2 U 8/09 – Hybridizer

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2055

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Februar 2013, Az. 2 U 8/09

Vorinstanz: 4b O 476/04

I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.11.2008 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

1. die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung (Ziffer I.1.) und zur Rechnungslegung (Ziffer I.2.) gegenstandslos sind,

2. die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz nur solche Benutzungshandlungen der Beklagten umfasst, welche bis einschließlich 8.8.2010 erfolgten.

II.
Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Das Urteil und das landgerichtliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerinnen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zwangsweise beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.125.000 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

A.

Die Klägerin zu 2) war eingetragene Inhaberin des europäischen Patents
1 (Klagepatent, Anlage K 1), welches am 8.8.1991 unter Inanspruchnahme zweier US-amerikanischer Prioritäten vom 1.12.1989 und 20.3.1990 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 27.1.1998. Zu den benannten Vertragsstaaten des Klagepatents, welches in englischer Verfahrenssprache abgefasst ist, gehörte auch die Bundesrepublik Deutschland. Die beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE geführte deutsche Übersetzung des Klagepatents liegt in ihrer ursprünglichen Form als Anlage K 2, die geänderte Fassung (DE T4) als Anlage BE5 vor. Das Klagepatent erlosch am 9.8.2010 durch Zeitablauf.

Die Klägerin zu 2) hatte am 15.8.1989 mit der Firma A. T. C. den aus Anlage K 29 ersichtlichen, unter anderem das Klagepatent betreffenden Lizenzvertrag geschlossen. Die Lizenz erstreckte sich auch auf die Klägerin zu 1) als Tochtergesellschaft, welche früher als V., I.. firmierte (vgl. Anlage K 20). Am 15.4.1992 wurde die aus Anlage K 37 ersichtliche Änderungsvereinbarung getroffen. Am 1.10.2001 wurde die ausschließliche Lizenz auf die Klägerin zu 1) übertragen (Anlage K 31). Nach Art. 18.2 des Lizenzvertrages kann die Lizenznehmerin die Lizenzgeberin schriftlich auffordern, rechtliche Schritte gegen Patentverletzer einzuleiten. Die Lizenzgeberin kann dann entscheiden, ob sie gegen Verletzer vorgehen möchte oder nicht. Entscheidet sie sich dagegen, so kann die Lizenznehmerin während der Rechtshängigkeit des Verletzungsrechtsstreits gemäß Art. 18.4 des Lizenzvertrages 50 % der Lizenzgebühren als Ausgleich für die Kosten der Rechtsverfolgung zurückhalten. Die Klägerin zu 1) forderte die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 24.6.2004 auf, rechtliche Schritte gegen die Beklagten einzuleiten (Anlage K 38).
Im Rahmen eines gegen das Klagepatent von dritter Seite eingelegten Einspruchsverfahrens hielt das Europäische Patentamt mit Bescheid vom 20.08.2002 (Anlage K 4) das Klagepatent überwiegend aufrecht. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde wurde zurückgenommen. Der Bundesgerichtshof (Az.: X ZR 73/09, Urteil vom 12.6.2012, Anlage BE 11) bestätigte die vom Bundespatentgericht mit Urteil vom 27.1.2009 (Az.: 3 Ni 78/06, Anlage BB4) erfolgte Abweisung der gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichteten Nichtigkeitsklage der hiesigen Beklagten zu 2). Im Nichtigkeitsberufungsverfahren wurde das aus Anlage BB 7 ersichtliche gerichtliche Sachverständigengutachten des Herrn Prof. Dr. R. eingeholt.

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut:

„Verfahren zum Färben von chromosomalem Ziel-Material basierend auf der Nukleinsäuresequenz, um eine oder mehrere genetische Translokationen, die mit chromosomalen Anomalien identifiziert werden, nachzuweisen, in einer Interphasenzelle, wobei das Verfahren außerhalb des menschlichen Körpers durchgeführt wird und die Schritte
a) in-situ-Hybridisieren eines heterogenen Gemisches zweier oder mehrerer Nukleinsäuresonden für das menschliche Genom mit der chromosomalen Ziel-DNA, wobei jede der Sonden eine Komplexität von 50 kB (50.000 Basen) bis 10 MB (10.000.000 Basen) aufweist und die Sonden Nukleinsäuresequenzen enthalten, die im Wesentlichen komplementär sind zu Nukleinsäuresequenzen, welche Bruchstellenregionen, von denen bekannt ist, dass sie mit genetischen Umordnungen assoziiert sind, flankieren und/oder sich teilweise oder völlig über Bruchstellenregionen erstrecken, von denen bekannt ist, dass sie mit genetischen Umordnungen assoziiert sind, wobei jede Sonde mit einem Fluorochrom unterschiedlicher Farbe markiert ist, und
b) Beobachten der Nachbarschaft oder des Überlappens der durch jede Sonde gefärbten Regionen, wodurch der Nachweis einer Translokation ermöglicht wird,
umfasst.“

Gegenstand des Unternehmens der Beklagten zu 2) sind die Entwicklung und das Angebot diagnostischer Systeme. Auf der Internetseite www.d..com der Beklagten zu 2) sind Informationen und Handbücher zu den Produkten in deutscher Sprache bereitgestellt. Die Beklagte zu 1) liefert die Produkte der Beklagten zu 2) in Deutschland aus.
Die Beklagten bieten u. a. die Sonden B. F. D. Probe, S. S.l, E. 6 F. D. Probe, S. Signal, M. F. D. P., S. S., T. 3 F. D. Probe, S. Signal, T. F.D. Probe, S. Signal, B. F. D. Probe, S. S., M.1 F. D. Probe, S. S., I. F. D. P., S. S. , I. F. D. P., S. S., C.1 F. D. Probe, Split Signal, B. F. D. Probe, S. Signal, B.3 F. D. Probe, Split Signal, M. F. D. Probe, Split Signal, P. F. D. Probe, Split Signal, T. F. DNA Probe, Split Signal und I. F. D. Probe an (im folgenden: angegriffene Sonden). Die konstruktive Gestaltung der Sonden ergibt sich aus den Werbebroschüren der Beklagten gemäß Anlagen K 7 bis K 11, K 24 bis 27. Mittels der angegriffenen Sonden lässt sich in einer Interphasenzelle eine genetische Translokation nachweisen, wobei der Nachweis wie folgt geführt wird:

• Das Sondengemisch enthält zwei Nukleinsäuresonden.
• Jede der beiden Sonden flankiert dabei eine (scil.: dieselbe) Bruchstellenregion auf einem (scil.: demselben) Chromosom, das möglicherweise von einer Translokation betroffen ist.
• Die eine Sonde ist grün gefärbt und betrifft den Bereich „d.“ der mutmaßlichen Bruchstelle; die andere Sonde ist rot gefärbt und betrifft den Bereich „u.“ derselben mutmaßlichen Bruchstelle.
• Hat keine Translokation stattgefunden, liegen die beiden eingefärbten Sonden auf demselben Chromosom nahe beieinander (scil.: beiderseits derselben auf dem Chromosom vermuteten Bruchstelle), was ein gelbes Farbsignal oder zwei eng beieinander liegende Rot/Grün-Signale hervorbringt.
• Hat eine Translokation stattgefunden, lagert sich die eine Sonde an dem einen Chromosom und die andere Sonde an ein anderes Chromosom, nämlich dasjenige an, welches das translokalisierende Bruchstück aufgenommen hat. Mit den beteiligten Chromosomen befinden sich infolge dessen auch die beiden eingefärbten Sonden auf Abstand, was durch zwei sichtbar voneinander entfernte Farbsignale (Rot und Grün) kenntlich ist.

Ferner bieten die Beklagten sogenannte Kits, insbesondere das C. F. A. K. N. K , an, die sämtliche Schlüsselreagenzien (außer den Sonden) enthalten, die zum Nachweis einer Translokation in der oben beschriebenen Weise erforderlich sind (nachfolgend: angegriffene Kits). Die angegriffenen Kits, deren Ausgestaltung sich im Einzelnen aus der Werbebroschüre der Beklagten gemäß Anlage K 12 ergibt, beinhalten Reagenzien enthaltende Stringenzpuffer und/oder Fluoreszenzverstärker in einer Menge, die die Durchführung von 20 Tests erlaubt.

Schließlich bieten die Beklagten Hybridizer zur automatisierten Durchführung der Hybridisierung mit F.-Sonden an, darunter den Hybridizer Code No. S. (nachfolgend: angegriffene Hybridizer). Die konstruktive Ausgestaltung der angegriffenen Hybridizer ergibt sich aus der Werbebroschüre der Beklagten gemäß Anlage K 13.

Die Beklagte zu 2) nahm die Klägerinnen vor dem Tribunale di Milano / Italien auf Feststellung in Anspruch, dass sie mit den angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent – und auch gerade den deutschen Teil – nicht verletze (vgl. Anlagen B 6 und B 8).

Die Klägerinnen haben vor dem Landgericht behauptet, die angegriffenen Sonden wiesen insbesondere die beanspruchten Komplexitätswerte auf; hierzu haben die Klägerinnen auf eine Untersuchung von Dr. J. P. mit dem Computerprogramm „R.Masker“ verwiesen (Anlagen K 16, K 17, K 23 und K 28). Die Beklagten wüssten um die Möglichkeit der Durchführung des patentgemäßen Verfahrens mit den angegriffenen Sonden, Kits und Hybridizer ebenso wie um eine entsprechende Verwendungsbestimmung seitens der Abnehmer.

