4b O 81/08 – Verpackungsschaumpolster

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1213

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. Juli 2009, Az. 4b O 81/08

I.
Die Beklagten werden verurteilt,

1. .
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise
Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im
Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu
unterlassen,

Verpackungssysteme zur Herstellung eines Schaum-im-Beutel-Polsters nach Bedarf mit:

einem Beutel aus flexiblem Folienmaterial, das einen umschlossenen Raum mit einem Volumen darin definiert, das der Größe des herzustellenden Schaumpolsters entspricht, wobei der genannte umschlossene Raum zur Außenseite des genannten Beutels entlüftet wird, um das Entweichen von während der Bildung des Schaumpolsters erzeugten Gasen zu ermöglichen, während das Entweichen von Schaum hieraus verhindert wird, ein Schaumvorläuferpaket, in dem genannten umschlossenen Raum in dem genannten Beutel, das eine erste und eine zweite Kammer aufweist, die jeweils eine erste und eine zweite Schaumvorläuferkomponente enthalten,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das genannte Vorläuferpaket aus einem Barrierematerial gebildet ist, das die genannten Schaumvorläuferkomponenten in einem relativ stabilen und unreagierten Zustand halten kann, und eine erste aufreißbare Siegelung, die die genannte erste und die genannte zweite Kammer trennt, und eine zweite aufreißbare Siegelung zwischen der genannten zweiten Kammer und dem genannten, von dem Beutel umschlossenen Raum einschließt, wobei die genannte erste aufreißbare Siegelung durch die Ausübung eines festgelegten Drucks auf dieselbe zerreißbar ist, damit sich die genannte erste und die genannte zweite Vorläuferkomponente mischen und Schaum bilden können, wobei die genannte zweite aufreißbare Siegelung durch den genannten Schaum zerreißbar ist, so dass der genannte Schaum in dem von dem genannten Beutel umschlossenen Raum expandieren und diesen füllen kann, und wobei sich das genannte Paket an einem festgelegten Ort in dem genannten umschlossenen Raum des genannten Beutels befindet und dort gehalten wird;

2. . .
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28.06.2003 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, den Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, den Typenbezeichnungen sowie unter Angabe der; Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträ- gern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

aa) die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu b) Rechnungen vorzulegen haben,

bb) den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

3.
die im unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziffer I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

4.
die vorstehend zu I.1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 062 XXX B1 erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagten die Erzeugnisse entweder wieder an sich nehmen oder deren Vernichtung beim jeweiligen Besitzer veranlassen.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I. 1. bezeichneten, seit dem 28.06.2003 begangenen Handlungen entstanden ist.

III.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin EUR 1.780,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2008 zu zahlen.

IV.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 EUR.

VI.
Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 062 XXX B1 (nachfolgend: „Klagepatent“, Anlage rop A1; deutsche Übersetzung in Anlage rop A1a), das – unter Inanspruchnahme einer US-Priorität vom 13. März 1998 – auf einer Anmeldung vom 13. März 1999 beruht und dessen Erteilung am 28. Mai 2003 bekanntgemacht wurde. Das Klagepatent steht in Kraft.

Der Patentanspruch 1 hat in seiner deutschen Übersetzung ohne Bezugszeichen folgenden Wortlaut:

„Verpackungssysteme zur Herstellung eines Schaum-im-Beutel-Polsters nach Bedarf, das Folgendes umfasst:

einen Beutel aus flexiblem Folienmaterial, das einen umschlossenen Raum mit einem Volumen darin definiert, das der Größe des herzustellenden Schaumpolsters entspricht, wobei der genannte umschlossene Raum zur Außenseite des genannten Beutels entlüftet wird, um das Entweichen von während der Bildung des Schaumpolsters erzeugten Gasen zu ermöglichen, während das Entweichen von Schaum hieraus verhindert wird, ein Schaumvorläuferpaket in dem genannten umschlossenen Raum in dem genannten Beutel, das eine erste und eine zweite Kammer aufweist, die jeweils eine erste und eine zweite Schaumvorläuferkomponente enthalten,

