4b O 96/08 – Mindestlizenz

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1049

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. Dezember 2008, Az. 4b O 96/08

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung von Lizenzgebühren und Schadensersatz geltend. Die Parteien schlossen am 28.04.2005 bzw. 02.05.2005 einen „Gebrauchsmuster- bzw. Patent- und Know-How-Vertriebslizenzvertrag“ (Anlage K 3, im Folgenden: Lizenzvertrag), mit welchem der Kläger der Beklagten eine weltweite ausschließliche Lizenz zum Vertrieb von durch das Gebrauchsmuster DE 298 01 XXX sowie das europäische Patent EP 1 371 XXX geschützten Produkten einräumte. Die lizenzierten Schutzrechte betreffen eine verkleidete Raumdecke mit magnetisch gehaltenen Verkleidungselementen sowie eine Klimadecke mit PCM („phase changing material“). Diese Schutzrechte hatte die Beklagte durch eine „Gebrauchsmuster- bzw. Patentübertragungs-Vereinbarung“ vom 24.02.2005 (Anlage K 2) auf den Kläger übertragen. Hinsichtlich des Bezugs lizenzierter Produkte und der Zahlung von Lizenzgebühren vereinbarten die Parteien im Lizenzvertrag (Anlage K 3) wörtlich:

㤠3a Herstellung, Bezug
Die A (sc.: die Beklagte) ist zur Herstellung der Produkte lt. Patentanmeldung (s. § 1 Nr. 2 dieses Vertrages) nicht berechtigt und nicht verpflichtet, soweit zwischen den Parteien nicht eine gesonderte Vereinbarung geschlossen wird.

§ 6 Lizenzgebühren
1. Für die Gewährung der Lizenz […] zahlt die A an Herrn B (sc.: der Kläger) eine Lizenzgebühr von 5,00 EUR pro m2 Klimadecke mit PCM lt. Schutzrecht dieses Vertrages zuzüglich jeweiliger gesetzl. Mehrwertsteuer als Jahresabrechnung.
Die Zahlungsverpflichtung der Lizenzgebühr beginnt mit der schriftlich angezeigten Lieferbereitschaft der marktreifen Klimadecke mit PCM lt. § 1 Abs. 2 dieses Vertrages durch Herrn B.
Die Parteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass der Mindest-Marktbedarf für die geschützten Produkte im Vertragsgebiet wie folgt aussieht:
im ersten Jahr, Mindestabnahme 20.000 m2 Klimadecke mit PCM
im zweiten Jahr, Mindestabnahme 30.000 m2 Klimadecke mit PCM
im dritten Jahr, Mindestabnahme 40.000 m2 Klimadecke mit PCM
2. Bei Unterschreitung der Mindestabnahmemenge kann die A
a. die Mindestlizenzgebühr an Herrn B zahlen und damit die ausschließliche Lizenz aufrechterhalten
b. nach der tatsächlichen Absatzmenge abrechnen und damit die ausschließliche Lizenz aufgeben.
Die Entscheidung hierüber hat die A Herrn B jährlich, spätestens sechs Wochen nach Beginn des darauffolgenden Quartals schriftlich mitzuteilen.“

Mit Schreiben vom 06.06.2006 (Anlage K 4), der Beklagten am 15.06.2006 zugegangen, zeigte der Kläger der Beklagten die Lieferbereitschaft „der marktreifen Klimadecke mit PCM lt. § 1 Abs. 2“ an. Mit weiterem Schreiben vom 06.09.2006 (Anlage K 5) beanstandete der Kläger gegenüber der Beklagten, dass diese kein Interesse an der Vermarktung lizenzierter Produkte gezeigt habe, und erklärte wörtlich:

„Ich würde es daher begrüßen, wenn Sie Ihre ausschließliche Lizenz aufgeben und mir damit die Möglichkeit der freien Vermarktung eröffnen würden. […]
Sie haben damit die Möglichkeit gemäß § 6 Abs. 2 b. nach der tatsächlichen Absatzmenge abzurechnen und die ausschließlich Lizenz aufzugeben. Da Sie bisher nichts abgenommen haben, würden Ihnen auch keine Kosten entstehen.
Wenn Sie jedoch Ihre ausschließliche Lizenz aufrechterhalten wollen, erfolgt gemäß § 6 Abs. 1 a. eine Abrechnung nach den vertraglich vereinbarten Mindestlizenzgebühren. In diesem Falle wäre die ¼-jährliche Abrechnung zum 6. September 2006 fällig. Daher habe ich für diesen Fall die Rechnung Nr.: 0609011 diesem Schreiben beigelegt.“

