2 U 29/12 – WC-Sitzgelenk

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2136

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. November 2013, Az. 2 U 29/12

Vorinstanz: 4b O 284/10

A.
Auf die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel – das am 23. Februar 2012 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

WC-Sitzgelenke zur Befestigung einer WC-Sitzgarnitur an einer Keramik, mit einer Schwenkachse für einen Sitz und einen Deckel der Sitzgarnitur und mit einer Dämpfungseinrichtung zum Abstützen der Sitzgarnitur während der Schwenkbewegung, wobei ein Adapterstück mit einem in der Keramik befestigten Befestigungsmittel und drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden ist, die in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei

das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet sind und das Adapterstück einen etwa zylinderförmigen Grundkörper hat, in dem eine durchgehende Stufenbohrung zum Aufsetzen auf einem Scharnierdorn ausgebildet ist, wobei in der Stufenbohrung und am Scharnierdorn jeweils eine komplementäre Ringschulter vorhanden ist;

2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie

a)
die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen – sowohl als Einzellieferung als auch in Verbindung mit WC-Sitzgarnituren als Verkaufseinheit – seit dem 22. März 2006 begangen hat;

b)
WC-Sitzgarnituren mit WC-Sitzgelenken zur Befestigung der WC-Sitzgarnitur an einer Keramik, mit einer Schwenkachse für einen Sitz und einen Deckel der Sitzgarnitur und mit einer Dämpfungseinrichtung zum Abstützen der Sitzgarnitur während der Schwenkbewegung, wobei ein Adapterstück mit einem in der Keramik befestigten Befestigungsmittel und drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden ist, die in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen ist,

seit dem 22. März 2006 in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, wobei

das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet sind und das Adapterstück einen etwa zylinderförmigen Grundkörper hat, in dem eine radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einem Scharnierdorn ausgebildet ist,

und zwar jeweils unter Angabe

aa) der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer

bb) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

cc) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei

– die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 30. April 2006 anzugeben sind,

– zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3.
der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen sowie die zu 2 b) bezeichneten Handlungen seit dem 22. März 2006 begangen hat, und zwar jeweils unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
-zeiten, -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

4.
die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1. bezeichneten WC-Sitzgelenke sowie die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer 2 b als Teil der dort bezeichneten WC-Sitzgarnitur beschriebenen WC-Sitzgelenke auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

5.
die vorstehend unter 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen WC-Sitzgelenke samt WC-Sitzgarnitur sowie die unter
2 b) bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen
WC-Sitzgarnituren zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmern, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass der Senat mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents EP erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser WC-Sitzgarnituren unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der WC-Sitzgarnituren eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen WC-Sitzgarnituren sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendekosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen WC-Sitzgarnituren wieder an sich zu nehmen,

wobei diese Verpflichtung nur für ab dem 30. April 2006 vertriebene
WC-Sitzgelenke (WC-Sitzgarnituren) gilt;

6.
an die Klägerin 13.100,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2011 zu zahlen.

III.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser

1. durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 22. März 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,

2. durch die zu I. 2. b) bezeichneten, seit dem 22. März 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich diese Verpflichtung auf die unter Ziff. I. 2. b) als Teil der dortigen
WC-Sitzgarnituren beschriebenen WC-Sitzgelenke bezieht.

IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V.
Die Widerklage wird abgewiesen.

B.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Beklagten auferlegt. Die Kosten der Streithilfe trägt die Streithelferin.

C.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

D.
Die Revision wird zugelassen.

E.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren und – in Abänderung der im landgerichtlichen Urteil enthaltenen Wertfestsetzung – der Streitwert für den ersten Rechtszug werden auf jeweils 450.000,00 EUR festgesetzt, wobei von dem Streitwert des Berufungsverfahrens 50.000,00 EUR auf die Berufung der Klägerin und 400.000,00 EUR auf die Berufung der Beklagten entfallen.

G r ü n d e :

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents (Klagepatent, Anlage K 1). Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 24.07.2001 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 18.10.2000 eingereicht. Der Hinweis auf die Patentereilung wurde am 22.02.2006 im Patentblatt bekannt gemacht.

Das Klagepatent betrifft ein WC-Sitzgelenk. Der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

„WC-Sitzgelenk zur Befestigung einer WC-Sitzgarnitur (1) an einer Keramik (10), mit einer Schwenkachse (32, 34) für einen Sitz (4) und einen Deckel (2) der Sitzgarnitur (1) und mit einer Dämpfungseinrichtung (11, 12) zum Abstützen der Sitzgarnitur (1) während der Schwenkbewegung, wobei ein Adapterstück (20) mit einem in der Keramik (10) befestigten Befestigungsmittel (26) und drehfest mit der Dämpfungseinrichtung (11, 12) verbunden ist, die in einer Aufnahmebohrung (44, 46) einer Befestigungslasche (40, 42) der Sitzgarnitur (1) aufgenommen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Adapterstück (20) und die Dämpfungseinrichtung (11, 12) als Schwenkachse (32, 34) für den Deckel (2) oder den Sitz (4) ausgebildet sind, und dass das Adapterstück einen etwa zylinderförmigen Grundkörper hat, in dem eine radiale Sacklochbohrung (24) zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn (28) ausgebildet ist.“

Die nachstehend wiedergegebene Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung:

Eine von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.04.2011 (Anlage KP 1) gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht durch Urteil vom 04.12.2012 (4 Ni 22/11 (EP)) zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt, über die der Bundesgerichtshof bislang noch nicht entschieden hat.

Die Beklagte vertrieb jedenfalls in der Vergangenheit unter der Produktbezeichnung „Premium Duroplast WC-Sitz mit Absenkautomatik“ mit Sitzgelenken ausgestattete WC-Sitzgarnituren (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform I), deren Ausgestaltung sich aus dem nachfolgend eingeblendeten Foto, dem als Anlage PBP 20 zur Akte gereichten Muster, den als Anlage PBP 21 überreichten Fotos und der ferner als Anlage PBP 22 vorgelegten Montageanleitung ergibt.

Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 30.07.2009 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform I ab. Auf diese Abmahnung folgte zunächst weitere Korrespondenz unter Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die die Beklagte unter dem 14.04.2010 (Anlage PBP 14) nochmals zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufforderten. Mit Schreiben vom 23.04.2010 (Anlage PBP 15) gab die Beklagte daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und erteilte mit Schreiben vom 11.05.2010 (Anlage PBP 16) Auskunft.

Die Beklagte vertreibt darüber hinaus unter den Produktbezeichnungen „E.-C.-WC-Sitz“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform II) und „O. (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform III) weitere WC-Sitze mit Sitzgelenken.

Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsform II ergibt sich aus dem nachfolgend wiedergegebenen Foto, dem als Anlage PBP 27 vorgelegten Muster, den als Anlage PBP 29 überreichten Fotos und der Montageanleitung gemäß Anlage PBP 31.

Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform III ist dem nachfolgend eingeblendeten Lichtbild, dem als Anlage PBP 28 vorgelegten Muster des Sitzgelenks, den Fotos gemäß Anlage PBP 30 sowie der als Anlage PBP 31 zu den Akten gereichten Montageanleitung zu entnehmen.

Mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 05.11.2010 (Anlage PBP 23) mahnte die Klägerin die Beklagte auch wegen des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsformen II und III ab. Diese Abmahnung wies die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.2010 (Anlage PBP 19) zurück.

Die Klägerin sieht im Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eine Verletzung des Klagepatents. Mit ihrer Klage hat sie die Beklagte deshalb in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen II und III auf Unterlassung und hinsichtlich aller drei angegriffenen Ausführungsformen auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Rückruf und Vernichtung der als patentverletzend angegriffenen Gegenstände sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch genommen. Außerdem hat die Klägerin die Erstattung vorprozessualer Abmahnkosten in Höhe von 13.808,00 EUR begehrt. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht:

Die angegriffene Ausführungsform I mache wortsinngemäß und die angegriffenen Ausführungsformen II und III machten äquivalent von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Alle angegriffenen Ausführungsformen wiesen ein Adapterstück im Sinne des Klagepatents auf, das drehfest mit einer Dämpfungseinrichtung verbunden sei. Die drehfeste Verbindung schließe nicht aus, dass bestimmte Teile der Dämpfungseinrichtung und/oder des Adapterstücks frei drehbar seien. Teile der Dämpfungseinrichtung müssten bereits denklogisch – jedenfalls, wenn es sich um einen Rotationsdämpfer handele – drehbar sein, da Deckel und/oder Sitz absenkbar seien. Patentanspruch 1 erfasse auch einstückige Ausführungsformen und solche mit einem (komplett) drehbaren Mantel der Dämpfungseinrichtung. Entsprechend den Vorgaben des Klagepatents weise das Adapterstück der angegriffenen Ausführungsform I auch eine „Sacklochbohrung“ auf. Die angegriffenen Ausführungsformen II und III verwirklichten das betreffende Merkmal mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln, weil bei ihrem Adapterstück eine durchgängige Stufenbohrung vorgesehen sei, bei der eine Ringschulter die Funktion des Bodens einer Sacklochbohrung erfülle. Die bei der angegriffenen Ausführungsform III zusätzlich vorhandene Schnappverbindung zur Verriegelung des Scharnierdorns mit dem Adapterstück führe nicht aus der Patentverletzung heraus, sondern sei ausdrücklich in Unteranspruch 2 vorgesehen.

Die Beklagten haben um Klageabweisung, hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens gebeten und die Klägerin widerklagend auf Erstattung vorprozessualer Kosten zur Verteidigung gegen die Abmahnungen in Höhe von 13.808,00 EUR in Anspruch genommen. Sie haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt und geltend gemacht:

Bei der angegriffenen Ausführungsform I sei das Adapterstück nicht im Sinne des Klagepatents drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden. Drehfest sei nur die Verbindung des Adapters mit dem im Gehäuse der Dämpfungseinrichtung drehbar gelagerten Kolben; es fehle hingegen an einer drehfesten Verbindung des Gehäuses der Dämpfungseinrichtung mit dem Adapterstück. Darüber hinaus weise die angegriffene Ausführungsform I keine „Sacklochbohrung“ auf. Nach der Lehre des Klagepatents sei die radiale Sacklochbohrung überdies alleiniges Element zur Herstellung der Befestigung mit dem Scharnierdorn. Die angegriffene Ausführungsform I weise demgegenüber eine Mehrzahl von miteinander verbundenen Bohrungen samt weiteren, zusätzlich eingreifenden Teilen zur Herstellung einer festen Verbindung mit dem Scharnierdorn auf.

Die angegriffenen Ausführungsformen II und III verwirklichten die Lehre des Klagepatents ebenfalls nicht, und zwar weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln. Es fehle bereits an einem „Adapterstück“ im Sinne des Klagepatents, weil es sich bei diesem um ein separates Bauteil handeln müsse. Jedenfalls sei eine drehfeste Verbindung eines etwaigen Adapterstücks mit der Dämpfungseinrichtung nicht gegeben. Bei einer einstückigen Ausbildung von Adapterstück und Rotationsdämpfer könne eine drehfeste Verbindung nämlich zwangsläufig nur dann gegeben sein, wenn das Gehäuse der Dämpfungseinrichtung mit dem Adapterstück drehfest verbunden sei. Zudem wiesen die Adapterstücke der angegriffenen Ausführungsformen II und III keine „Sacklochbohrung“ auf, worunter der Fachmann eine Bohrung mit durchgehendem Boden verstehe. Das betreffende Merkmal werde auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht. Die Befestigung werde erst durch die seitlichen Elemente ausgeführt, die in eine Mehrfachbohrung seitlich eingeschoben würden und alsdann den Dorn so eng umfassten, dass eine hinreichend feste Verbindung vorliege. Aufgrund der Größe der Bohrungen der angegriffenen Ausführungsformen II und III liege ohne die seitlich eingeschobenen Elemente keine hinreichende Gesamt-Befestigung vor; erst die seitlich eingeschobenen Elemente begrenzten die Bewegungsmöglichkeit des Dorns hinreichend nach oben und zu den Seiten. Diese Lösung sei für den Fachmann weder naheliegend noch derart am Sinngehalt der patentierten Lehre orientiert, dass sie für ihn sofort auffindbar sei. Auch sehe der Fachmann eine Kraftübertragung über seitliche Eingriffsmittel nicht als gleichwertig zur Kraftübertragung über die Verbindung Scharnierdornkopf und Bodenbereich eines Sackloches an.

Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb das Verfahren jedenfalls bis zur abschließenden Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen sei.

Durch Urteil vom 23.02.2012 hat das Landgericht dem die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Klagebegehren im Wesentlichen stattgegeben und die Klage hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen II und III abgewiesen. Der Widerklage hat es in Bezug auf die Kosten zur Abwehr der die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffenden Abmahnung stattgegeben. Das Landgericht hat wie folgt erkannt:

„I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie

WC-Sitzgarnituren mit WC-Sitzgelenken zur Befestigung der WC-Sitzgarnitur an einer Keramik, mit einer Schwenkachse für einen Sitz und einen Deckel der Sitzgarnitur und mit einer Dämpfungseinrichtung zum Abstützen der Sitzgarnitur während der Schwenkbewegung, wobei ein Adapterstück mit einem in der Keramik befestigten Befestigungsmittel und drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden ist, die in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen ist,

seit dem 22.03.2006 in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat, wobei

das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet sind und das Adapterstück einen etwa zylinderförmigen Grundkörper hat, in dem eine radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einem Scharnierdorn ausgebildet ist, und zwar unter Angabe

a) der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei

– die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 30.04.2006 anzugeben sind,
– zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Verkaufsbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

2.
der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 22.03.2006 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3.
die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter vorstehend zu 1. fallenden WC-Sitzgelenke auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

4.
die vorstehend unter 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen WC-Sitzgarnituren zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmern, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents EP erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser WC-Sitzgarnituren unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der WC-Sitzgarnituren eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen WC-Sitzgarnituren sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendekosten für die Rückgabe zugesagt wird, sowie die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen WC-Sitzgarnituren wieder an sich zu nehmen,

wobei diese Verpflichtung nur für ab dem 30.04.2006 vertriebene WC-Sitzgarnituren gilt;

5.
an die Klägerin 6.904,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 11.01.2011 zu zahlen.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu 1. bezeichneten, seit dem 22.03.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.
Auf die Widerklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 6.904,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2011 zu zahlen.

V.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.“

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die angegriffene Ausführungsform I mache von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie verwirkliche sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 wortsinngemäß. Verwirklicht sei insbesondere auch das Merkmal, wonach das Adapterstück drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden sei. Eine drehfeste Verbindung im Sinne des Klagepatents sei gegeben, wenn die verbundenen Teile von Adapterstück und Dämpfungseinrichtung sich nur gemeinsam drehen könnten. Dabei sei nicht erforderlich, dass die drehfeste Verbindung zwischen allen einzelnen Bestandteilen von Adapterstück und Dämpfungseinrichtung oder speziell zwischen Adapterstück und dem Gehäuse der Dämpfungseinrichtung bestehe. Bei der angegriffenen Ausführungsform I sei der Kolben des Rotationsdämpfers über eine formschlüssige Verbindung mit abgeflachten Seiten mit dem Adapterstück drehfest verbunden, weshalb das in Rede stehende Merkmal verwirklicht sei. Entsprechend den weiteren Vorgaben des Klagepatents sei bei der angegriffenen Ausführungsform I auch in das Adapterstück eine radiale Sacklochbohrung eingebracht, die bestimmungsgemäß auf den keramikseitigen Scharnierdorn aufgesetzt werde. Diese Bohrung habe einen (durchgehenden) internen Anschlag. Durch das Aufsetzen komme es zu einer ausreichenden Befestigung in hinreichendem Abstand zur Keramik. Dass der Scharnierdorn darüber hinaus über ein mit einer Feder vorgespanntes, in die Bohrung eintretendes Bauteil mit dem Adapterstück verriegelt werde, führe nicht aus der Verletzung heraus, weil es sich nur um einen zusätzlichen Verriegelungsmechanismus handele.

