2 U 136/10 – Scheibenbremse IV

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1814

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. März 2012, Az. 2 U 136/10

I.
Die Berufung gegen das am 19. Oktober 2010 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert wird auf 3.000.000,– € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 824 XXX, das auf einer am 25. Februar 1998 offengelegten Anmeldung beruht und dessen Erteilung am 28. Juli 1999 veröffentlicht worden ist. In einem von dritter Seite geführten Einspruchsverfahren ist das Klagepatent eingeschränkt aufrechterhalten worden. Sein im vorliegenden Rechtsstreit allein maßgeblicher Patentanspruch 1 lautet nunmehr in deutscher Verfahrenssprache wie folgt:

Scheibenbremse für Fahrzeuge, insbesondere Straßenfahrzeuge, mit einem eine Bremsscheibe (3) umfassenden Bremssattel (1), in dessen rückwärtigem, Bremsscheiben abgewandten und weitgehend geschlossenem Bereich eine Zuspanneinheit (13) angeordnet ist, wobei die Zuspanneinheit (13) mit einem von einem Betätigungszylinder schwenkbaren Drehhebel (15) versehen ist und der Drehhebel (15) mittels eines Exzenters auf eine gegen Federkraft in Richtung der Bremsscheibe (3) verschiebbare, wenigstens eine mit einem Druckstück (35; 37) versehene Stellspindel (33) aufweisende Brücke (29) einzuwirken vermag,

gekennzeichnet durch

folgende Merkmale:

a) Der Bremssattel ist einteilig ausgebildet,

b) die Zuspanneinheit (13) ist als vormontierte Einheit ausgebildet; und

c) die der Bremsscheibe (3) zugewandte Öffnung im Öffnungssattel (1) ist so groß bemessen, dass die vormontierte Zuspanneinheit (13) bei von der Bremsscheibe (3) abgenommenen Bremssattel (1) durch diese Öffnung einführbar ist.

Die nachfolgenden Abbildungen verdeutlichen den Gegenstand des Klagepatents anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, wobei Figur 1 den Längsschnitt einer Scheibenbremse mit im Bremssattel vormontiert eingefügter Zuspanneinheit zeigt

während Figur 2 die vormontierte Zuspanneinheit in einer Einzelansicht darstellt.

Auf der internationalen Automobilausstellung (IAA) 2008 hat die Beklagte eine pneumatisch betätigbare Scheibenbremse „A“ angeboten. Sie zeichnet sich – wie die von der Klägerin als Anlage PBP I 7 vorgelegte Fotodokumentation verdeutlicht – durch einen als Monoblock ausgeführten Bremssattel aus, wie er nachstehend wiedergegeben ist.

Innerhalb des Bremssattels befindet sich eine Zuspanneinheit, deren Bauteile wie folgt vormontiert sind: Eine erste Baugruppe besteht aus dem Drehhebel, zwei darauf vormontierten Halbschalenlagerungen sowie drei eingepressten Gleitlagerbuchsen. Die Baugruppe, die als erstes durch eine der Bremsscheibe zugewandte Öffnung in den Bremssattel eingebracht wird, ist aus der nachfolgenden Abbildung (die allerdings ganz rechts auch die Stützwalze zeigt), ersichtlich.

