4b O 94/08 – Bohrstange

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1202

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. Juni 2009, Az. 4b O 94/08

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen

teleskopierbare Bohrstangen mit einem Innenrohr, das von mindestens einem Außenrohr umgeben ist, an welchem außenseitige, in Längsrichtung unterbrochene und am bohrwerkzeugseitigen Ende innenseitige Mitnehmerleisten angeordnet sind, deren Anschlagsflächen bei Übertragung der Bohr-Antriebs-Kräfte von einem Drehantrieb auf ein Bohrwerkzeug in Eingriff bringbar sind,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

bei denen für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslose Hohlräume mindestens partiell mit schwingungsabsorbierenden Materialien ausgestattet sind;

2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und durch Vorlage eines geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 25. Juli 1992 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) sowie für seit dem 15.11.1998 begangene Handlungen: der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des jeweils erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser bezeichneten, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die unter Ziffer I.1. bezeichneten,

1. in der Zeit vom 25. Juli 1992 bis 14. November 1998 begangenen Handlungen eine angemessen Entschädigung zu zahlen, sowie
2. für die seit dem 15. November 1998 bis 17. April 2002 begangenen Handlungen allen Schaden zu ersetzen, der der A GmbH, B, Handlungen entstanden ist, sowie
3. für die seit dem 18. April 2002 begangenen Handlungen allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch diese Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.687,60 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17. Oktober 2007 an die Klägerin zu zahlen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 EUR.

VI. Der Streitwert wird auf 250.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 18. April 2002 Inhaberin des deutschen Patents DE 40 41 XXX C2 (Anlage K 2, im Folgenden: Klagepatent), welches durch die Fa. A am 21. Dezember 1990 angemeldet, und das am 25. Juni 1992 offengelegt wurde. Das Klagepatent wurde am 15. Oktober 1998 erteilt und mit Wirkung zum 18. April 2002 von der genannten Anmelderin auf die Klägerin übertragen. Durch Abtretungserklärung (Anlage K 3, Bl. 27 GA) hat die Anmelderin sämtliche Ansprüche aus dem Klagepatent gegen Dritte an die Klägerin abgetreten. Das Klagepatent betrifft eine teleskopierbare Bohrstange.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet:

„Teleskopierbare Bohrstange mit einem Innenrohr, das von mindestens einem Außenrohr umgeben ist, an welchem außenseitige, in Längsrichtung unterbrochene und am bohrwerkzeugseitigen Ende innenseitige Mitnehmerleisten angeordnet sind, deren Anschlagsflächen bei Übertragung der Bohr-Antriebs-Kräfte von einem Drehantrieb auf ein Bohrwerkzeug in Eingriff bringbar sind, dadurch gekennzeichnet,
dass mindestens das Außenrohr (20) doppelwandig ausgebildet ist und in dem Hohlraum ein schallabsorbierendes Material (50) vorhanden ist und/oder
dass für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslose Hohlräume (12, 28) mindestens partiell mit schwingungsabsorbierenden Materialien ausgestattet sind.“

Nachstehend wiedergegebene Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und erläutern die patentgemäße Erfindung anhand vorzugswürdiger Ausführungsbeispiele.

Figur 1 zeigt einen schematischen Axial-Längsschnitt durch eine teleskopierbare Bohrstange. Figur 2 ist ein Querschnitt durch eine Bohrstange gemäß Figur 2.

Die Beklagte rüstete eine der Fa. C GmbH & Co. KG gehörende Bohrstange um, die auf der Baustelle „D“ in E eingesetzt wird (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), und von der Lichtbilder als Anlage K 9 zur Gerichtsakte gelangt sind. Nachstehend sind – verkleinert – wiedergegeben die Lichtbilder 3, 4 und 5 aus der Anlage K 9:

Die von der Beklagten durchgeführte Umrüstung der Bohrstange bestand darin, dass die Bohrstange vor der Umrüstung mit sechs massiv-stählernen, im Querschnitt rechteckigen Profilen mit einer Breite von fünf Zentimetern und einer Höhe von zwei Zentimetern versehen war, die über ihre gesamte Länge auf dem Außenrohr der Bohrstange aufgeschweißt sind. Zwischen jeweils zwei benachbarten Längsprofilen brachte die Beklagte jeweils auf der Außenoberfläche Gummiplatten mit einer Dicke von fünf Millimetern auf. Auf die Gummiplatten wurde ein stählernes Deckblech von 1,5 Millimetern Dicke aufgelegt. Die Gummiplatten mit dem Deckblech darüber haben an jeder Seite einen Abstand von mindestens fünf bis acht Millimetern zu den benachbarten Längsprofilen, zwischen denen sie liegen. Die Deckbleche werden durch Niederhaltebleche von zwei Millimetern Dicke und 20 Millimetern Breite gehalten, welche an den Flanken der Längsprofile angeheftet, also über kurze Schweißnähte mit diesen verbunden sind.

