4b O 150/06 – Sohlen zur Reflexzonentherapie

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 774

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 31. August 2006, Az. 4b O 150/06

1. Die einstweilige Verfügung vom 02.06.2006 wird aufrechterhalten.

2. Die Antragsgegnerinnen tragen die weiteren Kosten des Verfahrens.

T a t b e s t a n d :

Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 0 917 xxx (Verfügungspatent). Das Verfügungspatent, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist und zu dessen Schutzstaaten die Bundesrepublik Deutschland gehört, ist am 21.11.1997 angemeldet worden. Die Erteilung des Verfügungspatents ist am 15.05.2002 bekanntgemacht worden.

Die Antragstellerin hat nach ihrem eigenen Vorbringen mit der Medreflex GmbH für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland den aus Anlage EVK11 ersichtlichen Lizenzvertrag geschlossen; der Vertrag sieht vor, dass die Lizenznehmerin zum Bezug von Einlegesohlen von der Antragstellerin verpflichtet ist.

Das Verfügungspatent, das eine Einlegesohle zur Reflexzonentherapie betrifft, steht in Kraft.

Der in diesem Rechtsstreit interessierende Patentanspruch 1 lautet:

Zur Verdeutlichung ist nachfolgend die aus Fig. 1 des Verfügungspatents ersichtliche Gestaltung einer bevorzugten Ausführungsform wiedergegeben.

Die Antragsgegnerinnen haben gegen das Verfügungspatent Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht erhoben, über die bisher noch nicht entschieden ist.

Gestützt auf das Verfügungspatent wendet sich die Antragstellerin gegen eine von den Antragsgegnerinnen angebotene und vertriebene Einlegesohle, von der sie ein Musterstück als Anlage EVK 5 zur Akte gereicht hat. Die Antragstellerin hat ferner Lichtbilder als Anlage EVK 11 (Bl. 39/40 d.A.) vorgelegt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Verfügungspatents Gebrauch. Dieses werde sich im Rechtsbehelfsverfahren auch als rechtsbeständig erweisen.

Auf Antrag der Antragstellerin hat die Kammer den Antragsgegnerinnen nach schriftlicher Anhörung im Wege der einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 02.06.2006 bei Meidung der näher bezeichneten gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,

Sohlen zur Reflexzonentherapie, die elastische Wölbungen im Bereich der Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte einer Fußsohle umfassen, mit einer ersten, weichen, unteren Schicht aus nicht allergenem Gummimaterial und einer zweiten, dünnen, oberen Schicht aus berührungsweichem Material, die für den Kontakt mit der Fußsohle geeignet ist,

in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu diesen Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

soweit die erste und die zweite Schicht übereinander liegen und im wesentlichen im Bereich der Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte auf der Fußsohle miteinander mehrere Alveolen bilden, die mit einzelnen elastischen Partikeln von meist unregelmäßiger Form aus nicht allergenem Gummi füllbar und/oder gefüllt sind, um die elastischen Wölbungen zu bilden, deren Form, Dicke und Elastizität zur korrekten Reflexzonenreizung der genannten Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte der Fußsohle vorgegeben sind.

Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung ist von einer Sicherheitsleistung der Antragstellerin in Höhe von 200.000,00 € abhängig gemacht worden.

Gegen die einstweilige Verfügung haben die Antragsgegnerinnen Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr,

die einstweilige Verfügung vom 02.06.2006 aufrechtzuerhalten.

Die Antragsgegnerinnen beantragen sinngemäß,

die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben;
hilfsweise, die Sicherheitsleistung auf mindestens 400.000.– € festzusetzen.

Die Antragsgegnerinnen bestreiten den Vorwurf der Patentverletzung, da die angegriffene Ausführungsform im Auslieferungszustand nicht über eine Füllung und damit auch nicht über Wölbungen verfüge. Die untere Schicht bestehe nicht aus Gummi, da sie aus Kautschuk hergestellt sei. Es fehle auch an einem Verfügungsgrund, da der Testkäufer der Antragstellerin die Einlage ausweislich der Rechnung bereits am 27.02.2006 erworben habe. Zudem werde sich das Verfügungspatent als nicht rechtsbeständig erweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die einstweilige Verfügung war aufrechtzuerhalten, da bei Schluss der mündlichen Verhandlung weiterhin glaubhaft ist, dass der Antragstellerin die geltend gemachten Ansprüche gegen die Antragsgegnerinnen zustehen.

Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnerinnen gemäß § 139 Abs.1 PatG die Unterlassung des Angebots und des Inverkehrbringens der angegriffenen Ausführungsform sowie des Einführens und Besitzens zu diesen Zwecken verlangen.

I.

Die Antragstellerin ist aktivlegitimiert. Sie hat glaubhaft gemacht, dass ihr ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Unterlassung durch die Antragsgegnerinnen zur Seite steht, da der in Kopie vorgelegte Lizenzvertrag mit der A GmbH eine Bezugsverpflichtung enthält und somit ihre Umsätze von den durch das Verhalten der Antragsgegnerinnen gefährdeten Umsätzen der Lizenznehmerin abhängig sind.

Soweit die Antragsgegnerinnen bestreiten, dass der Lizenzvertrag überhaupt Produkte nach dem Verfügungspatent betrifft, ist dies unerheblich, da die Antragstellerin in dem Falle als eingetragene Patentinhaberin ohne weiteres aktivlegitimiert wäre.

II.

Das Verfügungspatent betrifft eine Einlegesohle zur Reflexzonentherapie.

Das Verfügungspatent erwähnt als Stand der Technik die DE 35 08 582 und führt dazu aus, bei dieser seien auf einer Fußsohle separate Formteile befestigt und ferner eine Decksohle aus dünnem Gummimaterial vorgesehen (Anl. EVK1, Abs. [0007]).

Ausgehend von dem dargestellten Stand der Technik bezeichnet das Verfügungspatent als technisches Problem, dessen Lösung die Erfindung dienen soll, eine Sohle zur Reflexzonentherapie mit hohem Tragekomfort bereitzustellen, die eine verbesserte und über lange Zeiträume gleichbleibende Stimulierung ermöglicht (Anl. EVK1, Abs. [0008]).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

a) Sohle (1) zur Reflexzonentherapie,

b) die elastische Wölbungen im Bereich der Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte einer Fußsohle umfasst,

c) mit einer ersten, weichen, unteren Schicht (2) aus nicht allergenem Gummimaterial,

d) und einer zweiten, dünnen, oberen Schicht (3) aus berührungsweichem Material, die für den Kontakt mit der Fußsohle geeignet ist,

e) die erste (2) und die zweite Schicht (3) liegen übereinander,

f) sie bilden im wesentlichen im Bereich der Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte auf der Fußsohle miteinander mehrere Alveolen (6),

g) die Alveolen (6) sind mit einzelnen elastischen Partikeln (8) von meist unregelmäßiger Form aus nicht allergenem Gummi füllbar, um die elastischen Wölbungen zu bilden,

h) die Form, Dicke und Elastizität der Wölbungen sind zur korrekten Reflexzonenreizung der genannten Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte der Fußsohle vorgegeben.

III.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch. Die von der Antragsgegnerin zu 1) vertriebene streitgegenständliche Einlegesohle verwirklicht sämtliche Merkmale gemäß der vorstehende Merkmalsgliederung, insbesondere auch die von den Antragsgegnerinnen in Abrede gestellten Merkmale a), b), c), g) und h).

1.
Die angegriffene Ausführungsform ist eine Sohle zur Fußreflexzonentherapie gemäß Merkmal a). Dieses Merkmal enthält eine bloße Zweck-, Wirkungs- bzw. Funktionsangabe, die lediglich dem besseren Verständnis der Erfindung, namentlich der Darstellung ihres Anwendungsbereiches, dient und mit diesem Inhalt den aus dem Sachanspruch folgenden Schutz nicht verkürzt (vgl. BGH, GRUR 1991, 436 [441] – Befestigungsvorrichtung II). Etwas anderes würde ausnahmsweise nur dann gelten, wenn der Durchschnittsfachmann mit der Zweckangabe eine bestimmte räumlich-körperliche Ausgestaltung der beanspruchten Vorrichtung verbinden würde, die in den sonstigen Sachmerkmalen des Patentanspruchs 1 keinen Niederschlag gefunden hat.

Dies haben die Antragsgegnerinnen nicht dargelegt und ist auch im Übrigen nicht erkennbar. Die konstruktiven Einzelheiten, die der Fachmann mit der in den Anspruch aufgenommenen Wirkungsangabe „zur Reflexzonentherapie“ im Hinblick auf die Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses verbindet, ergeben sich vollständig und abschließend aus den übrigen Merkmalen des Patentsanspruchs.

