4a O 221/06 – Cinch (RCA)-Stecker

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 613

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Juli 2007, Az. 4a O 221/06

I.
Die Beklagten werden verurteilt,

dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie Cinch (RCA)-Stecker mit Klemmvorrichtung, bestehend aus einem Steckerkörper und einer in axialer Richtung aufschraubbaren, den Steckerkörper umgebenden Abdeckhülse, wobei der Steckerkörper an seiner Kontaktseite einen Kontaktstift und einen den Kontaktstift umgebenden, an seiner Außenseite konischen Außenringkontakt aufweist, der durch axial verlaufende Schlitze unterteilt ist und mittels der Abdeckhülse bei deren axialer Bewegung radial zusammenpressbar ist,

bei denen die Abdeckhülse kontaktseitig mit einem Ringelement versehen ist, welches an einer Lagerstelle drehbar am Hülsenkörper der Abdeckhülse gelagert ist und mit seiner Innenseite an der konischen Außenseite des Außenringkontaktes anliegt,

ab dem 25.09.1993 hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

soweit die Beklagten nicht bereits durch die nachfolgend eingefügten Angaben Auskunft erteilt haben:

Die betreffenden Audioverbindungskabel mit Cinch- bzw. RCA-Steckern wurden erstmals im Jahr 2000 bezogen. Lieferant in den Jahren 2000 sowie 2001 war die A-GmbH. Ende 2001 wurden die Artikel von der Firma B bezogen. Diese Firma gliederte den Bereich Audio aus und gründete die Firma C. Seit März 2002 wurden die Artikel ausschließlich über die zuletzt genannte Firma bezogen.

Weitere Informationen entnehmen Sie der nachstehenden Tabelle:

Art. Nr. EK VK Bezug Gesamtmenge Verkauf
Gesamtmenge Bestand
300008 € 6,60 € 11,95 5.295 4.702 593
300009 € 9,36 € 14,95 5.032 4.569 463
300010 € 26,93 € 44,95 516 448 68
300013 € 53,41 € 89,95 222 167 55
Summe 11.065 9.886 1.179

Wie Sie der obigen Tabelle entnehmen können, existiert noch ein Bestand von 1.179 Stück Audio-Verbindungskabel.

Die Audioverbindungskabel sind neben einer Vielzahl weiterer Produkte im Katalog X2006 abgebildet. Dieser Katalog wird jährlich lediglich einmal aufgelegt. Der vorliegende Bestand (ca. 31.000 Stück) muss somit noch bis September 2006 ausgegeben werden. Der Katalog umfasst insgesamt 180 Seiten und beinhaltet 1807 beworbene Artikel,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,

mit Ausnahme der Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA) –Stecker, welche die Beklagte zu 1) von der C.de GmbH bzw. dem Vorgängerunternehmen, der B, bezogen hat.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm und/oder der D-GmbH dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagten die vorstehend zu I. 1. beschriebenen Erzeugnisse ab dem 25.09.1993 hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,

mit Ausnahme der Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Stecker, welche die Beklagte zu 1) von der C.de GmbH bzw. dem Vorgängerunternehmen, der B, bezogen hat.

III.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 5.961,54 € zu zahlen.

IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu ¼ und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu ¾ auferlegt.

Die Kosten der Nebenintervention haben der Kläger zu ¼ und die Nebenintervenientin zu ¾ zu tragen.

VI.
Das Urteil ist hinsichtlich des Ausspruchs zu I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,– €, ansonsten jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Bundesgebiet als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse zu leisten.

T a t b e s t a n d :

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des europäischen Patents 0 460 xxx, das am 26.11.1990 angemeldet, dessen Erteilung am 25.8.1993 bekannt gegeben wurde und zu dessen benannten Vertragsstaaten Deutschland gehört (Klagepatent).

Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Cinch (RCA)-Stecker mit Klemmvorrichtung, bestehend aus einem Steckerkörper (1) und einer in axialer Richtung aufschraubbaren, den Steckerkörper (1) umgebenden Abdeckhülse (2), wobei der Steckerkörper (1) an seiner Kontaktseite einen Kontaktstift (8) und einen den Kontaktstift (8) umgebenden, an seiner Außenseite (19) konischen Außenringkontakt (9) aufweist, der durch axial verlaufende Schlitze (16) unterteilt ist und mittels der Abdeckhülse (2) bei deren axialer Bewegung radial zusammenpressbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Abdeckhülse (2) kontaktseitig mit einem Ringelement (4) versehen ist, welches an einer Lagerstelle (5) drehbar am Hülsenkörper (3) der Abdeckhülse (2) gelagert ist und mit seiner Innenseite an der konischen Außenseite (19) des Außenringkontaktes (9) anliegt.