Vorgerichtlich mahnte die Klägerin die Beklagte erfolglos mit patentanwaltlichem Schreiben vom 13. August 2007 (Anlage K 12) ab.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die technische Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber in äquivalenter Weise. Bei der angegriffenen Ausführungsform bestünden erfindungsgemäße Mitnehmerleisten in der Gesamtheit zweier benachbarter aufgeschweißter Stahlprofile, zwischen denen Gummiplatten aufgebracht wurden, die wiederum mit Deckblechen abgedeckt sind. Das jeweils linke zu einer Mitnehmerleiste gehörende Profil weise die linke Anschlagsfläche auf, das rechte Profil dementsprechend auch die rechte Anschlagsfläche. Unschädlich sei, dass die Mitnehmerleiste bei der angegriffenen Ausführungsform breit dimensioniert ist, da das Klagepatent über die Dimensionierung der Mitnehmerleisten überhaupt keine Angaben enthalte. Ebenso wenig ergebe sich aus dem Klagepatent eine Vorgabe über die Formgebung der Mitnehmerleiste, so dass es auch erfindungsgemäß sei, dass die Mitnehmerleiste nicht durchgehend dasselbe Höhenniveau über der Außenfläche des Außenrohrs aufweist. Schließlich führe es aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus, dass der Hohlraum in den Mitnehmerleisten erst nachträglich durch die Umrüstung durch die Beklagte geschaffen wurde. Klagepatentgemäß sei kein Herstellungs- sondern ein Erzeugnisanspruch geschützt, so dass es auf eine Reihenfolge der Herstellungsschritte nicht ankomme. Jedenfalls bedeute es eine äquivalente Verletzung, die Umrüstung wie bei der angegriffenen Ausführungsform vorzunehmen. Durch das Aufbringen einer Gummischicht auf der Außenfläche des Außenrohrs werde die erforderliche Schwingungsabsorption gewährleistet. Es sei auch aus fachmännischer Sicht gleichwertig, einen „Außenraum“ erst nachträglich zu schaffen und sodann mit schwingungsabsorbierendem Material zu befüllen. Dies sei eine rein handwerkliche Maßnahme.

Schließlich macht die Klägerin geltend, in der von der Beklagten vorgenommen Umrüstung liege auch ein Herstellen im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG. Gerade die Vornahme des letzten Tätigkeitsakts bei der Herstellung eines Erzeugnisses sei ein Herstellen in diesem Sinne.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie den Rechnungslegungsanspruch teilweise neu gefasst hat,

die Beklagte wie zuerkannt zu verurteilen,

hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen

teleskopierbare Bohrstangen mit einem Innenrohr, das von mindestens einem Außenrohr umgeben ist, an welchem außenseitige, in Längsrichtung unterbrochene und am bohrwerkzeugseitigen Ende innenseitige Mitnehmerleisten angeordnet sind, deren Anschlagsflächen bei Übertragung der Bohr-Antriebs-Kräfte von einem Drehantrieb auf ein Bohrwerkzeug in Eingriff bringbar sind,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

bei denen die außenseitigen Mitnehmerleisten des Außenrohres aus jeweils zwei Stegen gebildet werden, die oberhalb der Oberfläche des Außenrohr über eine Verbindung von Niederhalteblechen mit einem Deckblech ihrerseits miteinander in Verbindung stehen, wobei sich in dem so ergebenden Raum unter den genannten Blechen und zwischen den jeweils zwei Stegen jedenfalls partiell schwingungsabsorbierendes Material befindet;

sowie – ebenfalls hilfsweise – die Beklagte in entsprechender Weise zur Auskunft und Rechnungslegung zu verurteilen und die Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten in entsprechender Weise festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, das Klagepatent zu verletzen. Mitnehmerleisten seien bei der angegriffenen Ausführungsform die sechs aufgeschweißten Stahlprofile, die jedoch – unstreitig – aus massivem Stahl bestehen und keine Hohlräume aufweisen. Die zwischen jeweils zwei benachbarten Profilen angebrachten Deckbleche seien nicht Teil der Mitnehmerleiste. Jedenfalls begrenzten diese Deckbleche nicht einen für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslosen Hohlraum. Ein solcher Hohlraum sei bei der angegriffenen Ausführungsform nur im Inneren des Innenrohres vorhanden. Dass die Profile mit nur jeweils einer Seite mit dem Drehantrieb in Eingriff gelangen, sei erfindungsgemäß, da nach der technischen Lehre des Klagepatents auch eine Mitnehmerleiste möglich sei, die nur eine Anschlagsfläche aufweist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Schadensersatz, Entschädigung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten aus §§ 9, 33 Abs. 1, 139, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Die angegriffene Ausführungsform macht in widerrechtlicher Weise von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

I.

Das Klagepatent betrifft eine teleskopierbare Bohrstange.

