4b O 65/08 – Leuchtring

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1133

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. Februar 2009, Az. 4b O 65/08

I.
Der Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einen Text, wie nachfolgend wiedergegeben, zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen:

insbesondere wenn die als pdf-Datei angekündigte Abschrift des Urteils lediglich den Urteilstenor ohne die Entscheidungsgründe enthält;
2. dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang Handlungen gemäß Ziffer I.1. begangen worden sind, und zwar unter Angabe der Publikationsmedien, Erscheinungsdaten, Erscheinungsorte, Erscheinungszeitraum und Angabe der Anzahl der Internetzugriffe.

II.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

III.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.248,31 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2008 zu zahlen.

IV.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

V.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 10 % und dem Beklagten zu 90 % auferlegt.

VI.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 26.500,00 € vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VII.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 29.142,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Parteien sind auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von sogenannten Leucht- und Signalkörpern tätig, die insbesondere als wasserdichte, mit Leuchtdioden versehene Hundehalsbandringe ausgestaltet sind.

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des Gebrauchsmusters DE 20 2004 020 XXXU1 welches am 19.11.2004 angemeldet und dessen Eintragung am 15.12.2005 bekannt gemacht wurde.

Dieses Gebrauchsmuster betrifft einen gegen Umwelteinflüsse unempfindlichen, insbesondere wasserdichten Leucht- und Signalkörper insbesondere zur Kennzeichnung von Menschen, Tieren oder sonstigen bewegten Gegenständen wie Fahrrädern im Dunkeln, vorzugsweise einen entsprechend beleuchteten Hundehalsring.

Aufgrund dieses Gebrauchsmusters hat der Beklagte gegen den Kläger in einem vor dem Landgericht München I zu dem dortigen Geschäftszeichen 7 O 18155/06 geführten Rechtsstreit einen Unterlassungstitel wegen des Anbietens und Inverkehrbringens zweier Ausführungsformen von Hundehalsbändern unter der Bezeichnung „A“ erwirkt. Daneben wurde der Kläger zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt sowie seine Verpflichtung zur Schadenersatzleistung festgestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts München I vom 27.09.2007 verwiesen, welches von dem Kläger als Anlage LS 2 zur Akte gereicht wurde. Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die mit Schriftsatz vom 01.02.2008 auch begründet wurde.

Der Beklagte unterhält eine Internetseite mit der Domain-Adresse www.B.de. Auf dieser Internetseite fand sich jedenfalls am 31.01.2008 der nachfolgend in Kopie verkleinert wiedergegebene Inhalt (Anl. LS 12):

Durch Anklicken der unterlegten Zeile „C“ gelangte der Betrachter zu der folgenden Seite (Anl. LS 11):

Nach Anklicken der Zeile „Abschrift des Urteils als PDF“ konnten ausschließlich das Rubrum und der Tenor des Urteils des Landgerichts München I heruntergeladen werden.

Wegen dieses Internet-Auftritts wurde der Beklagte durch anwaltlichen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 01.02.2008 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger seine Prozessbevollmächtigten sowie die Patentanwälte D in dieser Angelegenheit beauftragt habe. Der Beklagte wurde zudem u.a. aufgefordert, dem Grunde nach selbständig begründend anzuerkennen, dass er verpflichtet sei, die Kosten der rechts- und patentanwaltlichen Inanspruchnahme durch den Kläger auf der Grundlage eines Streitwerts von 100.000,00 € zu erstatten.
Eine Reaktion auf dieses Schreiben erfolgte nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, der beanstandete Internet-Auftritt stelle eine unberechtigte Abnehmerverwarnung dar, da der Eindruck vermittelt werde, sämtliche von ihm vertriebenen Leuchtringe seien von dem Unterlassungsgebot betroffen. Es fehle an jeglicher Konkretisierung der in dem Münchener Verfahren streitgegenständlichen Objekte. Zudem sei nicht hinreichend dargetan, dass das für den Beklagten eingetragene Gebrauchsmuster mit einem Löschungsantrag angegriffen und die Entscheidung des Landgerichts München I mit einer Berufung angefochten worden sei. Eine Veröffentlichung des Urteils sei ohne entsprechenden gerichtlichen Titel unzulässig. Jedenfalls stellten diese Gesichtspunkte eine unlautere geschäftliche Handlung dar, weswegen der Beklagte auch insoweit zur Unterlassung verpflichtet sei und darüber hinaus auch die Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme seiner, des Klägers, anwaltlichen Vertreter zu erstatten habe. Der zugrundegelegte Streitwert von 100.000,00 € sei zudem angemessen, weil der Internet-Auftritt seine gesamte berufliche Existenz gefährdet habe.