Nachdem die Klägerinnen sich erstinstanzlich mit ihrer Klage zunächst gegen die genannten Kits und Hybridizer und den Hybridizer Code No. S sowie die Sonden B.F. DNA Probe, Split Signal, E. F. DNA Probe, Split Signal, M. F. DNA Probe, Split Signal, T. 3 F. DNA Probe, Split Signal, T. F. DNA Probe, Split gewandt haben, haben sie die Klage auf die Sonden B. F. DNA Probe, Split Signal, M.1 F. DNA Probe, Split Signal, I. F. DNA Probe, Split Signal , I. F. DNA Probe, Split Signal, C. F. DNA Probe, Split Signal, B. F. DNA Probe, Split Signal, B. F. DNA Probe, Split Signal, M. F. DNA Probe, Split Signal, P. F. DNA Probe, Split Signal, T. F. DNA Probe, Split Signal und I. F. DNA Probe erweitert.

Die Klägerinnen haben die Beklagten vor dem Landgericht wegen mittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung (und zwar mit dem Begehren eines Schlechthinverbotes), Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen.

Die Beklagte zu 1) hat beantragt,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklage 3 Ni 78/06 auszusetzen.

Die Beklagte zu 2) hat beantragt,

das Verfahren bis zur Entscheidung des von der Beklagten zu 2) angerufenen Tribunale di Milano (Az.: RG 22239/05 und RG 23801/05) über seine Zuständigkeit im Verfahren gegen die hiesigen Klägerinnen auszusetzen,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Nichtigkeitsklage 3 Ni 78/06 auszusetzen.

Die Beklagte zu 2) hat die Ansicht vertreten, der Rechtsstreit sei wegen der in Italien rechtshängigen Feststellungsklage auszusetzen. Die Beklagten haben eine Patentverletzung wie folgt in Abrede gestellt: Die angegriffenen Sonden verfügten nicht über die nach dem Klagepatent erforderliche Komplexität, wie sich aus ihren Messungen gemäß Anlage B 4 ergebe. Die Untersuchungen der Klägerinnen seien bereits deshalb unbeachtlich, weil die dortigen Daten – insoweit unstreitig – nicht nach der im Klagepatent genannten Methode von Britten et. al. gewonnen worden seien. Das Klagepatent stelle nur ein Nachweisverfahren unter Schutz, bei dem sogenannte Fused-Signale Verwendung fänden, während die angegriffenen Sonden – insoweit ebenfalls unstreitig – mit einem Split-Signal funktionierten. Auch seien die angegriffenen Sonden nicht im Sinne des Klagepatents im Wesentlichen komplementär zu den Nukleinsäuresequenzen der Ziel-DNA.

Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Professorin Dr. F. (Bl. 349 ff. GA, Bl. 442 ff. GA) gemäß Beweisbeschluss vom 15.02.2006 (Bl. 288 ff. GA) und einer mündlichen Anhörung der Sachverständigen (siehe die Sitzungsniederschrift gemäß Bl. 442 ff., Bl. 571 GA) wie folgt für Recht erkannt:

„I.
Die Beklagten werden verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer bzw. dem Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Sonden, insbesondere die Sonden B.F. D. Probe, Split Signal und/oder E. F. DNA Probe, Split Signal und/oder M. F. DNA Probe, Split Signal und/oder T. F. DNA Probe, Split Signal und/oder T. F. DNA Probe, Split Signal und/oder B. F. DNA Probe, Split Signal und/oder M. F. DNA Probe, Split Signal und/oder I. F. DNA Probe, Split Signal und/oder I. F. DNA Probe, Split Signal und/oder C. F. DNA Probe, Split Signal und/oder B. F. DNA Probe, Split Signal und/oder B. F. DNA Probe, Split Signal und/oder M. F. DNA Probe, Split Signal und/oder P. F. DNA Probe, Split Signal und/oder T. F. DNA Probe, Split Signal und/oder I. F. D. Probe

und/oder

Kits mit Reagenzien enthaltend Stringenzpuffer und/oder Fluoreszenzverstärker, insbesondere das C. F. A. Kit No. K

und/oder

H. zur automatisierten Durchführung der H. mit F.-Sonden, insbesondere den H. Code No. ;

die geeignet sind zur Durchführung eines Verfahrens zum Färben von chromosomalem Zielmaterial auf Basis der Nukleinsäuresequenz, um eine oder mehrere genetische Translokationen, die mit chromosomalen Anomalien verbunden sind, nachzuweisen, in einer Interphasezelle, wobei das Verfahren außerhalb des menschlichen Körpers durchgeführt wird,

in der Bundesrepublik Deutschland Dritten zur Benutzung anzubieten und/oder zu liefern,

wobei das Verfahren dadurch gekennzeichnet ist, dass ein in-situ Hybridisieren eines heterogenen Gemisches zweier oder mehrerer Nukleinsäuresonden des menschlichen Genoms mit der chromosomalen Ziel-DNA stattfindet, wobei jede der Sonden eine Komplexität von 50 kB bis 10 MB aufweist, wobei die Sonden Nukleinsäuresequenzen aufweisen, welche im wesentlichen komplementär zu den Nukleinsäuresequenzen sind, die die Bruchstellenregionen der bekannten genetischen Umordnungen flankieren und/oder diese ganz oder teilweise überspannen, wobei jede Sonde mit einem F. unterschiedlicher Farbe markiert ist, zur Beobachtung des Abstandes oder der Überlappung der Regionen, die von jeder Sonde angefärbt werden, wodurch der Nachweis der Translokation ermöglicht wird,

ohne

im Fall des Anbietens und der Lieferung blickfangmäßig hervorgehoben darauf hinzuweisen, dass die genannten Sonden, Kits und/oder H. nicht ohne Zustimmung der Klägerin zu 1) als ausschließliche Lizenznehmerin des europäischen Patents zur Benutzung des in Ziffer I. 1. beschriebenen Verfahrens benutzt werden dürfen;

2.
den Klägerinnen darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1.10.2001 begangen haben, und zwar unter Angabe

1. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, –zeiten und –preisen (inklusive der Angabe von gewährten Natural- sowie Geldrabatten), den Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

2. des Bezugspreises der jeweiligen Lieferanten,

3. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

4. des aktuellen Bestands an den in Ziffer I. 1 bezeichneten Mitteln,

5. der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

6. der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, des Verbreitungszeitraums und des Verbreitungsgebiets,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie Angebotsempfänger statt den Klägerinnen einem von diesen zu bezeichnenden, ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschafts-prüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, den Klägerinnen auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 1.10.2001 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. …“.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Bei der von Britten et al. In „M. o. E.“, , (1974) aufgestellten Methode handele es lediglich um eine mögliche Methode zur Komplexitätsbestimmung, auf welche das Klagepatent nicht abschließend festgelegt sei. Das Computerprogramm „R.M.“ biete im Vergleich zu einer indirekten Bestimmungsmethode sogar verlässlichere und exaktere Ergebnisse. Dass R.M. nicht die Komplexität der Sonde, sondern die Komplexität der Zielsequenz untersuche, sei unerheblich, weil die Zielsequenzen komplementär zu den Sondensequenzen seien. Die angegriffenen Sonden verfügten über eine Komplexität von mehr als 50.000 KB, wie sich anhand des Gutachtens der Sachverständigen Prof. Dr. F. und des von den Klägerinnen vorgelegten Privatgutachtens (Anlage K 17) ergebe. Die von den Beklagten vorgelegte Untersuchung gemäß Anlage B 4 stehe dieser Feststellung nicht entgegen, weil die entsprechende Untersuchung nicht nachvollziehbar sei. Für den Nachweis einer Translokation sei nach dem Klagepatent nicht zwingend der Einsatz eines Fusions-Signals erforderlich, sondern es könne auch ein Split-Signal eingesetzt werden. Die angegriffenen Sonden enthielten schließlich auch Nukleinsäuresequenzen, die im Wesentlichen komplementär seien zu Nukleinsäuresequenzen, welche die Bruchstellenregionen flankierten und/oder sich teilweise oder völlig darüber erstreckten. Ebenfalls seien die angegriffenen Kits und die angegriffenen Hybridizer Mittel, die sich auf ein wesentliches Mittel der Erfindung bezögen, objektiv dazu geeignet, sämtliche Merkmale des klagepatentgemäßen Verfahrens zu verwirklichen. Das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 10 PatG ergebe sich aus den Angebots-/Werbeunterlagen der Beklagten. Eine Aussetzung bis zu einer Entscheidung des Tribunale di Milano über dessen Zuständigkeit sei nicht veranlasst, weil der hiesigen Verletzungsklage der zeitliche Vorrang gebühre. Die Voraussetzungen für ein Schlechthin-Verbot lägen nicht vor; hinsichtlich aller angegriffenen Ausführungsformen sei ein Warnhinweis ausreichend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil (Blatt 512 ff. GA) verwiesen.

