2 U 82/07 – Wasserbehandlung II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1966

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. November 2012, Az. 2 U 82/07

Vorinstanz: 4a O 375/06

I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. August 2007 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen mit der Maßgabe,

– dass die Auskunftserteilung und Rechnungslegung gemäß dem Tenor zu II. des landgerichtlichen Urteils wegen in der Zeit vom 20. Mai 2005 bis zum 14. März 2011 begangener Handlungen an den Kläger und wegen ab dem 15. März 2011 begangener Handlungen an die WCR Technologie GmbH in 42781 Haan zu erfolgen hat;

– dass der Feststellungsausspruch zu III. des landgerichtlichen Urteils darauf gerichtet ist, dass die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der der B GmbH & Co. KG, Lieberstraße 3, 6010 Innsbruck, Österreich, durch die im landgerichtlichen Urteil unter Ziffer I. bezeichneten, in der Zeit vom
20. Mai 2005 bis zum 14. März 2011 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird, sowie der WCR Technologie GmbH in 42781 Haan allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils bezeichneten, in der Zeit seit dem 15. März 2011 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

II.
Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 180.000,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

I.
Der Kläger ist Masseverwalter über das Vermögen der B GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin) in C/Österreich. Diese ist seit dem 17. März 2005 eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents
0 957 XXX (Anlage K 14; Klagepatent), das ein Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen betrifft.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 24. März 1998 eingereicht. Der Hinweis auf die Patentereilung wurde am 20. April 2005 im Patentblatt bekannt gemacht. Das Klagepatent steht in Kraft.

Die Beklagten haben gegen den deutschen Teil des Klagepatents Nichtigkeitsklage erhoben. Im Nichtigkeitsverfahren hat die Klägerin das Klagepatent in eingeschränktem Umfang verteidigt. Durch Urteil vom 16. Oktober 2008 (3 Ni 30/06 (EU)) hat das Bundespatentgericht das Klagepatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 folgende – der Selbstbeschränkung entsprechende – Fassung erhalten hat (wobei die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch durch Unterstreichen hervorgehoben sind):

„Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, wobei die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird.“

Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Berufung eingelegt, über die der Bundesgerichtshof (X ZR 145/08) bislang noch nicht entschieden hat.

Wegen des Wortlauts der nur „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 2, 3, 4, 5, 11, 12 und 14 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Über das Vermögen der Schuldnerin ist – nach Erlass der angefochtenen Entscheidung – am 9. Dezember 2008 vom Landgericht Innsbruck das Konkursverfahren eröffnet worden (vgl. Anlage BoB2 [Bl. 223 GA]). Zum Masseverwalter ist der Kläger bestellt worden, der den vorliegenden Rechtsstreit aufgenommen hat. Im Verlaufe des Berufungsverfahrens ist das Klagepatent auf die WCR Technologie GmbH in Haan übertragen worden; die Umschreibung ist am
15. März 2011 erfolgt.

Erfinder des Gegenstandes des Klagepatents sowie des Gegenstands des europäischen Patents 1 098 XXY, das ein Verfahren zum Überführen eines vorzugsweise schwachsauren Ionenaustauschermaterials von der H-Form in die Ca-Form betrifft, sind D und E. Diese waren vormals bei der F GmbH (nachfolgend: F GmbH) beschäftigt. Dr. D wurde in der Folgezeit Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin. Die F GmbH, die sich mit der Entwicklung von Produkten und Verfahren zur chemiefreien Behandlung von Flüssigkeiten, insbesondere Trinkwasser, sowie mit der Entwicklung und Anwendung von Verfahren und Vorrichtungen zur Fertigung dieser Produkte befasste, fiel am 15. Februar 1999 in Konkurs. Zwischen den Erfindern und der F GmbH war vereinbart, dass diese die Schutzrechte gegen Vergütung nutzen konnte, wobei der F GmbH Übertragungen der Schutzrechte gestattet waren. Die Vereinbarung stand unter der auflösenden Bedingung, dass die übertragenen Rechte im Konkursfall an die Erfinder zurückfallen sollten. Als diese mit Eröffnung des Konkursverfahrens die Übertragung begehrten, geschah dies mit Ausnahme des Klagepatents. Der seinerzeitige Geschäftsführer der F GmbH, G, hatte dieses im November 1998 und damit vor Eröffnung des Konkursverfahrens ohne Wissen der Erfinder auf seinen Sohn, H, übertragen. Nachdem die eingetragenen Erfinder die Übertragung gerichtlich angefochten hatten, wurde H rechtskräftig zur Einwilligung in die Rückübertragung verurteilt.

H gründete mit Gesellschaftsvertrag vom 1. März 1999 die Beklagte zu 1. und mit Gesellschaftsvertrag vom 17. November 1999 die Beklagte zu 2. Bis Januar 2003 war er deren Geschäftsführer. Seitdem ist die Beklagte zu 3., bei der es sich um die Tante von H handelt, Geschäftsführerin der Beklagten zu 1. und 2.

Die Beklagte zu 2. vertreibt Geräte zur Wasserbehandlung, die in Verbindung mit einem mitgelieferten Granulat dazu dienen, Kalk aus Wasser auszufällen. Sie bietet u. a. über das Internet „F-Geräte“ an, die sie dort ausweislich der in erster Instanz von der Schuldnerin überreichten Anlage K 17 wie folgt beworben hat:

„Der F-Effekt

Hier setzt die patentierte Catalysator-Technologie ein. Beim Durchfließen des F-Gerätes überströmen die im Wasser gelösten Kalkmoleküle die Oberflächen eines ganz neu entwickelten Granulates, das positiv als Catalysator wirkt: Die Granulat-Oberflächen sind so gestaltet, dass die Kalkmoleküle bei Berührung dieser Matrix in kristalliner Form ausfällen und sehr schnell zu Calcitkristallen auswachsen. Nach Abschluss dieses immer gleichen Wachstums im F Catalysator haften diese Kristalle nicht mehr an anderen Oberflächen und werden schwebend im Wasser mitgeführt.“

In einer jedenfalls in der Vergangenheit über das Internet abrufbaren sowie den Geräten in gedruckter Form beigelegten „Montage- und Betriebsanleitung mit technischen Daten“ (auszugsweise als Anlage K 18 vorgelegt) werden Aufbau und Funktion des Geräts wie folgt beschrieben:

„Der F COMFORT I besteht aus einem Polyglastank mit einem Anschlusskopf.

Der Behälter ist mit kugelförmigem I Material gefüllt. In dieses Bett aus Granulat strömt das Wasser durch den Anschlusskopf und das Zulaufrohr ein.

Durch Kontakt der im Wasser gelösten Kalkbestandteile mit der Oberfläche des I Granulates im Schwebebett erfolgt ein optimales Wachstum von speziellen Antikalk-Kristallen (Impfkristalle). Diese Kristalle bleiben schwebend im Wasser und verhindern so den Kalkansatz.“

Entsprechende Erläuterungen finden sich in einer Montage- und Betriebsanleitung (Anlage K 2) der Beklagten zu 2. betreffend den „I-Typ 75“.

In einer bislang im Internet unter der Adresse „www.F.de“ – Inhaberin dieser Domain ist die Beklagte zu 2. – abrufbaren „F-Fibel“ (Anlage K 20) heißt es zum „Vorteil von F“:

„Das F®-Gerät arbeitet mit einer katalytischen Oberfläche, die auf einem kleinen Keramikgranulat hinterlegt ist. Bei Kontakt des Trinkwassers mit dieser Keramikoberfläche bilden sich auf natürliche Weise zunächst in der Stufe 1 sogenannte „Impfkristalle“, die mit dem Wasser weiter in die Hauswasserinstallation getragen werden.

Sofort nach Bildung der F®-Impfkristalle binden diese Impfkristalle weiter den im Wasser gelösten Kalk auf ihren Oberflächen. Dabei bilden sich kleine Kalkkristalle, die nicht größer als 30 µm werden (1/1000 mm = 0,001 mm, zum Vergleich: ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von 180 µm). Diese Kristalle werden mit dem Wasser mitgetragen und haften nicht mehr an Oberflächen an.

Durch diese neue Struktur werden Kalkablagerungen verhindert, ohne dass sich die Zusammensetzung des Wassers in seiner Natürlichkeit geändert hat. Das Wasser bleibt frei von Chemikalien. Das Gerät bedarf keiner besonderen Wartung.“

Das in den vorerwähnten Unterlagen K 17, K 18 und K 21 angesprochene „kugelförmige I Material“ (Granulat) wird von der Beklagten zu 1. hergestellt und teils direkt an die Abnehmer, teils an die Beklagte zu 2. vertrieben, die das Material an dritte Abnehmer weiterliefert.

Die Schuldnerin hat hierin eine Verletzung des Klagepatents gesehen. Mit der noch von ihr selbst erhobenen Klage hat sie die Beklagten deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz und zur Leistung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch genommen. Die Schuldnerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die Beklagten weiterhin ein Ionenaustauschermaterial zur Durchführung des unter Schutz gestellten Verfahrens anböten und vertrieben. In dem „F-Gerät“, für welches das angegriffene Ionenaustauschermaterial angeboten werde, komme das klagepatentgeschützte Verfahren zur Anwendung. Insbesondere finde eine „katalytische Fällung“ im Sinne des Klagepatents statt, weil sich das Ionenaustauschermaterial der Beklagten nicht verbrauche.

Die Beklagten, die um Abweisung der Klage und hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Sie haben geltend gemacht, die angegriffene Ionenaustauschermaterial sei nicht zur Ausübung des klagepatentgemäßen Verfahrens geeignet. Bei dem angegriffenen Material und den von der Beklagten zu 2. angebotenen Geräten werde die Fällung nämlich nicht „katalytisch“, d. h. nicht ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung bewirkt. Vielmehr erfolge die Ausfällung von gelöstem Kalk unter Bildung kleiner Kalkkristallkeime unter ständigem Ionenaustausch von an den funktionellen Gruppen angelagerten Gegenionen durch Calciumionen aus der Lösung. Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb das Verfahren jedenfalls bis zur Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen sei.

Durch Urteil vom 14. August 2007 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen überwiegend entsprochen, wobei es wie folgt erkannt hat:

„.I.
Die Beklagten zu 1. bis 3. werden verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren – die Ordnungshaft im Fall der Beklagten zu 1) und 2) zu vollziehen an den gesetzlich für sie handelnden Personen – zu unterlassen,

ein Ionenaustauschermaterial in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern zur Durchführung eines Verfahrens zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, bei dem die Lösung mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, bei dem weiter ein schwachsaures Ionenaustauschermaterial an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen sind, wobei die Fällung katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung, bewirkt wird.

I.
Die Beklagten zu 1. bis 3. werden verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten zu 1. bis 3. die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 20. Mai 2005 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Inhalten, Leistungsentgelten sowie unter Einschluss der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
b) der einzelnen Lieferungen unter Angabe der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinnes,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist oder nicht.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 20. Mai 2005 entstanden ist oder noch entstehen wird.

