4a O 56/11 – Stütze für Betonschalungen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1885

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 3. Juli 2012, Az. 4a O 56/11

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zu zwei Jahren, zu unterlassen,

Stützen mit einem abnehmbaren Stützenkopf für Betonschalungen, die an ihrer Unterseite eine in ein Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreifende Verlängerung aufweisen,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen an der Verlängerung eine federbelastete Klinke schwenkbar gelagert ist, die bei auf die Stütze aufgesetztem Stützenkopf diesen verriegelnd einen Anschlag an der Stütze hintergreift;

2. der Klägerin unter Vorlage eines nach Kalenderjahren geordneten Verzeichnisses Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 10.10.2001 begangen hat, unter Angabe
a) der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer unter Angabe der Namen und Anschriften und unter Vorlage von Rechnungen oder Lieferscheinen, soweit Rechnungen nicht vorhanden sind;

b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse unter Angabe der Liefermengen, -zeiten und unter Aufschlüsselung der Typenbezeichnungen;

c) der einzelnen eigenen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, jeweils zugeordnet zu Typenbezeichnungen, und unter Angabe der Namen und Anschriften der Abnehmer und der Anschriften der Baustellen, an die die Stützen geliefert werden, jeweils unter Vorlagen von Belegen in Form von Rechnungen;

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, sowie bei Internetwerbung der Schaltungszeiträume, der Domain, unter der die Werbung geschaltet war, sowie der Suchmaschinen, unter denen die fraglichen Seiten einzeln oder in einem Gesamtpaket angemeldet waren, einschließlich Metatag-Werbung;

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger sowie der nicht-gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen und seit dem 01.09.2008 in Verkehr gelangten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen und wieder an sich zu nehmen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Anteils des EP 0 670 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

4. an die Klägerin 9.028,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2011 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A B.V. durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 10.10.2001 bis zum 29.08.2010 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, sowie denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 30.08.2010 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 0 670 XXX B1 (Klagepatent) in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 13.10.1993 von der A B.V., Niederlande, unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 06.11.1992 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 13.09.1995 veröffentlicht, der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents am 24.04.1996. Das Patent steht in Kraft. Mit Klageschrift vom 17.06.2011 erhob die Beklagte beim Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage mit dem Antrag, das Klagepatent im Umfang seiner Ansprüche 1 bis 4 für nichtig zu erklären. Über die Nichtigkeitsklage wurde noch nicht entschieden.

Das Klagepatent bezieht sich auf eine Stütze mit abnehmbarem Stützenkopf. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des in deutscher Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents lautet wie folgt:

Stütze mit einem abnehmbaren Stützenkopf für Betonschalungen, der an seiner Unterseite eine in ein Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreifende Verlängerung aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass an der Verlängerung (2) eine federbelastete Klinke (6, 16, 27) schwenkbar gelagert ist, die bei auf die Stütze aufgesetztem Stützenkopf diesen verriegelnd einen Anschlag (15) an der Stütze hintergreift.

Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung abgebildet. Figur 3 zeigt einen Längsschnitt durch ein oberes Stützenende mit aufgesetztem Stützenkopf mit einer Verriegelungsklinke. In der Figur 4 ist ein Schnitt durch den unteren Teil eines Stützenkopfes wiedergegeben. Die Figur 5 zeigt den Schnitt entlang der Linie V-V der Figur 4.
Ursprünglich war die A B.V. als Anmelder und Inhaber des Klagepatents im Patentregister eingetragen. Seit dem 30.08.2010 ist die Klägerin eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Mit einer am 20.01.2011 und 01.02.2011 von der A B.V. und der Klägerin unterzeichneten Vereinbarung erklärte die A B.V. die Abtretung aller ihr während der Inhaberschaft des Klagepatents entstandenen Ansprüche gegen Nutzer beziehungsweise Verletzer des deutschen Teils des Klagepatents an die Klägerin. Wegen der Einzelheiten der Abtretungserklärung wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.