Dies beantwortete die Beklagte, die bis dahin keine lizenzierten Produkte abgenommen hatte und auch später keine lizenzierten Produkte abnahm, mit Schreiben vom 13.09.2006 (Anlage K 6), welches dem Kläger am 15.09.2006 zuging:

„Insofern stimmen wir Ihrem Vorschlag zu, die ausschließliche Lizenz gem. Vertrag aufzugeben.
Die zukünftige Vermarktung dieses Klimadeckensystems und die daraus abzuleitenden Lizenzabgaben an Ihr Haus werden wir erfolgsabhängig zu den gültigen Vertragsbedingungen gem. § 6, Abs. 2, Punkt b vornehmen.“

Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 13.08.2007 (Anlage K 7), das der Beklagten am 14.08.2007 zuging, die außerordentliche Kündigung des Lizenzvertrages mit der Begründung, die Beklagte habe Produktinformationen über „die Klimadecke mit PCM“ aus ihren Internetseiten gelöscht und Interessenten mitgeteilt, solche Klimadecken gehörten nicht zu ihrem Lieferprogramm. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 23.08.2007 (Anlage K 8), in welchem sie eine Pflichtverletzung zurückwies, jedoch erklärte, die außerordentliche Kündigung des Lizenzvertrages zu akzeptieren.

Mit Anwaltsschreiben vom 16.10.2007 (Anlage K 10) forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 184.241,09 EUR bis spätestens zum 24.10.2007 auf.

Der Kläger meint, die Beklagte schulde sowohl für das erste Vertragsjahr (beginnend mit dem 15.06.2006) als auch für das zweite Vertragsjahr (beginnend mit dem 15.06.2007) jeweils anteilige Mindestlizenzgebühren: Im ersten Vertragsjahr bis zum 15.09.2006, also bis zu dem Zeitpunkt, als ihm das Schreiben der Beklagten vom 13.09.2006 (Anlage K 1) zuging, und im zweiten Vertragsjahr bis zum Zugang des Kündigungsschreibens, also bis zum 14.08.2007. Nach der Systematik des Vertrages hätte die Beklagte das Wahlrecht jährlich, also für jedes Jahr erneut, ausüben müssen, und zwar innerhalb von sechs Wochen nach Beginn des auf den Beginn des Vertragsjahres folgenden Quartals. Daher sei die Beklagte verpflichtet, die anteiligen Mindestlizenzgebühren für das erste und das zweite Vertragsjahr zu zahlen, die sich – der Höhe nach unstreitig – auf 25.793,45 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.076,71 EUR für das erste Vertragsjahr sowie auf 24.657,53 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.684,93 EUR für das zweite Vertragsjahr belaufen.

Ferner macht der Kläger geltend, er habe für den Rest des zweiten Vertragsjahres, also für die Zeit vom 15.08.2007 bis zum 14.08.2008, einen Anspruch auf Ersatz von Differenzschaden in Höhe von 125.342,47 EUR. Die von ihm erklärte außerordentliche Kündigung sei berechtigt gewesen. Die Beklagte habe Obstruktion gegen den Lizenzvertrag betrieben. Ein ersatzfähiger Differenzschaden sei ihm in Gestalt der nach der Kündigung nicht mehr von der Beklagten geschuldeten Mindestlizenzgebühren entstanden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 184.241,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von drei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Oktober 2007 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, sie schulde die Zahlung einer Mindestlizenz deshalb nicht, weil sie rechtzeitig und wirksam die ihr durch den Lizenzvertrag eingeräumte Option ausgeübt habe, die ausschließliche Lizenz aufzugeben und Lizenzgebühren nur gemäß den tatsächlich abgenommenen Mengen zu bezahlen. Diese Option habe sie frühestens nach Ablauf des ersten Verkaufsjahres ausüben müssen, was sie durch ihr Schreiben vom 13.09.2006 (Anlage K 6) getan habe. Ferner behauptet die Beklagte, die lizenzierten Schutzrechte seien dem Kläger zu dem Zweck übertragen worden, ihm gegenüber eventuelle erfinderische Ansprüche abzugelten. Der Kläger habe bei Abschluss des Lizenzvertrages beabsichtigt, über die Beklagte eine Vertriebsmöglichkeit zu erhalten, über die er selber nicht verfügt habe. Dabei habe er sich die Möglichkeit vorbehalten, jederzeit aus dem „Vermarktungsvertrag auszusteigen.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zahlung von Mindestlizenzgebühren nach dem Lizenzvertrag noch einen Anspruch auf Schadensersatz.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte aus dem Lizenzvertrag ebenso wenig Anspruch auf Zahlung einer Mindestlizenzgebühr in Höhe von 25.793,45 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.076,71 EUR für die Zeit vom 15.06.2006 bis zum 15.09.2006, wie auf Zahlung einer Mindestlizenzgebühr in Höhe von 24.657,53 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.684,93 EUR für die Zeit vom 15.06.2007 bis zum 14.08.2007.

