4a O 140/07 – Beratungsgespräch

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 606

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Oktober 2007, Az. 4a O 140/07

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.732,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Patentanwaltskanzlei in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Beklagte betreibt unter der Bezeichnung A Consult ein Beratungsunternehmen.
Am 28.12.2005 schloss der Beklagte mit der B-GmbH in Lauchstädt, vertreten durch den Geschäftsführer C, einen Beratungsvertrag. Die B-GmbH beabsichtigte, unter Beteiligung eines Herrn D eine Pyrolyse-Anlage zu entwickeln und zu errichten. Der Beklagte sollte für die B-GmbH unter anderem in den Patentangelegenheiten tätig werden und monatlich 5.000,00 EUR Beratungshonorar erhalten. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage B1 Bezug genommen.
Am 09.03.2006 suchte der Beklagte die Kanzlei der Klägerin auf und bat um eine Beratung wegen der Neuanmeldung eines Patents für einen Verbrennungsofen. Dabei übergab er eine Visitenkarte mit dem Schriftzug „A Consult – Vorname. A.“ Es folgte eine zweistündige Besprechung. Der Beklagte sah durch die Anmeldung eines Erfinders aus Ostdeutschland die Rechte Dritter beeinträchtigt und bat um die Klärung der vertrags- und patentrechtlichen Situation.
Am 01.06.2006 fand eine weitere etwa anderthalb Stunden andauernde Besprechung zwischen der Klägerin und dem Beklagten statt, in deren Verlauf der Beklagte weitere Unterlagen für die beabsichtigte Neuanmeldung überreichte. Für das Studium der Unterlagen wandte die Klägerin eine Stunde auf. Weiterhin führte die Rechtsanwältin Everschiedene Telefonate mit dem Beklagten, Herrn C und Herrn D und beriet diese im Hinblick auf de Inhaberschaft am Schutzrecht und deren Übertragung. Die Dauer der Telefonate betrug insgesamt zwei Stunden.
Schließlich wurde von der Klägerin ein Entwurf für die beabsichtigte Neuanmeldung erarbeitet, eine Namensrecherche durchgeführt und bestehende Rechte in den DE 103 06 xxx.7 und DE 203 14 xxx.5 ermittelt. Der Aufwand betrug zweieinhalb Stunden.
Mit Schreiben vom 02.11.2006 stellte die Klägerin dem Beklagten für ihre Tätigkeit einen Betrag von 2.731,80 EUR brutto in Rechnung. Die Abrechnung erfolgte auf der Grundlage von Stundenhonoraren, wobei die Tätigkeit von Dr. Zapf mit 280,00 EUR netto pro Stunde, die der Rechtsanwältin E mit 250,00 EUR netto und die von F mit 230,00 EUR netto in Ansatz gebracht wurde. Weiterhin wurden für Datenbankgebühren und –ausdrucke, Handykosten, Schreibgebühren und Porto 145,00 EUR netto berechnet. Wegen der Einzelheiten der Rechnung wird auf die Kopie derselben Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 12.11.2006 bat der Beklagte die Klägerin, die Rechnung auf die B-GmbH umzuschreiben, was von der Klägerin abgelehnt wurde. Sie forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 02.05.2007 auf, die Forderung bis zum 10.05.2007 auszugleichen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.732,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2007 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, bereits bei seinem ersten Besuch bei der Klägerin habe er den Hintergrund seines Besuches erläutert. Er habe erklärt, dass Herr D im Wesentlichen der Erfinder und Herr C der Investor für die Entwicklung der Anlage sei. Er habe die Termine bei der Klägerin ausschließlich im Interesse und im Auftrag der B-GmbH wahrgenommen. Persönlich habe er kein Interesse an der Anmeldung eines Patents gehabt. Dies habe er durch sein Verhalten im ersten Termin bei der Klägerin offenkundig gemacht.
Der Beklagte bestreitet die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Höhe des geltend gemachten Honorars.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.563,60 EUR aus §§ 675 Abs. 1, 611 Abs. 1 BGB.

1. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestand ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter über die Erbringung patentanwaltlicher Beratungsleistungen.

a) Der Beklagte beauftragte die Klägerin am 09.03.2006, ihn hinsichtlich einer beabsichtigen Neuanmeldung eines Patents für eine Pyrolyse-Anlage zu beraten. Der Vertrag kam durch die Bitte des Beklagten um Beratung und die unmittelbar erfolgte erste Besprechung durch schlüssiges Verhalten der beiden Parteien zustande.