Der Kläger beantragt,

den Beklagte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu verurteilen, wobei er hinsichtlich des bezifferten Zahlungsantrages beantragt hat,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.142,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 25.04.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, aus der zulässigen Veröffentlichung des Unterlassungstenors und der dortigen Wiedergabe des Wortlauts des Schutzanspruches des Gebrauchsmusters werde hinreichend detailliert beschrieben, welche Leuchtringe des Klägers von dem Urteil erfasst seien. Aufgrund der Wiedergabe des Aktenzeichens des Gebrauchsmusters in dem beanstandeten Internetauftritt sei dieses Schutzrecht auch ausreichend bezeichnet, da der Betrachter sich mit dieser Information das Schutzrecht aus dem Internet herunterladen könne. Schließlich werde durch die Wiedergabe der Möglichkeit der Berufungseinlegung durch den Kläger ein genügender Hinweis auf die fehlende Rechtskraft des Urteils des Landgerichts München I gegeben.
Es sei weder erforderlich gewesen, für den beanstandeten Internet-Auftritt vorgerichtlich einen Patentanwalt zu beauftragen, noch sei der zugrundegelegte Gegen-standswert angemessen. Die Angelegenheit habe allenfalls eine Wert von 25.000,00 €.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist hinsichtlich der begehrten Unterlassung des Internet-Auftritts sowie des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs begründet. Lediglich der Erstattungsanspruch für die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie seiner Patentanwälte ist überwiegend unbegründet, weswegen die Klage insoweit abzuweisen ist.

I.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Internet-Auftritt um eine Abnehmerverwarnung handelt, denn jedenfalls rechtfertigt sich die beantragte Unterlassung aus dem Gesichtspunkt der unlauteren geschäftlichen Tätigkeit gem. §§ 8 Abs.1, 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

1.
Bei dem beanstandeten Internet-Auftritt des Beklagten handelt es sich zunächst um eine geschäftliche Handlung im Sinne dieses Gesetzes. Eine geschäftliche Handlung ist gem. der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Damit fallen unter solche geschäftlichen Tätigkeiten auch die werbenden Handlungen, die Gegenstand des UWG in der bis zum 22.12.2008 geltenden Fassung waren. Danach war „Werbung“ jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechts und Verpflichtungen zu fördern (Hefermehl-Bornkamm, UWG, 25.Aufl. § 5 Rn 2.12). An dem Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen in dem zur Entscheidung stehenden Fall keine Bedenken. Der Beklagte hat die Internetseite unter seiner Firma „E“ angemeldet und bewirbt dort ganz offenkundig die von ihm hergestellten und vertriebenen Leuchtkörper. Der dort platzierte Hinweis auf das gerichtliche Unterlassungsgebot gegenüber dem Kläger dient mithin auch zugleich der Förderung seines eigenen (des Beklagten) Absatzes von streitgegenständlichen Produkten, da der potentielle (insb. gewerbliche) Abnehmer davon Abstand nehmen wird, die gebrauchsmusterverletzenden Gegenstände von dem Kläger zu erwerben und statt dessen diese Teile unmittelbar von dem Schutzrechtsinhaber zu beziehen, da er so eine Schutzrechtsverletzung vermeiden kann (vgl. hierzu auch: Bornkamm, a.a.O. Rn 2.18).
2.
Für die Frage, ob eine Irreführung des Verkehrs vorliegt, sind die selben Maßstäbe heranzuziehen, wie sie von der Rechtsprechung für unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen aufgestellt worden sind. Denn das dem Schutzrechtsinhaber verliehene Ausschließlichkeitsrecht schließt jeden Wettbewerber von der Benutzung des nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften definierten Schutzgegenstandes aus. Diese einschneidende, die Freiheit des Wettbewerbs begrenzende Wirkung des Ausschließlichkeitsrechts verlangt nach einem Korrelat, welches sicherstellt, dass der Wettbewerb nicht über die objektiven Grenzen hinaus eingeschränkt wird, durch die das Gesetz den für schutzfähig erachteten Gegenstand und seinen Schutzbereich bestimmt (BGH, GRUR 2005, 882, 884 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).