Die E-GmbH, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) bis 4) waren, befasste sich mit dem Versand und Handel von technischen und elektrotechnischen Produkten mit einem umfangreichen Warensortiment. Sie bot an und vertrieb im Internet Audioverbindungen, die mit Cinch (RCA)-Steckern konfektioniert waren. Die E-GmbH wurde bei fortlaufendem Geschäft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, wobei der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer ausschied und den Vorsitz des Aufsichtsrates übernahm. Nach Zustellung der Klage am 24.7.2006 wurde die EAG mit der E Beteiligungsverwaltung AG zu eine europäischen Aktiengesellschaft, der jetzigen Beklagten zu 1), verschmolzen. Geschäftsführende Direktoren der Beklagten zu 1) sind die Beklagten zu 3) und 4).

Die E-GmbH bezog die Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Steckern in den Jahren 2000 und 2001 von der A GmbH aus Kleinmachnow. Ab dem 1.10.2001 bezog sie das Produkt von der B in Vechelde. Nachdem die B den Bereich Audio ausgegliedert und in die Nebenintervenientin eingebracht hatte, bezog die E-GmbH bzw. die Beklagte zu 1) die Kabel ab dem 1.3.2002 von der Nebenintervenientin.

Mit Schreiben vom 26.1.2006 mahnte die Klägerin durch ihre patent- und rechtsanwaltlichen Vertreter die E-GmbH wegen Verletzung des Klagepatentes ab. Dabei berechneten die patent- und rechtsanwaltlichen Vertreter ihre Gebühren jeweils wie folgt:

1,9 Geschäftsgebühr (Wert 250.000,– €) 3.898,80 €
Post- und Telekommunikation 20,00 €
Zwischensumme netto 3.918,80 €
16 % Mehrwertsteuer 627,01 €
Summe 4.545,81 €

Die Gesamtsumme für beide Vertreter betrug 9.091,62 €.

Mit Schreiben vom 24.2.2006 antwortete die E-GmbH dem Kläger durch ihren patentanwaltlichen Vertreter, erteilte in dem im Urteilstenor zu I. wiedergegebenen Umfang Rechnung über die Verletzung des Klagepatents und gab eine beschränkte vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung ab. Diese wurde von der Klägerin nicht akzeptiert. Mit Schreiben vom 7.3.2006 gab die Beklagte dann die weitere nachfolgend wiedergegebene vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung ab:

Nachdem sie von der E-GmbH über die Abmahnung informiert worden war, wandte sich die Nebenintervenientin mit Schreiben ihrer Patentanwälte vom 15.2.2006 an den Kläger, gab eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung ab und verpflichtete sich zur Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatzleistung. Mit Schreiben vom 20.4.2006 bot die Nebenintervenientin dem Kläger eine pauschale Schadensersatzzahlung von 4.000,– € sowie die Erstattung der dem Kläger entstandenen Patentanwaltskosten auf der Basis eines Gegenstandswertes von 100.000,– € an. Der Kläger antwortete hierauf mit Schreiben seiner Rechts- und Patentanwälte vom 23.6.2006, dass er mit dem vorgeschlagenen pauschalen Schadensersatzbetrag von 4.000,– € einverstanden sei, aber auf der Erstattung der Patentanwaltskosten auf der Basis eines Gegenstandswertes in Höhe von 250.000,– € bestehe. Mit Schreiben vom 6.7.2006 nahm die Nebenintervenientin dazu durch ihren Patentanwalt wie folgt Stellung:

„Namens und im Auftrag der C.de GmbH [Nebenintervenientin] teile ich mit, dass meine Mandantin mit dem vorgeschlagenen pauschalen Schadensersatz im Betrag von 4.000,– € und der Erstattung der Patentanwaltskosten auf Basis eines Gegenstandswertes von 250.000,– € einverstanden ist.