dadurch gekennzeichnet, dass das genannte Vorläuferpaket aus einem Barrierematerial gebildet ist, das die genannten Schaumvorläuferkomponenten in einem relativ stabilen und unreagierten Zustand halten kann, und eine erste aufreißbare Siegelung, die die genannte erste und die genannte zweite Kammer trennt, und eine zweite aufreißbare Siegelung zwischen der genannten zweiten Kammer und dem genannten, von dem Beutel umschlossenen Raum einschließt, wobei die genannte erste aufreißbare Siegelung durch die Ausübung eines festgelegten Drucks auf dieselbe zerreißbar ist, damit sich die genannte erste und die genannte zweite Vorläuferkomponente mischen und Schaum bilden können, wobei die genannte zweite aufreißbare Siegelung durch den genannten Schaum zerreißbar ist, so dass der genannte Schaum in dem von dem genannten Beutel umschlossenen Raum expandieren und diesen füllen kann, und wobei sich das genannte Paket an einem festgelegten Ort in dem genannten umschlossenen Raum des genannten Beutels befindet und dort gehalten wird.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 und 5 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand des Klagepatents anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Die Figur 1 zeigt perspektivisch ein erfindungsgemäßes Verpackungssystem und dessen Handhabung in Vorbereitung für die Verwendung; Figur 5 enthält eine Draufsicht auf das in Figur 1 illustrierte Verpackungssystem.

.

Die Beklagte zu 1) vertrieb unter der Marke „A“ in der Bundesrepublik Deutschland ursprünglich ein Verpackungsschaumpolster (Gebrauchsanweisung in Anlage rop A4; Lichtbilder in Anlagen rop 5 – 8; Originalverpackungen in Anlage B5 und B6), von dem die Klägerin ein Muster in Anlage rop A4a zur Akte gereicht hat („angegriffene Ausführungsform 1“). Es handelte sich um eine die ersten 5700 Beutel nach Markteinführung betreffende Fehlcharge, in deren Rahmen auf der äußeren Umhüllung schwarze Kreuze aufgebracht worden waren (vgl. Anlage B7), die anschließend durch das Aufkleben schwarzer Punkte verdeckt wurden.

Seit dem Bemerken dieses Fehlers vertreibt die Beklagte zu 1) dieses Verpackungssystem in der Weise, dass sich auf dem inneren Beutel ein roter Punkt befindet („angegriffene Ausführungsform 2“, Muster in Anlage rop A9;
vgl. auch Anlage B1, deren Rückseite nachfolgend eingeblendet wird).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2007 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) ab. Die Klägerin zahlte hierfür Rechts- und Patentanwaltskosten in Höhe von EUR 1.780,20.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen machten in wortsinngemäßer Weise von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Insbesondere wiesen diese eine erste aufreißbare Siegelung auf, die durch Ausübung eines Drucks auf dieselbe zerreißbar sei. Auch sei das Schaumvorläuferpaket an einem festgelegten Ort innerhalb eines umschlossenen Raums des Beutels positioniert und gehalten. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagten deshalb auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt, nachdem sie ursprünglich auch die Vorlage von Auftragsbelegen, -bestätigungen sowie Liefer- und Zollpapieren bezüglich der Angaben gemäß Ziffer I. 2 b) des Tenors begehrt hat.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, bei den angegriffenen Ausführungsformen, die anders als jene entsprechend dem Klagepatent für die manuelle Lösung individueller Verpackungsaufgaben gedacht seien, sei das Vorläuferpaket nicht vorbestimmt, sondern frei beweglich gehalten; hierzu verweist sie auf die Anlage B1. Nur während des Produktversandes sei die freie Beweglichkeit insofern eingeschränkt, als dass sich der Beutel dann in einem zusammengefalteten Zustand befinde – das aber diene allein der Transportökonomie, habe also nichts mit der Produktfunktionalität zu tun. Auch komme es bei den angegriffenen Ausführungsformen zur Mischung der Vorläuferkomponenten nicht aufgrund der Zerstörung einer Trennnaht, sondern erst dadurch, dass der Anwender mit den Händen einen wechselseitigen Druck auf die Kammern der beiden Hälften des Vorläuferpakets ausübe. Jedenfalls habe der Beklagte zu 2) nicht schuldhaft gehandelt, da er – wie die Beklagten behaupten – auf einen vorab eingeholten patentanwaltlichen Rat, wonach die angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent nicht verletzten, zu Recht vertraut habe.