Diese Grundsätze haben unabhängig davon ihre Berechtigung, ob eine Abnehmerverwarnung oder „nur“ eine Werbung vorliegt. Zwar ist der Eingriff einer „bloß“ werbenden Aussage nicht so intensiv wie eine direkte Abnehmerverwarnung, da dem Empfänger dieser Erklärung ein größerer Handlungsspielraum verbleibt. Dies entbindet den Schutzrechtsinhaber aber nicht von seiner Verpflichtung, mit besonderer Sorgfalt über die aktuelle Schutzrechts- und Verletzungssituation zu berichten, denn der allein in Rede stehende gewerbliche Adressat dieser Erklärung weiß um die Bedeutung gewerblicher Schutzrechte und wird einer hierauf gerichteten werbenden Äußerung größere Bedeutung beimessen.

Der Werbende darf deshalb keine irreführenden Angaben machen. Irreführend ist eine solche Handlung jedenfalls dann, wenn sie objektiv unzutreffende Angaben enthält. Darüber hinaus können den Schutzrechtsinhaber aber nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG Aufklärungspflichten treffen, wenn abzusehen ist, dass eine objektiv zutreffende Aussage falsch verstanden wird oder ihr eine Bedeutung beigemessen wird, die ihr in Wirklichkeit nicht zukommt (Hefermehl-Bornkamm, UWG, 25.Aufl., § 5 Rn 5.131). Für die Bewertung ist – bei der vorliegend an das breite Publikum gerichteten Internet-Seite – auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher abzustellen, der sich über Zubehörartikel für seinen Hund informieren möchte und der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (Hefermehl-Bornkamm, a.a.O., Rn 2.87).

a)
Aufgrund dessen ist – entsprechend den Anforderungen an eine Schutzrechtsverwarnung – erforderlich, dass der Schutzrechtsinhaber (der Beklagte) substantiiert dartun muss, welche konkrete Ausführungsform gegen welches Schutzrecht verstoßen soll (Schulte-Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn 192 ff.).

An dieser Voraussetzung fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat in der Internet-Mitteilung selber gar keine Angaben dazu gemacht, welche konkreten Leuchtringe durch den Kläger aufgrund der – nicht rechtskräftigen – Verurteilung nicht mehr vertrieben werden dürfen. Dort ist lediglich erwähnt, dass der Kläger dazu verurteilt worden sei, Vertrieb und Herstellung „der Leuchtringe“ zu unterlassen. Dies weckt bei dem durchschnittlichen Verbraucher, auf dessen Empfängerhorizont vorliegend abzustellen ist, den Eindruck, dass der Kläger gar keine Leuchtringe mehr vertreiben dürfe. Denn es wird ganz allgemein von „den Leuchtringen“ gesprochen, ohne darauf hinzuweisen, dass hier nur bestimmte Typen von der gerichtlichen Entscheidung betroffen sind. Aufgrund der Verurteilung ist es dem Kläger nämlich nur untersagt, die in dem Verfahren beim Landgericht München I streitgegenständlichen Leuchtringe weiterzuvertreiben (dort waren es die Anlagen K 5 und K 13, die von dem Kläger unter der Bezeichnung „F“ vertrieben wurden). Der Kläger macht insoweit geltend, dass er die Ausführungsformen abgewandelt habe und nunmehr eine Technik verwende, die dem vorbekannten Stand der Technik entspreche. An dem Vertrieb solcher abgewandelter Ausführungsformen ist der Kläger jedoch nicht aufgrund des Urteils des Landgerichts München I gehindert.

Auch der Link auf den Tenor des Urteils als herunterzuladender pdf-Datei ersetzt nicht die konkrete Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsform. Der Tenor enthält – der üblichen Rechtsprechung entsprechend – den Wortlaut des Schutzanspruches des dortigen Klagegebrauchsmusters. Dies ist ausreichend, um die ausgesprochene Unterlassung zu vollstrecken; allerdings nur insoweit, als sich aus den heranzuziehenden Entscheidungsgründen ergibt, dass diejenigen Gegenstände, in die hinein vollstreckt werden soll, auch Gegenstand des Erkenntnisverfahrens waren. Eine solche Möglichkeit ist dem Verbraucher vorliegend aber gerade nicht eingeräumt, da es an der Wiedergabe der Entscheidungsgründe fehlt. Der durchschnittliche Verbraucher wird bei der ihm abverlangten angemessenen Aufmerksamkeit auch nicht hingehen und anhand des Unterlassungstenors die einzelnen von dem Kläger angebotenen Leuchtringe Merkmal für Merkmal daraufhin untersuchen, ob diese den Schutzbereich des Gebrauchsmusters verletzen. Wollte er dies tun, müsste er die – was zwischen den Parteien unstreitig ist – Leuchtringe dabei zerstören. Alleine dies wird davon abhalten, eine solche Prüfung durchführen zu wollen.

b)
Daneben wird in der beanstandeten Mitteilung auch nicht ausreichend darauf hingewiesen, dass das Urteil des Landgerichts München I noch nicht rechtskräftig ist.

