2 U 108/10 – Fluidflusssimulation II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1961

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. November 2012, Az. 2 U 108/10

I.
Die Berufung gegen das Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 10.08.2010 wird zurückgewiesen mit der Klarstellung, dass die Klage hinsichtlich der Anträge zu II. 1. und 2. und der darauf rückbezogenen Anträge zu III. und IV. als unzulässig abgewiesen wird.

II.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Düsseldorf sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache verfassten europäischen Patents 0 968 XXX (Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 27.02.1998 unter Inanspruchnahme einer australischen Priorität vom 20.03.1997 und einer US-amerikanischen Priorität vom 17.09.1997 als internationale Anmeldung in englischer Sprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 01.10.1998, die der deutschen Übersetzung der Anmeldung am 05.04.2001. Die Patenterteilung wurde am 20.04.2005 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft. Ein von dritter Seite eingelegter Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Modellieren von Feststoffobjekten und zur Simulation von Flüssigkeitsströmung. Die streitgegenständlichen Ansprüche 1, 35 und 36 des Klagepatents lauten in der deutschen Übersetzung wie folgt:

1.
Ein computerimplementiertes Verfahren zum Erzeugen von Simulationen eines Fluidflusses in einem dreidimensionalen Objekt, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
Festlegen einer ersten und einer zweiten Oberfläche des Objekts, die einander allgemein gegenüberliegen,
Abstimmen von Paaren von Elementen der ersten und der zweiten Oberfläche, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann,
Festlegen eines Fluidinjektionspunkts und
Durchführen einer Flussanalyse, wodurch sich ergebende Flussfronten entlang der ersten und der zweiten Oberfläche synchronisiert werden.

35.
Ein Computerprogrammprodukt, das auf einem computerlesbaren Medium gespeichert ist, das ausgelegt ist, einen Computer zu veranlassen, die Schritte des Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 34 durchzuführen.

36.
Ein computerlesbares Medium, auf dem ein Programm aufgezeichnet ist, wobei das Programm darin besteht, einen Computer zu veranlassen, ein Verfahren auszuführen, das in einem der Ansprüche 1 bis 34 definiert ist.

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 7a und 7b der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung, was das Überziehen der Oberfläche mit einem Maschenwerk anbelangt, anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der Erfindung (Figur 7b), dem die Ansicht eines mittels herkömmlicher Modellierungstechniken hergestellten Maschenwerks (Figur 7a) gegenübergestellt wird:

Die nachfolgend eingeblendete Figur 14 des Klagepatents zeigt den Querschnitt einer Platte gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel, wobei sich eine Flussfront von links vorschiebt und auf der oberen Oberfläche ein wenig in Führung ist:

Die nachstehend wiedergegebene Figur 15 der Klagepatentschrift zeigt in einer Querschnittansicht für ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel die erfindungsgemäße Synchronisierung eines Flusses in einer gerippten Platte, wobei sich der Fluss aufteilt und auch eine vertikale Rippe füllt:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 1 385 XXY (im Folgenden „EP `XXY“ genannt, Anlage K 9; deutsche Übersetzung Anlage K 11), das unter anderem ein computerimplementiertes Verfahren zur Simulation eines Strömungsflusses in dünnwandigen dreidimensionalen Geometrien zum Gegenstand hat. Wegen des genauen Inhalts des Patents wird auf die Anlage K 11 Bezug genommen.

Die Beklagte vertreibt unter den Bezeichnungen „B“ und „C“ Software, mit der ein Strömungsfluss in dreidimensionalen Objekten simuliert werden kann. Letztere ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (angegriffene Ausführungsform). Die Visualisierung einer solchen Simulation mit der angegriffenen Ausführungsform ist nachstehend wiedergegeben.

Im Hinblick auf den Vertrieb der Software „C“ hat die Klägerin die Beklagte und ihren Geschäftsführer wegen Verletzung des Klagepatents vor dem Landgericht München I in Anspruch genommen. Die Klage wurde vom Landgericht München I durch Urteil vom 03.09.2008 (Anlage K 1) abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung wurde vom Oberlandesgericht München durch Urteil vom 23.12.2010 (Anlage BB 1) zurückgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg (vgl. Anlage B 28). Wegen der Einzelheiten der beiden vorgenannten Urteile wird auf die Anlagen K 1 und BB 1 Bezug genommen.

Die Klägerin hat eine Produktinformation der Beklagten (Anlage K 8) vorgelegt, nach der die angegriffene Ausführungsform entsprechend der im EP `XXY beschriebenen technischen Lehre arbeitet. Unter Berufung hierauf hat die Klägerin unter anderem vorgetragen, die angegriffene Ausführungsform liefere ein Oberflächenmaschenwerk eines dreidimensionalen Modells. Eine Simulation nach dem EP `XXY setze voraus, dass das zu simulierende dreidimensionale Objekt einander allgemein gegenüberliegende Oberflächen aufweise. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, deshalb mache die angegriffene Ausführungsform – auch – von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch. Da sich die angegriffene Ausführungsform der Hele-Shaw-Näherung bediene und diese nur auf dafür geeigneten Oberflächen, nämlich solchen, die einander gegenüber liegen, stattfinden könne, erfolge bei der angegriffenen Ausführungsform das Festlegen einer ersten und zweiten Oberfläche. Vorsorglich hat sich die Klägerin auf die Beweiserleichterung des § 139 Abs. 3 PatG berufen und in diesem Zusammenhang die Ansicht vertreten, das in einem Datensatz repräsentierte Simulationsergebnis sei ein Erzeugnis im Sinne dieser Norm. Jedenfalls, so hat die Klägerin gemeint, liege eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Patentverletzung vor, die einen Besichtigungsanspruch rechtfertige.

Die Beklagte hat im Hinblick auf das Münchener Verfahren den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit mit der Begründung erhoben, die angegriffene Ausführungsform sei eine Fortentwicklung der Softwareversion C 1.360a, deren wesentlicher Kern nicht verändert worden sei. Zudem hat sie eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt und hierzu unter anderem die Auffassung vertreten, die Organisation von Elementen in Form zweier gegenüberliegender Oberflächen sei etwas anderes als die Verbindung einzelner Punkte durch Stabelemente, wie sie unstreitig bei dem EP `XXY durchgeführt werde. Aus der Verwendung der Hele-Shaw-Näherung könne nicht auf das Festlegen einer ersten und einer zweiten Oberfläche geschlossen werden. Das folge schon aus dem Stand der Technik, in dem die Hele-Shaw-Näherung auch bei dem bekannten Mittelflächenmodell verwandt worden sei, welches nur über eine einzelne Fläche verfüge. Auch die Klagepatentbeschreibung zeige auf, dass die Hele-Shaw-Näherung nicht nur auf abgestimmten Flächen angewandt werde. Die nach dem Klagepatent notwendige, über den Einsatz der Hele-Shaw-Näherung hinausgehende gezielte automatische Auswahl der relevanten Oberflächen finde bei der angegriffenen Ausführungsform nicht statt. Ein neues Erzeugnis im Sinne von § 139 Abs. 3 PatG bringe die angegriffene Ausführungsform ebenfalls nicht hervor.