1.

Gemäß § 6 Abs. 2 des Lizenzvertrages schuldet die Beklagte dem Kläger keine Mindestlizenz unter den Voraussetzungen, dass erstens der im Lizenzvertrag genannten Mindest-Marktbedarf nicht abgenommen wird, und sich zweitens die Beklagte entscheidet, die Lizenz nach der tatsächlichen Absatzmenge abzurechnen. Diese Entscheidung musste die Beklagte erstmals sechs Wochen nach Ablauf des ersten Vertragsjahres treffen. Der Wortlaut der vertraglichen Regelung ist in dieser Weise gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen.

Dabei ist darauf abzustellen, wie die vertragliche Regelung aus dem objektiven Empfängerhorizont des Klägers zu verstehen war. Maßgeblich ist, wie ein objektiver Dritter bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände die vom Erklärenden, also der Beklagten, gewählten Ausdrucksformen hätte verstehen können und müssen (für die Bestimmung des objektiven Empfängerhorizonts bei der Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen vgl. BGH NJW 2006, 286, 287; Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Edition 10, § 133 Rn. 27). Der Wortlaut „Die Entscheidung hierüber“ ist erkennbar rückbezogen auf die beiden in den Varianten a. und b. des Absatzes 2 geregelten Möglichkeiten, nämlich entweder eine Mindestlizenzgebühr zu zahlen, oder die tatsächliche Absatzmenge abzurechnen. Hieran schließt nach dem Wortlaut die Fristregelung an, nach der die Beklagte in Ausübung ihres Wahlrechts die Entscheidung „jährlich, nach spätestens sechs Wochen nach Beginn des darauffolgenden Quartals schriftlich mitzuteilen hat.“ Hierbei deutet schon der Begriff „jährlich“ darauf hin, dass die Beklagte ihr Wahlrecht erstmalig nach Ablauf des ersten Vertragsjahres und dann innerhalb der ersten sechs Wochen des ersten Quartals des zweiten Vertragsjahres auszuüben hat.

Für eine solche Auslegung spricht auch der aus Sicht des Klägers erkennbare Zweck der Einräumung eines Wahlrechts zugunsten der Beklagten: Sie soll in Kenntnis der tatsächlich abgenommenen Menge von Vertragsprodukten entscheiden können, ob diese Menge der übereinstimmend von den Parteien geschätzten Mindestabnahmemenge nahe kommt, und ob es für sie, die Beklagte, demnach wirtschaftlich sinnvoller ist, eine Mindestlizenz zu zahlen oder nach der tatsächlichen Menge abzurechnen. Diese Entscheidung kann die Beklagte sinnvoller Weise erst nach Abschluss des jeweiligen Vertragsjahres treffen. Erst zu diesem Zeitpunkt weiß sie, wie hoch die tatsächlich abgenommene Menge ist, ob sie hinter der erwarteten Absatzmenge zurückbleibt oder diese übersteigt, und welche Lizenzzahlungen sie dem Kläger demnach nach Abrechnung der tatsächlichen Menge schuldet. Die Ausübung des Wahlrechts bereits spätestens sechs Wochen nach Beginn des ersten Quartals des ersten Vertragsjahres ist demgegenüber für die Beklagte augenscheinlich wirtschaftlich sinnvoll nicht möglich. Sie müsste zu einem so frühen Zeitpunkt abschätzen können, in welchem Umfang sich das neue Produkt vertreiben lässt, und zwar über den noch verbleibenden Zeitraum eines ganzen Jahres. Auf einer derart unsicheren Wissensbasis kann, wie auch dem Kläger erkennbar ist, die Beklagte nicht entscheiden, ob sie sich mit der Zahlung der Mindestlizenz oder mit der Abrechnung nach der tatsächlich abgenommenen Menge wirtschaftlich besser stellt. Darauf, dass – worauf der Kläger sich in mündlicher Verhandlung berufen hat – der Beklagten die lizenzierten Schutzrechte bereits vor Abschluss des Lizenzvertrages bekannt waren, sie diese nämlich zunächst auf den Kläger übertragen hatte, um von diesem sodann eine Lizenz zu erwerben, kommt es nicht an. Dass die Beklagte die Schutzrechte kannte, lässt nicht den Schluss zu, dass sie ein auf Grundlage der Schutzrechte noch zu entwickelndes Produkt kannte oder auch nur hätte antizipieren können. Unstreitig war es Aufgabe des Klägers, ein Produkt, dass die Beklagte vertreiben sollte, bis zur Marktreife zu entwickeln und dann von Dritten herstellen zu lassen. Das marktreife Produkt selber war der Beklagten also jedenfalls bis zur Anzeige der Lieferbereitschaft durch den Kläger unbekannt, ebenso die Möglichkeiten eines Absatzerfolges.

