4a O 165/06 – Antriebsscheibenaufzug IV

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 609

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Juni 2007, Az. 4a O 165/06

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patentes EP 1 112 xxx (Anlage K 1, deutsche Übersetzung Anlage K 2, nachfolgend Klagepatent). Der deutsche Teil des Klagepatentes wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 696 33 xxx geführt. Das Klagepatent, welches Schutz auch für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beansprucht, steht in Kraft und wurde am 12. Juni 1996 unter Inanspruchnahme einer finnischen Priorität vom 22. Juni 1995 angemeldet. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 4. Juli 2001, diejenige der Patenterteilung am 8. September 2004. Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes erhob die Beklagte am 25. Mai 2005 Einspruch, über den noch nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent betrifft einen Antriebsscheibenaufzug. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1, welcher der Fassung des 1. Hilfsantrages des Patentanspruches 1 im Einspruchsverfahren entspricht und eine teilweise Kombination des Patentanspruches 1 mit dem Unteranspruch 4 darstellt, hat folgenden Wortlaut:

„Treibscheibenaufzug, bei welchem die Antriebsmaschine (6, 106) mit der Treibscheibe (7, 107) in dem Aufzugschacht (15) angeordnet ist und die Hebeseile (3, 103) von der Treibscheibe (7, 107) nach oben laufen, wobei im horizontalen Querschnitt des Aufzugsschachtes die vertikalen Projektionen der Aufzugskabine (1, 101), des Gegengewichtes (2, 102) und der Treibscheibe (7, 107) der Antriebsmaschine voneinander getrennt sind, wobei das Gewicht der Aufzugskabine und des Gegengewichtes zumindest teilweise von wenigstens einer Führungsschiene getragen wird, und die Antriebsmaschine in der Richtung der Rotationsachse der Treibscheibe flach gebaut ist und/oder an einer Aufzugsschachtwand montiert ist und das Gegengewicht und die Hebemaschine (106) in dem Aufzugsschacht (15) an gegenüberliegenden Seiten einer Ebene angeordnet sind, die durch die Aufzugsführungsschienen (110) verläuft.“

Nachfolgend abgebildet sind die Figuren 1 und 2, welche aus der Klagepatentschrift stammen und der Erläuterung der Erfindung dienen. Figur 1 stellt eine Schemazeichnung eines erfindungsgemäßen Treibscheibenaufzuges dar, Figur 2 den Aufzug aus Figur 1 im Querschnitt des Aufzugsschachtes.

Die Beklagte stellt her, vertreibt und benutzt in Deutschland ein Aufzugssystem mit der Bezeichnung „D“, welches in Werbematerialen der Beklagten näher dargestellt ist. Bis März 2006 benutzte die Beklagte, die als Anlage K 6 vorgelegte Werbematerialie, auf deren Seite 5 die Ausgestaltung und Anordnung des angegriffenen Aufzugssystems schematisch wiedergegeben ist. In neueren Werbematerialien wird das angegriffene Aufzugssystem – wie nachfolgend wiedergegeben – schematisch gezeigt (vgl. Anlage B 2 Seite 5).

Danach ist die Antriebsmaschine im unteren Bereich des Aufzugssystems angeordnet. Auf dem Dach der Aufzugskabine ist ein „Metallstreifen“ angeschraubt, der in die vertikale Erstreckung der Treibscheibe hineinragt. Der Streifen dient, wie die Beklagte vorprozessual ausgeführt hat, der Verhinderung einer anderen Anordnung der Antriebsmaschine an anderer Stelle als am unteren Teil des Schachtes und signalisiere eine ordnungsgemäße Installation. Im Laufe des Rechtsstreits verwies die Beklagte darauf, dass der „Metallstreifen“ Bestandteil eines mobilen Seilprüfungssystems sei, mit dessen Hilfe eine automatische Prüfung der Tragseile auf Verschleiß oder sonstige Beschädigungen vorgenommen werden könne.

Die weitere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform kann den von den Parteien vorgelegten Photographien eines eingebauten Aufzugssystems sowie den vorgelegten schematischen Zeichnungen entnommen werden, worauf Bezug genommen wird.

Die Klägerin meint, dass das angegriffene Aufzugssystem von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen Gebrauch mache.