Die angegriffenen Ausführungsformen II und III machten dagegen von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Dass insoweit eine wortsinngemäße Benutzung mangels einer in dem Adapterstück ausgebildeten Sacklochbohrung nicht vorliege, stehe zwischen den Parteien außer Streit. Das betreffende Merkmal werde auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht, weil es jedenfalls an der erforderlichen Gleichwertigkeit fehle. Statt einer Sacklochbohrung sei bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III eine durchgehende Stufenbohrung vorgesehen, die eine Ringschulter aufweise, die mit einer komplementären Ringschulter des Scharnierdorns zusammenwirke. Eine solche Lösung sei nicht am Patentanspruch orientiert. Anspruch 1 enthalte mit Blick auf die Sacklochbohrung eine Auswahlentscheidung. Zwar würden in der Patentbeschreibung an keiner Stelle konkrete Alternativen zur Befestigung des WC-Sitzgelenkes an der Keramik erörtert. Allerdings unterscheide die Klagepatentschrift im Zusammenhang mit der Befestigung des Gelenks am Sitz bzw. Deckel zwischen verschiedenen Arten von Bohrungen. Die Klagepatentschrift verwende sowohl den allgemeinen Oberbegriff „Bohrung“ als auch die speziellen Begriffe „Sacklochbohrung“, „Durchgangsbohrung“, „Durchgangsbohrung mit gleichbleibendem Durchmesser“ und „Stufenbohrung“. Der Fachmann werde dadurch auf die Existenz der verschiedenen Arten von Bohrungen hingewiesen. Die Verwendung des Begriffes „Sacklochbohrung“ im Patentanspruch ordne er vor diesem Hintergrund als – die unter Schutz gestellte Lehre einschränkende – Auswahlentscheidung ein. Da ihm klar sei, dass er die in der Klagepatentschrift an anderer Stelle genannten Bohrungen auch für das Adapterstück vorsehen könne, begreife er die Nennung der speziellen „Sacklochbohrung“ im Anspruch als Verzicht auf eine auch die anderen technischen Möglichkeiten umfassende technische Lehre.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klagebegehren betreffend die angegriffenen Ausführungsformen II und III weiter, wobei sie sich nunmehr auch auf eine wortsinngemäße Patentbenutzung beruft. Zur Begründung führt sie aus:

Die Erwähnung „anderer“ Bohrungen in der Klagepatentschrift führe nicht zu einer Auswahl der Bohrung für das Adapterstück im Patentanspruch. Das Landgericht habe bei seiner Beurteilung das in Rede stehende Merkmal nicht ausgeschöpft; es habe nur auf die „Sacklochbohrung“ abgestellt, nicht aber die unmittelbar dazu gehörende Funktionsangabe „zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ mit in Betracht gezogen. Die Erwähnung „anderer“ Bohrungen in einem technischen anderen Zusammenhang führe nicht zu einer Auswahl im Kontext mit dem „Adapterstück“. Auch bedürfe es einer wertenden Entscheidung für oder gegen eine Auswahl. Insoweit sei zu beachten, dass das in Rede stehende Merkmal nicht nur eine „Sacklochbohrung“ vorgebe, sondern vielmehr eine Sacklochbohrung „zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“. Der Sacklochbohrung werde damit eine konkrete Funktion zugeordnet. Diese sei von den ansonsten in der Klagepatentschrift genannten Bohrungen nicht zu erfüllen, weshalb diese Bohrungen keine Alternative zu der im Patentanspruch genannten Sacklochbohrung seien. Außerdem sei dem Fachmann bewusst, dass die Wortwahl in der Patentschrift Üblichkeiten bei der Abfassung von Patentanmeldungen entspreche. Für die Konzeption von Neuanmeldungen sei es gängige Praxis, dass man möglichst für alle beschriebenen Bauelemente unterschiedliche Begriffe wähle. Die im anderen Zusammenhang genannten Bohrungen seien funktional keine Bohrungen „zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“. Der Begriff „Sackloch“ beinhalte, dass ein vollständiger Durchtritt eines in die Sacklochbohrung eingreifedenn Gegenstandes nicht möglich sei, sondern ein interner Anschlag für den Gegenstand gebildet werde. Ein geschlossenes Ende der Sacklochbohrung sei nicht notwendig. Das fachmännische Verständnis verbinde mit dem Begriff „Sacklochbohrung“ auch nicht nur eine geschlossene, sondern auch eine sich verjüngende Sacklochbohrung. Eine „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ sei dementsprechend eine Bohrung, die den Scharnierdorn aufnehmen könne, aber den vollständigen Durchtritt des Scharnierdorns verhindere und einen Aufsetzanschlag bilde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen und die Widerklage zugesprochen hat, und

A.
über die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung hinaus

I.
1.
die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

WC-Sitzgelenke zur Befestigung einer WC-Sitzgarnitur an einer Keramik, mit einer Schwenkachse für einen Sitz und einen Deckel der Sitzgarnitur und mit einer Dämpfungseinrichtung zum Abstützen der Sitzgarnitur während der Schwenkbewegung, wobei ein Adapterstück mit einem in der Keramik befestigten Befestigungsmittel und drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden ist, die in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei

das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet sind und das Adapterstück einen etwa zylinderförmigen Grundkörper hat, in dem eine Sacklochbohrung in Form einer durchgehenden, sich nach unten verjüngenden Stufenbohrung zum Aufsetzen auf einem Scharnierdorn ausgebildet ist, wobei in der Stufenbohrung und am Scharnierdorn jeweils eine komplementäre Ringschulter vorhanden ist,

hilfsweise, dass der letzte Absatz wie folgt lautet:

das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet sind und das Adapterstück einen etwa zylinderförmigen Grundkörper hat, in dem eine durchgehende Stufenbohrung zum Aufsetzen auf einem Scharnierdorn ausgebildet ist, wobei in der Stufenbohrung und am Scharnierdorn jeweils eine komplementäre Ringschulter vorhanden ist;

2.
ihr – der Klägerin – darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen sowohl als Einzellieferung als auch in Verbindung mit WC-Sitzgarnituren als Verkaufseinheit seit dem 22.03.2006 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei

– die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 30.04.2006 anzugeben sind,
– zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Verkaufsbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3.
ihr – der Klägerin – durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 22.03.2006 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3.
die in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter vorstehend zu 1. fallenden WC-Sitzgelenke auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

4.
die vorstehend unter 1. fallenden, im Besitz Dritter befindlichen WC-Sitzgarnituren aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den WC- Sitzgarnituren eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP erkannt hat, aufgefordert werden, die WC-Sitzgarnituren an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der WC-Sitzgarnituren eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises, sowie eine Übernahme der Kosten der Rücknahme zugesagt wird, und die zurückgegebenen WC-Sitzgarnituren nach Rückgabe wieder an sich zu nehmen, wobei diese Verpflichtung nur für ab dem 30.04.2006 vertriebene
WC-Sitzgarnituren gilt, wobei diese Verpflichtung nur für ab dem 30. April 2006 vertriebene WC-Sitzgarnituren gilt;

6.
an sie 6.904,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend zu 1. bezeichneten, seit dem 22.03.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

B.
die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und

auf ihre eigene Berufung unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils (1.) die Klage insgesamt abzuweisen und (2.) die Klägerin auf die Widerklage über die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung hinaus zu verurteilen, an sie weitere 6.904,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2011 zu zahlen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, und tritt dem Berufungsvorbringen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt entgegen:

Eine äquivalente Patentverletzung scheide bereits mangels Gleichwirkung aus. Die Befestigungsmechanik der angegriffenen Ausführungsformen II und III sei wesentlich komplizierter als die vom Klagepatent vorgeschlagene Lösung. Darüber hinaus mache es aus Sicht des Fachmanns einen großen Unterschied, ob die über das Adapterstück auf die Keramik übertragene Kraft am Ende einer Sacklochbohrung über die gesamte Stirnfläche des Dorns oder ob die Kraft nur über eine in einer Durchgangsbohrung im Adapterstück ausgebildete Ringschulter übertragen werde. Jedenfalls fehle es aber aus den Gründen des landgerichtlichen Urteils an der erforderlichen Gleichwertigkeit. Entgegen den Ausführungen der Klägerin handele sich bei einer Sacklochbohrung nach fachmännischem Verständnis um eine Bohrung, die das Werkstück nicht vollständig durchdringe, sondern eine bestimmte Tiefe habe. Es liege daher weder eine wortsinngemäße noch eine äquivalente Patentverletzung vor. Eine solche scheide auch deshalb aus, weil bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III das Adapterstück nicht drehfest mit dem Gehäuse der Dämpfungseinrichtung verbunden sei.

Mit ihrer eigenen Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend:

Es reiche nicht aus, wenn lediglich der Drehkolben mit dem Adapterstück drehfest verbunden sei. Als „Schwenkachse“ würden im Klagepatent diejenigen Teile bezeichnet, auf denen die WC-Sitzgarnitur direkt gelagert sei. Gleichzeitig sollten die Dämpfungseinrichtung und das Adapterstück drehfest miteinander verbunden sein. Betrachte man die Merkmale im Zusammenhang, ergebe sich hieraus, dass der Deckel und/oder der Sitz auf dem Adapterstück und der Außenhülle der Dämpfungseinrichtung gelagert sei und dass es sich bei dem Drehkolben um ein zusätzliches, innerhalb der Außenhülle angeordnetes, separates Bauteil handele, das in formschlüssigem Eingriff mit dem Deckel oder dem Sitz drehbar sei. Der Drehkolben bilde weder für den Deckel noch für den Sitz eine Schwenkachse. Bei der angegriffenen Ausführungsform I sei nicht die Dämpfungseinrichtung, die gleichzeitig eine Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz bilde, sondern lediglich ein Zapfen des Drehkolbens in eine entsprechende Aufnahme des Adapterstücks eingeführt. Der Zapfen bilde weder für die Befestigungslasche des Deckels noch für die Befestigungslasche des Sitzes ein Lager und damit auch keine Schwenkachse im Sinne des Klagepatents.

Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit dieses der Klage stattgegeben hat, und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die angegriffene Ausführungsform I als wortsinngemäße Übereinstimmung mit der in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellten technischen Lehre beurteilt. Die zulässige Berufung der Klägerin ist dagegen im Wesentlichen begründet. Die angegriffenen Ausführungsformen II und III machen von der Lehre des Klagepatents zwar nicht wortsinngemäß, jedoch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln Gebrauch. Lediglich einen Teil der geltend gemachten Abmahnkosten kann die Klägerin von der Beklagten nicht beanspruchen. Die Widerklage ist, da die Beklagte das Klagepatent mit allen drei angegriffenen Ausführungsformen benutzt, insgesamt unbegründet.

A.
Das Klagepatent betrifft ein WC-Sitzgelenk mit einer Dämpfungseinrichtung.

Ein solches WC-Sitzgelenk erleichtert den Schließvorgang des Deckels und/oder des Sitzes, da der Sitz bzw. Deckel beim Schließen nicht mehr mit der Hand geführt werden muss. Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, ist ein
WC-Sitzgelenk mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 aus der DE (Anlage PBP 3) bekannt (Anlage PBP 1, Abs. [0002]; die nachfolgenden Bezugnahmen beziehen sich jeweils auf die Klagepatentschrift).

Aus der US (Anlage PBP 4) ist gemäß den Angaben der Klagepatentschrift ferner eine Lösung bekannt, bei der der Sitz und der Deckel entlang einer Schwenkachse gelagert sind, wobei die Absenkbewegung des Sitzes bzw. des Deckels durch eine Dämpfungseinrichtung mit einer federvorgespannten Kulissenführung und einem Flüssigkeitsdämpfer steuerbar ist (Abs. [0003]). An diesem Stand der Technik kritisiert das Klagepatent, dass die Kombination von federvorgespannter Kulissenführung und Flüssigkeitsdämpfer einen erheblichen vorrichtungstechnischen Aufwand erfordere, so dass der Gesamtpreis des
WC-Sitzes nicht unerheblich vom Gelenk mitgeprägt werde (Abs. [0004]).

Die von der Klagepatentschrift ferner behandelte US (Anlage PBP 5) offenbart ein WC-Sitzgelenk, bei dem der Sitz und der Deckel mit jeweils getrennten Schwenkachsen ausgeführt sind (Abs. [0005]). Hieran beanstandet das Klagepatent als nachteilig, dass ein erheblicher Platzbedarf erforderlich sei, um die beiden versetzt zueinander angeordneten Schwenkachsen mit den entsprechenden Dämpfungseinrichtungen ausbilden zu können (Abs. [0005]).

Die Klagepatentschrift befasst sich schließlich mit der WO (Anlage PBP 6) und der WO (Anlage PBP 7), die ebenfalls WC-Sitzgelenke offenbaren, bei denen der Sitz und der Deckel auf einer gemeinsamen Schwenkachse angeordnet sind. Die Schwenkachse wird hierbei durch zwei den Sitz und den Deckel führende Gelenkbolzen gebildet, die mit einer Dämpfungseinrichtung in Form von Federelementen zusammenwirken. Diese Gelenkbolzen sind über einen Verbindungsmechanismus gekoppelt, der ein Lösen der Garnitur von der Keramik ermöglicht (Abs. [0006]). An diesem Stand der Technik kritisiert die Klagepatentschrift als nachteilig, dass ein erheblicher vorrichtungstechnischer Aufwand erforderlich sei, um die Schwenkachse der Sitzgarnitur auszubilden (Abs. [0007]).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent das technische Problem zugrunde, ein WC-Sitzgelenk zu schaffen, das eine zuverlässige Dämpfung der Absenkbewegung eines Sitzes oder eines Deckels bei minimalem vorrichtungstechnischen Aufwand ermöglicht (Abs. [0007]; BPatG, Urteil vom 04.12.2012 – 4 Ni 22/11 (EU) [nachfolgend: NU], Umdr. S. 7).

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 ein WC-Sitzgelenk mit folgenden Merkmalen vor:

(1) WC-Sitzgelenk (6, 8) zur Befestigung einer WC-Sitzgarnitur (1) an einer Keramik (10).

(2) Das WC-Sitzgelenk (6, 8) hat

(2.1) eine Schwenkachse (32, 34) für einen Sitz (4) und einen Deckel (2) der Sitzgarnitur (1),

(2.2) eine Dämpfungseinrichtung (11, 12) zum Abstützen der Sitzgarnitur (1) während der Schwenkbewegung

(2.3) und ein Adapterstück (20).

(3) Die Dämpfungsvorrichtung (11, 12) ist in einer Aufnahmebohrung (44, 46) einer Befestigungslasche (40, 42) der Sitzgarnitur (1) aufgenommen.

(4) Das Adapterstück (20)

(4.1) ist mit einem in der Keramik (10) befestigten Befestigungsmittel (26) verbunden;

(4.2) ist drehfest mit der Dämpfungseinrichtung (11, 12) verbunden;

(4.3) hat einen etwa zylinderförmigen Grundkörper, in dem eine radiale Sacklochbohrung (24) zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn (26) ausgebildet ist.

(5) Das Adapterstück (20) und die Dämpfungseinrichtung (11, 12) sind als Schwenkachse (32, 34) für den Deckel (2) oder den Sitz ausgebildet.

1.
Unter Schutz gestellt ist hiernach ein WC-Sitzgelenk und nicht eine WC-Sitzgarnitur mit Sitzgelenk. Soweit es in Merkmal (1) der vorstehenden Merkmalsgliederung WC-Sitzgelenk „zur Befestigung einer WC-Sitzgarnitur an einer Keramik“ heißt, handelt es sich bei der letzteren Angabe um eine Zweckangabe, aus der folgt, dass das
WC-Sitzgelenk räumlich-körperlich so ausgestaltet ist, dass mit ihm eine
WC-Sitzgarnitur an einer WC-Keramik, d. h. an einem keramischen WC-Grundkörper, befestigt werden kann (zur Bedeutung von Zweck- oder Funktionsangaben: BGH, GRUR 1979, 149, 151 – Schießbolzen; GRUR 1981, 259, 260 – Heuwerbungsmaschine II; GRUR 2006, 923, 925 – Luftabscheider für Milchsammelanlage; GRUR 2009, 896, 897 – Tintenpatrone; GRUR 2009, 837, 838 – Bauschalungsstütze, GRUR 2012, 475, 476 – Elektronenstrahltherapiesystem). Aus den Merkmalen (2.1), (2.2), (3), (3.1), (4.3) und (5), in denen eine Schwenkachse für einen Sitz und einen Deckel der Sitzgarnitur, eine Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur, ein in der Keramik befestigtes Befestigungsmittel und ein Scharnierdorn angesprochen werden, ergibt sich nichts anderes. Die in diesen Merkmalen erwähnten Teile gehören nicht zum Gegenstand der Erfindung. Die besagten Merkmale beschreiben vielmehr die Sitzgarnitur, für deren Befestigung das erfindungsgemäße WC-Sitzgelenk gedacht ist, sowie das Zusammenwirken des WC-Sitzgelenkes mit der WC-Sitzgarnitur sowie Keramik näher, woraus sich mittelbar ebenfalls bestimmte Anforderungen an die räumlich-körperliche Ausgestaltung der unter Schutz gestellten WC-Sitzgarnitur ergeben. So muss etwa die Dämpfungseinrichtung des erfindungsgemäßen Sitzgelenks gemäß Merkmal (3) so ausgebildet sein, dass sie in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche einer Sitzgarnitur aufgenommen werden kann.

