2 U 85/10 – PVD-Vorrichtung II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1964

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. Oktober 2012, Az. 2 U 85/10

Vorinstanz: 4b O 42/09

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Juni 2010 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.500.000,00 Euro festgesetzt.

G r ü n d e :

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 1 129 XXX (Klagepatent, Anlage K 6; deutsche Übersetzung [DE 699 11 XXY T2] Anlage K 6a). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung der als patentverletzend angegriffenen Gegenstände sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 11. November 1999 unter Inanspruchnahme einer niederländischen Priorität vom 11. November 1998 eingereicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 1. Oktober 2003. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 699 11 XXY geführt (vgl. Anlage K 6a). Das Klagepatent steht in Kraft.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Beschichten von Gegenständen mittels PVD. Der erteilte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache wie folgt:

“Apparatus for applying at least one coating to objects by means of vapour deposition (PVD) under vacuum, comprising:

– a PVD device for coating the object under a vacuum;
– at least one lock separating the PVD-device from the ambient;
– a transport device which extends though the PVD-device and into the lock;
– wherein the transport device is adapted to transport objects arranged on carriers;
– the PVD device is adapted for semi-continuous treatment of objects arranged on the carriers;
– a preprocessing device for performing a preprocessing on the object;
– a postprocessing device for postprocessing the objects; and
– wherein the transport device extends though said at least one lock, the preprocessing device and the postprocessing device,

characterized in that the preprocessing device comprises an application device for applying onto the objects for treating a lacquer which cures with radiation, for instance UV or IR radiation, and a device for irradiating the lacquered objects with the relevant radiation.”

Die vom deutschen Patent- und Markenamt veröffentlichte deutsche Übersetzung dieses Patentanspruchs lautet wie folgt:

„Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:

– eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck;
– wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt;
– eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt;
– wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren,
– die PVD-Richtung (Anm.: es muss richtig PVD-Vorrichtung [ „PVD device”] heißen) für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist,
– eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand:
– eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, und
– wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels Strahlung, beispielsweise UV- oder IR-Strahlung, aushärtet, und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung.“

Auf eine von der Beklagten zu 1. gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht durch – nach Erlass des landgerichtlichen Urteils ergangenes – Urteil vom 28. Februar 2012 (3 Ni 16/10 (EU); Anlage ROKH 7) das Klagepatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhalten hat (wobei die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 durch Kursivschrift hervorgehoben sind):

„Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:

– eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck;
– wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt;
– eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt;
– wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren,
– die PVD-Vorrichtung für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist,
– eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand;
– eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, und
– wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt,

dadurch gekennzeichnet, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels UV-Strahlung aushärtet, und eine Vorrichtung zum
Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung, dass die Träger langgestreckt sind und die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die Träger im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen, und dass die Träger mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen sind, welche auf sich vertikal erstreckenden Wellen, die drehbar in den Trägern befestigt sind, platziert sind.“

Wegen des Wortlauts der von der Klägerin in diesem Verfahren nur „insbesondere“ geltend gemachten, aufrechterhaltenen Unteransprüche 3, 4 und 5 wird auf das Urteil des Bundespatentgerichts Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Bundespatentgerichts hat die Beklagte zu 1. beim Bundesgerichtshof Berufung eingelegt.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Figur 1 zeigt eine perspektivische schematische Ansicht eines kompletten Gerätes gemäß der vorliegenden Erfindung und Figur 2 zeigt eine perspektivische schematische Ansicht der Belade- und Entladestation des in Figur 1 gezeigten Gerätes.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. bis 4. sind, stellt her und bietet unter der Bezeichnung „B “ und insbesondere unter der Modellbezeichnung „B 515“ automatisierte Anlagensysteme (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsform) an, deren generelle Ausgestaltung sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 12 überreichten Angebotsschreiben der Beklagten zu 1. vom 11. Mai 2007, dem als Anlage K 13 zu den Akten gereichten Demonstrationsvideo, der als Anlage K 14 vorgelegten Produktbeschreibung sowie der als Anlage K 15 überreichten Werbebroschüre ergibt. Die Beklagte zu 1. lieferte Ende des Jahres 2007 eine derartige Anlage an die C GmbH, ein Tochterunternehmen der D GmbH & Co. KG.

Die nachfolgend ferner wiedergegebenen Abbildungen stammen aus der als Anlage K 14 überreichten Produktbeschreibung:

Die Klägerin sieht in Herstellung und Vertrieb dieser Anlagen eine Verletzung des Klagepatents. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der Lehre des Klagepatents Gebrauch mache. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1. Insbesondere verfüge sie über eine Transportvorrichtung im Sinne des Klagepatents, die sich u. a. durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstrecke.

Die Beklagten, die um Klageabweisung und hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Sie haben geltend gemacht:

Die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über eine klagepatentgemäße Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung, die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstrecke. Ihr Anlagensystem gehöre vielmehr zu einer anderen Einrichtungsgattung. Während das Klagepatent eine so genannte Inline-Anlage betreffe, sei die angegriffene Ausführungsform als so genannte Batch- bzw. Chargen-Anlage konzipiert. Eine solche Anlage unterscheide sich von einer „Inline-Anlage“ dadurch, dass bei ihr kein durchgehendes Transportsystem vorliege, sondern die zu bearbeitenden Gegenstände gesondert zugeführt und wieder entnommen werden müssten, um alsdann einem anderen Bearbeitungsprozess zugefügt werden zu können. Vor diesem Hintergrund mache die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, weil bei ihr die zu behandelnden Gegenstände vor der PVD-Vorrichtung auf einen Beschichtungskäfig gesetzt würden, der dann in die PVD-Vorrichtung hineingefahren werde; nach Durchführung des Beschichtungsprozesses werde der Beschichtungskäfig wieder aus der
PVD-Vorrichtung entnommen und die beschichteten Gegenstände heruntergenommen.

Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb das Verfahren jedenfalls bis zur Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen sei. Der Gegenstand des Klagepatents sei nicht patentfähig, weil er im Hinblick auf den im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltenen Stand der Technik nicht neu sei, zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Durch Urteil vom 22. Juni 2011 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:

„I.
Die Beklagten werden verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck, wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt, eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt, wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren, die PVD-Vorrichtung für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist, eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand, eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachbearbeitungsvorrichtung erstreckt,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung einer Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels Strahlung, beispielsweise UV- oder IR-Strahlung, aushärtet und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung;

2.
der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Rechnungen hinsichtlich der Angaben zu a) bis c) darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1.11.2003 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,

b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer,

c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3.
die vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 129 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten zugesagt wird und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst;

4.
– insoweit nur die Beklagte zu 1) – die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben (alternativ an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher).

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 1. November 2003 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.“

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie verfüge insbesondere über eine klagepatentgemäße Transportvorrichtung. Die Transportvorrichtung werde in Patentanspruch 1 dadurch näher konkretisiert, dass sie sich durch die
PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstrecke, dass sie ferner dazu angepasst sei, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet seien, zu transportieren, und dass sie sich durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstrecke. Abgesehen von diesen Kriterien würden keine zwingenden Vorgaben an die konstruktive Ausgestaltung der Transportvorrichtung gestellt; der Anspruchswortlaut schließe insbesondere eine mehrteilige Ausgestaltung der Transportvorrichtung nicht aus. Wesentlich sei nur, dass ein Transport der Gegenstände ermöglicht werde, wie er der Aufgabenstellung und den klagepatentgemäß hervorgehobenen Vorteilen entspreche. Der entsprechende technische Sinn und Zweck könne auch erreicht werden, wenn die Transportvorrichtung aus verschiedenen Abschnitten bestehe, solange die Gegenstände nicht per Hand von einer zur anderen Vorrichtungskomponente umgeladen werden müssten, sondern auf den Trägern verblieben und letztere automatisiert zwischen/auf verschiedene Abschnitte umgeladen werden könnten. In dieser Sichtweise werde der Fachmann durch das in Figur 2 gezeigte Ausführungsbeispiel und die zugehörige Patentbeschreibung bestärkt.

Hiervon ausgehend verfüge die angegriffene Ausführungsform in Gestalt des in der Anlage K 16 rot gezeichneten Vorrichtungsteils über eine klagepatentgemäße Transportvorrichtung. Dieses ermögliche einen Transport der zu behandelnden Gegenstände durch die gesamte Anlage, ohne dass diese oder die Träger, auf denen sie angeordnet seien, vor oder nach den verschiedenen Einzelvorrichtungen jeweils erst von Hand be- und entladen werden müssten. Ohne Erfolg machten die Beklagten geltend, es fehle an einer Benutzung des Klagepatents, weil der eine Teil der Transportvorrichtung an der Rotorbestückungseinheit ende, der andere Teil erst wieder an der Rotorentstückungseinheit beginne und die Rotorhandlingseinheit nicht zur Transportvorrichtung gehöre. Zum einen stehe eine mehrteilige Ausgestaltung der Transportvorrichtung einer Benutzung des Anspruchs 1 nicht entgegen. Zum anderen werde der Fachmann auch den durch den Rotor gebildeten Abschnitt der Anlage als Teil der funktional zu verstehenden „Transportvorrichtung“ ansehen. Das Klagepatent setze nicht voraus, dass kein Umladen der Träger innerhalb der Transportvorrichtung erfolge. Es gehe vielmehr darum, im Interesse einer größeren Automatisierung währenddessen ein (manuelles) Entfernen der Gegenstände von den Trägern zu vermeiden. Das Klagepatent beschränke sich auch nicht auf einen bestimmten Anlagentypus.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz macht die Klägerin einen Rückrufanspruch gegen die Beklagten zu 2., zu 3. und zu 4. und gegenüber allen Beklagten einen Anspruch auf endgültige Entfernung der patentverletzenden Gegenstände aus den Vertriebswegen nicht mehr geltend, wobei sie allerdings darum bittet, in den Tenor zu I. 3. des landgerichtlichen Urteils als Teil des Rückrufanspruchs zur Klarstellung aufzunehmen, dass die Beklagte zu 1. die an sie zurückgegebenen patentverletzenden Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen hat. Des Weiteren verfolgt die Klägerin den gegen die Beklagte zu 1. erhobenen Rückrufanspruch nur noch mit der Maßgabe, dass sich dieser nur auf Erzeugnisse bezieht, die ab dem 30. April 2006 vertrieben worden sind.

Zur Begründung ihrer Berufung führen die Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens aus, dass die angegriffene Ausführungsform entgegen der Beurteilung des Landgerichts von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch mache. Ihre Anlage weise keine klagepatentgemäße Transportvorrichtung auf, weil sie nicht über einen durch alle Anlagenteile durchgehende Transportvorrichtung verfüge. Bei ihrer Anlage handele es sich vielmehr um eine „Batch-Anlage“, bei welcher ein Bestücken auf einem separaten Gestell erfolge, welches sodann „in die PVD-Einrichtung hineingeführt und nach Durchführung des Beschichtungsvorgangs wieder hinausgeführt werde. Nach der Durchführung des Beschichtungsvorgangs sei sodann ein entsprechendes Entstücken des Gestells erforderlich. Das Klagepatent vermeide diese Vorgehensweise. Es betreffe ausschließlich eine „Inline-Anlage“ bzw. „Durchlaufanlage“, bei welcher die zu beschichtenden Substrate ohne weiteren Chargierungs- und Dechargierungsvorgang in die PVD-Vorrichtungen eingeführt und wieder hinausgeführt würden.

Jedenfalls seien bei der angegriffenen Ausführungsform zwei der im Nichtigkeitsverfahren in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale nicht verwirklicht. So sei die Transportvorrichtung der angegriffenen Ausführungsform nicht dazu angepasst, die Träger „im Wesentlichen in der Längsrichtung“ zu bewegen. Denn bei der angegriffenen Ausführungsform finde ein Transport in der PVD-Vorrichtung in Längsrichtung nicht statt. Es komme jedoch gerade in der PVD-Vorrichtung darauf an, dass die zu metallisierenden Gegenstände leicht zugänglich seien, womit sich der patentgemäße Transport der Träger in Längsrichtung gerade in dieser Vorrichtung zu vollziehen habe. Darüber hinaus verwirkliche die angegriffene Ausführungsform auch nicht das neu hinzugekommene Merkmal, wonach die austauschbaren Gegenstandshalter auf sich vertikal erstreckenden Wellen, die drehbar in den Trägern befestigt seien, platziert seien. Denn dieses Merkmal sei so zu verstehen, dass die Drehbarkeit allein nicht genüge, sondern die Gegenstände auf den auf den Wellen platzierten Haltern auch tatsächlich in den jeweiligen maßgeblichen Bearbeitungsstationen gedreht werden müssten.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, das Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass

I.
die Beklagten verurteilt werden,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €- ersatzweise Ordnungshaft – oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck, wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt, eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt, wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren, die PVD-Vorrichtung für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist, eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand, eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels UV-Strahlung aushärtet, und eine Vorrichtung zum
Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung, dass die Träger langgestreckt sind und die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die Träger im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen, und dass die Träger mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen sind, welche auf sich vertikal erstreckenden Wellen, die drehbar in den Trägern befestigt sind, platziert sind,

insbesondere, wenn die Merkmale der Unteransprüche 3 und/oder 4 und/oder 5 des Klagepatents in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts vom 28. Februar 2012 erfüllt sind;

2.
der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Rechnungen hinsichtlich der Angaben zu a) bis c) darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1.11.2003 begangen haben, und zwar unter Angabe

c) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,

d) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer,

c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II.
die Beklagte zu 1. verurteilt wird,

1.
die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 129 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1. zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten zugesagt wird und die Beklagte zu 1. die Erzeugnisse wieder an sich nimmt, wobei dies nur für ab dem 30. April 2006 vertriebene Erzeugnisse gilt;

4.
die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu I. 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben (alternativ an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher).

III.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem
1. November 2003 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend, wobei sie nunmehr eine Verletzung des vom Bundespatentgericht beschränkt aufrechterhaltenen Patentanspruchs 1 geltend macht. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages tritt die Klägerin den Ausführungen der Beklagten im Einzelnen entgegen und macht geltend, dass die angegriffene Ausführungsform auch die im Nichtigkeitsverfahren neu hinzugekommenen Merkmale von Patentanspruch 1 verwirkliche. Soweit die Transportvorrichtung nach dem aufrechterhaltenen Anspruch 1 dazu angepasst sei, die Träger „im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen“, könnten die Träger schon nach dem Anspruchswortlaut auch anderweitig transportiert werden. „Wesentlich“ im Sinne des betreffenden Merkmals sei funktional dahingehend definiert, dass überall dort, wo eine leichte Zugänglichkeit der Gegenstände maßgeblich für den jeweiligen Behandlungsschritt sei, was ausweislich der Patentbeschreibung beim Aufbringen des Lackes oder dergleichen der Fall sei, der Transport in Längsrichtung erfolge. Dort komme es nämlich darauf an, dass der Lack gleichmäßig aufgebracht werden könne. Im Unterschied zur Situation bei der Aufbringung des Lackes und auch dessen Aushärtung mittels UVD-Strahlung bedürfe es insbesondere im Rahmen der PVD-Vorrichtung keines Längstransports, weil es im Unterschied zum Aufbringen des Lackes in der Natur der physikalischen Dampfablagerung liege, dass sich das in der geschlossenen und evakuierten PVD-Vorrichtung verdampfte Metall gleichmäßig innerhalb der PVD-Vorrichtung verteile und auf die zu beschichtenden Gegenstände ablagere. Auch an anderen Stellen der Transportvorrichtung sei klagepatentgemäß ein Transport der Träger in deren Längsrichtung nicht notwendig. So sehe das Klagepatent ausdrücklich die Ausgestaltung von „Puffern“ vor. Bei der angegriffenen Ausführungsform würden die langgestreckten Träger überall dort, wo es nach der Lehre des Klagepatents hierauf ankomme, in Längsrichtung bewegt. Dies gelte insbesondere bei der Aufbringung der Grundlackschicht im Rahmen der Vorverarbeitungsvorrichtung sowie des Schutzlackes im Rahmen der Nachverarbeitungsvorrichtung, aber auch für die Trocknung des aufgebrachten Lackes mittels UV-Strahlung in der Vor- und der Nachverarbeitungsvorrichtung sowie die Beförderung der Gegenstände durch die der Vorverarbeitungsvorrichtung vorgeschaltete Gebläsevorrichtung und die Oberflächenverarbeitungsvorrichtung. Dass bei der angegriffenen Ausführungsform an einigen Stellen, die in der Schemadarstellung gemäß Anlage K 16 grau hinterlegt seien, auch ein Transport auf Querlaufbändern erfolge, stehe einer Verwirklichung des neu hinzugekommenen Merkmals nicht entgegen. Insbesondere stehe das Verbringen der Träger in die PVD-Vorrichtung auf einem Rotor einer Patentbenutzung nicht entgegen, weil auch hier ein Transport in Längsrichtung in und durch die PVD-Vorrichtung für den sich anschließenden Behandlungsschritt in dieser Vorrichtung, die PVD-Beschichtung, technisch ohne Relevanz sei.

Wortsinngemäß verwirklicht sei auch das neu hinzugekommene Merkmal, wonach die Träger mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen seien, welche auf sich vertikal erstreckenden Wellen, die drehbar in den Trägern befestigt seien, platziert seien. Die angegriffene Ausführungsform weise austauschbare Gegenstandshalter auf, welche auf Wellen angeordnet seien. Diese seien in den Trägern drehbar befestigt. Die Drehung werde dadurch erreicht, dass Friktionsräder in Antriebsräder eingriffen, die die in den Trägern befestigten Wellen und den zu behandelnden Gegenstand in Bewegung versetzten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil die angegriffene Vorrichtung von der technischen Lehre des Klagepatents in der nunmehr geltend gemachten Fassung des Nichtigkeitsurteils des Bundespatentgerichts vom 28. Februar 2012 (Anlage ROKH 7) keinen Gebrauch macht.
A.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Beschichten von Gegenständen mittels eines PVD-Verfahrens (PVD = physical vapour deposition). Auf Deutsch wird dieses Verfahren gewöhnlich als „physikalische Dampfablagerung“ oder auch als „physikalische Gasphasenabscheidung“ bezeichnet. Darunter versteht man eine Gruppe von vakuumbasierten Beschichtungsverfahren bzw. Dünnschichttechnologien, bei denen die Schicht direkt durch Kondensation eines Ausgangsmaterials gebildet wird.

Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, sind solche PVD-Geräte allgemein bekannt (Anlage K 6a, Abs. [0002]; BPatG, Urteil vom 28. Februar 2012 [nachfolgend: NU], Anlage ROKH 7, Seite 12). Sie werden beispielsweise dazu verwendet, eine dünne Schicht aus Metall auf Plastik aufzubringen, um dem Gegenstand ein metallisches Erscheinungsbild zu geben. Beispiele hierfür sind Kappen für Kosmetikflaschen, bei Sportveranstaltungen präsentierte Preise, Fahrzeugkomponenten und dergleichen (Anlage K 6a, Abs. [0002]).

Gemäß den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift werden die Gegenstände zur Verarbeitung herkömmlicherweise zunächst auf Gestellen platziert und mit einem Lacküberzug versehen, der die Klebekraft zwischen dem Plastik und dem Metallüberzug erhöht. Der Lacküberzug sorgt darüber hinaus für eine gleichmäßigere Oberfläche, so dass die Reflexion des zu überziehenden Metalls verbessert wird (Anlage K 6a, Abs. [0003]; BPatG, NU, Seite 12). Die Vorbehandlung kann auch eine Behandlung vor dem Lackieren umfassen, wie z. B. eine FIammbehandlung. Hierdurch werden die Oberflächeneigenschaften des Plastikgegenstandes verändert, so dass der anschließend aufgebrachte Lack besser auf dem Plastik haftet (Anlage K 6a, Abs. [0004]).

Nach der Vorbehandlung werden die zu verarbeitenden Gegenstände in einem Unterdruckbehälter platziert. Darin wird ein Vakuum erzeugt und mittels Verdampfung von Metall wird ein Metalldampf in den UnterdruckbehäIter eingeführt, der sich auf den lackierten Gegenständen ablagert. Diesen Prozess bezeichnet man als „physikalische Dampfablagerung“ (Anlage K 6a, Abs. [0006]; BPatG, NU, Seite 13). Die Verdampfung kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden, z.B. durch so genanntes Sputtern bzw. Kathodenzerstäubung (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0011]). Hierbei wird das zu verdampfende Metall durch Ionen beschossen, so dass sich das Material löst und in einen gasförmigen Zustand gerät. Bekannt ist es auch, Metall stark zu erhitzen, so dass es verdampft. Aufgrund des Vakuums im Unterdruckbehälter setzten sich die verdampften Metallpartikel auf dem im Unterdruckbehälter platzierten Gegenstand ab und beschichten diesen mit einer Metallschicht. Nach der Verdampfung des relevanten Elementes wird der Behälter wieder belüftet, wonach die metallisierten Gegenstände auf den Gestellen entfernt werden können (Anlage K 6a, Abs. [0007]; BPatG, NU, Seite 13).

Die Gegenstände werden sodann einer Nachbehandlung unterzogen, die im Allgemeinen durch eine Lackierbehandlung realisiert wird. Da die aufgebrachte Metallschicht extrem dünn ist und leicht beschädigt werden kann, wird hierbei zum Schutz dieser Schicht ein Schutzlacküberzug aufgebracht. Dieser Lacküberzug gewährt des Weiteren die Möglichkeit, die Farbe zu ändern. Im Allgemeinen wird Aluminium als PVD-Material verwendet, wobei es durch Färben des Lacks möglich ist, die Farbe beispielsweise in eine Gold- oder Kupferfarbe zu variieren (Anlage K 6a, Abs. [0008]).

An dem vorbeschriebenen herkömmlichen Verfahren kritisiert die Klagepatentschrift als nachteilig, dass viele Vorgänge unvermeidlich manuell durchgeführt werden müssen und die betreffende Arbeit daher mühevoll und schwierig ist. Grund hierfür seien der diskontinuierliche Charakter des PVD-Prozesses und die relativ lange Trocknungszeit der auf die Plastikgegenstände aufgebrachten Lacke (Anlage K 6a, Abs. [0009]; vgl. a. BPatG, NU, Seite 13).

Vor diesem Hintergrund hat es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht, ein Gerät zu schaffen, das dazu angepasst ist, einen Metallüberzug auf Materialien aufzubringen, die nur überzogen werden können, wenn sie durch einen Lacküberzug bedeckt worden sind (Anlage K 6a, Abs. [0012]). Wie der angesprochene Durchschnittsfachmann – als solcher kann hier in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht (NU, Seite 15) ein Team aus einem Diplomchemiker, der über Erfahrung bei der Beschichtung von Gegenständen mit Lacken und Metallüberzügen verfügt, und einem Maschinenbauingenieur oder Diplomphysiker mit Erfahrung im Bau von Anlagen in der Vakuumtechnik angesehen werden – vor allem der bereits erwähnten Kritik der Klagepatentbeschreibung am Stand der Technik sowie den Vorteilsangaben der Klagepatentschrift (Anlage K 6a, Abs. [0014]) entnimmt, geht es konkreter formuliert darum, eine Anlage zum Beschichten von zunächst mit einem Lacküberzug zu versehenen Gegenständen mittels PVD bereitzustellen, mit der eine weitgehende Automatisierung des Beschichtungsprozesses einschließlich der Vor- und Nachbehandlung erreicht wird (vgl. a. BPatG, NU, Seiten 13, 23 und 24).

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Anspruch 1 des Klagepatents in der nunmehr geltend gemachten Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts vom
28. Februar 2012 (Anlage ROKH 7) eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

(1) Vorrichtung (1) zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände (24) mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:

(1.1) eine PVD-Vorrichtung (2) zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck,

(1.2) wenigstens eine Schleuse („lock“), die die PVD-Vorrichtung (2) von der Umgebung trennt,

(1.3) eine Transportvorrichtung (5),

(1.4) eine Vorverarbeitungsvorrichtung (3) zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand (24) und

(1.5) eine Nachverarbeitungsvorrichtung (4) zum Nachverarbeiten der Gegenstände (24).

(2) Die PVD-Vorrichtung (2) ist für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände (24), die auf Trägern (15) angeordnet sind, angepasst.