Derlei Bohrstangen, auch als „Kelly-Stange“ bezeichnet, werden nach den einführenden Bemerkungen des Klagepatents beim diskontinuierlichen Bohren mit Kastenbohrern oder ähnlichen Bohrwerkzeugen eingesetzt, um Drehmomente von einem Drehantrieb auf das Bohrwerkzeug zu übertragen. Um zugleich axiale Druckkräfte auf das Bohrwerkzeug zu übertragen, finden Kelly-Stangen Verwendung, bei denen die einzelnen ineinander verschiebbaren Rohre in Achsrichtung in bestimmten Stellungen verriegelt werden können, indem innenseitige Mitnehmerleisten in Mitnehmertaschen aufgenommen werden, die durch Unterbrechung der außenseitigen Mitnehmerleisten gebildet werden. In der praktischen Anwendung von Kelly-Stangen hat sich gezeigt, dass ihr Einsatz einen hohen Lärmpegel verursacht. Die Lärmemissionen in Gestalt von Körper- und Luftschall entstehen durch das Spiel zwischen den einzelnen Teleskopstangen bei impulsartigen Bewegungen der Bohrstangen und beim Entleeren der Bohrwerkzeuge durch schockierende Drehbewegungen, wenn nämlich Metall auf Metall prallt. Beim Bohren auf harten Boden verdreht sich die Kellys-Stange zunächst und schnellt beim Aufreißen des Bodens zurück, so dass Körperschwingungen zu einem Rattergeräusch führen. Auch beim Ausfahren und Einziehen der Kelly-Stange entsteht durch das schnelle Aufsetzen von Wegebgrenzern ein Aufprallgeräusch. Die Körperschallwellen setzten sich an den verschiedenen Stellen der Kelly-Stange fort und führen zu einer ungedämpften, als lästig bis schädlich empfundenen Schallabstrahlung.

Aus dem Stand der Technik sind Maßnahmen zur Lärmreduzierung bekannt. Die DE 87 14 201 U1 (Anlage K 4) offenbart eine teleskopierbare Bohrstange mit Mitnehmerleisten an Innen- und Außenrohr, die mit einer Kunststoffbeschichtung zur Dämpfung des Anschlags versehen sind. Hieran kritisiert es das Klagepatent als nachteilig, dass eine starke Schallabstrahlung an den Umfangsflächen von Außen- und Innenrohr erfolgt, die in der offenbarten Lösung nicht gedämpft sind. Auch die Hohlräume der Stangen sind zwar für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslos, übertragen aber den Lärm in starkem Maße, und sind gemäß der Offenbarung der DE ‘201 nicht gedämpft.

Aus der DE-AS 19 04 570 (Anlage K 5) ist eine Vorrichtung zur Dämpfung von Axial- und Torsionsstößen und -schwingungen bekannt. Diese sogenannten Stoßdämpfer weisen Außen- und Innenmantelteile auf, während die Ringräume mit elastischem Material gefüllt sind. Hieran kritisiert das Klagepatent, dass keine Maßnahmen dafür offenbart werden, die Schallabstrahlung an der Oberfläche der Rohre und in den Hohlräumen der Stange zu minimieren. Auch die US 3 323 326 (Anlage K 6) lehrt Stoßdämpfer, bei denen die Zwischenräume zwischen Rippen und Nuten mit Gummi oder ähnlichem Material gefüllt sind. Auch hieran kritisiert das Klagepatent das Fehlen einer Schallreduzierung an den Oberflächen der Rohre und in den Hohlräumen als nachteilhaft.

Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe (Spalte 2, Zeilen 7 bis 10), durch konstruktiv und schalltechnisch effektive Maßnahmen eine teleskopierbare Bohrstange mit reduzierter Schallemission zu schaffen.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

a) Teleskopierbare Bohrstange

b) mit einem Innenrohr, das von mindestens einem Außenrohr umgeben ist,

c) an dem Außenrohr sind außenseitige, in Längsrichtung unterbrochene und am bohrwerkzeugseitigen Ende innenseitige Mitnehmerleisten angeordnet,

d) die Anschlagsflächen der Mitnehmerleisten sind bei Übertragung der Bohr-Antriebs-Kräfte von einem Drehantrieb auf ein Bohrwerkzeug in Eingriff bringbar,

e1) mindestens das Außenrohr ist doppelwandig ausgebildet, und in dem Hohlraum ist ein schallabsorbierendes Material vorhanden, und/oder

e2) für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslose Hohlräume sind mindestens partiell mit schwingungsabsorbierenden Materialien ausgestattet.

Die Aufgabe wird gemäß der allgemeinen Erfindungsbeschreibung (Spalte 2, Zeilen 17 bis 36) patentgemäß dadurch erfüllt, dass den in der Stange entstehenden Schallwellen dadurch Schwingungsenergie entzogen wird, dass der Hohlraum in doppelwandig ausgebildeten Rohren und/oder weitere, für den Bohr- und Teleskopiervorgang funktionslose Hohlräume mit schwingungsabsorbierenden Materialien versehen werden.

II.

Zwischen den Parteien steht – zu Recht – außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale a) bis d) verwirklicht, das Merkmal e1) hingegen nicht verwirklicht. Streitig ist hingegen die Verwirklichung des Merkmals e2). Ferner streiten die Parteien darüber, in welcher Weise die angegriffene Ausführungsform das Merkmal c) verwirklicht, nämlich welche Elemente der angegriffenen Ausführungsform als Mitnehmerleisten im Sinne dieses Merkmals zu qualifizieren sind.

Es lässt sich indes feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform auch Merkmal e2) verwirklicht und es für eine widerrechtliche Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents auf eine Verwirklichung des Merkmals e1) deshalb nicht ankommt. Die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandenen Mitnehmerleisten im Sinne des Merkmals c) sind hohl ausgebildet und im Sinne des Merkmals e2) mit schwingungsabsorbierenden Materialien ausgestattet.