2.
Das erfindungsgemäße WC-Sitzgelenk weist ein sog. Adapterstück auf (Merkmal (2.3)). Mit der Lage und Ausgestaltung dieses Adapterstücks, welches – ebenso wie die Dämpfungseinrichtung – ein Bauteil des unter Schutz gestellten WC-Sitzgelenks ist (BPatG, NU, Umdr,. S. 9), befassen sich die Merkmale (4.1), (4.2), (4.3) und (5).

a)
Unter dem dort beschriebenen „Adapterstück“ versteht der Fachmann – als solcher kann hier im Anschluss an die Definition des Bundespatentgerichts (NU, Umdr. S. 8) ein Diplom-Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von WC-Sitzgelenken angesehen werden – im vorliegenden technischen Gesamtzusammenhang ein Bauteil eines WC-Sitzgelenks, durch das einerseits die in technischem Sinne adaptierte, also spezifisch angepasste Anbindung einer Dämpfungseinrichtung an den Adapter selbst realisiert wird und durch das andererseits die Verbindung zu der Keramik des WC-Grundkörpers gewährleistet wird (vgl. BPatG, NU, Umdr. S. 9).

b)
Das Adapterstück ist nach Merkmal (5) – ebenso wie die Dämpfungseinrichtung – als Schwenkachse für den Deckel oder den Sitz ausgebildet. Damit ist eine axiale Ausrichtung des Adapterstücks in Richtung der Gelenkachse des WC-Sitzgelenks definiert, was durch die Lagebeschreibung der Dämpfungseinrichtung in Merkmal (3) unterstrichen wird, wonach diese in einer Aufnahmebohrung einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen werden soll (vgl. BPatG, NU, Umdr. S. 9). In der allgemeinen Klagepatenbeschreibung heißt es zu der patentgemäßen Ausbildung der Schwenkachse durch das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung (Abs. [0010]):

„Dabei sind die Schwenkachsen, entlang denen die WC-Sitzgarnitur verschwenkbar ist, im Wesentlichen durch die Dämpfungseinrichtung und das Adapterstück gebildet – mit anderen Worten – der Deckel und/oder der Sitz sind direkt auf diesen Bauelementen gelagert, so dass der vorrichtungstechnische Aufwand gegenüber herkömmlichen Lösungen, bei denen Schwenkachse und Dämpfungseinrichtung durch getrennte Elemente gebildet werden, wesentlich verringert ist.“

Der Fachmann entnimmt dem, dass das erfindungsgemäße Sitzgelenk so ausgebildet ist, dass der Deckel und/oder Sitz einer Sitzgarnitur direkt auf der Dämpfungseinrichtung und dem Adapterstück des WC-Sitzgelenks gelagert werden können.

c)
Die Struktur und räumliche Ausgestaltung des Adapterstücks werden in Merkmal (4.3) beschrieben. Danach hat das erfindungsgemäße Adapterstück einen etwa zylinderförmigen Grundkörper. Wie in Merkmal (4.3) weiter angegeben, ist in diesem (etwa) zylinderförmigen Grundkörper eine radiale „Sacklochbohrung“ ausgebildet. Die radiale Sacklochbohrung dient – wie ebenfalls unmittelbar aus Merkmal (4.3) folgt – zum Aufsetzen [des Adapterstücks und damit des Sitzgelenks] auf einen Scharnierdorn, der wiederum in der WC-Keramik verankert ist (vgl. Abs. [0025] und BPatG, NU, Umdr. S. 10). Damit beschreibt Merkmal (4.3) die Art und Weise der bereits in Merkmal (4.1) angesprochenen Verbindung des Adapterstücks mit dem WC-Grundkörper (= Keramik), und zwar als Steckverbindung zwischen dem Scharnierdorn der Keramik und der Sacklochbohrung des Adapterstücks (vgl. BPatG, NU, Umdr. S. 10).

Der Begriff „Sacklochbohrung“ wird in der Klagepatentschrift nicht definiert. Unter einer „Sacklochbohrung“ versteht der Fachmann üblicherweise eine Bohrung, die das Werkstück nicht vollständig durchdringt, die also eine bestimmte, im Vollmaterial endende Tiefe hat. Dies ergibt sich u.a. aus den von der Beklagten zu den Akten gereichten diversen Auszügen aus Internet-Lexika (vgl. Anlagen KP 6 ff), auf die Bezug genommen wird.

Der von der Klägerin in zweiter Instanz vorgelegte Auszug aus dem Technischen Teil des Produktkatalogs einer Fachfirma für Präzisions-Schneidwerkzeuge aus dem Jahre 1992 (Anlage PBP 33) rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Fachmann den Begriff „Sacklochbohrung“ üblicherweise weiter versteht. Zwar heißt es in diesem Katalog:

„Das Durchgangsloch bedarf keiner weiteren Definition. Als Sackloch werden alle Bohrungen bezeichnet, aus denen beim Gewindeschneiden die Späne entgegen der Vorschubrichtung kommen und beim Rücklauf des Gewindebohrers abgeschert werden müssen. Sacklöcher können also sehr wohl auch durchgehende Bohrungen sein.“

Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine einzelne Unterlage, die sich noch dazu auf ein ganz spezielles technisches Gebiet bezieht, nämlich auf Gewindewerkzeuge, d. h. Werkzeuge, mit denen Innengewinde in Löcher geschnitten werden. Damit befasst sich das Klagepatent nicht.

Dass das Klagepatent mit „Sacklochbohrung“ etwas anderes meint, als eine Bohrung, die das Werkstück nicht vollständig durchdringt, lässt sich der Klagepatentschrift nicht entnehmen. Vielmehr weist auch das Adapterstück des in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiels eben eine solche Bohrung auf. Darüber hinaus entnimmt der Fachmann der Klagepatentschrift, dass das Klagepatent auch andere Bohrungen kennt, die es abweichend bezeichnet. Es gibt nämlich – wie das Landgericht in anderem Zusammenhang zutreffend herausgearbeitet hat – hinsichtlich der in Merkmal (3) beschriebenen Aufnahmebohrung der Befestigungslasche der Sitzgarnitur an, dass diese Aufnahmebohrung als „Durchgangsbohrung“ (Abs. [0015], Abs. [0029] und Unteranspruch 7) oder als „Stufenbohrung“ (Abs. [0016], Abs. [0028] und Unteranspruch 8) ausgebildet sein kann, wobei die Durchgangsbohrung nach der Beschreibung einen gleichbleibenden Durchmesser hat (Abs. [0029]), wohingegen bei der Stufenbohrung der deckelseitige Endabschnitt radial zurückgesetzt und mit einer Passfläche versehen (Abs. [0016]) bzw. der Durchmesser zur Befestigungslasche verringert ist (Abs. [0028]). Das Klagepatent kennt damit sowohl eine „Sacklochbohrung“ als auch eine „Durchgangsbohrung“ als auch eine „Stufenbohrung“. Während Patentanspruch 1 in Bezug auf die Dämpfungseinrichtung des WC-Sitzgelenks vorgibt, dass diese räumlich-körperlich so ausgebildet ist, dass sie in einer „Aufnahmebohrung“ einer Befestigungslasche der Sitzgarnitur aufgenommen werden kann (Merkmal (3)), bei welcher „Aufnahmebohrung“ es sich nach den Unteransprüchen 7 und 8 um eine „Durchgangsbohrung“ oder eine „Stufenbohrung“ handeln kann, verlangt das Klagepatent in Bezug auf das Adapterstück des WC-Sitzgelenks explizit die Ausbildung einer (radialen) „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“. Im Hinblick darauf, dass die Klagepatentschrift auch eine bloße „Aufnahmebohrung“, eine als „Durchgangsbohrung“ ausgestaltete Aufnahmebohrung und eine als „Stufenbohrung“ ausgestaltete Aufnahmebohrung kennt, kann aus Sicht des Fachmanns mit einer „Sacklochbohrung“, wie sie nach Patentanspruch 1 in dem zylindrischen Grundkörper des Adapterstücks ausgebildet sein soll, nur eine Bohrung gemeint sein, die das Adapterstück nicht vollständig durchdringt, wie dies auch in Figur 1 der Klagepatentschrift gezeigt ist. Folgerichtig ist die Klägerin in erster Instanz selbst noch davon ausgegangen, dass die angegriffenen Ausführungsformen II und III, in deren Adapterstück eine durchgängige Stufenbohrung ausgebildet ist, das Merkmal (4.3) nicht wortsinngemäß verwirklichen (vgl. Bl. 21, 22, 113 GA).

Soweit die Klägerin in zweiter Instanz geltend macht, dass es für die Konzeption von Neuanmeldungen gängige Praxis sei, dass man möglichst für alle beschriebenen Bauelemente unterschiedliche Begriffe wähle, vermag dies nicht zu überzeugen. Es spricht schlechterdings nichts dagegen, eine bei unterschiedlich bezeichneten Bauteilen jeweils vorgesehene Bohrung mit demselben Begriff zu bezeichnen, wenn die betreffenden Bohrungen identisch ausgebildet sind, zumal die Bohrung des einen Bauteils und die Bohrungen des anderen Bauteils mit unterschiedlichen Bezugsziffern gekennzeichnet werden können.

Richtig ist, dass der Begriff „Sacklochbohrung“ die Vorgabe beinhaltet, dass ein vollständiger Durchtritt eines in die Bohrung eingreifenden Gegenstandes nicht möglich ist, sondern ein innerer Anschlag für den Gegenstand, hier den Scharnierdorn, gebildet wird. Zutreffend ist auch, dass Patentanspruch 1 die in dem Adapterstück ausgebildete Bohrung nicht bloß als „Sacklochbohrung“, sondern als „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ bezeichnet. Der Sacklochbohrung wird damit eine konkrete Funktion zugeordnet, wobei der Fachmann der Funktionsangabe „zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ entnimmt, dass die Sacklochbohrung so ausgestaltet sein soll, dass sie für einen korrespondierenden Scharnierdorn (Merkmal 4.3), welcher in der WC-Keramik befestigt ist (Merkmal 4.1), einen Aufsetzanschlag bzw. ein Widerlager bildet. Bei der klagepatentgemäßen „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ handelt es sich demgemäß um eine Sacklochbohrung, die den Scharnierdorn aufnimmt, die aber den vollständigen Durchtritt des Scharnierdorns durch die Bohrung verhindert und die somit einen Aufsetzanschlag für den Scharnierdorn bildet. Zur Erfüllung dieser Funktion bedarf es nicht notwendigerweise einer Bohrung mit einem durchgehend geschlossenen Boden. Vielmehr kann die genannte Funktion z. B. auch durch eine durchgängige, sich verjüngende Stufenbohrung bzw. eine Bohrung mit einer an der Innenumfangswandung ausgebildeten Ringschulter, die sich radial in das Bohrungsloch erstreckt, erfüllt werden. Dies ändert aber nichts daran, dass Patentanspruch 1 eine „Sacklochbohrung“ verlangt, worunter der Fachmann – wie ausgeführt – eine Bohrung versteht, die das Adapterstück nicht vollständig durchdringt. Auch wenn grundsätzlich eine funktionsorientierte Auslegung angebracht ist (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rdnr. 33) und Merkmale und Begriffe des Patentanspruchs regelmäßig so zu deuten sind, wie dies angesichts der ihnen nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist (BGH, GRUR 2009, 655 – Trägerplatte; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rdnr. 33), darf die gebotene funktionale Betrachtung bei räumlich-körperlich definierten Merkmalen nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung steht (Senat, Urteil vom 21.03.2013, I-2 U 73/09; Meier-Beck, GRUR 2003, 905, 907; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 34). Anderenfalls würde die Grenze zwischen wortsinngemäßer und äquivalenter (d.h. gleichwirkender) Benutzung aufgelöst, die indessen schon wegen der beschränkten Zulässigkeit des Formstein-Einwandes nur bei einer äquivalenten Benutzung beachtlich ist. Verlangt also z. B. das Klagepatent die Verbindung zweier Bauteile mittels einer „Schraube“, so darf dieses Merkmal nicht ausschließlich von seiner Funktion her ausgelegt und im Sinne einer beliebigen lösbaren Verbindung verstanden werden, selbst wenn es für die Zwecke der Erfindung nur auf die Lösbarkeit der Verbindung ankommt (Meier-Beck, GRUR 2003, 905, 907; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 34). Nichts anderes gilt, wenn das Klagepatent – wie hier – die Ausbildung einer „Sacklochbohrung“ in einem Bauteil verlangt, zur Erfüllung der dieser Bohrung zugedachten Funktion aber z. B. auch eine durchgängige Stufenbohrung ausreicht.

Die gegenteilige Auslegung der Klägerin ignoriert, dass das Klagepatent eine „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ und nicht lediglich eine „Bohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ verlangt und mit dem Begriff „Sacklochbohrung“ eine räumlich-körperliche Ausgestaltung vorgibt, nämlich eine Bohrung, die das Adapterstück nicht durchdringt und damit einen durchgehenden Boden aufweist, der einen Aufsetzanschlag für den Scharnierdorn bildet.

d)
Das Klagepatent fordert – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – hingegen nicht, dass die radiale Sacklochbohrung das einzige Mittel zur Befestigung des
WC-Sitzgelenks an der WC-Keramik ist. Patentanspruch 1 schließt die Verwendung zusätzlicher Befestigungsmittel nicht aus. Das Adapterstück muss anspruchsgemäß nur so ausgebildet sein, dass das WC-Sitzgelenk zur Befestigung der
WC-Sitzgarnitur an der WC-Keramik mit seinem Adapterstück über das in dessen zylindrischem Grundkörper ausgebildete Sackloch auf einen in der WC-Keramik verankerten Scharnierdorn aufgesetzt und die Sitzgarnitur so an der WC-Keramik befestigt werden kann. Die Verbindung erfolgt über das Adapterstück, das über seine radiale Sacklochbohrung in einfacher Weise auf den in der WC-Keramik angebrachten Scharnierdorn aufgesteckt werden kann. Dadurch, dass der Scharnierdorn in die Sacklochbohrung des Adapterstücks des Sitzgelenks eintaucht (Abs. [0010]) und das Sitzgelenk auf dem Scharnierdorn aufsitzt, wird die Sitzgarnitur an der WC-Keramik gehalten, wobei durch das Aufsitzen des Adapterstücks auf dem Scharnierdorn zugleich ein ausreichender Abstand zur WC-Keramik gewahrt wird, welcher zum Verschwenken des Sitzes und des Deckels der WC-Sitzgarnitur erforderlich ist.

Mehr als die Gewährleistung einer solchen Steckverbindung zwischen dem Scharnierdorn, der Keramik und der Sacklochbohrung des Adapterstücks verlangt Patentanspruch 1 nicht. Er gibt insbesondere nicht vor, dass die WC-Sitzgarnitur allein durch die im Adapterstück des Sitzgelenks ausgebildete Sacklochbohrung in einer Weise an dem WC-Grundkörper befestigbar ist, dass die Sitzgarnitur sicher gehalten wird und/oder nicht mehr einfach von dem in der Keramik verankerten Scharnierdorn abgezogen werden kann. Auch schließt das Klagepatent eine Verriegelung des Scharnierdorns mit dem Adapterstück durch zusätzliche Mittel nicht aus. Vielmehr beansprucht Unteranspruch 2 ausdrücklich Schutz für eine besondere Ausgestaltung nach Patentanspruch 1 mit einer Schnappverbindung zur Verriegelung des Scharnierdorns mit dem Adapterstück. Sofern zusätzliche Verriegelungsmittel vorgesehen werden, was Patentanspruch 1 nicht verbietet, müssen diese auch nicht zwingend innerhalb der in dem Adapterstück ausgebildeten Sacklochbohrung angeordnet sein. Zwar erfolgt bei dem in Figur 2 gezeigten Ausführungsbeispiel die Verriegelung zwischen dem Scharnierdorn (26) und dem Adapterstück (20) über eine Schnappverbindung, die beispielsweise durch einen Feder- oder O-Ring gebildet ist, der in die Innenumfangswandungen der Sacklochbohrung (24) eingesetzt ist und in eine Umfangsnut des Scharnierdorns eingreift (vgl. Abs. [0025]). Eine derartige Ausgestaltung, bei der die Verriegelungsmittel in der Sacklochbohrung platziert sind, wird aber selbst von Unteranspruch 2 und damit erst recht von Patentanspruch 1 nicht verlangt. Es können daher z. B. auch außerhalb der Sacklochbohrung seitlich an dem Adapterstück federgesteuerte Verriegelungselemente vorgesehen werden, die durch in den Umfangswandungen der Sacklochbohrung vorgesehene Schlitze oder Öffnungen in die Sacklochbohrung eingreifen und für eine Verriegelung des Scharnierdorns mit dem Adapterstück sorgen. An der Anordnung solcher Verriegelungselemente sieht sich der Fachmann auch nicht durch die vom Klagepatent am Stand der Technik geübte Kritik sowie die dem Klagepatent zugrundeliegende Aufgabe gehindert. An dem Stand der Technik wird von der Klagepatentschrift insbesondere bemängelt, dass bei diesem ein erheblicher vorrichtungstechnischer Aufwand erforderlich ist, um die Schwenkachse der Sitzgarnitur auszubilden (vgl. Abs. [0007]). Durch zusätzlich an dem zusammen mit der Dämpfungseinrichtung die Schwenkachse ausbildenden Adapterstück vorgesehene Elemente zur Verriegelung des Schanierdorns mit dem Adapterstück wird der vorrichtungstechnische Aufwand zur Ausbildung der Schwenkachse aber nicht erhöht. Gleiches gilt für die vom Klagepatent (Abs. [0008]) angestrebte Ermöglichung einer zuverlässigen Dämpfung der Absenkbewegung des Sitzes oder des Deckels.