Die Klageschrift ist den Beklagten am 31.03.2008 zugestellt worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die Beklagten sind der Klägerin deshalb im zuerkannten Umfang zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung, zur Vernichtung, zum Rückruf und zur Entfernung aus den Vertriebswegen sowie zum Schadenersatz verpflichtet. Ferner kann die Klägerin Erstattung der ihr infolge der Abmahnung entstandenen Patentanwaltskosten verlangen.

I.

Das Klagepatent betrifft die vor Ort geschäumte Verpackung von Artikeln, die für Beschädigungen bei Handhabung, Transport und Lagerung anfällig sind, und zwar insbesondere Schaum-in-Beutel-Verpackungssysteme, die nach Bedarf Schaumpolster herstellen.

Die Verpackung von zerbrechlichen Artikeln oder von Artikeln, die für Beschädigungen bei Handhabung, Transport und Lagerung anfällig sind, ist mit vielen verschiedenen Problemen behaftet. In seinen einleitenden Bemerkungen erwähnt das Klagepatent eine Verpackung mit Schäumung am Ort als bekannt. Eine derartige Ortsschäumungstechnik basiert auf der Reaktion zwischen zwei (gewöhnlich flüssigen) Vorläuferkomponenten, die nach dem Mischen miteinander reagieren und einen Polymerschaum sowie gasförmige Nebenprodukte bilden.

Anfänglich – so das Klagepatent- wurden Schaumvorläuferkomponenten in Behälter injiziert. Eine solche Ortschäumungsverpackung war jedoch für viele Verpackungszwecke nicht gedacht oder geeignet. Daher wurden fort- an solche Ortsschäumungsverpackungen entwickelt, in der Vorrichtungen bereitgestellt werden, die gleichzeitig Kunststoffbeutel bilden und das Gemisch aus Schaumvorläuferkomponenten in den Beutel injizieren. Über Entlüftungsöffnungen können Dampf- und Kohlendioxidnebenprodukte entweichen. Der frisch hergestellte Beutel wird in einen Container gelegt, in dem sich ein Gegenstand befindet. Die Vorläufer reagieren zu Schaum, so dass ein Polster um den Gegenstand gebildet wird. Daran kritisiert das Klagepatent, dass die Vorläuferkomponenten unmittelbar vor ihrer Reaktion in die Beutel eingespritzt werden müssen, so dass die Verpackung zwangsläufig am Verpackungsort zu erfolgen hat, was eine geringe Flexibilität der Anwendung bedeutet.

Die US-A-5,699,XXX offenbart ein Verpackungssystem, in dem ein Beutel aus einem flexiblen Kunststofffolienmaterial gebildet wird, indem ein umschlossener Raum mit separaten Innenzellen definiert wird, wobei die Zellen zwei verschiedene Vorläuferkomponenten enthalten. Die Zellen werden durch aufreißbare Siegelung getrennt, bis der Beutel benutzt werden soll. Anlässlich der Benutzung wird die aufreißbare Siegelung zerstört, so dass eine Vermischung stattfinden kann. Eine zweite aufreißbare Siegelung wird durch den bei Vermischung entstehenden Schaum zerstört, welcher aus den Zellen in den umschlossenen Raum im Beutel expandiert, bis das Innere des Beutels gefüllt ist und sich ein Schaumpolster gebildet hat. Dies stellt ein Verpackungssystem mit weitaus höherer Vielseitigkeit und Nutzbarkeit dar, bei der ein Beutel entfernt von den Verpackungsvorgängen hergestellt werden kann. An dieser Lösung kritisiert das Klagepatent jedoch insbesondere, dass die die Innenzellen enthaltenden Beutel sehr flexibel und etwas schwierig und umständlich zu verpacken und zu handhaben sind.