(3) Die Transportvorrichtung (5)

(3.1) erstreckt sich durch die PVD-Vorrichtung (2) und in die Schleuse hinein,

(3.2) ist dazu angepasst, Gegenstände (24), die auf Trägern (15) angeordnet sind, zu transportieren,

(3.3) ist dazu angepasst, die Träger (15) im Wesentlichen in der Längsrichtung zu bewegen,

(3.4) erstreckt sich durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung (3) und die Nachverarbeitungsvorrichtung (4).

(4) Die Träger (15)

(4.1) sind langgestreckt und

(4.2) mit austauschbaren Gegenstandshaltern (19) versehen,

(4.2.1) welche auf sich vertikal erstreckenden Wellen (16, 34), die drehbar in den Trägern (15) befestigt sind, platziert sind

(5) Die Vorverarbeitungsvorrichtung (3) weist

(5.1) eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände (24) auf, der mittels UV-Strahlung aushärtet, und

(5.2) eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit
UV-Strahlung auf.

Hinsichtlich der Vorteile des Gegenstandes der Erfindung hebt die Klagepatentschrift in Absatz [0014] hervor:

„Die halbkontinuierliche Eigenschaft der PVD-Vorrichtung ermöglicht eine nachfolgende Behandlung der Träger mit einer Serie von Gegenständen. Da die Transportvorrichtung zu diesem Zweck angepasst ist und sich darüber hinaus durch die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt, wird es möglich, die Gegenstände für die Dampfbeschichtung ohne Belade- und Entladevorgänge zu behandeln. Diese Kombination von Maßnahmen ermöglicht somit die Nutzung eines gewissen Automatisierungsgrades; nur am Start müssen die Gegenstände auf den Trägern platziert werden und nach der Beendigung der Nachverarbeitung können sie davon entfernt werden. Das Handhaben der Gegenstände zwischen den Behandlungen, wenn sie ohnehin auf den Gestellen platziert sind, wird eingespart.“

Im Nichtigkeitsverfahren sind die Merkmale (5.1) und (5.2) der vorstehenden Merkmalsgliederung dahingehend eingeschränkt worden, dass es sich bei der anzuwendenden Strahlung in der Verarbeitungsvorrichtung um UV-Strahlung handelt und dass der zu verwendende Lack mittels dieser Strahlung aushärtet.

Neu in den Patentanspruch aufgenommen worden sind das Merkmal (3.3) sowie die Merkmalsgruppe (4), welche den mittels der Transportvorrichtung zu bewerkstelligenden Transport sowie die Ausgestaltung der Träger, auf denen die zu behandelnden Gegenstände durch die Anlage transportiert werden, betreffen.

Gemäß Merkmal (3.3) ist die Transportvorrichtung nunmehr auch dazu angepasst die – langgestreckten (Merkmal (4.1) – Träger „im Wesentlichen in der Längsrichtung“ zu bewegen.

Die Merkmalsgruppe (4) beschreibt die Ausgestaltung der Träger (15), auf denen die zu behandelnden Gegenstände angeordnet werden können. Gemäß Merkmal (4.1) sind die Träger „langgestreckt“, und zwar, wie sich aus dem Zusammenhang mit Merkmal (3.3) ergibt, in Längsrichtung. Nach Merkmal (4.2) sind die Träger (15) mit austauschbaren Gegenstandshaltern versehen. Aufgrund der Austauschbarkeit der Gegenstandshalter (19) können die Träger (15) – wie die Klagepatentschrift in Absatz [0023] hervorhebt – für verschiedene Arten von Gegenständen verwendet werden, ohne dass es für jede Art eines eigenen Trägers bedarf. Anstatt je nach zu behandelndem Gegenstand den gesamten Träger (15) wechseln zu müssen, was sehr kostspielig wäre, müssen also lediglich die Gegenstandshalter (19) ausgetauscht werden. Das ebenfalls neu hinzugekommene Merkmal (4.2.) sieht vor, dass die Gegenstandshalter (19) auf sich vertikal erstreckenden Wellen (16, 34) platziert sind, wobei die Wellen (16, 34) gemäß Merkmal (4.2.1) drehbar in den Trägern (15) befestigt sind. Durch diese Maßnahme wird erreicht, dass die zu behandelnden Gegenstände an allen Seiten für die anzuwendenden Prozesse freigelegt werden können (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0024]).

Dies vorausgeschickt bedürfen im Hinblick auf den Streit der Parteien die Merkmale (1.3) und (3) sowie das Merkmal (4.2.1) der vorstehenden Merkmalsgliederung näherer Erläuterung.

Die erfindungsgemäße Anlage weist hiernach eine „Transportvorrichtung“ auf (Merkmal (1.3), die so ausgestaltet ist, dass sie die zu behandelnden Gegenstände, welche auf den Trägern (15) angeordnet sind, transportieren kann (Merkmal (3.2). Anspruchsgemäß erstreckt sich die Transportvorrichtung durch alle in Patentanspruch 1 genannten Anlagenteile. So erstreckt sie sich nach dem Anspruchswortlaut durch die PVD-Vorrichtung (Merkmal (3.1)) und in die Schleuse hinein (Merkmal (3.1)) sowie durch diese hindurch (Merkmal (3.4)). Des Weiteren erstreckt sich die Transportvorrichtung auch durch die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung (Merkmal (3.4)). Mit der sich damit durch sämtliche Anlagenteile erstreckenden Transportvorrichtung wird es ermöglicht, dass die zu behandelnden Gegenstände lediglich zu Beginn des Verfahrens (vor Beginn der Vorverarbeitung) auf den Trägern platziert werden müssen, anschließend (bis zum Abschluss der Nachverarbeitung) aber ohne jedes weitere manuelle Be- und Entladen den einzelnen Verfahrensschritten in den jeweiligen Stationen unterzogen werden können. Lediglich am Ende des Prozesses – nach der Nachverarbeitung – müssen die Gegenstände wieder von den Trägern entfernt werden (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0014]). Ein jeweiliges Be- und Entladen der Gegenstände per Hand zur Durchführung der einzelnen Behandlungsschritte, wie es nach den Angaben der Klagepatentschrift im Stand der Technik erforderlich war (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0009]), entfällt; die auf den Trägern angeordneten Gegenstände können im Transportsystem verbleiben und an den einzelnen Einrichtungen jeweils in Serie behandelt werden. Hierdurch wird ein erhöhter Automatisierungsgrad erreicht (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0014]), wodurch die Effizienz der Anlage verbessert wird.

