereinrichtung eine leicht geschwungene bzw. z-förmige Ausgestaltung aufweist. Ebenso wenig ist erkennbar, inwieweit eine etwaige mittige Anordnung des Saugbehälters der wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 5 entgegenstehen sollte.

Insofern kann es offen bleiben, ob – wie die Klägerin geltend macht – das Merkmal 5 schon deshalb erfüllt sei, weil sich ein exaktes Parallelogramm ergibt, wenn man die jeweiligen Angriffspunkte der Lenkereinrichtungen durch exakte Geraden miteinander verbinde.

Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf die im Haupttermin vorgelegte Anlage B 16 vorbringt, die Verwirklichung des Merkmals 5 scheitere daran, dass aufgrund der unterschiedlichen Länge der Streben der unteren und oberen Lenkereinrichtung die Ausfahrgeschwindigkeit des Hubzylinders geringer sei, steht auch dies in keinem funktionalen Zusammenhang mit diesem Merkmal. Die Erzielung einer bestimmten Ausfahrgeschwindigkeit ist weder Bestandteil der Aufgabe des Klagepatents noch wird eine solche als besonderer Vorteil in der Beschreibung erwähnt.

7)
Die angegriffenen Ausführungsformen machen auch in wortsinngemäßer Weise von Merkmal 6, welches verlangt, dass die untere Lenkereinrichtung einerseits an einem auf den breiten Mittelbereich des Anhängers beschränkten Chassisrahmenbereich des Chassisrahmens und andererseits an dem Behälter angelenkt ist, Gebrauch.

In diesem Zusammenhang wird der Fachmann sich wiederum vor Augen führen, dass bei der Bestimmung der Anhängerbreite auch der Sammelbehälter mit einzubeziehen ist. Das Wort „breit“ verdeutlicht dem Fachmann, dass der relevante Mittelbereich nicht notwendig genau auf das mittlere Drittel der Anhängerbreite begrenzt ist, sondern dass wiederum eine Bereichsangabe gemacht wird, die gewisse Abweichungen in den Außenbereich der Anhängerbreite zulässt. Der Grad der zulässigen Abweichung findet seine Grenze wiederum in der Funktion, über die untere Lenkereinrichtung einen gleichmäßigen Druck beim Anheben des Sammelbehälters zu gewährleisten. Letzteres stellt die Beklagte hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen nicht in Abrede, so dass – wie auch die nachfolgend eingeblendete Anlage K 11 veranschaulicht – bei den angegriffenen Ausführungsformen die untere Lenkeinrichtung an einem auf den breiten Mittelbereich des Anhängers beschränkten Chassisrahmenbereich angelenkt ist. Soweit die Beklagte den Gleichlauf bei den angegriffenen Ausführungsformen wiederum im Hinblick auf die unterschiedlichen Strebenlängen der Lenkeranordnungen in Frage stellt, gelten die Ausführungen zu Merkmal 3 entsprechend.

Soweit die Beklagte die Verwirklichung des Merkmals 6 damit in Abrede stellt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Streben des Chassisrahmens weit beabstandet seien, ist zu bemerken, dass das Klagepatent eine enge Beabstandung der Streben des Chassisrahmens nur als bevorzugte Ausführungsform hervorhebt (vgl. Sp. 2, Zeilen 7 ff.). Im Übrigen ist ein Zusammenhang gerade mit dem Merkmal 6 nicht erkennbar.

III.

1)
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG. Mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen hat die Beklagte das Klagepatent in zumindest fahrlässiger Weise verletzt, so dass sie der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ,
§ 139 Abs. 2 PatG zum Schadenersatz verpflichtet ist. Da die konkrete Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, ist ein berechtigtes Interesse der Klägerin daran anzuerkennen, die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen (§ 256 ZPO). Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, hat die Beklagte Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b PatG, §§ 242, 259 BGB).