Schließlich erwähnt das Klagepatent als Stand der Technik das US-Patent Nr. 3,419,134, welches eine schäumbare Verpackung offenbart, in der Vorläuferkomponenten eines Schäumungssystems in einer Innentasche eingeschlossen werden, in der sie durch eine Art zerreißbarer Trennwand getrennt sind. Die Innentasche steckt in einer Außentasche mit einer Volumenkapazität, die etwa dem zu expandierenden Schaum entspricht.

Vor diesem technischen Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, ein Schaum-in-Beutel-Verpackungssystem bereit zu stellen, in dem die genannten Nachteile und Mängel früherer Systeme abgestellt sind.

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

a) Verpackungssystem (30) zum Herstellen eines Schaum-im-Beutel-Polsters nach Bedarf mit

b) einem Beutel (31),

b1) der aus flexiblem Folienmaterial gebildet ist, und darin einen umschlossenen Raum (34) mit einem Volumen entsprechend der Größe des herzustellenden Schaumpolsters definiert,

b2) wobei der umschlossene Raum (34) zur Außenseite des Beutels (31) entlüftet wird, um das Entweichen von während der Bildung des Schaumpolsters erzeugten Gasen zu ermöglichen, während das Entweichen von Schaum hieraus verhindert wird,

c) einem Schaumvorläuferpaket (40) in dem umschlossenen Raum (34) in dem Beutel (31), das eine erste und eine zweite Kammer (50, 51) aufweist, die jeweils eine erste und eine zweite Schaumvorläuferkomponente (52, 53) enthalten.

d) Das Schaumvorläuferpaket (40) ist aus einem Barrierematerial gebildet, das die Schaumvorläuferkomponenten (52, 53) in einem relativ stabilen und unreagierten Zustand halten kann, und

e) beinhaltet eine erste aufreißbare Siegelung (49a),

e1) die die erste und die zweite Kammer (50, 51) trennt, und

e2) die durch die Ausübung eines festgelegten Drucks auf dieselbe zerreißbar ist, damit sich die ersten und zweiten Vorläuferkomponente (52, 53) mischen und Schaum bilden können,

f) beinhaltet eine zweite aufreißbare Siegelung (46a)

f1) zwischen der zweiten Kammer (51) und dem vom Beutel (31) umschlossenen Raum (34),

f2) die durch den Schaum zerreißbar ist, so dass der Schaum in dem vom Beutel (31) umschlossenen Raum (34) expandieren und diesen füllen kann, und

g) ist an einem festgelegten Ort in dem umschlossenen Raum (34) des Beutels (31) positioniert und gehalten.

II.

Beide angegriffenen Ausführungsformen machen in wortsinngemäßer Weise von den Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch. Soweit dies zwischen den Parteien streitig ist, stehen die Argumente der Beklagten dem nicht entgegen, so dass auch die Merkmale e2) und g) verwirklicht sind.

1)
Das Merkmal e2) verlangt, dass durch die Ausübung eines festgelegten Drucks auf die erste aufreißbare Siegelung dieselbe zerreißbar ist, damit sich die ersten und zweiten Vorläuferkomponenten (52, 53) mischen und Schaum bilden können.

Der Fachmann erkennt, dass der ersten aufreißbaren Siegelung die Funktion zukommt, die erste und zweite Kammer des Vorläuferpaketes, welche erste und zweite Vorläuferkomponenten beinhalten, zu trennen, damit diese Vorläuferkomponenten sich erst zu einem vom Anwender gewünschten Zeitpunkt vermischen. Die Vermischung soll durch Zerreißen der ersten aufreißbaren Siegelung hervorgerufen werden, das der Anwender vermittels einer festgelegten Druckausübung herbeiführt. Insoweit macht der Anspruch keinerlei einschränkende Vorgaben über die Art und Weise der Druckausübung. Er lässt namentlich offen, ob der Druck unmittelbar oder bloß mittelbar ausgeübt wird. So sieht das Klagepatent es auch laut seiner Beschreibung ins- besondere als patentgemäß an, wenn ein wechselseitiges Drücken auf die beiden Hälften des Schaumvorläuferpaketes erfolgt und so eine Vermischung der einzelnen Vorläuferkomponenten erzielt wird (vgl. Abschnitt [0050] der deutschen Übersetzung). Dies zeigt, dass nach der Lehre des Klagepatents nach dem Zerreißen der Trennnaht kein selbsttätiges Vermischen der Komponenten erfolgen muss, und auch eine über die Schaumvorläuferkomponenten vermittelter Druck auf die Trennnaht hinreichend ist.