Die am 10.10.2001 gegründete Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der in Spanien ansässigen B, Ulma C y E, S. Coop., die Bauschalungs- und Gerüstsysteme entwickelt, herstellt und weltweit vertreibt. Dabei werden die Systeme üblicherweise an die jeweiligen Bauunternehmen verliehen. In der Bundesrepublik Deutschland vertreibt die Beklagte die Produkte ihrer Muttergesellschaft, darunter auch ein modulares Deckenschalungssystem mit der Bezeichnung CC-4, das von der Beklagten im Internet beworben wird. Die zu diesem System gehörigen Stützen mit abnehmbarem Stützkopf, wie sie nachstehend abgebildet sind, greift die Klägerin mit dieser Klage an (nachstehend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet). Die ersten beiden Abbildungen zeigen den angegriffenen Stützenkopf isoliert und auf einer Stütze in der Einbausituation. Außerdem ist eine schematische Zeichnung der angegriffenen Ausführungsform wiedergegeben. Die Bezifferung und Beschriftung der Abbildungen stammt von der Klägerin.
Die Beklagte wurde durch die Klägerin erfolglos abgemahnt. Dadurch entstanden der Klägerin Kosten für die Inanspruchnahme rechts- und patentanwaltlicher Hilfe in Höhe von insgesamt 9.028,00 EUR, die sich aus je einer 1,5 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagen für die mitwirkenden Rechtsanwälte und für die mitwirkenden Patentanwälte bei einem Gegenstandswert von 500.000,00 EUR zusammensetzen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Der Klagepatentanspruch mache keine Vorgaben, wie der Stützenkopf in seinem über die Stütze hinausgehenden Bereich zu gestalten sei und welche Aufbauten im zusammengebauten Zustand über die Stütze hinausragten. Daher sei es auch nicht erforderlich, dass die im Klagepatentanspruch genannte Verlängerung unterhalb einer Grundplatte ausgebildet oder vollumfänglich innerhalb der Stütze angeordnet sein müsse. Bei der angegriffenen Ausführungsform könne daher auch der Bereich oberhalb der so genannten Grundplatte als Verlängerung angesehen werden. An dieser Verlängerung sei die Klinke schwenkbar gelagert. Insofern sei lediglich erforderlich, dass das Lager eine Schwenkbewegung der Klinke zulasse. Dafür müsse es sich bei dem Lager selbst nicht zwingend um ein Schwenklager handeln. Letztlich komme es darauf an, dass die Klinke schwenkbar sei, um sie in eine Sperrposition bringen zu können. Die konkrete Ausgestaltung des Lagers sei im Übrigen dem Fachmann überlassen. Bei der angegriffenen Ausführungsform erfolge die Schwenkbewegung der Klinke um die Biegung der Feder (in der Anlage K 9 als Schwenkachse bezeichnet), wenn die Schenkel der Feder zusammengedrückt würden. Dies werde auch durch eigene Versuche, die mit einer Fotofolge veranschaulicht worden seien (Anlage K 11), deutlich. Selbst wenn nur der Bereich unterhalb der so genannten Grundplatte als die Verlängerung angesehen werde, sei die Klinke an der Verlängerung schwenkbar gelagert, weil die Klinke an der Feder in einem Bereich gelagert sei, der sich unterhalb der Grundplatte befinde. Insofern sei für die Klinke lediglich auf den die Kopfplatte der Stütze untergreifenden Bereich abzustellen, nicht aber auf den durch die Grundplatte durchgreifenden Fortsatz dieser Klinke. Dass das Lager für die Klinke – also die Feder – an der anderen Seite oberhalb der Grundplatte gelagert sei, ändere an der eigentlichen Lagerung der Klinke unterhalb der Grundplatte nichts.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen, wobei die Klageanträge zu I. 2. und II. für den Zeitraum seit dem 01.01.2001 geltend gemacht werden;

hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung abzuwenden.

Wegen der in Form von „insbesondere“- Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2 bis 4 wird auf die Klagepatentschrift (Anlage K 1) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise das Verfahren auszusetzen, bis über die am 17.06.2011 von der Beklagten beim Bundespatentgericht eingereicht Nichtigkeitsklage gegen das deutsche Patent DE 593 02 XXX B1 rechtskräftig entschieden wurde.

Die Beklagte ist der Ansicht, bei der im Klagepatentanspruch genannten Verlängerung handele es sich um den Teil des Stützenkopfes, der in die Stütze eingreife. Hingegen gehöre der Teil, der nicht in die Stütze eingreife, nicht zur Verlängerung des Stützenkopfes. Bei der angegriffenen Ausführungsform könne daher nur der Abschnitt des Stützenkopfes unterhalb der Grundplatte als Verlängerung angesehen werden. An dieser Verlängerung sei die Klinke nicht schwenkbar gelagert. Die Lagerung erfordere eine besondere Form der Verbindung zwischen zwei Bauteilen, bei der eine Bewegung – hier eine Schwenkbewegung, also die Drehung um eine Achse – zugelassen sei. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei die Klinke oberhalb der Grundplatte und damit nicht mehr an der Verlängerung befestigt. Bei der Halterung handele es sich zudem nicht um eine Lagerung, weil sie zur Bewegung der Klinke keinen Beitrag leiste. Außerdem stelle die Bewegung der Klinke keine Schwenkbewegung dar, sondern eine lineare horizontale Bewegung. Abgesehen davon sei der Rechtsstreit auszusetzen, weil die Lehre des Klagepatentanspruchs weder neu, noch erfinderisch sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

A
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 eine Stütze mit einem abnehmbaren Stützenkopf, der an seiner Unterseite eine in ein Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreifende Verlängerung aufweist.