IV.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“

Abgewiesen hat das Landgericht die Klage lediglich insoweit, als die Schuldnerin mit dieser auch die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zu 1. und 2. zur Leistung einer angemessenen Entschädigung begehrt, und sie die Beklagten zu 1. und 2. auch insoweit begleitend auf Rechnungslegung in Anspruch genommen hat. Zur Begründung der Verurteilung der Beklagten hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagten verletzten das Klagepatent mittelbar. Das angegriffene Ionenaustauschermaterial sei ein Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehe und die dazu geeignet und bestimmt sei, für die Ausübung des von Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Verfahrens verwendet zu werden. Es sei unstreitig, dass das angegriffene Ionenaustauschermaterial schwach sauer sei und an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweise, die vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen worden seien. Die Beklagten stellten lediglich in Abrede, dass es bei den angegriffenen Ionenaustauschermaterial zu einer „katalytischen Fällung“ im Sinne des Klagepatents komme, die Fällung also ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung bewirkt werde. Darüber hinaus zögen die Beklagten in Zweifel, dass es physikalisch überhaupt möglich sei, eine Fällung ohne ständigen Ionenaustausch von am Ionenaustauschermaterial angelagerten Gegenionen durch Ionen aus der Lösung zu bewirken. Mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen hätten die Beklagten die Eignung ihres Materials zur Ausführung des betreffenden Verfahrensschrittes jedoch nicht in erheblicher Weise in Abrede gestellt. Die Werbeaussagen der Beklagten belegten, dass der in der Beschreibung des Klagepatents beschriebene Mechanismus zum Tragen komme. Dass die Fällung „katalytisch“ erfolge, ergebe sich ebenfalls aus den vorliegenden Werbeaussagen zur Funktionsweise des angegriffenen Granulats. Das Bestreiten einer Verwirklichung des in Rede stehenden Merkmals sei demgegenüber nicht hinreichend qualifiziert. Die Beklagten hätten nicht aufgezeigt, auf welche alternative Art und Weise der von ihnen ausdrücklich beworbene Effekt erreicht werden solle, wenn nicht mit dem der Lehre des Klagepatents entsprechenden Mittel, wobei ergänzend auf das vorprozessuale Verhalten der Beklagten sowie auf die das Klagepatent betreffenden Vindikationsklagen abzustellen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie eine vollständige Abweisung der Klage erstreben. Zur Begründung führen sie aus:

Bei der Benutzung ihres Granulats finde keine „katalytische“ Kalkausfällung statt. Tatsachenfeststellungen hierzu habe das Landgericht nicht getroffen. Ihrem Beweisantritt dazu, dass ihr Ionenaustauschermaterial auf der Grundlage eines ständigen Austausches der an den funktionellen Gruppen angelagerten Ionen mit Ionen aus der Lösung arbeite, sei das Landgericht ebenso wenig nachgegangen, wie ihrem Vorbringen, wonach die im Klagepatent behauptete katalytische Fällung physikalisch überhaupt nicht möglich sei. Verkannt habe das Landgericht, dass schon kein „qualifizierter“ Vortrag der Klägerin zur angeblich katalytischen Wirkung des angegriffenen Ionenaustauschermaterials vorgelegen habe. Es reiche nicht aus, wenn die Klägerin auf ihre Werbung verweise. Soweit dort das Wort „katalytisch“ verwendet werde, sei dies nur eine werbemäßige Umschreibung dafür, dass Geräte mit ihrem Ionenaustauschermaterial ohne Einsatz von Chemikalien auskämen.

Tatsächlich liege eine Patentverletzung nicht vor. Das Klagepatent sei ein „Phantom“. Es könne überhaupt nicht verletzt werden, weil es nicht nacharbeitbar sei.

Ihr lonenaustauschergranulat arbeite genau so, wie jedes lonenaustauschermaterial üblicherweise arbeite, nämlich im Wechsel zwischen Beladung durch Ionen aus der Lösung und Regeneration unter Abgabe von Ionen aus seiner lonenbeladung an die Regenerierflüssigkeit. Die Regenerierflüssigkeit sei nichts anderes als ganz normales Leitungswasser. Der Funktionsmechanismus sei spätestens seit 1977 bekannt und in der zwischenzeitlich aufgefundenen deutschen Offenlegungsschrift 27 14 XXX (Anlage Bo B1) dokumentiert.

Wegen des aufgezeigten Wirkungsmechanismus vertrieben sie ihr lonenaustauschergranulat auch nur mit einem im Zuge der Konvertierung aus der
H-Form herbeigeführten Beladungsgrad von etwa 50 %.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und tritt den Ausführungen der Beklagten im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 31. März 2010 (Bl. 309 – 319 GA) die Einholung des schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen angeordnet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das von Prof. Dr. rer. nat. habil.
L, Professor für Hydrochemie an der TU Dresden, unter dem 15. Juni 2011 erstattete schriftliche Gutachten (Bl. 412 – 438 GA) verwiesen

II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagten zur Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und zum Schadensersatz verurteilt. Durch das Anbieten und die Lieferung des angegriffenen „I Materials“ verletzen die Beklagten das Klagepatent mittelbar. Im Hinblick auf die zwischenzeitliche Umschreibung des Klagepatents auf einen Dritten sind lediglich die Aussprüche des landgerichtlichen Urteils betreffend die Rechnungslegungs- und Auskunftspflicht der Beklagten sowie ihre Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit ab der Umschreibung anzupassen gewesen. Eine Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeit des deutschen Teils des Klagepatents kommt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Nichtigkeitsberufung nicht in Betracht.

A.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen.

Mit „Fällung“ bezeichnet man in der Chemie üblicherweise die Methode, einen gelösten Stoff durch Zusätze geeigneter Substanzen ganz oder teilweise als unlöslichen Niederschlag in Form von Kristallen, Flocken oder Tröpfchen aus einer Lösung auszuscheiden (vgl. Römpp, Chemie Lexikon, 9. Aufl., Anlage LSG 23, Stichwort „Ausfällen“).

Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, lassen sich störende ionische Inhaltsstoffe aus einer Flüssigkeit entfernen, indem man sie in die Form eines schwerlöslichen Salzes bzw. Minerals überführt und damit fällt. Viele Metallionen, wie z. B. Ca2+-Ionen, lassen sich in Form schwerlöslicher Hydroxide fällen, was über den pH-Wert gesteuert wird (Anlage K 14, Abs. [0002]; BPatG, Urt. v. 16.10.2008 [nachfolgend: NU], Umdr. Seite 8).

Ca2+-Ionen im Wasser werden nach den Erläuterungen in der Klagepatentschrift großtechnisch entfernt, indem man sie im Rahmen einer so genannten Entkarbonisierung als CaCO3 (Kalk) fällt. Diese Reaktion wird ebenfalls durch den pH-Wert gesteuert (Anlage K 14, Abs. [0003]). Eine solch großtechnische Entkarbonisierung von kalkhaltigem Wasser wird herkömmlicherweise dadurch realisiert, dass man durch Zugabe bestimmter Chemikalien (Kalkmilch, Natronlauge, Soda) den pH-Wert des Wassers anhebt und damit das Kalk-Kohlensäuren-Gleichgewicht stark in die Übersättigung verschiebt. Die einsetzende homogene Keimbildung erzeugt Kalkkristallkeime, an denen der im Wasser gelöste Kalk ausfällt (Anlage K 14, Abs. [00016]).

Das Entfernen der gefällten Wasserinhaltsstoffe setzt voraus, dass man diese auch vom Wasser trennen kann. Zur Abtrennung der gefällten Wasserinhaltsstoffe ist es daher wesentlich, dass diese flocken bzw. sedimentieren, wobei sie weiterwachsen und/oder agglomerieren können (Anlage K 14, Abs. [0005], BPatG, NU, Umdr. Seite 8). Durch Zugabe von bestimmten Salzen (Aluminiumsalze, Eisensalze) lässt sich dieses Verhalten steuern (Anlage K 14, Abs. [0005]).

Die Klagepatentschrift beanstandet an diesen herkömmlichen Verfahrenstechniken als nachteilig, dass es bei der Einbringung des Fällungsmittels zu lokalen Überdosierungen kommen kann, z. B. beim Hinzudosieren von Natronlauge. Eine solche lokale Überdosierung kann gemäß den Angaben der Klagepatentschrift zur Fällung von an sich weniger löslichen Wasserinhaltsstoffen führen, die dann als verschleppter Feststoffanteil im nachfolgenden Fällungsprozess schlecht kontrollierbare Bedingungen erzeugen (Anlage K 14, Abs. [0006], vgl. a. BPatG, NU, Umdr. S. 8).

Bekannt ist außerdem die Verwendung von lonenaustauschermaterialien in der Wasser- bzw. Abwasseraufbereitung, um unerwünschte Ionen gegen erwünschte Ionen oder für den jeweiligen Verwendungszweck weniger störende Ionen auszutauschen (Anlage K 14, Abs. [0008]).

„Ionenaustauscher“ sind Materialien, mit denen gelöste Ionen durch andere Ionen gleicher Ladung (d. h. positiv oder negativ) ersetzt werden können. Es findet also ein Ionentausch statt. Die auszutauschenden Ionen werden am Ionenaustauschermaterial gebunden, das seinerseits dafür vorher gebundene Ionen in die Lösung abgibt.

Solche Ionenaustauscher bestehen aus einer polymeren Matrix, die funktionelle Gruppen aufweist. Die polymere Matrix entsteht durch Copolymerisation von Styrol oder Acrylsäure mit Divinylbenzol als Vernetzer. Ionenaustauscher sind also vom grundsätzlichen Aufbau her Polymere, die auch als Kunstharze bezeichnet werden. In Abhängigkeit vom Ausgangstoff (dem Monomeren) spricht man von Polystyrol- oder Polyacrylat-Austauschern. Die funktionellen Gruppen sind zumeist organische Säure- oder Basegruppen, für Spezialfälle auch (chelat)komplexbildende Gruppen. Saure Ionenaustauscher besitzen saure funktionelle Gruppen wie die Carbonsäuregruppe, auch Caboxyl- oder Carboxysäuregruppe genannt, oder die Sulfonsäuregruppe. Diese Gruppen können dissoziieren, d. h. ihre Protonen
(H+-Ionen) abgeben. Die Reste der funktionellen Gruppe tragen dann negative Ladungen, welche durch andere positive Ionen (Kationen) kompensiert werden können. Saure Ionenaustauscher werden daher auch als Kationenaustauscher bezeichnet, wobei man bei den sauren Ionenaustauschern zwischen stark sauren und schwach sauren Austauschern unterscheidet. Der Begriff der Säurestärke beschreibt die Affinität der Protonen zum Säurerest. Im Wasser geben die stark sauren funktionellen Gruppen der stark sauren Ionenaustauscher das Proton leichter ab, die entstehenden negativen Reste der funktionellen Gruppen können leichter andere im Wasser befindliche Kationen aufnehmen, wobei zweiwertige Kationen gegenüber einwertigen bevorzugt werden (vgl. Sachverständigengutachten, Seiten 6 – 7 [Bl. 417 – 418 GA]). Belädt man nun z. B. einen stark sauren Ionenaustauscher zunächst mit einwertigen Natriumionen, kann dieser anschließend zur Abtrennung von zweiwertigen Calciumionen aus dem Wasser genutzt werden. Wenn alle Natriumionen ausgetauscht sind, muss der Ionenaustauscher regeneriert, d. h. in seine Ursprungsform zurückgeführt werden (vgl. Sachverständigengutachten, Seiten 7 [Bl. 418 GA]). Bei schwach sauren Ionenaustauschern ist das Proton fester am Säurerest gebunden (Sachverständigengutachten, Seite 7 [Bl. 418 GA]). Eine typische schwach saure funktionelle Gruppe schwach saurer Ionenaustauscher ist die Carbonsäuregruppe (Sachverständigengutachten, Seite 8 [Bl. 419 GA]).