Auf das klägerische Vorbringen, die Beklagte habe den Vertragstext, jedenfalls aber die Regelung zur Zahlung der Lizenzgebühren nach § 6 des Lizenzvertrages „diktiert“, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger hat den Vertragstext, gleichviel ob von ihm oder von der Beklagten entworfen oder ob gar von der Beklagten diktiert, aus freien Stücken und in voller Kenntnis des gesamten Vertragswerks unterschrieben. Er hat nicht dargetan, sich gegenüber der Beklagten in einer Zwangslage befunden zu haben, oder von der Beklagten getäuscht oder auch nur überrumpelt worden zu sein. Aus diesem Grunde kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er – wie in mündlicher Verhandlung vorgebracht – den Regelungsgehalt des § 6 des Lizenzvertrages übersehen habe.

Dafür, dass die lizenzvertragliche Regelung auch aus Sicht des Klägers in der dargestellten Weise zu verstehen war, spricht ferner, dass der Kläger selber sich in vorgerichtlicher anwaltlicher Korrespondenz auf den Standpunkt stellte, das Wahlrecht der Beklagten müsse diese jeweils nach Ablauf des Vertragsjahres ausüben, dasjenige für das erste Vertragsjahr mithin zu Beginn des zweiten Vertragsjahres. In dem an die Beklagte gerichteten Anwaltsschreiben vom 25.09.2007 (Anlage K 9) des Klägers heißt es:

„Das erste Lieferjahr ging vom 15. Juni 2006 bis zum 14. Juni 2007. Das im Vertrag genannte „darauf folgende Quartal“ begann somit am 01. Juli 2007. Damit hätten Sie spätestens bis zum 15. August 2007 mitteilen müssen, dass Sie nicht an der ausschließlichen Lizenz festhalten wollen, sondern nach tatsächlicher Absatzmenge abrechnen.“

Mit dieser Begründung hat der Kläger, wie sich aus dem Zusammenhang des genannten Schreibens ergibt, die anteilige Mindestlizenzgebühr für das erste Lieferjahr geltend gemacht, nicht etwa die für das zweite Lieferjahr.

Dieser Auslegung steht auch nicht die Regelung des § 6 Abs. 4 des Lizenzvertrages entgegen, wonach die (Mindest-)Lizenzgebühren vierteljährlich abzurechnen sind. Diese Regelung ist auch dann sinnvoll, wenn es der Beklagten vorbehalten bleibt, erst nach Ablauf eines jeden Vertragsjahres ihr Wahlrecht auszuüben. Für den Fall, dass der Absatz hinter den vereinbarten Mindestmengen zurückblieb, musste die Beklagte die tatsächlich abgesetzten Mengen abrechnen, womöglich gar den völlig unterbliebenen Absatz als „Nullmengen“. Nach Ablauf eines Vertragsjahres und unterbliebener Ausübung des Wahlrechtes wäre dann ihre Verpflichtung entstanden, ungeachtet der abgerechneten Mengen die Differenz zwischen bereits gezahlten Lizenzgebühren und den Mindestlizenzgebühren für das betreffende Vertragsjahr an den Kläger zu zahlen.