Mit ihrer Berufung greifen die Beklagten das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen wie folgt an: Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass der Verletzungsnachweis auch mittels des R.M.-Verfahrens habe geführt werden können. Insoweit habe es nicht konsequent beachtet, dass die Kriterien, mit denen die Komplexität bewertet werde, entscheidenden Einfluss darauf hätten, ob eine bestimmte Komplexität als gegeben anzunehmen sei oder nicht. Das Klagepatent sei widersprüchlich und uneinheitlich, was die Bestimmung der repetitiven Sequenzen angehe, weshalb eine Komplexität nicht bestimmt werden könne. Insbesondere beruhe die Annahme des Landgerichts, es gebe nur eine Komplexität, so dass bei ordnungsgemäßer Durchführung der Britten-Methode und der R.M.-Methode derselbe Wert ermittelt werde, auf unzureichenden Feststellungen. Insoweit habe das Landgericht verkannt, dass – unstreitig – R.M. nur diejenigen repetitiven Sequenzen erkennen könne, die zuvor auch schon in Datenbanken hinterlegt worden seien; insoweit führe RepeatMasker zwangsläufig zu erhöhten Komplexitätswerten. Sowohl die Britten- als auch die RepeatMasker-Methode wiesen Mängel auf und führten niemals zu gleichen Ergebnissen. Mit „im Wesentlichen komplementär“ müsse mehr gemeint sein, als das bloße Anbinden. Das Landgericht habe ihre – der Beklagten – Messungen gemäß Anlage B 4 nicht ausreichend gewürdigt; diese seien für jeden mit den Grundzügen der Reassoziationskinetik befassten Sachverständigen nachvollziehbar gewesen. Das Landgericht habe verfehlt auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob im Prioritätszeitpunkt ein Komplexitätswert von 50 % der Gesamt-DNA typisch und ein solcher von 6 % daher tatsächlich untypisch gewesen wäre. Ohnehin ergebe sich bei richtiger Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, dass es den Klägerinnen obliege, zumindest anhand einer Sonde darzulegen und zu beweisen, dass sowohl nach R.M. als auch nach Britten die Messergebnisse gleich seien und insofern der Nachweis mittels R.M. insgesamt zulässig sei. Verfehlt sei auch die Auffassung des Landgerichts, wonach das klagepatentgemäße Verfahren auch mit sog. Split-Sonden durchführbar sei. Die Verwendung des Plurals „Bruchstellenregionen“ im Anspruch weise eindeutig darauf hin, dass die Sonden auf zwei verschiedenen Chromosomen liegen sollen, da es nur dann Bruchstellenregionen gebe. Letzteres sei nur bei Fused-Signalen der Fall. Zudem folge aus dem Merkmalsbestandteil „Beobachten der Nähe“, dass die gefärbten Sonden eng beieinander zu liegen hätten, was nur beim Fused-Signal der Fall sei. Die Auslegung des Landgerichts würde dazu führen, dass Fused-Sonden, die sich nicht über Bruchstellenregionen erstrecken, gar nicht vom Patentanspruch erfasst wären. Ein „entgegen gesetzt wirkendes Nachweisverfahren“ sei mit dem Anspruchswortlaut nicht in Einklang zu bringen. Ferner sei bei der Auslegung zu berücksichtigen, dass Split-Sonden eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber Fused-Sonden aufwiesen; wenn Split-Sonden erfindungsgemäß hätten sein sollen, hätte die Anmelderin dies im Anspruch klarstellen müssen. Die Beschreibungspassage auf S. 25 unten – S. 26 oben gemäß Anlage K 2 gehe über die maßgebliche Lehre des Anspruchs hinaus, was damit zu erklären sei, dass einige Stellen in der Beschreibung des Klagepatents nicht an dessen Einschränkung im Einspruchsverfahren angepasst worden seien. Vorstehendes gelte auch in Bezug auf die Figuren 11 d, 11 e und 11 f nebst zugehöriger Beschreibung. Jedenfalls zeige keine der in Figur 11 dargestellten Varianten ein Verfahren, bei dem eine einzige Bruchstellenregion mit zwei Sonden verschiedener Markierung gefärbt werde, wobei das Aufspalten der Signale die Translokation nachweise. Zudem habe das Landgericht unzulängliche Tatsachenfeststellungen getroffen: Der Inhalt der Aussagen der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. F. habe allein eine Klageabweisung rechtfertigen können.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.1.2013 haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der auf Unterlassung und Rechnungslegung gerichteten Klageanträge mit wechselseitigen Kostenanträgen übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem das Klagepatent am 9.8.2010 wegen Zeitablaufes erloschen ist und die Beklagten den Klägerinnen unter dem 6.5.2009 Auskunft und Rechnungslegung erteilt sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Zwecken der Auskunftserteilung erklärt haben, diese sei abschließend in dem Sinne zu verstehen, dass danach keine Benutzungshandlungen mehr vorgenommen worden seien.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 27.11.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf (AZ: 4b O 476/04) die Klage im Übrigen abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen zuletzt sinngemäß,

das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Umfang der zuletzt noch rechtshängigen Klageanträge zu bestätigen, wobei sie ihr Begehren auf Benutzungshandlungen beschränkt haben, die bis einschließlich 8.8.2010 erfolgten.

Die Klägerinnen verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Auch die Klägerin zu 2) sei aktivlegitimiert: Hierzu behaupten sie, dass die in Art. 5.2 vorgesehene Mindestlizenzgebühr seit dem Jahr 2000 stets erheblich überschritten worden sei, so dass die zu entrichtenden Gebühren nach Art. 5.1 umsatzbezogen seien.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 19.04.2010 (Bl. 739 ff. GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. B. (zitiert: „Gutachten Brosius, S. …“) sowie dessen mündliche Anhörung im Haupttermin vom 10.1.2013 (Bl. 926 ff. GA, zitiert: „Professor B., Sitzungsprotokoll, S. …“) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die angegriffenen Sonden, Kits und H. mittelbar von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch machen (Art. 64 Abs. 1, Abs. 3 EPÜ, § 10 PatG). Im Hinblick auf den während des Berufungsverfahrens eingetretenen Zeitablauf des Klagepatents und die zwischenzeitlich erfolgte Erfüllung der Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung waren allerdings die aus dem Urteilstenor zu Ziffer I. näher ersichtlichen Maßgaben vorzusehen.

I.

Die auch in zweiter Instanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit ist aus den – nicht angegriffenen – zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils (siehe Ziffer I. der dortigen Entscheidungsgründe) gegeben.

II.

Die technische Lehre des Klagepatents hat ein Verfahren zum Färben von Chromosomen mit Zusammensetzungen von Nukleinsäuresonden zwecks Identifizierung von normalen Chromosomen und Chromosomenanomalien in Interphasezellkernen zum Gegenstand.

Laut den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents stehen Chromosomenanomalien mit genetischen Störungen, degenerativen Erkrankungen und der Einwirkung von Mitteln, von denen bekannt ist, dass sie degenerative Erkrankungen bewirken, im Zusammenhang. Es gibt unterschiedliche Chromosomenanomalien: Einerseits kann es sich um zusätzliche oder fehlende einzelne Chromosomen oder Chromosomenteile, Brüche und Ringe handeln, andererseits können Chromosomenumordnungen vorliegen. Zu den chromosomalen oder genetischen Umordnungen zählt unter anderem die Translokation. Darunter versteht man die Übertragung eines Stücks von einem Chromosom auf ein anderes Chromosom. Beispielhaft erwähnt das Klagepatent eine Translokation, die ein Fusionsgen B.-A. (sog. P.-Chromsomen) liefert, das diagnostisch für chronisch-myeloische Leukämie ist.

Im Stand der Technik war das sog. Banden bekannt. Dabei kommen zum Nachweis von Chromosomenanomalien, insbesondere auch einer Translokation, mehrere auf chemische Färbung beruhende zytologische Techniken zum Einsatz, welche ein Längsmuster auf kondensierten Chromosomen erzeugen. Das Bandmuster eines jeden Chromosoms in einem Organismus erlaubt üblicherweise die eindeutige Identifizierung jedes Chromosomentyps. An der Chromosomenbandenanalyse kritisiert das Klagepatent, dass sie nur mit sich teilenden Zellen (Metaphasenchromosomen) funktioniere und das Kultivieren von Zellen sowie die Präparation von Metaphasespreizungen hoher Qualität erfordere. Eine solche Vorgehensweise ist laut Klagepatent zeit- und arbeitsaufwendig, häufig schwierig oder zum Teil sogar undurchführbar. Ferner müsse eine solche Analyse von hochgeübten Analytikern durchgeführt werden und könne lediglich auf kondensierte Chromosomen angewendet werden. Schließlich – so das Klagepatent – erlaube die Bandenanalyse nicht den Nachweis struktureller Aberrationen, welche weniger als 3-15 Megabasen (MB), abhängig von der Art der Aberrationen und der Auflösung der Bandendarstellungstechnik, beträfen. Trotz langjähriger intensiver Arbeit sei es nicht gelungen, einen wirkungsvollen automatisierten Nachweis von Translokationen bei konventionell mit Banden versehenen Chromosomen zur Verfügung zu stellen.

Zum vom Klagepatent referierten Stand der Technik gehören auch H.verfahren. Bei der H. werden die doppelsträngigen Nukleinsäuren der Ziel-DNA aufgetrennt oder aufgeschmolzen (z.B. durch Erhitzen), so dass zwei einzelsträngige Nukleinsäurestränge entstehen. Kühlt die Ziel-DNA ab, versuchen deren Einzelstränge sich wieder mit den komplementären Strängen zu verbinden (rekombinieren oder reassoziieren), was zur Entstehung eines erneuten Doppelstranges führt. Der letztgenannte Effekt macht es möglich, die Ziel-DNA mit doppelsträngigen Sonden-Nukleinsäuren vor dem Auftrennen oder Aufschmelzen zu mischen, wobei Sonden als Kollektion von Nukleinsäurefragmenten definiert sind, deren Hybridisierung am Ziel nachgewiesen werden kann. Wenn das Gemisch aus Sonde und Ziel-Nukleinsäure abkühlt, rekombinieren oder reassoziieren („Annealing“) die Stränge, welche komplementäre Basen aufweisen. Die Reassoziierung einer Sonde mit einer Ziel-Nukleinsäure erlaubt den Nachweis der Lage der Sonde auf der Ziel-Nukleinsäure durch eine von der Sonde getragene Markierung. Ein spezielles H.verfahren stellt die sog. i.-s.-H. (ISH) dar. Dabei verbleibt die Ziel-Nukleinsäure in ihrer natürlichen biologischen Umgebung (z. B. DNA in Chromosomen). Ein weiteres spezielles H.verfahren ist die Fluoreszenz-i-s.-H. (F.).

