15 U 30/14 – Aufrichtrollstuhl

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2317

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Oktober 2014, Az. 15 U 30/14

Vorinstanz: 4a O 181/12

I.
Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27.08.2013 (Az. 4a O 181/12) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst wird:

1.
Die Beklagte wird verurteilt,

a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Aufrichtrollstühle mit einem Fahrgestell und einem einen Sitz und eine Rückenlehne aufweisenden Aufrichtgestell, welches verschwenkbar am Fahrgestell angelenkt ist und einer Fußstütze, welche beim Übergang von der Sitzstellung in die Aufrichtstellung auf den Boden abgesenkt wird,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei die Fußstütze mindestens einen Schaft aufweist, der im Rahmen des Fahrgestells translatorisch geführt ist, und das Aufrichtgestell über ein Verbindungsglied mit dem Schaft der Fußstütze gelenkig verbunden ist;

b) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer
1. a) bezeichneten Handlungen seit dem 01.01.2009 begangen hat, und zwar unter Angabe

(1) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer
Vorbesitzer,
(2) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der
Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
(3) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei

– zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

c) der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer
1. a) bezeichneten Handlungen seit dem 01.01.2009 begangen hat, und zwar unter Angabe
(1) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
(2) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der
Namen und Anschriften der Abnehmer;
(3) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen – unter Einschluss von Typenbezeichnungen – sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
(4) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
(5) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin, einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
– die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu (1) und (2) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat;

d) die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1. a) beschriebenen Aufrichtrollstühle zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zweck der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

e) die vorstehend zu Ziffer 1. a) bezeichneten, seit dem 01.01.2009 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.08.2013 (4a O
181/12), insoweit bestätigt durch das hiesige Urteil des Senats, auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 815 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1. a) bezeichneten, seit dem 01.01.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 10 % und der Beklagten zu
90 % auferlegt.

III.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von
850.000,00 € abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der

Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:

bis zum 15.10.2014: 970.000 €; ab dem 16.10.2014: 850.000,00 €.

GRÜNDE:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 815 XXX B1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, sowie Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 13.06.1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der Schweizer Patentschrift CH 161X/XY vom
27.06.1996 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet wurde. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 07.01.1998. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 20.01.1999 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.

Das Klagepatent bezieht sich auf einen Aufrichtrollstuhl. Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet:

„Aufrichtrollstuhl mit einem Fahrgestell (11) und einem Sitz (17) und eine Rückenlehne (19) aufweisenden Aufrichtgestell, welches verschwenkbar am Fahrgestell (11) angelenkt ist, und einer Fußstütze (23), welche beim Übergang von der Sitzstellung in die Aufrichtstellung auf den Boden abgesenkt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Fußstütze (23) mindestens einen Schaft (37) aufweist, der im Rahmen (25,27,28) des Fahrgestells (11) translatorisch geführt ist, und dass das Aufrichtgestell (21) über ein Verbindungsglied (39) mit dem Schaft (37) der Fußstütze (23) gelenkig verbunden ist.“

Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt einen Schnitt eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Aufrichtrollstuhls in Sitzstellung.

Figur 2 zeigt einen Schnitt eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen
Aufrichtrollstuhls in Aufrichtstellung.

Figur 3 illustriert ein Detail des Mechanismus zum Absenken der Fußstütze von vorne gesehen.

Die Beklagte vertreibt bundesweit Hilfsmittel für körperlich behinderte Menschen, unter anderem Rollstühle. Über eine auf ihrer Internetseite abrufbare Produktübersicht bietet sie in der Produktkategorie „B“ einen Rollstuhl mit der Bezeichnung „C“ an (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform).

Die nachstehend verkleinert eingeblendeten Fotografien der angegriffenen Ausführungsform wurden von der Klägerin gefertigt, beschriftet und als Anlagenkonvolut D zur Akte gereicht.

Die angegriffene Ausführungsform besteht aus einem Fahrgestell und einem Aufrichtgestell mit Sitz und Rückenlehne, welches mit Drehgelenken verschwenkbar an dem Fahrgestell angebracht ist. Außerdem verfügt sie über eine Fußstütze mit zwei seitlichen Schäften, die im Fahrgestell translatorisch geführt werden. An den beiden gegenüberliegenden Rahmenteilen des Fahrgestells sind Metallgehäuse angeordnet, in denen sich jeweils ein Getriebe aus drei Zahnrädern befindet. Zwischen dem rechten und dem linken Rahmenteil befindet sich zudem eine Welle, die in das jeweilige Metallgehäuse hineinragt und dort drehend gelagert ist. An dieser Welle sind drei Kolben angebracht, die beim Aufrichten und Absenken des Aufrichtgestells eine Drehbewegung der Welle bewirken. Die Drehbewegung der Welle überträgt sich auf das erste, im Metallgehäuse an der Welle angebrachte Zahnrad. Das erste Zahnrad gibt die Drehbewegung der Welle an das zweite Zahnrad weiter, durch welches die Drehbewegung wiederum auf das dritte Zahnrad übertragen wird. Das dritte Zahnrad greift in eine am Schaft angeordnete Zahnstange, wodurch der Schaft der Fußstütze beim Aufrichten des Stuhls nach unten ausgefahren und beim Wiederherstellen der Sitzposition des Stuhls eingefahren wird.

Anfang des Jahres 2008 verklagte die Klägerin wegen des Vertriebs derselben Ausführungsform ein Schwesterunternehmen der Beklagten in Frankreich. Die Klage wurde mit Urteil vom 02.04.2010, das dem Senat in deutscher Übersetzung in

Anlage B 6 auszugsweise vorliegt, abgewiesen. Gegen das Urteil ist die Berufung anhängig. In dem französischen Patentverletzungsverfahren legte die Klägerin ein französischsprachiges Benutzerhandbuch für die angegriffene Ausführungsform vor, das dem Senat als Anlage B 7 vorliegt und in dem auf der letzten Seite die Firma „E“ als Schwestergesellschaft des französischen Unternehmens aufgeführt war.