3.
Gemäß Merkmal (4.2) soll das Adapterstück „drehfest“ mit der Dämpfungseinrichtung verbunden sein.

Eine drehfeste Verbindung ist – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – dann gegeben, wenn die verbundenen Teile von Adapterstück und Dämpfungseinrichtung sich nur gemeinsam drehen können. Dabei ist nicht erforderlich, dass die drehfeste Verbindung zwischen allen einzelnen Bestandteilen von Adapterstück und Dämpfungseinrichtung oder speziell zwischen Adapterstück und dem Gehäuse der Dämpfungseinrichtung besteht. Dies ergibt sich für den Fachmann aus folgenden Überlegungen:

Bei der klagepatentgemäßen Dämpfungseinrichtung handelt es sich, wie sich aus den Unteransprüchen 4 bis 6 und 10 sowie der Klagepatentbeschreibung (Abs. [0014], [0022], [0023], [0026] [0027], [0028], [0030], [0031], [0033] und [0037]) ergibt, bevorzugt um einen sog. Rotationsdämpfer. Dieser besteht nach der Patentbeschreibung aus einem Zylinder und einem Drehkolben (Abs. [0023]). Wird ein solcher Rotationsdämpfer zum einen drehfest mit dem Adapterstück und zum anderen drehfest mit dem Sitz oder dem Deckel der WC-Garnitur verbunden, wie dies in Absatz [0010] der Patentbeschreibung beschrieben wird, ist es zur Erreichung der angestrebten Dämpfungswirkung zwingend erforderlich, dass entweder der Drehkolben oder aber der Zylinder im Verhältnis zum jeweils anderen Teil des Rotationsdämpfers verdreht werden kann. Bei einem Rotationsdämpfer erfolgt die Dämpfung durch Abbremsen einer Drehbewegung. Wenn zwischen Adapterstück und Rotationsdämpfer eine durchgängige drehfeste Verbindung bestehen würde,
d. h. wenn alle Teile des Rotationsdämpfers mit dem Adapterstück drehfest verbunden wären, könnte eine Drehung des Kolbens im Verhältnis zum Zylinder (oder umgekehrt) aber nicht stattfinden und daher auch nicht abgebremst werden. Vielmehr wären Rotationsdämpfer und Adapterstück feststehend. Dies würde, jedenfalls dann, wenn die Dämpfungseinrichtung – wie in Absatz [0010] beschrieben – sowohl mit dem Sitz bzw. Deckel als auch mit dem Adapterstück drehfest verbunden ist, eine Drehung, die ein Öffnen und Schließen des Deckels bzw. Sitzes zulässt, jedenfalls nicht über die Ausgestaltung von Adapterstück und Rotationsdämpfer erlauben. Eine Dämpfungs- bzw. Abbremswirkung wäre daher bei einer solchen Anordnung über einen Rotationsdämpfer nicht zu erzielen.

In dieser Annahme sieht sich der Fachmann – wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat – durch das in Figur 1 gezeigte Ausführungsbeispiel bestätigt. Bei der dort gezeigten und in der besonderen Patentbeschreibung erläuterten Ausführungsform hat jedes der beiden Sitzgelenke (6, 8) einen Rotationsdämpfer (11, 12), über den die Absenkbewegung der Garnitur (1) gebremst wird. Jeder Rotationsdämpfer (11, 12) weist hierzu einen Zylinder (14) auf, in dem ein Drehkolben (16) geführt ist (Abs. [0023]). An der vom Kolben entfernten Rückseite des Zylinders (14) ist ein Diagonalvorsprung (18) ausgebildet, über den eine drehfeste Verbindung mit dem Zylinder (14) des jeweiligen Rotationsdämpfers (11, 12) zu dem Adapterstück (20) hergestellt ist (vgl. Abs. [0023], [0024]). Der Drehkolben (16) des linken Rotationsdämpfers (11) ist drehfest mit der Befestigungslasche (36) des Deckels (2) verbunden (vgl. Abs. [0028]) und der Drehkolben (16) des rechten Rotationsdämpfers (12) ist drehfest mit der Befestigungslasche (42) des Sitzes (4) verbunden (vgl. Abs. [0028]). Bei dieser Ausgestaltung sind – wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat – die Rotationsdämpfer (11, 12) jeweils an zwei drehfesten Verbindungen beteiligt, wobei die eine drehfeste Verbindung zwischen dem Drehkolben und dem Sitz bzw. Deckel erfolgt und die andere drehfeste Verbindung zwischen dem Zylinder des Rotationsdämpfers und dem Adapterstück hergestellt ist. Diese Konstruktion bewirkt, dass der rechte Rotationsdämpfer (11) die Absenkbewegung des Deckels (2) und der linke Rotationsdämpfer (12) die Absenkbewegung des Sitzes (4) verzögert (vgl. Abs. [0022], [0031]). Zwingende Voraussetzung hierfür ist jeweils, dass nicht alle Teile des Rotationsdämpfers (11, 12) drehfest mit dem Adapterstück (20) verbunden sind. Vielmehr muss der Drehkolben (16) gegenüber dem Zylinder (14) oder umgekehrt der Zylinder (14) gegenüber dem Drehkolben (16) drehbar sein. Andernfalls würde das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Bauteilen (Sitz/Deckel, Rotationsdämpfer und Adapterstück) nicht funktionieren: Wegen der drehfesten Verbindung des Drehkolbens mit dem Deckel bzw. dem Sitz ließe sich eine Dämpfung der Schwenkbewegung des Deckels bzw. Sitzes nicht erreichen.

Bei dem Ausführungsbeispiel des Klagepatents ist die drehfeste Verbindung zwischen dem Rotationsdämpfer und dem Adapterstück zwar dergestalt bewerkstelligt, dass eine drehfeste Verbindung zwischen dem Zylinder des Rotationsdämpfers und dem Adapterstück hergestellt ist (vgl. Abs. [0023], [0024]). Patentanspruch 1 macht aber keine Vorgaben dazu, wie und über welche Teile die drehfeste Verbindung zwischen dem Adapterstück und der Dämpfungseinrichtung zu erfolgen hat. Der Hauptanspruch lässt damit bei der möglichen Verwendung eines Rotationsdämpfers als Dämpfungseinrichtung offen, ob der Zylinder oder der Kolben drehfest mit dem Adapterstück zu verbinden ist. Für die Erzielung eines Bremsmoments zum Abbremsen der Absenkbewegung des Deckels oder Sitzes der WC-Sitzgarnitur kommt es bei der Verwendung eines Rotationsdämpfers mit einem in einem Zylinder geführten Kolben als Dämpfungseinrichtung nur darauf an, dass entweder der Kolben oder der Zylinder im Verhältnis zu dem jeweils anderen Bestandteil des Rotationsdämpfers drehbar ist, während der jeweils andere Teil des Rotationsdämpfers feststeht.

Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass sich die Beklagte für ihre gegenteilige Auslegung nicht mit Erfolg auf Unteranspruch 5 berufen kann, welcher Schutz für eine besondere Ausgestaltung beansprucht, bei der – wie bei dem Ausführungsbeispiel – die Dämpfungseinrichtung ein Rotationsdämpfer (11, 12) ist, der an seinem vom Adapterstück (20) entfernten Endabschnitt einen Drehkolben (16) hat, der in drehfestem Eingriff mit dem Sitz (4) oder dem Deckel (2) steht. Richtig ist, dass bei einer solchen bevorzugten Konstruktion der Zylinder (14) des Rotationsdämpfers (11, 12) drehfest mit dem Adapterstück verbunden sein muss. Eine solche (bevorzugte) Ausgestaltung mag den Vorteil haben, dass die auf das Gehäuse des Rotationsdämpfer wirkende Querkraft durch die drehfeste Verbindung von Adapterstück und Gehäuse des Rotationsdämpfers nicht über den Dämpfungsbereich des Rotationsdämpfer getragen werden muss. Der hier allein geltend gemachte Patentanspruch 1 verlangt jedoch keine solche Ausgestaltung.

Zur Verwirklichung des Merkmals (4.2) reicht es damit bei Verwendung eines Rotationsdämpfers mit einem Zylinder und einem Kolben als Dämpfungseinrichtung aus, wenn der Drehkolben des Dämpfers drehfest mit dem Adapterstück verbunden ist. Eine drehfeste Verbindung des Zylinders bzw. des Gehäuses der Dämpfungseinrichtung, also des äußeren Teils der Dämpfungseinrichtung mit dem Adapterstück, wird nicht verlangt.

Aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Absatz [0010] der Patentbeschreibung lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Aus dieser Beschreibungsstelle lässt sich weder entnehmen, dass – bei Verwendung eines Rotationsdämpfers als Dämpfungseinrichtung – der Kolben der Dämpfungseinrichtung drehfest mit dem Sitz oder Deckel verbunden sein muss, noch, dass der Zylinder bzw. das Gehäuse der Dämpfungseinrichtung drehfest mit dem Adapterstück verbunden zu sein hat. Die Dämpfungseinrichtung ist in Absatz [0010] überhaupt nicht definiert. Demgemäß wird auch nicht gesagt, wie bzw. über welches Teil die in Absatz [0010] erwähnte drehfeste Verbindung der Dämpfungseinrichtung mit dem Sitz oder Deckel einerseits und die drehfeste Verbindung der Dämpfungseinrichtung an das Adapterstück andererseits konkret zu bewerkstelligen ist.

Die Beklagte lässt bei ihrer gegenteiligen Betrachtung außerdem außer Acht, dass bei der Verwendung eines Rotationsdämpfers als Dämpfungseinrichtung der Drehkolben – ebenso wie der Zylinder – Teil der Dämpfungseinrichtung ist. Keineswegs handelt es sich bei dem Kolben um ein „zusätzliches, innerhalb des Dämpfungseinrichtungsgehäuses angeordnetes, separates Bauteil“. Der Kolben ist Teil des Rotationsdämpfers, weshalb die Klagepatentschrift auch wiederholt von „Drehkolben des Rotationsdämpfers“ spricht (vgl. Abs. [0028], [0030], [0031]). Ohne den Kolben läge überhaupt keine funktionsfähige Einrichtung zum Abbremsen (Dämpfen) der Absenkbewegung des Sitzes oder Deckels einer WC-Garnitur vor. Originäre Aufgabe der klagepatentgemäßen Dämpfungseinrichtung ist es aber – wie sich schon aus der Bezeichnung des in Rede stehenden Bauteils als „Dämpfungseinrichtung“ ergibt – gerade auch, die Absenkbewegung des Deckels oder Sitzes abzubremsen (vgl. Abs. [0008], [0037]). Genauso wie eine drehfeste Verbindung zwischen dem Zylinder eines Rotationsdämpfers und dem Adapterstück eine drehfeste Verbindung zwischen dem Adapterstück und der Dämpfungseinrichtung im Sinne des Merkmals (4.3) darstellt, liegt eine solche Verbindung vor diesem Hintergrund auch dann vor, wenn der Drehkolben eines Rotationsdämpfers mit dem Adapterstück drehfest verbunden ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt auch eine Zusammenschau der Merkmale (4.3) und (5) zu keinem abweichenden Auslegungsergebnis. Adapterstück und Dämpfungseinrichtung sind unabhängig davon als Schwenkachse für den Sitz oder den Deckel ausgebildet, ob der Zylinder oder der Drehkolben der Dämpfungseinrichtung mit dem Adapterstück drehfest verbunden ist. Merkmal (5) gibt nicht vor, dass alle Teile des Adapterstücks sowie alle Teile der Dämpfungseinrichtung die Drehachse bilden müssen. Soweit es in Absatz [0010] heißt, dass der Deckel und/oder der Sitz direkt auf der Dämpfungseinrichtung und dem Adapterstück gelagert sind, werden hiermit die letztgenannten Bauteile in ihrer Gesamtheit angesprochen, bei der bevorzugten Verwendung eines Rotationsdämpfers als Dämpfungseinrichtung mithin der aus Zylinder und Drehkolben bestehende Rotationsdämpfer als solcher. Teil dieses Rotationsdämpfers ist auch der Kolben, auf dem der Deckel oder Sitz der WC-Garnitur nicht direkt gelagert ist. Gleichwohl ist der Drehkolben aber notwendiger Bestandteil der „Dämpfungseinrichtung“, die nach der Lehre des Klagepatents zum einen zum Abbremsen der Absenkbewegung und zum anderen zur Lagerung (Führung) des Deckels oder des Sitzes dient (vgl. Abs. [0037]). Aus dem Umstand, dass in Absatz [0010] in Abgrenzung zum Stand der Technik gesagt wird, dass der Deckel und/oder der Sitz direkt auf der Dämpfungseinrichtung und dem Adapterstück gelagert ist, kann deshalb nicht gefolgert werden, dass mit Dämpfungseinrichtung lediglich das Gehäuse der Dämpfungseinrichtung gemeint ist, auf dem der Sitz oder Deckel unmittelbar gelagert ist.

4.
Bei dem Adapterstück und der Dämpfungseinrichtung muss es sich schließlich nicht um zwei miteinander verbindbare und wieder von einander trennbare separate Bauteile handeln. Unteranspruch 10 beansprucht ausdrücklich Schutz für eine besondere Ausgestaltung, bei der das Adapterstück und ein Rotationsdämpfer „einstückig“ ausgebildet sind. Schon hieraus entnimmt der Fachmann, dass unter das Klagepatent auch Ausführungsformen fallen, bei denen das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung einstückig ausgebildet sind. Dahinstehen kann, ob unter den – hier nicht geltend gemachten – Unteranspruch 10 ohnehin nicht lediglich Ausgestaltungen fallen, die den Vorgaben des Unteranspruches 5 entsprechen, bei denen also der Rotationsdämpfer (11, 12) an seinem vom Adapterstück entfernten Endabschnitt einen Drehkolben hat, der „in drehfestem Eingriff mit dem Sitz oder Deckel steht“, weil sich Unteranspruch 10 nach seinem Wortlaut auf Ausgestaltungen „nach einem der vorhergebenden Ansprüche“ bezieht, womit auch Patentanspruch 1 allein erfasst sein könnte. Jedenfalls ergibt sich eindeutig aus der allgemeinen Patentbeschreibung, dass das Klagepatent auch Ausführungsformen erfasst, bei denen das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung „einstückig“ sind. In Absatz [0011] der Klagepatentschrift heißt es nämlich ausdrücklich, dass die Erfindung auch Ausgestaltungen umfasst, bei denen das Adapterstück und die Dämpfungseinrichtung „einstückig“ als Sonderbauteil ausgebildet sind.

B.
Hiervon ausgehend ist das Landgericht zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffene Ausführungsform I der unter Schutz gestellten technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß entspricht.
1.
Dass die angegriffene Ausführungsform I die Merkmale (1), (2.1) bis (2.3), (3) und (4.1) wortsinngemäß verwirklicht, steht zwischen den Parteien auch in der Berufungsinstanz zu Recht außer Streit.

2.
In wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals (4.2) ist bei der angegriffenen Ausführungsform I das Adapterstück auch drehfest mit der Dämpfungseinrichtung verbunden.

Wie aus dem nachfolgend wiedergegebenen Foto zu ersehen ist, weist die angegriffene Ausführungsform I eine Dämpfungseinrichtung in Gestalt eines Rotationsdämpfers (rechts) und ein Adapterstück (links) auf.

Das nachfolgend eingeblendete weitere Foto lässt ferner gut erkennen, dass an der einen Seite des Rotationsdämpfers ein Zapfen mit abgeflachten Seiten ausgebildet und dass an einer Seite des Adapterstücks eine korrespondierende Nut zur Aufnahme dieses Zapfens vorgesehen ist. Werden beide Bauteile zusammengefügt, greift der Zapfen des Rotationsdämpfers formschlüssig in die am Adapterstück ausgebildete Aufnahme ein.

Dadurch wird eine drehfeste Verbindung zwischen der Dämpfungseinrichtung und dem Adapterstück hergestellt. Der Kolben und das Adapterstück können nur gemeinsam drehen bzw. nicht gegeneinander verdreht werden. Dass die drehfeste Verbindung über den Kolben und nicht über den Mantel bzw. das Gehäuse des Rotationsdämpfers hergestellt ist, steht der Verwirklichung des Merkmals (4.2) nicht entgegen, weil Patentanspruch 1 eine drehfeste Verbindung des Gehäuses der Dämpfungseinrichtung mit dem Adapterstück nicht verlangt. Eine drehfeste Verbindung zwischen dem Adapterstück und der Dämpfungseinrichtung im Sinne des Klagepatents ist vielmehr auch dann gegeben, wenn – wie bei der angegriffenen Ausführungsform I – der in dem Gehäuse befindliche Drehkolben mit dem Adapterstück drehfest verbunden ist.