Die aus dem Stand der Technik bekannten Sonden für die in-situ-Hybridisierung sieht das Klagepatent als nachteilig an, weil sie für eine tiefgreifende zytologische Analyse unbrauchbar seien. Bekannte Einzelkopie-Sonden niedriger Komplexität erzeugten beim derzeitigen Stand der H.technologie keine verlässlichen Signale. Zwar lieferten Sonden für wiederholte Sequenzen (repetitive Sonden) verlässliche Signale, jedoch könnten die Signale wegen der fixierten Verteilung der repetitiven Sequenzen in einem Genom nicht auf unterschiedliche Anwendungen zugeschnitten werden.

Vor diesem technischen Hintergrund liegt dem Klagepatent die (objektive) Aufgabe zugrunde, ein Verfahren bereitzustellen, mit welchem die Nachteile der Bandenanalyse behoben werden und die Anwendung der i.-s.-H. für die zytogene Analyse dramatisch erhöht wird.

Zwecks Lösung dieses technischen Problems sieht der Anspruch 1 des Klagepatents in der von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts aufrechterhaltenen Fassung ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

(1) Verfahren zum Färben von chromosomalem Ziel-Material basierend auf der Nukleinsäuresequenz.

(2) Das Verfahren

(a) dient dem Nachweis einer oder mehrerer genetischer Translokationen, die mit chromosomalen Anomalien identifiziert werden,

(b) in einer Interphasenzelle.

(3) Das Verfahren wird außerhalb des menschlichen Körpers durchgeführt.

(4) Das Verfahren umfasst folgende Schritte:

(a) i.-s.-H. eines heterogenen Gemisches zweier oder mehrerer Nuklein-säuresonden für das menschliche Genom mit der chromosomalen Ziel-DNA;

(aa) jede der Sonden weist eine Komplexität von 50 KB (50.000 Basen) bis 10 MB (10.000.000 Basen) auf;

(bb) die Sonden enthalten Nukleinsäuresequenzen, die im Wesentlichen komplementär sind zu Nukleinsäuresequenzen, die

◦ Bruchstellenregionen flankieren, von denen bekannt ist, dass sie mit genetischen Umordnungen assoziiert sind,
und/oder

◦ sich teilweise oder völlig über Bruchstellenregionen erstrecken, von denen bekannt ist, dass sie mit genetischen Umordnungen assoziiert sind;

(cc) jede Sonde ist mit einem Fluorochrom unterschiedlicher Farbe markiert;

(b) Beobachten der Nachbarschaft oder des Überlappens der durch jede Sonde gefärbten Regionen, wodurch der Nachweis einer Translokation ermöglicht wird.

Die Erfindung macht sich Nukleinsäuresonden, welche chromosomales Zielmaterial in der Nähe einer oder mehrerer vermuteter genetischer Umordnungen zuverlässig färben, zunutze. Die erfindungsgemäßen Sonden zeichnen sich – so das Klagepatent – durch verbesserte Eigenschaften aufgrund höherer Komplexität aus: Die Verwendung von Sonden mit erhöhter Komplexität steigert die Wahrscheinlichkeit der spezifischen H. und somit die Intensität der H. an die Zielregion. Zudem eröffnet das erfindungsgemäße Verfahren laut Klagepatent die Möglichkeit des raschen und empfindlichen Nachweises genetischer Umordnung in Interphasezellen unter Verwendung von Klinik- und Labor-Standardausrüstung und einer verbesserten Analyse mit Einsatz automatisierter Technik.

III.

1.
Die Beklagten greifen das erstinstanzliche Urteil zu Recht nicht an, soweit das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Sonden, Kits und H. Mittel sind, die sich auf ein wesentliches Element des klagepatentgemäßen Verfahrens beziehen. Die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts (LGU, S. 18, Ziffer III. 1.; S. 28 f., Ziffer III. 2.), auf die der Senat vollumfänglich Bezug nimmt, lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

2.
Es steht überdies zur vollen Überzeugung des Senats fest (§ 286 ZPO), dass die angegriffenen Ausführungsformen objektiv zur Durchführung des klagepatentgemäßen Verfahrens geeignet sind. Dies ist hinsichtlich der Merkmale 1) bis 3) zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass es hierzu keiner weiteren Ausführungen des Senats bedarf. Darüber hinaus liegt jedoch auch die objektive Eignung zur Verwirklichung der übrigen Verfahrensmerkmale vor.

a)
Dies gilt zunächst mit Blick auf das Merkmal 4 a) aa), wonach die Sonde eine Komplexität von 50 KB (50.000 Basen) bis 10 MB (10.000.000 Basen) aufweisen muss.

aa)
Als Durchschnittsfachmann, dessen Sichtweise für das Verständnis der erfindungsgemäßen „Komplexität“ maßgeblich ist, ist ein wissenschaftlich arbeitender Mediziner oder Biochemiker, der über fundierte Kenntnisse und umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der Zytogenetik verfügt, anzusehen (vgl. Seite 7 des Urteils des BGH vom 12.06.2012 im parallelen Nichtigkeitsberufungsverfahren, Az. X ZR 73/09, Anlage BE 11, nachfolgend auch kurz: „BGH-U“; ähnlich der Sachverständige Prof. Dr. B.: „promovierter Biologe, Biochemiker, Chemiker, Biophysiker oder Mediziner mit mehrjähriger Erfahrung auf den Gebieten der Molekular- und Zellbiologie“, siehe Gutachten B., Seite 4 unter Ziffer 1.).

Aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren ergangenen BGH-Urteils steht für den Senat fest (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rn. 1704), dass mit der für die Sonden geforderten „Komplexität“ eine Sequenzkomplexität gemeint ist, wie sie sich aus dem in Absatz [0103] des Klagepatents enthaltenen Verweis auf die Definition von Britten et al. in „M. i. E. 1974 (29), 363 (Anlage B 2, dort S. 368) ergibt, (BGHU, S. 8). Vor diesem Hintergrund bezeichnet „Komplexität“ einen eindeutigen und objektiven Tatbestand im Sinne der Gesamtlänge verschiedener (= nicht wiederkehrender bzw. nicht repetitiver) DNS-Sequenzen, gemessen in Nukleotidpaaren (= Basenpaaren).

bb)
Aufgrund des BGH-Urteils steht ferner fest, dass der so umrissene objektive Tatbestand (Gesamtlänge nicht repetitiver Basenpaare einer Sonde) nicht nur durch Messung der Reassoziationsrate nach Britten, sondern grundsätzlich auch auf andere Weise verifiziert werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass das zur Anwendung gebrachte andere Messverfahren über eine annähernd gleiche Messgenauigkeit verfügt wie die Reassoziationskinetik nach Britten (BGH-U, S. 7 unten bis S. 9 oben). Zwar wird in der Beschreibung des Klagepatents (Absatz [0103]) darauf hingewiesen, dass Komplexität nach dem von Britten aufgestellten Standard für Nukleinsäure-Komplexität definiert ist. Das bedeutet – wie ausgeführt – für den Fachmann jedoch lediglich, dass der erfindungsgemäße Komplexitäts-Begriff als Sequenzkomplexität im Sinne einer idealen Größe zu verstehen ist. Weder der Anspruchswortlaut noch die Beschreibung geben einen Anhalt dafür, dass Komplexität im Zusammenhang mit der Erfindung weitergehend als eine kinetische Komplexität definiert sei, wobei „kinetische Komplexität“ die Sequenz-Komplexität meint, wie sie sich aus den Ergebnissen der Messung der Reassoziationsrate einer DNS-Präparation berechnet.
Insofern ist zwischen der Definition des Begriffs „Komplexität“ einerseits (Gesamtlänge abzüglich repetitiver Sequenzen) und der Methodik der Feststellung der betreffenden Anforderungen zu unterscheiden.

cc)
Der Senat hat nach Durchführung der Beweisaufnahme keinen Zweifel daran, dass die RM-Methode, welche die Klägerinnen zwecks Ermittlung der Komplexität der angegriffenen Ausführungsformen zur Anwendung gebracht haben, vorstehenden Anforderungen in jeder Hinsicht genügt:

aaa)
Zunächst gilt es festzuhalten, dass sich der Einsatz von R.M. zwecks Ermittlung der erfindungsgemäßen Komplexität nicht etwa deshalb verbietet, weil das Programm R.M. im Prioritätszeitpunkt (1.12.1989) noch nicht implementiert war, sondern der Fachwelt erst ab 1996 zur Verfügung stand (vgl. Gutachten B., S. 16, vorletzter Absatz). Letzteres ist unerheblich, weil – wie für den Senat wiederum mit Blick auf das BGH-U (Anlage BE 11, S. 9, 1. Absatz a.E.) feststeht – der Fachmann, soweit es um die Verletzung des Klagepatents geht, auch nach dem Prioritätszeitpunkt entwickelte Messverfahren in Betracht ziehen und zwecks Ermittlung der erfindungsgemäßen Komplexität anwenden darf, solange die oben unter b) genannten Anforderungen erfüllt sind.