Die Klägerin hat durch beim Landgericht Düsseldorf am 23.11.2012 eingegangene und am 30.11.2012 zugestellte Klage erstinstanzlich eine Verurteilung zur Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Veröffentlichung des Urteils sowie die Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht beantragt.

Sie hat die Ansicht vertreten, die angegriffene Ausführungsform stimme wortsinngemäß mit der technischen Lehre des Klagepatents überein. Das patentgemäße Verbindungsglied sei in dem dritten Zahnrad zu sehen: über dieses sei das Aufrichtgestell mit dem Schaft der Fußstütze gelenkig verbunden. Das Gelenk zwischen Verbindungsglied und Schaft der Fußstütze liege im Zahneingriff von Zahnrad 3 und gezahntem Schaft.

Von einem tatsächlichen Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland habe sie, die Klägerin, keine Kenntnis gehabt. Anhaltspunkte für eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin habe die Beklagte nicht dargetan.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht: Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, da es ihr an einem patentgemäßen Verbindungsglied fehle, über das das Aufrichtgestell mit dem Schaft der Fußstütze gelenkig verbunden sein muss. Das Klagepatent gebe vor, dass es sich bei dem Verbindungsglied um nur ein Bauteil handeln dürfe. Denn hätte das Klagepatent eine Ausgestaltung mit mehreren Teilen in Betracht gezogen, so hätte es die Formulierung „mindestens ein Verbindungsglied“ gewählt, wie es im Hinblick auf die Fußstütze, die patentgemäß „mindestens einen Schaft“ aufweist, geschehen sei.

Unter einer „gelenkigen Verbindung“ zwischen dem Aufrichtgestell und dem Schaft der Fußstütze werde der Fachmann mit entsprechenden Kenntnissen in der Getriebelehre zudem nur eine Verbindung über ein starres Koppelglied verstehen. Ein solches Koppelglied müsse zwischen zwei Gelenken platziert sein, wobei das eine Gelenk unmittelbar mit dem Aufrichtgestell und das andere Gelenk unmittelbar mit dem Schaft verbunden sein müsse. Zugleich ergebe eine Auslegung des Patentanspruchs, dass das Verbindungsglied ein solches Koppelglied sein müsse, das seinerseits nicht mit dem Gestell verbunden sein dürfe.

Dieses Verständnis von Verbindungsglied und gelenkiger Verbindung folge zum einen aus der Beschreibung des Klagepatents, die nur ein solches Verbindungsglied in Form eines Koppelgliedes offenbare, als auch aus den im Klagepatent als Stand der Technik beschriebenen Patentschriften, in denen ebenfalls nur jeweils starre
Glieder mit zwei Gelenkelementen als Verbindungsglieder bezeichnet werden.

Die in der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Zahnräder könnten deshalb keine Verbindungsglieder im Sinne des Klagepatents darstellen. Denn es sei nicht nur ein Verbindungsglied im Sinne eines Koppelgliedes vorhanden, sondern vielmehr eine mehrgelenkige Anordnung mit drei Zahnrädern, Welle und Kolben, die zudem noch – anders, als es der Patentanspruch vorgebe – über die Lagerachse der Welle mit dem Metallgehäuse und daher auch mit dem Fahrgestell verbunden sei.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Durch Urteil vom 27.08.2013 hat das Landgericht der Klage mit Ausnahme des auf Urteilsveröffentlichung gerichteten Antrags stattgegeben, wobei es in der Sache wie folgt entschieden hat:

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Aufrichtrollstühle mit einem Fahrgestell und einem einen Sitz und eine Rückenlehne aufweisenden Aufrichtgestell, welches verschwenkbar am Fahrgestell angelenkt ist und einer Fußstütze, welche beim Übergang von der Sitzstellung in die Aufrichtstellung auf den Boden abgesenkt wird,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei die Fußstütze mindestens einen Schaft aufweist, der im Rahmen des Fahrgestells translatorisch geführt ist, und das Aufrichtgestell über ein Verbindungsglied mit dem Schaft der Fußstütze gelenkig verbunden ist.

II.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziff. I bezeichneten Handlungen seit dem
07.02.1998 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer
Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der
Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei
– zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind und geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
– die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 01.09.2008 anzugeben sind;

III.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziff. I bezeichneten Handlungen seit dem
07.02.1998 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer;
c) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen – unter Einschluss von Typenbezeichnungen – so- wie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs- kosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– die Angaben zu lit. e) erst ab dem 20.02.1999 verlangt werden und der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin, einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
– die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu lit. a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat.

IV.
Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziff. I beschriebenen Aufrichtrollstühle zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zweck der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

V.
Die Beklagte wird verurteilt, die vorstehend zu Ziffer I. bezeichneten, seit dem 30.04.2006 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

VI. Es wird festgestellt, dass

a) die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die in Ziff. I bezeichneten Handlungen in der Zeit vom 07.02.1998 bis zum 19.02.1999 eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
b) die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziff. I bezeichneten Handlungen und seit dem 20.02.1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Funktion des patentgemäßen Verbindungsgliedes bestehe darin, die durch das Aufrichten des Aufrichtgestells ausgeübte Kraft dergestalt auf die Fußstütze zu übertragen, dass diese sich nach unten bewegt, und eine umgekehrte Bewegung der Fußstütze zu ermöglichen, wenn eine Bewegung aus der Aufricht- in die Sitzstellung erfolgt. Für diese Funktion sei es jedoch weder erforderlich, dass genau ein Verbindungsglied vorgesehen ist, noch dass dieses aus einem starren Glied und zwei Gelenkelementen besteht, noch dass dieses in keinerlei Verbindung zum Fahrgestell des Rollstuhls stehen darf. Ausgehend von diesem Verständnis von einem Verbindungsglied handele es sich bei der angegriffenen Ausführungsform bei dem Zahnrad
3 um klagepatentgemäßes Verbindungsglied, das das Aufrichtgestell mit dem Schaft der Fußstütze gelenkig verbinde. Wegen der näheren Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien nicht verjährt, da nicht dargetan sei, dass die Klägerin im Jahr 2008 positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt habe bzw. die Beklagte mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg in Deutschland hätte gerichtlich in Anspruch nehmen können.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die sie im Wesentlichen folgendermaßen begründet:

In der Klagepatentschrift werde ausführlich der Stand der Technik gewürdigt, in dem eine mehrgelenkige Verbindung zwischen Fußstütze und Aufrichtgestell oder Fußstütze und Aufrichtgestell und/oder Fahrgestell bestehe. Eine solche mehrgelenkige Verbindung zwischen Fußstütze und Aufrichtgestell und/oder Fahrgestell sehe das Klagepatent als nachteilig an. Das Landgericht habe das Merkmal des Verbindungsgliedes zu Unrecht auf seine bloße Funktion reduziert. Welche Funktion das Verbindungsglied erfüllen soll, ergebe sich nicht aus dem Patentanspruch, sondern hierzu fänden sich nur bei der Beschreibung des bevorzugten Ausführungsbeispiels Ausführungen. Ziehe man aber nur diese bei der Beschreibung des bevorzugten Ausführungsbeispiels angesprochene Funktion des Verbindungsglieds heran, so führe dies zu einer unzulässigen inhaltlichen Erweiterung des durch den Wortsinn des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands. Aus dem Klagepatent ergebe sich für den Fachmann zudem, dass die „gelenkige Verbindung“, die das Verbindungsglied zwischen dem Aufrichtgestell und dem Schaft der Fußstütze herstellen soll, eine Verbindung über Drehgelenke sein müsse. Denn die Klagepatentschrift schließe andere Gelenktypen als Drehgelenke aus. Die teleskopische Führung des Schaftes der Fußstütze in dem Rohrstück des Fahrgestells etwa sehe das Klagepatent gar nicht als ein Gelenk an, wenn es in der Beschreibung im Hinblick auf die im Fahrgestell geführte Fußstütze heiße, sie besitze „eine wesentlich höhere Stabilität als eine gelenkig angeordnete Fußstütze“. In dem Verständnis, dass das Verbindungsglied ein starres Glied mit zwei Drehgelenkelementen sein müsse, werde der Fachmann zudem durch den Stand der Technik bestätigt, in dem das Verbindungsglied ebenfalls stets ein starres Glied mit zwei Drehgelenkelementen darstelle.

Das Zahnrad 3 bei der angegriffenen Ausführungsform könne kein Verbindungsglied im Sinne des Klagepatents sein, da es nur zusammen mit den Zahnrädern 1 und 2 eine Verbindung zwischen Aufrichtgestell und Schaft der Fußstütze herstelle. Außerdem bilde es kein Dreh- sondern ein Wälz oder Rollgelenk und es sei zudem über seine Lagerachse mit dem Fahrgestell verbunden.

Zu Unrecht habe das Landgericht die Verjährung verneint. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin im Jahre 2008 jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis von der vermeintlichen Patentverletzung durch die Beklagte hätte erlangen müssen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27.08.2013 (Az. 4a O 181/12)
abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Nachdem die Klägerin in einem ersten Termin des Senats zur mündlichen Verhandlung die Zurückweisung der Berufung beantragt hatte, beantragt sie nunmehr,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass Ansprüche für die
Zeit vor dem 01.01.2009 nicht mehr geltend gemacht werden.

Die Beklagte hat der in dieser Antragsumstellung liegenden Teilklagerücknahme zugestimmt und beantragt, der Klägerin insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet, denn die Klage ist in dem Umfang wie sie nach der Teilklagerücknahme in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2014 noch geltend gemacht wird, begründet.

Die Beklagte ist der Klägerin gegenüber gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1, Abs. 2; § 140a Abs. 1, § 140b Abs. 1, Abs. 3 PatG und §§ 242, 259 BGB zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und zur Vernichtung sowie zum Rückruf und Schadensersatz verpflichtet, weil die angegriffene Ausführungsform von der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß Gebrauch macht.

A.
Das Klagepatent schützt mit dem Patentanspruch 1 einen Aufrichtrollstuhl, der über ein Fahrgestell, ein Aufrichtgestell und eine Fußstütze verfügt. Ein solcher

Aufrichtrollstuhl ermöglicht einen Übergang von der Sitzstellung in eine Aufrechtstellung. Dabei wird in der Aufrechtstellung die Fußstütze auf den Boden abgesenkt.

Zum Stand der Technik führt das Klagepatent aus, aus der EP-A-0 065 XXZ (Anlage B 3) sei ein Aufrichtrollstuhl bekannt mit einem Fahrgestell sowie zwei Haupt- und zwei Lenkrädern. Am Fahrgestell sei ein Aufrichtgestell gelagert, das durch einen Elektromotor relativ um eine Drehachse verschwenkbar sei. Die Fußstützen seien bei dieser Ausführung derart am Sitz angelenkt, dass sie in der Aufrichtstellung des Stuhls am Boden aufliegen (Anlage F, Spalte 1, 2. Absatz). Die nachfolgend wiedergegebene Figur 3 der EP-A-0 065 XXZ verdeutlicht den Aufbau jenes Aufrichtrollstuhls, insbesondere ist das Sitz- und Aufrichtgestell 13 über eine Drehachse 15 relativ zum Fahrgestell 11 verschwenkbar:

EP-A-0 065 XXZ

Die Klagepatentschrift stellt es bei der Konstruktion von Aufrichtrollstühlen generell als erstrebenswert dar, deren Gewicht gering zu halten. Vor diesem Hintergrund kritisiert das Klagepatent an dem Aufrichtrollstuhl gemäß der EP-A-0 065 XXZ zum einen, dass ein Elektromotor und die zu seinem Antrieb notwendigen Batterien ein relativ hohes Gewicht haben. Zum anderen beschreibt es die Klagepatentschrift als nachteilhaft an diesem Aufrichtrollstuhl, dass die Fußstützen eine geringe Stabilität aufwiesen. Diese geringe Stabilität sei auf die Art und Weise zurückzuführen, wie die Fußstützen mit dem Fahrgestell verbunden seien: Bei dem Aufrichtrollstuhl EP-A-0065 XXZ sind die in Kniehöhe des Benutzers am Aufrichtgestell 13 angelenkten Fußstützen 37 weiter unten über ein verbindendes Bauteil, das mit keiner Bezugsziffer versehen ist, mit dem Fahrgestell 11 verbunden. Bei dieser Gestaltung genügten bereits geringe Kräfte aus, um eine seitliche Pendelbewegung der Fußstützen auszulösen, was den Benutzer des Aufrichtrollstuhls verunsichern könne.

Die Klagepatentschrift nennt als weiteren Stand der Technik die EP-A-0 159 XXZ (Anlage B 2), in der ein Aufrichtrollstuhl gemäß den nachfolgend wiedergegebenen Figuren offenbart ist.

EP-A-0 159 XXZ

Die Figuren zeigen den Aufrichtrollstuhl gemäß der EP-A-0-159 XYX in Sitz- und Aufrichtstellung. Dabei bezeichnet die Bezugsziffer 11 das Traggestell, die Ziffer 21 die Fußauflage, die Ziffer 39 die Drehachse, um welche Sitz 17 und Rückenlehne 19 in die aufrechte Position verschwenkt werden, und Ziffer 31 einen Verbindungshebel, der der Stabilisierung der Fußstütze dienen soll.

Die Klagepatentschrift hebt an dieser Entgegenhaltung zwar als vorteilhaft hervor, dass das Gewicht dieses Aufrichtrollstuhls aufgrund des Antriebs durch eine Gasfeder wesentlich reduziert wurde (Klagepatentschrift, Anlage F, Spalte 1, 3. Absatz). Allerdings kritisiert die Klagepatentschrift auch an diesem Aufrichtrollstuhl, dass die Fußstützen eine geringe Stabilität aufweisen würden, weil auch sie in Kniehöhe des Benutzers am Aufrichtgestell angelenkt sind und weiter unten gelenkig mit dem Fahrgestell verbunden seien (Klagepatentschrift, Anlage F, Spalte 1, 4. Absatz).

Denselben Nachteil der geringen Stabilität der Fußstützen weist nach der Klagepatentschrift auch der Aufrichtrollstuhl gemäß der PCT-Anmeldung WO 79/00XYZ (Anlage SSM 3) auf, bei dem der obere Teil 11 einer zweiteiligen Fußstütze 11, 12 etwa in Kniehöhe des Benutzers am Fahrgestell angelenkt ist und bei dem der untere, teleskopisch verschiebbare Teil 12 der Fußstütze mit einem Verbindungsglied mit dem Aufrichtgestell verbunden ist, wie die nachfolgende Figur 1 der WO 79/00XYZ zeigt.

WO 79/00XYZ

Schließlich beschreibt das Klagepatent den Aufrichtrollstuhl gemäß der FR-A-2,697,XZX (Anlage SSM 4). Dort ist die zweiteilige Fußstütze 7a, 7b gelenkig mit dem Sitz 4 verbunden, wie die nachfolgende Figur 15 der FR-A-2,697,XZX zeigt.

FR-A-2,697,XZX

Dieser Sitz 4 wiederum ist mit einem Support 9 gelenkig verbunden, der seinerseits mit dem Fahrgestell 1 gelenkig verbunden ist. Es sind somit zwischen der Fußstütze und dem Fahrgestell drei Gelenkstellen vorhanden, welche – so das Klagepatent – der Stabilität abträglich sind.

Dem Klagepatent liegt daher die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, einen Aufrichtstuhl der erwähnten Art derart zu verbessern, dass er trotz eines geringen Gewichts eine hohe Stabilität aufweist. Zugleich soll er ästhetischen Ansprüchen genügen, indem Hebelmechanismen möglichst versteckt unter den Sitz zu liegen kommen.

Zur Lösung dieses Problems sieht das Klagepatent gemäß Patentanspruch 1 eine
Kombination der folgenden Merkmale vor:

1. Aufrichtrollstuhl mit einem Fahrgestell (11), einem Aufrichtgestell (21)
und einer Fußstütze (23).
2. Die Fußstütze (23)
2.1 wird beim Übergang von der Sitzstellung in die Aufrechtstellung auf den Boden abgesenkt und
2.2 weist mindestens einen Schaft (37) auf, der im Rahmen (25, 27, 28)
des Fahrgestells (11) translatorisch geführt ist.
3. Das Aufrichtgestell (21)
3.1 weist einen Sitz (17) und eine Rückenlehne (19) auf,
3.2 ist verschwenkbar am Fahrgestell (11) angelenkt und
3.3 ist über ein Verbindungsglied (39) mit dem Schaft (37) der
Fußstütze (23) gelenkig verbunden.