Das Landgericht hat die kumulativ auf Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht sowie Vorlage und Besichtigung des Quellcodes der angegriffenen Ausführungsform gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klage sei zwar zulässig, da eine anderweitige Rechtshängigkeit nicht gegeben sei. Der Streitgegenstand des Münchener Rechtsstreits decke sich nicht mit dem des vorliegenden Verfahrens. Die Klage sei aber unbegründet. Denn es könne nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch mache. Das Klagepatent erfordere, dass die Oberfläche des zu simulierenden Objekts in wenigstens zwei geometrische Abschnitte unterteilt werde und diese so gewählt würden, dass sie ihrerseits in einem bestimmten geometrischen Verhältnis zueinander stehen. Angesichts dieser konkreten Vorgabe genüge es weder, für einen dünnwandigen Körper ein Oberflächenmodell für die Simulation zur Verfügung zu stellen, noch reiche es aus, eine Verbindung zwischen zwei Oberflächenabschnitten zu schaffen. Die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent deshalb nicht. Sie mache unstreitig von der technischen Lehre des EP `XXY Gebrauch, das von einer einheitlichen Oberfläche ausgehe, die durch ein einheitliches Netz finiter Elemente beschrieben werde. Anhaltspunkte dafür, dass diese einheitliche Oberfläche in mehrere – wenigstens zwei – Teiloberflächen unterteilt werde, welche wiederum in einem bestimmten geometrischen Verhältnis zueinander stehen, gebe es nicht. Hierfür bestehe nach der Lehre des EP `XXY auch kein Bedürfnis, da danach die Knotenpunkte der Elemente der einheitlichen Oberfläche durch Stabelemente miteinander verbunden würden und sodann der Durchfluss des Fluids von einem Oberflächenelement in das andere und der Durchfluss durch die Stabelemente hindurch aus der Oberfläche hinaus und (durch das Innere des Objekts hindurch) wieder in die Oberfläche hinein simuliert werde. Angesichts der im Tatsächlichen unstreitigen Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform könne zum einen offen bleiben, ob die Beweislastumkehr des § 139 Abs. 3 PatG vorliegend eingreife, und fehle es zum anderen für den geltend gemachten Besichtigungsanspruch an der notwendigen hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Patentverletzung.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mittels derer sie ihr erstinstanzliches Begehren – nunmehr im Wege einer Stufenklage mit dem Besichtigungsantrag auf der ersten Stufe und den übrigen Anträgen auf der zweiten Stufe – in vollem Umfang weiter verfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe den Wortlaut des Klagepatentanspruchs 1 unter Verletzung höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgrund der Ausführungsbeispiele erheblich unter seinem Wortlaut ausgelegt. Da es dem Landgericht erkennbar an dem notwendigen technischen Sachverstand gemangelt habe, hätte es nur nach Einholung eines Sachverständigengutachtens entscheiden dürfen. Jedenfalls habe aber aufgrund des Umstandes, dass eine identische Übereinstimmung zwischen dem Leistungsergebnis der Erfindung und dem der angegriffenen Ausführungsform bestehe, eine den Besichtigungsanspruch rechtfertigende überwiegende Wahrscheinlichkeit der Klagepatentverletzung bestanden. Unstreitig liege der angegriffenen Ausführungsform eine Hele-Shaw-basierte Simulation zugrunde. Unstreitig erfolge hierbei eine Simulation entlang gegenüberliegender Oberflächen. Auch zeige die Figur 11 des EP `XXY sich synchron ausbreitende Flussfronten. Abschnitt [0046] des EP `XXY beschreibe nichts anderes als die Bestimmung zweier Oberflächen, wenn es dort heiße, dass „die zweiknötigen Elemente nur zwischen Knoten, die nah beieinander liegen, deren Winkel zur Flächennormalen in einem bestimmten Bereich liegen und deren Verbindungslinien innerhalb des Formteils liegen, gebildet“ werden. Der Begriff des „nahe beieinander Liegens“ entspreche dem des „allgemein gegenüber Liegens“ und der der „Verbindungslinie innerhalb des Formteils“ dem der „sinnvollen Dicke“. Die im Klagepatent offenbarte automatische Zuweisung von Dicken nicht abgestimmter Elemente entspreche der Bestimmung einer sinnvollen Vektorlänge in Abschnitt [0045] des EP `XXY.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 10.10.2010 abzuändern und im Wege der Stufenklage

auf der ersten Stufe

I. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Besichtigung des Quellcodes ihrer Software „C“ zu ermöglichen mit der Maßgabe, dass – im Interesse der Wahrung etwaiger Betriebsergebnisse der Beklagten, die bei der Begutachtung zutage treten könnten – Einsicht in diese Informationen zunächst nur dem Gericht, einem vom Gericht zu bestellenden und zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen, sowie den – auch gegenüber der Klägerin – zur Verschwiegenheit verpflichteten Prozessbevollmächtigen der Klägerin zur Verfügung gestellt wird, wobei die Beklagte für die Begutachtung

a) die Software und einen Datenträger mit dem vollständigen Quellcode ihrer Software „C“ zur Verfügung zu stellen haben,

b) die zum Quellcode ihrer Software „C“ gehörende Dokumentation, soweit sie zur Bestimmung der Programmstruktur notwendig ist, zur Verfügung stellen,

c) die entsprechende Benutzerkennung, Passwörter sowie sonstige, zum uneingeschränkten Zugang zum Quellcode gemäß a) notwendigen Codes unter Einräumung höchster Zugriffsprivilegien zur Verfügung stellen,

d) mitteilen, in welcher Programmiersprache der Quellcode ihrer Software „C“ erstellt wurde und welche Entwicklungsumgebung bei der Erstellung verwendet wurde,

wobei nach Durchführung der Begutachtung durch den Sachverständigen die Beklagten Gelegenheit erhalten, zu etwaigen Geheimhaltungsinteressen, die auf ihrer Seite bestehen, Stellung zu nehmen und der Senat erst danach entscheidet, ob der Klägerin bzw. in welchem Umfang der Klägerin die Begutachtung und die von der Beklagten zur Verfügung gestellte Dokumentation zur Kenntnis gebracht werden.

und auf der zweiten Stufe

II. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

1. ein computerimplementiertes Verfahren, das durch ein Programm mit der Handelsbezeichnung „C“ implementiert wird, zum Erzeugen von Simulationen eines Fluidflusses in einem dreidimensionalen Objekt zur Anwendung im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes anzubieten, welches folgende Schritte umfasst:

a) Bestimmen einer ersten und einer zweiten Oberfläche des Objekts, die einander allgemein gegenüber liegen;

b) Abstimmen von Paaren von Elementen der ersten und der zweiten Oberfläche, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann;

c) Festlegen eines Fluidinjektionspunktes;

d) Durchführen einer Flussanalyse, wodurch sich ergebende Flussfronten entlang der ersten und der zweiten Oberfläche synchronisiert sind;

2. ein Computerprogramm-Produkt in Form eines Programms mit der Handelsbezeichnung „C“, welches auf einem computerlesbaren Medium gespeichert ist und bei seiner Ausführung einen Computer dazu veranlasst, die Schritte des Verfahrens nach den Merkmalen 1. a) bis d) auszuführen,

im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

3. ein computerlesbares Medium, auf dem ein Programm mit der Handelsbezeichnung „C“ aufgezeichnet ist, wobei das Programm darin besteht, einen Computer zu veranlassen, die Schritte des Verfahrens nach den Merkmalen 1. a) bis d) auszuführen,

im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffern II. 1. bis 3. bezeichneten Handlungen seit dem 05.05.2001 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Stückzahlen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklage die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist;

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklage die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist;

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) sowie für die seit dem 20.05.2005 begangenen Handlungen unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) die entsprechenden Rechnungen in Kopie vorzulegen hat;

IV. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a) der Klägerin für die vorstehend unter Ziffern II. 1. bis 3. bezeichneten, in der Zeit vom 05.05.2001 bis zum 19.05.2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

b) der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der durch die Handlungen gemäß Ziffern II. 1. bis 3. seit dem 20.05.2005 entstanden ist und in Zukunft entstehen wird;

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen einschließlich der Rüge der anderweitigen Rechtshängigkeit.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

A.
Die Klage ist im Hinblick auf die mit den Klageanträgen zu II. 1. und 2. und den darauf rückbezogenen Klageanträgen zu III. a) bis c) und IV. geltend gemachten Klageansprüche unzulässig, im Übrigen zulässig. Allerdings ist es der Klägerin verwehrt, ihr Klagebegehren im Wege der Stufenklage geltend zu machen.