Sie beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Eur – ersatzweise Ordnungshaft – oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

Treibscheibenaufzüge in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei welchen die Antriebsmaschine mit der Treibscheibe in dem Aufzugsschacht angeordnet ist und die Hebeseile von der Treibscheibe nach oben laufen, wobei im horizontalen Querschnitt des Aufzugsschachtes die vertikalen Projektionen der Aufzugskabine, des Gegengewichts und der Treibscheibe der Antriebsmaschine voneinander getrennt sind, wobei das Gewicht der Aufzugskabine und des Gegengewichts zumindest teilweise von wenigstens einer Führungsschiene getragen wird, und die Antriebsmaschine in der Richtung der Rotationsachse der Treibscheibe flach gebaut ist und/oder an einer Aufzugsschachtwand montiert ist und wobei das Gegengewicht und die Hebemaschine in dem Aufzugsschacht an gegenüberliegenden Seiten einer Ebene angeordnet sind, die durch die Aufzugsführungsschienen verläuft;

2. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen zumindest hinsichtlich der Angaben (1) bis (3) Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 8. Oktober 2004 begangen haben,

und zwar unter Angabe

(1) der Herstellungsmengen und der Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,

(2) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

(3) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

(4) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmenge, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnung sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

(5) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

(6) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns – einschließlich der Kostenfaktoren und des Gewinns aus Wartungsverträgen für Gegenstände nach I.1. – wobei der Gewinn nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den unter I.1. fallenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die I.1. bezeichneten und seit dem 8. Oktober 2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

hilfsweise

der Klägerin zu gestatten, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Beklagten abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zur Erledigung des gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchsverfahrens auszusetzen.

Sie stellt eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede. Bei dem angegriffenen Aufzugssystem seien im horizontalen Querschnitt des Aufzugsschachtes die vertikalen Projektionen der Aufzugskabine, des Gegengewichtes und der Treibscheibe der Antriebsmaschine wegen des auf dem Dach der Aufzugskabine befindlichen Metallstreifens nicht voneinander getrennt. Wegen dieses Metallstreifens werde auch das erfindungsgemäße Ziel der Flexibilität der Anordnung der Aufzugsbestandteile nicht erreicht, da wegen des Blechstreifens eine Anordnung des Motors im oberen Schachtbereich nicht in Betracht komme. Auch sei die Antriebsmaschine in der Richtung der Rotationsachse der Treibscheibe nicht flach gebaut, da sie mehr Raum einnehme als die Treibscheibe. Die Antriebsmaschine selbst sei zwar teilweise an der Aufzugsschachtwand montiert, die Kraftableitung verlaufe aber über Führungsschienen.
Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadenersatzverpflichtung nicht zu, da die Beklagte den Gegenstand der Erfindung nach dem Klagepatent nicht benutzt.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft einen Antriebsscheibenaufzug. Zum Hintergrund der Erfindung führt das Klagepatent aus, dass eines der Ziele bei der Entwicklung von Aufzügen eine effiziente und ökonomische Nutzung des im Gebäude vorhandenen Platzes sei. Bei konventionellen Treibscheibenaufzügen beanspruche der Maschinenraum oder ein anderer Raum, der für die Aufnahme der Antriebsmaschine des Aufzugs vorgesehen sei, einen beträchtlichen Teil des für den Aufzug benötigten Raumes im Gebäude. Hierzu führt das Klagepatent weiter aus, dass das Problem nicht nur in der Größe des Platzes liege, der für die Antriebsmaschine erforderlich sei, sondern auch in dessen Anordnung. Es gebe viele unterschiedliche Lösungen, einen Maschinenraum anzuordnen, jedoch würden diese eine beträchtliche Beschränkung in dem Gebäudedesign zumindest im Hinblick auf die Platznutzung oder das Erscheinungsbild beinhalten. Zum Beispiel benötige ein seitlich angetriebener Aufzug mit einem unten angeordneten Maschinenraum einen Maschinenraum oder Maschinenplatz seitlich des Schachtes, in der Regel am untersten Stockwerk des Gebäudes. Als ein solcher besonderer Platz führe der Maschinenraum jedoch generell zur Erhöhung der Gebäudekosten.