B.
Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf das Merkmal 3.3 von Patentanspruch 1 näherer Erläuterung: Danach ist das Aufrichtgestell über ein Verbindungsglied mit dem Schaft der Fußstütze gelenkig verbunden. Dieses Merkmal wird der Fachmann, ein Maschinenbauingenieur mit mehrjähriger Erfahrung im Bau von Aufrichtrollstühlen, dahingehend verstehen, dass ein Bauteil („ein Verbindungsglied“) vorhanden sein muss, das die Verbindung zwischen Aufrichtgestell und Schaft der Fußstütze mittels Gelenken vermittelt, wobei unerheblich ist, ob dies unmittelbar geschieht oder nur mittelbar, also dadurch, dass das Verbindungsglied Teil einer mehrgelenkigen Anordnung ist. Ebenso wenig erfordert Merkmal 3.3 – anders als die Beklagte meint – zwingend ein Verbindungsglied, das einteilig und starr ausgebildet ist und mit zwei Drehgelenken unmittelbar am Aufrichtgestell und unmittelbar am Schaft der Fußstütze angelenkt ist sowie keine feste Verbindung zum Fahrgestell aufweist.

1)
Zunächst ist festzustellen, dass der Wortlaut des Anspruchs offen lässt, ob das Verbindungsglied das einzige Bauteil darstellen soll, das die Verbindung zwischen Aufrichtgestell und Schaft der Fußstütze herstellt. Zu Unrecht will die Beklagte dies aus der Verwendung der Formulierung „ein Verbindungsglied“ herleiten. Unabhängig davon, dass diese Formulierung – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – rein philologisch betrachtet ebenso als ein unbestimmter Artikel wie als ein Zahlwort verstanden werden kann, sagt diese Unterscheidung noch nichts darüber aus, ob die besagte Verbindung ausschließlich über dieses Verbindungsglied erfolgen muss. Der Wortlaut lässt vielmehr offen, ob noch weitere Bauteile an der Vermittlung der Verbindung zwischen Aufrichtgestell und Fußstütze mitwirken. Sprachlich kann auch dann von einer „Verbindung über ein Verbindungsglied“ gesprochen werden.

Allein der Umstand, dass das Klagepatent an anderer Stelle, nämlich in Merkmal 2.2 bei dem Schaft der Fußstütze, bewusst die Formulierung „mindestens einen Schaft“, gewählt hat, rechtfertigt nicht die Annahme, dass an allen übrigen Stellen, an denen dieser Zusatz fehlt, das Wort „ein“ in dem Sinne zu verstehen wäre, dass jeweils ausschließlich ein einziges Verbindungsglied, vorzusehen sei. Diese Annahme widerlegt das Klagepatent im Übrigen schon selbst. Denn im Zusammenhang mit der Fußstütze ist im Merkmal 1. ebenfalls von „einer Fußstütze“ (und nicht etwa von „mindestens einer Fußstütze“) die Rede. Dennoch wird in der Klagepatentschrift ausdrücklich angesprochen, dass bei dem klagepatentgemäßen Aufrichtrollstuhl auch eine separate Fußstütze für jeden Fuß vorgesehen werden kann (Klagepatentschrift, Anlage F, Spalte 2, Z. 37 f.), so dass zwei Fußstützen als patentgemäß angesehen werden.

Gegen ein Verständnis im Sinne nur eines einzigen, einteiligen Verbindungsgliedes zur Herstellung der Verbindung spricht darüber hinaus der Umstand, dass sonst das Aufrichtgestell nur über ein einziges Verbindungsglied mit dem Schaft der Fußstütze verbunden sein dürfte, während der Fachmann schon wegen des bevorzugten Ausführungsbeispiels davon ausgehen wird, dass im Normalfall zumindest zwei Verbindungsglieder vorhanden sein müssten – nämlich eines auf der rechten Seite des Aufrichtgestells und eines auf der linken Seite.

Im Übrigen lässt der Wortlaut auch offen, ob das Verbindungsglied nach dem Klagepatent eine feste Verbindung mit dem Fahrgestell haben darf und durch welche Art von Gelenken die „gelenkige Verbindung“ des Merkmals 3.3 vermittelt werden soll. Für eine Einschränkung etwa auf Drehgelenke gibt der Wortlaut nichts her. Unstreitig handelt es sich bei dem Begriff „Gelenk“ um einen in dem betreffenden Fachgebiet gebräuchlichen Fachbegriff, der eine bewegliche Verbindung zwischen Gliedern bezeichnet (vgl. Anlage B 4, S. 13). Der angesprochene Fachmann kennt die grundlegenden Zusammenhänge der Getriebelehre. Aufgrund dieses allgemeinen Fachwissens ist ihm bekannt, dass es – je nach der Relativbewegung der Gelenkelemente und nach dem Bewegungsverhalten an der Berührstelle der Gelenkelemente – unterschiedliche Gelenke wie Dreh-, Schub-, Schraub-, Gleit- oder auch Wälz- oder Rollgelenke gibt (vgl. Anlage B 4, S. 20, Tafel 2.3). Wird eine Bewegung über Zahnräder übertragen, so wird dies als ein Wälz- oder Rollgelenk bezeichnet (Anlage B 4, S. 27). Vorgaben dazu, dass ein Verbindungsglied, das mit einem anderen Teil „gelenkig verbunden“ ist, ein starres Koppelglied mit Drehgelenken sein muss, das selbst mit keinem festen Teil des Getriebes eine feste Verbindung aufweisen darf, ergeben sich aus der Getriebelehre nicht.

Zwar ist bei der Verwendung von Fachbegriffen im Patentanspruch stets die Möglichkeit in Rechnung zu stellen, dass das Patent den Ausdruck gerade nicht in diesem geläufigen, sondern in einem davon abweichenden (z.B. weitergehenden oder engeren Sinne) verwendet. Dies bedeutet aber nicht, dass bei der Auslegung eines Patents unter keinen Umständen auf den üblichen Sprachgebrauch und Begriffsinhalt zurückgegriffen werden dürfte. Vielfach wird dies – im Gegenteil – angezeigt

sein, weil bei der Abfassung einer Patentschrift Begriffe in der Regel mit ihrem auf dem betroffenen Fachgebiet üblichen Inhalt gebraucht zu werden pflegen (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 37 f.).