Vor diesem Hintergrund kann es dahinstehen, ob – wie die Klägerin meint – das Merkmal e2) in Form seines „damit-Zusatzes“ eine reine Zweckangabe beinhalte. Unabhängig davon steht es im Hinblick auf das eben erwähnte Ausführungsbeispiel der wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals e2) nämlich nicht entgegen, dass – vgl. Schritt 4 der Bedienungsanleitung gemäß Anlage B1 – der Anwender mit den Händen einen wechselseitigen Druck auf die Kammern der beiden Hälften des Vorläuferpaktes ausüben muss.

b)
Nach der technischen Lehre des Merkmals g) ist das Schaumvorläuferpaket an einem festgelegten Ort innerhalb des umschlossenen Raums des Beutels positioniert und gehalten.

Der Fachmann entnimmt dem Anspruch 1, dass dieser sich nicht in einer bestimmten Art und Weise darauf festlegt, wie die in Merkmal g) beschriebene Ortsfestlegung des Schaumvorläuferpaketes, welche unter anderem zur Vermeidung der im Stand der Technik verwirklichten Nachteile beiträgt, indem ein Verrutschen des Vorläuferpaketes und eine dadurch bedingte Erschwerung des Expansionsvorgangs vermieden werden, erfolgen soll bzw. kann. Insbesondere erkennt der Fachmann, dass aus der Formulierung „gehalten“ nicht folgt, das Halten an einem festgelegten Ort müsse zwingend mittels Befestigungsmitteln erfolgen. In diesem Verständnis sieht der Fachmann sich nachhaltig dadurch bestätigt, dass erst die engeren und auf den Hauptanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 13, 17, 18 und 19 vorsehen, dass und auf welche konkrete Weise das Vorläuferpaket am Beutel befestigt ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Hauptanspruch gerade auch anderweitige Fixierungsmöglichkeiten erfasst.

Bei den angegriffenen Ausführungsformen führt deren Faltung dazu, dass das Vorläuferpaket an der von den gegenüberliegenden Entlüftungsöffnungen des äußeren Beutels am weitesten entfernten Stelle angeordnet ist – diesen Ort betrachtet das Klagepatent als „am bevorzugtesten“ (Abschnitt [0043 am Ende] der deutschen Übersetzung). Wie die Aufnahmen der Gebrauchsanleitung in Anlage rop 4A zeigen, wird der Beutel zunächst teilweise um eine Faltlinie auseinandergefaltet (vgl. schwarzen Balken in Schritt 2 der Gebrauchsanleitung). Diese Ausgestaltung entspricht der im Unteranspruch 2 beschriebenen technischen Lehre, wonach das Halten an einer festen Position durch Übereinanderfalten des Beutels mit dem darin liegenden Schaumvorläuferpaket erfolgt. Darüber hinaus hat die Klägerin – bekräftigt mittels einer Demonstration im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.05.2009 – unwidersprochen vorgebracht, dass auch Adhäsionskräfte zwischen dem äußeren und inneren Beutel letzteren an einem gewünschten Ort fixieren, auch wenn das Paket nicht – etwa zu Transportzwecken – vollständig gefaltet ist.

Soweit die Beklagten nunmehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung eine anderweitige Bedienungsanleitung vorlegten, ist dieser Vortrag zum einen verspätet (§§ 296a, 156 ZPO). Zudem ist dieser Vortrag auch unerheblich, weil die zuvor eingereichte, aus Anlage B1 ersichtliche Bedienungsanleitung nach eigenem Vortrag der Beklagten jedenfalls auch verwendet worden war.