Durch eine seitliche Öffnung im Bremssattel wird anschließend die Stützwalze (obige Abbildung, rechts) in den Bremssattel eingebracht und so positioniert, dass die Drehhebelbaugruppe im Bremssattel festgelegt ist. Schließlich wird eine zweite Baugruppe wiederum durch die bremsscheibenseitige Öffnung in den Bremssattel eingebracht und montiert. Sie besteht insbesondere aus dem Schlitten, der Stellspindel, einer Nachstelleinrichtung, der Brücke und zwei Druckstempeln. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen – in der Reihenfolge ihrer Aufzählung – zunächst die Einzelteile und danach die daraus vormontierte zweite Baugruppe.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die „A“-Scheibenbremse wortsinngemäß, zumindest aber äquivalent von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung, Entschädigung und Schadenersatz in Anspruch.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage mangels Patentverletzung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform widerspreche der patentierten Lehre jedenfalls insoweit, als bei ihr der (einen) Spindel nicht ein Druckstück unmittelbar zugeordnet sei. Genau das werde jedoch vom Klagepatent bei richtigem Verständnis verlangt.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres vor dem Landgericht ausgebreiteten Sachvortrages hält sie daran fest, dass die Vorgabe des Patentanspruchs, wonach die Brücke wenigstens eine mit einem Druckstück versehene Stellspindel aufzuweisen habe, lediglich eine Minimalanforderung hinsichtlich der Vorrichtungsausstattung formuliere. Sie besage für den Fachmann, dass die Scheibenbremse zumindest eine Stellspindel und zumindest ein damit zusammenwirkendes Druckstück besitzen müsse, weil die Bremse ohne die besagten Bauteile (Stellspindel, Druckstück) – wie dem Fachmann bekannt sei – nicht funktionsfähig wäre. Die angegriffene Ausführungsform, die eine Stellspindel und – vermittelt über die Brücke – zwei Druckstücke enthalte, genüge damit ohne weiteres den Vorgaben des Klagepatents, das sich nicht näher dazu verhalte, ob die Stellspindel unmittelbar oder mittelbar unter Zwischenschaltung anderer Bauteile (wie der Brücke) die Druckstücke abstütze. Das gelte auch im Hinblick darauf, dass die Zuspanneinheit nicht insgesamt vormontiert in den Bremssattel eingebracht werde, sondern mehrere Baugruppen, die jeweils eine Vielzahl von Einzelteilen umfassten, vorlägen. Da die Stützwalze nicht zur Zuspanneinheit im Sinne des Klagepatents gehöre, sei von lediglich zwei Baugruppen auszugehen. Mit ihnen werde der Erfindungsgedanke jedenfalls im Sinne einer verschlechterten Ausführungsform verwirklicht. Dem stehe auch nicht die seitliche Öffnung im Bremssattel entgegen, durch die die Stützwalze bei der Montage eingeführt werde. Derartige zusätzliche Öffnungen schließe das Klagepatent – wie sich seinem Beschreibungstext entnehmen lasse – nicht aus.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts vom 19. Oktober 2010 abzuändern und

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung der (näher bezeichneten) gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Scheibenbremse für Fahrzeuge, insbesondere Straßenfahrzeuge, mit einem eine Bremsscheibe umfassenden Bremssattel, in dessen rückwärtigem bremsscheibenabgewandtem und weitgehend geschlossenen Bereich eine Zuspanneinheit angeordnet ist, wobei die Zuspanneinheit mit einem von einem Betätigungszylinder schwenkbaren Drehhebel versehen ist und der Drehhebel mittels eines Exzenters auf eine gegen Federkraft in Richtung der Bremsscheibe verschiebbare, wenigstens eine mit einem Druckstück versehene Stellspindel aufweisende Brücke einzuwirken vermag,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei der Bremssattel einteilig ausgebildet ist, die Zuspanneinheit als zwei vormontierte Einheiten ausgebildet ist und die der Bremsscheibe zugewandte Öffnung im Bremssattel so groß bemessen ist, dass die vormontierte Zuspanneinheit bei von der Bremsscheibe abgenommenem Bremssattel durch diese Öffnung einführbar ist;

2. ihr (der Klägerin) darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 25.03.1998 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse sowie der gewerblichen Abnehmer und der Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,

b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen-, zeiten- und preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

• hinsichtlich der Angaben zu a) und b) die zugehörigen Rechnungen mit der Maßgabe vorzulegen sind, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,

• die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 28.08.1999 zu machen sind,

• der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen, sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