Die Prozessvoraussetzungen sind in jeder Lage des Verfahrens, mithin auch im Berufungsverfahren, von Amts wegen zu prüfen (BGH NJW 2008, 1227). Bei ihrem Fehlen ist die Klage (insoweit) als unzulässig abzuweisen. So liegt der Fall teilweise hier.

1.
Soweit die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren im Wege der Stufenklage im Sinne von § 254 ZPO geltend macht, ist dies unzulässig.

Nach der Rechtsprechung des BGH liegt die Besonderheit der Stufenklage nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die im Rahmen der Stufenklage verfolgte Auskunft ist lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht den Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH NJW 2000, 1645,1646; NJW 2002, 2952, 2953).

So liegt der Fall hier. Die von der Klägerin begehrte Besichtigung des Quellcodes der Software „C“ dient nicht dazu, einen etwaigen Leistungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu bestimmen. Dies wird bereits daraus ersichtlich, dass die weiteren Klageanträge hinreichend bestimmt sind im Sinne von § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO. Das gilt auch im Hinblick auf etwaige Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche, die die Klägerin mangels derzeitiger Bestimmbarkeit dem Grunde nach festgestellt wissen möchte. Denn zur Bezifferungen dieser Ansprüche soll die mit dem Klageantrag zu III. geltend gemachte Rechnungslegung dienen, nicht aber die Besichtigung des Quellcodes der Software „C“. Diese soll vielmehr helfen, Zweifel im Hinblick auf den Anspruchsgrund, also das Bestehen eines Anspruchs zu beseitigen. Die Klägerin will damit (Beweis-)Mittel in die Hand bekommen, die es ihr ermöglichen zu zeigen, ob ihr überhaupt Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Zahlung einer angemessenen Entschädigung und Schadensersatz dem Grunde nach zustehen. Für ein solches Rechtsschutzbegehren steht die Stufenklage nicht zur Verfügung.

2.
Der Umstand, dass im vorliegenden Fall eine Stufung der Klageanträge im Sinne von § 254 ZPO nicht in Betracht kommt, hat nicht notwendig zur Folge, dass die Klage insgesamt oder teilweise als unzulässig abgewiesen werden muss. Vielmehr kommt eine Umdeutung der unzulässigen Stufenklage in eine zulässige Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO in Betracht (vgl. BGH NJW 2000, 1645,1646; NJW 2002, 2952, 2953). Der Klägerin kann ein zumindest für ihr Rechtsschutzbegehren hinreichendes berechtigtes Interesse an der Besichtigung des Quellcodes nicht abgesprochen werden. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Besichtigung grundsätzlich dazu dienen soll aufzuklären, ob der Klägerin Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Entschädigungszahlung und Schadensersatz zustehen, die mit den weiteren Klageanträgen geltend gemacht werden. Selbst wenn die Klage in dieser Hinsicht abgewiesen wird, liefe eine Besichtigung, so sie denn zugesprochen wird, nicht ins Leere, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass noch weitere Ansprüche aus dem Patent bestehen. Im Hinblick auf die Umdeutung des Klagebegehrens ließe sich allenfalls überlegen, ob nicht der Wille der Klägerin jedenfalls dahin geht, die Klageanträge nicht kumulativ, sondern eventualiter geltend zu machen. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Klageanträge zu II. bis IV. können nicht als (unechte) Hilfsanträge aufgefasst werden. Zulässig sind solche Hilfsanträge, wenn sie unter einer innerprozessualen Bedingung stehen, das heißt, die Entscheidung über den Hilfsantrag vom Prozessablauf selbst abhängig ist (Zöller/Greger, ZPO 29. Aufl.: vor § 128 Rn 20). Denkbar wäre insofern, dass die Entscheidung über die Anträge zu II. bis IV. von der Bedingung abhängig ist, dass der geltend gemachte Besichtigungsanspruch zugesprochen wird. Mit einem solchen Procedere wäre der Klägerin aber nicht gedient, da mit der Besichtigung aufgeklärt werden soll, ob weitergehende Ansprüche aus dem Patent bestehen, mithin über die Klageanträge zu II. bis IV. allenfalls dann entschieden werden soll, wenn sogar das Besichtigungsergebnis feststeht. Dies stellt jedoch keine zulässige innerprozessuale Bedingung mehr dar. Ohnehin spricht für eine kumulative Klagehäufung im vorliegenden Fall, dass die Klägerin die Klageanträge ursprünglich in dieser Konstellation geltend gemacht hat und erst in der mündlichen Verhandlung das Begehren in eine – hier unzulässige – Stufenklage geändert hat. Ausdrücklich hat die Klägerin erstinstanzlich zur Begründung ihrer mit dem Besichtigungsantrag verbundenen Klageerweiterung darauf hingewiesen, dass zum Vorlage- und Besichtigungsanspruch parallel Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten.

3.
Die Klage ist im Hinblick auf die mit den Klageanträgen zu II. 1. und 2. und den darauf rückbezogenen Klageanträgen zu III. a) bis c) und IV. geltend gemachten Klageansprüche unzulässig, da ihr insoweit die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts München I vom 03.09.2008, Az. 21 O 1653X/XZ, (Anlage K 1) entgegensteht. Der Streitgegenstand des ausgeurteilten Rechtsstreits ist mit dem Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits identisch.

Dabei ist mit dem Landgericht nach ständiger Rechtsprechung vom zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff auszugehen, nach dem die Bestimmung des erhobenen Anspruchs unter Würdigung der gestellten Anträge und des zu ihrer Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalts zu erfolgen hat, wobei zur Auslegung der Urteilsformel, das heißt zur Klärung, wieweit über den erhobenen Anspruch entschieden worden ist, Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils heranzuziehen sind (BGH GRUR 2012, 485, 486 – Rohrreinigungsdüse II m.w.N.). Zuletzt hat der BGH in der Entscheidung „Rohrreinigungsdüse II“, die zur Zeit der Entscheidung des Landgerichts noch nicht ergangen war, klargestellt, dass der Streitgegenstand einer Patentverletzungsklage regelmäßig im Wesentlichen durch die üblicherweise als angegriffene Ausführungsform bezeichnete tatsächliche Ausgestaltung eines bestimmten Produkts im Hinblick auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs bestimmt werde. Die Identität des Klagegrunds werde (erst) aufgehoben, wenn dieser Kern des in der Klage ausgeführten Lebenssachverhalts durch neue Tatsachen verändert werde (BGH GRUR 2012, 485, 487 – Rohrreinigungsdüse II). Maßgeblich für den Streitgegenstand ist damit – kurz gesagt – nicht die konkret beanstandete Vorrichtung, sondern deren technische Ausgestaltung im Hinblick auf die Merkmale des als verletzt reklamierten Patentanspruchs.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Rechtsstreit vor dem Landgericht München I die Software mit der Bezeichnung „C“ in der Version 1.360a betraf und Anlass für den vorliegenden Rechtsstreit die Software „C“, die Version 7.5 der Software „C“, ist. Die für die Frage der Patentverletzung maßgebliche technische Ausgestaltung der beiden Software-Versionen ist identisch.