Gegen die Anwendung der Methode R.M. spricht im hier interessierenden Zusammenhang ferner nicht, dass es ein noch verlässlicheres Messverfahren, nämlich das auch vom BGH als Alternative zu Britten erkannte Southern-B., gibt, auf das der Sachverständige Professor B. mehrfach hingewiesen und als Methode der Wahl bezeichnet hat (vgl. z.B. Sitzungsprotokoll, S. 4 unten; S. 5, 2. Abatz; S. 6 unten). Denn der Fachmann ist bei der Ermittlung der erfindungsgemäßen Komplexität gerade nicht auf die Auswahl der besten Methode beschränkt, sondern darf jede Methode anwenden, die über eine annähernd gleiche Messgenauigkeit wie die Reassoziationskinetik verfügt (BGH-U, S. 9 oben).

bbb)
Die schwierige Frage, wann konkret – im Kontext der Erfindung – eine hinreichend lange repetitive Sequenz vorliegt, die nicht gewünscht ist, und wann noch eine Wiederholung gegeben ist, die für die erfindungsgemäßen Zwecke unerheblich ist (vgl. Gutachten Brosius, ab S. 12, 2. Absatz), kann für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits dahinstehen. Denn das Klagepatent geht davon aus, dass jedenfalls mit der Methode Britten zuverlässige Ergebnisse in Bezug auf die erfindungsgemäße Komplexität einer Sonde gewonnen werden.

In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige Professor B. überzeugend erläutert, dass nach der Methode von Britten (unschädliche) kurze repetitive Sequenzen überhaupt nicht „detektiert“ werden. Entsprechendes gilt aber auch für das Programm R.M., welches einfache Sequenzen (z.B. T.-R., S.-R. und Satelittensequenzen) nur dann anzeigt, wenn eine genügend große Länge vorhanden ist (Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 5 oben). Lediglich aus Gründen der Klarstellung hält der Senat fest, dass die betreffenden Ausführungen des Landgerichts unter Betrachtung von wiederkehrenden Dinukleotiden, Tetranukleotiden pp. (vgl. die Skizze auf S. 20 LGU nebst Erläuterung) deshalb verfehlt sind, weil es nicht etwa darum geht, ob Sequenzen innerhalb einer Sonde wiederholt sind, sondern ob die betreffende Sequenz noch in anderen Loci des Genoms vorkommt, mithin spezifisch für die Detektion eines einzelnen Locus ist (vgl. näher Gutachten B., S. 4 oben).

Für die Entscheidung des vorliegenden Verletzungsprozesses kommt es im Zusammenhang mit der erfindungsgemäßen Komplexität einer Sonde daher allein darauf an, ob mittels R.-M. verlässlich richtige Ergebnisse gewonnen werden, wobei es konkret um die Feststellung geht, ob es womöglich theoretisch denkbar, aber praktisch irrelevant ist, dass eine mittels R.M. für eine bestimmte Sonde bejahte hinreichende Komplexität in Anwendung von Britten zu verneinen wäre.

ccc)
Das Ergebnis der Beweisaufnahme lässt keinen Raum für vernünftige Zweifel daran, dass R.M. jedenfalls zu annähernd genauen Messergebnissen wie die Britten-Methode führt, weshalb der Durchschnittsfachmann nach seinem Belieben auch dieses Programm zur Ermittlung der Komplexität einer Sonde einsetzen darf. Die erläuternden Ausführungen des Sachverständigen Professor B. erlauben sogar die – hier an sich nicht einmal notwendige – Feststellung, dass R.M. im Vergleich zu der Britten-Methode das zuverlässigere Verfahren für die Komplexitätsbestimmung ist.

Im Kern unterscheiden sich die beiden Verfahren wie folgt: Bei der Methode nach Britten wird untersucht, wie schnell sich die zuvor aufgeschmolzenen Doppelstränge wieder reassoziieren. Britten identifiziert dabei den Anteil sich wiederholender Sequenzen in einer Probe über deren Verhalten in der Reassoziationskinetik (er ermittelt also keine Basenabfolge, um daran sich wiederholende Abschnitte als repetitive Elemente zu identifizieren). Die R.M.-Methode wiederum benutzt ein mathematisches Verfahren, letztendlich einen Algorithmus, um repetitive Sequenzen in einer vorgegebenen Probe zu identifizieren.

Im Zusammenhang mit der hier interessierenden Frage nach der Zuverlässigkeit von R.M. für die Bestimmung der erfindungsgemäßen Komplexität im Vergleich zu Britten ist weniger von Bedeutung, dass es sich beim Verfahren nach Britten um eine komplizierte Methode mit vielen möglichen Variablen handelt, die zudem aufwändig ist und außerordentlicher technischer Fertigkeiten bedarf (vgl. Gutachten B., S. 15). Das Klagepatent geht nämlich gleichwohl davon aus, dass die Britten-Methode ein hinreichend verlässliches Verfahren zur erfindungsgemäßen Komplexitätsbestimmung bereitstellt, wobei für den hier maßgeblichen Vergleich zwischen R.M. und Britten zu unterstellen ist, dass beide Verfahren jeweils fachmännisch durchgeführt werden. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass laut Professor B. das Programm R.M. „trotz einiger möglicher Abstriche klar die zuverlässigere Methode“ im Vergleich zum Verfahren nach Britten ist (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 6, 2. Absatz). Der Fachmann – vor die Aufgabe gestellt, die Komplexität einer Sonde zu ermitteln – würde daher R.M. jederzeit den Vorzug gegenüber Britten geben (vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll S. 11, 2. Absatz). Letzterem steht nicht entgegen, dass bei der Anwendung von R.M. theoretisch die Situation eintreten kann, dass für einen längeren Abschnitt der DNA verfehlt kein Repeat erkannt wird, während dies mit Southern-Blot erkannt würde. Denn zum Einen muss (siehe schon unter bb) das angewandte Verfahren nicht das Optimum bzw. die Methode der Wahl sein. Zum Anderen ist für die hier interessierende Frage, ob eine Sonde patentverletzend ist oder nicht, ein – im Einzelfall durchaus denkbares (vgl. Gutachten B., S. 17 unten f.) – falsch-negatives Ergebnis ersichtlich bedeutungslos: Die Verlässlichkeit der zu wählenden Methode muss nur in der Weise bestehen, dass R.M. in Bezug auf eine konkrete Sonde nicht im Gegensatz zu Britten eine hinreichend hohe Komplexität ausweisen darf (falsch-positives Ergebnis). Ferner verhält es sich so, dass auch in Anwendung von Britten durchaus falsch-negative Signale gewonnen werden, und zwar häufiger, als es mit R.M. der Fall ist (vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 14, 4. Absatz).

In Bezug auf sog. P., die von R.M. nicht „detektiert“ werden, wäre auch Britten nicht die geeignetere bzw. zuverlässigere Methode, sondern Southern-Blot; mit Britten wären hier sogar noch mehr Fehler zu erwarten als mit R.M. (Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 7, 2. und 3. Absatz). Wie der Sachverständige Professor B. überzeugend erläuterte, verfügt die Britten-Methode nicht einmal über eine annähernde Messgenauigkeit wie das R.M.-Verfahren, vielmehr ist zu erwarten, dass mit Britten wesentlich ungenauere Angaben über die Komplexität erhalten werden (Sitzungsprotokoll, S. 14, 3. Absatz).

Letzteres gilt gerade auch insoweit, als dass der Anwender – was für die Beurteilung der Patentverletzung entscheidend ist – in Anwendung von Britten auch häufiger positiv-falsche Ergebnisse gewinnt (Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 14, 4. Absatz). Es ist daher auch unverfänglich, dass R.masker nicht 100 % verlässlich ist und durchaus Schwächen aufweist (vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 2, letzter Absatz; S. 12, letzter Absatz). Letzteres gilt umso mehr, als bei den angegriffenen Sonden „so viel Luft nach unten besteht“, dass die Komplexitätsuntergrenze auf jeden Fall erreicht wird, selbst wenn R.M. – ebenso wie die Britten-Methode – einige Sequenzen nicht oder zu viel sehen sollte (vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 13, 2. und 3. vollständiger Absatz).

ddd)
Die Überzeugungskraft der Erläuterungen des Sachverständigen Professor B. steht nicht deshalb in Frage, weil er im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits keine Untersuchungen mittels der Britten-Methode oder gar hinsichtlich einer Sonde einen direkten Vergleich zwischen Britten und R.M. durchführte. Professor B. arbeitete nämlich seit 1977 bis in die neunziger Jahre selbst an der Laborbank mit Nukleinsäuren und beherrscht ein großes Methodenspektrum, darunter die Markierung von Nukleinsäuren als Sonden (vgl. Gutachten B., S. 1, 2. Absatz). Professor B. verfügt aufgrund seiner früheren Laborarbeiten insbesondere über eigene Erfahrungen mit dem Britten-Verfahren und weiß daher aus eigener Anschauung um die (relative) Unzuverlässigkeit dieser Methode (Sitzungsprotokoll, S. 5, 1. Absatz; S. 11, 2. Absatz), die im Übrigen auch von dem gleichnamigen Entdecker dieses Verfahrens in diversen Besprechungen eingestanden wird (vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 11, 2. Absatz). Da der Sachverständige andererseits anlässlich der vorliegenden Beweisaufnahme einen Teil der angegriffenen Sonden mittels R.M. auf die erfindungsgemäße Komplexität hin untersuchte, konnte er sich ohne Weiteres ein aussagekräftiges Bild davon machen, welcher der beiden Methoden der Fachmann den Vorzug geben würde, wenn ihm nicht die Anwendung von Southern-Blot zur Verfügung stünde.

eee)
Die Richtigkeit der vorstehenden Feststellungen vermochte die Beklagte auch nicht unter Hinweis auf die in Absatz [0113] des Klagepatents enthaltene Definition von „repetitiven Sequenzen“ zu erschüttern. Dort heißt es:

„… Eine „repetitive Sequenz“ liegt vor, wenn mehr als eine Kopie der gleichen Ziel-Nucleinsäuresequenz im Genom vorhanden ist. Jede Kopie einer repetitiven Sequenz muss nicht identisch mit allen anderen sein. Das wesentliche Merkmal besteht darin, dass die Sequenz den anderen Mitgliedern der Familie repetitiver Sequenzen ausreichend ähnlich ist, so dass unter den angewendeten Hybridisierungsmaßnahmen dasselbe Fragment der Sondennucleinsäure stabile Hybride mit jeder Kopie bilden kann. …“.