3.
Die angegriffene Ausführungsform I verwirklicht auch das Merkmal (4.3) wortsinngemäß.

Das Adapterstück der angegriffenen Ausführungsform I hat einen etwa zylinderförmigen Grundkörper. Wie sich aus dem vorliegenden Muster der angegriffenen Ausführungsform I ergibt und auch das nachfolgend wiedergegebene Foto erkennen lässt, ist in dem Grundkörper des Adapterstücks eine radiale Bohrung ausgebildet, die das Adapterstück nicht vollständig durchdringt, sondern an ihrem Ende einen durchgehenden Boden aufweist.

Bei der im Adapterstück der angegriffenen Ausführungsform I ausgebildeten Bohrung handelt es sich daher um eine Sacklochbohrung, und zwar auch um eine „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen in der WC-Keramik befestigten Scharnierdorn“ im Sinne des Klagepatents. Denn die Bohrung ist räumlich-körperlich so ausgebildet, dass sie einen keramikseitigen Scharnierdorn aufnehmen und einen Aufsetzanschlag für diesen bilden kann. Bei der Befestigung des von der Beklagten vertriebenen WC-Sitzes „Premium Duroplast“ an einer WC-Keramik mittels der angegriffenen Ausführungsform I taucht der in der Keramik befestigte Scharnierdorn in die Sacklochbohrung ein. Diese nimmt den Scharnierdorn auf und bildet einen internen Anschlag für diesen. Hierdurch kommt es zu der von Patentanspruch 1 angestrebten Steckverbindung zwischen dem Scharnierdorn, der Keramik und der Sacklochbohrung des Adapterstücks, wobei durch das Aufsitzen des Adapterstücks auf dem Scharnierdorn ein ausreichender Abstand zur WC-Keramik gewahrt wird.

Dass bei der angegriffenen Ausführungsform I der Scharnierdorn über ein mit einer Feder vorgespanntes, seitlich in die Sacklochbohrung eingreifendes Bauteil mit dem Adapterstück verriegelt wird, steht der Verwirklichung des Merkmals (4.3) nicht entgegen, weil das Klagepatent – wie ausgeführt – einen zusätzlichen Verriegelungsmechanismus an dem Adapterstück zur Verriegelung des Scharnierdorns mit diesem nicht verbietet. Auch steht es der Qualifizierung der den Scharnierdorn aufnehmenden radialen Bohrung als „Sacklochbohrung“ nicht entgegen, dass in der Seitenwandung der Bohrung im oberen Bereich ein schmaler Durchbruch zum seitlichen Eingreifen des Verriegelungselements vorgesehen ist. Trotz dieses Spalts verfügt die Bohrung ersichtlich über Seitenwandungen. Die angestrebte Steckverbindung zwischen dem Scharnierdorn, der Keramik und der Sacklochbohrung des Adapterstücks wird durch den in der Seitenwandung ausgebildeten Spalt in keiner Weise beeinträchtigt. Abgesehen davon macht das Klagepatent hinsichtlich der Stabilität und/oder Kippfestigkeit keine Vorgaben.

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme des Bundespatentgerichts zu der im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltenen DE () bzw. EP (D), hinsichtlich derer das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, dass diese zwar eine radiale Bohrung in einem rohrförmigen Querteil (11) zur Aufnahme des Kopfes (7) eines Scharnierstiftes (1) offenbart, nicht aber eine Sacklochbohrung, weil die Bohrung in dem Hohlraum des rohrförmigen Körpers endet. Bei der gezeigten Bohrung handelt es sich um ein bloßes Bohrloch, das in einen Hohlraum führt. Es fehlt an Seitenwandungen mit einer gewissen Erstreckungsrichtung, die eine Führung bewirken können. Mit der im Adapterstück der angegriffenen Ausführungsform I ausgebildeten Sacklochbohrung lässt sich die Ausgestaltung gemäß den vorgenannten Druckschriften nicht vergleichen.

4.
Die angegriffene Ausführungsform I verwirklicht schließlich auch das Merkmal (5) wortsinngemäß, weil die Schwenkachsen, entlang denen der Sitz und der Deckel der von der Beklagten vertriebenen WC-Sitzgarnitur verschwenkbar sind, durch den Rotationsdämpfer und das Adapterstück gebildet werden. Nach der Befestigung der WC-Sitzgarnitur an einer WC-Keramik mittels des angegriffenen WC-Sitzgelenks ist der Deckel bzw. Sitz zum einen direkt auf dem Gehäuse der Dämpfungseinrichtung und damit auf dieser und zum anderen auf dem Adapterstück gelagert.

C.
Entgegen der Beurteilung des Landgerichts machen auch die angegriffenen Ausführungsformen II und IIII von der Lehre des Klagepatents Gebrauch.

1.
Wie die angegriffene Ausführungsform I, verwirklichen auch die angegriffenen Ausführungsformen II und III die Merkmale (1), (2.1) bis (2.3), (3), (4.1) und (4.2) sowie (5). Dies ist hinsichtlich der Merkmale (1), (2.2), (2.2) und (3) zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, gilt aber auch für die das Adapterstück betreffenden Merkmale (2.3), (4.1), (4.2) und (5).

a)
Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III der in dem nachstehend wiedergegebenen Foto jeweils durch einen Rahmen gekennzeichnete hintere Abschnitt des Rotationsdämpfers ein Adapterstück im Sinne des Klagepatents dar. Dass es sich insoweit um ein einstückiges Bauteil handelt, welches zum Teil von einem Gehäuse bzw. Mantel als weiterem Bauteil umgeben wird, steht der Verwirklichung des Merkmals (2.3) – wie auch der des Merkmals (4.2) – nicht entgegen, weil das Klagepatent, wie bereits ausgeführt worden ist, sogar eine vollständig einstückige Ausbildung von Adapterstück und Dämpfungseinrichtung zulässt (Abs. [0011]) und eine solche einstückige Ausbildung nicht zwingend verlangt, dass das Gehäuse der Dämpfungseinrichtung und das Adapterstück einstückig ausgebildet sind. Patentanspruch 1 erfasst vielmehr auch Ausführungsformen mit einem drehbaren Gehäuse bzw. Mantel der Dämpfungseinrichtung.

b)
Nicht anders als die angegriffene Ausführungsform I verwirklichen auch die angegriffenen Ausführungsformen II und III das Merkmal (2.3) wortsinngemäß. Der gegenüber dem Gehäuse der Dämpfungseinrichtung verdrehbare Kolben ist bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III aufgrund der einstückigen Bauweise von Kolben und Adapterstück mit dem Adapterstück drehfest verbunden. Dass das Gehäuse der Dämpfungseinrichtung, welches in den in der Klageerwiderung der Beklagten auf den Seiten 32 und 33 [Bl. 68 und 69 GA] wiedergegebenen, die angegriffene Ausführungsform III zeigenden Fotos im vom Kolben entfernten Zustand dargestellt ist, nicht drehfest mit dem Adapterstück verbunden ist, steht der Verwirklichung des Merkmals (2.3) nicht entgegen. Denn Patentanspruch 1 verlangt nicht, dass das Gehäuse der Dämpfungseinrichtung mit dem Adapterstück drehfest verbunden sein muss.

c)
Nicht anders als die angegriffene Ausführungsform I verwirklichen auch die angegriffenen Ausführungsformen II und III das Merkmal (5). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zur angegriffenen Ausführungsform I verwiesen.

2.
Die angegriffenen Ausführungsformen II und III entsprechen jedoch nicht wortsinngemäß den Vorgaben des Merkmals (4.3).

a)
Soweit die Klägerin in zweiter Instanz eine wortsinngemäße Verletzung geltend macht, ist sie hieran nach dem Prozessrecht nicht gehindert. Zwar hat die Klägerin in erster Instanz nur eine äquivalente Verwirklichung des Merkmals (4.3) geltend gemacht (Bl. 21, 22, 113 GA). Dies hindert sie aber schon deshalb nicht daran, nunmehr eine wortsinngemäße Benutzung geltend zu machen, weil hierin keine Klageänderung zu sehen ist. Eine äquivalente Patentverletzung stellt nämlich keinen anderen Streitgegenstand als eine wortsinngemäße Patentverletzung dar (Senat, Urteil vom 20.12.2012 – I-2 U 89/07; Urteil vom 21.03.2013, I-2 U 73/09).

b)
Merkmal (4.3) wird von den angegriffenen Ausführungsformen II und III allerdings nicht wortsinngemäß verwirklicht. Zwar hat auch das jeweilige Adapterstück der angegriffenen Ausführungsformen II und III einen zylindrischen Grundkörper, in dem eine radiale Bohrung ausgebildet ist. Wie sich den nachfolgend wiedergegebenen Fotos entnehmen lässt, handelt es sich bei dieser Bohrung aber nicht um eine „Sacklochbohrung“, d. h. nicht um eine Bohrung, die das Adapterstück nicht vollständig durchdringt.

Bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III durchdringt die Bohrung das Adapterstück vielmehr und weist demgemäß keinen durchgehenden Boden am Ende der Bohrung auf. Eine wortsinngemäße Patentbenutzung scheidet deshalb aus.

3.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen das nicht dem Wortsinn nach erfüllte Merkmal (4.3) aber mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.

a)
Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit (zwar abgewandelten, aber) objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine im Prioritätszeitpunkt gegebenen Fachkenntnisse den Fachmann befähigt haben, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen der Gleichwirkung, der Auffindbarkeit und der Orientierung am Patentanspruch (Gleichwertigkeit) erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquivalente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Patents zu berücksichtigen (st. Rspr. des BGH; vgl. BGHZ 150, 161 ff. = GRUR 2002, 511 ff. – Kunststoffhohlprofil; BGHZ 150, 149 ff. = GRUR 2002, 515, 518 – Schneidmesser I; BGH, GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 f. – Custodiol II; GRUR 2007, 410, 415 f. – Kettenradanordnung; GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung, GRUR 2007, 1059, 1063 – Zerfallzeitmessgerät; GRUR 2011, 313, 317 – Crimpwerkzeug IV). Der Schutzbereich des Patents wird auf diese Weise nach Maßgabe dessen bestimmt, was der Fachmann auf der Grundlage der erfindungsgemäßen Lehre als äquivalent zu erkennen vermag, und damit an dem Gebot ausgerichtet, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden (BGH, GRUR 2011, 313, 317 – Crimpwerkzeug IV).

b)
Die vorgenannten Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten vor.

aa)
Die erforderliche Gleichwirkung, die das Landgericht unterstellt hat, ist gegeben.

(1)
Statt einer Sacklochbohrung ist in dem Adapterstück der angegriffenen Ausführungsformen II und III jeweils eine durchgehende Stufenbohrung ausgebildet, wobei in der Bohrung eine Ringschulter vorgesehen ist, die mit einer am Scharnierdorn ausgebildeten korrespondierenden Ringschulter zusammenwirken kann. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts sind die angegriffenen Ausführungsformen II und III insoweit übereinstimmend ausgestaltet. Gegenteiliges macht die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht geltend; auch im Verhandlungstermin vor dem Senat hat sie dieser ausdrücklich angesprochenen Feststellung nicht widersprochen.

(2)
Das von den angegriffenen Ausführungsformen II und III verwirklichte, abgewandelte Mittel ist objektiv gleichwirkend zu der im Patentanspruch angegebenen Sacklochbohrung.

(2.1)
Gleichwirkend ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Lösung, die nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH, GRUR 2011, 313, 318 – Crimpwerkzeug IV; GRUR 2012, 1122, 1123 – Palettenbehälter III). Die von dem Schutzrecht im Zusammenhang mit dem fraglichen Merkmal intendierte Wirkung zur Lösung des zugrunde gelegten Problems ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Außer Betracht zu bleiben haben solche Effekte, die zwar mit der Verwendung des im Wortsinn des Patentanspruchs liegenden Mittels objektiv verbunden sein mögen, denen das Patent jedoch keine Beachtung schenkt, weil ihnen im Kontext der erfindungsgemäßen Lehre keine Bedeutung zukommt (BGH, GRUR 2012, 45 – Diglycidverbindung).

(2.2)
Hiervon ausgehend ist die erforderliche Gleichwirkung im Streitfall zu bejahen. Die bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III verwirklichte Stufenbohrung mit Ringschulter entfaltet die gleiche Wirkung wie die im Patentanspruch benannte „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“.

Die klagepatentgemäße „Sacklochbohrung“ nimmt den in der WC-Keramik befestigten Scharnierdorn bei der Montage auf, verhindert einen vollständigen Durchtritt des Scharnierdorns durch die Bohrung und bildet einen Aufsetzanschlag für den Scharnierdorn. Diese patentgemäße Wirkung tritt auch bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III ein. Bei der Montage taucht der Scharnierdorn in die Stufenbohrung ein, kann diese aber aufgrund der an ihrer Innenumfangswandung ausgebildeten Ringschulter nicht vollständig durchstoßen. Die Ringschulter übernimmt die Funktion des Bodens einer Sacklochbohrung: Sie verhindert einen vollständigen Durchtritt des Scharnierdorns durch die Bohrung und ermöglicht es dem Sitzgelenk, sich auf dem in der Stufenbohrung aufgenommenen Scharnierdorn, an dem eine korrespondierende Ringschulter ausgebildet ist, abzustützen, so dass die Sitzgarnitur einen ausreichenden Abstand zur WC-Keramik hat und frei schwenken kann.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass es einen beachtlichen Unterschied mache, ob die über das Adapterstück und den Scharnierdorn auf die Keramik übertragene Kraft am Ende einer Sacklochbohrung über die gesamte Stirnfläche des Scharnierdorns übertragen werde oder ob die Kraft über eine in einer Durchgangsbohrung ausgebildete Ringschulter übertragen werden müsse. Dazu, dass die Flächenbelastung bei einer Abstützung über eine in der Bohrung ausgebildete Ringschulter tatsächlich erheblich größer als bei einer Abstützung über eine Stirnfläche ist, was die Beklagte in erster Instanz noch nicht behauptet hat, und sich dies beim Gebrauch der Sitzgarnitur nachteilig auswirken kann, fehlt es an näherem, überprüfbaren Sachvortrag. Die Klägerin hat vorgetragen, dass eine Ringfläche eine definierte Anlage mit etwa gleichem Anlagequerschnitt wie eine stirnseitige Anlage darstellt, weil eine vollflächige stirnseitige Anlage des Bodens einer Sacklochbohrung an der Stirnfläche des Scharnierdorns schon rein fertigungstechnisch praktisch nicht realisierbar ist. Dem ist die Beklagte – auch im Verhandlungstermin vor dem Senat – nicht entgegengetreten. Außerdem kann auch die vom Patentanspruch 1 vorgeschlagene Sacklochbohrung als Stufenbohrung ausgestaltet sein, wobei auch Ausgestaltungen denkbar sind, bei denen sich der Scharnierdorn nicht mit seiner Stirnfläche am Boden der Stufenbohrung abstützt. Der Klagepatentschrift ist im Übrigen auch nicht zu entnehmen, dass die vorgeschlagene Sacklochbohrung aus Gründen der Flächenbelastung oder sonstigen statischen Gründen vorteilhaft ist.

Dass die Ausbildung einer durchgängigen Stufenbohrung mit einer Ringschulter gegenüber der Ausbildung einer (einfachen) Sacklochbohrung in der Praxis einen größeren Aufwand bei der Herstellung erfordert, macht die Beklagte nicht geltend. Soweit es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht hat, eine zuverlässige Dämpfung der Absenkbewegung eines Sitzes oder eines Deckels „bei minimalem vorrichtungstechnischen Aufwand“ zu ermöglichen, muss diese Problemstellung vor dem Hintergrund der vom Klagepatent am Stand der Technik kritisierten Nachteile gesehen werden. So wird an der aus der US (Anlage PBP 4) bekannten Lösung bemängelt, dass die Absenkbewegung des Sitzes bzw. des Deckels durch eine Dämpfungseinrichtung mit einer federvorgespannten Kulissenführung und einem Flüssigkeitsdämpfer steuerbar ist, was einen erheblichen vorrichtungstechnischen Aufwand erfordert (Abs. [0004]). An dem Stand der Technik gemäß der WO (Anlage PBP 6) und der WO (Anlage PBP 7), bei dem der Sitz und der Deckel auf einer gemeinsamen Schwenkachse angeordnet sind, die Schwenkachse aber durch zwei den Sitz und den Deckel führende Gelenkbolzen gebildet wird, die mit einer Dämpfungseinrichtung in Form von Federelementen zusammenwirken, wobei die Gelenkbolzen über einen Verbindungsmechanismus gekoppelt sind, der ein Lösen der Garnitur von der Keramik ermöglicht, wird als nachteilig kritisiert, dass zur Ausbildung der Schwenkachse ebenfalls ein erheblicher vorrichtungstechnischer Aufwand erforderlich ist. Die Ausbildung einer durchgängigen Stufenbohrung mit Ringschulter in dem klagepatentgemäßen Adapterstück der Sitzgarnitur erhöht indes weder den vorrichtungstechnischen Aufwand der Steuerung der Absenkbewegung durch die Dämpfungseinrichtung noch wird hierdurch der vorrichtungstechnische Aufwand zur Ausbildung der Schwenkachse erhöht. Denn es ist weder ein weiteres Bauteil erforderlich noch muss das Adapterstück verändert werden noch erhöht sich der Platzbedarf.