Vorliegend ergeben sich weder aus dem Patentanspruch noch aus der Beschreibung Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent abweichend vom fachmännischen Verständnis des Fachbegriffs eine Einschränkung hinsichtlich der Art und Weise der vorzugehenden Gelenkverbindung vorsieht. In der Zusammenschau mit Merkmal 2.2, nach dem der Schaft im Rahmen des Fahrgestells translatorisch geführt ist, ergibt sich für den Fachmann lediglich, dass das Klagepatent offenbar eine Unterscheidung trifft zwischen einer translatorischen Führung einerseits und einer gelenkigen Verbindung andererseits. Dies führt den Fachmann allenfalls zu dem Schluss, dass das Klagepatent eine translatorische Führung nicht als eine gelenkige Verbindung ansieht (– anders als das allgemeine fachmännische Verständnis, nach dem eine translatorische Führung ein Schubgelenk darstellt). Dafür, dass sich das Klagepatent aber im Übrigen auf eine spezielle Gelenkart, insbesondere auf ein Drehgelenk, festlegt, ergeben sich weder aus dem Wortlaut des Patentanspruchs noch aus der Beschreibung Anhaltspunkte.

2)
Bei Anwendung der Grundsätze der funktionsorientierten Auslegung der Anspruchsmerkmale, nach der Merkmale und Begriffe eines Patentanspruchs so zu deuten sind, wie dies angesichts der ihnen nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist (vgl. BGH, GRUR 2012, 1124, 1126 – Polymerschaum; BGH, GRUR 2009, 655, 656 – Trägerplatte; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185, 188 – WC-Sitzgelenk; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2011, Az. 2 U 3/11, II. 2. c)) wird zudem deutlich, dass auch ein Verbindungsglied, das Teil einer mehrgelenkigen Anordnung ist, in den Schutzbereich des Anspruchs fällt.

Aus der Würdigung des Standes der Technik in der Klagepatentschrift ergibt sich, dass es dem Klagepatent darauf ankommt, eine wesentlich höhere Stabilität der Fußstütze zu erreichen (Anlage F, Spalte 1, Zeilen 50 ff. bis Spalte 2, Zeile 10). Seitliche Pendelbewegungen der Fußstütze sollen vermieden werden. Zugleich sieht es das Klagepatent als erstrebenswert an, das Gewicht des Aufrichtrollstuhls gering zu halten (Klagepatentschrift, Spalte 1, Zeilen 36-40). Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass die Fußstütze im Rahmen des Fahrgestells translatorisch geführt wird (Klagepatentschrift, Anlage F, Spalte 2, Zeilen 18-20), dass sie also nicht – wie im Stand der Technik – punktuell gelenkig am Fahrgestell befestigt ist. In dieser translatorischen Führung der Fußstütze (Merkmal 2.2) liegt der Kern der Erfindung.

Die Funktion des Verbindungsglieds besteht dabei darin, bei einer Aufrichtbewegung des Aufrichtgestells die Fußstütze nach unten und bei einer Abwärtsbewegung des

Aufrichtgestells die Fußstütze nach oben zu bewegen. Besonders deutlich ergibt sich dies aus den Textstellen Spalte 3, Zeilen 46-48 und Spalte 3, Zeilen 56 ff. bis Spalte 4, Zeile 6. Für diese Funktion kommt es nicht darauf an, wie das Verbindungsglied im Einzelnen ausgestaltet ist, ob dieses also starr ist oder nicht, ob es fest mit dem Fahrgestell verbunden ist oder nicht und ob noch andere Bauteile an der Übertragung der Bewegung mitwirken.

Zu Unrecht wendet die Beklagte ein, das Landgericht habe den durch den Wortsinn des Patentanspruchs festgelegten Gegenstand inhaltlich erweitert, indem es die technische Funktion des Verbindungsgliedes aus den Beschreibungsstellen hergeleitet habe, die sich auf ein Ausführungsbeispiel beziehen. Zwar darf ein engerer Patentanspruch nicht nach Maßgabe einer weiter gefassten Beschreibung interpretiert werden; der Patentanspruch hat vielmehr Vorrang gegenüber der Beschreibung (BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung). Diese Grundsätze hat das Landgericht jedoch nicht verletzt.

a)
Denn zum einen spricht nichts dagegen, Anhaltspunkte dafür, welche technische Funktion einem Merkmal im Rahmen der Erfindung zukommen soll, solchen Beschreibungsstellen zu entnehmen, die sich auf ein konkretes bevorzugtes Ausführungsbeispiel beziehen. Ergibt sich daraus (nur) eine bestimmte Funktion, die eine weite Auslegung des Merkmals nahe legt, wird aber in diesen Fällen in einem zweiten Schritt kritisch zu hinterfragen sein, ob dieses Ergebnis mit dem Wortlaut des Patentanspruchs in Einklang gebracht werden kann (vgl. BGH, GRUR 2011, 701, 703 – Okklusionsvorrichtung). Denn die funktionale Betrachtung darf bei räumlich-körperlich definierten Merkmalen nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung des Merkmals nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen ist (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 42). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Denn der Wortlaut des Patentanspruchs ist in Merkmal 3.3 mit „einem Verbindungsglied“ und einer „gelenkigen Verbindung“ offen genug gehalten, um nach dem Verständnis des Fachmanns verschiedene Ausgestaltungen zu erfassen.