Weiter wird ausgeführt, dass in jüngster Zeit eine Aufzuglösung präsentiert worden sei, basierend auf einer flachen Maschine mit einem scheibenförmigen Motor, der es erlaube, den Maschinenraum wegzulassen.

Ein Aufzug mit unten angeordneter Maschine ohne separaten Maschinenraum unter Verwendung eines scheibenförmigen Motors ist, worauf das Klagepatent Bezug nimmt, in der EP-A 0 631 968 (Anlage K 4, deutsche Übersetzung Anlage B 1) gezeigt, in welcher der Weg des Gegengewichtes über der Maschine liegt. Bei einer solchen Ausgestaltung addiert sich die minimale Schachthöhe aus der Summe der Höhe der Maschine und der Länge des Gegengewichtspfades zuzüglich der erforderlichen Sicherheitsabstände. Nachfolgend abgebildet ist die Figur 1 der Druckschrift. Hierin trägt das Gegengewicht das Bezugszeichen 2 und die Antriebsmaschineneinheit das Bezugszeichen 7. Der Gegengewichtspfad verläuft über der Antriebseinheit, welche sich im unteren Teil des Schachtes an den Gegengewichtspfad anschließt.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik hat es sich die Erfindung nach dem Klagepatent zur Aufgabe gemacht, einen Treibscheibenaufzug mit unten angeordneter Maschine und ohne Maschinenraum weiterzuentwickeln und einen zuverlässigen Aufzug zu schaffen, der vorteilhaft ist bezüglich seiner Wirtschaftlichkeit und Raumnutzung und bei dem unabhängig von der Höhe der benötigte Gebäuderaum für den Aufzug im Wesentlichen begrenzt ist auf den Aufzugschacht. Hierzu schlägt das Klagepatent in der vorliegend geltend gemachten Fassung des Patentanspruches 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Treibscheibenaufzug, bei welchem die Antriebsmaschine (6) mit der Treibscheibe (7) in dem Aufzugsschacht (15) angeordnet ist.

2. Die Hebeseile (3) laufen von der Treibscheibe (7) nach oben.

3. Im horizontalen Querschnitt des Aufzugsschachtes sind die vertikalen Projektionen der Aufzugskabine (1), des Gegengewichtes (2) und der Treibscheibe (7) der Antriebsmaschinen voneinander getrennt.

4. Das Gewicht der Aufzugskabine und des Gegengewichtes wird zumindest teilweise von mindestens einer Führungsschiene getragen.

5. Die Antriebsmaschine ist in der Richtung der Rotationsachse der Treibscheibe flach gebaut und/oder an einer Aufzugsschachtwand montiert.

6. Das Gegengewicht und die Hebemaschine sind in dem Aufzugsschacht an gegenüberliegenden Seiten einer Ebene angeordnet, die durch die Aufzugsführungsschienen verläuft.

II.
Das angegriffene Aufzugssystem macht von der so beschriebenen Lehre nach dem Klagepatent in dem geltend gemachten Umfang keinen Gebrauch. Jedenfalls eine Verwirklichung des zwischen den Parteien unter anderem in Streit stehenden Merkmals 5 liegt nicht vor. Denn das angegriffene Aufzugssystem ist weder flach gebaut (1. Alt.) noch an einer Aufzugsschachtwand im Sinne des Merkmals 5 montiert (2. Alt.).

1. „flach gebaut“
Was das Klagepatent konkret unter „flach gebaut“ versteht, wird im Patentanspruch 1 weder in seiner vorliegend geltend gemachten noch der erteilten Fassung eindeutig definiert. Nach dem konkreten Wortlaut des Merkmals ist hierunter die Flachheit in Richtung der Rotationsachse zu verstehen, womit die Erstreckung der Antriebsmaschine in Richtung der Rotationsachse hinter der sonstigen Erstreckung der Maschine im Raum gemeint ist. Entsprechend ist in der Beschreibung des Klagepatentes in Absatz 0013 davon die Rede:

„Weil sie in Richtung der Rotationsachse der Treibscheibe 7 flach ist, bietet die Maschine 6 eine Raumeinsparung im Querschnittslayout des Aufzugsschachtes, weil der Spalt zwischen der Kabine 1 und der Wand des Schachtes 15, der für eine derartige Maschine benötigt wird, nicht größer ist als der Raum, der für das Gegengewicht benötigt wird.“