(3)
Dass die angegriffene Ausführungsform III einen federgesteuerten Verriegelungsmechanismus aufweist, steht der Verwirklichung des Merkmals (4.3) aus den bereits zu der angegriffenen Ausführungsform I angeführten Gründen nicht entgegen. Das Adapterstück der angegriffenen Ausführungsform III weist zwar in den Seitenwänden mehr Öffnungen als die angegriffene Ausführungsform I auf. Diese Öffnungen stehen der Annahme einer der klagepatentgemäßen Sacklochbohrung gleichwirkenden Stufenbohrung jedoch nicht entgegen. Es sind ersichtlich Seitenwände vorhanden. Diese weisen nur Öffnungen auf. Die angestrebte Steckverbindung zwischen dem Scharnierdorn, der Keramik und der Sacklochbohrung des Adapterstücks wird durch die in den Seitenwänden vorgesehenen Öffnungen nicht beeinträchtigt.

(4)
Das Adapterstück der angegriffenen Ausführungsform II weist – im Gegensatz zu den angegriffenen Ausführungsformen I und III – ersichtlich keine Öffnungen in den Seitenwänden auf.

bb)
Der Fachmann konnte – was das Landgericht ebenfalls unterstellt hat – das bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III verwirklichte abgewandelte Mittel auch ohne erfinderisches Bemühen als gleichwirkend auffinden.

Bei Lektüre der Klagepatentschrift ist dem Fachmann ohne Weiteres klar, dass eine Sacklochbohrung mit einem durchgehenden Boden nicht zwingend erforderlich ist, sondern die der vom Patentanspruch 1 vorgeschlagenen „radialen Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ zugedachte technische Funktion auch von einer im Adapterstück vorgesehenen radialen Bohrung erfüllt werden kann, die das Adapterstück zwar durchdringt, aufgrund ihrer Ausbildung aber einen vollständigen Durchtritt des Scharnierdorns durch die Bohrung verhindert und einen Aufsetzanschlag für den Scharnierdorn bereitstellt. Schon aufgrund seiner Fachkenntnisse weiß der Fachmann, dass sich dies mittels einer sich verjüngenden Stufenbohrung bewerkstelligt lässt, bei der z. B. durch eine umlaufende Ringschulter ein Durchstoßen der durchgehenden Bohrung durch den Scharnierdorn verhindert und ein ausreichender Aufsetzanschlag für den Scharnierdorn bereitgestellt wird. Auf die Möglichkeit einer „Stufenbohrung“ wird der Fachmann von der Klagepatentschrift geradezu gestoßen, weil diese in anderem Zusammenhang, nämlich in Bezug auf die in Merkmal (3) beschriebene Aufnahmebohrung der Befestigungslasche, ausdrücklich eine Ausbildung in Gestalt einer „Stufenbohrung“ (Abs. [0016], Abs. [0028] und Unteranspruch 8) erwähnt. Für den Fachmann liegt es vor diesem Hintergrund ohne Weiteres nahe, die von Patentanspruch 1 vorgeschlagene Sacklochbohrung durch eine zwar durchgehende, sich aber verjüngende Stufenbohrung zum Aufsetzen auf einen komplementär ausgebildeten Scharnierdorn zu ersetzen.

cc)
Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, orientieren sich auch am Sinngehalt der im Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre.

(1)
Wie das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt hat, ist nach dem Gleichwertigkeitserfordernis notwendig, dass diejenigen Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht. Es ist mithin nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens eine Lehre als technisch sinnvoll und gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt. Vielmehr müssen sich seine Überlegungen am Patentanspruch orientieren. Die notwendige Orientierung am Patentanspruch setzt voraus, dass der Patentanspruch in allen seinen Merkmalen nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Überlegungen des Fachmanns bildet (BGHZ 106, 84, 90 f. = GRUR 1989, 205 – Schwermetalloxidationskatalysator; BGHZ 150, 149, 154 = GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH, GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; GRUR 1993, 886, 889 – Weichvorrichtung I; GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 – Custodiol II; GRUR 2007, 1059, 1062 – Zerfallszeitmessgerät; BGH, GRUR 2011, 701, 705 – Okklusionsvorrichtung).

(2)
Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze ist im Streitfall entgegen der Auffassung des Landgerichts die erforderliche Gleichwertigkeit zu bejahen. Denn der Fachmann entnimmt dem Patentanspruch aufgrund der im Anspruch selbst enthaltenen Funktionsangabe „zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“, dass es dem Patentanspruch entscheidend auf die der in dem Adapterstück ausgebildeten radialen Bohrung zugewiesene Funktion ankommt. Bei Lektüre der Klagepatentschrift kann er dieser keinen Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es dem Klagepatent zur Verwirklichung eben dieser Funktion auf einen geschlossenen Boden des Adapterstücks ankommt. Es kommt vielmehr nur darauf an, dass die radiale Bohrung den Scharnierdorn aufnimmt und einen Durchtritt des Scharnierdorns verhindert und dabei zugleich einen Aufsetzanschlag bereitstellt, der gewährleistet, dass eine zugehörige Sitzgarnitur über das Sitzgelenk auf den in der WC-Keramik befestigten Scharnierdorn aufgesetzt werden kann.

(3)
Soweit das Landgericht eine Gleichwertigkeit gleichwohl mit der Begründung verneint hat, Patentanspruch enthalte mit Blick auf die Sacklochbohrung eine „Auswahlentscheidung“, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

(3.1)
Zutreffend ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn der Patentanspruch eine Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten trifft, eine technische Wirkung zu erzielen, die fachmännischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen gerade auch mit dieser Auswahlentscheidung im Einklang stehen müssen (BGH, GRUR 2011, 701, 705 – Okklusionsvorrichtung). Offenbart die Beschreibung mehrere Möglichkeiten, wie eine bestimmte technische Wirkung herbeigeführt werden kann, ist jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden, begründet die Benutzung einer der übrigen Möglichkeiten nach dieser Rechtsprechung regelmäßig keine Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln (BGH, GRUR 2011, 701, 705 – Okklusionsvorrichtung; GRUR 2012, 45, 47– Diglycidverbindung). In der Entscheidung „Diglycidverbindung“ (GRUR 2012, 45, 47 Rdnr. 44) hat der Bundesgerichtshof dies unter Bezugnahme auf seine zuvor ergangene Entscheidung „Okklusionsvorrichtung“ (GRUR 2011, 701 Rdnrn. 35 f.) dahin formuliert, dass eine Ausführungsform aus dem Schutzbereich des Patents ausgeschlossen ist, wenn sie zwar offenbart oder für den Fachmann jedenfalls auffindbar ist, der Leser der Patentschrift aber annehmen muss, dass sie – aus welchen Gründen auch immer – nicht unter Schutz gestellt werden sollte, und dass eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln in der Regel zu verneinen ist, wenn die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist.

(3.2)
Ein „Verzichtssachverhalt“, den die Rechtsprechung (BGH, a.a.O.) annimmt, wenn das Austauschmittel in der Patentbeschreibung erwähnt, mithin vom Anmelder als Lösungsmöglichkeit für das erfindungsgemäße Problem gesehen und dennoch nicht in den Patentschutz einbezogen worden ist, liegt hier jedoch nicht vor.

Zwar werden in der Klagepatentschrift auch andere Bohrungen, insbesondere auch eine „Stufenbohrung“, erwähnt. Die Benennung dieser anderen Bohrungen erfolgt aber nicht im Zusammenhang mit der im Adapterstück ausgebildeten radialen (Sackloch-)Bohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn, sondern in einem gänzlich anderen Zusammenhang, nämlich in Bezug auf die in Merkmal (3) beschriebene Aufnahmebohrung der Befestigungslasche der Sitzgarnitur. Bei dieser Bohrung, die nicht zum Gegenstand der Erfindung gehört, handelt es sich um keine radiale Bohrung und diese Bohrung soll auch keinen Aufsetzanschlag bilden. In Bezug auf die nach dem Patentanspruch in dem Adapterstück des Sitzgelenks ausgebildete radiale „Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ wird auch in der Patentbeschreibung nur die im Patentanspruch benannte „Sacklochbohrung“ erwähnt. Mit der Sacklochbohrung befasst sich lediglich die besondere Patentbeschreibung näher, nämlich in Absatz [0025]. Dort heißt es auszugsweise:

„Gemäß Figur 2 hat das Adapterstück 20 einen zylinderförmigen Grundkörper 22, in dem eine radiale Sacklochbohrung 24 ausgebildet ist. Das Adapterstück 20 lässt sich über die Sacklochbohrung auf einen Scharnierdorn 26 aufsetzen, der in der Keramik 10 verankert ist. …“

Eine andere Lösungsvariante wird in der Klagepatentschrift nicht beschrieben. Weder ist in der Patentbeschreibung eine Ausführungsform mit einer in dem Adapterstück ausgebildeten radialen Bohrung in Form einer durchgehenden Stufenbohrung offenbart noch ist dort eine Ausführungsform mit einer anderen in dem Adapterstück ausgebildeten radialen Bohrung erwähnt, bei der es sich nicht um eine Sacklochbohrung handelt.

Soweit das Klagepatent in Absatz [0010] der allgemeinen Patentbeschreibung verkürzend von einer „radialen Bohrung“ spricht, liegt hierin – wovon auch das Landgericht ausgegangen ist – keine Benennung einer Alternative zur Befestigung der Sitzgarnitur an der Keramik mittels einer in dem Adapterstück des Sitzgelenks ausgebildeten Sacklochbohrung. Ausgehend von dem maßgeblichen Patentanspruch 1 wird der Fachmann in der Angabe „radiale Bohrung“ mangels gegenteiliger Anhaltspunkte vielmehr nur eine Kurzform für die im Patentanspruch enthaltene Formulierung „radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ sehen.

Ein Ersatzmittel für die gemäß Merkmal (4.3) im Adapterstück ausgebildete „radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ wird damit in der Patentbeschreibung nicht benannt. Weder aus der in einem anderen Zusammenhang erfolgten Erwähnung „anderer Bohrungen“ noch aus der andere Lösungsvarianten nicht ansprechenden Beschreibungsstelle in Absatz [0010] lässt sich herleiten, dass der Patentanmelderin tatsächlich bewusst gewesen ist, dass anstelle der im Patentanspruch angegebenen Sacklochbohrung auch andere Bohrungen als Lösungsmittel in Betracht kommen.

(3.3)
Zu erwägen ist bei dieser Sachlage allein, ob der ausdrücklichen Erwähnung des Ersatzmittels in der Patentschrift (die zum Ausschluss aus dem Äquivalenzbereich führen würde) der Fall gleichzustellen ist, dass das Austauschmittel in der Patentschrift zwar nicht expressis verbis als Austauschlösungsmittel angesprochen wird, es aber für den Fachmann – z. B. auf Grund einer Erwähnung in einem anderen Zusammenhang – in einem solchen Maße auf der Hand lag, dass das Ersatzmittel auch dem Anmelder unmöglich verborgen geblieben sein kann. Wenn dieser dennoch keinen Patentanspruch formuliert hat, der auch das evidente Ersatzmittel umfasst, so ist – ließe sich schlussfolgern – die Sachlage genauso zu behandeln, als wenn der Anmelder das ohnedies auf der Hand liegende und jedermann vor Augen stehende Austauschmittel als alternative Lösungsmöglichkeit in den Beschreibungstext aufgenommen und damit seine Kenntnis hiervon urkundlich dokumentiert hätte.

Einer solchen Gedankenführung ist jedoch zu widersprechen (vgl. Kühnen, GRUR 2013, 1086):

Es ist tatbestandliche Voraussetzung jeglicher Äquivalenzüberlegung, dass der Wortlaut des Patentanspruchs unzureichend formuliert ist, weil er ein (bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichtes) Austauschmittel nicht erfasst, das der Fachmann bei Befolgung der erfindungsgemäßen Lehre in naheliegender Weise als technisch gleichwirkenden Ersatz auffinden konnte. Mit Rücksicht darauf bildet eine zu engherzige Anspruchsformulierung keine Rechtfertigung für einen Ausschluss aus dem Schutzbereich, sondern ist – ganz im Gegenteil – der eigentliche Anlass dafür, den Schutzbereich des Patents aus Gründen der materiellen Gerechtigkeit unter Äquivalenzgesichtspunkten auf – regelmäßig auch für den Anmelder – naheliegende Abwandlungen zu erweitern. Aus dem Schutzgedanken der Äquivalenzlehre heraus gibt es keinen Grund, hierbei nach dem größeren oder geringeren Maß des Naheliegens und dem damit korrespondierenden größeren oder geringeren Maß an Unzulänglichkeit der Anspruchsformulierung zu differenzieren, indem etwa nur gerade noch naheliegende, sich bereits im „Graubereich“ zur erfinderischen Leistung bewegende Abwandlungen Äquivalenzschutz genießen, nicht hingegen solche Abwandlungen, die sich dem Fachmann schon bei einfachsten Überlegungen erschließen können.

Damit eine gleichwirkende und naheliegende Ersatzlösung vom Patentschutz ausgeklammert werden kann, bedarf es deshalb besonderer Umstände, die dem grundsätzlich zu gewährenden Äquivalenzschutz vorgehen. Solche Umstände können sich – wie auch sonst im Bereich der subjektiven Rechte – aus einem erklärten Verzicht des Berechtigten – hier: auf den ihm prinzipiell zugutekommenden Äquivalenzschutz – ergeben. Ihn festzustellen und für die Schutzbereichsbestimmung zu berücksichtigen, ist in aller Regel, aber auch nur dann, gerechtfertigt, wenn die Patentschrift erkennen lässt, dass der Anmelder das von der angegriffenen Ausführungsform benutzte naheliegende Austauschmittel als gleichwirkende Lösungsmöglichkeit für die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe erkannt, ungeachtet dessen aber einen Patentanspruch formuliert hat, der dieses Ersatzmittel nicht erfasst. Zwar kann die zu enge Anspruchsfassung im Einzelfall auch auf einem bloßen Versehen oder einer Fehleinschätzung von der Bedeutung des Anspruchswortlauts beruhen und damit subjektiv nicht von einem Verzichtswillen getragen sein. Wegen der erforderlichen Rechtssicherheit für Dritte muss der Patentinhaber jedoch den auf einen Verzicht hindeutenden objektiven Erklärungsgehalt der Patentschrift gegen sich gelten lassen.

Ein solcher Erklärungswille lässt sich im Streitfall der Klagepatentschrift mangels Benennung eines Austauschmittels für die im Adapterstück vorgesehene „radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“ nicht entnehmen. Die in einem anderen Zusammenhang erfolgende Erwähnung „anderer Bohrungen“, insbesondere einer Stufenbohrung, reicht für die Annahme eines „Verzichtwillens“ oder einer „Auswahlentscheidung“ des Patentanmelders nicht aus, weil sich allein hieraus nicht ergibt, dass der Patentanmelder tatsächlich erkannt hat, dass auch eine solche Bohrung – anstelle der im Patentanspruch angegebenen Sacklochbohrung – in dem Adapterstück zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn ausgebildet werden kann.

(3.4)
Entgegen der von der Beklagten im Verhandlungstermin geäußerten Rechtsauffassung steht der Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsformen II und III in den Schutzbereich des Klagepatents auch das Gebot der Rechtssicherheit nicht entgegen.

Zutreffend ist, dass das Gebot der Rechtssicherheit gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung steht. Daraus leitet der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, dass der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten (BGHZ 106, 84, 90 f. = GRUR 1989, 205 – Schwermetalloxidationskatalysator; BGHZ 150, 149, 154 = GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH, GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; GRUR 1993, 886, 889 – Weichvorrichtung I; GRUR 2002, 519, 521 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 – Custodiol II; GRUR 2007, 1059, 1062 – Zerfallszeitmessgerät; BGH, GRUR 2011, 701, 705 – Okklusionsvorrichtung). Mit dem Gebot der Rechtssicherheit soll erreicht werden, dass der Schutzbereich eines Patentes für Außenstehende hinreichend sicher vorhersehbar ist; sie sollen sich darauf verlassen können, dass der im Patent unter Schutz gestellte Gegenstand mit den Merkmalen des Patentanspruches vollständig umschrieben ist (BGH, GRUR 1992, 594, 596 – Mechanische Betätigungsvorrichtung; GRUR 1992, 305, 307 – Heliumeinspeisung). Der Anmelder hat dafür zu sorgen, dass in den Patentansprüchen alles niedergelegt ist, wofür er Schutz begehrt (BGH, GRUR 1987, 626, 628 – Rundfunkübertragungssystem; GRUR 1989, 903, 905 – Batteriekastenschnur; GRUR 1992, 594, 596 – mechanische Betätigungsvorrichtung; GRUR 2002, 511, 512 – Kunststoffrohrteil; GRUR 2002, 519, 522 – Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 f. – Custodiol II); die Leser der Patentschrift müssen sich darauf verlassen können, dass das, was im Patent unter Schutz gestellt ist, im Patentanspruch hinreichend deutlich bezeichnet ist (BGH, GRUR 1987, 626, 628 – Rundfunkübertragungssystem).