Bei der „Transportvorrichtung“ kann es sich grundsätzlich sowohl um eine „einheitliche“ Transportvorrichtung als auch um eine sich aus mehreren miteinander kombinierten Transporteinheiten zusammengesetzte Vorrichtung handeln, wobei zum Ausgleich der zeitlichen Unterschiede zwischen dem kontinuierlichen Betreiben der Vorverarbeitungsvorrichtung und Nachverarbeitungsvorrichtung und dem halbkontinuierlichen Betreiben der PVD-Vorrichtung bzw. zur Synchronisierung der im Wesentlichen kontinuierlich arbeitenden Vorverarbeitungsanlage und der Nachbearbeitungsanlage mit dem halbkontinuierlichen Betrieb der PVD-Anlage auch Puffer bzw. Ausweichflächen (6) vorgesehen sein können (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0018], [0039], [0040] und [0053] sowie erteilte Unteransprüche 9, 10 und 11).

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, muss die Transportvorrichtung insoweit nicht einteilig – z. B. als durchlaufendes Förderband – ausgebildet sein, sondern sie kann durchaus auch aus mehreren, zusammenwirkenden Einheiten bestehen. Wie die erfindungsgemäße „Vorrichtung zur Aufbringung eines Überzuges auf Gegenstände“ selbst, bei der es sich ersichtlich um eine aus mehreren Komponenten bzw. Einrichtungen (PVD-Vorrichtung; Vorverarbeitungsanlage, Nachverarbeitungsvorrichtung und Transportvorrichtung) bestehende Gesamtanlage handelt, kann auch die Transportvorrichtung wiederum aus mehreren Einheiten bestehen, die zusammen ein Transportsystem bilden, das einen Transport der zu behandelnden Gegenstände durch die gesamte Anlage ermöglicht. Hierfür spricht auch das in der Klagepatentschrift figürlich dargestellte und beschriebene Ausführungsbeispiel. Wie aus Figur 2 zu ersehen ist, hat bei diesem die Transportvorrichtung (5) an einer Stelle eine U-Form, wobei an den Positionen, an denen die Transportvorrichtung einen Winkel bildet, spezielle Rotationsvorrichtungen (20) angeordnet sind, von denen jede eine Rotationsscheibe (21) besitzt. Mittels dieser Rotationsscheiben (21) ist es möglich, den Träger (15), auf dem die Gegenstände (24) angeordnet sind, um einen Winkel von 90o zu drehen (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0041]).

Dass die klagepatentgemäße Transportvorrichtung grundsätzlich auch „mehrteilig“ ausgebildet sein kann, räumen die Beklagten in zweiter Instanz auch selbst ein (vgl. Berufungsbegründung, Seite 5 f. [Bl. 199 f. GA]). Sie sind allerdings der Auffassung, dass das Klagepatent lediglich eine so genannte Inline-Anlage bzw. Durchlaufanlage, nicht hingegen eine so genannte Chargen- bzw. Batch-Anlage betreffe, wobei der Unterschied zwischen diesen Anlagen nach dem Vorbringen der Beklagten darin liegen soll, dass bei einer „Inline-Anlage“ die zu behandelnden Gegenstände unmittelbar, d. h. ohne gesonderten Chargierungs- und Decharchierungsvorgang in die Behandlungsvorrichtung verbracht und wieder entladen werden, während bei der „Chargen-“ bzw. „Batch-Anlage“ zunächst ein Bestücken eines separaten Gestells oder Käfigs erfolgt, welcher sodann in die Behandlungsvorrichtung eingebracht und nach Durchführung des Behandlungsvorgangs wieder aus dieser hinausgeführt wird.

Ob sich eine solche Beschränkung auf einen bestimmten Anlagetyp, nämlich auf eine „Inline-Anlage“, die ohne jedwede Chargierungs- und Decharchierungsvorgänge auskommt, aus Patentanspruch 1 ergibt, kann vorliegend – mit Blick auf die angegriffene Ausführungsform – allerdings dahinstehen. Nach den Einschränkungen, die Patentanspruch 1 im Nichtigkeitsverfahren durch das Urteil des Bundespatentgerichts erfahren hat, muss die Transportvorrichtung der unter Schutz gestellten Vorrichtung jedenfalls so ausgestaltet sein, dass sie die Träger mit den auf diesen angeordneten Gegenständen durch alle im Anspruch genannten Anlagenteile, mithin auch durch die PVD-Vorrichtung“, in Längsrichtung transportiert.

Dafür spricht bereits der Wortlaut des Patentanspruchs 1. Gemäß den vorstehend bereits angesprochenen Merkmalen (3.1) und (3.4) erstreckt sich die Transportvorrichtung (5) durch die PVD-Vorrichtung (2) und in die Schleuse hinein sowie durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung (3) und die Nachverarbeitungsvorrichtung (4). Wenn Merkmal (3.3) sodann vorgibt, dass die Transportvorrichtung, die dazu angepasst ist, Gegenstände (24), welche auf Trägern (15) angeordnet sind, zu transportieren (Merkmal (3.2)), auch dazu angepasst ist, die Träger (15) „im Wesentlichen in der Längsrichtung“ zu bewegen, wird der Fachmann dem unweigerlich entnehmen, dass die Transportvorrichtung so ausgestaltet sein soll, dass sie die Träger mit den auf diesen anzuordnenden Gegenständen jedenfalls durch die in Anspruch 1 aufgeführten Anlagenteile bzw. Teil-Vorrichtungen (Vorverarbeitungsvorrichtung, PVD-Vorrichtung, Nachverarbeitungsvorrichtung) in Längsrichtung fördern kann.

Zwar müssen die langgestreckten Träger nach dem Anspruchswortlaut nicht ausschließlich, sondern nur „im Wesentlichen“ in Längsrichtung durch die Transportvorrichtung transportiert werden können. Dass bedeutet aber nicht, dass
z. B. auf einen Transport der Träger in Längsrichtung durch die PVD-Vorrichtung gänzlich verzichtet werden kann. Vielmehr muss die Transportvorrichtung anspruchsgemäß so ausgestaltet sein, dass sie die Träger durch alle im Anspruch genannten Anlagenteile, mithin gerade auch durch die „PVD-Vorrichtung“, welche die unter Schutz gestellte Vorrichtung erst zu einer „Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck“ (Merkmal (1)) macht, im Wesentlichen in Längsrichtung fördern kann.