3. die seit dem 30.04.2006 in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Scheibenbremsen auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer (der Beklagten) Wahl an einen von ihr (der Klägerin) zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre (der Beklagten) Kosten herauszugeben;

4. die seit dem 30.04.2006 ausgelieferten, unter 1. bezeichneten Scheibenbremsen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich in Besitz der Scheibenbremsen befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 824 XXX B 2 erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme der Erzeugnisse durch die Beklagte unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des ggfs. bereits gezahlten Kaufpreises bzw. einer sonstigen Äquivalenz für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Verwendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. ihr (der Klägerin) für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 25.03.1998 bis 27.08.1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. ihr (der Klägerin) allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 28.08.1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und ist der Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform auch aus anderen Gründen nicht in den Schutzbereich des Klagepatents eingreife. Zum einen sei nicht die Stellspindel, sondern die Brücke mit den Druckstücken versehen, zum anderen finde keine Vormontage der gesamten Zuspanneinheit statt, was wegen der notwendigen manuellen Handgriffe im Inneren des Bremssattels dem patentierten Erfindungsgedanken zuwider laufe. Darüber hinaus zwinge die nur teilweise erfolgte Vormontage dazu, den Bremssattel mit einer seitlichen Öffnung zu schwächen, durch die die Stützwalze in den Bremssattel eingebracht werden könne. Auch dies laufe, da sich die Öffnung in einem Bereich befinde, in dem Bremskräfte wirksam seien, dem Anliegen des Klagepatents zuwider.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass die „A“-Scheibenbremse der Beklagten nicht in den Schutzbereich des Klagepatents eingreift und der Klägerin deshalb die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung, Entschädigung und Schadenersatz nicht zustehen.

1.
Das Klagepatent betrifft eine Scheibenbremse für Fahrzeuge.

Scheibenbremsen zeichnen sich herkömmlicherweise dadurch aus, dass auf der Radnabe eine Bremsscheibe befestigt wird, die mit Hilfe zweier Bremsbeläge tragender Bremsbacken verzögert wird. Damit die Bremsbacken an der Bremsscheibe zufassen können, ist ein Bremssattel mit darin aufgenommener Zuspanneinrichtung vorgesehen. Letztere besteht aus einem schwenkbaren Drehhebel, der sich über einen Exzenter am bremsscheibenabgewandten Ende des Bremssattels abstützt, einer in Richtung auf die Bremsscheibe verschiebbaren Brücke, Stellspindeln sowie Druckstücken.

Wie die Klagepatentschrift einleitend erläutert, ist eine derartige Scheibenbremse aus der DE-A 40 32 XXY bekannt. Bei ihr ist der rückwärtige Abschnitt des Bremssattels, an dem sich der Drehhebel bei seiner Betätigung abstützt, mit dem Bremssattel verschraubt. Dies bedeutet, dass die Bremsreaktionskräfte in den aufgeschraubten Gehäuseabschnitt eingeleitet werden, was bzgl. der Festigkeit und der Dichtigkeit hohe Anforderungen an die Verschraubung stellt und bei den für Fahrzeugbremsen in Rede stehenden Standzeiten zu Problemen führen kann. Dies gilt – wie die Klagepatentschrift ausdrücklich klarstellt – nicht nur bei Verwendung von zwei mit Druckstücken versehenen Stellspindeln (wie sie in der DE-A 40 32 XXY gezeigt sind), sondern potentiell auch dann, wenn die Scheibenbremse lediglich mit einer Stellspindel ausgeführt ist.

Aus einem anderen Stand der Technik (FR-A 2 306 XXZ; DE-A 36 10 XYX) ist bereits ein einteiliger Bremssattel bekannt, der in seinem rückwärtigen, die Reaktionskräfte einer Zuspanneinheit aufnehmenden Bereich weitgehend geschlossen ist. Festigkeits- und Dichtprobleme treten daher nicht auf. Die mehrteilige Zuspanneinheit wird allerdings in ihren Einzelteilen durch eine im Wesentlichen seitlich angesetzte Öffnung in den Bremssattel eingeführt. Die endgültige Montage der Zuspanneinheit hat demgemäß innerhalb des Bremssattels stattzufinden, was mit beträchtlichem Zeitaufwand und ggfs. einer ungenauen Einpassung verbunden ist.