Wir gehen davon aus, dass damit alle aus der Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 460 xxx B1 herleitbaren Ansprüche gegen meine Mandantin und deren Abnehmer abgegolten sind.

Wir bitten Sie um Rechnungsstellung und werden den Betrag dann umgehend begleichen.“

Mit Schreiben vom 21.7.2006 antwortete der Kläger durch seinen patentanwaltlichen Vertreter im Kern wie folgt:

„… vielen Dank für Ihr Schreiben in obiger Angelegenheit vom 6.7.2006.

Anliegend übersende ich Ihnen die gewünschte, auf ihre Mandantin ausgestellte Kostenrechnung mit der Bitte um Weiterleitung und umgehende Begleichung.

Mit der Begleichung der Kostenrechnung ist die Angelegenheit erledigt.

…“

Die A GmbH gab, nachdem sie von E-GmbH über die Abmahnung des Klägerin informiert worden war, gleichfalls eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung ab und erteilte Auskunft über die Patentverletzung. Die A GmbH und der Kläger einigten sich darauf, dass diese eine pauschalen Schadensersatz in Höhe von 3.500,– € und vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.360,80 € zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer, also insgesamt 6.798,53 €, zu zahlen habe. Darüber verhält sich die Rechnung der rechts- und patentanwaltlichen Vertreter des Klägers vom 9.8.2006. Der Betrag wurde entrichtet.

Der Kläger hat die Beklagten zunächst wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadenersatzfeststellung und Erstattung von Rechts- und Patentanwaltsgebühren in Anspruch genommen, wobei sich der Unterlassungsanspruch auf die Benutzungshandlung des Anbietens durch Herausgabe des Kataloges „X2006“ beschränkt hat. Nachdem die Beklagten mit Schriftsatz vom 8.1.2007 eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben, haben die Parteien – unter jeweiligem Protest gegen die Kostenlast – den Rechtsstreit im Umfang des Unterlassungsantrags in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagten das Klagepatent schuldhaft verletzt haben und deshalb weiterhin zur Rechnungslegung, soweit sie dies nicht bereits mit Schreiben vom 24.2.2006 getan haben, und zur Schadensersatzleistung verpflichtet sind. Zudem müssten sie die ihm durch die Inanspruchnahme seiner patent- und rechtsanwaltlichen Vertreter entstandenen Abmahnkosten nach Maßgabe der Kostenrechnung vom 26.1.2006 erstatten, wobei jeweils – unter Zugrundelegung eines Streitwertes in Höhe von 150.000,– € – eine 0,75 Geschäftsgebühr in Höhe von 1.188,75 € in Abzug zu bringen sei.

Der Kläger beantragt,

wie zuerkannt, wobei der Kläger allerdings darüber hinausgehend auch die von der C GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin, der B gelieferten Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Steckern von der Verpflichtung zur Rechnungslegung bzw. zum Schadensersatz mit umfasst gesehen und die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 6.297,32 € verlangt hat,

hilfsweise ihm im Unterliegensfall nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagten sowie die Nebenintervenientin beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, dass die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgänger ein reines Handelsunternehmen sei, das unter vertretbarem Kostenaufwand nicht in der Lage sei, jeden einzelnen der ca. 80.000 von ihr vertriebenen Produkte auf Schutzrechtsverletzungen hin zu überprüfen. Deshalb habe sich die Beklagte zu 1) dazu entschieden, das Warensortiment weitestgehend von inländischen Lieferanten zu beziehen, die ihr als seriöse Unternehmen bekannt seien und ihr gegenüber garantierten, dass durch den Vertrieb der gelieferten Produkte keine Schutzrechte Dritter verletzt würden. Bei den Lieferanten der streitgegenständlichen Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Steckern handele es sich um derartige inländische Fachunternehmen. Im Übrigen seien die Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung des Klägers, soweit diese Lieferungen der Nebenintervenientin und deren Rechtsvorgängerin, der B beträfen, durch deren Zahlung von pauschliertem Schadensersatz mit abgegolten worden. Gleiches gelte für die A GmbH. Die durch die vorgerichtliche Abmahnung ausgelöste Geschäftsgebühr der Rechts- und Patentanwälte des Klägers sei nur mit einem Gebührensatz von 1,3 gerechtfertigt, weil besondere Kenntnisse nicht erforderlich gewesen seien. Eventuell fehlende technische oder rechtliche Kenntnisse hätten durch den mitwirkenden Patent- bzw. Rechtsanwalt ausgeglichen werden können.