Der genannten Textstelle, welche – wie der Kammer bewusst ist – die Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels darstellt, welche grundsätzlich den Schutzbereich eines Anspruchs nicht beschränkt (vgl. BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung), kann daher die Anweisung entnommen werden, dass es nicht auf die Dicke des Aufzugsbestandteiles Antriebsmotor ankommt, sondern auf den Raum, insbesondere denjenigen Raum, der im Vergleich für das Gegengewicht benötigt wird. Danach soll der Spalt zwischen der Aufzugskabine und der Wand des Schachtes, der für die Maschine benötigt wird, nicht größer sein als der Raum, der für das Gegengewicht benötigt wird. Die anspruchsgemäße Ausgestaltung, nämlich eine geringe Einbautiefe im Verhältnis zur Breite und/oder Höhe der Maschine, kann nach einem bevorzugten Ausführungsbeispiel zu einer derart großen Platzersparnis führen, dass die Maschine in dem Raum untergebracht werden kann, der für das Gegengewicht konstruktionstechnisch benötigt wird. Entsprechend werden in den Projektionszeichnungen der Figuren 2 und 4 erfindungsgemäße Ausgestaltungen gezeigt, bei denen die Antriebsmaschine in Verbindung mit der Treibscheibe (Bezugszeichen 6 und 7) den gleichen Raum einnimmt wie das Gegengewicht (Bezugszeichen 2).

Vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung des Klagepatentes, den aus dem Stand der Technik, insbesondere der EP-A 0 631 968 A2 bekannten Aufzug in Richtung Wirtschaftlichkeit und Raumnutzung weiterzuentwickeln und bei dem unabhängig von der Höhe der benötigte Gebäuderaum für den Aufzug im Wesentlichen auf den Aufzugsschacht begrenzt ist, sieht der Fachmann, dass eine Antriebsmaschine im Sinne des Merkmals 5 dann flach gebaut ist, wenn sie keines größeren Raumes als das Gegengewicht bedarf. Denn das Gegengewicht ist in dem Aufzugssystem bestehend aus Aufzugskabine, Antriebsmaschine und Gegengewicht das einzige Bauteil, welches als Maßstab für eine flache Bauweise der Antriebsmaschine in Richtung der Rotationsachse der Treibscheibe herangezogen werden kann. Entsprechend ist die Antriebsmaschine jedenfalls dann im Sinne des Merkmals 5 flach gebaut, wenn sie sich lediglich in den Raum erstreckt, der durch das Gegengewicht zur Verfügung gestellt wird. Dann wird das erfindungsgemäße Ziel der Wirtschaftlichkeit und besseren Raumnutzung des Aufzugssystems gewahrt.

Vorliegend haben die Parteien unterschiedliche Angaben zu den tatsächlichen Bemaßungen von Antriebsmotor, Treibscheibe und Gegengewicht des angegriffenen Aufzugssystems gemacht. Danach soll – nach den Angaben der Klägerin – das Gegengewicht zuzüglich Sicherheitstoleranzen entsprechend der Norm EN 81-1 einen Raum von 235 mm einnehmen, die Antriebsmaschine hingegen lediglich 226 mm. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, dass das angegriffene Aufzugssystem nicht den Vorgaben der Norm EN 81-1 entsprechen müsse, sondern vielmehr einer eigenen Baumusterprüfung unterzogen werde, so dass die von der Klägerin angesprochenen Sicherheitstoleranzen unzutreffend seien. Danach nehme das Gegengewicht des angegriffenen Aufzugssystems einen Raum von 190 mm zuzüglich 25 mm Sicherheitstoleranz, d.h. insgesamt 215 mm ein, während die Antriebsmaschine einen Raum von 260 mm beanspruche. Entsprechend nehme die Antriebsmaschine wesentlich mehr Raum als das Gegengewicht ein.