Das Wahlrecht war durch die Beklagte mithin spätestens innerhalb der ersten sechs Wochen des zweiten Vertragsjahres auszuüben. Das erste Vertragsjahr begann aufgrund der Regelung in § 6 Abs. 1. des Lizenzvertrages mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Klägers zur Lieferbereitschaft. Das entsprechende Schreiben des Klägers vom 06.06.2006 (Anlage K 4) ging der Beklagten unstreitig am 15.06.2006 zu, so dass das erste Vertragsjahr vom 15.06.2006 bis zum 14.06.2007 lief, die Beklagte ihr Wahlrecht mithin bis spätestens zum 27.07.2007 ausüben musste. Tatsächlich ausgeübt hat sie ihr Wahlrecht jedoch bereits mit ihrem Schreiben vom 13.09.2006 (Anlage K 6), in welchem sie erklärte, die ausschließliche Lizenz nach dem Lizenzvertrag aufgeben und zukünftig die Lizenzgebühren gemäß der tatsächlich abgenommenen Menge abrechnen zu wollen. Dieses Schreiben der Beklagten ging dem Kläger unstreitig am 15.09.2006 zu. Damit schuldet die Beklagte, die unstreitig keine lizenzierten Produkte abnahm, für das erste Vertragsjahr keine Lizenzgebühren. Sie hat sich wirksam entschieden, nur für tatsächlich abgenommene Lieferungen Lizenzgebühren entrichten zu wollen.

2.

Auch für das zweite, vom 15.06.2007 bis zum 14.06.2008 laufende Vertragsjahr hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren. Mit ihrem Schreiben vom 13.09.2006 (Anlage K 6) hat die Beklagte auch für das zweite und die weiteren Vertragsjahre ihr Wahlrecht wirksam in der Weise ausgeübt, Lizenzen nur für die tatsächliche Absatzmenge zu entrichten und dafür die ausschließliche Lizenz aufzugeben. Die vertragliche Regelung in § 6 Abs. 2 des Lizenzvertrages ist, wiederum unter Beachtung des Verständnisses aus dem objektiven Empfängerhorizont des Klägers gemäß den oben dargelegten Grundsätzen, dahin auszulegen, dass die einmal getroffenen Entscheidung der Beklagten für alle zukünftigen Vertragsjahre wirkt. Dies ist bereits dem Wortlaut zu entnehmen, nach welchem die Beklagte „nach der tatsächlichen Absatzmenge abrechnen und damit die ausschließliche Lizenz aufgeben“ kann. Die ausschließlich Lizenz aufzugeben bedeutet, wie auch der Kläger erkennen konnte, auf die Inanspruchnahme einer ausschließlichen Lizenz endgültig zu verzichten, nicht nur für die Dauer eines Vertragsjahres.

Hinzu kommt der auch aus Sicht des Klägers zu berücksichtigende Umstand, dass die Beklagte sich wirtschaftlich nicht darauf einlassen kann, für ein Jahr oder gar mehrere Jahre keine ausschließliche Lizenz inne zu haben, in einem darauffolgenden Jahr aber wiederum zur Zahlung von Mindestlizenzsätzen verpflichtet zu sein. Die Vergabe weiterer Vertriebslizenzen an andere Lizenznehmer und die damit einhergehende Sättigung des Vertriebsweges kann die wirtschaftliche Bedeutung der Vertriebslizenz für die Beklagte so sehr schmälern, dass die Zahlung einer Mindestlizenz für die Beklagte nicht mehr sinnvoll ist, wenn sie auch nur in einem Jahr nicht ausschließliche Lizenznehmerin war. Dass nach der vertraglichen Regelung die Entscheidung der Beklagten „jährlich“ zu treffen ist, steht dem nicht entgegen: Das Wahlrecht ist so lange in jedem Jahr erneut auszuüben, bis sich die Beklagte einmal entscheidet, nach der tatsächlichen Abnahmemenge abzurechnen und die ausschließliche Lizenz endgültig aufzugeben.