Die Nebenintervenientin bringt vor, dass der Auskunftsanspruch bereits größtenteils erfüllt sei. Sie, die Nebenintervenientin, habe das streitgegenständliche Produkt in China unmittelbar bei dem dortigen Hersteller erworben und an die Niederlassung der hiesigen Beklagten in China geliefert. Die Tätigkeit der Nebenintervenientin beschränke sich damit auf das Gebiet von China, wo das Klagepatent nicht gelte. Durch die von ihr, der Nebenintervenientin, mit dem Kläger getroffene Schadensersatzvereinbarung seien auch Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten mitabgegolten worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

I.

Die von dem Kläger noch geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung, Schadensersatzfeststellung und Erstattung der Abmahnkosten sind zum Teil begründet, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG und §§ 140b PatG, §§ 242, 259 BGB.

1.) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die von der Beklagten zu 1) und deren Rechtsvorgängern, der E-GmbH und der EAG, vertriebenen Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Stecker die Lehre aus Patentanspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß verwirklichen, Art. 69 EPÜ.

2.) Die Beklagten halten den von dem Kläger geltend gemachten Ansprüchen auf Schadensersatz und Rechnungslegung jedoch entgegen, dass sie nicht schuldhaft gehandelt hätten, als sie die patentverletzenden Kabel vertrieben haben. Als reines Handelsunternehmen sei es ihnen mit tragbarem Kostenaufwand nicht möglich gewesen, hinsichtlich jedes einzelnen der etwa 80.000 von ihnen vertriebenen Artikel nachzuprüfen, ob Schutzrechte, insbesondere technische Schutzrechte beeinträchtigt worden seien.

Der Einwand der Beklagten greift nicht durch. Nach allgemeiner Rechtsprechung ist ein Fachunternehmen, das sich mit der Herstellung eines Erzeugnisses befasst, welches fremde Schutzrechte verletzen kann, verpflichtet, die Schutzrechtslage zu überprüfen und sich auf geeignete Weise zu vergewissern, ob das eigene Erzeugnis nicht Rechte Dritter beeinträchtigt (BGH, GRUR 2006, 575, 577 – Melanie). Ob diese Verpflichtung in gleichem Umfang für jeden Händler gilt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Sie gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls für denjenigen, der ein Erzeugnis bezieht, ohne sich bei seinem Lieferanten zu vergewissern, dass die notwendige Überprüfung von diesem oder einem früheren Glied in der Vertriebskette mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden ist. Das betrifft insbesondere Händler, die ein Erzeugnis aus dem Ausland beziehen, weil gerade dann die Gefahr besteht, dass der Hersteller und etwaige weitere nur im Ausland handelnde Glieder der Vertriebskette zu einer Prüfung des Erzeugnisses im Hinblick auf inländische Schutzrechte keine Veranlassung gesehen haben.

Die Beklagten haben nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass sie sich bei ihren Lieferanten vergewissert haben, dass diese die streitgegenständlichen Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Steckern auf die Verletzung inländischer technischer Schutzrechte hin überprüft haben. Die Beklagten haben lediglich allgemein ausgeführt, dass die Beklagte zu 1) ihr Warensortiment weitestgehend von inländischen Lieferanten beziehe, die ihr als seriöse Unternehmen bekannt seien und ihr gegenüber garantierten, dass durch den Vertrieb der gelieferten Artikel keine Rechte Dritter, insbesondere keine technischen Schutzrechte beeinträchtigt würden und es sich bei den Lieferanten der streitgegenständlichen Kabel um derartige inländische Fachunternehmen handele. Auch nachdem die Klägerin demgegenüber eingewandt hat, dass sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht ergebe, mit welchen Maßnahmen die Beklagte zu 1) sichergestellt habe, dass die notwendige Prüfung auf Verletzung von Rechten Dritter durchgeführt worden sei, haben die Beklagten ihre allgemeinen Darlegungen nicht weiter präzisiert. Es ist daher nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgänger sich tatsächlich bei ihren Lieferanten darüber vergewissert haben, dass die Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Steckern keine inländischen technischen Schutzrechte verletzen. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund des Vorbringens der Nebenintervenientin, von der die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgänger das streitgegenständliche Produkt seit 2001 bezogen hat, dass diese die Kabel bei einem Hersteller in China erworben und unmittelbar an die Niederlassung der Beklagten in China geliefert habe. Dann hatte die Beklagte zu 1) bzw. deren Rechtsvorgänger als Importeur der Kabel nach Deutschland auf jeden Fall die Verpflichtung, die von ihnen nach Deutschland importierte Ware auf die Verletzung von inländischen technischen Schutzrechten hin zu überprüfen.