1.

Merkmal c) des Klagepatents lehrt, dass an dem Außenrohr der teleskopierbaren Bohrstange außenseitige, in Längsrichtung unterbrochene und am bohrwerkzeugseitigen Ende innenseitige Mitnehmerleisten angeordnet sind. Bei der Auslegung dieses Merkmals berücksichtigt der Fachmann im Zusammenhang des gesamten Patentanspruchs insbesondere, dass erfindungsgemäße Mitnehmerleisten so ausgestaltet sind, dass ihre Anschlagsflächen bei Übertragung der Bohr-Antriebs-Kräfte von einem Drehantrieb auf ein Bohrwerkzeug in Eingriff bringbar sind. Aus diesem Zusammenhang sowie den einleitenden Ausführungen des Klagepatents zur Funktion gattungsgemäßer Bohrstangen (Spalte 1, Zeilen 2 bis 13) entnimmt der Fachmann die Erkenntnis, dass erfindungsgemäß die Mitnehmerleisten dazu dienen, das Drehmoment, welches von einem Drehantrieb erzeugt wird, von dem Drehantrieb auf eines der ineinander verschiebbaren Rohre, sodann von einem Rohr auf das andere und schließlich von einem der Rohre auf das Bohrwerkzeug zu übertragen.

Bereits der Anspruchswortlaut deutet in diese Richtung. Die Mitnehmerleisten verfügen erfindungsgemäß über Anschlagsflächen, an denen also andere Elemente als die jeweilige Mitnehmerleiste anschlagen. Dieses Anschlagen dient in Gestalt eines Formschlusses zur Übertragung des Drehmoments von einem der genannten Bauteile der Bohrstange auf das nächste.

Auch die Schilderung des technischen Problems, nämlich der Lärmentwicklung beim Betrieb der gattungsgemäßen Bohrstangen, gibt dem Fachmann einen Hinweis darauf, dass die Drehmomentübertragung mithilfe der Mitnehmerleisten geschieht: Der Lärm entsteht, wenn in der Bohrstange Metall auf Metall prallt, etwa wenn sich die Stange zunächst verdreht und sodann zurückschnellt (Spalte 1, Zeilen 26 bis 34). Schließlich enthält auch die Würdigung des Standes der Technik den für den Fachmann erkennbaren Hinweis, dass gerade die formschlüssige Kontaktierung der Mitnehmerleisten die Übertragung des Drehmoments gewährleistet, was allerdings den Nachteil bringt, dass der Anprall der Mitnehmerleisten aneinander Lärm erzeugt, weswegen im Stand der Technik vorgeschlagen wurde, die am Aufeinanderprallen beteiligten Mitnehmerleisten zu dämpfen (Spalte 1, Zeilen 43 bis 46 sowie Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 1).

Nach der gebotenen funktionsorientierten Auslegung, also der Deutung der Merkmale und Begriffe des Patentanspruchs dahingehend, wie dies angesichts der ihnen nach der offenbarten Erfindung zugedachten technischen Funktion angemessen ist (BGH GRUR 2001, 232, 233 – Brieflocher; OLG Düsseldorf GRUR 2000, 599, 601 – Staubsaugerfilter), versteht der Fachmann Merkmal c) demnach in der Weise, dass erfindungsgemäß Mitnehmerleisten am Außenrohr solche Elemente sind, welche die Übertragung des Drehmoments vom Drehantrieb auf das Außenrohr gewährleisten, indem ein Formschluss zwischen ihnen hergestellt wird. Hiernach ist im Hinblick darauf, dass das Klagepatent zur geometrischen Ausgestaltung und Dimensionierung erfindungsgemäßer Mitnehmerleisten keine Vorgaben macht, Mitnehmerleiste jedes Element, das über den Umfang des Außenrohres in der Weise nach außen hinausragt, dass es auf beiden Seiten, also bei Drehung des Außenrohres in beide Richtungen, in Formschluss geraten kann.

Dass erfindungsgemäß jede Mitnehmerleiste über nicht nur eine, sondern über zwei Anschlagsflächen verfügt, folgt für den Fachmann aus der Verwendung des Plurals „Anschlagsflächen der Mitnehmerleisten“. Diese Angabe nimmt der Fachmann in der Weise ernst, dass er es nicht als erfindungsgemäß ansieht, die Mitnehmerleiste so auszugestalten, dass die Mitnehmerleiste auf nur einer Seite in Eingriff geraten kann. Dabei übersieht die Kammer nicht, dass der Schluss von der Verwendung des Plurals auf das erfindungsgemäße Vorsehen von zwei Anschlagsflächen rein sprachlich zwar nicht zwingend ist, da zwei Mitnehmerleisten mit jeweils einer Anschlagsfläche insgesamt über zwei Anschlagsflächen verfügen, die auch miteinander in Eingriff stehen können. Indes würde, wäre auch die Ausgestaltung der Mitnehmerleiste mit nur einer Anschlagsfläche vom Schutzbereich des Klagepatents umfasst, der Fachmann eine andere, dies klarstellende Formulierung erwarten, wie beispielsweise „die Anschlagsfläche der einen Mitnehmerleiste ist mit der Anschlagsfläche einer anderen Mitnehmerleiste in Eingriff bringbar“. Eine derartige hinreichend ausdrückliche Klarstellung, dass der Schutzbereich auch Mitnehmerleisten mit nur einer Anschlagsfläche umfasst, fehlt indes im Anspruchswortlaut.