Diesem Vorbringen der Beklagten zu den Bemaßungen des angegriffenen Systems ist die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr entgegen getreten. Sie hat vielmehr geltend gemacht, dass es sich bei der größeren Raumbeanspruchung der Antriebsmaschine gegenüber dem Gegengewicht um eine unwesentliche Abweichung bzw. Vergrößerung der Raumnutzung handele. Diesem Einwand vermag die Kammer hingegen nicht zu folgen. Zwar mag eine Differenz von 45 mm bei Maschinen- bzw. Aufzugssystemen der vorliegenden Art nur ein Bruchteil der sonstigen Bemaßungen darstellen. Die Klägerin hat jedoch selbst nicht vorgetragen, und hierauf kommt es vorliegend nach den obigen Ausführungen zur Auslegung des Merkmals 5 an, dass die größere Raumerstreckung der Antriebsmaschine keine Vergrößerung des Aufzugsschachtes bedingt. Sie hat in diesem Zusammenhang lediglich ausgeführt, dass nicht der Antriebsmotor den Raum, der im Aufzugsschacht zur Verfügung stehe, bestimme, sondern vielmehr die Art der Tür der Aufzugskabine. So gebe bei der angegriffenen Ausführungsform die Teleskoptür, welche Bestandteil der Aufzugskabine sei, den Raum vor, der zur Verfügung stehe, wie der schematischen Querschnittszeichnung auf Seite 5 der Anlage B 2, welche im Tatbestand abgebildet ist und von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung in Vergrößerung vorgelegt wurde, entnommen werden könne. Daran sei zu erkennen – was zwischen den Parteien unstreitig ist -, dass die Teleskoptür den Raum bestimme, der für das Gegengewicht und die Antriebsmaschine zur Verfügung stehe, so dass es auf eine größere Raumerstreckung der Antriebsmaschine gegenüber dem Gegengewicht bei dem angegriffenen Aufzugssystem nicht ankomme.

Auf die Frage der Aufzugskabinentür und deren Raumerstreckung kommt es nach Auffassung der Kammer hingegen bei der Frage der Verwirklichung des Merkmals 5 nicht an. Denn maßgeblich für die Verwirklichung des Merkmals ist ein Vergleich des durch Auslegung zu bestimmenden Erfindungsgegenstandes mit der angegriffenen Ausführungsform. Dem Merkmal 5 bzw. dem Klagepatent kommt es jedoch bei der Frage, was unter einer „flach gebauten“ Antriebsmaschine in Richtung der Rotationsachse der Treibscheibe zu verstehen sei, nicht auf die Ausgestaltung der Tür der Aufzugskabine an; die konkrete Gestalt der Aufzugstür und deren Raumerstreckung findet weder in der Beschreibung der Lehre nach dem Klagepatent noch in den zeichnerischen Darstellungen der bevorzugten Ausführungsformen eine andeutungsweise Erwähnung. Das Klagepatent stellt dementsprechend lediglich, wie ausgeführt, auf den durch das Gegengewicht gebildeten Raum ab und hieran muss sich der Antriebsmotor ausrichten und nicht – wie die Klägerin meint – auf irgendeine andere, in dem Aufzugssystem vorhandene Baugruppe, hier die Aufzugskabine und das darin befindliche Türsystem.

Gegen diese Auslegung des Merkmals 5 1. Alt. sowie die fehlende Feststellung einer Verwirklichung durch das angegriffene Aufzugssystems spricht nicht, dass die Beklagte in ihren Werbematerialien selbst ihr Aufzugssystem wie folgt beschreibt: „auf minimale Abmessungen reduzierten Antrieb“, „enorm platzsparend“ (vgl. Anlage K 6/ B 2 Seite 5). Die Antriebseinheit selbst wird als die „weltweit flachste und kompakteste ihrer Art“ beschrieben (Seite 2 Anlage K 6 /B 2). Denn den Werbematerialien lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die genannten Aussagen in Bezug auf das Klagepatent, insbesondere dessen Auslegung zum Merkmal 5, erfolgt sind.

Eine Verwirklichung des Merkmals 5 1. Alt. kann daher nicht festgestellt werden.

2. „an einer Aufzugsschachtwand montiert“
Die Kammer vermag auf Grund des Vorbringens der Klägerin auch nicht die Feststellung zu treffen, dass das angegriffene Aufzugssystem die zweite Alternative des Merkmals 5 verwirklicht, wonach die Antriebsmaschine an einer Aufzugsschachtwand montiert ist.