3.) Hinsichtlich der von der Nebenintervenientin bzw. deren Rechtsvorgängerin, der B, bezogenen Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Steckern hat der Kläger jedoch auf die Geltendmachung seines Schadensersatzanspruchs gegenüber den Beklagten rechtswirksam verzichtet. Den Verzicht hat der Kläger mit Schreiben seines patentanwaltlichen Vertreters vom 21.7.2006 gegenüber dem patentanwaltlichen Vertreter der Nebenintervenientin zugunsten der Beklagten schlüssig erklärt. Diesem Schreiben ging die als Anlagen B 1 bis B 7 vorgelegte Korrespondenz zwischen den patentanwaltlichen Vertretern des Klägers und der Nebenintervenientin voraus. Nachdem die Nebenintervenientin sich – unter anderem – zum Schadensersatz gegenüber dem Kläger verpflichtet und Rechnung über den Umfang ihrer patentverletzenden Handlungen gelegt hatte, schlug sie dem Kläger mit Schreiben vom 20.4.2006 zur Abgeltung aller Patentverletzungshandlungen die Zahlung von 4.000,– € zuzüglich der dem Kläger entstandenen Patentanwaltskosten auf Basis eines Gegenstandswertes von 100.000,– € vor. Der Kläger erklärte daraufhin durch seinen Patentanwalt mit Schreiben vom 23.6.2006, dass er mit dem vorgeschlagenen Schadensersatzbetrag einverstanden sei, allerdings auf der Erstattung der Patentanwaltskosten auf Basis eines Gegenstandswertes von 250.000,– € bestehe. Auf dieser Basis sei die von der Nebenintervenientin gewünschte Einigung möglich. Die Nebenintervenientin teilte daraufhin mit Schreiben vom 6.7.2006 mit, dass sie mit dem vorgeschlagenen pauschalen Schadensersatz von 4.000,– € sowie der Erstattung der Patentanwaltskosten auf Basis eines Gegenstandswertes von 250.000,– € einverstanden sei. Sie fügte hinzu, dass sie davon ausgehe, dass damit alle aus der Verletzung des deutschen Teils des Klagepatents herleitbaren Ansprüche gegen sie und ihre Abnehmer abgegolten seien, und bat um Rechnungsstellung. Damit modifizierte die Nebenintervenientin das Angebot des Klägers dahingehend, dass mit der Zahlung der genannten Beträge nicht nur Ansprüche gegen sie, die Nebenintervenientin, sondern auch Ansprüche gegen ihre Abnehmer abgegolten sein sollten, so dass darin nicht bereits die Annahme des Angebotes des Klägers mit Schreiben vom 23.6.2006 liegt, sondern ein neues Angebot seitens der Nebenintervenientin gegenüber dem Kläger zu sehen ist. Dieses Angebot hat der Kläger schlüssig angenommen, indem er mit Schreiben vom 21.7.2006 durch seinen Patentanwalt die von der Nebenintervenientin erbetene Kostenrechnung übersandte und gegenüber dieser erklären ließ, dass mit der Begleichung der Kostenrechnung die Angelegenheit erledigt sei. Damit hat der Kläger auf Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten als Abnehmer der Nebenintervenientin wegen Verletzung des Klagepatents verzichtet. Das gleiche gilt für Rechnungslegungsansprüche soweit es sich um Nebenansprüche zu den Schadensersatzansprüchen handelt.

Ein solcher Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung von Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüchen kann dem Vorbringen der Beklagten hinsichtlich der von der A GmbH bezogenen Audioverbindungskabel nicht entnommen werden. In dem von den Beklagten vorgelegten Schreiben der rechtsanwaltlichen Vertreter der A GmbH vom 24.7.2006 bot diese dem Kläger eine pauschale Schadensersatzleistung in Höhe von 3.500,– € an und stimmte den Regelungen aus einem vorangegangenen Schreiben des Klägers vom 22.6.2006 zu. Dieses Angebot wurde von dem Kläger mit Schreiben vom 1.8.2006 angenommen. Eine Regelung, wonach mit der Zahlung der 3.500,– € auch Schadensersatzansprüche des Klägers gegen Abnehmer der A GmbH abgegolten sein sollten, ist keinem der Schreiben zu entnehmen.