Auch ist aus fachmännischer Sicht die Ausführung von zwei Anschlagsflächen an jeder Mitnehmerleiste, nämlich jeweils einer in jeder Drehrichtung, schon deshalb erforderlich, weil die patentgemäße Bohrstange zur Übertragung eines von einem Drehantrieb ausgeübten Drehmoments einsetzbar sein soll. Das Klagepatent macht aber keine Einschränkung in der Weise, dass die Gestaltung der Bohrstange von der Drehrichtung des Drehantriebs (entweder nur eine Richtung oder beide Richtungen) abhängen soll. Um das Drehmoment in beiden Drehrichtungen übertragen zu können, müssen die Mitnehmerleisten daher über Anschlagsflächen in beiden Richtungen verfügen.

In dieser Sichtweise wird der Fachmann im Übrigen gestützt durch Figur 2 der Zeichnungen des Klagepatents, welche gemäß § 14 Satz 2 PatG zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen ist. Unter Bezugsziffer 36 sind, wie in der Erläuterung des entsprechenden vorzugswürdigen Beispiels ausgeführt ist (Spalte 5, Zeilen 36 bis 40), zwei Anschlagsflächen der außenseitigen Mitnehmerleisten 24 des Außenrohrs 20 dargestellt, wobei sich in Umfangsrichtung gesehen je eine Anschlagsfläche links und rechts der Mitnehmerleiste befindet, so dass jede der beiden Mitnehmerleisten geeignet ist, bei Drehung in die eine oder die andere Richtung ein Drehmoment durch Formschluss zu übertragen.

Hieraus folgt, dass die angegriffene Ausführungsform über insgesamt drei Mitnehmerleisten verfügt. Jede der Mitnehmerleisten wird gebildet durch zwei der angeschweißten stählernen Profile sowie durch die – nach Umrüstung der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte – zwischen den Profilen angebrachten Gummiplatten, Deckbleche und quer verlaufenden Stege. Die Mitnehmerleisten als Element des Außenrohres weisen ihrerseits demnach mehrere Elemente auf, nämlich die Profile, die Gummiplatten sowie die Deckbleche und Stege. Da das Klagepatent hinsichtlich der Ausgestaltung der Mitnehmerleiste keine Vorgabe macht, ob diese einstückig oder mehrstückig auszuführen sind, ist dies vom Schutzbereich des Klagepatents erfasst.

Dem Einwand der Beklagten, die Deckbleche an der angegriffenen Ausführungsform hätten die ausschließliche Funktion, das darunter liegende Gummi-Material abzudecken und zu schützen, weswegen diese Deckbleche nicht Teil einer erfindungsgemäßen Mitnehmerleiste gemäß Merkmal c) sein könnten, ist im Ergebnis nicht zu folgen. Selbst wenn es zuträfe, dass die technische Funktion der Deckbleche in dieser Weise begrenzt wäre, folgte daraus lediglich, dass ein Element der Mitnehmerleiste, nämlich die Deckbleche, eine bestimmte und ausschließliche Funktion hat, die Mitnehmerleiste in ihrer Gesamtheit demnach neben der Funktion der Drehmomentübertragung noch eine weitere Funktion hätte. Damit wäre die Mitnehmerleiste indes nicht ihrer erfindungsgemäßen Funktion beraubt, sondern um eine zusätzliche Funktion erweitert.

Ebenso wenig greift der Einwand der Beklagten durch, dass die Mitnehmerleisten der angegriffenen Ausführungsform – unstreitig – eine uneinheitliche Höhe über dem Außenumfang des Außenrohres aufweisen, nämlich die die Mitnehmerleisten seitlich begrenzenden Stege weiter vom Außenumfang abstehen als die zwischen den Stegen angebrachten Deckbleche. Wie ausgeführt, macht das Klagepatent keine Vorgabe an die geometrische Ausgestaltung der Abnehmerleisten. Ein Zurücktreten des Niveaus der Mitnehmerleisten in ihrem mittleren Abschnitt lässt überdies die Funktion der Mitnehmerleiste, nämlich das Drehmoment zu übertragen, unberührt. Für die Drehmomentübertragung steht die volle Höhe der seitlichen Stege zur Verfügung.

Schließlich ist der in mündlicher Verhandlung vorgebrachten Auffassung der Beklagten nicht zu folgen, nach dieser Sichtweise hätte die angegriffene Ausführungsform vor ihrer Umrüstung über gar keine Mitnehmerleisten verfügt. Diese Argumentation übersieht, dass die Umrüstung der angegriffenen Ausführungsform die Zahl der Mitnehmerleisten halbiert hat: Vor der Umrüstung verfügt die fragliche Bohrstange über sechs Mitnehmerleisten, nämlich in Gestalt der sechs längs aufgeschweißten Stahlprofile. Nach der Umrüstung verfügt die angegriffene Ausführungsform nunmehr über drei Mitnehmerleisten mit den oben genannten Elementen.