Dass – wie die Antragsgegnerinnen vortragen – möglicherweise beim Zeugen Geiger eine andere Therapieform in Aussicht genommen worden war, ist unsubstantiiert und schließt im übrigen nicht einmal die Verwendbarkeit zur Reflexzonentherapie aus.

Soweit die Antragsgegnerinnen auf die fehlende Befüllung abstellen, wird darauf noch im Rahmen des Merkmals g) einzugehen sein; auch insoweit gilt in Bezug auf Merkmal a) das Vorgesagte zur Funktionsangabe.

2.
Die angegriffene Sohle der Antragsgegnerinnen umfasst elastische Wölbungen im Bereich der Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte einer Fußsohle gemäß Merkmal b). Dem steht nicht entgegen, dass die Sohlen ohne Befüllung ausgeliefert werden.

Dass die Einlegesohle elastische Wölbungen „umfasst“, bedeutet vorliegend nicht, dass diese solche Wölbungen aufweist, sie also bereits vorhanden sind. Der Fachmann erkennt, dass sich die technische Lehre des Merkmals b) auf die grundsätzliche Möglichkeit der Anwesenheit von elastischen Wölbungen beschränkt. Er entnimmt dies dem Umstand, dass Merkmal b) zum Oberbegriff der technischen Lehre gehört und die grundsätzliche Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Erzeugnisses einführend charakterisiert. Aus dem weiteren Anspruchsinhalt wird ihm klar, dass die nähere konstruktive Verwirklichung der Wölbungen von Merkmal g) gelehrt wird. Wie dort noch auszuführen sein wird, kommt es nur darauf an, ob die Sohlen befüllbar sind und in befülltem Zustand über elastische Wölbungen verfügen; in dem Sinne zieht er den Rückschluss vom spezielleren Merkmal g) auf das allgemeinere Merkmal b) und gelangt zu dem vorstehend dargestellten Verständnis.

3.
Die angegriffene Ausführungsform verfügt über eine erste, weiche, untere Schicht aus nicht allergenem Gummimaterial [Merkmal c)]. Dies ist auch bei einer aus Kautschuk bestehenden Sohle der Fall.

Auch Kautschuk ist ein Gummimaterial – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen verlangt das Verfügungspatent nicht Gummi, sondern ein Gummimaterial – im Sinne der technischen Lehre des Verfügungspatents. „Gummi“ ist zwar einerseits die Bezeichnung für vulkanisierte Kautschukmischungen, andererseits aber auch allgemeiner für elastische Werkstoffe (vgl. Brockhaus Naturwissenschaft und Technik, Band 2, Eintrag „Gummi“). In dem Sinne versteht der Fachmann unter einem Gummimaterial nach dem Wortlaut des Merkmals nicht lediglich Gummis im engeren Sinne, sondern Materialien mit Gummieigenschaften. Da Kautschuk die Bezeichnung für „unvernetzte, aber vernetzbare (vulkanisierbare) Polymere mit gummielastischen Eigenschaften“ ist (vgl. Römpp, 9. Aufl. 1990, Band 3, Eintrag „Kautschuk“), sieht der Fachmann Kautschuk im Hinblick auf die Eigenschaften und die Verwendungsbestimmung bei der Erfindung ohne weiteres als Gummimaterial im Sinne des Klagepatents an. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu der Beschreibung des Verfügungspatents, die lediglich bevorzugte Materialien nennt (Anl. EVK1, Abs. [0014]).

4.
Die Alveolen der angegriffenen Ausführungsform sind gemäß Merkmal g) mit einzelnen elastischen Partikeln von meist unregelmäßiger Form aus nicht allergenem Gummi füllbar, um die elastischen Wölbungen zu bilden.

Für die Verwirklichung dieses Merkmals ist es, wie bereits unter III. 2. angedeutet, unmaßgeblich, ob eine Befüllung vorhanden ist oder diese – wie die Antragsgegnerinnen meinen – ersatzlos fehlt. Der Anspruchswortlaut verlangt (lediglich), dass die von der ersten und zweiten Schicht gebildeten Alveolen füllbar sind, und zwar in einer Weise, dass sich dadurch die zur Reflexzonentherapie erforderlichen elastischen Wölbungen bilden. Die Beschreibung teilt dem Fachmann in dem Zusammenhang mit, dass die Füllung der Alveolen auf der Grundlage therapeutischer, patientenbezogener Vorgaben durchgeführt wird (Anl. EVK1, Abs. [0024]) und diese solange leer bleiben, bis sie auf der Grundlage medizinischer Anweisungen mit einer passenden Menge von elastischen Partikeln befüllt werden (Anl. EVK1, Abs. [0026]). Der Fachmann entnimmt dem, dass die Befüllung nicht notwendig bei der Herstellung der Sohle erfolgt und vorzugsweise gerade unabhängig davon durch einen Dritten durchgeführt wird.