Hinsichtlich der Frage, ob das Programm R.M. auch H.varianten erfasst, die eine „repetitive Sequenz“ im oben zitierten Sinne sind, ist es zwar so, dass R.M. nicht voraussehen kann, ob eine Sonde eine ähnliche Sequenz im Genom erkennt, jedoch dem Anwender zumindest einen groben Hinweis auf ein Repeat geben kann (Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 8, letzter Absatz), so dass er entsprechende Maßnahmen (z.B. Subklonieren, Blockieren) ergreifen kann.

Im hier interessierenden Zusammenhang ist ohnehin wiederum nur von Bedeutung, dass in Anwendung von R.M. jedenfalls solche Repeats kein Problem darstellen, die zumindest so unterschiedlich sind, dass sich bei der H. keine Kreuzreaktion mehr ergeben kann (Professsor B., Sitzungsprotokoll, S. 9). Kurze Motive von wenigen Nukleotiden (einstellige bis zweistellige Zahlen), die durchsetzt von anderen Sequenzen in einem DNA-Abschnitt vielfach vorkommen, sieht der Fachmann generell nicht als „repetitive Sequenzen“ an (Gutachten B., S. 12, vorletzter Absatz). Dass es Repeats gibt, die R.M. nicht „detektiert“, die aber mit anderen Methoden theoretisch erkennbar wären, ist unschädlich, weil dies für die experimentelle Durchführung angesichts der Verschiedenheit der Repeats keine Rolle mehr spielt. Mehr vermag diesbezüglich jedenfalls auch – was letztlich ausschlaggebend ist – die Britten-Methode, welche klagepatentgemäß gleichwohl als hinreichend zuverlässig angesehen wird, nicht zu leisten (vgl. Gutachten B., S. 14 oben; vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 9 unten).

fff)
Auch die unter Bezugnahme auf die Anlagen BB 11 und BB 12 erfolgten Einwendungen der Beklagten sind unerheblich.

Es mag insoweit zutreffen, dass die sogenannte „50 % – Regel“ mittlerweile überholt ist (vgl. Anlagen BB 9 und BB 10) und R.M. vor diesem Hintergrund massive Schwächen beim Identifizieren von Repeats aufweist, weil es ggf. nur 50 % der tatsächlich vorhandenen Repeats erkennt. Selbst wenn es mittlerweile neuere Untersuchungen geben sollte, die mit viel feineren Methoden in der Lage sind, Repeats zu erkennen, und anhand derer festgestellt werden kann, dass womöglich 2/3 oder sogar noch mehr des menschlichen Genoms aus Repeats entstanden sind, ist dies im Kontext der vorliegenden Erfindung gleichwohl nicht von Bedeutung. Denn die betreffenden Repeats haben sich über die Zeit so stark verändert, dass sie nicht woanders im Genom erkannt werden und für die anzuwendende Methodik der Komplexitätsbestimmung deshalb irrelevant sind (vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 3).

Ebenso mag es richtig sein, dass R.M. in Bezug auf ganz bestimmte Repeats (30 bp-Fragmente, vgl. S. 11, 2. Absatz der Anlage B 11) eine sehr hohe Fehlerquote aufweist. Jedenfalls ist nicht zu erwarten, dass diese im Falle einer alternativen Messung mit Britten detektiert würden (vgl. Professor B., Sitzungsprotokoll, S. 9 unten). Für die klagepatentgemäße Komplexitätsbestimmung kommt es aber nicht auf eine absolute Betrachtung an, was alles von R.M. (nicht) erkannt wird, sondern es ist allein die relative Betrachtung im Vergleich zu Britten maßgeblich, wobei dieser – wie oben ausgeführt – eindeutig zugunsten von RM ausfällt.

ggg)
Da nach alledem die Ermittlung, ob die angegriffenen Sonden die erfindungsgemäße Komplexität aufweisen, alternativ zu Britten auch mittels des Programms R.M. erfolgen darf, steht für den Senat zugleich fest, dass die betreffenden Voraussetzungen des Merkmals 4 a) aa) in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen erfüllt sind. In Ergänzung zu den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts (LGU, S. 22 f. unter bbb) gründet sich die Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten auf folgende Gesichtspunkte:

Der Sachverständige Professor B. hat das R.M.-Verfahren mit zehn Sonden wiederholt. Seine Untersuchungen haben jene der Klägerinnen (vgl. Anlagen K 16, K 17, K 23 und K 28) nachhaltig bestätigt, weshalb der Senat davon überzeugt ist, dass die Komplexität aller angegriffenen Sonden im erfindungsgemäßen Bereich von 50 KB bis 10 MB liegt. Die Messungen des Sachverständigen B., welche die Beklagten weder in deren Ergebnissen noch in deren methodischer Herangehensweise angegriffen haben, führten im Vergleich zu den Messungen der Klägerinnen zu „extrem stabilen Resultaten“ (Gutachten B., S. 19, letzter Absatz, unter Hinweis auf Tabelle 1 im Anhang und die elektronischen Datensätze auf der mitgelieferten CD des Sachverständigen, Blatt 809 GA). Bei der Einstellung „default“, welche die zweitgenaueste von vier möglichen des Programms R.M. ist, ergaben die Stichproben des Sachverständigen, dass die Unterschiede zur besten Einstellung „sensitive“, die die Klägerinnen gewählt hatten, bloß 1 % ausmachten. Ferner ist die Übereinstimmung der acht Sonden in Anlage K 23 mit den in Anlage K 16 und den vom Sachverständigen analysierten Sonden sehr hoch: Soweit sich in Bezug auf die Sonden E-U und T.-D eine Variation von 11 % bzw. 7 % im Vergleich zu den anderen Sonden ergeben hat, ist dies letztlich deshalb unerheblich, weil selbst eine solche Diskrepanz keine Auswirkung auf die minimal erforderliche Komplexität der Sonden von 50 KB hätte; über dem letztgenannten Bereich liegen im Übrigen auch alle anderen in Anlagen K 23 und K 28 analysierten Sonden (Gutachten B., S. 19 unten).

Die eigenen Messungen der Beklagten gemäß Anlage B 4 sind nicht geeignet, die Richtigkeit der klägerischen Analysen, welche durch hinreichende Stichproben des Sachverständigen bestätigt wurden, in Zweifel zu ziehen: Der Sachverständige Professor B. hat sich dazu – im Ergebnis in Übereinstimmung mit der gerichtlichen Sachverständigen Professorin F. im erstinstanzlichen Verfahren (S. 12 unten des Gutachtens F., Blatt 360 GA) – in eindeutiger Weise negativ geäußert (vgl. Gutachten B., S. 20: „nicht ernst zu nehmen“): Die Beklagten haben die nicht im Einzelnen angegebenen experimentellen Bedingungen offenbar so „optimiert“, dass nur das gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte. Hinzu kommt, dass auch der im Nichtigkeitsberufungsverfahren hinzugezogene Sachverständige Prof. R. (vgl. Anlage BB7, S. 14) zu den Messungen der Beklagten in negativer Weise Stellung bezog. Vor diesem Hintergrund waren die Klägerinnen – anders als die Beklagten meinen – keineswegs gehalten, mindestens anhand einer Sonde nachzuweisen, dass sich nach Britten und R.M. „identische“ Ergebnisse ergäben. Es kommt ohnehin nicht auf eine – auch gar nicht zu erwartende (vgl. Gutachten B., S. 3 unten, S. 17 unten) – absolute Identität der jeweiligen Ergebnisse, sondern allein darauf an, dass R.M. gleichermaßen zuverlässig ist, was aus oben im Einzelnen genannten Gründen zu bejahen ist.

b)
Zu Recht hat das Landgericht ferner angenommen, dass mittels der angegriffenen Sonden eine Translokation entsprechend den Merkmalen 4 a) bb), 4 a) cc) und 4 b) nachgewiesen werden kann.

aa)
Ohne Erfolg wenden die Beklagten insoweit ein, dass das klagepatentgemäße Verfahren ausschließlich mittels eines Fusions-Signals verwirklicht werden könne. Unstreitig waren im Prioritätszeitpunkt sowohl die Verwendung eines Split- als auch eines Fusionssignals bekannt:

aaa)
Bei Sonden, die eine Translokation aufgrund eines Split-Signals nachweisen sollen, befinden sich zwei unterschiedlich farblich markierte Sonden an der Bruchstellenregion eines ersten Chromosoms A. Kommt es aufgrund einer Translokation dort zu einem Bruch, verbleibt die eine gefärbte Sonde an dem betreffenden Chromosom, während die andersgefärbte Sonde an ein anderes Chromosom wandert. Als Folge werden die Sonden im Falle einer Translokation als deutlich voneinander beabstandet wahrgenommen.