In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass solche Stützenköpfe – mit oder ohne Fallhülse – regelmäßig zur Auflage von Deckenschalelementen dienten. Bei den aus dem Stand der Technik bekannten Stützen weise die Verlängerung des Stützenkopfes eine Aussparung auf, die bei eingesetztem Stützenkopf mit einer Aussparung in der Stütze fluchte, so dass durch diese beiden Aussparungen von außen ein quer zur Stützenlängsachse verlaufender Bolzen einführbar sei, der den Stützenkopf fest mit dem oberen Stützenende verbinde.

Es sei, so die Klagepatentschrift, auch bekannt, am oberen Ende eine quer zur Stützenachse verlaufende Kopfplatte biegesteif zu befestigen, in der Bohrungen vorgesehen seien, durch die mit Gewinde versehene Bolzen hindurchgriffen, die an einer ebenfalls quer zur Stützenachse verlaufenden Platte des Stützenkopfes befestigt seien. Der Stützenkopf werde dann mit Hilfe von auf das untere Ende der Gewindebolzen aufgeschraubten Schaubmuttern befestigt. Systemschalungen für Beton umfassten mehrere Stützenköpfe, die dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst seien, beispielsweise aber auch Stützenköpfe, die für Schrägstützen geeignet seien, mit denen senkrechte Schalungswände abgestützt würden.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, eine Verbindung zwischen Stütze und Stützenkopf zu entwickeln, die schnell zu montieren und einfach herzustellen ist.

Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Stütze für Betonschalungen mit einem abnehmbaren Stützenkopf;
2. der Stützenkopf weist an seiner Unterseite eine in ein Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreifende Verlängerung auf:
3. an der Verlängerung (2) ist eine Klinke (6, 16, 27) schwenkbar gelagert ist;
4. die Klinke (6, 16, 27)
4.1 ist federbelastet und
4.2 hintergreift bei auf die Stütze aufgesetztem Stützenkopf diesen verriegelnd einen Anschlag (15) an der Stütze.

II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 1.

1.
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich unstreitig um eine Stütze für Betonschalungen mit einem abnehmbaren Stützenkopf (Merkmal 1).

2.
Der Stützenkopf der angegriffenen Ausführungsform weist an seiner Unterseite eine in ein Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreifende Verlängerung auf.

a)
Ausgehend von der Wortbedeutung kann unter einer Verlängerung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs begrifflich der Teil des Stützenkopfes verstanden werden, durch den der „eigentliche Stützenkopf“ nach unten verlängert wird. Dies ist kein Widerspruch zu der Feststellung, dass der Klagepatentanspruch die Verlängerung als Bestandteil des Stützenkopfes ansieht, sondern ergibt sich bereits aus dem Merkmal 2, nach dem die Verlängerung an der Unterseite des Stützenkopfes angeordnet sein muss.

Was unter dem Stützenkopf, dem „eigentlichen Stützenkopf“ und infolgedessen unter einer Verlängerung zu verstehen ist, ergibt sich aus der Funktion dieser Bauteile und ihrem Zusammenspiel mit der Stütze. Der Stützenkopf dient als Auflager für die Schalelemente. Systemschalungen für Beton umfassen regelmäßig verschiedene Stützenköpfe, die dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst sind, zum Beispiel Stützenköpfe, die für Schrägstützen geeignet sind, mit denen senkrechte Schalungswände abgestützt werden können (Sp. 1 Z. 23-28; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage K 1). In der in der Klagepatentschrift genannten EP 0 297 XXX A2 wird ein Stützenkopf beschrieben, mit dem benachbarte Schalelemente in ihren Eckbereichen abgestützt werden können. Im Stand der Technik und auch nach der Lehre des Klagepatentanspruchs sind jedoch die Stützen selbst nicht unmittelbar mit einem Auflager für die Schalelemente versehen. Stattdessen stellt der Stützenkopf ein von der Stütze gesondertes Bauteil dar. Für den Fachmann ist ohne weiteres erkennbar, dass diese Trennung dazu dient, statt für jeden Verwendungszweck geeignete ganze Stützen vorhalten zu müssen, den einfachen Wechsel des Stützenkopfes zu ermöglichen. Daraus wird aber auch deutlich, dass der „eigentliche Stützenkopf“ allein durch das Auflager für die Schalelemente gebildet wird und der übrige, an der Unterseite dieses Auflagers angeordnete Teil des Stützenkopfes die Verlängerung darstellt.