Vor dem geschilderten technischen Hintergrund formuliert es die Klagepatentschrift als Aufgabe der Erfindung, eine Scheibenbremse so auszugestalten, dass bei problemfreier Einleitung der Brems-Reaktionskräfte am Bremssattel eine noch weitergehende Schließung des Bremssattelgehäuses ermöglicht ist, wodurch am Bremssattel vorhandene Dichtbereiche vollkommen unbeeinflusst von Brems- bzw. Bremsreaktionskräften bleiben. Außerdem soll das Bremssattelgehäuse formstabil sein und die geforderte Betriebssicherheit auch während längeren Einsatzes gewährleisten.

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 des Klagepatents die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Scheibenbremse für Fahrzeuge mit einem einteiligen Bremssattel (1).

(2) Der Bremssattel (1)

(a) umfasst eine Bremsscheibe (3) und

(b) weist eine Zuspanneinheit (13) auf.

(3) Die Zuspanneinheit (13)

(a) ist im rückwärtigen, bremsscheibenabgewandten und weitgehend geschlossenen Bereich des Bremssattels (1) angeordnet,

(b) ist mit einem von einem Betätigungszylinder schwenkbaren Drehhebel (15) versehen.

(4) Der Drehhebel (15) vermag mittels eines Exzenters auf eine Brücke (29) einzuwirken.

(5) Die Brücke (29)

(a) ist gegen Federkraft (47) in Richtung der Bremsscheibe (3) verschiebbar,

(b) weist wenigstens eine mit einem Druckstück (35; 37) versehene Stellspindel (33) auf.

(6) Die Zuspanneinheit (13) ist als vormontierte Einheit ausgebildet.

(7) Die der Bremsscheibe (3) zugewandte Öffnung im Bremssattel (1) ist so groß bemessen, dass die vormontierte Zuspanneinheit (13) bei von der Bremsscheibe (3) abgenommenem Bremssattel (1) durch diese Öffnung einführbar ist.

Zu den Vorteilen einer derartigen Konstruktion führt die Klagepatentschrift aus, dass der Bremssattel dank seiner einteiligen Ausgestaltung einerseits kostensparend (z.B. als Gussteil) ausgebildet werden kann und dass andererseits die Bremskräfte problemlos direkt in den Bremssattel übertragen werden können, weil der bremsscheibenabgewandte, rückwärtige Bereich mit Ausnahme der verhältnismäßig klein dimensionierbaren Durchgriffsöffnung für den Betätigungszylinder des Drehhebels im Wesentlichen geschlossen und damit von entsprechend hoher Stabilität ist. Im Hinblick auf die Montage ist die patentgemäße Scheibenbremse vorteilhaft, weil die Zuspanneinheit einschließlich aller ihrer Bauteile als eine vormontierte Einheit bereitgestellt wird, die bei von der Bremsscheibe abgenommenem Bremssattel durch die der Bremsscheibe zugewandte Öffnung in den Bremssattel eingeführt werden kann.