Sonden, die mit einem Fusions-Signal arbeiten, folgen dem entgegengesetzten Prinzip: Sie sind derart konstruiert, dass die eine farblich markierte Sonde an einer (ersten) Bruchstellenregion eines Chromosoms anbindet, eine andere markierte Sonde hingegen an einer (zweiten) Bruchstellenregion eines zweiten Chromosoms. Ohne Translokation sind getrennt voneinander rote und grüne Signale zu erkennen. Kommt es hingegen zu einer Translokation, an denen die beiden Chromosomen beteiligt sind, lagern sich die Sonden an einer Bruchstellenregion auf ein und demselben Chromosom an. Durch die räumliche Nähe der farblich markierten Sonden ist dann ein Verschmelzen („fused“) des Signals sichtbar, d.h. ein rot-grünes Signal bzw. ein gelbes Signal. Dies wird anhand folgender Darstellung veranschaulicht:

Der maßgebliche Unterschied der beiden Signalarten liegt in der Positionierung der farblich markierten Sonden: Typischerweise gibt es eine Region links und eine Region rechts von der Bruchstelle (downstream, upstream). An der Translokation sind zwei Chromosomen beteiligt. Bei beiden Methoden wird die Sonde an einer die Bruchstelle flankierenden Region angelegt, während die andere Sonde an der anderen die Bruchstelle flankierenden Region positioniert wird. Beim Split-Signal befinden sich beide Sonden auf demselben Chromosom, während beim Fusionssignal die Sonden auf die beiden an der Translokation beteiligten Chromosomen aufgeteilt werden. Der Translokationsnachweis wird also auf unterschiedliche Weise geführt:

– Beim Split-Signal wird auf dem – einzigen – bestückten Chromosom aus einem gelben Punkt (der entsteht, wenn die eingesetzten Farben grün und rot nahe beieinander liegen) ein grüner bzw. roter Punkt.

– Beim Fusions-Signal wird aus den bei den beiden bestückten Chromosomen erkennbaren isolierten Farbsignalen (grün / rot) auf einem der beiden Chromosomen ein gelber bzw. rot-grüner Punkt.

Das Merkmal 4a), bb) verlangt im Interesse einer Bindung der Sonden exakt im Bereich der Bruchstelle – also nicht beliebig irgendwo an der Ziel-DNA -, dass „die Sonden“, das heißt alle verwendeten, mindestens 2 Sonden eine Nukleinsäuresequenz enthalten, die im Wesentlichen komplementär ist zu derjenigen Nukleinsäuresequenz, „die Bruchstellenregionen“ flankieren. „Im Wesentlichen komplementär“ erfordert insoweit keine Komplementarität von 100 %, sondern ist – wie auch das Landgericht richtig gesehen und begründet hat (LGU, S. 28 oben) – so zu verstehen, dass die Sonde spezifisch für die Detektion eines einzelnen Lokus ist, so dass ein optimales Ergebnis im Sinne des Erhaltes eindeutiger und stabiler Hybridisierungssignale gewonnen wird (vgl. auch Gutachten B., S. 4 oben). Dass dies dem fachmännischen Verständnis entspricht, belegt insbesondere der Absatz [0106] des Klagepatents, wonach „die benötigte Komplexität lediglich jene ist, die für die Bereitstellung eines zuverlässigen, im wesentlichen gleichmäßigen Signals auf dem Ziel notwendig ist“.

Der verwendete Plural „Bruchstellenregionen“ erklärt sich damit, dass mindestens zwei Sonden beteiligt sind, und jede der beiden Sonden an einen anderen, die Bruchstelle flankierenden Bereich binden muss. Hinsichtlich der im Merkmal 4a), bb) in ihrer Mehrzahl („die Sonden“) angesprochenen Sonden ist demnach zu fordern, dass eine Komplementarität zur Nukleinsäuresequenz nicht nur zu einer (derselben) flankierenden Bruchstellenregion, sondern zu beiden (unterschiedlichen) flankierenden Bruchstellenregionen besteht.

Weil an der Translokation zwei Chromosomen beteiligt sind, jedes Chromosom seine Bruchstelle und jeweils zwei die Bruchstelle flankierende Bruchstellenregionen besitzt, existieren insgesamt vier flankierende Bruchstellenregionen, wobei jeweils zwei von ihnen für die Hybridisierung mit einer von zwei Sonden in Betracht kommen.

bbb)
Das Merkmal 4a), bb) macht keinerlei Vorgaben dahingehend, dass die Sonden zwingend an Bruchstellenregionen unterschiedlicher Chromosomen binden müssten. Dem Fachmann ist bewusst, dass auch ein- und dasselbe Chromosom verschiedene, die Bruchstelle flankierende Regionen, nämlich einen Bereich links der Bruchstelle und einen anderen Bereich rechts der Bruchstelle, hat. Der Anspruchswortlaut lässt es vor diesem Hintergrund ohne Weiteres zu, dass sich die zwei Sonden an dieselbe Bruchstelle flankierenden Regionen desselben Chromosoms anlagern sollen. Wesentlich ist allein, dass eine Komplementarität der Sonden-Nukleinsäuresequenz zur Sequenz der flankierenden Bruchstellenregionen gegeben ist. Diese Regionen können für jede Sonde ohne Weiteres auf unterschiedlichen Chromosomen oder auf demselben Chromosom liegen – im einen wie im anderen Fall handelt es sich um unterschiedlich flankierende Bruchstellenregionen, so dass stets die Anweisung des Klagepatents zutrifft, dass „die Sonden“ komplementär sind zu „Bruchstellenregionen“ der Ziel-DNA, nämlich nicht zu derselben flankierenden Bruchstellenregion, sondern zu unterschiedlichen Bruchstellenregionen.

Soweit die Beklagten geltend machen, das Split-Signal habe gegenüber dem Fusionssignal technische Vorteile, mag dem so sein. Entscheidend ist, dass das Klagepatent sich ihnen nicht widmet, so dass – ungeachtet des beide Varianten gleichermaßen erfassenden Anspruchswortlautes – kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass es dem Klagepatent darum ginge, das Fusions-Signal gegenüber dem Split-Signal zu bevorzugen.

Auch aus dem Merkmal 4b) lässt sich (entgegen dem Privatgutachten B., S. 8 f. der Anlage BB 10) nicht herleiten, dass der Verfahrensanspruch exklusiv auf die Verwendung von Fusions-Signalen zugeschnitten sei. Dieses Merkmal beschäftigt sich damit, wie beim Einsatz der anspruchsgemäßen Sonden der Nachweis einer stattgefundenen Translokation geführt werden soll, und zwar durch „Beobachten der Nachbarschaft“ der durch jede Sonde eingefärbten (flankierenden) Bruchstellenregionen. Genau das geschieht, wenn die beiden Sonden verschiedene Bruchstellenregionen auf zwei Chromosomen einfärben. Hier ist die Nachbarschaft der gefärbten Bruchstellenregionen beider Chromosomen im Blick zu behalten: Vereinigen sich die ursprünglich isolierten Farbsignale (grün/rot) zu einem einzigen gelben Punkt, so ist der Nachweis erbracht, dass eine Translokation stattgefunden hat, in deren Folge des z.B. rot eingefärbten Bruchstellenstücks des einen Chromosoms sich an das in Bruchstellennähe grün eingefärbte andere Chromosom angelagert hat.

Erkenntnisse aus der Beobachtung der Nachbarschaft der mit Sonden markierten DNA-Bereiche werden gleichermaßen beim Split-Signal gewonnen. Im Falle einer Translokation ist nämlich festzustellen, dass aus dem ursprünglich gelben Punkt (grün + rot) ein isoliertes Farbsignal der beiden Sonden (grün/rot) wird.

ccc)
Die Richtigkeit der vorliegenden Deutung des Anspruchswortlautes wird jedenfalls auch anhand der Beschreibung in Absatz [0259] des Klagepatents deutlich. Dieser bezieht sich auf Tumor-Zytogenetik und beschreibt, dass in Interphasenzellkernen Translokationen dadurch nachgewiesen werden können, dass sie eine H.domäne in zwei deutlich getrennte Domänen auftrennen. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass auch Split-Signale erfindungsgemäß sein können, weil dort das Wesen des Split-Prinzips umschrieben wird.

ddd)
Nach alledem kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob ggf. – worüber die Parteien umfänglich gestritten haben – aufgrund weiterer Gesichtspunkte belegt werden könnte, dass auch der Einsatz eines Split-Signals erfindungsgemäß zulässig ist.

Insbesondere kann dahinstehen, ob und welche der Ausführungsbeispiele der Figuren 11A ff. ggf. Split-Signale offenbaren und ob diese – wie die Beklagten meinen – bloße „Relikte“ sind, welche mit Blick auf das Erteilungsverfahren gar nicht mehr Inhalt der Beschreibung des Klagepatents sein dürften.

Lediglich klarstellend hält der Senat fest, dass dem Landgericht (LGU, S. 25) und der erstinstanzlichen gerichtlichen Sachverständigen nicht darin zu folgen ist, dass das Wort „Flankieren“ in Merkmal 4a) bb) ein spezifischer Hinweis auf ein Split-Signal sei, während die Worte „Erstrecken über“ ein solcher auf ein Fused-Signal sei. Dem steht nämlich der Absatz [0230] des Klagepatents entgegen, wonach bei Fusionsverfahren („anomale Nebeneinanderlage der Hybridisierungsdomänen“) die Sonden die Bruchstellenregionen “flankieren oder überspannen“.

eee)
Aus Absatz [0029] des Klagepatents lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass nur ein Fused-Signal erfindungsgemäß sei. Es ist dort lediglich ausgeführt, wie eine Fusion nachgewiesen werden kann. Das lässt nicht den Schluss zu, dass ausschließlich ein solches Fusions-Signal vom Klagepatent umfasst sei.

fff)
Dementsprechend vermag es nicht aus der Verletzung zu führen, dass die angegriffenen Sonden ein Split-Signal verwenden. Soweit die Beklagten einwenden, dass mit den angegriffenen Ausführungsformen eine Translokation mittels zwei Sonden nachgewiesen werden solle, ist auch dies unerheblich. Der Anspruchswortlaut schließt nämlich eine solche Verwendung zweier Sonden für eine Translokation trotz des verwendeten Plurals „Bruchstellenregionen“ mit Blick auf die oben zur Auslegung getroffenen Ausführungen nicht aus.