b)
Zum anderen lässt sich die Funktion des Verbindungsgliedes auch nicht erst aus den Beschreibungsstellen zum bevorzugten Ausführungsbeispiel entnehmen, auch wenn sie dort ganz ausdrücklich benannt wird. Vielmehr ist dem Fachmann auch bei der Lektüre des allgemeinen Teils der Klagepatentschrift klar, welche Bedeutung dem Verbindungsglied zukommt. Denn wie bereits ausgeführt verändert die klagepatentgemäße Erfindung die aus dem Stand der Technik bekannte Konstruktion des Aufrichtrollstuhls dadurch, dass sie die Fußstütze nicht mehr – wie etwa noch in der EP-A-0 065 XXZ und der EP-A-0 159 XXZ – direkt am Aufrichtgestell anlenkt, sondern statt dessen im Rahmen des Fahrgestells translatorisch führt. Dem Fachmann ist allerdings klar, dass diese konstruktive Veränderung eine weitere konstruktive Anpassung erfordert: befestigt man nämlich die Fußstütze nicht mehr direkt am Aufrichtgestell, sondern am Fahrgestell, so bewegt sich die Fußstütze nicht mehr automatisch mit, wenn das Aufrichtgestell bewegt wird. Vielmehr bedarf es nunmehr eines Bauteils, das die Bewegung des Aufrichtgestells auf die Fußstütze überträgt, so dass sich die Fußstütze beim Aufrichten des Aufrichtgestells zugleich nach unten bewegt und umgekehrt. Als Bauteil, das diese Aufgabe erfüllen kann, kommt schon nach dem Patentanspruch nur das Verbindungsglied in Betracht, da es das einzige ist, das mit beiden Teilen, zwischen denen die Bewegungsübertragung stattfinden soll, nämlich dem Aufrichtgestell und dem Schaft der Fußstütze, verbunden ist, ob unmittelbar oder mittelbar.

c)
Auch der in der Klagepatentschrift gewürdigte Stand der Technik gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent sich auf eine ganz bestimmte Art eines Verbindungsglieds, nämlich ein einteiliges, starres Koppelglied ohne Verbindung mit dem Fahrgestell beschränken will.

aa)
Insbesondere lässt sich die Vorgabe, das Verbindungsglied müsse ein einziges starres Glied mit nur zwei Gelenken sein, nicht aus der Würdigung der FR-A-2,697,XZX herleiten. In der Textstelle, auf die sich die Beklagte in diesem Zusammenhang in der Berufungsbegründung beruft, heißt es (Anlage F, Spalte 2, Zeilen 4-10):

„Beim Stuhl gemäß der FR-A-2,697,XZX ist die zweiteilige Fußstütze gelenkig mit dem Sitz 4 verbunden. Dieser ist wiederum mit einem Support gelenkig verbunden, der seinerseits mit dem Fahrgestell gelenkig verbunden ist. Es sind somit zwischen der Fußstütze und dem Fahrgestell drei Gelenkstellen vorhanden, welche der Stabilität abträglich sind.

Denn das Klagepatent kritisiert hier nicht – wie die Beklagte meint – generell mehrgelenkige Verbindungen als instabil. Vielmehr richtet sich die Kritik wiederum dagegen, dass die Fußstütze überhaupt (dreh-)gelenkig am Fahrgestell befestigt ist. Die dadurch entstehende Instabilität wird lediglich noch dadurch gesteigert, dass mehrere Gelenkstellen vorhanden sind. Hinzu kommt, dass das Klagepatent in der FR-A-2,697,XZX eine mehrgelenkige Verbindung zwischen Fußstütze und Fahrgestell kritisiert. Der Fachmann wird aber nicht erwarten, hieraus Anhaltspunkte für die Auslegung des Merkmals 3.3 zu gewinnen, das Mittel beschreibt, die bei der Verbindung zwischen Aufrichtgestell und Fußstütze verwendet werden sollen.

bb)
Ein einschränkendes Verständnis des Merkmals 3.3 ergibt sich auch nicht daraus, dass in den Aufrichtrollstühlen des Standes der Technik das Verbindungselement zwischen Fahrgestell und Fußstütze jeweils als ein starres Glied ausgebildet ist, und dass die Verbindung zwischen den beiden Teilen durch zwei Gelenke (Drehgelenke) vermittelt wird. Denn abgesehen davon, dass auch im Stand der Technik nicht durchgehend Koppelglieder gezeigt werden, was das klagepatentgemäße Verbindungsglied nach der Auslegung der Beklagten aber sein muss – die Verbindungselemente in der EP-A-0 065 XXZ und EP-A-0 159 XXZ verbinden nämlich nicht zwei bewegliche Glieder miteinander –, wird der Fachmann aus diesem Stand der Technik nicht den Schluss ziehen, dass die dortigen Vorgaben auch für die „gelenkige Verbindung“ des „Verbindungsgliedes“ gemäß Merkmal 3.3 zu gelten haben.