Zur Begründung der von ihr geltend gemachten Klageansprüche stützte sich die Klägerin vor dem LG München I und dem OLG München auf eine Beschreibung und ein Bedienerhandbuch der Software und auf mit der Software durchgeführte Flussanalysen einschließlich Anlagen zur Druck- und Temperaturverteilung (S. 8 der Anlage K 1 und S. 5 der Anlage BB 1). Diese geben für die technische Ausgestaltung der Software „C 1.360a“ jedoch nichts her. Das OLG München legte daher seiner Verletzungsprüfung das im Patent EP 1 385 XXY B1 der Beklagten beschriebene Verfahren zugrunde (S. 35 und 36 ff der Anlage BB 1). Zu diesem Patent hatte die Klägerin zwar ursprünglich die Auffassung vertreten, dieses beschreibe die Funktionsweise der angegriffenen Software nicht korrekt (S. 12 der Anlage K 1), und noch vor dem OLG München mit Nichtwissen bestritten, dass die Beklage nach ihrem Patent arbeite. Sie erklärte aber, auch (in EP 1 385 XYX) das dort beschriebene Verfahren falle unter Anspruch 1 des Klagepatents (S. 9 der Anlage BB 1). Ebenso führte das OLG München in den Entscheidungsgründen aus, die Klägerin habe bereits in der ersten Instanz ihren Einwand fallen gelassen, die Software der Beklagten – also C 1.360a – verwende eine andere Methodik als in der Patentanmeldung (bzw. dem Patent) der Beklagten dargestellt. Unabhängig vom Bestreiten mit Nichtwissen habe die Klägerin in einem weiteren Schriftsatz wiederum ausgeführt, dass das Vorbringen der Beklagten die geltend gemachte Patentverletzung trage (S. 35 der Anlage BB 1). Mit dem Vorbringen der Beklagten ist gemeint, dass die Software C in der Version 1.360a nach dem Patent der Beklagten arbeite (vgl. S. 20 der Anlage BB 1). Dies war für das OLG München Anlass, die Verletzungsprüfung anhand des Patents der Beklagten vorzunehmen (S. 35 und 36 ff der Anlage BB 1). Das Klagebegehren im Verfahren vor dem LG München I und OLG München war daher auf eine Software gerichtet, deren Funktionsweise im Hinblick auf die Merkmale der geltend gemachten Patentansprüche durch das im Patent der Beklagten beschriebene Verfahren bestimmt war.

Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin zur Begründung ihrer Klageansprüche vorgetragen, die Software „C“ arbeite nach dem EP ‘XXY der Beklagten. Dementsprechend hat es das Landgericht im Tatbestand seines Urteils – mit Bindungswirkung für den Senat – als unstreitig dargestellt, dass die angegriffene Software „C“ nach dem EP ‘XXY arbeitet (2. Absatz auf S. 5 des landgerichtlichen Urteils). Damit ist aber die angegriffene Ausführungsform des vorliegenden Rechtsstreits aufgrund ihrer durch das Patent der Beklagten gekennzeichneten technischen Ausgestaltung mit der angegriffenen Ausführungsform im Rechtsstreit vor dem LG München I und OLG München identisch, auch wenn es sich um verschiedene Versionen der Software handelt. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass dieser Kern des Lebenssachverhalts durch neue Tatsachen verändert ist. Das diesbezügliche Bestreiten der Klägerin, dass beiden Software-Versionen die gleichen Berechnungsalgorithmen zugrundelägen, greift insofern zu kurz.

Soweit die Klägerin unter Berufung auf die Anlage K 10 einwendet, C beinhalte neue Darstellungsmöglichkeiten, ist nicht erkennbar, inwiefern dieser Umstand über die bloße Visualisierung des patentgemäßen Verfahrens und seiner Ergebnisse hinaus zu irgendwelchen merkmalsrelevanten Abweichungen im Hinblick auf das patentgeschützte Verfahren selbst führt. Vielmehr hat die Beklagte vorgetragen, die Darstellung in Anlage K 10 sei durch ein Zusatzmodul „C D“ erstellt worden. Es handele sich um Zubehör zur eigentlichen Software, das keine Berechnungen erstellen könne. Der Einwand der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, im Münchener Verfahren sei das Ob und Wie der Röhrchen unklar gewesen und erst hier durch die Anlage K 10 geklärt worden, führt zu keiner anderen Bewertung. Die Anlage K 10 lag dem Landgericht München I in Form der Anlagen B 25 und B 26 vor. Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass die Darstellungen in diesen Anlagen nichts anderes als eine Visualisierung einer Simulation nach dem Verfahrens des EP ‘XXY sind, insbesondere die in der Anlage B 25 dargestellten Stabelemente mit den im EP ‘XXY genannten Stabelementen identisch sind. Unbehelflich ist auch der Verweis auf den Prospekt zu C (Anlage K 14), nach dem die angegriffene Software neue Funktionsmerkmale wie virtuelle Kanäle und neue Optimierungswerkzeuge für die Qualität der Vermaschung aufweise. Diese Funktionen betreffen nicht die grundlegende Wirkungsweise der Software, die auch nach dem Vortrag der Klägerin nach wie vor in dem Patent der Beklagten beschrieben ist. Die Beklagte hat dazu unbestritten vorgetragen, dass es sich bei den virtuellen Kanälen um einen Angussassistenten für die Simulation des Anguss- oder Zuleitungssystems handele, der aber nichts mit dem Verfahren nach dem Klagepatent zu tun habe. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die virtuellen Kanäle mit den Stabelementen des EP ‘XXY identisch seien. Ihr Hinweis in der mündlichen Verhandlung, die virtuellen Kanäle hätten Auswirkungen auf die im Unteranspruch 13 genannten Injektionspunkte, ist unbeachtlich, weil der Unteranspruch 13 nicht geltend gemacht wird. Was die Optimierungswerkzeuge angeht, wird bereits begrifflich deutlich, dass es lediglich um eine Verbesserung geht, die aber die eigentliche Vermaschung nicht in Frage stellt. Dies wird auch von der Klägerin nicht behauptet. In der Verletzungsdiskussion der Parteien ist dieses Optimierungswerkzeug daher auch völlig irrelevant.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz der Klägerin vom 09.10.2012. Sie bestreitet auch jetzt nicht, dass es sich bei den virtuellen Kanälen nicht um die im EP ‘XXY genannten Stabelemente handelt, sondern um einen Angussassistenten für die Simulation des Anguss- und Zuleitungssystems. Inwiefern die virtuellen Kanäle merkmalsrelevante Auswirkungen auf das patentgemäße Verfahren zeitigen sollen, ist nicht dargelegt. Daher handelt es sich auch nicht um eine doppeltrelevante Tatsache. Soweit die Klägerin meint, die exakte Funktionsweise der virtuellen Kanäle könne erst nach Erfüllung des Auskunftsanspruchs geklärt werden, betrifft dies den Klageantrag zu I., dessen Zulässigkeit vorliegend nicht in Frage steht. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt.

Unbeachtlich ist auch, dass die Software „C“ in der Version 7.5 im Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem LG München I noch nicht existierte, geschweige denn der Klägerin bekannt war. Denn eine Verurteilung zur Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz erfasst auch solche Handlungen, die über den Schluss der mündlichen Verhandlung hinaus in Fortführung der bereits begangenen, mit der Klage als patentverletzend angegriffenen Handlungen begangen werden (BGH GRUR 2004, 755 – Taxameter). Das ist bei einer Software, die in der für die Beurteilung der Patentverletzung maßgeblichen Funktionsweise mit der im Zeitpunkt der Klageerhebung auf dem Markt befindlichen früheren Version der Software identisch ist, der Fall.

Dass mit den Klageanträgen zu II. 1. und 2. und den darauf rückbezogenen Klageanträge zu III. a) bis c) und IV. im vorliegenden Fall trotz ihres abweichenden Wortlauts ein umfassenderes Klagebegehren als zuletzt vor dem OLG München mit den Klageanträgen zu 1. bis 5. zur Entscheidung gestellt werden sollte, stellt auch die Klägerin zu Recht nicht in Abrede. Denn maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens ist nicht allein der Wortlaut des Klageantrags; dieser ist vielmehr unter Berücksichtigung des zu seiner Begründung Vorgetragenen auszulegen (BGH GRUR 2012, 485, 488 – Rohrreinigungsdüse II). Insofern ist mangels abweichender Anhaltspunkte anzunehmen, dass die Klägerin Ansprüche nur wegen solcher Handlungen der Beklagten geltend machen will, die sich auf die Ausführungsform beziehen, für die die Klägerin vorträgt. Das ist vorliegend die Software in der durch das Patent der Beklagten bestimmten Funktionsweise.