Die Klagepatentschrift gibt an, dass im Stand der Technik beispielsweise Enthärtungsanlagen bekannt sind, die mittels Kationenaustauschern Ca2+- und/oder Mg2+-Ionen im Austausch gegen Na+-Ionen oder H+-Ionen an sich binden. Mit Anionenaustauschem (zumindest in der Cl- oder OH-Form) lassen sich gemäß den Angaben der Klagepatentschrift unerwünschte Anionen (NO3-, HCO3-, etc.) aus dem Wasser entfernen. Bekannt sind auch Verfahren, mit denen man Cu2+-Ionen oder Schwermetallionen über lonenaustausch aus dem Wasser entfernt. All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass die aus dem Wasser entfernten Ionen an den Harzaustauscher gebunden werden. Ist die Kapazität des Harzes erschöpft, muss der Ionenaustauscher regeneriert werden. Bei dem Regenerationsprozess lassen sich z. B. die aufkonzentrieren Schwermetallionen aus der Regeneration entfernen (Anlage K 14, Abs. [0008]; BPatG, NU, Umdr. Seite 8 f.).

Das Klagepatent hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein verbessertes Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen, insbesondere Wasser, anzugeben (Anlage K 14, Abs. [0007], vgl. a. BPatG, NU, Umdr. S. 9).

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Anspruch 1 des Klagepatents in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts vom 16. Oktober 2008 die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen.

(2) Die Lösung wird mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht.

(3) Das Ionenaustauschermaterial

(3.1) ist schwach sauer und

(3.2) weist an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen auf.

(4) Die funktionellen Gruppen sind vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen.

(5) Die Fällung wird katalytisch bewirkt, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung.

Wie die Klagepatentschrift in Absatz [0014] der Patentbeschreibung betont, liegt dem Klagepatent die Idee zugrunde, ein Ionenaustauschermaterial zum Induzieren eines vom Klagepatent als „katalytisch“ bezeichneten Fällungsprozesses zu verwenden (Anlage K 14, Abs. [0009]). Die Besonderheit des vorgeschlagenen Verfahrens gegenüber herkömmlichen Fällungsverfahren besteht insoweit darin, dass die Lösung, aus welcher der Feststoff ausgefällt werden soll, mit mindestens einem Ionenaustauschermaterial in Kontakt gebracht wird, was ansonsten für den Zweck einer Fällung nicht üblich ist (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 11 f. [Bl. 412 f. GA]).

Die Klagepatentschrift hebt hervor, dass gemäß der Erfindung ein speziell konditioniertes Ionenaustauschermaterial als „Katalysator“ zur Fällung von Wasserinhaltsstoffen benutzt werden kann (vgl. Anlage K 14, Abs. [0014]). Wird ein solches Ionenaustauschermaterial in die die zu fällenden Inhaltsstoffe enthaltene Lösung gegeben, führt dies der Klagepatentschrift zu Folge auf „katalytischem Wege“ zur Bildung von Kristallkeimen und schließlich zur Ausfällung (vgl. Anlage K 14, Abs. [0010], Spalte 2 Zeilen 9 bis 24; Abs. [0013], Spalte 2 Zeilen 42 bis 48; Abs. [0028], Spalte 5, Zeilen 21 bis 25). Die Kristallkeimbildung setzt nach den Erläuterungen der Klagepatentschrift (Anlage K 14, Abs. [0010]) die Verwendung eines speziell konditionierten Ionenaustauschermaterials voraus, das geeignete Wachstumsstellen zur Verfügung stellt, an denen der Ausfall stattfinden kann. Als geeignete Wachstumsstellen nennt die Klagepatentschrift Kristallkeime der zu fällenden Phase oder spezielle heterogene Oberflächen, die die Keimbildungsarbeit deutlich erniedrigen und so die Bildung heterogener Keime im Bereich niedriger Übersättigungen ermöglichen (Anlage K 14, Absatz [0010], Spalte 2 Zeilen 9 bis 24).

Das erfindungsgemäße Verfahren wird in der Klagepatentbeschreibung anhand der Kalkkristallkeimbildung in kalkhaltigen Lösungen durch ein mit Ca2+-Ionen vollständig beladenes schwach saures Ionenaustauschermaterial, namentlich anhand des Harzes „Lewatit CNP 80“ der Fa. Bayer, erläutert (Anlage K 14, Abs. [0013], [0014], [0028], [0029], [0037] und [0040]; vgl. a. BPatG, NU, Umdr. Seite 10). Belade man die Carboxylatgruppe eines schwachsauren lonenaustauschermaterials über einen Beladungsprozess vorzugsweise vollständig mit Ca2+-lonen, sei dieses beladene Material dazu geeignet, in wässrigen, kalkhaltigen Lösungen an seiner Oberfläche auf katalytischem Wege CaC03-Kristallkeime zu bilden (Anlage K 14, Abs. [0013]). Ein mit Ca2+-lonen vorzugsweise vollständig beladenes schwach saures lonenaustauschermaterial, z. B. das Harz „Lewait CNP 80“, löse in kalkhaltigen Lösungen auf katalytischem Wege Kalkkristallkeimbildung aus (Anlage K 14, Abs. [0018]).
Dieses vorausgeschickt bedürfen im Hinblick auf den Streit der Parteien insbesondere die Merkmale (4) und (5) der vorstehenden Merkmalsgliederung näherer Erläuterung.

1.
Merkmal (3) besagt zunächst nur, dass das im Rahmen des erfindungsgemäßen Fällungsverfahrens zum Einsatz kommende Ionenaustauschermaterial schwach sauer ist und an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist, wobei letzteres bei jedem Ionenaustauscher der Fall ist (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 12 [Bl. 423 GA]). Weitere Anforderungen an das im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Einsatz kommende Ionenaustauschermaterial ergeben sich – wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat (vgl. Gutachten, Seite 12 [Bl. 423 GA]) – aus Merkmal (3) nicht.

2.
Gemäß Merkmal (4) sind die funktionellen Gruppen des (schwach sauren) Ionenaustauschermaterials vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen beladen.

Dass ein Ionenaustauscher neben den funktionellen Gruppen, welche die negativen oder positiven Bindungsplätze bereitstellen, immer auch entgegengesetzt geladene Ionen (Gegenionen), welche die Ladungen der funktionellen Gruppen kompensieren und damit die notwendige Elektroneutralität gewährleisten, enthält, ist für den Fachmann – als solcher kann hier eine Person mit einer Hochschulausbildung auf den Gebieten Chemie, Verfahrenstechnik, Wasserwirtschaft oder Umweltschutztechnik angesehen werden, die über mehrjährige berufliche Erfahrungen in der Wassertechnologie verfügt (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 2 [Bl. 413 GA]) – an sich ebenfalls eine Selbstverständlichkeit. Bei der herkömmlichen Verwendung von Ionenaustauschern werden die ursprünglichen Gegenionen beim Einsatz in einem Ionenaustauschprozess gegen Ionen mit gleichsinniger Ladung ersetzt (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 12 [Bl. 423 GA]). Eine im Rahmen eines herkömmlichen Ionenaustauschverfahrens erfolgende Beladung mit Ionen durch Ersetzung der ursprünglichen Gegenionen gegen andere in der Lösung enthaltene Ionen meint das Klagepatent jedoch nicht. Indem Patentanspruch 1 vorgibt, dass die funktionellen Gruppen „vor dem Kontakt mit der Lösung“ mit Gegenionen beladen sind, bringt er zum Ausdruck, dass eine nach bzw. bei dem Kontakt mit der Lösung – im Rahmen eines Ionenaustauschprozesses erfolgende – Beladung mit Gegenionen nicht ausreicht.

Ob der Fachmann Merkmal (4) unter Berücksichtigung der Klagepatentbeschreibung, in der – wie erwähnt – die vorzugsweise vollständige Beladung der Carboxylatgruppe eines schwach sauren Ionenaustauschers über einen Beladungsprozess mit Ca2+-Ionen beschrieben wird (vgl. Anlage K 14, Abs. [0013], [0028]), wobei die ursprünglichen H+-Ionen durch Ca2+-Ionen ersetzt werden (vgl. Anlage K 14, Abs. [0033]), ferner entnimmt, dass das Ionenaustauschermaterial ursprünglich in einer anderen Form (H-Form) vorgelegen und vor dem In-Kontakt-Bringen mit der Lösung in eine andere Form (z. B. Ca-Form) überführt worden ist (vgl. dazu Sachverständigengutachten, Seite 13 [Bl. 424 GA]), kann – mit Blick auf die angegriffene Ausführungsform – dahinstehen. Ein solcher Beladungs- bzw. Überführungsschritt ist jedenfalls nicht Gegenstand des in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Verfahrens. Merkmal (4) verlangt nur, dass die funktionellen Gruppen des Ionenaustauschermaterials vor dem Kontakt mit der Lösung mit Gegenionen „beladen sind“ und beschreibt damit den fertigen Zustand des Ionenaustauschermaterials vor dem Kontakt mit der Lösung.