2.a)
Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob dem Landgericht in seiner Auffassung zuzustimmen ist, eine Benutzung des Klagepatents sei deswegen zu verneinen, weil die angegriffene Ausführungsform über eine einzige Stellspindel verfügt, der – vermittel durch die Brücke – zwei Druckstücke zugeordnet sind. Dagegen könnte sprechen, dass dem Durchschnittsfachmann geläufig ist, dass die Brücke der Zuspanneinrichtung, mit der die Bremsbacken in Richtung auf die Bremsscheibe bewegt werden, über eine Stellspindel verfügt, die allerdings nicht unmittelbar mit den Bremsbacken in Kontakt kommen kann, sondern über ein zwischengeschaltetes Druckstück. Wenn Patentanspruch 1 in seinem Merkmal (5b) demgemäß vorsieht, dass die Brücke wenigstens eine Stellspindel aufweist, die mit einem Druckstück versehen ist, so könnte damit – wie die Klägerin einwendet – lediglich eine Mindestausstattung der patentgemäßen Scheibenbremse umschrieben sein, die aus technischer Sicht vorhanden sein muss, damit ein funktionsfähiger Gegenstand erhalten wird. Ohne eine Stellspindel wäre die Bremsvorrichtung genauso untauglich wie mit einer Stellspindel, aber ohne Druckstück. Dadurch, dass Patentanspruch 1 lediglich die Mindestzahl von Stellspindel und Druckstück vorschreibt, könnte es deswegen im freien Belieben des Fachmanns stehen, die patentgemäße Scheibenbremse darüber hinausgehend auszustatten, nämlich mit weiteren Stellspindeln und/oder mit zusätzlichen Druckstücken. Weil das Klagepatent insofern keine Vorgaben macht, würde es im Wortsinn des Merkmals (5b) liegen, die Scheibenbremse mit einer Stellspindel und (über die Mindestausstattung hinaus) mit zwei Druckstücken zu versehen, wie dies bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall ist. Letztlich bedarf all dies jedoch keiner abschließenden Betrachtung.

b)
Denn der Verletzungsvorwurf der Klägerin geht aus einem anderen Grund fehl. Der Schutzbereich des Klagepatents ist durch die angegriffene Ausführungsform jedenfalls deshalb nicht betroffen, weil bei ihr die Zuspanneinheit nicht als vormontierte Einheit ausgebildet ist (Merkmal 6).

aa)
Wie bereits ausgeführt, hat die Zuspanneinheit erfindungsgemäß die Aufgabe, bei Betätigung des Bremspedals die Bremsbeläge gegen die Bremsscheibe anzustellen. Dementsprechend sind der Zuspanneinheit alle diejenigen Bauteile zuzurechnen, die dafür sorgen, dass die (im Falle einer Bremsbetätigung stattfindende) Bewegung des Drehhebels in eine Zufassbewegung der Bremsbeläge an der Bremsscheibe führt. In den beschriebenen Bewegungs- und Kraftübertragungsweg ist auch die Stützwalze (19) einbezogen, an der sich der Drehhebel bei seinem Verschwenken abstützt. Die Zuspanneinheit wird ausgehend hiervon – vom rückwärtigen Ende des Bremssattels aus betrachtet – durch die Stützwalze, den Drehhebel, die Brücke, die Stellspindel und das Druckstück gebildet. Exakt diese Bauteile sind folgerichtig auch in Figur 2 der Klagepatentschrift abgebildet, die nach der Erläuterung des Beschreibungstextes (Spalte 2 Zeilen 53-54) die vormontierte Zuspanneinheit im Einzelschnitt zeigt. Wenn bei dieser Ausgangslage Merkmal (6) des Klagepatents anordnet, dass „die Zuspanneinheit“ vormontiert werden soll, so kann damit nur die Zuspanneinheit in ihrer Gesamtheit gemeint sein. Das folgt nicht zuletzt auch daraus, dass, nachdem die vormontierte Zuspanneinheit durch die bremsscheibenseitige Öffnung in den Bremssattel eingeführt worden ist, eine funktionsfähige Scheibenbremse vorliegen soll, womit ebenfalls zum Ausdruck kommt, dass es außerhalb der vormontierten und bremsscheibenzugewandt eingebrachten Baugruppe keine weiteren Funktionsteile geben soll, die notwendig sind, um eine im Sinne des Klagepatents taugliche Zuspanneinheit für die Scheibenbremse herzurichten.