Die Füllbarkeit wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Sohle komplett zugenäht angeboten und vertrieben wird (58 d. A.). Die Schichten der Sohle, insbesondere die untere Schicht, können durchstoßen und wieder verschlossen werden; auf diese Weise kann Füllmaterial in den Zwischenraum (Alveolen) eingebracht werden. In der Beschreibung des Verfügungspatents erwähnte Öffnungen 9 sind nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1 oder eines Unteranspruchs und nicht notwendigerweise erforderlich, sondern stellen nur eine bevorzugte Ausführungsform dar. Insofern führt auch der in der mündlichen Verhandlung erfolgte und durch die überreichte eidesstattliche Versicherung des Dr. Dreisilker glaubhaft gemachte Tatsachenvortrag der Antragsgegnerinnen zu keiner anderen Beurteilung, denn das Herbeiführen einer Öffnung durch Aufschneiden der Sohle mittels eines Skalpells und das Verkleben der Öffnung nach dem Befüllen mit Flüssigkleber widerspricht nicht der technischen Lehre des Verfügungspatents.

Auch müssen die elastischen Wölbungen im Auslieferungszustand noch nicht vorhanden sein; wie ausgeführt, genügt die Füllbarkeit der Alveolen, die gerade der Bildung der elastischen Wölbungen dient.

Ebensowenig fehlt es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen an schlüssigem Vortrag zu „einzelnen elastischen Partikeln von meist unregelmäßiger Form aus nicht allergenem Gummi“, da nichts dafür ersichtlich, dass die Möglichkeit der Befüllung gerade mit diesen speziellen Stoffen ausgeschlossen ist. Merkmal g) verlangt, dass die Sohle so ausgestaltet sein muss, dass sie unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel (die Beschreibung erwähnt diesbezüglich in Sp. 2, Z. 55-57 eine Kanüle oder ein analoges Instrument) mit den im Merkmal vorgesehenen Partikeln befüllt werden kann. Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform mittels einer Spritze, wie von der Antragstellerin vorgetragen, oder auf die in der eidesstattlichen Versicherung des Dr. Dreisilker beschriebene Weise der Fall.

Der vorstehenden Auslegung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass diese vorbekannten Stand der Technik, insbesondere die DE 36 27 538 (Anl. AG2 / B2.K3.D1 in EVK10), erfasse. Die DE 36 27 538 sieht zwar auch vor, dass eine Füllung zwischen die beiden Sohlenlagen eingebracht werden kann. Dazu ist aber ein gleichmäßiges Raster vorgesehen, das nichts zur Reizung bestimmter Zeptoren lehrt, sondern dem Anwender freie Wahl der zu füllenden Kammern lässt, ohne die für die Therapie maßgeblichen Bereiche abzubilden.

5.
Gemäß Merkmal h) sind bei der angegriffenen Ausführungsform Form, Dicke und Elastizität der Wölbungen zur korrekten Reflexzonenreizung der genannten Proprio- und Barozeptoren sowie der Reflexzonenpunkte der Fußsohle vorgegeben.

Der Auffassung der Antragsgegnerinnen, Merkmal h) sei nicht verwirklicht, da jegliche Wölbung fehle, jedenfalls aber in Form, Dicke und Elastizität durch Reflexzonentherapie vorgegebene Wölbungen (58 d. A.), geht fehl. Eines Vorliegens von Wölbungen im Auslieferungszustand bedarf es nicht, vielmehr muss deren räumliche Ausgestaltung nach dem Anspruchswortlaut nur vorgegeben sein, und zwar zur korrekten Reflexzonenreizung. Der Fachmann erfährt aus der Beschreibung des Verfügungspatents, dass Form, Dicke und Elastizität jeder Wölbung im voraus festgelegt wird, die tatsächliche Befüllung dann aber patientenbezogen auf der Grundlage therapeutischer Vorgaben durchgeführt wird (Anl. EVK1, Abs. [0024]). Um „vorgegeben“ zu sein genügt es mithin, dass die Einlegesohle durch die beiden patentgemäßen Schichten und die dazwischen gebildeten Alveolen eine räumliche Begrenzung der Wölbungen bewirkt, die deren Form, Dicke und Elastizität bestimmt. Die Beschreibung teilt dem Fachmann ausdrücklich mit, dass die Alveolen bevorzugt zunächst leer bleiben, um dann auf Grundlage medizinischer Weisungen mit einer geeigneten Menge an Partikeln gefüllt zu werden (Anl. EVK1, Abs. [0026]). Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben.