Merkmal (4) enthält – wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat (Gutachten, Seite 13 [Bl. 424 GA], Seite 16 [Bl. 427 GA] und Seite 17 [Bl. 428 GA]) – auch keine Vorgaben zum Beladungsgrad bzw. zur Beladungshöhe. In der Klagepatentbeschreibung wird das erfindungsgemäße Verfahren zwar anhand der Kalkkristallkeimbildung in kalkhaltigen Lösungen durch ein „vorzugsweise vollständig mit Ca2+-Ionen beladenes“ (Anlage K 14, Abs. [0013]) und [0028]) schwach saures Ionenaustauschermaterial erläutert. Abgesehen davon, dass der maßgebliche Patentanspruch 1 keine entsprechenden Vorgaben macht, ist das schwach saure Ionenaustauschermaterial auch nach der Klagepatentbeschreibung nur „vorzugsweise“ vollständig mit Ca2-Ionen beladen. Wenn die Beladung mit Ca2-Ionen hiernach aber nur „vorzugsweise“ vollständig sein soll, schließt dies eine nicht vollständige Beladung gerade nicht aus. Dass eine vollständige oder auch nur nahezu vollständige Beladung mit Calciumionen nicht zwingend erforderlich ist, ergibt sich für den Fachmann aber auch aus folgender Überlegung: Legt der Fachmann die Angaben der Klagepatentschrift zur Wirkungsweise des erfindungsgemäßen Ionenaustauschermaterials zugrunde, stellen die an den Ionenaustauscher gebundenen Calziumionen die „katalytisch“ wirksamen Zentren dar. Bei einer heterogenen Katalyse (Katalyse an einem Feststoff) nimmt die katalytische Aktivität mit der Zahl der aktiven Zentren zu. Eine aktive Menge an aktiven Zentren kann zum einen durch eine hohe Beladung und zum anderen durch eine Vergrößerung der eingesetzten Austauschermenge erhalten werden. So hat eine bestimmte Menge eines voll beladenen Ionenaustauschers die gleiche Anzahl an aktiven Zentren wie die doppelte Menge eines voll beladenen Ionenaustauschers. Der Fachmann wird vor diesem Hintergrund davon ausgehen, dass es aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zwar sinnvoll ist, die Beladung möglichst hoch zu wählen, er erkennt jedoch, dass eine vollständige oder auch nur nahezu vollständige Beladung nicht zwingend ist (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 13 [Bl. 424 GA])

3.
Nach Merkmal (5) wird die Fällung im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens „katalytisch“ bewirkt, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung.

Wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat, geht es dem Klagepatent darum, die bei herkömmlichen Fällungsverfahren infolge der Einbringung des Fällungsmittels bestehende Gefahr einer lokalen Überdosierung mit ihren nachteiligen Folgen zu vermeiden (vgl. Anlage K 14, Abs. [0005]). Zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen wird deshalb nach der Lehre des Klagepatents kein herkömmliches Fällungsmittel verwendet, sondern es wird ein (schwach saures) Ionenaustauschermaterial mit der die zu fällenden Inhaltsstoffe enthaltenden Lösung in Kontakt gebracht. Das Ionenaustauschermaterial hat hierbei nicht die Funktion eines klassischen Ionenaustauschers, mittels dessen unerwünschte Ionen aus dem zu behandelnden Wasser bzw. Abwasser gegen erwünschte Ionen oder weniger störende ausgetauscht werden, was dazu führt, dass die Kapazität des Ionenaustauschers erschöpft ist, wenn alle bzw. nahezu alle Ionen ausgetauscht sind, so dass der Ionenaustauscher dann in einem Regenerationsprozess regeneriert werden muss (vgl. Anlage K 14, Abs. [0008]). Indem Merkmal (5) angibt, dass die Fällung „katalytisch“ bewirkt wird und den Begriff „katalytisch“ selbst dahin definiert, dass es im Zuge der Fällung nicht zu einem Austausch des Gegenions (mit dem das Ionenaustauschermaterial beladen ist) mit Ionen aus der Lösung kommt, verdeutlicht Patentanspruch 1 dem Fachmann, was unter einer „katalytischen Fällung“ durch In-Kontakt-Bringen mit einem Ionenaustauscher im Sinne des Klagepatents im Gegensatz zur üblichen Anwendung eines Ionenaustauschers (Ionenaustausch des Gegenions mit den Ionen aus der Lösung und anschließender Regeneration) zu verstehen ist, um diese katalytische Wirkungsweise im Sinne des Klagepatents von der üblichen Wirkungsweise eines Ionenaustauschers abzugrenzen (so zutreffend BPatG, NU, Umdr. Seite 10 f.). Unter „Katalyse“ ist nämlich die Erscheinung zu verstehen, dass die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion durch die Gegenwart eines Stoffes beeinflusst wird, der die Reaktion scheinbar unbeeinflusst übersteht. Solche Katalysatoren werden während der Reaktion nicht dauerhaft verändert und treten also nicht in der Brutto-Reaktionsgleichung auf (vgl. Römpp Chemie-Lexikon, 8. Aufl. Bd. 3 (1983), Seite 2052 – 2059; BPatG, NU, Umdr. Seite 11). Dies bedeutet im vorliegenden Kontext, dass der Zusatz in Patentanspruch 1
„d. h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung“ für den Fachmann auch in diesem Sinne zu verstehen ist, dass der mit Gegenionen (z. B. Ca2+-Ionen) beladene schwach saure Ionenaustauscher die Fällungsreaktion nach außen hin nicht dauerhaft verändert übersteht (BPatG, NU, Umdr. Seite 11).

Insoweit handelt es sich bei Merkmal (5) nicht lediglich um eine reine Wirkungsangabe. Hiervon dürfte auch das fachkundige Bundespatentgericht ausgegangen sein (NU, Umdr. Seiten 11 und 15) und dies hat offenbar auch der gerichtliche Sachverständige im Ergebnis so gesehen (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 14 [Bl. 425 GA] und Seite 19 [Bl. 430 GA]). Dieser hat in seinem schriftlichen Gutachten zwar ausgeführt, bei Merkmal (5) handele es sich um eine reine Wirkungsangabe (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 14 [Bl. 425 GA]). Der Sachverständige hat aber auch darauf abgestellt, dass der Austauscher nach außen hin unverändert bleibt bzw. in der Gesamtbilanz des Prozesses nicht verbraucht wird (Sachverständigengutachten, Seite 14 [Bl. 425 GA]), und in diesem Zusammenhang angenommen, dass die Begriffe „Katalyse“ und „Ionenaustausch“ unvereinbar wären, wenn Calciumionen nach dem In-Kontakt-Bringen des Ionenaustauschers mit der Lösung durch andere Ionen ausgetauscht würden und der ursprüngliche Zustand des Materials damit nachhaltig verändert würde (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 19 [Bl. 430 GA]).

Ob den vorstehenden Anforderungen bereits dadurch genügt wird, dass das Ionenaustauschermaterial keiner regelmäßigen Regeneration durch besondere Regenerierungsmaßnahmen bedarf und damit nach außen hin nicht „verbraucht“, oder ob vielmehr jedweder Austausch von Gegenionen (mit denen das Ionenaustauschermaterial beladen ist) mit andere Ionen aus der Lösung, bei denen es sich nicht um die gleichen Ionen handelt, ausgeschlossen ist, kann mit Blick auf die angegriffene Ausführungsform dahinstehen. Nicht ausgeschlossen ist jedenfalls ein Austausch von Gegenionen durch die gleichen Gegenionen der Lösung (z.B. Ca2+-Ionen gegen Ca2+-Ionen) am Ionenaustauscher während der Reaktion (BPatG, NU, Umdr. Seite 11; Sachverständigengutachten, Seite 14 [Bl. 425 GA] und Seite 18 f. [Bl. 429 f. GA]). Zwar nimmt ein „Katalysator“, der nur den Ablauf einer Reaktion beschleunigt, an der Reaktion selbst nicht teil, er bleibt also unverändert. Das gilt aber nur streng für die Bruttobilanz des Prozesses. Ein Katalysator kann durchaus an einem ersten Reaktionsschritt teilnehmen und dabei z. B. verbraucht werden und dann in einem weiteren Schritt wieder zurückgebildet werden, so dass seine Gesamtmenge konstant bleibt. Übertragen auf den hier in Rede stehenden Fällungsprozess bedeutet dies, dass Gegenionen (z. B. Ca2+-Ionen), mit denen der Ionenaustauscher beladen ist, an der Fällungsreaktion teilnehmen und die hierdurch freigewordenen Plätze am Ionenaustausch dann durch gleiche Gegenionen (Ca2+-Ionen) aus der Lösung wieder besetzt werden können, so dass im zeitlichen Mittel die Beladung des Austausches konstant bleibt, der Austauscher und seine Beladungsform nach außen also unverändert bleiben (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 14 [Bl. 425 GA] und Seite 18 f. [Bl. 429 f. GA]).

Da der Ionenaustauscher – wie ausgeführt – nicht vollständig mit bestimmten Gegenionen (z. B. Ca2+-Ionen) beladen sein muss, steht es einer Verwirklichung des Merkmals (5) auch nicht entgegen, wenn ggf. die neben den Ca2+-Ionen, mit denen der Austauscher teilweise beladen ist, ferner vorhandenen H+-Ionen beim Einsatz gegen Ca2+-Ionen aus der Lösung ausgetauscht werden und der mit Ca2+-Ionen vorbeladene Ionenaustauscher so weiter mit Calciumionen beladen wird (vgl. a. Sachverständigengutachten, Seiten 16 – 17 [Bl. 425 – 426 GA]).

Weitere Vorgaben enthält Merkmal (5) nicht. Eine Benutzung der patentgemäßen Lehre setzt insbesondere nicht voraus, dass es bei der Verwendung eines Ionenaustauschermaterials im Sinne der Merkmale (3) und (4) tatsächlich zu einer Fällung von Inhaltsstoffen aus der Lösung kommt. Soweit es in Patentanspruch 1 heißt, „wobei die Fällung (katalytisch, d.h. ohne einen Ionenaustausch des Gegenions mit Ionen aus der Lösung) bewirkt wird“, handelt es sich insoweit nur um eine Wirkungsangabe.

Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben in einem Sachanspruch kommt regelmäßig die Aufgabe zu, dem Durchschnittsfachmann die unter Schutz gestellte technische Lehre näher zu erläutern. Sie beschränken als solche den Schutzgegenstand im Allgemeinen nicht (BGHZ 112, 140 = GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II). Allerdings haben Wirkungsangaben in einem Sachanspruch mittelbar regelmäßig die Wirkung, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, die der Patentanspruch explizit als solche formuliert, sondern dass er darüber hinaus so ausgebildet sein muss, dass er die im Patentanspruch erwähnte Wirkung herbeiführen kann (vgl. BGHZ 112, 140, 155 f. = GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II; GRUR 1981, 259, 260 – Heuwerbungsmaschine II; GRUR 2006, 923, 925 – Luftabscheider für Milchsammelanlage; GRUR 2009, 896, 897 – Tintenpatrone; GRUR 2009, 837, 838 – Bauschalungsstütze, GRUR 2012, 475, 476 – Elektronenstrahltherapiesystem). Im Einzelfall können sich hieraus weitere Anweisungen für die Konstruktion des patentgeschützten Gegenstandes ergeben, die in den übrigen Merkmalen noch keinen Niederschlag gefunden haben. Die Wirkungsangabe umschreibt unter solchen Umständen mittelbar zusätzliche Anforderungen an die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Erfindungsgegenstandes. Für einen Verfahrensanspruch und darin enthaltene Zweck- oder Wirkungsangaben gilt prinzipiell nichts anderes.