Die Funktion der Verlängerung besteht ausgehend von den obigen Ausführungen darin, die Verbindung vom Auflager zur Stütze herzustellen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass die Verlängerung vollständig in das Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreift oder – wie von der Beklagten vertreten – dass als Verlängerung nur der Teil des Stützenkopfes angesehen werden kann, der tatsächlich in das obere Stützenende eingreift. Dies verlangt der Klagepatentanspruch weder von seinem Wortlaut her, noch ist dies für die Funktion der Verlängerung notwendig. Die Verlängerung soll zwar in das Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreifen. Diese Anforderung kann aber nicht einschränkend dahin verstanden werden, dass die Verlängerung vollständig in das Hohlprofil eingreifen muss beziehungsweise nur über die Eintauchtiefe definiert wird. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass ein Stützenkopf mit einer Stütze kombiniert wird, die es gegebenenfalls ermöglicht, die Verlängerung unterschiedlich tief in das obere Stützenende eintauchen zu lassen, um das Auflager unterschiedlich hoch anordnen zu können. Dann hinge aber von der Eintauchtiefe ab, welcher Teil des Stützenkopfes als Verlängerung anzusehen ist. Dies steht im Widerspruch dazu, dass die Verlängerung nach der Lehre des Klagepatentanspruchs ein bestimmtes Bauteil des Stützenkopfes ist.

Eine andere Auslegung des Klagepatentanspruchs ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus der Beschreibung des Klagepatents. Darin wird zu dem in den Figuren 1 und 2 dargestellten Ausführungsbeispiel ausgeführt, dass von dem Stützenkopf lediglich seine Grundplatte 1 und dessen nach unten ragende, an der Grundplatte 1 starr befestigte Verlängerung 2 dargestellt sei (Sp. 4 Z. 1-4). Auf der Grundplatte sollen die bei einem Stützenkopf erforderlichen Teile (in den Figuren nicht dargestellt) biegesteif befestigt sein (Sp. 4 Z. 23-25). Nach diesen Ausführungen kann unter der Grundplatte im Sinne des Klagepatents ohne weiteres das den eigentlichen Stützenkopf bildende Auflager verstanden werden. Von einer solchen Grundplatte kann sich die Verlängerung selbstverständlich nur nach unten erstrecken. Dem steht nicht entgegen, dass sich ein Fortsatz der Klinke gegebenenfalls bis über die Grundplatte hinaus nach oben erstreckt (Sp. 2 Z. 22-34). Dies hindert es nicht, die Grundplatte als Auflager zu verstehen, von dem aus sich die Verlängerung nach unten erstrecken muss. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass auch eine Platte, die nicht als Auflager für die Schalelemente dient, als eine die Verlängerung begrenzende Grundplatte im Sinne der Ausführungsbeispiele anzusehen ist. Es lässt sich aus den Ausführungsbeispielen auch nicht herleiten, dass als Verlängerung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs lediglich der Teil des Stützenkopfes anzusehen ist, der in das Hohlprofil der Stütze eingreift. Insofern erlauben die Ausführungsbeispiele keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH GRUR 2004, 1023, 1024 – bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung). Dass die Verlängerung in den Ausführungsbeispielen in dieser Weise begrenzt ist, kann auch allein dem Umstand geschuldet sein, dass die als Auflager verstandene Grundplatte in allen Ausführungsbeispielen unmittelbar auf der Kopfplatte des oberen Stützenendes ruht.

Soweit die Beklagte zur Begründung ihrer Auslegung auf die in der Klagepatentschrift genannte EP 0 297 XXX A3 verweist, kann dahinstehen, inwiefern zitierter Stand der Technik bei der Auslegung der Patentansprüche zu berücksichtigen ist. Denn die genannte Patentanmeldung vermag die Auffassung der Beklagten nicht zu stützen. Die von der Beklagten herangezogene Figur 1 der EP 0 297 XXX ist nachstehend wiedergegeben.