Die Beklagten bleiben daher gegenüber dem Kläger rechnungslegungs- und schadensersatzpflichtig, soweit die klagepatentverletzenden Audioverbindungskabel mit Cinch (RCA)-Stecker nicht von der Nebenintervenientin bezogen wurden.

4.) Entgegen der Ansicht der Nebenintervenientin ist der von dem Kläger geltend gemachte Rechnungslegungsanspruch nach § 140 b PatG und §§ 242, 259 BGB nicht durch das Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) vom 24.2.2006 erfüllt worden. Es fehlen vollständige Angaben insbesondere zu den einzelnen Lieferungen, Lieferzeiten, Namen und Anschriften der Abnehmer, der betriebenen Werbung sowie den nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns. Soweit die Nebeninterveneintin ausführt, bei den Abnehmern handele es sich um Endkunden, deren Namen die Beklagte an der Ladenkasse nicht erfasse, gilt dies jedenfalls nicht für Kunden, welche die Ware im Internet bestellt haben. Die Beklagten sind also weiterhin verpflichtet, in vollem Umfang Rechnung über die von ihnen begangenen patentverletzenden Handlungen zu legen.

II.

Der von dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung vom 26.1.2006 ist unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB, dem Grunde nach gerechtfertigt. Das wird von der Beklagten zu 1) auch nicht in Frage gestellt. Zu Recht steht auch nicht in Streit, dass der Kläger die Erstattung jeweils einer Geschäftsgebühr für die an der Erstellung der Abmahnung beteiligten Rechts- und die beteiligten Patentanwälte verlangen kann. Die Doppelvertretung war gerechtfertigt, weil es sich um eine Patentstreitsache handelt. Die Beklagten wenden jedoch ein, dass eine Erhöhung des Gebührensatzes von 1,3 wegen besonderer Kenntnisse nicht in Betracht komme, weil eventuell fehlende Kenntnisse des Rechtsanwaltes in technischer Hinsicht durch die Mitwirkung des Patentanwalts und etwaige fehlende Kenntnisse des Patentanwalts in rechtlicher Hinsicht durch die Mitwirkung des Rechtsanwaltes hätten ausgeglichen werden können. Darin kann ihnen nicht zugestimmt werden.

Die Höhe der Gebühren eines Rechtsanwaltes bestimmt sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und hierbei wiederum nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die den Anwälten zustehenden Gebühren für ihre im Rahmen des Abmahnverfahrens entstandenen Kosten bestimmen sich nach dem Streitwert der Angelegenheit. Dieser ist von dem Kläger vorgerichtlich mit 250.000,00 € angesetzt worden, ohne dass die Beklagten dem entgegen getreten sind oder sonstige Bedenken bestehen. Auf der Grundlage des Gegenstandswertes kann der anwaltliche Vertreter für seine außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers nach §§ 13, 14 i.V.m. Abschnitt 4 der Anlage 1 zum RVG (Ziffer 2400 ff.) eine 1,8-Gebühr zugrunde legen. Gleiches gilt für die Berechnung der Gebühren des von dem Kläger beauftragten patentanwaltlichen Vertreters.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG hat der Rechts- bzw. der Patentanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Gericht hat im Rahmen des Anspruchs des Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten auf Ersatz der bzw. Freistellung von den angefallenen Rechts- bzw. Patentanwaltsgebühren allein darüber zu entscheiden, ob der Ansatz der jeweils geltend gemachten 1,8-Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ist. Bei der hiernach vorzunehmenden Überprüfung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG dem Anwalt bei der Bestimmung der Gebühren ein Ermessen einräumt. Die Festsetzung ist verbindlich, wenn eine gewisse Toleranzgrenze nicht überschritten wird. Dem Rechtsanwalt, der seine Vergütung gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen bestimmt, steht ein 20-prozentiger Toleranzbereich zu, innerhalb dessen die Vergütungsbestimmung noch nicht als unbillig anzusehen ist (vgl. Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 25. Oktober 2005, Az. 4b O 199/05; AG Brühl, NZV 2004, 416 m.w.N.; Walter, Die vorprozessuale Abmahnung und das RVG, Mitt. 2005, 299).