Es ist weiterhin in Rechtsprechung und Literatur anerkannt (LG Düsseldorf, InstGE 3, 86, Rn 13 – Hochdruckreiniger, Schulte-Kühnen, a.a.O.,), dass eine Schutzrechtsverwarnung dann unzulässig ist, wenn ein Hinweis darauf fehlt, dass ein bereits ergangenes Verletzungsurteil noch nicht rechtskräftig ist. Der Hinweis darauf, dass der Kläger gegen „dieses“ Urteil des Landgerichts München I nach dessen Zustellung 4 Wochen Zeit hat, Berufung hiergegen einzulegen, genügt diesem Erfordernis nicht. Unbestritten hat der Kläger Berufung eingelegt, die zwischenzeitlich auch begründet wurde. Der Betrachter dieser Mitteilung des Internets wird, jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, völlig über diese Tatsache im Unklaren gelassen. Es besteht seinerseits vielmehr Anlass zu der Annahme, dass er davon ausgeht, dass das Urteil (immerhin vom 27.09.2007) zwischenzeitlich rechtskräftig geworden sein dürfte, da ihm Gegenteiliges nicht mitgeteilt wird.

Soweit der Beklagtenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass der beanstandete Internet-Auftritt nur für die Dauer von etwa 2 Monaten in das Internet eingestellt gewesen sei, ändert dies an der vorstehenden Bewertung nichts. Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I wurde durch Berufungsschriftsatz vom 12.11.2007 (Anlage LS 4) eingelegt. Ausweislich der zur Akte gereichten Kopien der beanstandeten Internet-Seiten (Anlagen LS 11, LS 12) war dieser Internet-Auftritt jedenfalls noch am 31.01.2008 abrufbar, ohne dass sich ein entsprechender Hinweis auf die bereits eingelegte Berufung dort gefunden hat.

Zudem ist unwidersprochen geblieben, dass die beanstandete Seite auch heute noch über die Internet-Suchmaschine „G“ auffindbar ist.

3.
Die Beseitigung des beanstandeten Internet-Auftritts durch den Beklagten, die erstmals in der mündlichen Verhandlung am 15.01.2009 von dem Beklagtenvertreter vorgetragen wurde, lässt die einmal begründete Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Der Beklagte hat sich geweigert, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.

III.
Der Kläger kann auch die Erstattung seiner Rechtsanwaltskosten nach §§ 683, 677, 670 BGB und im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs nach §§ 9, 12 Abs. 1 S. 2 UWG verlangen. Der Höhe nach ist dieser Anspruch jedoch auf einen Betrag von 1.248,31 € beschränkt.

1.
a)
Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers ergibt sich vorliegend verschuldensunabhängig nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Abmahnung der Beseitigung der von dem Abgemahnten ausgehenden rechtswidrigen Störung (Wettbewerbsverstoß) dient, zu der der Störer verpflichtet ist. Insoweit führt der Abmahnende nicht nur ein eigenes, sondern zugleich auch ein fremdes Geschäft für den Abgemahnten insoweit, als er – in Übereinstimmung mit dem Interesse und dem jedenfalls mutmaßlichen Willen des Verletzers – einen ansonsten drohenden kostspieligen Rechtsstreit vermeidet.

b)
Darüber hinaus kann der Kläger die geltend gemachten Abmahnkosten infolge des schuldhaften Handelns des Beklagten auch aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ersetzt verlangen, da die Abmahnung den vorstehenden Ausführungen folgend berechtigt war.

Beiden Anspruchsgrundlagen ist gemein, dass die erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen sind.

2.
Vorliegend ist allerdings bei der Berechnung der entstandenen Kosten der Gegen-standswert mit 100.000,00 € deutlich zu hoch angesetzt worden. Dies gerade im Hinblick auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24.06.2008 zu dem Geschäftszeichen I-2 W 26/08 (Anlage LR 1). Der Senat hat in dieser Entscheidung wegen des selben Schutzrechts (bezogen auf die von dem Kläger angebotenen abgewandelten Ausführungsformen) den Streitwert wegen einer Internet-Mitteilung des Beklagten auf 25.000,00 € festgesetzt, weil einerseits die Intensität nicht als zu hoch zu betrachten ist und andererseits auch der Umsatz des Klägers als nicht besonders hoch bezeichnet wurde.