b) Der Vertragsschluss wirkt nicht gemäß § 164 Abs. 1 S. 1 BGB für und gegen die B-GmbH. Vertragspartner der Klägerin wurde vielmehr der Beklagte selbst. Denn der Beklagte hat nicht dargelegt, dass er im Zeitpunkt der Beauftragung der Klägerin im Namen der B-GmbH handelte.
Der Wille, im fremden Namen zu handeln, kann sich aus einer ausdrücklichen Erklärung oder aus den Umständen ergeben, § 164 Abs. 1 S. 2 BGB. Eine ausdrückliche Erklärung hat der Beklagte nicht vorgetragen. Auch die vom Beklagten vorgetragenen Umstände der Beauftragung lassen nicht den Willen des Beklagten erkennen, im Namen der B-GmbH handeln zu wollen. Maßgeblich ist insofern, wie ein objektiver Dritter in der Position der Klägerin das Verhalten des Beklagten verstehen durfte.
Der Beklagte behauptet dazu, bei seinem ersten Besuch bei der Klägerin den Hintergrund seines Besuches erläutert zu haben. Er habe erklärt, dass Herr D der Erfinder sei und Herr C der Investor. Dies allein genügt nicht, einen nach außen erkennbaren Willen, im Namen eines Dritten handeln zu wollen, deutlich werden zu lassen. Das Interesse eines objektiven Dritten in der Position der Klägerin beim Abschluss eines Vertrages geht regelmäßig dahin, sich Klarheit über den Vertragspartner zu verschaffen. Der Umstand, dass Herr D der Erfinder und die B-GmbH oder Herr C der Investor ist, verschafft diese Klarheit nicht. Vielmehr war es aus Sicht der Klägerin ebenso möglich, dass der Beklagte selbst weiterer Beratung bedurfte und eigene Beratungsleistungen in Anspruch nehmen wollte, um die B besser beraten zu können. Selbst wenn die Beratung unmittelbar der B-GmbH zugute kommen sollte, sagt dies über die beabsichtigten Vertragsbeziehungen nichts aus. Denn es ist ebenso gut möglich, dass der Beklagte den Beratungsvertrag unmittelbar mit der Klägerin schließen wollte und die ihm entstandenen Kosten durch die von der B-GmbH geleisteten Beratungshonorare in Höhe von 5.000,00 EUR netto abgegolten werden sollten.
Soweit der Beklagte behauptet, er habe die Termine bei der Klägerin ausschließlich im Interesse und im Auftrag der B-GmbH wahrgenommen, ist auch dieser Vortrag unerheblich. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte diese Interessenlage für die Klägerin erkennbar nach außen deutlich machte. Vielmehr dürfte eine solche Interessenlage auch gar nicht bestanden haben. Denn aus der Präambel des Beratungsvertrages ergibt sich, den der Beklagte selbst in jahrelanger Vorarbeit und mit selbst durchgeführten Versuchsreihen ein Verfahren zur Pyrolyse von kohlenwasserstoffhaltigen Produkten entwickelt und zur Serienreife gebracht hatte. Dies spricht für ein starkes eigenes Interesse des Beklagten an den klägerischen Beratungsleistungen.

2. Der Vergütungsanspruch ist fällig gemäß § 614 BGB, denn die vom Beklagten beauftragten Beratungsleistungen wurden von der Klägerin unstreitig erbracht. Patentanwalt Zapf, der für die Klägerin tätige F und Rechtsanwältin E führten am 13.04.2006 und am 01.06.2006 zwei Besprechungen mit dem Beklagten und verschiedene Telefonate mit dem Beklagten, Herrn C und Herrn D hinsichtlich der beabsichtigten Patentanmeldung für eine Pyrolyse-Anlage. F arbeitete die übergebenen Unterlagen durch. Außerdem arbeitete er den Entwurf für die Neuanmeldung aus und führte eine Namensrecherche durch. Inhalt und Zeitaufwand für die erbrachten Beratungsleistungen hat der Beklagte nicht bestritten.

3. Für die Tätigkeit des Patentanwalts Zapf und ihrer Beschäftigen F und Rechtsanwältin E kann die Klägerin eine Vergütung von 2.210,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer verlangen. Die Parteien haben eine konkrete Vereinbarung über die Art der Vergütung – hier die Berechnung nach Zeitaufwand – und die Vergütungshöhe – hier den Stundensatz – nicht getroffen. Der Beklagte hat aber nicht in Abrede gestellt, dass im Rahmen des Mandatsverhältnisses beide Parteien von einer Abrechnung der klägerischen Leistungen nach Zeitaufwand ausgingen.