III.

1)
Da die Beklagten das Klagepatent widerrechtlich benutzt haben, sind
sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 EPÜ, § 139 PatG).

Im Hinblick auf seine Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) hat der Beklagte zu 2) – entgegen der Ansicht der Beklagten entsprechend einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung – als gesetzlicher Vertreter persönlich für die begangene Patentverletzung einzustehen, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Gesellschaft im Geschäftsverkehr zu bestimmen hatte (vgl. BGH, GRUR 1986, 248 – Sporthosen; vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2006, 182; vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Auflage, Rn 354). Die Beklagte zu 1) wiederum muss sich das patentverletzende Handeln des Beklagten zu 2) gemäß § 31 BGB zurechnen lassen (vgl. Kühnen/Geschke, a.a.O., Rn 357).

Insbesondere besteht nach wie vor wegen der bereits eingetretenen Patentverletzung eine Wiederholungsgefahr. Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 20.03.2009 (dort Seite 3 unter 4., Blatt 67 GA) eine durch Vertragsstrafe gesicherte Unterlassungserklärung abgegeben haben, ist diese ungeeignet zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr, weil
sie nicht konkret am Anspruchswortlaut des Klagepatents orientiert ist und so nicht das Unterlassen einer Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents verspricht (vgl. Schulte/Kühnen, PatG mit EPÜ, 8. Auflage, § 139 Rn 43 m.w.N.).

2)
Die Beklagten trifft hinsichtlich der Patentverletzungen auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden.

a)
Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten sie das Klagepatent kennen und dessen Verletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen voraussehen können. Die Beklagten haften der Klägerin deshalb auf Schadensersatz (Art. 64.EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG).

Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte zu 2) darauf, er habe auf einen vorab eingeholten patentanwaltlichen Rat vertrauen dürfen. Konkret stellt der Beklagte zu 2) – was die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht mit Nicht-wissen bestreitet – ein schuldhaftes Handeln damit in Abrede, dass er Herrn Patentanwalt Dr. B mit der Prüfung beauftragt habe, ob „ein angedachtes Produkt der Beklagten“ gegen Schutzrechte Dritter verstoße. Der Patentanwalt habe dies unter Einbeziehung einer Prüfung des Klagepatents verneint und habe „nach Eintritt in die Sachprüfung ausgeführt, das geplante Produkt könne realisiert werden“, wobei ihm ein Muster des geplanten Produktes vorgelegen habe. Nach einer Abmahnung habe er diese Prüfung mit demselben Ergebnis wiederholt (vgl. Anlage B4, die laut den Beklagten eine Zusammenfassung „patentanwaltlicher Vorprüfungsergebnisse enthalte“).

Die Einholung sachkundigen Rates von Patentanwälten ist in aller Regel erforderlich und kann unter bestimmten Voraussetzungen den Verletzer durchaus decken. Selbst eine günstige Stellungnahme schließt Verschulden indes nicht zwingend aus, sie ersetzt insbesondere keine eigene Überprüfung. Stützt der Verletzer sich auf ein Gutachten, so ist dieses dem Gericht vorzulegen, damit überprüft werden kann, ob tatsächlich eine überzeugende Begründung gegeben wurde (BGH, GRUR 1959, 478, 480). Ein Verschulden kann also trotz vorheriger Konsultierung eines Patentanwalts gegeben sein (BGH, GRUR 1939, 175).

Der Vortrag der Beklagten lässt nicht die tatrichterliche Feststellung zu, dass Herr Patentanwalt Dr. B vor der Herstellung und dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen letztere abschließend und in gutachtlicher Form auf eine Verletzung des Klagepatents überprüft hatte, so dass der Fahrlässigkeitsvorwurf nicht wegen zuvor eingeholten patentanwaltlichen Rates entfällt. Durch den bloßen Hinweis auf die Beauftragung eines Patentanwalts ist der Vorwurf fahrlässiger Benutzung des Patents nicht auszuräumen, sondern es ist – worauf die Kammer ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 12.05.2009 hingewiesen hat – vorzutragen, was der Patentanwalt konkret überprüft und welchen konkreten Rechtsrat er erteilt hat (vgl. BGH, GRUR 1993, 460 (II7b) – Wandabstreifer).