2)
Den genannten Ansprüchen der Klägerin steht nicht der Einwand der Verwirkung gem. § 242 BGB entgegen. Ein gewisser Zeitablauf vor Ausübung eines Rechts genügt für sich allein – anders als bei gesetzlichen Fristen – nicht, um die Rechtsfolgen der Verwirkung auszulösen. Es müssen zum sog. Zeitmoment vielmehr weitere Umstände hinzu kommen – sog. „Umstandsmoment“ -, die in einer Gesamtbeurteilung der Interessenlage die einschneidende Folge der Verwirkung gerechtfertigt bzw. im Interesse der Gegenpartei geboten erscheinen lassen (MünchKomm/Roth, BGB, 4. Auflage, § 242 Rn 301 m.w.N.). Der Verpflichtete muss sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und wegen dieses Vertrauenstatbestandes muss die verspätete Geltendmachung als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 242 Rn 95 m.w.N.). Dieser Maßstab gilt grundsätzlich auch für die Verwirkung von Ansprüchen wegen Patentverletzung (vgl. LG Düsseldorf, 4a O 294/04, Urteil vom 22.09.2005 – Drahtband; vgl. LG Düsseldorf 4a O 03/03, Urteil vom 18.12.2003 – Garnspulen-Abschirmer), wobei – auch wenn es kein „patentrechtliches Sonderrecht“ der Verwirkung gibt – im Patentverletzungsstreit eine restriktive Behandlung des Verwirkungseinwands geboten ist (BGH, GRUR 2001, 323 [327] – Temperaturwächter).

a)
Es bestehen vorliegend bereits erhebliche Bedenken gegen die Annahme einer Verwirklichung des sog. Zeitmoments. Dies gilt selbst dann, wenn man den – von der Klägerin bestrittenen – Beklagtenvortrag, wonach die Klägerin bereits seit dem Zeitraum 1997/98 Kenntnis einschließlich der patentrechtlichen Folgen davon gehabt habe, dass die Beklagte Anhänger entsprechend den angegriffenen Ausführungsformen über das Internet sowie mittels Prospektverteilung auf dem deutschen Markt vertrieb, als zutreffend unterstellt. Denn der Ablauf von ca. sieben Jahren bis zur erstmaligen Abmahnung im Jahre 2005 (Anlage B 6) ist – gerade unter Berücksichtigung der gebotenen restriktiven Handhabung im Patentverletzungsstreit – mit den zeitlichen Verhältnissen in der Entscheidung „Temperaturwächter“ (BGH, GRUR 2001, 323 [327]) keineswegs vergleichbar. In jenem Falle ging der Bundesgerichtshof von einem ganz ungewöhnlichen langen Zeitraum aus, da die Patentinhaberin insgesamt 14 Jahre bis zur Geltendmachung ihrer Ansprüche, darunter sogar noch sieben Jahre nach Ablauf der Schutzrechtsdauer, abwartete. Soweit die Beklagte vorliegend meint, der maßgebliche Zeitablauf betrage sogar neun Jahre, ist dem nicht zu folgen, weil sie nach der Abmahnung erst recht nicht mehr auf eine Nichtgeltendmachung der Ansprüche vertrauen durfte.

Nicht überzeugend ist der Verweis der Beklagten auf die Vorschrift des § 21 Markengesetz, wonach eine Verwirkung bereits nach Ablauf von fünf aufeinander folgenden Jahren nach Kenntnis einer Markenverletzung eintritt. Eine Übertragung dieses Rechtsgedankens auf das Patentrecht – insbesondere durch Analogieschluss – verbietet sich bereits aus grundsätzlichen Erwägungen. Zunächst ist bereits keine planwidrige Regelungslücke gegeben. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis, dass verwirkungsrelevante Sachverhalte auch auf dem Gebiet des Patentrechts auftreten können, von einer dem § 21 Markengesetz entsprechenden Regelung im Patentgesetz abgesehen, weil der Patentschutz im Gegensatz zur Marke, die grundsätzlich unbefristeten Schutz entfaltet, auf 20 Jahre begrenzt ist. Zudem sind Patentverletzungen in der Regel schwieriger festzustellen. Aus den zuletzt genannten Gründen fehlt es auch an der weiteren für einen Analogieschluss bestehenden Voraussetzung der Vergleichbarkeit von Normzweck und Interessenlage. Vor diesem Hintergrund taugt die Regelung des § 21 Markengesetz in patentrechtlichen Streitigkeiten – ungeachtet dessen, dass es ohnehin auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles ankommt – nicht einmal als grober Anhaltspunkt für die Ermittlung des verwirkungsrelevanten Zeitraums.