Hier entnimmt der Fachmann Merkmal (5) zwar, dass er den Ionenaustauscher im Hinblick auf die betreffende Lösung so konditionieren muss, dass der mit Gegenionen beladene schwachsaure Ionenaustauscher die Fällungsreaktion nach außen hin nicht dauerhaft verändert übersteht (siehe oben). Ist dies der Fall, geht das Klagepatent aber davon aus, dass es nach dem In-Kontakt-Bringen der Lösung mit dem entsprechend konditionierten Ionenaustauschermaterial – unter geeigneten Bedingungen – zu der angestrebten Fällungsreaktion kommt.

Weitere Handlungsanweisungen entnimmt der Fachmann Merkmal (5) nicht. Insbesondere lässt sich auch aus Merkmal (5) ein bestimmtes erforderliches Maß der Beladung nicht ableiten (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 14 [Bl. 425 GA]).

B.
Die Beklagten verletzen den deutschen Teil des Klagepatents dadurch mittelbar, dass sie das angegriffene „I Material“ in Deutschland Abnehmern anbieten und liefern, die ihrerseits zur Anwendung des durch das Klagepatent geschützten Verfahrens nicht berechtigt sind (Art. 64 EPÜ i.V. mit §§ 10, 9 Nr. 3 PatG).

Nach § 10 PatG ist es jedem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers in der Bundesrepublik Deutschland anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder wenn es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

1.
Das angegriffene Material ist ein Mittel, das objektiv dazu geeignet ist, für die Benutzung des Verfahrens nach Anspruch 1 des Klagepatents in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts vom 16. Oktober 2008 verwendet zu werden.

a)
Das angegriffene Granulat ist ein Material, das zum Einsatz in einem Verfahren vorgesehen ist, welches dem Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen dient (Merkmal (1)). In den Werbeunterlagen und Produktinformationen der Beklagten wird explizit die Eignung des angegriffenen Materials zum Ausfällen von Kalk aus Trinkwasser betont. Dass es sich bei dem angegriffenen Granulat um ein Ionenaustauschermaterial (Merkmal (2)) handelt, das schwach sauer ist (Merkmal (3.1)) und das an seiner Oberfläche funktionelle Gruppen aufweist (Merkmal ((3.2), stellen die Beklagten – zu Recht – nicht in Abrede.

b)
Das angegriffene Material entspricht auch den Vorgaben des Merkmals (4).

Die Beklagten stellen nicht in Abrede, dass die funktionellen Gruppen des von ihnen vertriebenen Ionenaustauschermaterials bereits vor dem In-Kontakt-Bringen mit Trinkwasser mit Ca2+-Ionen beladen ist, wie dies aus dem von der Klägerin als K 19 vorgelegtem Analysebericht hervorgeht. Soweit sie in zweiter Instanz erstmals behaupteten, ihr Granulat werde vor dem Einsatz nur teilweise, nämlich mit ca. 50 % seiner Kapazität mit Calciumionen beladen (Berufungsbegründung, Seite 150 [Bl. 150 GA]), kann dahinstehen, ob die Beklagten mit diesem neuen, von der Klägerin ausdrücklich bestrittenes Vorbringen im zweiten Rechtszug überhaupt noch gehört werden können (§ 531 Abs. 2 ZPO). Denn Patentanspruch 1 verlangt – wie bereits ausgeführt – keine vollständige oder nahezu vollständige Beladung des Ionenaustauschermaterials mit Gegenionen (hier: Ca2+-Ionen).

Sollte – was dahinstehen kann – der Fachmann Merkmal (4) entnehmen, dass das schwach saure Ionenaustauschermaterial ursprünglich in einer anderen Form vorgelegen hat und die ursprünglichen Gegenionen (H+-Ionen) vor dem Einsatz im Rahmen eines Beladungs- bzw. Überführungsprozesses durch andere Gegenionen
(Ca2+-Ionen) ersetzt worden sind, entspricht die angegriffene Ausführungsform auch dieser Vorgabe. Denn es ist unstreitig, dass das angegriffene Ionenaustauschermaterial ursprünglich in der H-Form vorlag (vgl. Berufungsbegründung, Seite 11 [Bl. 159 GA]; Sachverständigengutachten, Seite 19 [Bl. 430 GA]).

c)
Das angegriffene Ionenaustauschermaterial entspricht auch den Anforderungen des Merkmals (5).

Wie ausgeführt, folgt aus diesem Merkmal nur, dass der mit Calciumionen beladene schwachsaure Ionenaustauscher die Fällungsreaktion nach außen hin nicht dauerhaft verändert übersteht, wobei dies weder ausschließt, dass Calciumionen des Austauschers in die Lösung abgegeben und die frei werdenden Stellen wieder mit Calciumionen aus der Lösung besetzt werden, noch dass der nach dem Vorbringen der Beklagten nur halb mit Calciumionen beladene Ionenaustauscher beim Kontakt mit Trinkwasser weiter mit Calciumionen aus der Lösung beladen wird.

aa)
Aus den von der Klägerin in erster Instanz vorgelegten Werbeunterlagen und Produktinformationen der Beklagten gemäß Anlagen K 17, 18, 20 und 21 ergibt sich, wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat, dass sich auf dem angegriffenen Granulat bei Kontakt mit Wasser so genannte „Impfkristalle“ bilden. Dabei handelt es sich um Kalkkristallkeime, die mit dem Wasser weiter in die Hauswasserinstallation getragen werden. Im Wasser binden sie weiter den dort gelösten Kalk auf ihren Oberflächen, so dass sich schließlich kleine Kalkkristalle ausbilden, die mit dem Wasser mitgetragen werden und nicht mehr an Oberflächen anhaften, was zur Verhinderung von Kalkablagerungen führt, „ohne dass sich die Zusammensetzung des Wassers in seiner Natürlichkeit geändert hat“ („F-Fibel“ gemäß Anlage K 20, Seite 2 letzter Absatz). In der „Montage- und Betriebsanleitung mit technischen Daten“ gemäß Anlage K 18 (Seite 4, rechte Spalte unter a)), wird dies dahin beschrieben, dass durch den Kontakt der im Wasser gelösten Kalkbestandteile mit der Oberfläche des „I Granulates“ im Schwebebett ein optimales Wachstum von speziellen „Antikalk-Kristallen (Impfkristallen)“ erfolgt, die schwebend im Wasser bleiben und so den Kalkansatz verhindern. Sieht man darüber hinweg, dass es sich bei den angesprochenen Kristallen ersichtlich nicht um „Antikalk-Kristalle“, sondern um das in Anlage K 18 in tausendfacher Vergrößerung gezeigte „katalytisch gebildete Calcitkristall“ handelt, belegen die eigenen Produktinformationen der Beklagten, dass es beim Einsatz ihres Ionenaustauschermaterials exakt zu dem im Klagepatent beschriebene Effekt kommt.

Aus den Unterlagen der Beklagten ist auch zu entnehmen, dass das angegriffene Material keiner Regenerierung durch besondere Regenerierungsmaßnahmen bedarf. Denn die „F-Geräte“ werden ausdrücklich damit beworben, dass das mit dem angegriffenen Granulat gefüllte Gerät keiner besonderen Wartung bedarf (Anlage K 20, Seite 2, letzter Absatz a. E.), während die in der „F-Fibel“ gemäß Anlage K 20 zum Vergleich beschriebenen herkömmlichen „chemischen Enthärter“ den Nachteil aufweisen, dass sie regelmäßig technisch gewartet und alle ein bis zwei Wochen regeneriert werden müssten (Anlage K 20, Seite 2, zweiter Absatz oben).

Die bestimmungsgemäße Verwendung des angegriffenen Ionenaustauschermaterials führt damit aus Sicht des Benutzers (nach außen) nicht zu einem eine regelmäßige Regeneration erforderlich machenden „Verbrauch“ des Materials, wie dies beim Einsatz eines klassischen Ionenaustauschers der Fall ist.

Dass dem so ist, ergibt sich auch aus der von den Beklagten zuletzt benutzen Werbung. Als Anlage LSG 1 hat die Klägerin in zweiter Instanz eine weitere Unterlage mit dem Titel „J “ überreicht, welche nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag aus dem Internet unter der Adresse „www.K.de“ heruntergeladen worden ist. In dieser Werbebroschüre finden sich wiederum entsprechende Aussagen. So heißt es zunächst auf Seite 18 unter der Überschrift „Chemische Wasserbehandlung“ zu klassischen Ionenaustauschern (Unterstreichung hinzugefügt):

„Bei diesem Verfahren werden mit Hilfe von Kunstharzen die für die Hausinstallation unerwünschten Inhaltsstoffe (Kalzium und Magnesium) aus dem Trinkwasser entfernt und durch Natrium ersetzt. Das Wasser wird dabei enthärtet; Kalkablagerungen werden verhindert. Die eingesetzten Kunstharze müssen in regelmäßigen Intervallen durch Salze regeneriert werden. Darüber hinaus hat gemäß DIN 1988, Teil 8, A.12 der Betreiber die Verantwortung, die Anlage spätestens alle zwei Monate zu überprüfen und einmal jährlich von einem lnstallationsunternehmen oder vom Hersteller warten zu lassen.

Die Enthärtung bzw. Teilenthärtung von Trinkwasser durch diese Anlagen hat keine korrosionshemmende Wirkung. Ihre Bedeutung beruht im wesentlichen darin, dass dem individuellen Wunsch des Verbrauchers nach einer deutlich geringeren Wasserhärte entsprochen werden kann. …“

Auf den Seiten 21 bis 23 der Anlage LSK 1 werden dem sodann die „F-Geräte“ gegenübergestellt, wobei es dort auszugsweise heißt (Unterstreichungen hinzugefügt):

„F® – Chemiefreie Wasserbehandlung

Der F®-Catalysator arbeitet mit einer katalytischen Oberfläche, die auf einem kleinen Keramikgranulat hinterlegt ist. Bei Kontakt des Trinkwassers mit dieser Keramikoberfläche bilden sich auf natürliche Weise zunächst in der Stufe 1 sogenannte „lmpfkristalle“, die mit dem Trinkwasser weiter in die Hauswasser-Installation getragen werden.