2.

Auf dieser Grundlage lässt sich feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform auch Merkmal e2) wortsinngemäß verwirklicht.

a)

Gemäß Merkmal e2) sind bei einer klagepatentgemäßen Bohrstange die für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslosen Hohlräume mindestens partiell mit schwingungsabsorbierenden Materialien ausgestattet. Bei der Auslegung dieses Merkmals berücksichtigt der Fachmann den ihm erkennbaren Umstand, dass bei einer gattungsgemäßen Bohrstange einige der Hohlräume notwendig sind, um den Bohrvorgang und das Teleskopieren der Stange zu gewährleisten. Ein Teil des von dem mindestens einem Außenrohr umschlossenen Raumes etwa dient dazu, das Innenrohr aufzunehmen, wenn und soweit das Innenrohr teleskopiert, also in das mindestens eine Außenrohr hineingeschoben ist. Dieser Hohlraum ist nicht für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslos, er muss vielmehr unverlegt offen bleiben, um das Teleskopieren zu gewährleisten. Anders hingegen verhält es sich, wie das Klagepatent im Rahmen der allgemeinen Erfindungsbeschreibung ausdrücklich erläutert (Spalte 2, Zeilen 24 bis 26) mit dem vom Innenrohr – üblicherweise – umschlossenen Hohlraum. Das Innenrohr liegt am weitesten innen, muss also kein weiteres Rohr oder anderweitiges Element beim Teleskopieren mehr aufnehmen. Auch eventuell – nicht erfindungsgemäß zwingend – vorhandene Hohlräume eines doppelwandigen Außen- und/oder Innenrohrs sowie der Mitnehmerleisten (Spalte 2, Zeilen 26 bis 33) haben für den Bohr- oder Teleskopiervorgang keine Funktion. Diese insoweit funktionslosen Hohlräume stehen daher für die erfindungsgemäße und zur Lösung der technischen Aufgabe vorgeschlagene Maßnahme zur Schallabsorption zur Verfügung, nämlich zur Befüllung mit schwingungsabsorbierendem Material, um (Spalte 2, Zeilen 23 f.) den trotz anderweitiger Dämpfungsmaßnahmen entstehenden Schallwellen Energie zu entziehen.

Unter Berücksichtigung dieser technischen Zielsetzung begreift der Fachmann bei Auslegung des Merkmals e2) jeden beliebigen Hohlraum der Bohrstange als funktionslos für den Bohr- oder Teleskopiervorgang, der nicht für den Betrieb des Bohrens oder Teleskopierens unverlegt offengehalten werden muss, sondern für die Aufnahme von schallabsorbierendem Material zur Verfügung steht. Dabei legt sich das Klagepatent nicht auf eine bestimmte Gruppe oder Anzahl von Hohlräumen dieser Art fest. Der allgemeinen Erfindungsbeschreibung (Spalte 2, Zeilen 17 bis 37) ist vielmehr eine beispielhafte und nicht abschließende Aufzählung solcher Hohlräume zu entnehmen. Die dort genannten Hohlräume sind – mit Ausnahme derjenigen in den außenseitigen Mitnehmerleisten des Innenrohres, die „erfindungsgemäß“ mit Hohlräumen versehen werden (Spalte 2, Zeile 26 f.) – nicht zwingend vorgegeben, sondern als Möglichkeit von funktionslosen Hohlräumen im Sinne des Merkmals c) genannt. Umgekehrt entnimmt der Fachmann namentlich der Aufgabenstellung (Spalte 2, Zeilen 7 bis 10), dass ein möglichst hohes Maß an Schallabsorption erreicht werden soll, also möglichst viele Hohlräume mit schallabsorbierendem Material zu versehen sind.

Der Sichtweise der Beklagten, ein Hohlraum im Sinne von Merkmal e2) sei „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nicht der Raum, der außerhalb der Oberfläche des Außenrohres liegt, kann nicht beigetreten werden. Dem Klagepatent ist eine derartige Begrenzung auf bestimmte Arten von Hohlräumen wie dargelegt nicht zu entnehmen. Ferner zeigt gerade das in Figur 2 des Klagepatents dargestellte vorzugswürdige Ausführungsbeispiel eine erfindungsgemäße Bohrstange, bei der einige der Hohlräume 28 umschlossen werden von den außenseitigen Mitnehmerleisten 24 des Außenrohrs 20. Nach diesem als erfindungsgemäß erläuterten Ausführungsbeispiel liegen Hohlräume 28 außerhalb des von der Außenfläche des Außenrohrs umschlossenen Raumes.