4.
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Das gilt sowohl für die auf den Klagepatentanspruch 36 bezogenen Klageanträge und den Klageantrag zu III. lit. d) im vollen Umfang, als auch für den Klageantrag zu I. Der Klagepatentanspruch 36 stand im Verfahren vor dem LG München I nicht zur Entscheidung. Ob er sich in der Sache auf denselben Gegenstand wie der Klagepatentanspruch 35 bezieht, ergibt sich erst durch die der Begründetheit der Klage vorbehaltene Auslegung des Klagepatentanspruchs. Was den Klageantrag zu I. betrifft, ist dieser auf eine Besichtigung der Software „C“ gerichtet, während in dem Rechtsstreit vor dem LG München die Besichtigung der Software „C“ Version 1.360a begehrt wurde. Die rechtliche Grundlage, auf der die Besichtigung angestrebt wird, ist § 140c PatG. Klagegrund ist damit der die Wahrscheinlichkeit einer Schutzrechtsverletzung begründende Sachverhalt. Dieser unterscheidet sich im vorliegenden Verfahren von dem des Münchener Rechtsstreits, da Gegenstand der Besichtigung verschiedene Software-Versionen sind, die ausgehend von § 140c PatG in den für eine Patentverletzung entscheidenden Merkmalen tatsächlich unterschiedlich ausgestaltet sein können. Dies soll erst durch die angestrebte Besichtigung aufgeklärt werden.

Im Übrigen wird für die Zulässigkeit der Klage auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

B.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet.

1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht, Auskunft und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 Gebrauch macht. Damit ist auch eine Benutzung der mit dem Klagepatentansprüchen 35 und 36 in Kombination mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützten technischen Lehre nicht gegeben.

a)
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Modellieren von Feststoffobjekten, insbesondere zur Verwendung bei der Simulierung eines Fluidflusses. Es dient unter anderem dazu, zum Beispiel beim Spritzgießen verwandte Prototypen vor der Herstellung zu simulieren. Durch eine solche Simulation können vorgeschlagene Gestalten, Injektionspunkte und damit die abschließende Qualität des letztendlichen Artikels analysiert werden. Durch sie können optimale Torstellen und Verarbeitungsbedingungen ermittelt sowie die Positionen von Schweißlinien und Lufteinschlüssen vorausgesagt werden. Können so Probleme erkannt und Lösungen getestet werden, erspart das Kosten und der Produktion vorangehende Vorlaufzeit.

In der Klagepatentschrift wird ausgeführt, dass der Fluss von geschmolzener Masse in einer Spritzgussform durch die bekannten Erhaltungssätze in der Strömungsmechanik bestimmt werde. Die Lösung dieser Gleichungen in ihrer ganzen Allgemeinheit stelle jedoch mehrere praktische Probleme dar. Aufgrund der charakteristisch dünnen Wände von gegossenen Komponenten sei es aber möglich, sinnvolle Annahmen zur Vereinfachung der maßgeblichen Gleichungen zu treffen. Diese vereinfachten Gleichungen beschrieben den sogenannten Hele-Shaw-Fluss und könnten unter Verwendung einer geeigneten numerischen Technik wie z.B. des Finite-Elemente- und/oder des Finite-Differenz-Verfahrens ohne weiteres in komplexen Geometrien gelöst werden (Abs. [0005]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage K 4). Diese Simulationstechnik war, so die Klagepatentschrift, bereits im Stand der Technik bekannt (Abs. [0003]).

Wünschenswert sei es, die Spritzgusssimulation beim Entwurf von Kunststoffteilen routinemäßig einzusetzen mit Hilfe der CAD- oder CAE-Technologie, die beim Modellieren von Oberflächen und Feststoffen Verwendung finde. Werde die Hele-Shaw-Annäherung im Rahmen einer Kunststoff-CAE-Analyse verwendet, sei im Stand der Technik die Verwendung eines Oberflächenmodells in Form der Mittelebene der echten Komponente erforderlich. Diese Mittelebene werde anschließend mit drei- oder viereckigen Elementen vermascht, denen geeignete Dicken zugeschrieben würden. Die Herstellung eines solchen Maschennetzwerks sei zeit- und arbeitsintensiv, was das Klagepatent als nachteilig ansieht (Abschnitt [0006]).

Werde auf die Verwendung der Hele-Shaw-Gleichungen verzichtet, müsse man – so die Klagepatentschrift – die maßgeblichen Gleichungen in ihrer Allgemeinheit lösen, was im Stand der Technik (Abschnitt [0012] f) ebenfalls möglich sei, aber nur durch den Einsatz in der Anschaffung und im Unterhalt teurer Supercomputer zu bewerkstelligen sei, was das Klagepatent ebenfalls als nachteilig erachtet (Abschnitt [0014]).

Das Klagepatent hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, ein Verfahren zur Simulation eines Flusses in einem dreidimensionalen Objekt zu liefern, das Simulationen im Wesentlichen automatisch erzeugen kann, ohne dass die Lösung der maßgeblichen Gleichungen in ihrer ganzen Allgemeinheit erforderlich ist (Abschnitt [0015]).

Demgemäß sieht das Klagepatent in seinem Hauptanspruch die Kombination folgender Merkmale vor:

Computerimplementiertes Verfahren zum Erzeugen von Simulationen eines Fluidflusses in einem dreidimensionalen Objekt, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
a) Festlegen einer ersten und einer zweiten Oberfläche des dreidimensionalen Objekts, welche einander allgemein gegenüber liegen;
b) Abstimmen von Paaren von Elementen der ersten und zweiten Oberfläche, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann;
c) Festlegen eines Fluidinjektionspunktes;
d) Durchführen einer Flussanalyse, wodurch sich ergebend Flussfronten entlang der ersten und zweiten Oberfläche synchronisiert sind.

In der Klagepatentschrift wird zu dieser Lösung ausgeführt, dass das Verfahren nach dem Klagepatent, statt wie im Stand der Technik eine einzelne Mittelebene-Darstellung des Objekts, in dem ein Fluss modelliert werden solle, für eine Simulation zu verwenden, lediglich die Außenoberflächen verwende, durch die das dreidimensionale Objekt definiert werde, um einen Rechenbereich zu erzeugen (Abs. [0028]). Es werde quasi ein Außenhautmaschenwerk verwendet. Auf der Basis der Fähigkeit, eine Dicke zwischen solchen Elementen zu identifizieren, würden Elemente der zwei Oberflächen abgestimmt. Dann werde im Wesentlichen auf herkömmliche Weise – beispielsweise mittels der Hele-Shaw-Gleichungen – eine Flussanalyse in den zu simulierenden Bereichen durchgeführt, jedoch verbunden, um eine Übereinstimmung mit der modellierten physikalischen Realität zu gewährleisten (Abs. [0029]). Insbesondere könnten bei der Verwendung eines CAD-Systems Veränderungen der Teilegeometrie im CAD-System vorgenommen werden und das überarbeitete Modell einer weiteren Analyse unterzogen werden, ohne dass der Entwerfer bei jeder Änderung eines Modells allein zum Zweck einer Analyse ein neues Modell erzeugen müsse (Abs. [0118]).

b)
In dem ersten Schritt des patentgemäßen Verfahrens werden eine erste und eine zweite Oberfläche des dreidimensionalen Objekts, in dem die Simulation des Fluidflusses erzeugt werden soll, festgelegt. Der Klagepatentanspruch enthält keine Einschränkung hinsichtlich der Form des zu analysierenden Objekts. Dieses kann von vielerlei Gestalt sein und verschiedene Oberflächen aufweisen. Der Anspruchswortlaut weist daher mit dem Begriff „festlegen“ – in der maßgeblichen englischen Fassung des Klagepatents „E“ (Anlage K 3) – darauf hin, dass aus der Gesamtoberfläche des dreidimensionalen Objekts mindestens zwei Oberflächen beziehungsweise Oberflächenabschnitte unterscheidbar ausgewählt werden. Bereits begrifflich begnügt sich daher das patentgemäße Verfahren in seinem ersten Verfahrensschritt nicht einfach damit, ein dreidimensionales Objekt mit den entsprechenden Oberflächen zur Verfügung zu stellen, sondern verlangt einen Verarbeitungsschritt, mit dem eine Auswahlentscheidung getroffen wird, die mindestens zwei Oberflächen des Objekts unterscheidbar definiert.