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass als Verlängerung lediglich der Rohrstutzen 4 angesehen werden kann, soweit er aus der Buchse 3 herausragt. Im Gegenteil, in der Patentanmeldung heißt es, das Kopfstück 1 habe eine Grundplatte 2, an deren Unterseite eine zylindrische Buchse 3 angeformt sei, in der ein Rohrstutzen 4 stecke, der in der Buchse 3 befestigt sei und mit seinem aus dieser herausragenden Ende in das obere Ende der nicht dargestellten Stütze eingesteckt werden könne (Sp. 2 Z. 22-28 der Anlage K 3). Wird wie im Ausführungsbeispiel des Klagepatents als Verlängerung das an der Grundplatte befestigte, nach unten ragende Bauteil verstanden (Sp. 4 Z. 1-4), ist in der Patentanmeldung EP 0 297 XXX entgegen der Auffassung der Beklagten die Buchse 3 mit dem Rohrstutzen 4 als Verlängerung anzusehen. Die Buchse greift jedoch nicht in das obere Ende der Stütze ein. Bei der Grundplatte der Patentanmeldung EP 0 297 XXX handelt es sich zudem um das Auflager für die Schalelemente, so dass die Patentanmeldung die hier vertretene Auslegung sogar bestätigt, nach der ein Bauteil, das die Verbindung zwischen dem Auflager und der Stütze herstellt, als Verlängerung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs anzusehen ist.

b)
Ausgehend von dieser Auslegung des Klagepatentanspruchs ist bei der angegriffenen Ausführungsform die Verlängerung nicht auf den Abschnitt des Stützenkopfes beschränkt, der unterhalb der unteren Platte – von den Parteien als Grundplatte bezeichnet – angeordnet ist und in das obere Ende der Stütze eintaucht. Es ist nicht ersichtlich und wird auch nicht von der Beklagten behauptet, dass diese Platte als Auflager für die Schalelemente dient. Dies ist vielmehr die Konstruktion am oberen Ende des Stützenkopfes (vgl. Anlage K 8). Sie bildet den „eigentlichen Stützenkopf“. Damit gehört bei der angegriffenen Ausführungsform zur Verlängerung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs auch der Abschnitt oberhalb der unteren Platte, soweit er sich bis zum „eigentlichen Stützenkopf“ erstreckt. Sie ist an der Unterseite des Stützenkopfes angeordnet und greift – jedenfalls teilweise, was nach der Lehre des Klagepatentanspruchs ausreichend ist – in das Hohlprofil des oberen Stützenendes ein.

3.
An der Verlängerung der angegriffenen Ausführungsform ist eine Klinke schwenkbar gelagert (Merkmal 3).

a)
Die Lagerung eines Bauteils stellt eine Form der Verbindung von mindestens zwei Bauteilen dar, die jedenfalls im vorliegenden Fall eine bestimmte Bewegung zwischen den Bauteilen zulassen muss. Ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Bauteilen ist dafür nicht zwingend notwendig und ist in der Regel auch nicht gegeben, weil das Lager als eigenständige Baugruppe zwischen die beiden Bauteile tritt. In diesem Sinne ist auch der Begriff „gelagert“ im Klagepatentanspruch zu verstehen. In den Ausführungsbeispielen ist beispielhaft die Lagerung der Klinke (6, 16, 27) auf einem Bolzen (7) dargestellt, der wiederum an der Verlängerung befestigt ist (Sp. 4 Z. 9-13; Sp. 5 Z. 14-18; Fig. 1-6).

Bei der Bewegung, die nach der Lehre des Klagepatentanspruchs durch die Lagerung zugelassen werden muss, handelt es sich um eine Schwenkbewegung, da die Klinke schwenkbar gelagert sein muss. Dafür ist nicht zwingend notwendig, dass es sich bei dem Lager selbst um ein Schwenklager handelt. Dies lässt sich dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs nicht entnehmen und ist auch bei funktionsorientierter Auslegung des Anspruchs nicht erforderlich. Der Klagepatentanspruch verwendet lediglich den Begriff „schwenkbar gelagert“. Mit diesem Wortlaut ist keine Beschränkung auf eine bestimmte Art von Lager verbunden. Insbesondere kann die erfindungsgemäße Lehre nicht, wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertreten, auf ein durch einen Bolzen gebildetes Drehlager beschränkt werden, wie es in den Ausführungsbeispielen des Klagepatents beschrieben wird. Auch hier erlauben die Ausführungsbeispiele keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH GRUR 2004, 1023, 1024 – bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung). Die Funktion der Schwenkbewegung der Klinke besteht letztlich darin, die Klinke aus einer Verriegelungsposition in eine Entriegelungsposition (und umgekehrt) zu bewegen. Ist der Stützenkopf im Hohlprofil des oberen Stützenendes eingesetzt, befindet sich die Klinke in der Verriegelungsposition. Sie verriegelt den Stützenkopf an der Stütze, indem sie einen Anschlag an der Stütze hintergreift (Merkmal 4.2). Damit ist der Stützenkopf an der Stütze befestigt (Sp. 1 Z. 38-42; Sp. 2 Z. 3-6). Soll der Stützenkopf von der Stütze entfernt und dafür die Verriegelung zwischen den beiden Bauteilen gelöst werden, muss die Klinke aus der den Anschlag hintergreifenden Position in eine Entriegelungsposition bewegt werden. Dafür ist die schwenkbare Lagerung der Klinke erforderlich, die eine Schwenkbewegung der Klinke in die Freigabeposition erlaubt. Dieser Bewegungsablauf erfolgt umgekehrt, wenn der Stützenkopf in das obere Stützenende eingesetzt werden soll. Im Ergebnis kommt es also darauf an, dass durch die Lagerung der Klinke eine Schwenkbewegung der Klinke gegenüber der Verlängerung ermöglicht wird.