Maßgeblich ist das Interesse, das der Abmahnende mit seiner Abmahnung objektiv verfolgt. Ist Gegenstand der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch, kommt es darauf an, mit welchen Nachteilen der Abmahnende bei der Fortsetzung der beanstandeten Handlung rechnen muss. Maßgeblich für die Schätzung ist das Interesse, das der Abmahnende an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Dieses Interesse wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber anhand des ihm drohenden Schadens bestimmt. Dabei sind unter anderem die Unternehmensverhältnisse die dem Störer und dem Abmahnenden, die Intensität des Wettbewerbs zwischen beiden, die Auswirkung zukünftiger Störungshandlungen und die Intensität der Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen (BGH, GRUR 1990, 1052, 1053 – Streitwertbemessung).

Zwar ist der beanstandete Internet-Auftritt geeignet, potentielle Kunden des Klägers davon abzuhalten, ihren Bedarf bei ihm zu decken und statt dessen das Produkt des Beklagten zu erwerben. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass der Beklagte nicht direkt Kunden des Klägers angesprochen hat, sondern sich die Mitteilung auf seiner eigenen Internet-Seite befindet. Zudem ist – wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem o.a. Beschluss ausgeführt hat – zu berücksichtigen, dass der Jahresumsatz des Klägers (ca. 80.000,00 €) nicht sonderlich hoch ist.

Vor diesem Hintergrund ist der pauschale Hinweis darauf, dass durch den beanstandeten Internet-Auftritt die gesamte berufliche Existenz des Klägers gefährdet sei, nicht geeignet, einen höheren Gegenstandswert zu rechtfertigen. Es ist nicht geltend gemacht worden, dass der Kläger durch den Internet-Auftritt erhebliche Umsatzeinbußen erlitten hat.

3.
Entsprechend der Festsetzung des Oberlandesgerichts ist daher von einem Gegenstandswert von 25.000,00 € auszugehen. Eine Geschäftsgebühr beträgt nach RVG 686,00 €. Eine 1,5 Gebühr mithin 1.029,00 €. Hinzuzusetzen ist eine Auslagenpauschale von 20,00 € sowie die Mehrwertsteuer hinzuzuaddieren. Dies ergibt für den Rechtsanwalt 1.248,31 €. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts für die rechtliche Bewertung der in Rede stehenden wettbewerbswidrigen geschäftlichen Handlung des Beklagten war auch angemessen.

4.
Eine Erstattung der Kosten für den Patentanwalt, dessen Mitwirkung in dem Abmahnschreiben angezeigt wurde, scheidet vorliegend hingegen aus. Eine Erstattung der Patentanwaltskosten kommt nur in Betracht, wenn dessen Hinzuziehung erforderlich war (BGH, GRUR 2007, 621, 622, 623 – Abschlussschreiben). Dabei kann nicht einfach auf die Erforderlichkeit der Hinzuziehung der Rechtsanwälte abgestellt werden, die Prüfung muss für den Patentanwalt gesondert erfolgen (OLG Düsseldorf, Mitt. 2008, 561, 562 – Kostenerstattung eines mitwirkenden Patentanwalts). Bei der vorliegenden beanstandeten Mitteilung im Internet standen jedoch alleine wettbewerbsrechtliche Fragen zur Diskussion. Es war in keiner Weise erforderlich, auf technische Details oder etwa auf gebrauchsmusterrechtliche Fragen einzugehen, was die Hinzuziehung eines Patentanwalts entbehrlich machte. Der Kläger hat derartiges auch nicht substantiiert vorgetragen.

5.
Die Geschäftsgebühr vermindert sich auch nicht etwa durch Anrechnung. Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG ist die Gebühr zwar zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die wegen desselben Gegenstands angefallene Verfahrensgebühr anzurechnen. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH (BGH, NJW 2007, 2049; NJW 2007, 2050; NJW 2008, 1323, vgl. dazu auch Schneider, NJW 2007, 2001 ff.) ist diese Vorschrift so zu verstehen, dass eine entstandene Geschäftsgebühr unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Diese verringert sich, während die zuvor bereits entstandene Geschäftsgebühr von der Anrechnung unangetastet bleibt.

6.
Der geltend gemachte Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit der Klage folgt aus § 291 BGB.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.