Das bedeutet aber nicht, dass eine äquivalente Patentbenutzung immer dann ausscheiden muss, wenn das von der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Ersatzmittel in der Patentschrift zwar nicht expressis verbis als Austauschmittel angesprochen wird, es aber für den Fachmann, etwa aufgrund seiner Erwähnung in der Patentschrift in einem anderen Zusammenhang, in einem solchen Maße auf der Hand lag, dass das Ersatzmittel auch dem Anmelder nicht verborgen geblieben sein kann. Auch das Gebot der Rechtssicherheit, das prinzipiell jeder Äquivalenzüberlegung wegen des – unzureichend formulierten – Wortlauts des Patentanspruchs entgegengehalten werden könnte, gebietet die Verneinung einer äquivalenten Patentverletzung nur dann, wenn die Patentschrift mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte technische Wirkung herbeigeführt werden kann, aber nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist und die angegriffene Ausführungsform die nicht in den Anspruch aufgenommene Lösungsmöglichkeit oder einer dieser Lösungsmöglichkeit vergleichbare, sich in ähnlicher Weise wie diese von der im Patentanspruch aufgezeigten Lösungsvariante unterscheidende Lösungsmöglichkeit benutzt. Ebenso kann das Gebot der Rechtssicherheit der Annahme einer äquivalenten Patentbenutzung entgegenstehen, wenn die angegriffene Ausführungsform mit ihren abgewandelten Mitteln genau das Gegenteil (hier: reine Durchgangsbohrung ohne Stufe) der gegenständlichen Lehre des Klagepatents darstellt. Weder das eine noch das andere ist hier aber der Fall.

(3.5)
Die Entscheidung des Senats vom 03.01.2013 (I-2 U 22/10) steht den vorstehenden Überlegungen nicht entgegen. Der dortige Sachverhalt zeichnet sich dadurch aus, dass der gattungsbildende Stand der Technik zur Lösung eines bestimmten technischen Problems zwei verschiedene konstruktive Varianten offenbarte, die Gegenstand nebengeordneter Patentansprüche, eigener Beschreibungstexte und gesonderter Patentzeichnungen waren, der Hauptanspruch des Klagepatents mit seinen Merkmalen aber nur die eine dieser Varianten aufgegriffen hat, während sich die angegriffene Ausführungsform der anderen Lösung Alternative bedient hat. Der Senat hat unter diesen Voraussetzungen einen Verzicht des Anmelders auf einen Äquivalenzschutz für die nicht beanspruchte Konstruktionsvariante angenommen. Da das Klagepatent aus dem in der Patentschrift gewürdigten gattungsbildenden Stand der Technik überhaupt nur die eine, von ihm übernommene Konstruktionsvariante erörtert, die zweite alternative Lösung desselben Standes der Technik aber unerwähnt gelassen hat, habe der Anmelder nach dem objektiven Erklärungswert, der seiner Patentschrift zukomme, eine bewusste Auswahlentscheidung zugunsten der allein übernommenen und gegen die nicht weiter in Betracht gezogene alternative Variante getroffen, die als Verzicht zu werten sei. Der vorliegende Streitfall unterscheidet sich von der früheren Konstellation maßgeblich dadurch, dass das gleichwirkende Lösungsmittel hier keine Erwähnung als Ersatzmittel in der Patentschrift gefunden hat und damit die grundlegende Basis für die Annahme eines Verzichts fehlt.

Aus ähnlichen Gründen steht auch die Entscheidung des Senats vom 21.03.2013
(I- 2 U 73/09) der vorstehenden Beurteilung nicht entgegen. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt zeichnet sich dadurch aus, dass der Patentanspruch die Verwendung von mindestens zwei Spulen bei einer Chipkarte verlangte, obgleich das Klagepatent in seiner Beschreibung selbst darauf hinwies, dass es im Stand der Technik auch kontaktlose Chipkarten mit nur einer Spule gab. Der Senat hat unter dieser Voraussetzung ebenfalls einen Verzicht des Anmelders auf einen Äquivalenzschutz für die nicht beanspruchte Konstruktionsvariante mit nur einer Spule angenommen. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor.

Der Entscheidungsfall liegt schließlich auch nicht parallel zu dem vom Senat mit Urteil vom 07.07.2011 (I-2 U 48/10, Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen durch Beschluss vom 19.12.2012 – X ZR 91/11) entschiedenen Fall, in dem eine äquivalente Patentbenutzung mangels Gleichwirkung gleichfalls verneint worden ist. Das Klagepatent schützte dort auf einer Trageschiene nebeneinander aufrastbare Module für einen Datenbus. Die Leitungsstromversorgung der angeschlossenen Teilnehmer sollte über „Messer-Gabel-Kontakte“ an den Seitenflächen der benachbarten Module bewerkstelligt werden, während für die Verbindung der durch die Module hindurch geschleiften Daten-und Stromversorgungsleitungen seitlich an den Modulen angebrachte „Druckkontakte“ vorgesehen waren. Die angegriffene Ausführungsform bediente sich insgesamt nur „Messer-Gabel-Kontakten“. Der Senat hat hierin keine äquivalente Patentbenutzung gesehen und zur Begründung unter anderem ausgeführt:

„Was die elektrische Verbindung der Datenbusleitungen sowie der Stromversorgungsleitungen für die Modulelektronik der aneinandergereihten Einzelreihenklemmen betrifft, wird zwar der patentgemäße Erfolg in gleicher Weise wie mit einem „Druckkontakt“ erreicht. Auch mag es im durchschnittlichen Können und Wissen des Fachmanns gelegen haben zu erkennen, dass sich für die Zwecke der Erfindung anstelle eines „Druckkontaktes“ ebenso gut ein – sogar für höhere Ströme geeigneter – Messer-Gabel-Kontakt eignet, und zwar mit dem besonderen, zusätzlichen Nutzen, dass es wegen der anders wirkenden Kontaktfederkräfte nicht zu einem unerwünschten Verschieben aneinandergereihter Einzelreihenklemmen kommen kann. Bei der rechtlich notwendigen Orientierung an derjenigen technischen Lehre, die dem Fachmann mit Patentanspruch 1 des Klagepatents gegeben wird, kann es indessen nicht mehr als naheliegend angesehen werden, die im Patentanspruch geforderten „Druckkontakte“ durch Messer-Gabel-Kontakte zu ersetzen. Der Fachmann erkennt nämlich, dass das Klagepatent die zuletzt genannte Kontaktkategorie nicht etwa übersehen hat. Sie werden – ganz im Gegenteil – im Patentanspruch 1 ausdrücklich für eine bestimmte Art der Stromversorgung (scil.: der angeschlossenen Busteilnehmer) vorgeschlagen. Auch wenn dem Fachmann in der Patentschrift keine Erläuterung dafür gegeben wird und ihm abgesehen von den obigen Darlegungen eine wirklich zwingende Erklärung möglicherweise auch nicht selbst in den Sinn kommt, bleibt es insofern eine Tatsache, dass Patentanspruch 1 hinsichtlich der zu verbindenden Stromleitungen sowie der dazu einzusetzenden Kontakte differenziert. Die Stromleitungen für die Versorgung der Busteilnehmer sollen mittels Messer-Gabel-Kontakten verbunden werden; die Stromverbindung für die Versorgung der Modulelektrik soll mit Hilfe von Druckkontakten bewerkstelligt werden. Die ausweislich der Anspruchsfassung ganz bewusst vorgenommene Differenzierung nach Stromkreisen und Kontaktarten muss der Fachmann dahingehend begreifen, dass das Klagepatent für die Stromversorgung der E/A-Modul-Elektronik die in anderem Zusammenhang für tauglich gehaltenen Messer-Gabel-Kontakte gerade nicht eingesetzt sehen will. Wird die im Patentanspruch 1 gegebene Lehre zum technischen Handeln ernst genommen, so gibt es deshalb keinen naheliegenden Weg dahin, „Druckkontakte“ durch Messer-Gabel-Kontakte zu substituieren. Um diese Ersatzmaßnahme in Betracht zu ziehen, muss der Fachmann vielmehr die Anweisungen des Patentanspruchs 1 ignorieren und an ihre Stelle eigene Überlegungen über die Tauglichkeit und Zweckmäßigkeit elektrischer Kontakte für die Stromversorgung der Modulelektronik setzen. Unter solchen Umständen kann von einem zum Patentanspruch gleichwertigen Austauschmittel keine Rede sein.“

Die dortigen Erwägungen lassen sich ebenfalls nicht auf den Streitfall übertragen. In dem damaligen Fall waren im Anspruch zwei unterschiedliche Mittel (Messer-Gabel-Kontakte einerseits, Druckkontakte andererseits) zur Erfüllung desselben technischen Zwecks (Stromversorgung) benannt. Demgegenüber hat im Entscheidungsfall die im Patentanspruch 1 angegebene „radiale Sacklochbohrung zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn“, welche in dem zylinderförmigen Grundkörper des Adapterstücks ausgebildet ist, eine andere Funktion als die in der Patentschrift – im Zusammenhang mit der Ausbildung der im Anspruch 1 zwar ebenfalls erwähnten, aber nicht zu dem unter Schutz gestellten Sitzgelenk gehörenden „Aufnahmebohrung“ – angesprochenen anderen Bohrungen, die nicht der Aufnahme eines Befestigungsmittels dienen und auch keinen Aufsetzanschlag bilden müssen.

(3.6)
Der Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsformen II und III in den Schutzbereich des Klagepatents steht auch das Ergebnis des Erteilungsverfahrens nicht entgegen.

Für die Bestimmung des Schutzbereichs eines Patents kommt es grundsätzlich nicht auf Vorgänge im Erteilungsverfahren an, die der Patenterteilung vorausgegangen sind. Denn die Erteilungsakten des Patents bilden, weil sie in Art. 69 EPÜ nicht erwähnt und auch nicht allgemein veröffentlicht sind, kein zulässiges Auslegungsmaterial (vgl. BGH, GRUR 2002, 511, 513 f. – Kunststoffrohrteil). In der Entscheidung „Okklusionsvorrichtung“ (GRUR 2011, 701, 740 Rdnr. 25) hat der Bundesgerichtshof zwar in Erwägung gezogen, aus einer dem Klagepatent zugrunde liegenden und weiter als das erteilte Patent gefassten Offenlegungsschrift beschränkende Rückschlüsse auf den Schutzbereich des späteren Patents zu ziehen. Ob ein solcher Vergleich erlaubt ist, wogegen Bedenken bestehen, weil es sich bei der Offenlegungsschrift im Grunde genommen um nichts anderes als einen öffentlich zugänglichen Teil der Erteilungsakte handelt, welcher nach der gesetzlichen Regelung in Art. 69 EPÜ – mithin aus Rechtsgründen – keine Relevanz für die Patentauslegung zukommt (Kühnen, GRUR 2012, 664), kann im Entscheidungsfall dahinstehen. Denn aus der dem Klagepatent zugrunde liegenden Offenlegungsschrift (EP 1 199 020 B1) lassen sich keine beschränkenden Rückschlüsse auf den Schutzbereich des Klagepatents ziehen, die einer Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsformen II und III in den Schutzbereich des Klagepatents entgegenstehen. Einer solchen Einbeziehung könnte es allenfalls entgegenstehen, wenn das Klagepatent nunmehr auf solche Lösungsvarianten erstreckt würde, die im Erteilungsverfahren aus dem angemeldeten Patentanspruch entfernt worden oder die in der Offenlegungsschrift offenbart gewesen, aber nicht in den erteilten Anspruch aufgenommen worden sind. So verhält es sich aber nicht: Der angemeldete Patentanspruch hat – sofern hier von Bedeutung – verlangt, dass das Adapterstück mit einem in der Keramik befestigten Befestigungsmittel verbunden ist. Dieser Vorgabe entsprechen auch die angegriffenen Ausführungsformen II und III. Eine Vorgabe, wonach im Adapterstück eine – nicht weiter spezifizierte – radiale „Bohrung“ zum Aufsetzen auf einen Scharnierdorn ausgebildet ist, welches Merkmal dann in dem erteilten Patentanspruch dahin beschränkt worden wäre, dass es sich bei der betreffenden Bohrung um eine „Sacklochbohrung“ handeln muss, haben die angemeldeten Patentansprüche in der Fassung der Offenlegungsschrift nicht enthalten. In der Offenlegungsschrift ist auch kein alternatives Lösungsmittel für eine im Adapterstück ausgebildete Sacklochbohrung offenbart gewesen.

(3.7)
Soweit die Beklagte im Verhandlungstermin schließlich geltend gemacht hat, die vorstehende Beurteilung stehe in Widerspruch zu der vom Bundespatentgericht bejahten Rechtsbeständigkeit des Klagepatents, vermag der Senat einen solchen Widerspruch nicht zu erkennen. Das Bundespatentgericht hat sich weder mit den hier angegriffenen Ausführungsformen noch mit vergleichbaren Ausgestaltungen befasst. Die durchgehende Stufenbohrung der angegriffenen Ausführungsformen II und III unterscheidet sich ebenfalls von dem oben bereits erwähnten, in einen Hohlraum hineinführenden Bohrloch der DE (D15) bzw. EP (D15a). Abgesehen davon hätte die Beklagte, wenn sie geltend machen wollte, das die als äquivalent angegriffenen Ausführungsformen II und III mit Rücksicht auf den Stand der Technik keine patentfähige Erfindung darstellen, den so genannten Formstein-Einwand (vgl. BGHZ 98, 12 ff. = GRUR 1986, 803, 806 – Formstein) erheben müssen. Das hat die Beklagte nicht getan und sie hat auch nicht aufgezeigt, dass die angegriffenen Ausführungsformen II und III mit der Gesamtheit ihrer Merkmale im Stand der Technik vorweggenommen sind oder sich aus diesem naheliegend ergeben haben.

4.
Nach alledem machen die angegriffenen Ausführungsformen II und III zwar – anders als die angegriffene Ausführungsform I – nicht wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, aber doch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.

Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Beklagten vom 28.10.2013 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.

D.
Aus der vorstehend festgestellten Patentverletzung bzw. -benutzung ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.
Dass die Beklagte im Hinblick auf die oben in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I dargelegte Patentverletzung bzw. –benutzung der Klägerin zur Rechnungslegung, Auskunftserteilung und zum Schadensersatz sowie zum Rückruf und zur Vernichtung der WC-Sitzgelenke verpflichtet ist, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil (Seiten 29 – 31) zutreffend dargelegt; auf diese – von der Beklagten mit ihrer Berufung nicht gesondert angegriffenen – Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Zu ergänzen ist lediglich, dass die vom Landgericht antragsgemäß tenorierten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche, die sich nicht nur auf das
WC-Sitzgelenk, sondern auf die WC-Sitzgarnitur mit dem Sitzgelenk beziehen, nicht zu beanstanden sind. Im Rechnungslegungsantrag muss – abgesehen von den verlangten Einzeldaten – angegeben werden, auf welchen Umsatzgegenstand sich die Rechnungslegung beziehen soll. Regelmäßig geschieht dies durch eine Rückbeziehung auf den im Unterlassungsantrag bezeichneten Gegenstand. Erfasst vom Rechnungslegungsantrag werden dadurch alle Angebote und Verkäufe patentverletzender Gegenstände, unabhängig davon, ob sie als isolierte Einzelteile, als Bestandteile einer größerer Verbundeinheit oder gar als unselbständiges Element eines anderen Gegenstandes in Verkehr gelangt sind. Eine auf den Patentanspruch zurückbezogene Antragsfassung ist allerdings unzureichend, wenn die Umsatzgeschäfte des Beklagten (auch) mit einer größeren Einheit (hier: WC-Sitzgarnituren mit Sitzgelenken) gemacht werden, von der der Gegenstand der Erfindung lediglich einen (selbständigen oder unselbständigen) Teil bildet. Soweit auch die Umsätze mit dieser größeren Einheit schadensersatzpflichtig sein können, was hier der Fall ist, ist es ein grundsätzlich berechtigtes Anliegen des Klägers, auch über sie Auskunft zu erhalten (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl., Rdnr. 1185).