Eine Schwenkbewegung kann als eine Drehung um eine Achse beschrieben werden. Es ist jedoch bei funktionaler Betrachtung unmittelbar ersichtlich, dass auch dann, wenn die Klinke schwenkbar gelagert sein soll, die Bewegung der Klinke für das Ver- und Entriegeln nicht ausschließlich eine Drehbewegung sein muss. Mit dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs ist es durchaus vereinbar, wenn je nach Gestaltung des Lagers die Drehbewegung mit anderen Bewegungen kombiniert ist. Beispielsweise führt es nicht schon aus der Lehre des Klagepatentanspruchs heraus, wenn die Bewegung, mit der die Klinke in die Ver- oder Entriegelungsposition gebracht wird, sich als Kombination von Drehung und linearer Verschiebung darstellt. Wovon sich die technische Lehre des Klagepatentanspruchs abheben möchte, ist die aus dem Stand der Technik bekannte Einführung eines Bolzens quer zur Sützenlängsachse beziehungsweise die Verschraubung des Stützenkopfes mit der Kopfplatte der Stütze (Sp. 1 Z. 7-23). Dadurch dass die Klinke federbelastet und schwenkbar gelagert ist, kann der Stützenkopf selbstverriegelnd in das obere Stützenende eingesetzt werden. Die Verbindung zwischen Stützenkopf und Stütze muss anders als im Stand der Technik nicht mehr durch einen gesonderten Handgriff hergestellt werden, sondern ist, wie in der Aufgabe des Klagepatents gefordert, schnell montiert und einfach herzustellen (vgl. Sp. 1 Z. 29-32). Dafür ist es aber nicht zwingend erforderlich, dass die Bewegung der Klinke aus einer reinen Drehbewegung besteht.

b)
Bei der angegriffenen Ausführungsform ist die Klinke mittels der Feder an der Verlängerung gelagert. Die Klinke ist dafür an der Feder befestigt, die wiederum an der Verlängerung befestigt ist. Dass sich die Befestigung der Feder am Stützenkopf oberhalb der Grundplatte und in einem Abschnitt außerhalb des Hohlprofils des oberen Stützenendes befindet, ist unbeachtlich, weil auch dieser Teil des Stützenkopfes – wie bereits ausgeführt – als Verlängerung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs anzusehen ist. Ebenso ist es unschädlich, dass die Befestigung der Klinke an der Feder beziehungsweise der Feder an der Verlängerung unmittelbar keine Drehbewegung zulässt. Für die schwenkbare Lagerung der Klinke an der Verlängerung kommt es stattdessen maßgebend darauf an, dass die Klinke gegenüber der Verlängerung eine Schwenkbewegung ausführen kann. Das ist bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall.