Durch die Montage der Antriebsmaschine will das Klagepatent die erfindungsgemäß angestrebte bessere Raumnutzung erreichen. Denn durch die Befestigung der Antriebsmaschine an der Wand, wird eine herkömmliche Befestigung an einer Führungsschiene, mit der Folge einer massiveren Ausgestaltung der entsprechenden Führungsschiene, zumindest teilweise entbehrlich. Die der Befestigung dienende Führungsschiene nimmt dann weniger Raum ein und entsprechend mehr Raum steht für andere Aufzugsbestandteile bzw. für eine Aufzugsschachtverkleinerung zur Verfügung. Entsprechend heißt es in Abs. 0013 der Klagepatentschrift im Rahmen der Beschreibung der Figur 2, einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung:

„Relativ zum Gegengewicht ist die Maschine auf der gegenüberliegenden Seite der Ebene der Kabinenführungsschienen 10 im Schacht 15 angeordnet und an der Schachtwand oder dem Boden befestigt. Die Befestigung der Maschine an der Wand oder am Boden bietet den Vorteil, weil wenn die Maschine an der gleichen Führungsschiene wie die Umlenkrolle 4, 5 befestigt wäre, müsste die Führungsschiene stärker konzipiert werden.“

Eine Verwirklichung der 2. Alt. des Merkmals 5 durch die angegriffene Ausführungsform vermag die Kammer nicht festzustellen. Die in den Anlagen B 4 und B 5 gezeigten Photographien des angegriffenen Aufzugssystems lassen erkennen, dass die Antriebsmaschine mit ihrer Rückseite an der Schachtwand anliegt und dort befestigt ist. Nach der Anlage B 7 ist ferner im gezeigten seitlichen Profil zu sehen, dass die Rückseite der Antriebsmaschine eben ausgestaltet ist. Zu der Art der Befestigung der Antriebsmaschine hat die Beklagte vorgetragen, dass die Antriebsmaschine zwar teilweise an der Schachtwand montiert sei, aber die Kraftableitung über Führungsschienen verlaufe, wie der schematischen Zeichnung der Konstruktion nach Anlage B 7 entnommen werden könne. Eine solche Befestigung wolle das Klagepatent jedoch gerade vermeiden.

Nachdem die Klägerin gegen das Vorbringen der Beklagten, die Übertragung der Kräfte und des Gewichtes des Antriebsmotors erfolge über die Führungsschienen, keine konkreten Einwendungen erhoben, sondern lediglich geltend gemacht hat, dass jedenfalls die überwiegende Kraftübertragung über die Schachtwand erfolge, vermag die Kammer eine Verwirklichung des Teilmerkmals nicht festzustellen. Denn das Klagepatent will durch die Montage des Antriebsmotors an der Schachtwand gerade erreichen, dass die Führungsschienen, welche üblicherweise der Befestigung des Antriebsmotors dienten und entsprechend massiv ausgestaltet werden mussten, weniger massiv und raumausfüllend konzipiert werden können. Diesen Umstand, eine weniger massiv und raumausfüllende Ausgestaltung der Führungsschienen bei dem angegriffenen Aufzugssystem, vermag die Kammer hingegen nicht festzustellen. Denn auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass bei dem angegriffenen Auszugssystem die überwiegende Kraftübertragung über die Schachtwand auf Grund der teilweisen Montage des Antriebsmotors an der Schachtwand erfolgt, kann dem Vorbringen der Klägerin nicht entnommen werden, dass die konkrete Befestigung des Antriebsmotors bei der angegriffenen Ausführungsform zu einer verbesserten Raumnutzung, insbesondere einer weniger massiven Ausgestaltung der Führungsschienen geführt hat. Konkrete Tatsachen wurden hierzu nicht vorgetragen.

Eine Verwirklichung der 2. Alt. des Merkmals 5 kann daher nicht festgestellt werden.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO. Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO war der Klägerin mangels Vorbringens entsprechender Tatsachen sowie fehlender Glaubhaftmachung nicht einzuräumen.

Der Streitwert beträgt 4.000.000,- EUR.