Dies folgt bereits aus dem Grundsatz, wonach für das Verständnis eines Merkmals grundsätzlich nur dann auf einen Stand der Technik zurückgegriffen werden kann, wenn sich das Patent im Hinblick auf die Ausgestaltung eines bestimmten Merkmals den Stand der Technik zu eigen macht, indem es von einer vorbekannten Konstruktion ausgeht, diese als durchaus vorteilhaft ansieht und für die Erfindung beibehalten will (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 45). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Aus der Klagepatentschrift wird an keiner Stelle deutlich, dass das Klagepatent die konkrete Ausgestaltung der Verbindungsglieder und deren Anlenkung im Stand der Technik als vorteilhaft ansieht. Im Gegenteil: das Klagepatent kritisiert den Einsatz der im Stand der Technik bekannten Verbindungsglieder – etwa in der WO 79/00XYZ – als nachteilhaft. Denn insgesamt seien die Fußstützen der bekannten Aufrichtrollstühle zu instabil (Klagepatentschrift, Anlage F, Spalte 1, Zeilen 50-54). Sie sind nach Ansicht des Klagepatents nicht dazu in der Lage, die Pendelbewegungen der Fußstützen in ausreichendem Maße zu verhindern. Deshalb wird der Fachmann nicht davon ausgehen, dass sich das Klagepatent auf die im Stand der Technik gezeigte Ausführung festlegen will. Den vorgenannten Erwägungen kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegen halten – wie in der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2014 vorgebracht –, dass das Klagepatent an der WO 79/00XYZ nur die Art der gelenkigen Verbindung zwischen Fahrgestell und Fußstütze kritisiere, und dass das Klagepatent im Übrigen die dort gezeigte Ausgestaltung habe beibehalten wollen, wenn nur die kritisierte Verbindung durch ein Schubgelenk ersetzt werde. Eine solche differenzierte Kritik an der WO 79/00XYZ ist der Klagepatentschrift nicht zu entnehmen. Zwar liegt der entscheidende Schritt des Klagepatents zur Stabilisierung der Fußstützen in der Tat in der teleskopischen Führung im Rahmen des Fahrgestells. Das Klagepatent hebt das Verbindungsglied der WO 79/00XYZ aber in keinster Weise lobend hervor. Vielmehr wird dieser Stand der Technik nur „formal“ zum Ausgangspunkt für die Darstellung der Erfindung genommen, ohne dass der Schluss gerechtfertigt wäre, dass sich das Patent damit auf eine spezielle, bei diesem Stand der Technik gegebene Ausgestaltung festlegen wollte. Ein Schluss darauf, dass eine solche Festlegung gewollt ist, ist nämlich insbesondere dann unzulässig, wenn die vorbekannte Konstruktion im Hinblick auf den Erfindungsgedanken des Patents beliebig und keineswegs zwingend ist und für die Verwirklichung der Erfindung ersichtlich auch andere Konstruktionen infrage kommen (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 45). Die ist vorliegend der Fall, wie bereits unter 1 und 2 ausgeführt.

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass auch in der EP-A-0 159 XXZ und der EP-A-0 065 XXZ durchgehend starre, durch Drehgelenke unmittelbar mit den zu verbindenden Bauteilen verbundene, einteilige Glieder gezeigt seien, so überzeugt dies nicht. Denn die Ausgestaltung von Verbindungsgliedern in diesen Entgegenhaltungen wird der Fachmann schon deshalb nicht zum Anlass für eine einschränkende Auslegung heranziehen, weil die dort gezeigten Verbindungsglieder mit den klagepatentgemäßen Verbindungsglied überhaupt nicht vergleichbar sind. In den Entgegenhaltungen hatten die Verbindungsglieder die Funktion, der gelenkig am Aufrichtgestell befestigten Fußstütze eine gewisse Stabilität zu verleihen. Die Verbindungsglieder nach der klagepatentgemäßen Erfindung leisten demgegenüber zur Stabilität der Fußstütze keinen Beitrag – diese wird nämlich bereits durch die translatorische Fühung erreicht. Die Funktion des Verbindungsglieds nach dem Klagepatent ist vielmehr eine ganz andere: es bewirkt die Auf- und Abwärtsbewegung der Fußstütze. Ob es direkt am Aufrichtgestell befestigt ist, ist hierfür irrelevant.

d)
Die von der Beklagten vertretene, einschränkende Auslegung liefe darauf hinaus, den Schutzbereich des Patentanspruchs auf das bevorzugte Ausführungsbeispiel zu reduzieren, was nicht zulässig ist (BGH, GRUR 2012, 1242 – Steckverbindung; BGH, GRUR 2008, 779, 783 – Mehrgangnabe). Aus dem in deutscher Übersetzung vorgelegten Auszug aus dem erstinstanzlichen Urteil des Tribunal des Grande Instance de Paris (Anlage B 6) ergibt sich nicht, welche Erwägungen des französischen Gerichts dazu geführt haben, den Schutzbereich des Klagepatents offensichtlich enger zu fassen. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung von seinen – zuvor erläuterten – Verständnis abzuweichen.

III.
Ausgehend von dieser Auslegung verletzt die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent wortsinngemäß. Zur näheren Begründung wird vollumfänglich auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen (Urteil, Seite 19).

IV.
Aus der Patentverletzung ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen. Zur Begründung kann auf die zum Unterlassungsanspruch sowie zu den Ansprüchen auf Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Schadensersatz gemachten, zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Nach der Teilklagerücknahme waren die Ansprüche – soweit sie eine Datumsangabe enthielten – auf die Zeit nach dem 01.01.2009 zu beschränken.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Der Klägerin waren die Kosten in der Höhe aufzuerlegen wie die Zuvielforderung (Streitwert 1.000.000,00 €

statt 850.000,00 €) in den einzelnen Instanzen Mehrkosten verursacht hat. Diese Mehrkosten betragen in jeder Instanz 10 % der jeweils entstandenen Kosten. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711
Satz 1 ZPO. Bei der Bemessung der zu leistenden Sicherheit war der durch die teilweise verjährten Ansprüche verminderte Wert der Verurteilung zu berücksichtigen.

VI.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die in § 543 aufgestellten Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Die vorliegende Rechtssache wirft als reine Einzelfallentscheidung weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch solche auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgerichts bedürfen.

VII.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt bis zum 15.10.2014 970.000 EUR, denn der noch in erster Instanz streitgegenständliche Anspruch auf Urteilsveröffentlichung, der mit 3 % des Streitwerts zu bemessen war, war von vornherein nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Nach der Teilklagerücknahme beträgt der Streitwert des Berufungsverfahrens 850.000,00 €. Da die angegriffene Ausführungsform erst seit 2008 vertrieben wurde und der Schwerpunkt der geltend gemachten Ansprüche auch nach der Teilklagerücknahme auf dem Unterlassungsanspruch liegt, entfällt auf die zurückgenommenen Anträge ein Anteil von 15 % des ursprünglichen Streitwerts.