Aber auch im Hinblick auf die (wirtschaftlichen) Belange des Klägers ist die Klausel in der dargestellten Weise auszulegen. Hätte für die Beklagte die Möglichkeit bestanden, sich in jedem Vertragsjahr zwischen ausschließlicher und nicht ausschließlicher Lizenz zu entscheiden und womöglich zu der einmal aufgegebenen ausschließlichen Lizenz wieder zurückzukehren, hätte der Kläger, was er in mündlicher Verhandlung selber ausgeführt hat, trotz der einmal erklärten Aufgabe der ausschließlichen Lizenz durch die Beklagte keine Möglichkeit gehabt, einen anderen Lizenznehmer zu finden. Zum einen wäre eine über höchstens ein Jahr laufende Lizenz für einen anderen Lizenznehmer nicht von Interesse gewesen. Zum anderen hätte sich der Kläger dem Risiko ausgesetzt, vertragsbrüchig zu werden, wenn er eine mehr als einjährige Lizenz an einen Dritten erteilt und die Beklagte sodann erklärt hätte, doch wieder zur ausschließlichen Lizenz zurückkehren zu wollen.

Selbst wenn die vertragliche Regelung in anderer Weise auszulegen sein sollte, hätte die Beklagte gleichwohl mit ihrem Schreiben vom 13.09.2006 ihr Wahlrecht auch mit Wirkung in die Zukunft, also für alle weiteren Vertragsjahre ausgeübt. Die Beklagte hat in diesem Schreiben erklärt, die zukünftige Vermarktung erfolgsabhängig, also nach Abrechnung der tatsächlichen Abnahmemenge vornehmen zu wollen. Sie nahm dabei ausdrücklich auf die Variante „b.“ nach § 6 Abs. 2 des Lizenzvertrages Bezug. Auch erklärte sie, dass sie keine ausreichenden Ressourcen und Kapazitäten zur sachgerechten Vermarktung der lizenzierten Produkte habe. Hinzu kommt, dass die Beklagte mit diesem Schreiben auf dasjenige des Klägers vom 06.09.2006 (Anlage K 5) antwortete, in welchem der Kläger ausdrücklich darum bat, die Beklagte möge ihm die Möglichkeit der freien Vermarktung eröffnen. Dies war wiederum aus dem objektiven Empfängerhorizont der Beklagten in der Weise zu verstehen, dass der Kläger endgültig wünschte, mit anderen Lizenznehmern neben der Beklagten kontrahieren zu können. Demnach war aus Sicht des Klägers die Antwort der Beklagten in der Weise zu verstehen, dass diese seiner Bitte nachkam und ihm endgültig gestattete, Lizenzen anderweitig vergeben zu können, ohne an eine ausschließlich Lizenzierung an die Beklagte gebunden zu sein. Im Gegenzug erklärte die Beklagte, endgültig nur noch nach den tatsächlichen Abnahmemengen ihre Lizenzgebühren abrechnen zu wollen.

Mangels tatsächlich abgenommener lizenzierter Produkte schuldet die Beklagte daher auch für das zweite Vertragsjahr keine Lizenzgebühr.

3.

Es kann daher im Ergebnis dahinstehen, ob, wie die Beklagte unter Beweisantritt behauptet, der Kläger sich mit Abschluss des Lizenzvertrages lediglich eine Vertriebsmöglichkeit eröffnen wollte, die er jederzeit wieder aufzugeben sich vorbehielt. Ebenso ist es im Ergebnis unbeachtlich, dass die Nennung der Mindestmengen in § 6 Abs. 2 des Lizenzvertrages nicht nur Ausdruck einer unverbindlichen übereinstimmenden Absatzerwartung der Parteien gewesen sein, sondern vielmehr eine verbindliche Pflicht der Beklagten zur Mindestabnahme begründet haben dürfte. Jedenfalls war der Beklagten in der genannten Weise die Möglichkeit eröffnet, sich für die Abrechnung allein der tatsächlich abgenommenen Menge und die Aufgabe der ausschließlichen Lizenz zu entscheiden.

II.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß §§ 280, 281 BGB auf den Ersatz des Schadens, den er im Hinblick auf die von ihm erklärte außerordentliche Kündigung des Lizenzvertrages geltend macht.

Ob die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten in einer Weise verletzte, welche den Kläger zur Geltendmachung von Schadensersatz berechtigte, kann dabei dahinstehen, wenngleich allerdings die Verletzung einer lizenzvertraglichen Ausübungspflicht, die dem Lizenznehmer obliegen kann, insoweit in Betracht kommen könnte.