Aus der Klagepatentbeschreibung ergibt sich nichts anderes. Zieht der Fachmann die Klagepatentbeschreibung zu Rate, was Patentanspruch 1 mit „im Wesentlichen“ meint, so entnimmt er dieser, dass das Klagepatent außerhalb der im Hauptanspruch aufgeführten Anlagenteile bestimmte Abschnitte der Transportvorrichtung zulässt, auf denen ein Längstransport nicht stattfinden muss. So sieht das Klagepatent – wie bereits erwähnt – die Anordnung von Puffern zwischen der Vorverarbeitungsvorrichtung und der PVD-Vorrichtung sowie zwischen PVD-Vorrichtung und der Nachverarbeitungsvorrichtung vor (Anlage K 6, Abs. [0018], [0019], [0039], [0040], [0053], [0054]; ferner erteilte Unteransprüche 9, 10 und 11), welche dazu dienen, zeitliche Unterschiede zwischen dem kontinuierlichen Betreiben der Vorverarbeitungsvorrichtung und der Nachverarbeitungsvorrichtung und dem halbkontinuierlichen Betreiben der PVD-Vorrichtung zu kompensieren (Anlage K 6, Abs. [0018], [0040]) und [0053]. Bei Anordnung einer solchen „Ausweichfläche“ ist es nicht sinnvoll, die Träger in Längsrichtung zu fördern, weil der Puffer in diesem Falle deutlich mehr Raum als etwa bei einem Quertransport in Anspruch nehmen würde. Die Klagepatentbeschreibung sieht daher in Absatz [0019] vor, dass die Puffer dazu angepasst sind, die Träger „in einer transversalen Richtung“ zu bewegen, wie dies beispielhaft in den Figuren 1 und 4 gezeigt ist. Außerdem entnimmt der Fachmann der Klagepatentbeschreibung, dass das Klagepatent eine Drehung der Träger zulässt, um diese von einem Abschnitt der Transportvorrichtung auf einen anderen Abschnitt der Transportvorrichtung zu fördern. Bei dem in Figur 2 gezeigten und in Absatz [0041] der Klagepatentschrift näher beschriebenen Ausführungsbeispiel sind hierzu – wie bereits erwähnt – vor der Be- und Entladezone (7) jeweils spezielle Rotationsvorrichtungen (20) mit Rotationsscheiben (21) vorgesehen, mittels derer die langgestreckten Träger (15) um einen Winkel von 90o gedreht werden, um die Träger auf den anschließenden Teil der Transportvorrichtung zu verbringen, wo sie sodann weiter in Längsrichtung bewegt werden.

Soweit die Träger hiernach in einzelnen Abschnitten der Transportvorrichtung nicht in Längsrichtung bewegt werden, befinden sich diese Abschnitte – wie der Fachmann unschwer erkennt – allerdings sämtlich außerhalb der im Patentanspruch angesprochenen Anlagenteile und es schließt sich hiernach ein Transport der Träger in Längsrichtung durch die im Anspruch aufgeführten Anlagenteile an.

Grund hierfür ist offenbar, dass die zu behandelnden Gegenstände in den einzelnen Behandlungsvorrichtungen der Anlage zur Vermeidung von „Abschattungen“ und gleichmäßigen Behandlung der einzelnen Gegenstände für die einzelnen
Teil-Vorrichtungen „leicht zugänglich“ sein sollen. Denn hinsichtlich der Vorteile der Ausgestaltung gemäß Merkmal (3.3) heißt es in Absatz [0016] der Klagepatentbeschreibung:

„Diese Konfiguration hat den Vorteil, dass die Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, für die Vorrichtungen zum Aufbringen von Lack und dergleichen immer leicht zugänglich sind.“

Dass die danach vom Klagepatent gewünschte „leichte Zugänglichkeit“ der auf den Trägern angeordneten Gegenstände nur in Bezug auf die in Merkmal (5.1) angesprochene Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen des Lackes der Vorverarbeitungsvorrichtung und die in Merkmal (5.2) angesprochene Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit UV-Strahlung der Vorverarbeitungsvorrichtung sowie die Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände von Bedeutung ist, lässt sich der zitierten Beschreibungsstelle – wie auch der übrigen Klagepatentbeschreibung – nicht entnehmen. In dieser ist von „Vorrichtungen zum Aufbringen von Lack und dergleichen“ die Rede. Die Angabe „und dergleichen“ lässt sich ohne weiteres dahin verstehen, dass hiermit die weiteren im Patentanspruch 1 angesprochenen
Teil-Vorrichtungen gemeint sind, also auch die PVD-Vorrichtung.

Hiervon wird der Fachmann auch ausgehen, weil durch die erfindungsgemäße Anlage auf die zu behandelnden Gegenstände zwingend zweierlei Schichten „aufgebracht“ werden sollen, nämlich der Lacküberzug in der Vorverarbeitungsvorrichtung und der Metallüberzug in der PVD-Vorrichtung (vgl. Anlage K 6, Abs. [0012]).

Dass das Klagepatent einen Längstransport der Träger in der PVD-Vorrichtung nicht für notwendig erachtet, weil – wie die Klägerin behauptet – sich das in der geschlossenen und evakuierten PVD-Vorrichtung verdampfte Metall ohnehin gleichmäßig innerhalb der PVD-Vorrichtung verteilt und auf die zu beschichtenden Gegenstände abgelagert, lässt sich der Klagepatentbeschreibung nicht entnehmen.