Dafür spricht auch, dass als Ergebnis des ersten Verfahrensschritts nicht beliebige Oberflächen des Objekts festgelegt sein sollen, sondern der Klagepatentanspruch die Anweisung enthält, dass die beiden Oberflächen einander allgemein gegenüber liegen müssen. Das Klagepatent definiert diese Eigenschaft dahingehend, dass die Oberflächen parallel oder einander zugeneigt sein können, sich in einem spitzen Winkel oder auf andere Weise treffen können und nicht planar sein müssen, vorausgesetzt, dass dem Raum zwischen den Oberflächen eine sinnvolle Dicke oder sinnvolle Dicken zugewiesen werden können (Abs. [0018]; vgl. auch Abs. [0103]). Dafür genügt es nicht, wenn, da es sich um ein computerimplementiertes Verfahren handelt, einfach Daten über die Oberflächen des zu analysierenden Objekts bereitgestellt sind. Vielmehr müssen diese in einem ersten Verfahrensschritt dergestalt verarbeitet werden, dass zwei Oberflächen ausgewählt werden, die den im Klagepatentanspruch aufgestellten geometrischen Anforderungen genügen und für die weiteren Verfahrensschritte b) bis d) zur Verfügung stehen. Dies meint das Klagepatent, wenn es heißt, dass das erfindungsgemäße Verfahren die Außenoberflächen, die das dreidimensionale Objekt definieren, verwende, um einen Rechenbereich zu erzeugen (Abs. [0028]).

Dabei erschöpft sich der erste Verfahrensschritt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht allein in der Bestimmung der Dickenrichtung des zu simulierenden Objekts. Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass die Auswahl von Oberflächen, zwischen denen eine sinnvolle Dicke besteht, vor dem Hintergrund erfolgt, durch die Simulation möglichst realitätsnahe Ergebnisse für den Fluidfluss zu erhalten, da bei einer geringen Dicke die Flussgleichungen vereinfacht und auf die Ebene reduziert werden können, vor allem wenn die Hele-Shaw-Näherung verwendet wird. Ein Maß für die sinnvolle Dicke gibt der Klagepatentanspruch zwar ebenso wenig vor wie die Verwendung der Hele-Shaw-Näherung für die Durchführung der Simulation. Der Fachmann erkennt jedoch, dass realitätsnahe Ergebnisse vor allem dann zu erwarten sind, wenn ein dünnwandiges Objekt verwendet wird und die Oberflächen ausgewählt werden, zwischen denen die geringste Dicke besteht, weil dann die Reduktion des volumetrischen Modells auf ein flächenbezogenes Modell die geringsten Auswirkungen auf das Näherungsergebnis hat. Der Klagepatentanspruch ist zwar nicht auf dünnwandige Objekte beschränkt. Von einer sinnvollen Dicke kann aber nur dann die Rede sein, wenn von einem Objekt mit mehreren Paaren von sich gegenüberliegenden Oberflächen die mit der geringsten Dicke ausgewählt werden, wie dies beispielsweise auch aus den Figuren 8 bis 10 und der zugehörigen Beschreibung (Abs. [0103] bis [0104]) hervorgeht. Andernfalls wäre die Bestimmung der Oberflächen beliebig und der Verweis auf die sinnvolle Dicke bedeutungslos. Dies impliziert neben der Bestimmung der Dickenrichtung aber auch eine Auswahl der Oberflächen dergestalt, dass aus den verschiedenen Oberflächen das Paar ausgesucht wird, dem eine sinnvolle Dicke zugeordnet werden kann. Genau diese Auswahl stellt mit dem nachfolgenden Verfahrensschritt das Gruppieren und Klassifizieren dar, von dem in der Beschreibung des Klagepatents die Rede ist (Abs. [0102] a.E. und [0104]), selbst wenn der Klagepatentanspruch den weiteren Umgang mit nicht-abgestimmten Flächen und Kanten offen lässt. Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 09.02.2009 (Anlage K 5). Dort heißt es, „um zu bestimmen“ [„for determining“], ob eine erste und zweite Oberfläche allgemein gegenüberliegen, werde lediglich die Beurteilung verlangt, ob den Oberflächen eine sinnvolle Dicke zugewiesen werden könne (Ziff. 3.6.2 der Anlage K 5a). Diese Aussage bezieht sich allein auf die Geometrie der beiden Oberflächen (vgl. Ziff. 3.6.2 der Anlage K 5a). Nach der Lehre des Klagepatentanspruchs muss hinzukommen, dass von den verschiedenen Oberflächen des Objekts eine erste und eine zweite festgelegt – im Sinne von ausgewählt – werden, die diese Geometrie aufweisen.

Denn nach der Auswahl der zwei Oberflächen werden in einem zweiten Schritt zusätzlich Paare von Elementen der ersten und zweiten Oberfläche abgestimmt, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann. Dies setzt aber voraus, dass zuvor in einem ersten Verfahrensschritt zwei Oberflächen unterscheidbar definiert wurden, denen die Elemente entsprechend den Anforderungen des Klagepatentanspruchs zugeordnet werden können. Entlang der beiden Oberflächen soll dann in einem letzten Verfahrensschritt mit Hilfe der abgestimmten Elemente die Flussanalyse mit synchronisierten Flussfronten durchgeführt werden.

Die Festlegung von zwei Oberflächen im Sinne des Merkmals a) dient dazu, dass bei einer Simulation die physikalische Realität annäherungsweise korrekt abgebildet werden kann. Das erfindungsgemäße Verfahren geht für die Simulation des Fluidflusses anders als einzelne im Stand der Technik bekannte Verfahren (vgl. Abs. [0012] bis [0014]) nicht vom Volumen des zu analysierenden Objekts aus, sondern von dessen Oberfläche. Im Unterschied zu der Mittelebenen-Darstellung des Objekts (Abs. [0006] bis [0007]) greift die technische Lehre des Klagepatents jedoch auf die Außenoberfläche des Objekts zurück (Merkmal a)). Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass eine Simulation, die herkömmlich wie beim Mittelebenen-Modell durchgeführt wird, jedoch statt der Mittelebene die Außenoberfläche verwendet, nicht mehr mit der physikalischen Realität übereinstimmt (Abs. [0028]), weil die Außenoberfläche regelmäßig größer als die Mittelebene ist. In der Simulation äußert sich das derart, dass das Material über eine obere Oberfläche zur Außenkante, über die Kante hinweg und anschließend unter die obere Oberfläche fließt (Abs. [0102]). Dies löst das Klagepatent dadurch, dass zum einen der Injektionspunkt alle Oberflächen, von denen in der Simulation ein Fluss ausgeht, verbindet und zum anderen die Flussfront entlang der ersten und zweiten Oberfläche synchronisiert werden (Abs. [0028] und [0102]). Die Unterscheidung einer ersten und einer zweiten Oberfläche, die einander allgemein gegenüberliegen, hat daher die Funktion, die für die Simulation erforderlichen finiten Elemente eindeutig der einen oder anderen Oberfläche zuordnen und dann die Flussfronten entlang der ersten und zweiten Oberfläche synchronisieren zu können (Merkmale b) und d)), um die physikalische Realität korrekt abzubilden. Die bloße Bestimmung der Dickenrichtung eines dreidimensionalen Objekts genügt dafür nicht.

c)
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 keinen Gebrauch, da sie das Merkmal a) nicht verwirklicht. Damit wird auch die Lehre der Klagepatentansprüche 35 und 36 nicht verwirklicht.

aa)
Auf der Grundlage des EP ‘XXY der Beklagten hinsichtlich dessen beide Parteien (die Klägerin mangels konkreter anders lautender Kenntnisse von der angegriffenen Ausführungsform) übereinstimmend ausgehen, dass von seiner technischen Lehre die streitgegenständliche Software „C“ Gebrauch macht, kann eine Verwirklichung der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 nicht festgestellt werden.