IV.

Der Rechtsbestand des Verfügungspatents erscheint so gesichert, dass in einem Hauptklageverfahren eine Aussetzung wegen eines anhängigen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens nicht in Betracht käme (vgl. OLG Düsseldorf, Mitt. 1996, 87, 88 – Captopril). Das Verfügungspatent wird sich darüber hinaus mit großer Wahrscheinlichkeit in dem anhängigen Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen.

Die DE 36 27 538 (Anl. AG2 / B2.K3.D1 in EVK10) war bereits Gegenstand des Erteilungsverfahrens und nimmt die Erfindung des Verfügungspatents nicht neuheitsschädlich vorweg. Die Entgegenhaltung lehrt nichts zur Reizung bestimmter Zeptoren, sondern rastert das Fußbett und lässt eine vollkommen freie Wahl der zu füllenden Kammern ohne nähere Eingrenzung auf die für maßgeblich erachteten Zonen. Darüber hinaus weist das Verfügungspatent entgegen der technischen Lehre der Entgegenhaltung keine Abstandsstege auf.

Die erstmals im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltene DE 37 23 549 (Anl. B2.K3.D2 in EVK10) offenbart ebenfalls keine Wölbungen in bestimmten, den Reflexzonen des Fußes entsprechenden Bereichen der Sohle. Die Entgegenhaltung offenbart keine elastischen Öffnungen, da die in die Hohlräume eingebrachten Partikel relativ hart sein sollen; ihr Zweck unterscheidet sich zudem wesentlich von der Erfindung des Verfügungspatents, da sie dazu dienen, dem Träger eine Rückmeldung über seinen Bewegungsablauf bis zur Schmerzhaftigkeit zu geben, nicht aber die Reflexzonen zu stimulieren. Schließlich sind auch die in einer Vielzahl vorgesehenen Hohlräume hinsichtlich ihrer Lage nicht näher definiert.

Die EP 0 537 211 (Anl. EVK7 / B2.K3.D3 in EVK10) wird als erfindungsschädlich entgegengehalten. Sie unterscheidet sich von der technischen Lehre des Verfügungspatents dadurch, dass keine befüllbaren Alveolen vorgesehen sind, sondern vorgeformte Körper (Druckprofile), die auf einer Sohlen-Unterlage (Basisplatte) angebracht werden können. Dieses System unterscheidet sich wesentlich von der dem Verfügungspatent zugrunde liegenden Erfindung, da zum einen keine Hohlräume gebildet werden, sondern die Beschichtung der Basisplatte ihrerseits erst nach der Anordnung der Druckprofile angebracht werden kann. Zum anderen stellen die Druckprofile ein weiteres, separates Bauteil dar, das zudem über eine Befestigungsvorrichtung verfügen muss. Es ist nicht ersichtlich, dass dies die Erfindung nach dem Verfügungspatent nahe legen kann.

Die DE 35 08 582 (Anl. B2.K3.D4 in EVK10) war bereits Gegenstand des Erteilungsverfahrens. Sie weist elastische Kissen im Bereich der Reflexzonen auf, ermöglicht aber keine individuelle Anpassung.

Auch eine Kombination der Druckschriften lässt kein Naheliegen der technischen Lehre des Verfügungspatents erkennen.

Entgegen der im Nichtigkeitsverfahren vertreten Auffassung der Nichtigkeitsklägerin [Anl. EVK10, S. 11f., sub VII.a)] genügt es nicht, die Rasterstruktur aus D1 mit den aus D3 oder D4 bekannten Stoffen zu füllen. Darüber hinaus bedarf es nach der technischen Lehre des Verfügungspatents auch der korrekt vorgegebenen Wölbungen, die an keiner Stelle offenbart sind.