Welche Gebühr der Anwalt für seine Tätigkeit im Einzelfall verdient hat, ist gemäß § 14 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände zu bestimmen. Einen Anhalt dafür, welche Rahmengebühr der Gesetzgeber für einen normal gelagerten Fall als angemessen erachtet hat, liefert der Zusatz zu Ziffer 2400 VV (Anlage 1 zum RVG), nach dem eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Aus dieser alternativen Formulierung folgt, dass eine Überschreitung der 1,3 Gebühr bereits dann gerechtfertigt ist, wenn eine der beiden Voraussetzungen gegeben ist. Für Fälle, in denen es um die Verletzung von Patenten geht, ist offensichtlich, dass sowohl für Rechtsanwälte unabhängig von einer konkreten Betrachtungsweise bereits ein gehobener Schwierigkeitsgrad besteht, weil es sich bei dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und insbesondere des Patentrechts nicht um einen solchen handelt, der üblicherweise in der Juristenausbildung behandelt wird. Hierzu bedarf es besonderer Kenntnisse, die von den Rechtsanwälten gefordert werden, wenn sie sich mit solchen Aufgaben befassen. Dass üblicherweise gleichzeitig auch ein Patentanwalt hiermit betraut ist, ändert an der Bewertung der Schwierigkeit der Angelegenheit für den verantwortlich tätigen Rechtsanwalt nichts, da dieser trotz der Unterstützung durch den Patentanwalt mit der Klärung technischer Sachverhalte genauso befasst ist wie mit der Überprüfung von rechtlichen Fragestellungen. Umgekehrt gilt für den Patentanwalt, dass sich dieser, auch wenn er mit einem Rechtsanwalt zusammenarbeitet, neben dem technischen Sachverhalt auch mit den rechtlichen Implikationen einer Patentverletzung auseinander zu setzen hat.

Schon auf Grund dieser Umstände ist eine Überschreitung der 1,3 Gebühr nach Ziffer 2400 VV (Anlage 1 zum RVG) gerechtfertigt. In dem hier zu entscheidenden Fall kommt hinzu, dass es sich um keine leicht überschaubare Technik handelt, was einen Gebührensatz von 1,5 als angemessen erscheinen lässt. Unter Beachtung des den Anwälten zugestandenen Toleranzbereiches von 20 % ist eine Gebühr von 1,8 – aber nicht mehr eine Gebühr von 1,9 – als noch billig anzusehen. Bei dem der Abmahnung zugrundeliegenden Streitwert von 250.000,- € beläuft sich diese auf 3.693,60 €. Entsprechend dem Vorbringen des Klägers ist hiervon eine 0,75 Geschäftsgebühr auf der Grundlage des Streitwertes des Rechtsstreits in Höhe von 150.000,– € in Höhe von 1.188,75 € abzuziehen, so dass sich ein Netto-Betrag in Höhe von 2.504,85 € und (zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer davon) ein Brutto-Betrag von 2.980,77 € ergibt. Da an der vorprozessualen Abmahnung sowohl ein Patent- als auch ein Rechtsanwalt beteiligt waren, ist der Betrag zu verdoppeln, so dass sich zu erstattende Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 5.961,54 € errechnen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht, soweit in der Sache entschieden wurde, auf § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht den Unterliegensanteilen der Parteien. Soweit der Rechtsstreit von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, sind die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, § 91a ZPO. Die Klage war zum Zeitpunkt der Erledigung hinsichtlich des von dem Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruchs zulässig und begründet, wie sich aus den obigen Ausführungen zu I. 1. ergibt. Auf ein Verschulden kommt es insoweit nicht an. Billigkeitsgründe, die eine andere Kostenentscheidung hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klage rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.

Die Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention geht auf § 101 Abs. 1 ZPO zurück.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 108 ZPO. Die Voraussetzungen der Abwendungsbefugnis nach §§ 711 f. ZPO sind nicht dargetan.

Der Streitwert wird wie folgt bestimmt:
bis 21.6.2007: 150.000,– €
danach: 75.000,– € zuzüglich Kosteninteresse aus 75.000,– €