Sofort nach Bildung der F®-Impfkristalle binden diese Impfkristalle weiter den im Wasser gelösten Kalk auf ihren Oberflächen. Dabei bilden sich kleine Kalkkristalle, die nicht größer als 30 ųm werden (l/1000 mm = 0,001 mm, zum Vergleich: ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von 180 µm). Diese Kristalle werden mit dem Wasser mitgetragen, haften nicht mehr an Oberflächen an und sind für drei Wirkungen verantwortlich: …

Verhinderung von Kalkablagerungen
Die Kalkkristall-Keime (Impf-Kristalle), die ins Wasser gelangen, sind meist kleiner als 1/1000 mm. Sie wachsen um ein Mehrfaches, indem sie Ionen der überschüssigen Härtebildner an sich binden. Trotzdem bleiben die Kalkkristall-Keime im Wasser in Schwebe und werden ausgeschwemmt. Auf diese Weise werden Kalkablagerungen in den lnstallationen wirkungsvoll verhindert. …

Auflösen bestehender Kalkablagerungen
Die Kalkkristall-Keime, die auf bestehende Kalk-Ablagerungen stoßen, lösen diese in einem sanften und langsamen Prozess auf. Dies geschieht, weil Kristall-Keime in der Grenzschicht zwischen dem Wasser und der Ablagerung wachsen, indem sie die Kalk-Bestandteile der vorhandenen Ablagerungen an sich binden. Nach Erreichen ihres maximalen Wachstums (10 – 30 µm) werden sie durch das vorbei strömende Wasser abgelöst und weiter getragen.

Bildung von besonders dichten Korrosionsschutz-Schichten

Das Funktionsprinzip des I-Verfahrens

Das Funktionsprinzip des I-Verfahrens lässt sich vereinfacht folgendermaßen erklären:

Das Wasser trifft im I auf das spezielle Granulat wie auf eine Wand. Die spezielle Keramikbeschichtung des Granulates bewirkt dann, dass die im Wasser gelösten Kalkmoleküle zu winzigen Kalkkristallen zusammengefügt werden. …

Dieser Effekt entsteht, weil das I-Granulat auf seiner Oberfläche einzelne Stellen besitzt, die mit ihrer Ladung praktisch „den Kalk aus dem Wasser ziehen“. Der Kalk setzt sich dabei nicht auf die gesamte Oberfläche des Granulates, sondern er setzt sich nur an die einzelnen, geladenen Stellen. Dort bilden sich größere Kalkkristalle, die dann wieder abbrechen, weil sie nun eine kleine Verbindung mit dem Granulat haben.

Die bei diesem Vorgang entstehenden Kalkkristalle haften nicht an anderen Oberflächen und werden schwebend mitgeführt. Sie dienen als Kristallisationspunkte, an denen sich weiterer Kalk absetzt. Das Granulat bewirkt einen „Schneeballeffekt: …

Dabei bleibt das Wasser bleibt frei von Chemikalien. Es wird nichts an das Wasser abgegeben und nichts aus dem Wasser aufgenommen.

Das Gerät bedarf keiner besonderen Wartung.“

Auch danach ist mit den beworbenen Geräten unter Verwendung des angegriffenen Ionenaustauschermaterials der Beklagten ein Ausfällen von Kalk aus Leitungswasser möglich, ohne dass – wie bei klassischen Ionenaustauschern – eine regelmäßige Regeneration durchgeführt werden muss. Mit dem angegriffenen Ionenaustauschermaterial wird somit exakt das erreicht, was das Klagepatent leisten will, nämlich die Fällung von Kalk aus Wasser durch den Einsatz eines vor dem Kontakt mit dem Wasser bereits mit Gegenionen beladenen schwach sauren Ionenaustauschermaterials, wobei die Fällung nach außen hin nicht zu einem eine regelmäßige Regeneration erfordernden „Verbrauch“ des Ionenaustauschermaterials führt.

bb)
Ob die angegriffene Ausführungsform bereits aus diesem Grunde den Anforderungen des Merkmals (5) entspricht, kann dahinstehen. Denn es ist nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform – abgesehen von einem etwaigen (unschädlichen) Austausch von Calciumionen des Austauschers mit im Wasser enthaltenen Calciumionen und/oder einem etwaigen (ebenfalls unschädlichen) Austausch von H+-Ionen mit Calciumionen aus dem Wasser – kein relevanter Austausch von Gegenionen mit anderen Ionen stattfindet.

Soweit die Beklagten geltend machen, beim Einsatz ihres Material würden kontinuierlich Ionen getauscht und das Ionenaustauschermaterial werde im Betrieb durch die im Wasser gelöste Kohlensäure regeneriert, ist dies nicht plausibel.

Die Beklagten behaupten diesbezüglich unter Bezugnahme auf die deutsche Offenlegungsschrift 27 14 XXX (Anlage Bo B1), dass es eine Eigenschaft schwach saurer lonenaustauscher sei, dass sie mittels Kohlensäure unter gleichzeitiger Calciumcarbonat-Ausfällung regeneriert werden könnten, wobei ein minimaler Kohlendioxidpartialdruck im Wasser von mindestens 0,1 bar genüge. Dass die Kalkausfällung aus Haushaltsleitungswasser mit ihren Geräten und ihrem lonenaustauschergranulat funktioniere, hänge untrennbar mit dem Umstand zusammen, dass im Haushaltsbereich über nur jeweils relativ kurze Zeitperioden Wasser durch Öffnen eines Wasserhahns entnommen werde, im Übrigen das Wasser unter dem Leitungsdruck in der Wasserleitung und im Wasserbehandlungsgerät mit dem lonenaustauschergranulat stehe, und dass beim Öffnen eines Wasserhahns ein augenblicklicher starker Druckabfall in der Leitung entstehe. Ihr Granulat funktioniere im Haushaltsbereich hiernach deshalb, weil in relativ großen Abständen relativ kurzzeitig ein Wasserhahn geöffnet und Wasser entnommen werde. In der Zwischenzeit stehe das Wasser unter dem vollen Leitungsdruck in der Leitung und im Wasserbehandlungsgerät, wo das Wasser das lonenaustauschermaterial umgebe. Das stehende Wasser enthalte gelösten Kalk und damit zwingend auch eine entsprechende Menge Kohlensäure. Die Kohlensäure bewirke während der Stillstandszeit des Wassers eine Regeneration des lonenaustauschergranulats, indem von diesem Calciumionen an das Wasser abgegeben und aus der im Wasser enthaltenen Kohlensäure Wasserstoffionen aufgenommen und angelagert würden. Dabei trete eine Entsäuerung des das lonenaustauschergranulat umgebenden stehenden Wassers auf mit der Folge, dass das Gleichgewicht zwischen gelöstem Kalk und Kohlensäure verändert werde und deshalb so viel Kalk in Gestalt von Calciumcarbonat-Kristallkeimen ausfälle, bis das Gleichgewicht jeweils wieder erreicht sei. Dieser Vorgang gehe solange weiter, bis im Wesentlichen alle Kohlensäure aus dem Wasser verbraucht sei. Werde nun ein Wasserhahn aufgedreht, erfolge ein plötzlicher Druckabfall in der Wasserleitung mit der Folge, dass wegen des Kohlendioxid-Partialdrucks das Kohlendioxid ausgase, und zwar in der ganzen Wasserleitung, mit der Folge einer plötzlichen starken Entsäuerung des Wassers und damit einer entsprechenden Kalkausfällung. Gleichzeitig werde, solange das Wasser fließe, das Wasser aus dem Wasserbehandlungsgerät, welches das lonenaustauschergranulat umgebe, allmählich aus diesem heraus gespült und durch neues Wasser ersetzt, wobei auch das während der Regenerationsphase im Wasserbehandlungsgerät ausgefällte Calciumcarbonat aus dem Granulat ausgespült werde. Weil das (teilweise) regenerierte lonenaustauschergranulat im Wasserbehandlungsgerät nur noch teilweise beladen sei, könne es jetzt wieder Kalziumionen aus dem frisch hereinströmenden, gelösten Kalk enthaltenden Wasser aufnehmen. Sobald der Wasserhahn geschlossen werde und der Wasserdurchfluss aufhöre, setze wieder eine (teilweise) Regeneration ein. Auf diese Weise finde ein ständiger Wechsel von Regeneration und Neubeladung des lonenaustauschermaterials statt.

Dieser von den Beklagten behauptete Alternativmechanismus ist, wie der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat (Sachverständigengutachten, Seiten 18 – 23 [Bl. 429 – 434 GA]), jedoch nicht plausibel. Die von den Beklagten in Bezug genommene DE 27 14 XXX beschreibt ein Verfahren zur (großtechnischen) Regeneration schwach saurer, mindestens teilweise mit Calciumionen beladener Ionenaustauscher mittels Kohlensäure unter Ausfällung von gebildetem Calciumcarbonat. Bei diesem Verfahren wird der mit Calciumionen durch eine Entkarbonisierung von Wasser beladene, schwach saure Ionenaustauscher kontinuierlich oder diskontinuierlich mit Kohlendioxid regeneriert, das durch Lösen in der Regenerierflüssigkeit eine Wasserstoffionenkonzentration entstehen lässt, die die Regeneration des Austauschers bewirkt. Der auf diese Weise regenerierte Ionenaustauscher wird dann erneut zur Wasserbehandlung eingesetzt und wieder mit Calciumionen beladen (DE 27 14 XXY, Anspruch 1, 5 und 6 i. V. m. den Beispielen 1 und 2, insbesondere Seite 15 Abs. 2, Seite 18 Abs. 2 und Seite 19 Abs. 2 bis Seite 20 Abs. 1). Soweit die DE 27 14 XXX (Seite 10 Abs. 2) betont, dass der über der Regenerierlösung herrschende Kohlendioxidpartialdruck mindestens 0,1 bar betragen sollte, darf der Kohlendioxidpartialdruck, der sich auf die Gasphase bezieht, jedoch nicht verwechselt werden mit dem Wasserdruck, d. h. mit dem Druck, unter dem das Wasser in der Leitung steht (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 19 [Bl. 430 GA]). Wie der Sachverständige in seinem Gutachten erläutert hat, wäre reines Kohlendioxid unter mindestens 10 bar Gasdruck in Trinkwasser einzuleiten, um den pH-Wert soweit abzusenken, dass ca. 90% der funktionellen Gruppen des schwach sauren Ionenaustauschers in protonierter Form vorliegen. Der in der DE 27 14 XXX genannte Kohlendioxidpartialdruck von 0,1 bar ermöglicht gerade einmal einen pH-Wert von 4,3 und damit nur eine ca. 50%-Regenerierung des Ionenaustauschermaterials. Allerdings beträgt der Kohlendioxidpartialdruck in der normalen Luft lediglich 0,00035 bar und ist somit etwa 286-mal niedriger als der angegebene Mindestwert von 0,1 bar. Dementsprechend gering ist auch die Kohlendioxidkonzentration im Trinkwasser, das bei der Aufbereitung im Wasserwerk mit Normalluft im Gleichgewicht steht. Dieser Partialdruck ist nicht im Geringsten vergleichbar mit dem Partialdruck, der bei dem in der DE 27 14 XXX beschriebenen Regenerierungsverfahren eingesetzt werden soll. Auch die vom Sachverständigen angestellten Berechnungen zeigen, dass unter Trinkwasserbedingungen eine Regenerierung durch im Wasser vorhandenes Kohlendioxid nicht möglich ist (Sachverständigengutachten, Seite 23 [Bl. 434 GA]). Der Sachverständige, auf dessen weitere Begründung verwiesen wird, kommt daher zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass es unter den gegebenen Bedingungen weder zur Entsäuerung durch Wasserdruckwechsel mit anschließender Kalkausfällung noch zur Regeneration des Austauschers mit Protonen aus der im Wasser vorhandenen Kohlensäure kommen kann (Sachverständigengutachten, Seite 23 [Bl. 434 GA]).