Nach dem im Hauptanspruch 1 des EP ‘XXY beschriebenen Verfahren wird zur Simulation eines Strömungsflusses in dünnwandigen dreidimensionalen Geometrien zunächst eine äußere Haut oder eine volumetrische Geometriebeschreibung eingegeben, auf deren Oberfläche anschließend ein Finite-Elemente-Netz generiert wird. Zur Gewinnung einer numerischen Information der lokalen Formteildicke wird dann eine erste Dicke durch Messung der Länge des Vektors ermittelt, der von dem Schwerpunkt jedes Polygons normal zur Elementebene in das Innere des Teils verläuft, bis er dieses Teil verlässt. Weiterhin wird innerhalb des Oberflächennetzes ein Fachwerk von internen Stabelementen generiert, die von Knoten zu Knoten der Polygone durch das Innere des Teils innerhalb eines sinnvollen kleinen Abstandes von der Normalenrichtung verlaufen. Nach der Festlegung der Injektionspunkte auf den Polygonen, der Prozessparameter und der Prozessbedingung wird dann eine Strömungssimulation durchgeführt, bei der das generierte Netz und die internen Stabelemente verwendet werden.

Diesem Verfahren lässt sich nicht entnehmen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine erste und eine zweite Oberfläche des dreidimensionalen Formteils im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs festgelegt werden. Vielmehr geht das EP ‘XXY undifferenziert von der gesamten Oberfläche des Formteils aus, auf der das Finite-Elemente-Netz generiert wird. Eine Zuordnung von Elementen zu einer ersten oder zweiten Oberfläche erfolgt insofern nicht. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass auch die Gewinnung einer numerischen Information über die Formteildicke keinen Hinweis auf die Bestimmung von zwei Oberflächen im Sinne des Klagepatents gibt, da es sich lediglich um die lokale Formteildicke handelt, die jeweils ausgehend vom einzelnen Polygon – dieses entspricht dem einzelnen Element der Oberfläche – ermittelt wird (vgl. auch Abs. [0045] der Anlage K 11). Dies setzt nicht zwingend voraus, dass zuvor Oberflächen festgelegt wurden, die sich allgemein gegenüberliegen, wie dies vom Klagepatent verlangt wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die für die Messung der Vektorlänge erforderliche gegenüberliegende Fläche des Formteils nur lokal und im Zeitpunkt der Messung der Formteildicke ohne nähere Bestimmung einzelner Oberflächen bestimmt wird. Ebenso wenig lässt die Bestimmung der lokalen Formteildicke mit einer sinnvollen Vektorlänge zwingend den Schluss zu, dass zuvor eine erste und eine zweite Oberfläche, denen eine sinnvolle Dicke zugewiesen werden kann, festgelegt wurden, da andernfalls nicht-sinnvolle Vektorlängen nicht ermittelt werden können. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine lokale Dickenbestimmung nach dem EP ‘XXY unabhängig von der Lage der Elemente immer möglich sei, entweder durch Bestimmung der Vektorlänge oder, falls dies nicht möglich ist, durch automatische Zuweisung einer sinnvollen Dicke (Abs. [0045] der Anlage K 11). Im Übrigen verhält sich das EP ‘XXY nicht dazu, was unter einer sinnvollen Dicke zu verstehen ist. Es ist durchaus möglich, dass diese, worauf auch die Beklagte hingewiesen hat, mittels eines Maximalwertes festgelegt wird. Mit dieser Begründung kann auch der Bestimmung im Patentanspruch 1 dem EP ‘XXY, die Simulation in dünnwandigen dreidimensionalen Geometrien durchzuführen, nichts für eine Festlegung von zwei Oberflächen im Sinne der Lehre des Klagepatents entnommen werden.

Ebenso wenig trägt der Einwand der Klägerin, die Folgerung des Landgerichts, es bedürfe einer Auswahl von Teiloberflächen nicht, weil die Oberflächenelemente in dem EP ‘XXY an ihren Knotenpunkten durch Stabelemente miteinander verbunden seien und der Fluiddurchfluss durch die Stabelemente hindurch aus der Oberfläche hinaus und wieder in sie hinein erfolge, sei technisch unschlüssig. In der Beschreibung des EP ‘XXY wird ausgeführt, die Stabelemente erlaubten es der Schmelze, nicht nur parallel zur Oberfläche zu fließen, sondern auch aus ihr heraus und an einem anderen Punkt in sie hinein (Abs. [0047] der Anlage K 11). Damit wird aber mit anderen technischen Mitteln genau das Problem gelöst, dem das Klagepatent mit der Festlegung von zwei Oberflächen begegnet, die über den Injektionspunkt verbunden sind und entlang derer die sich ergebenden Flussfronten synchronisiert verlaufen (Abs. [0102]). Das Klagepatent will damit verhindern, dass das Fluid zuerst die eine und dann die andere Oberfläche überströmt. Das EP ‘XXY sieht hingegen ein Fachwerk von Stabelementen vor, damit die Schmelze in der Simulation nicht allein parallel zur Oberfläche, sondern auch in die Dickenrichtung fließt und damit von vornherein gegenüberliegende Oberflächen einbezieht. Eine Festlegung von zwei Oberflächen, wie es Merkmal a) für das Verfahren nach dem Klagepatent verlangt, ist für ein solches Verfahren nicht erforderlich.

Unbehelflich ist insofern auch der Verweis der Beklagten auf Absatz [0046] des EP ‘XXY. Es kann dahinstehen, ob die Bildung der Stabelemente zwischen Knoten, die nah beieinander liegen, deren Winkel zur Flächennormalen in einem bestimmten Bereich liegen und deren Verbindungslinien innerhalb des Formteils liegen, als Abstimmen von Elementen im Sinne der Lehre des Klagepatents angesehen werden kann. Es ist jedenfalls aus der Beschreibung des EP ‘XXY nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht weiter vorgetragen, dass die Bildung solcher Stabelemente zwingend voraussetzt, dass zuvor zwei Oberflächen im Sinne des Merkmals a) bestimmt wurden, und nicht auch ausgehend von den lokalen Verhältnissen der Knoten ohne vorherige Bestimmung von zwei Oberflächen erfolgen kann.

Soweit die Klägerin meint, ein Bestimmen von sich allgemein gegenüberliegenden Oberflächen ergebe sich bei der angegriffenen Software zwingend daraus, dass diese auf der Vereinfachung der Berechnungen mittels der Hele-Shaw-Näherung beruhe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Hele-Shaw-Näherung ist ein rechnerisches Verfahren zur Vereinfachung von Flussgleichungen, das bei Oberflächenmodellen dreidimensionaler Gebilde eingesetzt werden kann, wobei die Tauglichkeit des Näherungsverfahrens für die Praxis von der jeweiligen Dicke des Formteils abhängt. Die Hele-Shaw-Näherung setzt aber nicht voraus, dass bei einem dreidimensionalen Oberflächenmodell zwingend eine erste und eine zweite Oberfläche bestimmt werden, die allgemein gegenüber liegen. Vielmehr zeigt das Verfahren nach dem EP ‘XXY, dass die Hele-Shaw-Näherung auch unter Einbeziehung der gesamten Oberfläche eines Objekts, ohne zuvor eine erste und zweite Oberfläche mit einer bestimmten geometrischen Anordnung festgelegt zu haben, durchgeführt werden kann. Etwas anderes lässt sich auch nicht dem als Anlage K 16 vorgelegten Privatgutachten von F entnehmen. Bereits das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ausführungen des Sachverständigen jegliche Begründung dafür vermissen lassen, warum es nach dem Verfahren des EP ‘XXY wegen der Hele-Shaw-Näherung erforderlich sein sollte, Oberflächen zu „spezifizieren“, wobei nicht näher erläutert wird, was unter „spezifizieren“ in diesem Zusammenhang verstanden werden soll.