Zweifellos trifft es zu, dass bereits mit einer Vormontage lediglich von Teilen der Zuspanneinheit, wie sie auch bei der angegriffenen Ausführungsform erfolgt, ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem vorbekannten Stand der Technik nach der FR-A 2 306 XXZ und der DE-A 36 10 XYX erzielt wird, bei dem die diversen Teile der Zuspannvorrichtung noch einzeln in den Bremssattel eingeführt und dort unter engen räumlichen Verhältnissen montiert werden mussten. Das alles ändert aber nichts an der für die Schutzbereichsbestimmung maßgeblichen Tatsache, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des Patentanspruchs 1 die Zuspanneinheit als Ganzes – und eben nicht nur in Teilen – vormontiert werden soll, und dass – in völliger Übereinstimmung hiermit – auch der allgemeine Beschreibungstext (Spalte 2 Zeilen 24-27) hervorhebt, dass „die Zuspanneinheit einschließlich aller ihrer Bauteile als eine vormontierte Einheit … durch die bremsscheibenzugewandte Öffnung einführbar (ist)“. Unter den gegebenen Umständen fordert der Patentanspruch gleichsam ein Höchstmaß an Vormontage, indem er dem Fachmann die Anweisung gibt, „die Zuspanneinheit“ (in ihrer Gesamtheit) außerhalb des Bremssattels herzurichten. Mit Rücksicht auf den Stand der Technik mag die vorgenommene Beschränkung des Schutzbegehrens auf eine komplette Vormontage nicht notwendig gewesen sein. Für die Schutzbereichsbestimmung hat dieser Gesichtspunkt jedenfalls keine Bedeutung. Maßgeblich ist allein, dass sich der Patentanspruch auf die Komplettmontage der Zuspanneinheit außerhalb des Bremssattels festgelegt hat und dass deshalb eine bloße Teilmontage von Baugruppen, mögen die betreffenden Baugruppen (wie bei der angegriffenen Ausführungsform) auch relativ umfangreich an Einzelteilen sein) nicht unter den Wortsinn des Patentanspruchs 1 subsumiert werden kann.

bb)
Aus den dargelegten Gründen scheidet auch eine äquivalente Patentbenutzung aus. Es fehlt bereits an einer Gleichwirkung der angegriffenen Ausführungsform. Wenn es – wie dargelegt – das vom Anmelder im Patentanspruch niedergelegte Anliegen der Erfindung ist, die Montage der Zuspanneinheit gegenüber dem vorbekannten Stand der Technik nicht nur graduell zu verbessern (wovon hätte ausgegangen werden können, wenn der Patentanspruch darauf gerichtet worden wäre, die Zuspanneinheit ganz oder teilweise als vormontierte Einheit auszubilden), sondern bestmöglich zu optimieren, indem die Anspruchsfassung vorsieht, dass die komplette Zuspanneinheit außerhalb des Bremssattels vorzumontieren ist, liegt im Falle einer Vormontage von zwei bzw. drei Baugruppen keine – wie die Klägerin meint – verschlechterte Ausführungsform der Erfindung vor; vielmehr werden die im Sinne einer optimalen Montageerleichterung beanspruchten Ziele der Erfindung verfehlt. Darüber hinaus lässt sich auch eine Gleichwertigkeit der angegriffenen Ausführungsform zur Lehre des Patentanspruchs 1 nicht feststellen. Da er den Durchschnittsfachmann anhält, die komplette Zuspanneinheit vorzumontieren, mag eine bloße Vormontage von Teilbaugruppen zwar ausgehend vom vorbekannten Stand der Technik als sinnvoll und zielführend erscheinen, bei der gebotenen Orientierung am Patentanspruch kann der Fachmann jedoch nicht zu der Auffassung gelangen, dass er mit einer Teilvormontage in gleichwertiger Weise dasjenige tut, wozu ihn der Patentanspruch anhält.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, die von grundsätzlicher Bedeutung wären oder deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.