Wird die Feder zusammengedrückt, um die Klinke von der Verriegelungs- in die Entriegelungsposition zu bringen, führt dies jedenfalls auch zu einer Bewegung der Klinke um die Biegung der Feder (in der Anlage K 9 als Schwenkachse bezeichnet), mithin zu einer Schwenkbewegung der Klinke im Verhältnis zur Verlängerung des Stützenkopfes. Die Funktionsweise der Feder bringt es mit sich, dass sich beim Zusammendrücken die beiden Schenkel der Feder annähern, im Extremfall sogar aneinander anliegen. Dafür ist aber eine Schwenkbewegung der Klinke um die Biegung der Feder erforderlich, weil der andere Schenkel an der Verlängerung befestigt ist. Dass auch die Schenkel selbst gebogen werden beziehungsweise eine – gegebenenfalls nur geringfügige – Drehbewegung oder Verkantung am Befestigungspunkt der Feder an der Verlängerung (in der Anlage K 9 als Lagerende bezeichnet) stattfindet, ist unschädlich. Zum einen muss die Drehbewegung nach der hier vertretenen Auslegung nicht eine ausschließliche Bewegung sein. Zum anderen wird aus der schematischen Zeichnung der angegriffenen Ausführungsform deutlich, dass selbst dann, wenn nach dem Zusammendrücken der Feder die Schenkel parallel zur Seitenwand der Verlängerung verlaufen, die Klinke gegenüber der Verlängerung eine Schwenkbewegung ausgeführt hat. Dies wird durch die eigenen Versuche der Klägerin zum Biegeverhalten der Feder in der Anlage K 11 veranschaulicht. Demnach wird beim Zusammendrücken der Feder der Winkel zwischen den Schenkeln verringert. Ob es sich dabei um eine Verringerung um 5° oder 3° handelt ist unbeachtlich. Die Klinke macht in jedem Fall eine Schwenkbewegung. Es wird sogar deutlich, dass es unschädlich ist, wenn sich der an der Verlängerung befestigte Schenkel an die Wand des Profilrohres anlegt, weil in jedem Fall der Winkel des die Klinke tragenden Schenkels gegenüber der Verlängerung kleiner wird, mithin eine Drehbewegung der Klinke stattfindet.

Gegen eine Beschreibung der bei der angegriffenen Ausführungsform stattfindenden Bewegung als Schwenkbewegung kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass die Bewegung von der Länge des Federschenkels abhänge und die Feder nach ihrem Grundprinzip nichts mit einer Schwenkbewegung zu tun habe. Auch bei einem Drehlager mit einem Bolzen als Drehachse hängt der Umfang der Schwenkbewegung vom Abstand des zu verschwenkenden Bauteils von der Achse ab. Abgesehen davon ist für die Frage der Verletzung des Klagepatents die angegriffene Ausführungsform maßgeblich, wie sie tatsächlich angeboten und vertrieben wurde und nicht eine hypothetische Ausführungsform mit längerer Schenkellänge. Insofern ist auch der Verweis auf eine alternativ mit Spiralfedern federbelastete Klinke, wie er in der mündlichen Verhandlung erfolgt ist, unbehelflich.

4.
Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass die Klinke der angegriffenen Ausführungsform federbelastet ist und einen Anschlag an der Stütze bei auf die Stütze aufgesetztem Stützenkopf hintergreift und diesen verriegelt (Merkmalsgruppe 4). Dass die Feder der angegriffenen Ausführungsform zugleich das Lager für die Klinke darstellt, ist unbeachtlich. Der Klagepatentanspruch schließt es nicht aus, wenn ein und dasselbe Bauteil verschiedene technische Funktionen übernimmt.

IV.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung weiterer Vertriebshandlungen gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG, weil die Beklagte durch die Bewerbung der angegriffenen Ausführungsform im Internet und die Lieferung der Verletzungsprodukte an Bauunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland den Erfindungsgegenstand benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG, da die Beklagte mit der angegriffenen Ausführungsform die klagepatentgemäße Erfindung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein.

Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG, bis zum 29.08.2010 aus übergegangenem Recht gemäß § 398 BGB, danach aus eigenem Recht. Die Beklagte beging die Patentverletzung schuldhaft. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Schadensersatz kann jedoch nur für die Zeit seit dem 10.10.2001 verlangt werden. Rechtsverletzungen für den Zeitraum vor der Gründung einer Gesellschaft sind außerhalb eines Rechtsnachfolgetatbestands grundsätzlich nicht möglich. Vorliegend wurde die Beklagte erst am 10.10.2001 gegründet. Eine die frühere Haftung begründende Rechtsnachfolge ist weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Allerdings kann auch hier Auskunft nur für den Zeitraum seit dem 10.10.2001 verlangt werden.

B
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 9.028,00 EUR aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB beziehungsweise Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 und 2 PatG. Die unstreitig erfolgte Abmahnung war berechtigt, da die Beklagte den Erfindungsgegenstand ohne Berechtigung nutzt. Die zu erstattenden außergerichtlichen Rechts- und Patentanwaltskosten belaufen sich auf 9.028,00 EUR. Gegen die Berechnung dieser Kosten hat die Beklagte zu Recht keine Einwände erhoben. Eine 1,5 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagen von 20,00 EUR jeweils für die Rechtsanwalts- und die Patentanwaltsseite bei einem Gegenstandswert von 500.000,00 EUR ist auch nach Auffassung der Kammer angemessen.

C
Der Zinsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich aus § 288 Abs. 1, 291 BGB. Zinsbeginn ist der 06.04.2011, weil an diesem Tag der Beklagten die Klage zugestellt worden ist.