a) Da es eine gesetzliche Regelung über die Höhe der Gebühren von Patentanwälten nicht gibt, eine „Taxe“ im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB also nicht besteht, schuldet der Beklagte gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche, das heißt angemessene Vergütung. Dabei ist das Anwaltshonorar zunächst von der Klägerin zu bestimmen, § 316 BGB. Diese Bestimmung ist allerdings nur dann verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 BGB. Dabei hat die Klägerin die Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass die von ihr getroffene Vereinbarung „billig“ ist (BGH NJW 1992, 171, 174). Angesichts des Ermessensspielraums, den der Patentanwalt bei der Festsetzung seiner Vergütung gemäß § 316 BGB hat, kann eine in Rechnung gestellte Vergütung noch nicht deshalb als unbillig angesehen werden, weil sie die als angemessen berechnete Vergütung überhaupt überschreitet. Dem Patentanwalt steht vielmehr ein so genannter Toleranzbereich zur Verfügung, der besagt, dass der von ihm angesetzte Honorarbetrag nur dann unbillig ist, wenn er die angemessene Vergütung um mehr als 20 % überschreitet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.02.2001 – 2 U 10/98; LG Düsseldorf Mitt. 2006, 283). Findet eine geringere Überschreitung statt, so verbleibt es deshalb bei dem vom Patentanwalt festgesetzten Vergütungsbetrag. Wird der Toleranzbereich von 20 % überschritten, ist als Vergütung das als angemessen errechnete Honorar (ohne jeden Zuschlag) anzusetzen.
Welcher Stundensatz im Einzelfall angemessen ist, hängt neben der Schwierigkeit, dem Umfang und der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache auch von der Kostenstruktur der jeweiligen Anwaltskanzlei ab. Nach der Praxis der Patentanwaltskammer bieten die Stundensätze für Rechtsanwälte einen Anhaltspunkt. Für sie wird allgemein eine Bandbreite von 125,00 EUR bis 500,00 EUR angegeben (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Mader/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl.: § 4 Rn 86).

b) Diese Grundsätze sind im vorliegenden Fall auch hinsichtlich der von Rechtsanwältin E erbrachten Leistungen anwendbar. Diese Leistungen sind nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abzurechnen. Denn der Beklagte erteilte der Klägerin einen Auftrag zu einer patentanwaltlichen Beratung. Eine rechtsanwaltliche Beratung und damit eine Abrechnung nach dem RVG war nicht gewollt und nicht Gegenstand des Auftrags. Dementsprechend hat die für die Klägerin tätige Rechtsanwältin E mit der Beratung hinsichtlich der Patentinhaberschaft und ihrer Übertragung auch nur Leistungen erbracht, die üblicherweise mit einem patentanwaltlichem Mandat einhergehen und von Patentanwälten selbst erbracht werden und gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 1 Patentanwaltsordnung erbracht werden dürfen.

c) Im vorliegenden Fall ist mangels anderer Darlegungen von einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad der Sache auszugehen. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass es sich um einen technisch oder rechtlich schwierigen Fall handelte; ebenso wenig hat der Beklagte dargelegt, dass der Fall einfach gelagert war. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klägerin um eine kleinere Patentanwaltskanzlei mit zwei Patentanwälten, einen European Patent Attorney und einer Rechtsanwältin handelt, die aber ausweislich ihres Briefkopfes Standorte in Wuppertal, München, Bergisch Gladbach und Alicante unterhält. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer einen mittleren Stundensatz von 250,00 EUR für angemessen.
Die Klägerin hat für die zweistündige Besprechung am 13.04.2006 einen Stundensatz von 280,00 EUR in Ansatz gebracht. Dieser Betrag ist angemessen, da er innerhalb der Toleranzgrenze von 20 % liegt. Für die telefonische Beratung seitens der Rechtsanwältin E wurde der mittlere Stundensatz von 250,00 EUR abgerechnet. Soweit für den Mitarbeiter Mayerhofer ein Stundensatz von 230,00 EUR berechnet wurde, liegt dieser Betrag sogar unter dem für angemessen erachteten Stundensatz. Unter Berücksichtigung des in der Rechnung angegebenen Zeitaufwands von zwei Stunden für Patentanwalt Zapf, zwei Stunden für Rechtsanwältin E und insgesamt fünf Stunden für den Mitarbeiter Mayerhofer ergibt sich ein Betrag von 2.210,00 EUR zuzüglich 353,60 EUR Mehrwertsteuer.

II.
Weiterhin hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 145,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer aus §§ 611, 675 Abs. 1, 670 BGB. Zwischen den Parteien bestand ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter. Dementsprechend kann die Klägerin Ersatz ihrer Aufwendungen in Form von Datenbankgebühren und –ausdrucken, Mobilfunkkosten, Schreibgebühren und Porto verlangen. Dass diese Aufwendungen in Höhe von 145,00 EUR netto anfielen, wird vom Kläger nicht in Frage gestellt und ist im Übrigen hinsichtlich der von der Klägerin erbrachten Telefonate, Namensrecherche, Rechtsstandsermittlung und Korrespondenz auch nicht fernliegend. Die Auslagen betragen zuzüglich Mehrwertsteuer von 23,20 EUR insgesamt 168,20 EUR.

III.
Schließlich hat die Klägerin gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Zinsen gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte befand sich aufgrund der klägerischen Zahlungsaufforderung seit dem 11.05.2007 in Verzug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 2.732,80 EUR