Auch der in mündlicher Verhandlung erhobene Einwand der Beklagten, der Abstand zwischen zwei benachbarten Profilen auf der Außenfläche des Außenrohrs sei deshalb nicht für den Teleskopiervorgang funktionslos, weil dieser Bereich mit dem Erdreich in Verbindung komme, durch diese verschmutzt würde und dennoch in den Drehantrieb verfahren werden muss, greift nicht durch. Ob die bei der angegriffenen Ausführungsform von Gummiplatten und Deckblechen abgedeckten Bereiche an der Außenfläche des Außenrohrs für das Teleskopieren frei bleiben müssen, hängt von der Gestaltung des Drehantriebs ab. Es ist nicht vorgebracht, dass die angegriffene Ausführungsform nach ihrer Umrüstung untauglich für das Teleskopieren in den Drehantrieb ist. Die Lichtbilder belegen vielmehr, dass das Außenrohr in den Drehantrieb verfahren werden kann, und dass also der von den Gummiplatten und Deckblechen bedeckte Bereich der Außenfläche des Außenrohrs dem Teleskopiervorgang nicht unverlegt zur Verfügung stehen muss.

b)

Demnach verwirklicht die angegriffene Ausführungsform Merkmal e2) wortsinngemäß. Ein für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionsloser Hohlraum wird bei der angegriffenen Ausführungsform seitlich umschlossen durch die angeschweißten Stege und in radialer Richtung durch die an den Stegen befestigten Deckbleche. Dieser Hohlraum ist partiell mit schwingungsabsorbierendem Material ausgestattet, nämlich zum Teil mit Gummiplatten ausgefüllt. Dass die Gummiplatten auf jeder Seite einen gewissen Abstand zu den stählernen Stegen haben, führt aus dem Schutzbereich des Patents nicht hinaus, welches lediglich eine partielle, also keine vollständige Ausstattung der Hohlräume mit schwingungsaborbierendem Material fordert.

Ebenso wenig steht der Verwirklichung von Merkmal e2) entgegen, dass die Mitnehmerleisten auf dem Außenrohr der angegriffenen Ausführungsform erst nachträglich und durch Einbeziehung mehrerer Elemente ausgebildet worden sind. Dass auch solche Mitnehmerleisten erfindungsgemäß sind, ergibt sich aus der Erläuterung eines vorzugswürdigen Ausführungsbeispiels (Spalte 4, Zeilen 35 bis 38), gemäß dem erfindungsgemäße hohle Mitnehmerleisten dadurch hergestellt werden können, dass Metallprofile auf das Außenrohr aufgeschweißt werden. Das Klagepatent offenbart es demnach als erfindungsgemäß, wenn durch Befestigung einer einen Hohlraum umschließenden Form auf dem Außenrohr (nachträglich) eine hohle Mitnehmerleiste ausgebildet wird. Hinzu kommt ein weiteres: Der Hauptanspruch 1 des Klagepatents ist ein Erzeugnis- und kein Verfahrensanspruch. Unter Schutz gestellt ist jedes Erzeugnis, das in der vom Klagepatent gelehrten Weise beschaffen ist. Auf die Reihenfolge der Herstellungsschritte, die zu diesem Erzeugnis führen, kommt es daher – zumal da das Klagepatent hierzu keinerlei Angaben macht – nicht an.

3.

Darauf, dass die angegriffene Ausführungsform Merkmal e1) unstreitig nicht verwirklicht, kommt es nicht an. Der Ansicht der Beklagten, die Lehre des Klagepatents sei nur verwirklicht, wenn sowohl Merkmal e1) als auch Merkmal e2) erfüllt werden, kann nicht gefolgt werden. Bereits die Fassung des Anspruchswortlauts steht dieser Annahme entgegen. Die erfindungsgemäße Bohrstange ist dadurch gekennzeichnet,

„dass mindestens das Außenrohr (20) doppelwandig ausgebildet ist und in dem Hohlraum ein schallabsorbierendes Material (50) vorhanden ist und /oder
dass für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslose Hohlräume (12, 28) mindestens partiell mit schwingungsabsorbierenden Materialien ausgestattet sind“,

wobei die beiden Varianten des kennzeichnenden Teils nach dem Begriff „und/oder“ durch einen Zeilenumbruch voneinander getrennt sind.

Auch der allgemeinen Erfindungsbeschreibung ist zu entnehmen, dass nicht bei jeder erfindungsgemäßen Bohrstange das Außenrohr zwingend doppelwandig ausgeführt sein muss. Hierzu heißt es wörtlich in der Patentbeschreibung (Spalte 2, Zeilen 30 bis 34):

„Ein weiterer für den Bohr- und Teleskopiervorgang funktionsloser Hohlraum ist vorhanden, wenn das Außenrohr oder auch das Innenrohr doppelwandig ausgebildet ist.“

Dieser Hohlraum im Außenrohr ist demnach nicht zwingend immer vorhanden, sondern nur dann, wenn das Außenrohr doppelwandig ausgebildet ist. Damit sind auch solche Vorrichtungen erfindungsgemäß, bei denen das Außenrohr einfach und ohne Hohlraum ausgebildet ist.

Das fügt sich auch in die Aufgabenstellung des Klagepatents: Es ist nicht die zu lösende technische Aufgabe, möglichst viele Hohlräume in einer gattungsgemäßen Bohrstange zu schaffen, sondern möglichst viele der vorhandenen Hohlräume mit schwingungsabsorbierendem Material zu füllen. Merkmal e1) macht die insoweit zwingende Vorgabe, dass, wenn das Außenrohr doppelwandig ausgebildet ist, jedenfalls dieser Hohlraum schallabsorbierend gefüllt sein muss.