D
Für eine Aussetzung der Verhandlung im Hinblick auf die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage besteht kein hinreichender Anlass.

I.
Die Lehre des Klagepatentanspruchs wird durch das Gebrauchsmuster DE 7327XXX (Anlage D 1 zur Anlage B 1) nicht neuheitsschädlich vorweggenommen. Es ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Bundespatentgericht der Nichtigkeitsklage mit der Begründung stattgibt, dass die erfindungsgemäße Lehre durch die Entgegenhaltung D 1 nahegelegt sei.

Die Entgegenhaltung D1 betrifft ein Schloss zur zugsicheren Verbindung ineinandergesteckter Rohre eines Rohrrahmens für Gerüsttürme, Deckentische oder dergleichen. Eine Ausführungsform eines Schlosses nach der Entgegenhaltung D 1 ist nachstehend abgebildet.
Die Entgegenhaltung D 1 offenbart nicht die Lehre des Klagepatentanspruchs, da sie bereits keine Stütze für Betonschalungen mit einem abnehmbaren Stützenkopf zum Gegenstand hat (Merkmal 1), sondern ein Schloss für die zugsichere Verbindung ineinandergesteckter Rohre eines Rohrrahmens. Ein Stützenkopf nach der Lehre des Klagepatentanspruchs ist dadurch gekennzeichnet, dass er als Auflager für Schalelemente dient. An keiner Stelle in der Entgegenhaltung D 1 wird ein solcher Stützenkopf beschrieben. Die Entgegenhaltung D 1 betrifft insofern einen anderen Gegenstand. Darüber hinaus weist das als Stützenkopf interpretierte Rahmenrohr 2 keine Verlängerung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs auf, die in ein Hohlprofil des oberen Stützenendes eingreift (Merkmal 2). Stattdessen ist das Rohr 2 mit einer Muffe 4 versehen, die ihrerseits der Aufnahme des inneren Rohres 1 dient.

Soweit die Beklagte einwendet, der Fachmann könne die in der Entgegenhaltung D 1 offenbarte technische Lösung ohne jegliches erfinderische Zutun auf eine Stütze mit abnehmbaren Stützenkopf übertragen, vermag auch dies eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Nichtigkeitsklage nicht zu begründen. Es ist nicht dargelegt, welchen Anlass der Fachmann haben sollte, das Schloss auf eine Stütze für Betonschalungen zu übertragen. Gegen eine solche Übertragung spricht, dass in der Entgegenhaltung D 1 das Sperrglied – mithin die Klinke im Sinne des Klagepatents – am äußeren Rohr gelagert ist und in Eingriff mit einer Aussparung des inneren Rohres gebracht werden muss. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es einer konstruktiven Umgestaltung bedarf, wenn das Sperrglied erfindungsgemäß an der in das obere Stützenende eingreifenden Verlängerung des Stützenkopfes gelagert wird. Die Annahme, die Lehre des Klagepatentanspruchs sei durch die Entgegenhaltung D 1 nahegelegt, scheint vor diesem Hintergrund auf einer rückschauenden Betrachtung zu beruhen.

II.
Die weiteren Entgegenhaltungen EP 0 297 XXX A2 (Anlage D 2 zur Anlage B 1), EP 0 092 XXX A2 (Anlage D 3 zur Anlage B 1) stellen geprüften Stand der Technik dar und sind bereits aus diesem Grund für eine Aussetzungsentscheidung nicht zu berücksichtigen. Zudem werden sie lediglich zur Begründung der fehlenden Patentfähigkeit der Unteransprüche 2 bis 4 entgegengehalten. Letzteres gilt auch für die Entgegenhaltung BE 656XXX (Anlage D 4 zur Anlage B 1).

Sowohl die D 4, als auch die US 4,247,XXX (Anlage D 5 zur Anlage B 1) werden darüber hinaus herangezogen, um zu belegen, dass eine V- oder U-förmig gebogene Blattfeder, wie sie bei der angegriffenen Ausführungsform zum Einsatz kommt, zur Verbindung zweier Rohre im Stand der Technik seit vielen Jahrzehnten bekannt gewesen sei. Die Entgegenhaltungen offenbaren jedoch keine Stütze für Betonschalungen mit einem abnehmbaren Stützenkopf. Vor diesem Hintergrund wird die Lehre des Klagepatentanspruchs durch die Entgegenhaltungen nicht neuheitsschädlich vorweggenommen. Dass der Nichtigkeitsklage aufgrund fehlender Erfindungshöhe kein Erfolg beschieden sein wird, ist jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich, so dass auch insofern die Aussetzung der Verhandlung nicht begründet ist.

E
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 500.000,00 EUR