Indes fehlt es jedenfalls an einer Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung für den vom Kläger geltend gemachten Schaden. Der Kläger macht den Schaden geltend, der ihm aus der außerordentlichen Kündigung entstanden sein soll. Zur außerordentlichen Kündigung war er jedoch nicht berechtigt. Der Kläger hätte die Beklagte gemäß § 314 Abs. 2 BGB vor einer Kündigung abmahnen müssen. Der Kläger stützte die Kündigung auf eine angebliche Vertragspflichtverletzung. Dies setzt eine vorhergehende Abmahnung voraus, es sei denn (§ 314 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB) die Beklagte hätte ein pflichtgemäßes Verhalten ernsthaft und endgültig verweigert oder es lägen besondere Umstände vor, welche die sofortige Kündigung rechtfertigen würden. Beides ist nicht ersichtlich. Die Beklagte konnte auf die vom Kläger erhobenen Vorwürfe nicht reagieren, da dieser – soweit ersichtlich – vor seinem Kündigungsschreiben vom 13.08.2007 (Anlage K 7) die Beklagte in keiner Weise zur Einhaltung einer angeblich pflichtgemäßen Entfaltung von Vertriebsaktivitäten gemahnt hatte. In seinem Schreiben vom 06.09.2006 (Anlage K 5) hatte der Kläger fehlende Vertriebsaktivitäten lediglich festgestellt, insofern aber keine Abhilfe verlangt. Es wäre daher erforderlich gewesen, zunächst von der Beklagten das aus Sicht des Klägers pflichtgemäße Verhalten einzufordern. Dies wäre auch nicht aufgrund besonderer Umstände entbehrlich gewesen: Die Beklagte hätte das vom Kläger erwartete und erstmals im Kündigungsschreiben geforderte Verhalten an den Tag legen können.

Darauf, dass die Beklagte im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung geltend macht, sie sei zum Vertrieb lizenzierter Produkte nicht vertraglich verpflichtet gewesen, kommt es nicht an. Solch ein nachträgliches Verhalten lässt entgegen der vom Kläger in mündlicher Verhandlung vertretenen Auffassung nicht im Nachhinein das Erfordernis einer Abmahnung entfallen. Die Abmahnung ist nur dann entbehrlich gemäß §§ 314 Abs. 2 Satz 2, 323 Abs. 2 BGB, wenn die andere Vertragspartei im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft und endgültig ablehnt, sich vertragstreu zu verhalten, und wenn dies als das letzte Wort dieser Partei aufzufassen ist (MünchKomm z. BGB / Gaier, 5. Aufl., § 314 Rn. 17; Palandt / Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 323 Rn. 18).

Die außerordentliche Kündigung ist auch nicht gewissermaßen nachträglich dadurch wirksam geworden, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 23.08.2007 (Anlage K 8) erklärte, die außerordentliche Kündigung zu akzeptieren. Mit dieser Erklärung, verbunden mit dem Vorbehalt, die Verletzung vertraglicher Pflichten nicht einzugestehen, wollte sich die Beklagte lediglich im Einvernehmen mit dem Kläger vom Lizenzvertrag lösen. Der Lizenzvertrag wurde auf diese Weise durch Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung beendet.

Schließlich fehlt es auch an einem ersatzfähigen Schaden: Wie oben ausgeführt hatte die Beklagte mit Schreiben vom 13.09.2006 (Anlage K 6) ihr Wahlrecht wirksam dahin ausgeübt, Lizenzen nur nach Abrechnung der tatsächlichen Abnahmemenge zu zahlen. Eine etwaige berechtige Kündigung durch den Kläger hätte ihn damit nicht um den Anspruch auf Zahlung von Mindestlizenzen gebracht. Die Zahlung von Mindestlizenzen schuldete die Beklagte aus den dargelegten Gründen nicht.

Dass der Kläger andere Verwertungsmöglichkeiten gehabt hätte, auf die er im Hinblick auf den Lizenzvertrag mit der Beklagten verzichtet habe, hat diese bestritten und ist vom Kläger nicht konkret dargelegt und unter Beweis gestellt worden.

III.

Mangels bestehender Hauptforderung hat der Kläger auch keine Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen.

IV.

Der – nicht nachgelassene – klägerische Schriftsatz vom 01.12.2008 gab gemäß § 156 Abs. 1 ZPO keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 108 ZPO.