Auch die Kombination der D2 mit D3 oder D4 legt die technische Lehre des Verfügungspatents nicht nahe, denn die D2 beschreibt keine variable Einfüllbarkeit im Sinne des Verfügungspatents, sondern Hohlkammern, die sämtlich bereits von vornherein befüllt sind. Auch hier liegt es nicht nahe, diese Hohlkammern nachträglich befüllbar vorzusehen, sie in der geforderten Form auszugestalten und die Härte sowie den Zweck des Füllmaterials zu ändern.

Auch der Zeitraum, der zwischen der Veröffentlichung der Entgegenhaltungen und der Anmeldung des Verfügungspatents liegt, spricht für eine erfinderische Leistung. Seit der Veröffentlichung der jüngsten Entgegenhaltung sind fast sechs Jahre bis zur Anmeldung des Verfügungspatents vergangen; der Zeitpunkt der Veröffentlichung der übrigen Entgegenhaltungen liegt jeweils noch weiter zurück.

V.

Nach alledem steht der Antragstellerin der geltend gemachte, auf Unterlassung gerichtete Verfügungsanspruch aus dem Verfügungspatent gemäß Artikel 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zu.

Die Vertriebshandlungen begründen eine Wiederholungsgefahr, die die Antragsgegnerinnen nicht ausgeräumt haben.

Die Antragsgegnerin zu 2) ist der Antragstellerin gegenüber ebenfalls zur Unterlassung verpflichtet, da sie als Geschäftsführerin der Antragsgegnerin zu 1) deren schutzrechtsverletzende Handlungen hätte unterbinden müssen.

VI.

Der Antragstellerin steht auch ein Verfügungsgrund zur Seite (§ 940 ZPO). Zur Abwehr wesentlicher Nachteile, die ihr dadurch drohen, dass die Durchsetzung ihrer Ausschließlichkeitsrechte im Falle der Verwirklichung der gegebenen Erstbegehungsgefahr zeitweise endgültig vereitelt wird, ist die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung geboten.

Das begehrte Unterlassungsgebot ist gerechtfertigt, weil die Belange der Antragstellerin in Abwägung mit den Interessen der Antragsgegnerin Vorrang genießen, wobei unterstellt werden kann, dass die Unterlassungsverfügung einschneidend in den Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin eingreift Wie sich aus den Vorausführungen ergibt, steht die widerrechtliche Benutzung der Verfügungsschutzrechte nach wie vor außerhalb eines ernstlichen Zweifels. Der Rechtsbestand der Verfügungsrechte ist, wie ausgeführt, hinreichend gesichert.

Steht aber einstweilen fest, dass die Antragsgegnerin das Verfügungspatent verletzt, so ist es geboten, dass sich die Verbietungsrechte der Antragstellerin auch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen.

Dies gilt auch mit Rücksicht auf die zeitliche Dringlichkeit des Verfügungsantrages. Die Antragstellerin hat durch ihr Verhalten nicht zu erkennen gegeben, dass es tatsächlich an der Dringlichkeit fehlt. Dabei kann dahinstehen, ob es zutrifft, dass sie erst am 18.03.2006 Kenntnis von der Patentverletzung der Antragsgegnerinnen erlangt hat. Selbst wenn man auf das Rechnungsdatum der Anlage EVK4 (27.02.2006) abstellen würde, wie es die Antragsgegnerinnen für richtig erachten, wäre bei Eingang am 20.04.2006 die der Schutzrechtsinhaberin zur Prüfung und Entscheidung über ihr Vorgehen einzuräumende Zweimonatsfrist noch nicht abgelaufen.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Eines Ausspruches zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da stattgebende Entscheidungen im einstweiligen Verfügungsverfahren ihrer Natur nach sofort vollstreckbar sind. Die Vollziehung des Unterlassungsgebotes war allerdings – wie in der Beschlussverfügung vom 02.06.2006 geschehen – von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen (§ 936, § 921 Abs. 2 ZPO). Denn auf diese Weise ist sichergestellt, dass das Urteil keine Vollstreckung unter geringeren Voraussetzungen erlaubt als ein Hauptsacheurteil, welches gemäß § 709 Satz 1 ZPO stets nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar wäre. Hingegen war eine Erhöhung der Sicherheitsleistung nicht veranlasst. Die Antragsgegnerinnen haben keine konkreten Umstände vorgetragen, die eine Verdoppelung des Betrages auf 400.000,– € rechtfertigen würden.