Auch der Hinweis der Beklagten auf die Produktbeschreibung der angegriffenen Ausführungsformen (Anlage K 12, S. 2 rechts) verfängt nicht: Selbst wenn vereinzelt schon im Normalfall (d.h.: keine Translokation) ein getrenntes Rot-Grün-Signal zu sehen sein sollte, vermag dies nicht die grundsätzliche Eignung der angegriffenen Ausführungsformen zum Nachweis von Translokationen durch eine Farbänderung in Frage zu stellen.

ggg)
Die vorstehend zu den angegriffenen Sonden erfolgten Ausführungen gelten entsprechend für die angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 (K. und H.). Zu Recht haben die Beklagten die betreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils (LGU, S. 28 f.) nicht gesondert angegriffen.

c)
Das Landgericht hat mit zutreffender, mit der Berufung der Beklagten nicht angegriffener Begründung die subjektiven Anforderungen des § 10 PatG festgestellt (LGU, S. 29 f.). Der Senat macht sich die landgerichtliche Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen.

IV.

1)
Im Ergebnis ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass beide Klägerinnen hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert sind.

a)
Dies ergibt sich hinsichtlich der Klägerin zu 2) aufgrund folgender rechtlicher Erwägungen:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können dem Patentinhaber im Falle einer Patentverletzung auch dann die in §§ 139 ff. PatG vorgesehenen Ansprüche zustehen, wenn er am Gegenstand des Schutzrechts eine ausschließliche Lizenz vergeben hat. Unterlassungsansprüche stehen dem Inhaber jedenfalls dann zu, wenn er sich mit der Lizenzierung nicht sämtlicher Rechte aus dem Schutzrecht begeben hat (BGHZ 176, 311 = GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone; BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker). Dem Inhaber des Schutzrechts stehen ferner auch dann eigene Ansprüche zu, wenn ihm aus der Lizenzvergabe fortdauernde materielle Vorteile erwachsen. Letzteres ist bejaht worden, wenn der Patentinhaber vom Lizenznehmer die Zahlung von Lizenzgebühren verlangen kann, deren Höhe vom Umsatz abhängig ist (BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker m.w.N.), oder wenn als Gegenleistung für die Lizenzvergabe eine Warenbezugsverpflichtung vereinbart worden ist (BGHZ 176, 311 = GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone). Vorstehende Grundsätze gelten auch, soweit es um Ansprüche auf Schadensersatz geht. Die für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Schutzrechtsinhaber aus der geltend gemachten Verletzungshandlung ein eigener Schaden entstanden ist, liegt in der Regel vor, wenn der Schutzrechtsinhaber in einer der genannten Weisen an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich partizipiert (BGHZ 176, 311 = GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone; BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker). Allgemein gilt, dass der Schutzrechtsinhaber, der eine ausschließliche Lizenz vergeben hat, eigene Ansprüche gegen den Verletzer geltend machen kann, soweit er durch die Verletzung „betroffen” ist oder ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung hat (BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker m. zahlreichen N. zur Literatur).

In Anwendung vorstehender Grundsätze ist die Klägerin zu 2) auch neben der Klägerin zu 1) im selben Rechtsstreit klagebefugt; die Klägerinnen stellen insoweit notwendige Streitgenossen dar (vgl. BGH, GRUR 2012, 430 – Tintenpatrone II). Es bedarf keiner Klärung der Frage, ob der in Art. 5.2 des Lizenzvertrages genannte jährliche Mindestumsatz seit dem Jahr 2000 stets übertroffen wurde. Denn unabhängig davon, ob diese Voraussetzung für die Umsatzabhängigkeit der Lizenzgebühren nach Art. 5.1 des Lizenzvertrages vorlag, ergibt sich das notwendige „Betroffensein“ der Klägerin jedenfalls mit Blick auf Art. 18.2 und 18.4 des Lizenzvertrages:

Unstreitig forderte die Klägerin zu 1) die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 26.4.2004 auf, gegen die das Klagepatent verletzenden Beklagten vorzugehen. Aufgrund dessen war die Klägerin vor die Wahl gestellt, entweder dieser Aufforderung nachzukommen oder zu akzeptieren, dass die Klägerin zu 1) vereinbarungsgemäß für die Dauer der Rechtshängigkeit eines von ihr – der Klägerin zu 1) – allein angestrengten Verletzungsprozesses bis zu 50 % der Lizenzgebühren einbehielt. Insofern hatte die Klägerin zu 2) ein schutzwürdiges Interesse daran, die Beklagten wegen der Verletzung des Klagepatents gerichtlich in Anspruch zu nehmen, um der Zahlung verminderter Lizenzgebühren durch die Klägerin zu 1) zu entgehen. Das dadurch gegebene „Betroffensein“ der Klägerin zu 2) rechtfertigt nicht etwa nur eine Klagebefugnis in Bezug auf den Unterlassungsanspruch. Denn die für die Lizenznehmerin in Art. 18.2 vorgesehene Möglichkeit, die Lizenzgeberin zum Einschreiten gegen Verletzer („legal action“) aufzufordern, differenziert gerade nicht zwischen einem Unterlassungs- und Schadensersatzbegehren, so dass erkennbar beides umfasst ist. Hierbei ist auch zu beachten, dass ein gerichtliches Vorgehen üblicherweise neben dem Unterlassungsbegehren auch die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz einschließt. Insofern vermitteln Art. 18.2 und 18. 4 der Klägerin zu 2) auch die Befugnis, Schadensersatzansprüche neben der Klägerin zu 1) gegen die Beklagten gerichtlich geltend zu machen.

Keine Rolle spielt dabei, ob der drohende Lizenzverlust größer ist als die eventuellen Kosten einer Beteiligung am Verletzungsprozess. Ein möglicher Schaden kann sich nämlich schon daraus ergeben, dass die Verletzungsklage gewonnen wird, so dass die Patentinhaberin wegen der ihr zustehenden Erstattungsansprüche mit keinerlei Kosten belastet wird.

b)
Die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) hat das Landgericht zutreffend auf deren unstreitige Stellung als ausschließliche Lizenznehmerin gestützt.

2)

a)
Auf die landgerichtlichen Ausführungen zu den Rechtsfolgen der Patentverletzung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug, allerdings mit der Maßgabe, dass zum Einen die Verurteilung zur Unterlassung aufgrund des am 9.8.2010 eingetretenen Wirkungsverlustes des Klagepatents wegen Zeitablaufes und zum Anderen die Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung wegen unstreitiger zwischenzeitlicher Erfüllung gegenstandslos sind.

b)
Auf die in die Vergangenheit gerichteten Anträge auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung hat das bloß ex nunc wirkende Erlöschen des Klagepatents durch Zeitablauf keine Auswirkung, so dass diesbezüglich der Tenor des Landgerichts aufrecht zu erhalten war.

Nach wie vor haben die Klägerinnen ein Interesse an der Feststellung (§ 256 ZPO), dass die Beklagten ihnen wegen Verletzung des Klagepatents zum Schadensersatz verpflichtet sind, wobei wiederum mit Blick auf den Zeitablauf des Klagepatents klarzustellen war, dass dies nur für bis einschließlich 8.8.2010 begangene Benutzungshandlungen gilt.

Es war den Klägerinnen ersichtlich nicht zumutbar, sogleich im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.1.2013 ihre Schadensersatzansprüche zu beziffern, nachdem die Klägerinnen erstmals zum Zwecke der Auskunftserteilung mitgeteilt haben, die Auskünfte vom 6.5.2009 seien als abschließend für die gesamte Schutzdauer des Klagepatents zu verstehen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Feststellungsinteresse auch nicht wegen angeblicher Verjährung der Schadensersatzansprüche nachträglich entfallen. Gemäß §§ 141 S. 1 PatG, 195, 199 Abs. 1 BGB gilt unter anderem für Schadensersatzansprüche aus § 139 Abs. 2 PatG eine relative Verjährungsfrist von drei Jahren, die ab dem Schluss desjenigen Jahres zu laufen beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patentinhaber Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen sowie der Person des Schuldners erhalten hat bzw. infolge grober Fahrlässigkeit keine solche Kenntnisse hat.

Selbst wenn man davon auszugehen hätte, dass die vorgenannten subjektiven Anforderungen mit Blick auf die unstreitig unter dem 6.5.2009 erteilte Auskunft der Beklagten seit diesem Zeitpunkt erfüllt waren und seitdem – wie die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung zum Zwecke der Auskunft angaben – keine Benutzungshandlungen mehr erfolgten, greift die Verjährungseinrede vorliegend nicht durch. Es ist jedenfalls deshalb keine Verjährung der Schadensersatzansprüche am 31.12.2012 eingetreten, weil der seit 2005 anhängige Feststellungsantrag die Verjährung erfolgreich gehemmt hat (§§ 141 S. 1 PatG, 204, 209 BGB). Es ist gerade Sinn und Zweck einer positiven Feststellungsklage, trotz noch nicht möglicher Bezifferbarkeit der Anspruchshöhe schon der Verjährung entgegen wirken zu können (vgl. BGH, NJW 1998, 2274).

V.

1)
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 97 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf den Unterlassungsantrag und den Antrag auf Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, haben die Beklagten die Kosten zu tragen, da sie nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ohne den Zeitablauf des Klagepatents und ohne die zwischenzeitliche Erfüllung des Anspruchs auf Auskunft und Rechnungslegung aus den oben genannten Gründen auch insoweit unterlegen wären. Es sind auch keine sonstigen Gesichtspunkte ersichtlich, die aus Gründen der Billigkeit eine andere Kostenverteilung rechtfertigen könnten (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, § 91a Rn 24 m.w.N.).

2)
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3)
Anlass zur Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) besteht nicht. Die vorliegende Rechtssache wirft als reine Einzelfallentscheidung weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch solche auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht erfordern.