Vorliegend ist dem von den Beklagten im Sitzungstermin vom 12.05.2009 als Anlagenkonvolut B16 vorgelegten Schriftverkehr aber ganz im Gegenteil zu entnehmen, dass Herr Patentanwalt Dr. B wunschgemäß vorab keine abschließende Prüfung einer Verletzungsprüfung vornahm. Es heißt dort ausdrücklich auf Seite 1, 2. Absatz des Schreibens des Patentanwalts vom 27.07.2007:

„Selbstverständlich können wir auf der Grundlage dieser Recherchen nicht mit Sicherheit ausschließen, dass Sie von einem Mitbewerber wegen einer Schutzrechtsverletzung angegangen werden. Im Hinblick auf die geringen bisher zu erwartenden Umsätze und die sich bei unseren Gesprächen herausgestellten Möglichkeiten, eine Abweichung Ihrer Produkte von den Schutzansprüchen der relevanten Schutzrechte darzulegen, hatten wir festgehalten, dass weitere Recherchen und Prüfungen zumindest zunächst nicht durchgeführt werden sollen.“

b)
Da die genaue Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse daran, die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen (§ 256 ZPO).

3)
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, haben die Beklagten im zuerkannten Umfang Rechnung über ihre Benutzungshandlungen zu legen (Art. 64 EPÜ, § 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB), wobei im zuerkannten Umfang Rechnungen vorzulegen sind (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 5,249 – Faltenbalg). Hinsichtlich der Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ist den Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheibenbefestiger).

4)
Der zuerkannte Vernichtungsanspruch findet seine Grundlage in Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 1 PatG, der Rückruf- und Entfernungsanspruch in Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 3 PatG.

5)
Darüber hinaus hat die Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Patentanwaltskosten für die Erstellung der Abmahnung vom 14.11.2007. Die Kosten einer Abmahnung stellen einen ersatzfähigen Schadensposten dar (Kühnen /Schulte, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn 205). Die Klägerin durfte sich zur Verhinderung weiterer Verletzungshandlungen durch die Beklagten herausgefordert fühlen, Patentanwälte mit der Prüfung der patentrechtlichen Lage und dem Abfassen einer Abmahnung zu beauftragen, und die hierfür notwendigen Kosten aufzuwenden. Die ersatzfähigen Kosten belaufen sich jedenfalls auf eine Mittelgebühr, mithin 1,3 Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von insgesamt 100.000,00 EUR für das hiesige Klagepatent und das Klagepatent des Parallelverfahrens 4b O XXX/08, was einen Betrag von EUR 1.780,20 ergibt.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Alt. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich jeweils aus § 709 ZPO.

VI.

Eine einseitige Streitwertherabsetzung zugunsten der Beklagten gemäß § 144 PatG war nicht geboten.

Sachliche Voraussetzung des § 144 PatG ist, dass die Belastung mit Prozesskosten nach dem vollen Streitwert die wirtschaftliche Lage der Beklagten erheblich gefährden würde. Dies wäre glaubhaft zu machen gem. § 294 ZPO. Die Glaubhaftmachung erfordert die Offenlegung der Vermögensverhältnisse im Einzelnen einschließlich einer Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Kreditaufnahme (Kühnen/Geschke, a.a.O., Rn 868). Obwohl die Kammer auf diese Gesichtspunkte ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 12.05.2009 hingewiesen hat, erfolgte seitens der Beklagten zu 1) kein kon- kreter Vortrag zur Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Kreditaufnahme.

Der Beklagte zu 2) hat nunmehr mit Schriftsatz vom 04.06.2009 eingeräumt, einen entsprechenden Kredit erhalten zu können.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 29.05. und 04.06.2009 gaben jeweils keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 296a, 156 ZPO).