Den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sind die Beklagten nicht konkret entgegengetreten. Der Senat sieht deshalb den von den Beklagten behaupteten Wirkmechanismus als widerlegt an.

cc)
Soweit die Beklagten unter Berufung auf das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten einwenden, es sei unmöglich, mit dem beanspruchten Verfahren den Kalkgehalt eines im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht befindlichen Wassers, wie üblich bei Trinkwasser, abzusenken, und sie hiermit zugleich geltend machen wollten, dass es beim Einsatz des angegriffenen Granulats – entgegen den Angaben in ihren eigenen Werbeunterlagen und Produktinformationen – nicht zur Fällung von Kalk aus dem Trinkwasser komme, greift dieser Einwand nicht durch.

Zwar trifft es zu, dass Trinkwasser sich bei der Verteilung an die Verbraucher üblicherweise im Zustand des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichts befindet und daher bezüglich Kalziumcarbonat nicht übersättigt, sondern gesättigt ist (Sachverständigengutachten, Seite 10 [Bl. 421 GA]). Allerdings sind stärker ungesättigte Zustände nicht zulässig, weil diese mit hohen Gehalten an freier Kohlensäure verbunden sind, was aus Korrosionsgründen nicht erwünscht ist. Daher kann eine leichte Übersättigung bereits dann auftreten, wenn hartes Wasser erwärmt wird oder durch betriebsbedingte Umstände Kohlensäure ausgasen kann und den pH-Wert geringfügig anhebt. Vor allem ist die Erwärmung des Trinkwassers im häuslichen Anwendungsbereich ein häufig auftretender Fall (vgl. Sachverständigengutachten, Seite 10 – 11 [Bl. 421 – 422 GA]). Es kann daher sehr wohl zur Fällung von Kalk aus dem Trinkwasser kommen.

Darüber hinaus steht es einer Benutzung des Klagepatents – wie bereits ausgeführt – nicht entgegen, wenn bei der Verwendung eines patentgemäßen Ionenaustauschermaterials nach Maßgabe der Merkmale (1) bis (5) die angestrebte Wirkung wegen des Nichtvorliegens der thermodynamischen Bedingungen für eine Fällung (Übersättigung) nicht eintritt.

dd)
Das angegriffene Material ist damit – wovon auch der gerichtliche Sachverständige ausgegangen ist (Sachverständigengutachten, Seite 23 [Bl. 434 GA]) – ein Mittel, das objektiv dazu geeignet ist, für die Benutzung des Verfahrens nach Anspruch 1 des Klagepatents in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts vom
16. Oktober 2008 verwendet zu werden.

2.
Das angegriffene Ionenaustauschermaterial ist auch ein Mittel im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Diese Eigenschaft ergibt sich daraus, dass das Ionenaustauschermaterial – wie soeben darlegt – objektiv zur Ausübung des patentgeschützten Verbindungsverfahrens geeignet ist. Baut der Abnehmer das angegriffene Ionenaustauschermaterial bestimmungsgemäß in Verbindung mit einem hierfür geeigneten Gerät in die Hauswasserinstallation ein oder bringt er das angegriffene Material in ein bei ihm schon vorhandenes Gerät ein und lässt er das Material in Kontakt mit Trinkwasser kommen, macht er wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

3.
Die Abnehmer der Beklagten sind zur Anwendung des durch das Klagepatent geschützten Verfahrens nicht berechtigt. Sie sind damit nicht berechtigte Benutzer der geschützten Erfindung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG. Gegenteiliges ist weder dargetan noch ersichtlich.

4.
Die subjektiven Voraussetzungen für eine mittelbare Patentverletzung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG sind ebenfalls gegeben.

Vorliegend kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Beklagten wissen, dass die Abnehmer das angegriffene Ionenaustauschermaterial entsprechend der Betriebsanleitung in Verbindung mit einem hierfür geeigneten Gerät in die Hauswasserinstallation einbauen und es dort in Kontakt mit dem Trinkwasser kommen lassen. Den Beklagten ist damit bekannt, dass ihre Abnehmer das angegriffene Ionenaustauschermaterial so benutzen, dass sie dabei von dem durch das Klagepatent geschützten Verfahren Gebrauch machen, und sie wollen dies auch. Jedenfalls ist hier aber bei objektiver Betrachtung nach den Umständen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und damit „offensichtlich“, dass die Abnehmer das angegriffene Granulat in patentverletzender Weise einsetzen werden. Ersichtlich ist die angegriffene Ausführungsform nur so verwendbar, dass bei ihrem Einsatz von der Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht wird. Gegenteiliges zeigen die Beklagten nicht auf. Ist dem so, muss schon aufgrund dessen als sicher davon ausgegangen werden, dass auch die Abnehmer das angegriffene Material der Beklagten zur Ausübung des patentgemäßen Verfahrens verwenden werden.

C.
Dass die Beklagten im Hinblick auf die vorstehend dargelegte mittelbare Patentverletzung dem Kläger zur Unterlassung und, weil sie schuldhaft gehandelt hat, auch zum Schadenersatz verpflichtet ist, und dem Kläger weiterhin im Wege der Rechnungslegung im Einzelnen über das Ausmaß ihrer Benutzungshandlungen Auskunft geben muss, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil im Einzelnen ausgeführt; auf diese Darlegungen, die die Berufung nicht gesondert angreift, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Dass das Klagepatent im Verlaufe des Berufungsverfahrens auf die WCR Technologie GmbH in Haan übertragen worden und diese zwischenzeitlich als neue Patentinhaberin in der Rolle eingetragen ist (vgl. Anlage LSG 29), steht der Klagebefugnis des Klägers nicht entgegen. Wird das Klageschutzrecht während eines laufenden Verletzungsprozesses auf einen Dritten umgeschrieben, bleibt der bisherige Kläger gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO weiterhin klageberechtigt (vgl. BGH, GRUR 2011, 313, 314 – Crimpwerkzeug IV; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rdnr. 704; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139 Rdnr. 13; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 139 Rdnr. 18). Lediglich die Anträge auf Rechnungslegung und Schadenersatz sind dahingehend umzustellen, dass der Beklagte für die Zeit nach dem rollenmäßig vollzogenen Inhaberwechsel statt an den Kläger an den neuen Patentinhaber zu leisten hat (Kühnen, a.a.O.; a.a.O.). Im Hinblick auf die vom Kläger mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 selbst ausdrücklich angeführte Umschreibung des Klagepatents hat der Senat den Berufungsantrag des Klägers entsprechend ausgelegt und den Rechnungslegungsausspruch sowie den Schadensersatzfeststellungsausspruch im landgerichtlichen Urteil daher für die Zeit ab der Umschreibung des Klagepatents auf die WCR Technologie GmbH, welche ausweislich des als Anlage LSG 29 vorgelegten Registerauszuges am 15. März 2011 erfolgt ist, angepasst.

D.
Zu einer Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit (§ 148 ZPO) bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die von den Beklagten gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobenen Nichtigkeitsklage besteht keine Veranlassung, nachdem das Bundespatentgericht das Klagepatent durch Urteil vom 16. Oktober 2008 in dem von der Klägerin verteidigten Umfang aufrecht erhalten hat.

1.
Nach ständiger, vom Bundesgerichtshof (vgl. GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligter Rechtsprechung des Senats ist bei der Aussetzung eines Patentverletzungsrechtsstreits wegen eines gegen das Klagepatent ergriffenen Rechtsbehelfs Zurückhaltung geboten. Eine zu großzügige Aussetzung hätte zur Folge, dass das ohnehin zeitlich begrenzte Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers praktisch suspendiert und Rechtsbehelfe gegen erteilte Patente geradezu herausgefordert würden. Sie stünde überdies im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass Rechtsbehelfen gegen Patente kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt. Deshalb sieht sich der Senat im Allgemeinen in derartigen Fällen nur dann zu einer Aussetzung nach § 148 ZPO veranlasst, wenn die Vernichtung bzw. der Widerruf des Klagepatents nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich ist, zum Beispiel, weil das Klagepatent im Stand der Technik entweder neuheitsschädlich vorweggenommen oder die Erfindungshöhe so fragwürdig geworden ist, dass sich für ihr Zuerkennung kein vernünftiges Argument finden lässt. An diesen Grundsätzen hat sich auch durch die Entscheidung „Steinknacker“ des Senats (Mitt. 1997, 257 – 261) im Kern nichts geändert. Nach dieser Entscheidung ist die Frage der Aussetzung des Patentverletzungsstreites in zweiter Instanz lediglich unter etwas weniger strengen Gesichtspunkten zu beurteilen, wenn – wie hier – bereits ein erstinstanzliches Urteil zugunsten des Patentinhabers vorliegt, aus dem dieser gegen Sicherheitsleistung vollstrecken kann. So kann in einer solchen Situation der Umstand, dass ein gegen ein erteiltes Patent ergriffener Rechtsbehelf sich nur auf bereits gewürdigten Stand der Technik stützt, nicht von vornherein eine Zurückweisung des Aussetzungsbegehrens rechtfertigen. Aber auch nach dieser Entscheidung ist eine Aussetzung erst dann geboten, wenn die Vernichtung oder der Widerruf des Patents nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich ist (vgl. z. B. Senat, InstGE 7, 139 = GRUR-RR 2007, 259, 263 – Thermocycler; Mitt. 2009, 400, 401 f. – Rechnungslegungsanspruch).