III.

Die Beklagte hat das Klagepatent widerrechtlich benutzt. Indem sie die angegriffene Ausführungsform in der dargelegten Weise umgerüstet hat, hat sie eine klagepatentgemäße Vorrichtung hergestellt im Sinne von § 9 Satz 2 Nr.1 PatG. Vom Begriff des Herstellens umfasst ist die gesamte Tätigkeit, die auf die Schaffung des Gegenstandes abzielt, von Beginn dieser Tätigkeit an bis einschließlich zum, aber nicht beschränkt auf den letzten, die Vollendung herbeiführenden Tätigkeitsakt (vgl. Schulte / Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 9 Rn. 46). Vor dem Umrüsten durch die Beklagte war die Vorrichtung eine Bohrstange, welche das Merkmale e2) des Klagepatents nicht erfüllte, bei der nämlich nicht die für den Bohr- oder Teleskopiervorgang funktionslosen Hohlräume partiell mit schwingungsabsorbierendem Material ausgestattet waren. Die Tätigkeit der Beklagten ist damit als letzter Herstellungsschritt zur Herstellung einer patentgemäßen Vorrichtung anzusehen. Auch der letzte Herstellungsschritt ist – wie schon der erste es wäre – ein Herstellen im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG.

In der Annahme der noch nicht umgerüsteten Bohrstange durch die Beklagte liegt überdies ein Anbieten im Sinne der genannten Vorschrift. Bereits hierdurch hat die Beklagte sich bereit erklärt, ihrem Kunden nach dem erfolgten Umrüsten der Bohrstange die tatsächliche Verfügungsgewalt über eine klagepatentgemäße Vorrichtung zu verschaffen (vgl. Schulte / Kühnen, a.a.O., § 9 Rn. 51).

In der Übergabe der umgerüsteten Bohrstange schließlich lag das Inverkehrbringen, nämlich die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt an einem klagepatentgemäßen Gegenstand auf einen Dritten (vgl. Schulte / Kühnen, a.a.O, § 9 Rn. 61). Da die Beklagte durch diese Benutzungshandlungen eine Wiederholungsgefahr begründet hat, ist sie gemäß § 139 Abs. 1 PatG der Klägerin zur Unterlassung dieser Benutzungshandlungen verpflichtet.

Die Beklagte trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt hätte sie die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können. Für die Zeit nach Patenterteilung schuldet die Beklagte daher Ersatz des Schadens, der der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, § 139 Abs. 2 PatG. Die Zahlung einer angemessenen Entschädigung für die Zeit zwischen Offenlegung und Erteilung des Patents schuldet die Beklagte gemäß § 33 Abs. 1 PatG.

Da die genaue Höhe des geschuldeten Schadensersatzes und der geschuldeten Entschädigung derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird. Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, die ihr zustehenden Schadensersatz- und Entschädigungsleistungen zu beziffern, ist die Beklagte verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen. Hinsichtlich der Angebotsempfänger ist der Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger; Kühnen/Geschke, Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl., Rn. 437).

Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Abmahnkosten folgt, da die Beklagte – wie ausgeführt – schuldhaft gehandelt hat, aus § 139 Abs. 2 PatG. Auch die Aufwendungen für die berechtigte, wenngleich im Ergebnis erfolglose Abmahnung vom 13. August 2007 (Anlage K 12) stellen einen zurechenbaren und ersatzfähigen Schadensposten dar. Die Klägerin durfte sich herausgefordert fühlen, eine Abmahnung in patentanwaltlichem Beistand auszusprechen, da die nicht fernliegende Möglichkeit bestand, auf diese Weise einen aufwendigen und kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat, lässt die Erforderlichkeit der Aufwendungen für die Abmahnung unberührt (vgl. Schulte/Kühnen, a.a.O., § 139 Rn. 205). Auch der Höhe nach durfte die Klägerin im Hinblick auf die Schwierigkeit eines patentrechtlichen Sachverhalts Kosten gemäß einer 1,3 Gebühr aufwenden.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Indem die Klägerin ihren ursprünglichen Rechungslegungsantrag insofern präzisierend neu gefasst hat, als sie den die Mitteilung von Betriebs- und variablen Gemeinkosten betreffenden Zusatz („der nicht durch Abzug von Betriebskosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können den unter Ziffer I. 1. fallenden Bohrstangen unmittelbar zugeordnet werden können.“) weggelassen hat, hat sie die Klage nicht teilweise zurückgenommen. Ohne diese Präzisierung wäre der Rechnungslegungsanspruch gleichwohl in der zuerkannten Weise zugesprochen, der genannte Zusatz also bei der Tenorierung weggelassen worden, ohne dass darin eine teilweise Klageabweisung gelegen hätte. Das Weglassen dieses Zusatzes beruht darauf, dass eine etwaige Gewinnminderung nicht im Grund-, sondern erst im Höheverfahren zu erörtern ist. Der Umfang der geschuldeten Auskünfte ändert sich hierdurch aber nicht (vgl. BGH GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2008, Az. I-2 U 57/07; Urteil der Kammer vom 9. Juni 2009, Az. 4b O 172/08).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.