Etwas anderes gilt aber hinsichtlich der vom Landgericht in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I festgestellten Schadensersatzverpflichtung der Beklagten, die sich nach dem Wortlaut des landgerichtlichen Urteilsausspruchs infolge des Rückbezugs auf den Tenor zu I. 1. – entsprechend den zugrundeliegenden Klageanträgen zu II. und I. 1. – auf die WC-Sitzgarnitur mit WC-Sitzgelenk und nicht nur auf das unter Schutz gestellte WC-Sitzgelenk bezieht. Ist die patentgeschützte Vorrichtung z. B. Teil einer Gesamtvorrichtung, schuldet der Verletzer zwar unter Umständen Schadenersatz auch wegen des Verkaufs der Gesamtvorrichtung. Dazu, dass hier in jedem Fall Schadensersatz wegen des Verkaufs der WC-Sitzgarnituren zu leisten und damit für jeden Verkaufsfall auf den Umsatz mit den Sitzgarnituren abzustellen ist, hat die Klägerin aber nichts vorgetragen. Jedenfalls steht einem entsprechenden Feststellungsausspruch entgegen, dass das patentgeschützte WC-Sitzgelenk, wie sich aus den die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffenden Auskunftsantrag (Bl. 302 GA) ergibt (vgl. auch bereits Klageantrag zu I. 3. [Bl. 4 GA]), offenbar auch Gegenstand von Einzellieferungen ist. Letztlich dürfte die auf die WC-Sitzgarnituren rückbezogene Fassung des die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Schadensersatzfeststellungsantrages ohnehin nur zufällig sein. Denn der hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen II und III gestellte Schadensersatzantrag (Bl. 304 GA) betrifft infolge seines Rückbezugs auf den Unterlassungsantrag (Bl. 301 GA) allein das patentgeschützte WC-Sitzgelenk. Der Senat hat deshalb in den die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Feststellungsausspruch zur Klarstellung aufgenommen, dass sich die festgestellte Schadensersatzverpflichtung auf die allein unter Schutz gestellten WC-Sitzgelenke bezieht. Eine Aussage dazu, wie der Schaden der Klägerin zu berechnen und auf welchen Umsatz abzustellen ist, ist hiermit nicht verbunden; diese Frage ist erst in einem sich ggfs. anschließenden Höheprozess zu entscheiden. Auf die Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung der Beklagten hat dieser Umstand keine Auswirkungen, weil eine Schadensersatzpflicht der Beklagten in Bezug auf die mit den patentgeschützten Sitzgelenken ausgerüsteten WC-Sitzgarnituren in Betracht kommt. Die Beklagte ist deshalb auch insoweit zur Rechnungslegung verpflichtet, als sie mitzuteilen hat, in welchen Fällen und wem gegenüber sie den patentverletzenden Gegenstand zusammen mit einer WC-Sitzgarnitur bzw. als Teil einer solchen angeboten oder verkauft hat.

Keine Bedenken bestehen hingegen in Bezug auf die vom Landgericht hinsichtlich der mit den WC-Sitzgelenken gemäß der angegriffenen Ausführungsform I ausgerüsteten WC-Sitzgarnituren ausgesprochene Rückrufverpflichtung, da der Rückruf der gesamten Sitzgarnitur die vollständige Rückgabe der patentverletzenden Sitzgelenke sicherstellt. Es ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass die Abnehmer der Beklagten ein Interesse an den WC-Garnituren ohne die zugehörigen (patentverletzenden) Sitzgelenke haben.

2.
Aufgrund der äquivalenten Benutzung des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen II und III stehen der Klägerin gegen die Beklagte die ihr vom Landgericht wegen der angegriffenen Ausführungsform I zuerkannten Ansprüche auch hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen II und III zu. Die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, auf die verwiesen wird, gelten insoweit entsprechend für die Ausführungsformen II und III. Da die Beklagte, wie vorstehend dargelegt, entgegen § 9 Nr. 1 PatG auch mit den angegriffenen Ausführungsformen II und III eine patentierte Erfindung benutzt hat, kann die Klägerin sie nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG hinsichtlich dieser WC-Sitzgelenke zusätzlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Die Gefahr weiterer künftiger Rechtsverletzungen ergibt sich daraus, dass die Beklagte im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit die angegriffenen Handlungen bereits vorgenommen hat und deshalb vermutet wird, dass sie dieses Verhalten auch in Zukunft wiederholen wird. Eine die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffende Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.

Soweit sich die die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffende Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung von den entsprechenden Aussprüchen hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I teilweise unterscheidet, beruht dies auf der Formulierung der zugrundeliegenden Klage- bzw. Berufungsanträge der Klägerin. Die unterschiedliche Antragsformulierung hat zur Konsequenz, dass von dem die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffenden Auskunfts- und Rechnungslegungsausspruch zwar alle Angebote und Verkäufe patentverletzender WC-Sitzgelenke, unabhängig davon, ob sie als isolierte Einzelteile oder als Bestandteile von WC-Sitzgarnituren in Verkehr gelangt sind, erfasst werden, dass sich die im Rahmen der Rechnungslegung zu machenden einzelnen Angaben aber allein auf die WC-Sitzgelenke beziehen.

3.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte ferner einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 13.100,00 EUR. Ein weitergehender Erstattungsanspruch besteht nicht.

a)
Dass die Beklagte der Klägerin wegen der die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Abmahnung dem Grunde nach zur Erstattung vorprozessualer Abmahnkosten verpflichtet ist, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt. Auf diese – von der Beklagten mit der Berufung nicht gesondert angegriffenen – Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

b)
Darüber hinaus kann die Klägerin von der Beklagten auch die Erstattung der ihr durch die die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffende Abmahnung entstandenen Rechts- und Patentanwaltskosten ersetzt verlangen, weil die Beklagte das Klagepatent auch mit diesen Ausführungsformen verletzt hat.

c)
Gegen die Höhe der von der Klägerin beanspruchten und vom Landgericht in Bezug auf die ersten Abmahnung zugrundegelegten 1,5 Geschäftsgebühr nach VV-Nr. 2300 erhebt die Beklagte keine Einwände. Sie macht widerklagend vielmehr selbst eine Gebühr in dieser Höhe geltend. Gegen die Gebührenhöhe bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken, weil in Patentverletzungssachen die angemessene Gebühr regelmäßig oberhalb der 1,3 Gebühr nach VV-Nr. 2300 liegt.

d)
Die Berechnung der Klägerin bedarf allerdings hinsichtlich der der Gebührenberechnung zugrundezulegenden Gegenstandswerte der Korrektur:

Das Landgericht hat den Streitwert für den ersten Rechtszug auf 600.000,00 EUR festgesetzt. Wie die Parteien im Verhandlungstermin auf Nachfrage mitgeteilt haben, ist die wirtschaftliche Bedeutung aller drei angegriffenen Ausführungsformen in etwa gleich, so dass bei einem solchen Gesamtstreitwert auf jede 200.000,00 EUR entfallen. Soweit das Landgericht hinsichtlich der die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Abmahnung von einem Gegenstandswert von 300.000,00 EUR ausgegangen ist, ist dieser Wert daher zu hoch.

Hinsichtlich der die angegriffene Ausführungsform I betreffenden Abmahnung ist außerdem zu berücksichtigen, dass mit dieser Abmahnung noch keine Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung geltend gemacht worden sind (vgl. Anlage PBP 10). Der Senat bemisst den Gegenstandswert der ersten Abmahnung daher mit lediglich 190.000,00 EUR, was sich mangels eines Gebührensprungs zwischen 190.000,00 und 200.000,00 EUR allerdings nicht gebührenmindernd auswirkt. Auf der Grundlage dieses Gegenstandswerts berechnen sich die zu erstattenden Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgebühren für die erste Abmahnung wie folgt:

Gebührentatbestand: 1,5 Geschäftsgebühr, RA; Gegenstandswert/€: 190.000,00; Betrag/€: 2.724,00
Gebührentatbestand: 1,5 Geschäftsgebühr PA; Gegenstandswert/€: 190.000,00; Betrag/€: 2.724,00
Zwischensumme: 5.448,00
Post-/Telefonpauschale RA: 20,20
Post-/Telefonpauschale PA: 20,00
Insgesamt: 5.488,00

Entsprechendes gilt für die die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffende Abmahnung vom 05.11.2010 (Anlage PBP 23), mit der ebenfalls noch keine Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung geltend gemacht worden sind. Der Gegenstandswert für die zweite Abmahnung ist daher entsprechend mit 380.000,00 zu veranschlagen, so dass sich insoweit folgende Gebührenberechnung ergibt:

Gebührentatbestand: 1,5 Geschäftsgebühr, RA; Gegenstandswert/€: 380.000,00; Betrag/€: 3.786,00
Gebührentatbestand: 1,5 Geschäftsgebühr PA; Gegenstandswert/€: 380.000,00; Betrag/€: 3.786,00
Zwischensumme: 7.572,00
Post-/Telefonpauschale RA: 20,20
Post-/Telefonpauschale PA: 20,00
Insgesamt: 7.612,00

Auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 190.000,00 EUR für die erste Abmahnung und eines Gegenstandswertes von 380.000,00 EUR für die zweite Abmahnung belaufen sich die von der Beklagten zu erstattenden Rechts- und Patentanwaltskosten damit auf insgesamt 13.100,00 EUR.

e)
Unerheblich ist, dass die Klägerin keine (zutreffenden) Gebührenabrechnungen ihrer Anwälte vorgelegt hat. Denn der Erstattungsanspruch hängt nicht davon ab, dass dem Abmahnenden bereits eine die Fälligkeit des anwaltlichen Honoraranspruchs begründende Rechnung vorliegt, die den besonderen Anforderungen des § 10 RVG genügt (BGH, NJW 2011, 2509, 2511; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 642).

f)
Die Klägerin kann direkt Zahlung des ihren Anwälten geschuldeten Betrages durch die Beklagte verlangen. Zwar trägt die Klägerin nicht vor, dass sie die ihr aufgrund der Abmahnungen entstandenen Anwaltskosten bereits beglichen hat. Bei dieser Sachlage ist sie wegen der Inanspruchnahme anwaltlicher Dienste derzeit nur mit einer Verbindlichkeit belastet, so dass ihr Erstattungsanspruch gemäß § 249 Abs. 1 BGB zunächst grundsätzlich nur auf Befreiung von der fortbestehenden Haftung, nicht aber auf Zahlung an sich selbst geht. Der Freistellungsanspruch ist jedoch nach § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergegangen. Nach dieser Norm setzt der Übergang des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch zwar voraus, dass der Geschädigte dem Schädiger erfolglos eine Frist zur Herstellung (also hier zur Freistellung) verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Vorliegend hat die Klägerin den Beklagten mit ihrem Abmahnschreiben lediglich eine Frist gesetzt, binnen derer sich die Beklagte zu 1. u.a. zur Übernahme der Anwaltskosten bereit erklären sollte. Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist hier aber entbehrlich, weil die Beklagte die Leistung von Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Der Setzung einer Frist mit Ablehnungsandrohung steht es nach ständiger Rechtsprechung gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (vgl. BGH, NJW-RR 1987, 43, 44; NJW 1991, 2014; NJW 1992, 2221, 2222; NJW-RR 1996, 700; NJW 1999, 1542, 1544; NJW 2004, 1868 f.; NJW 2011, OLG Köln, OLGR 2008, 430, 431; KG, RUR-RR 2010, 403; Kühnen, a.a.O., Rdnr. 642). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat eine Patentbenutzung bestritten und ferner die Schutzfähigkeit des Klagepatents in Abrede gestellt. Außerdem hat sie sich geweigert, eine Verpflichtungserklärung abzugeben. Damit leugnet sie auch ihre Verpflichtung zur Freistellung der Klägerin. Hierin liegt eine endgültige und ernsthafte Ablehnung jeglicher Schadensersatzleistung mit der Folge, dass sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch verwandelt hat.

E.
Zu einer Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit (§ 148 ZPO) bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die von den Beklagten gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage besteht keine Veranlassung, nachdem das Bundespatentgericht das Klagepatent durch Urteil vom 04.12.2012 aufrecht erhalten hat.

Nach ständiger, vom Bundesgerichtshof (vgl. GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligter Rechtsprechung des Senats ist bei der Aussetzung eines Patentverletzungsrechtsstreits wegen eines gegen das Klagepatent ergriffenen Rechtsbehelfs Zurückhaltung geboten. Eine zu großzügige Aussetzung hätte zur Folge, dass das ohnehin zeitlich begrenzte Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers praktisch suspendiert und Rechtsbehelfe gegen erteilte Patente geradezu herausgefordert würden. Sie stünde überdies im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass Rechtsbehelfen gegen Patente kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt. Deshalb sieht sich der Senat im Allgemeinen in derartigen Fällen nur dann zu einer Aussetzung nach § 148 ZPO veranlasst, wenn die Vernichtung bzw. der Widerruf des Klagepatents nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich ist, zum Beispiel, weil das Klagepatent im Stand der Technik entweder neuheitsschädlich vorweggenommen oder die Erfindungshöhe so fragwürdig geworden ist, dass sich für ihr Zuerkennung kein vernünftiges Argument finden lässt. An diesen Grundsätzen hat sich auch durch die Entscheidung „Steinknacker“ des Senats (Mitt. 1997, 257 – 261) im Kern nichts geändert. Nach dieser Entscheidung ist die Frage der Aussetzung des Patentverletzungsstreites in zweiter Instanz lediglich unter etwas weniger strengen Gesichtspunkten zu beurteilen, wenn – wie hier hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I – bereits ein erstinstanzliches Urteil zugunsten des Patentinhabers vorliegt, aus dem dieser gegen Sicherheitsleistung vollstrecken kann. So kann in einer solchen Situation der Umstand, dass ein gegen ein erteiltes Patent ergriffener Rechtsbehelf sich nur auf bereits gewürdigten Stand der Technik stützt, nicht von vornherein eine Zurückweisung des Aussetzungsbegehrens rechtfertigen. Aber auch nach dieser Entscheidung ist eine Aussetzung erst dann geboten, wenn die Vernichtung oder der Widerruf des Patents nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich ist (vgl. z. B. Senat, InstGE 7, 139 = GRUR-RR 2007, 259, 263 – Thermocycler; Mitt. 2009, 400, 401 f. – Rechnungslegungsanspruch).

Hier lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Nichtigkeitsberufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts wahrscheinlich zu einer Vernichtung des Anspruchs 1 des Klagepatents führen wird, sondern im Gegenteil spricht der Umstand, dass das sachkundige Bundespatentgericht unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen der Beklagten das Klagepatent mit dem geltend gemachten Patentanspruch 1 aufrecht erhalten hat, gerade dafür, dass die Nichtigkeitsberufung der Beklagten keinen weitergehenden Erfolg haben wird. Das Bundespatentgericht hat sich mit den von der Beklagten entgegengehaltenen Druckschriften befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das WC-Sitzgelenk nach dem erteilten Patentanspruch 1 gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu ist und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Beides hat das Bundespatentgericht überzeugend begründet. Die von der Streithelferin neu ins Nichtigkeitsberufungsverfahren eingeführte DE (D16) kommt dem Gegenstand des Klagepatents nicht näher als die vom Bundespatentgericht gewürdigten Entgegenhaltungen. Was die nunmehr geltend gemachte Kombination dieser neuen Entgegenhaltung mit der DE (D1) anbelangt, gelten die Ausführungen des Bundespatentgerichts zu einer Kombination der letzteren Entgegenhaltung mit der DE (D2), abgesehen von der bei der D2 nicht verwirklichten „radialen“ Sacklochbohrung, prinzipiell in gleicher Weise für die nunmehr geltend gemachte Kombination.

F.
Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass der Beklagten der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Anwaltskosten zur Abwehr der Abmahnungen der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht, weil sowohl die die angegriffene Ausführungsform I betreffende Abmahnung als auch die die angegriffenen Ausführungsformen II und III betreffende Abmahnung berechtig war.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 und § 101 Abs. 1 ZPO; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Senat lässt die Revision zu, weil die Frage, ob eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln auch dann zu verneinen ist, wenn das Ersatzmittel in der Patentschrift zwar nicht expressis verbis als Austauschmittel angesprochen wird, es aber für den Fachmann – z. B. aufgrund seiner Erwähnung in der Patentschrift in einem anderen Zusammenhang – in einem solchen Maße auf der Hand lag, dass das Ersatzmittel an sich auch dem Anmelder kaum verborgen geblieben sein kann, über den Streitfall hinaus grundsätzliche Bedeutung hat.

Den Streitwert für das Berufungsverfahren und – in Abänderung der im landgerichtlichen Urteil enthaltenen Wertfestsetzung (§ 63 GKG) – der Streitwert für den ersten Rechtszug hat der Senat auf jeweils 450.000,00 EUR festgesetzt. Bei der Wertfestsetzung ist zu berücksichtigen, dass ein Unterlassungsanspruch bezüglich der angegriffenen Ausführungsform I mit der Klage nicht geltend gemacht worden ist. Bei einem unter Berücksichtigung aller Ansprüche auf die angegriffene Ausführungsform I entfallenden Gegenstandswert von 200.000,00 EUR ist der auf den nur vorprozessual geltend gemachten Unterlassungsanspruch entfallende Wert mit 150.000,00 zu bemessen.