2.
Hier lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Nichtigkeitsberufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts wahrscheinlich zu einer Vernichtung des eingeschränkten Anspruchs 1 des Klagepatents führen wird, sondern im Gegenteil spricht der Umstand, dass das sachkundige Bundespatentgericht unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen der Beklagten das Klagepatent mit dem Verfahrensanspruch 1 in dem Umfang aufrecht erhalten hat, in dem der Kläger aus ihm Schutz begehrt, gerade dafür, dass die Nichtigkeitsberufung der Beklagten keinen weitergehenden Erfolg haben wird.

a)
Die in der Nichtigkeitsberufungsbegründung allein herangezogene DE 27 14 XXX (Anlage Bo B1; K3 im Nichtigkeitsverfahren) steht der Neuheit der technischen Lehre des Klagepatents nicht entgegen. Im Gegensatz zu dem in dieser Druckschrift offenbarten Verfahren zur großtechnischen Regeneration schwach saurer, mindestens teilweise mit Calciumionen beladener Ionenaustauscher mittels zugeführter Kohlensäure wird beim klagepatentgemäßen Verfahren der Ionenaustauscher nicht durch besondere Regenerierungsmaßnahmen (Zuführung von Kohlensäure) regeneriert, d. h. ein Austausch des Gegenions (z. B. Calciumionen) durch andere Ionen (z. B. Wasserstoffionen) aus der Lösung findet nach außen nicht statt. Die Calciumionen verbleiben vielmehr, wovon nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auszugehen ist, beim Verfahren zum Fällen von Inhaltsstoffen aus Lösungen gemäß dem Klagepatent auf dem Ionenaustauscher; es findet allenfalls ein unschädlicher Austausch mit Calciumionen aus der Lösung statt. Anders als beim klassischen Einsatz eines Ionenaustauschers „verbraucht“ sich damit das Ionenaustauschermaterial beim klagepatentgemäßen Verfahren nach außen hin nicht in einer Weise, dass es durch besondere Regenerationsmaßnahmen regeneriert werden muss.

b)
Mit der im vorliegenden Verfahren als Anlage BoB5 vorgelegten Technischen Information der Firma Bayer mit dem Titel „Lewatit-Selektivaustauscher – Eigenschaften und Anwendungen von Lewatit TP 207“, Ausgabe 3.98, bzw. der als Anlage BoB5a überreichten englischen Fassung dieser Produktinformation, Ausgabe Juni 1997, hat sich das Bundespatentgericht ebenfalls bereits befasst (vgl. NU, Umdr. Seite 15 Abs. 2). Bei diesen Firmenprospekten handelt es sich offensichtlich um die Entgegenhaltungen K4 und K5 des Nichtigkeitsverfahrens (vgl. NU, Umdr. Seite 5). Wie das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diesen Entgegenhaltungen zu entnehmen, dass der „Lewatit-Ionenaustauscher TP 207“ z. B. zu 100% seiner Kapazität mit Ca2+-Ionen beladen werden kann und in dieser Form vorzugsweise bei kalkneutralisierten Abwässern und der Grundwassersanierung benutzt werden kann (Anlage BoB5, Seite 4 Mitte). Bei der Behandlung von Grundwasser mit diesem Ionenaustauscher in der Calciumform handelt es sich aber im Gegensatz zu dem klagepatentgemäßen Fällungsverfahren um ein herkömmliches selektives Ionenaustauschverfahren, bei dem Schwermetallionen aus belasteten Grundwässern entfernt werden. Es werden also diese Ionen mit den Ionen des Ionenaustauschers getauscht und an den Ionenaustauscher gebunden, wogegen beim Verfahren nach dem Klagepatent Inhaltsstoffe aus Lösungen gefällt werden, ohne dass nach außen hin ein zu einem „Verbrauch“ des Austauschers führender Ionenaustausch des Gegenions mit anderen Ionen aus der Lösung stattfindet, der eine Regeneration des Austauschers erforderlich macht.

c)
Der Umstand, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Masseverwalter über das Vermögen der Schuldnerin das beim Bundesgerichtshof anhängige Nichtigkeitsverfahren nicht aufgenommen hat, rechtfertigt keine Aussetzung des vorliegenden Verletzungsprozesses. Dieser Gesichtspunkt wäre bei der im Ermessen des Senats stehenden Aussetzungsentscheidung allenfalls dann zu berücksichtigen, wenn sich die Beklagten erfolglos um eine Aufnahme des in zweiter Instanz beim Bundesgerichtshof anhängigen Nichtigkeitsverfahrens bemüht hätten oder ein solches Begehren offensichtlich nicht erfolgsversprechend wäre. Dass die Beklagten sich erfolglos um eine Aufnahme des Nichtigkeitsprozesses bemüht haben, tragen sie jedoch nicht vor, und es kann auch nicht festgestellt werden, dass den Beklagten eine solche Aufnahme offensichtlich nicht möglich ist.

aa)
Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte die Frage, ob die Beklagten das unterbrochene Nichtigkeitsverfahrens aufnehmen können, allerdings nicht nach österreichischem, sondern nach deutschem Recht zu beurteilen sein.

Maßgeblich für die Wirkungen des durch Beschluss des österreichischen Gerichts eröffneten Konkursverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin auf das beim Bundesgerichtshof anhängige Nichtigkeitsverfahren ist gemäß Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 1346 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO), die gemäß Art 249 Abs. 2 Satz 2 EGV unmittelbar im Inland gilt (vgl. OLG Brandenburg, ZInSO 2011, 1563 m.w.N.), das deutsche Recht. Das Insolvenzverfahren nach österreichischem Recht wird von der EuInsVO erfasst (vgl. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 i.V.m. Anhang A der VO). Der deutsch-österreichische Konkurs- und Vergleichsvertrag vom 25. Mai 1979 hat mit dem Inkrafttreten der EuInsVO am 31. Mai 2002 praktisch seine Bedeutung verloren (Art. 44 Abs. 1 d EuInsVO); er gilt nur noch für Verfahren, die vor diesem Datum eröffnet worden sind (Art. 44 Abs. 2 EuInsVO; vgl. Gottwald/Kohlmann in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 134 Rdnr. 18). Ist – wie hier – der Anwendungsbereich der EuInsVO eröffnet, gilt nach Art. 15 EuInsVO für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen anhängigen Rechtsstreit über einen Gegenstand oder ein Recht der Masse ausschließlich das Recht des Mitgliedsstaates, in dem der Rechtsstreit anhängig ist. Im Anwendungsbereich der EuInsVO gehen deren Regelungen denen des autonomen Rechts, hier des § 352 InSO, vor (vgl. OLG Brandenburg, ZInSO 2011, 1563 m.w.N.).

Gemäß Art. 15 EuInsVO kommt im Falle eines in Deutschland anhängigen Rechtsstreits § 240 ZPO zur Anwendung (vgl. OLG Brandenburg, ZInSO 2011, 1563, Braun/Ehret, InsO, 5. Aufl., § 352 Rdnr. 9; Buntenbroich, NZI 2012, 547; Flöther/Wehner in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Fachanwaltskommentar Inolvenzrecht, Art. 15 EuInsVO Rdnr. 5; MüKo-InSO/Reinhart, 2. Aufl., Art. 15 EuInsVO Rdnr. 13; Gruber in: Haß/Huber/Gruber/Heiderhoff, EuInsVO, 1. Aufl., Art. 15 Rdnr. 2; vgl. aber Gruber in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Fachanwaltskommentar Insolvenzrecht, § 352 InSO Rdnr. 3).

Das deutsche Recht findet nach wohl herrschender Auffassung auch hinsichtlich der Frage Anwendung, inwiefern eine Aufnahme des Rechtsstreits möglich ist. (vgl. Braun/Ehret, a.a.O., § 352 Rdnr. 9; MüKo-BGB/Kindler, 5. Aufl., Art. 15 EuInsVO Rdnr. 11; Liersch/Kind, EWIR 2003, 707; vgl. hierzu auch Runkel/Pannen, Anwalts-Handbuch, Insolvenzrecht, 2. Aufl., § 18 Rdnr. 276 u. 277). Unter „Wirkungen“ im Sinne des Art. 15 EuInsVO fällt hiernach auch die Frage der Aufnahme des Rechtsstreits (vgl. Liersch/Kind, EWIR 2003, 707). Im Gegensatz zur Rechtsfolge des § 352 Abs. 1 S. 2 InSO kommen danach im EU-Recht die §§ 85 bis 87 InSO zur Anwendung (vgl. Braun/Ehret, a.a.O., § 352 Rdnr. 9; MüKo-BGB/Kindler, a.a.O., Art. 15 EuInsVO Rdnr. 11; vgl. a. Gruber in: Haß/Huber/Gruber/Heiderhoff, a.a.O., Art. 15 Rdnr. 2); die lex fori concurses wird durch Art. 15 EuInsVO verdrängt (Braun/Ehret, a.a.O., § 352 Rdnr. 9; Liersch/Kind, EWIR 2003, 707, 708).

Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Schnellverschlusskappe“ (GRUR 2010, 861 = GRUR Int. 2010, 436) ausgeführt hat, dass sowohl hinsichtlich des für die Aufnahme des Rechtsstreits in Betracht kommenden Personenkreises als auch für alle Voraussetzungen für die Aufnahme eines inländischen Rechtsstreits die lex fori concursus anzuwenden ist und sich lediglich die Form der Aufnahme nach deutschem Recht richtet, steht dies dem nicht entgegen, weil dieser Entscheidung kein Fall im Anwendungsbereich der EuInsVO zugrunde lag. Die genannte Entscheidung ist vielmehr zu § 352 InsO ergangen.

bb)
Beurteilt sich die Frage, ob die Beklagten das Nichtigkeitsverfahren aufnehmen können, nach deutschem Recht, so ist zwar höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob dem aus einem Patent in Anspruch genommenen Verletzer in der Insolvenz des Patentinhabers hinsichtlich des Klagepatents ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO) zuzubilligen ist (vgl. dazu Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, Rdnr. 326 a.E.) und er demzufolge zur (sofortigen) Aufnahme des Nichtigkeitsverfahrens befugt ist (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO). In der Entscheidung „Schnellverschlusskappe“ (GRUR 2010, 861 = GRUR Int. 2010, 436) hat der Bundesgerichtshof diese Möglichkeit allerdings immerhin in Erwägung gezogen. Solange diese Frage nicht zu ihren Ungunsten entschieden ist, können sich die Beklagten im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit jedenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihnen eine Aufnahme des Nichtigkeitsverfahrens nicht möglich sei, was sie im Übrigen auch gar nicht machen.

cc)
Wollte man hier dagegen von der Anwendbarkeit österreichischem Recht ausgehen, ist das Ergebnis kein anderes, zumal der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Beklagten nach Art. 7 Abs. 2 der österreichischen Konkursordnung (jetzt: § 7 Abs. 2 IO) zu einer Aufnahme des Verfahrens berechtigt sind.

dd)
Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen steht einer Aussetzung des vorliegenden Verletzungsprozesses allein wegen der andauernden Unterbrechung des Nichtigkeitsverfahrens auch entgegen, dass den Beklagten, wie der Kläger zuletzt unwidersprochen vorgetragen hat, ausdrücklich angeboten worden ist, dass die Erwerberin des Klagepatents als neue Beklagte in das Nichtigkeitsverfahren eintritt (§ 265 Abs. 2 S. 2 ZPO; zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 265 Abs. 2 ZPO auf das Nichtigkeitsverfahren vgl. BGH, GRUR 2012, 149, 156 – Sensoranordnung). Ihre Zustimmung hierzu haben die Beklagten jedoch ausdrücklich verweigert.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.