Dagegen spricht vielmehr, dass auch die durch die Ausgestaltung der Träger gemäß Merkmal (4.2.1) erzielte Drehbarkeit der Gegenstandshalter nach der Klagepatentbeschreibung (Anlage K 6a, Abs. [0024]) dazu dient, die zu behandelnden Gegenstände „in geeigneter Weise an allen Seiten für die anzuwendenden Prozesse“ freizulegen. Angesprochen sind damit sämtliche in den im Hauptanspruch genannten Anlagenteilen stattfindenden Prozesse, mithin auch der in der PVD-Vorrichtung stattfindende PVD-Prozess. Der ursprünglich erteilte, im Nichtigkeitsverfahren gestrichene, aber weiterhin in der Klagepatentschrift enthaltene Unteranspruch 6 beanspruchte sogar explizit Schutz für eine besondere Ausgestaltung, bei der die Transportvorrichtung auch dazu angepasst ist, die Gegenstandshalter „in der PVD-Vorrichtung zu drehen“. Einer Drehung der Gegenstandshalter in der PVD-Vorrichtung, wie sie vom erteilten Unteranspruch 6 sogar als besonders vorteilhaft angesehen wurde, bedürfte es indes nicht, wenn das Klagepatent davon ausginge, dass sich das in der geschlossenen und evakuierten PVD-Vorrichtung verdampfte Metall ohnehin gleichmäßig innerhalb der PVD-Vorrichtung verteilt und auf den zu beschichtenden Gegenstände ablagert.

Richtig ist zwar, dass es im Rahmen des Merkmals (3.3) um eine Längsbewegung der auf den Trägern angeordneten Gegenständen geht, wohingegen die Ausgestaltung nach Merkmal (4.2.1) eine Drehung der auf den Trägern angeordneten Gegenstände ermöglicht. Unter Zugrundelegung der Auffassung der Klägerin bedürfte es aber auch einer solchen Drehbewegung in der PVD-Vorrichtung nicht. Das Klagepatent sieht, wie soeben dargelegt, eine Drehung der zu behandelnden Gegenstände in der PVD-Vorrichtung indes als vorteilhaft an.

Der Fachmann wird vor diesem Hintergrund nicht annehmen, dass in Absatz [0016] der Klagepatentbeschreibung mit der Formulierung „Vorrichtungen zum Aufbringen von Lack und dergleichen“ nur Verfahrensschritte angesprochen sind, die mit dem Aufbringen des Lackes, welcher typischerweise durch Sprühen mittels einer an einem bestimmten Ort lokalisierten Quelle, beispielsweise einer Sprühdose, erfolgt, vergleichbar sind, wie das Aushärten des Lacküberzuges mittels UV-Strahlung. Das gilt umso mehr, als Patentanspruch 1 die Ausgestaltung der in Merkmal (5.1) angesprochenen Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen des Lackes sowie der in Merkmal (5.2) angesprochene UV-Bestrahlungsvorrichtung offen lässt. Welche Art von Anwendungsvorrichtung und UV-Bestrahlungsvorrichtung eingesetzt werden und ob es sich hierbei um lokalisierte Quellen mit einem gerichteten Strahl handelt, überlässt Patentanspruch 1 dem Fachmann.

Letztlich ist auch das fachkundige Bundespatentgericht offensichtlich davon ausgegangen, dass die Transportvorrichtung der erfindungsgemäßen Anlage so ausgestaltet sein muss, dass die langgestreckten Träger in Längsrichtung durch die einzelnen Anlagenteile bewegt werden, wenn es auf Seite 20, 2. Absatz, seines Nichtigkeitsurteils (Anlage ROKH 7) ausgeführt hat (Unterstreichung hinzugefügt):

Auch können keine Missverständnisse aufkommen, was unter einem langgestreckten Träger und in diesem Zusammenhang einer Bewegung der Träger in Längsrichtung zu verstehen ist, da gemäß Wortlaut des Patentanspruchs, die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die in Längsrichtung selbstverständlich auch in Längsrichtung langgestreckten Träger durch die einzelnen Anlagenteile zu fördern.“

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass dieser Satz sprachlich missglückt ist. Bei sinnvoller Lektüre hat das Bundespatentgericht hiermit aber nicht nur zum Ausdruck gebracht, dass die Träger in Längsrichtung langgestreckt sein sollen, sondern auch, dass die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die Träger in Längsrichtung durch die einzelnen Anlagenteile zu fördern. Anders ist die doppelte Verwendung der Formulierung „in Längsrichtung“ sowie die Angabe „durch die einzelnen Anlagenteile zu fördern“ nicht zu erklären. Die entsprechende Stellungnahme des Bundespatentgerichts ist jedenfalls als (erhebliche) sachverständige Äußerung zu würdigen (vgl. BGH, GRUR 1996, 757, 759 – Zahnkranzfräse; GRUR 1998, 895 – Regenbecken; BGH, GRUR 2010, 950, 951/952 – Walzenformgebungsmaschine), die das vorstehende Auslegungsergebnis bestätigt.

B.
Von der oben erläuterten Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents in der Fassung des Nichtigkeitsurteils des Bundespatentgerichts macht die angegriffene Ausführungsform keinen Gebrauch. Denn sie verwirklicht jedenfalls das Merkmal (3.3) nicht.

Wie bereits ausgeführt, muss die Transportvorrichtung der unter Schutz gestellten Anlage hiernach so ausgestaltet sein, dass sie die Träger (im Wesentlichen) in der Längsrichtung auch durch die PVD-Vorrichtung bewegen kann. Hierzu ist die Transportvorrichtung der angegriffenen Ausführungsform jedoch nicht in der Lage.

Die angegriffene Ausführungsform besitzt eine Transportvorrichtung, bei der es sich um das in der Zeichnung gemäß Anlage K 16 rot kolorierte Transportsystem handelt. Bestandteil dieses Systems ist ein Rotor (Beschichtungskäfig/Drehkorb), auf den die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenständen nach dem Transport zur
PVD-Vorrichtung zunächst geschoben und auf dem sie nach vollständiger Belegung in die PVD-Vorrichtung hinein transportiert werden. Hierbei erfolgt unstreitig kein Längstransport, sondern ein Quertransport. In der PVD-Vorrichtung werden die Träger durch Drehen des Rotors weiter bewegt. Hierbei erfolgt wiederum durchgehend kein Längstransport, sondern ein Quertransport der Träger. Nach der Durchführung der PVD-Beschichtung wird der Rotor mit den Trägern aus der PVD-Vorrichtung heraus bewegt, wobei auch hier ein Längstransport der Träger nicht stattfindet. Ein Längstransport der Träger durch die PVD-Vorrichtung findet daher nicht statt und zu einem solchen Transport ist die Transportvorrichtung der angegriffenen Ausführungsform auch nicht in der Lage.

Damit entspricht die angegriffene Ausführungsform nicht den Vorgaben des Merkmals (3.3).

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.