Weitere Tatsachen, die über die im EP ‘XXY beschriebene Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform hinaus eine Benutzung des patentgemäßen Verfahrens durch die angegriffene Ausführungsform stützen könnten, hat die Klägerin nicht dargetan. Daher kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, bei dem Inhalt der EP ‘XXY handele es sich letztlich um einseitigen Parteivortrag der Beklagten, an dem das Landgericht sie – die Klägerin – zu Unrecht festgehalten habe. Denn die Darlegungs- und Beweislast für eine Patentverletzung trägt die Klägerin. Sie hat sich dafür im Wesentlichen darauf gestützt, dass die angegriffene Software von der Lehre des EP ‘XXY Gebrauch mache. Dies reicht, wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, nicht aus, eine Verletzung des Klagepatents darzulegen. Das Landgericht war insofern auch nicht gehalten, von den von der Klägerin beantragten Erkenntnismöglichkeiten aufgrund § 140c PatG oder § 142 ZPO Gebrauch zu machen. § 140c PatG stellt einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Besichtigung oder Vorlage einer Sache oder Urkunde dar, der vom Berechtigten im Wege der Klage oder gegebenenfalls der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann. Es handelt sich aber nicht um eine Maßnahme der materiellen Prozessleitung, auf die das Gericht zur Aufklärung eines Sachverhalts zurückgreifen könnte. Eine solche Maßnahme ist vielmehr in § 142 ZPO geregelt. Allerdings war weder das Landgericht, noch der Senat gehalten, nach dieser Regelung zu verfahren. Abgesehen davon, dass bereits zweifelhaft ist, ob es sich bei dem Quellcode um eine Urkunde oder Unterlage im Sinne von § 142 Abs. 1 ZPO handelt, fehlt es auch an der für eine Vorlage von Urkunden oder Unterlagen erforderlichen Wahrscheinlichkeit einer Patentverletzung (BGH GRUR 2006, 962 – Restschadstoffentfernung). Zur Begründung wird auf die nachstehenden Ausführungen zum Anspruch aus § 140c PatG verwiesen.

bb)
Die Klägerin kann sich – wie auch das Landgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat – für den Nachweis einer Benutzung des patentgemäßen Verfahrens nicht mit Erfolg auf die gesetzliche Vermutung gemäß § 139 Abs. 3 S. 1 PatG berufen. Bei dem Verfahren nach dem Klagepatentanspruch 1 handelt es sich nicht um ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses. Ein solches Herstellungsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass mit ihm ein Erzeugnis hervorgebracht oder ein Erzeugnis äußerlich oder hinsichtlich seiner inneren Beschaffenheit irgendwie verändert wird. Davon zu unterscheiden sind reine Arbeitsverfahren, bei denen kein Erzeugnis geschaffen oder in seiner Konstitution variiert, sondern veränderungsfrei auf eine Sache eingewirkt wird (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl.: Rn 160 m.w.N.). Letzteres ist hier der Fall. Das dreidimensionale Objekt, in dem die Simulation des Fluidflusses erzeugt werden soll, ist keinerlei Veränderung unterworfen; eine Substanzeinwirkung findet nicht statt. Dass die das dreidimensionale Objekt darstellenden Ausgangsdaten verarbeitet werden und aufgrund weiterer Verfahrensschritte zu einem bestimmten Simulationsergebnis führen, ist insoweit unschädlich. Denn der unwiederbringliche Verlust der Ausgangsdaten ist nicht zwingende Folge einer Durchführung des patentgemäßen Verfahrens und damit nicht Kern der Erfindung. Vielmehr wird die wiederholte Durchführung einer Simulation mit derselben dreidimensionalen Geometrie, aber mit anderen Prozessparametern regelmäßig gewünscht sein. Im Ergebnis handelt es sich bei einer mit einem computerimplementierten Verfahren durchgeführten Simulation um die bloße Berechnung des Fluidflusses in dem dreidimensionalen Objekt. Das Verfahren ist damit nicht auf die Schöpfung eines neuen Erzeugnisses gerichtet, sondern auf die Gewinnung einer Erkenntnis über das dreidimensionale Objekt selbst und den darin vorzunehmenden Fluidfluss. Dies ist typisches Kennzeichen eines Arbeitsverfahrens.

2.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Besichtigung der Quellcodes der Software „C“. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140c Abs. 1 PatG.

§ 140c Abs. 1 PatG setzt voraus, dass die Beklagte das patentgemäße Verfahren mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 benutzt hat. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn zwar letztendlich ungewiss ist, ob eine Rechtsverletzung vorliegt, aber konkrete Anhaltspunkte gegeben sind, die die Möglichkeit einer Rechtsverletzung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nahelegen. Die Unwägbarkeiten brauchen nicht zwingend im Tatsächlichen zu liegen. Sie können sich auch auf die Rechtsfrage des Schutzbereichs erstrecken (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rdnr. 269, 275). Solche konkreten Anhaltspunkte fehlen vorliegend.

Der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform von dem im EP ‘XXY beschriebenen Verfahren Gebrauch macht, legt nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit einer Benutzung des patentgemäßen Verfahrens nahe. Denn das Verfahren nach dem EP ‘XXY setzt, wie zuvor ausgeführt, nicht die Festlegung einer ersten und einer zweiten Oberfläche im Sinne der Lehre des Klagepatents voraus. Damit vermögen aber auch die weiteren von der Klägerin angeführten Punkte die für den Besichtigungsanspruch erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht zu begründen. Dass die angegriffene Software ein auf der Hele-Shaw-Näherung basierendes Oberflächenmodell verwendet, ist kein Hinweis auf eine Benutzung des patentgemäßen Verfahrens, weil auch das Verfahren nach dem Patent der Beklagten auf der Hele-Shaw-Näherung basiert, ohne zwingend die Festlegung einer ersten und einer zweiten Oberfläche vorzusehen. Gleiches gilt für den Einwand, die Oberflächen, an denen die Ausbreitung des Flusses erfolge, weise eine sinnvolle Dicke auf; mit der Festlegung von zwei Oberflächen gemäß Merkmal a) des Klagepatents hat das nichts zu tun. Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass bei einer Simulation mit der angegriffenen Software auf der zum Anspritzpunkt gegenüber liegenden Seite Fluidfluss erscheint, geschlossen werden, dass die beiden Seiten zuvor als eine erste und zweite Oberfläche festgelegt wurden, zumal die Beklagte vorgetragen hat, dass der Fluss allein über die Maschen und das 3D-Fachwerk der Stabelemente geführt wird. Schließlich spricht auch das Leistungsergebnis nicht für eine Wahrscheinlichkeit der Patentverletzung, weil die Simulation eines Fluidflusses in einem dreidimensionalen Objekt auch durch nicht patentgemäße Verfahren erfolgen kann. Dass zwischen der angegriffenen Software und dem Verfahren nach dem Klagepatent darüber hinaus eine Identität im Leistungsergebnis besteht, ist nicht dargelegt.

Dafür, dass die Beklagte nach einem anderen Verfahren als dem im EP ‘XXY beschriebenen arbeitet, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Dass derartiges – wie alles im Leben – nicht ausgeschlossen werden kann, begründet noch kein Wahrscheinlichkeit und erst Recht keine solche, die „hinreichend“ für die von der Klägerin beabsichtigte Besichtigungsmaßnahme sein könnte.

C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das gilt auch hinsichtlich der aufgrund entgegenstehen

der Rechtskraft fehlenden Zulässigkeit einzelner Klageanträge. Die insofern maßgeblichen Grundsätze hat der BGH in der Entscheidung „Rohrreinigungsdüse II“ (GRUR 2012, 485) geklärt.