b)
Jedenfalls ist das – in einer Wechselwirkung zum Zeitmoment – stehende Umstandsmoment nicht erfüllt.

Hinsichtlich des Umstandsmoments ist nach der BGH-Rechtsprechung zwischen dem Unterlassungs- und dem Schadensersatzanspruch zu differenzieren:

a)
Für eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs wäre erforderlich, dass die Beklagte sich aufgrund eines durch die Klägerin geweckten Duldungsscheins einen wertvollen Besitzstand geschaffen hätte (vgl. BGH, GRUR 2001, 323 [325] – Temperaturwächter m.w.N.). Derartiges hat die Beklagte nicht in substantiierter Weise dargetan. Sie beschränkt sich hier im Wesentlichen auf den pauschalen Vortrag, sie habe sich darauf eingerichtet, dass die Klägerin keine Ansprüche wegen etwaiger Verletzung des Klagepatents geltend machen werde, und sich dementsprechend auf den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eingestellt. Soweit sie geltend macht, wirtschaftliche Investitionen in Alternativprodukte unterlassen zu haben, rechtfertigt dies hier nicht die Annahme eines „wertvollen Besitzstandes“. Dabei ist wiederum zu beachten, dass der Zeitablauf ab dem behaupteten Moment der erstmaligen Kenntniserlangung auf Seiten der Klägerin erheblich kürzer als im Fall „Temperaturwächter“ ist und es darüber hinaus an einigen weiteren Besonderheiten im Vergleich zu jenem Fall fehlt: Die dortige Klägerin hatte ein Exemplar des verletzenden Produktes seit vielen Jahren im Besitz. Die dortigen Parteien waren ferner am selben Ort ansässig und der Geschäftsführer der dortigen Klägerin war zuvor bei der dortigen Beklagten beschäftigt gewesen – hier aber fehlte es bis zur Abmahnung jedenfalls an einem direkten Kontakt zwischen den Parteien. Der Verletzungsgegenstand betraf im Fall „Temperaturwächter“ ein Produkt, mit welchem die dortige Klägerin den überwiegenden Teil ihres Umsatzes erzielte. All dies ist hier nicht dargetan.

b)
Hinsichtlich des Schadensersatzanspruches – und damit auch hinsichtlich des zugehörigen Hilfsanspruchs auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung – wäre nicht die Begründung eines schutzwürdigen Besitzstandes Voraussetzung, sondern es würde genügen, dass die Beklagte sich bei ihren wirtschaftlichen Dispositionen auf die Nichtgeltendmachung des Anspruchs einrichtete und dies aufgrund des Duldungsanscheins auch durfte (vgl. BGH, GRUR 2001, 323 [325]). Auch insoweit ist der Beklagtenvortrag sehr pauschal geblieben. Er erschöpft sich in der Wiedergabe dieser theoretischen Grundlage. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte auch geltend macht, Investitionen in Alternativprodukte unterlassen zu haben, hätte sie jedenfalls näher dartun müssen, wohin dasjenige Kapital, das durch die unterbliebene Entwicklung alternativer Produkte erspart wurde, geflossen ist.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, Satz 1, 1. Hs. ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 108 ZPO.