2 U 113/02 – Verarbeitung von Wafern aus Silicium

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 284

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. März 2004, Az. 2 U 113/02

1.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. Juni 2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung jedes/jeder der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 50.000,– € abwenden, wenn nicht der/die jeweils vollstreckende Beklagte seiner-/ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Insgesamt braucht die Klägerin zur Abwendung der Vollstreckung und brauchen die Beklagten zusammen zur Ermöglichung der Vollstreckung keine höhere Sicherheit als 80.000,– € zu leisten.

4.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.023.000,– €.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in englischer Sprache abgefassten europäischen Patents 0 513 275 (im Folgenden: Klagepatent), das auf einer unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 30. November 1990 am 30. September 1991 eingegangenen und am 19. November 1992 bekannt gemachten Anmeldung beruht. Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 9. August 1995.

Anmelderin und ursprüngliche Inhaberin des Klagepatents war die Fluoroware Inc., die im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits mit der Klägerin verschmolzen und von dieser aufgenommen worden ist.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der in der Klagepatentschrift enthaltenen deutschen Übersetzung:

Kunststoffformträger (58) zum Anordnen des Trägers und von Wafern darin auf einer Wafertransportvorrichtung, wobei der Träger eine Öffnung (11) zum Einsetzen und Entfernen von Wafern hat, wobei die Öffnung durch ein Paar gegenüberliegender Seitenwände (13) mit inneren gegenüberliegenden Rippen (18) und Wafertaschen (19) dazwischen, um die axial ausgerichteten Wafer im Träger beabstandet anzuordnen und zu halten, und ein Paar von Endwänden (60, 50) ausgebildet ist, wobei die erste Endwand (60) an der Transportvorrichtung einrastbar ist und wobei die erste Endwand gegenüberliegende Transportvorrichtung-Kontakt-schienen (59) aufweist, die jeweils erste (69) und zweite (71) Abschnitte haben und im Wesentlichen flach sind, wobei die Kontaktschienen jeweils eine Innenkante (65) zu der Öffnung hin und eine Außenkante (67) von der Öffnung weg haben, wobei die Schienen von der ersten Endwand von der Innenkante zu der Außenkante abfallen, und eine hervorstehende Rampe (73) haben, die an dem ersten Abschnitt jeder der Kontaktschienen anfängt und sich zu einem Punkt zwischen den ersten und zweiten Abschnitten der Kontaktschienen erstreckt, wodurch vier Kontaktpunkte zwischen dem Träger und der Vorrichtung gebildet werden, wobei zwei Kontaktpunkte am Anfang der Rampen und die anderen zwei Kontaktpunkte an der Innenkante der zweiten Abschnitte sind.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 5 und 6 aus der Klagepatentschrift zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der geschützten Erfindung:

Die unter der Geschäftsführung der Beklagten zu 2. und 3. stehende Beklagte zu 1. stellt her und vertreibt Waferträger aus Kunststoff, von denen die Klägerin ein Musterstück als Anlage K 6 überreicht hat.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Waferträger der Beklagten machten von der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber in äquivalenter Weise Gebrauch, und nimmt die Beklagten deswegen auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Sie hat beantragt,

I.

die Beklagten zu verurteilen,

1.
es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Kunststoffformträger zum Anordnen des Trägers und von Wafern darin auf einer Wafertransportvorrichtung, wobei der Träger eine Öffnung zum Einsetzen und Entfernen von Wafern hat, wobei die Öffnung durch ein Paar gegenüberliegender Seitenwände mit inneren gegenüberliegenden Rippen und Wafertaschen dazwischen, um die axial ausgerichteten Wafer im Träger beabstandet anzuordnen und zu halten, und ein Paar von Endwänden ausgebildet ist, wobei die erste Endwand an der Transportvorrichtung einrastbar ist und wobei die erste Endwand gegenüberliegende Transportvorrichtung-Kontaktschienen aufweist, die jeweils erste und zweite Abschnitte haben und im Wesentlichen flach sind, wobei die Kontaktschienen jeweils eine Innenkante zu der Öffnung hin und eine Außenkante von der Öffnung weg haben, wobei die Schienen von der ersten Endwand von der Innenkante zu der Außenkante abfallen, und eine hervorstehende Rampe haben, die an dem ersten Abschnitt jeder der Kontaktschienen anfängt und sich zu einem Punkt zwischen den ersten und zweiten Abschnitten der Kontaktschienen erstreckt, wodurch vier Kontaktpunkte zwischen dem Träger und der Vorrichtung gebildet werden, wobei zwei Kontaktpunkte am Anfang der Rampen und die anderen zwei Kontaktpunkte an der Innenkante der zweiten Abschnitte sind, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2.
ihr – der Klägerin – unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 1995 begangen hätten, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der
Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vor-
besitzer,

c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, – zeiten
und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und An-
schriften der Abnehmer,

d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,
-zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und
Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-
kosten und des erzielten Gewinns;

3.
die in ihrem unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen unter Ziff. I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von ihr – der Klägerin – zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

sowie

II.

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr – ggf. auch dem früheren Patentinhaber – durch die unter Ziff. I. 1. bezeichneten, seit dem 9. September 1995 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.

Die Beklagten haben um Klageabweisung gebeten und eingewendet: Die angegriffenen Waferträger verletzten das Klagepatent nicht, weil sie von mehreren Merkmalen des Patentanspruches 1 keinen Gebrauch machten und insbesondere die dort vorhandenen Kontaktschienen keine Rampen im Sinne des Klagepatents aufwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Urteil vom 20. Juni 2002 wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt, mit der sie ihre bisherigen Klageanträge weiterverfolgt, während die Beklagten um Zurückweisung des Rechtsmittels bitten.

Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen, weil die Beklagten das Klagepatent nicht verletzen.

1.

Das Klagepatent betrifft einen aus Kunststoff bestehenden Träger für den Transport, die Aufbewahrung und die Verarbeitung von sog. Wafern aus Silicium, welche bei der Herstellung von integrierten Schaltungschips verwendet werden. Dabei werden die Wafer von automatisch arbeitenden Einrichtungen (Robotern) ergriffen und z.B. in Flüssigkeiten oder Gase eingetaucht oder mit ihnen besprüht und/oder gewaschen.

Siliciumwafer sind einerseits außerordentlich wertvoll, andererseits wegen ihrer nur sehr geringen Dicke und ihrer großen Sprödigkeit extrem empfindlich. Es ist daher wichtig, dass sie in den Trägern möglichst sicher und genau positioniert sind, damit sie sich bei der automatisierten Handhabung durch die einzelnen Verarbeitungsvorrichtungen stets in einer vorgegebenen Stellung befinden und beim Ergreifen und Herausnehmen aus dem Träger nicht beschädigt werden.

Die Klagepatentschrift führt aus (Spalte 1, Zeile 50, bis Spalte 2, Zeile 18), zum Stand der Technik gehöre ein Waferträger aus Kunststoff, wie ihn die Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt, die nachstehend wiedergegeben wird:

Dieser Träger weist eine offene Oberseite (11), einen offenen Boden (12) und senkrechte Seitenwände (13) mit gegenüberliegenden unteren Randabschnitten (14) auf, die nach innen versetzt sind. Die Seitenwände (13) haben gegenüberliegende und nach innen vorstehende Rippen (18), welche jeweils Taschen (Schlitze) für die einzelnen Wafer bilden.

Der dargestellte Träger hat des weiteren eine H-förmige Endwand (40) mit einem H-förmigen Flansch (42), der einen horizontalen Einrastbügel (44) trägt. Wenn der Träger (10) auf seiner H-förmigen Endwand (40) steht – in dieser Stellung kann er mit dem Bügel (44) in eine Hebe- oder Transporteinrichtung einrasten, die ihn durch die Bearbeitungsvorrichtung transportiert -, wird er durch Kontaktschienen (45) unterstützt, von deren jede eine Kontaktoberfläche (48) hat. Nach den Ausführungen der Klagepatentschrift können die Kontaktschienen (45) maschinenbearbeitete Noppen, Knöpfe oder Konsolen (49) aufweisen, die über die Kontakt- oberfläche (48) hinausragen.

Die Klagepatentschrift weist darauf hin (Spalte 2, Zeile 33, bis Spalte 3, Zeile 25), das von den zahlreichen Herstellern für Siliciumwafer, Waferträger, Wafertransportvorrichtungen, Waferverarbeitungschemikalien und –vorrichtungen und integrierte Schaltungschips gegründete Semiconductor Equipment and Materials Institute Inc. (SEMI) habe Standards für Wafer, Träger und Vorrichtungskonfigurationen aufgestellt. Danach solle der aus der nachstehend wiedergegebenen Fi- gur 2 der Klagepatentschrift

ersichtliche Abstand D 1 z.B. für einen 150 mm-Träger 14,54 mm +/- 0,13 mm betragen, womit hinreichend gewährleistet sei, dass sich die Wafer bei der Verarbeitung sicher handhaben ließen.

Wenn ein Waferträger aus einem Kunststoff geformt werde, sei er während seines Form-, Aushärte- und Inbetriebnahmevorgangs Kräften und Spannungen ausgesetzt, die typischerweise zu einer gewissen Wölbung und/oder Schrumpfung des Trägers führten. Die Träger-Herstellerindustrie verlange daher ein „schmales Fenster“ von akzeptablen Formgebungsprozessparametern einschließlich Temperatur, Druck und Zeit im Bemühen um eine Minimierung der Trägerwölbung und
–schrumpfung und um eine Einhaltung strenger Standards. Abhängig von der besonderen Konfiguration und vom Kunststoffmaterial unterlägen viele Formträger in einem solchen Ausmaß der Schrumpfung oder Wölbung, dass sie nicht für den Gebrauch geeignet seien und daher zurückgewiesen würden. Eine solche Zurückweisung könne erfolgen, wenn der jeweilige Träger nicht die SEMI-Standards erfülle und einen „Wackelstuhl“-Effekt habe, also nicht gleichmäßig flach auf der Wafertransportvorrichtung liege, oder die Wafer geneigt, d.h. nicht richtig zur Horizontalen ausgerichtet seien.

Die Klagepatentschrift führt weiter aus (Spalte 3, Zeilen 26 bis 42): Es bestehe ein Bedarf für einen Waferträger aus Kunststoff mit einem „breiten Fenster“ von akzeptablen Formgebungsprozessparametern; ein solcher Träger solle ohne weiteres Spannungen und Kräfte kompensieren, die während seiner Ausformung in Trägerwölbung und –schrumpfung resultierten. Der Träger solle eine Waferneigung kompensieren und solle nicht wackeln, wenn er auf seiner H-förmigen Endwand stehe. Auch wenn eine gewisse Wölbung und Schrumpfung unvermeidbar sei, solle der Träger Kompensationseigenschaften haben, die den nachteiligen Effekten der Wölbung und Schrumpfung nicht unterlägen.

Das so bezeichnete technische Problem soll gemäß Anspruch 1 des Klagepatents gelöst werden durch einen Waferträger mit folgenden Merkmalen:

1.
Kunststoffformträger (58) zum Anordnen des Trägers und von Wafern darin auf einer Wafertransportvorrichtung.

2.
Der Träger (58) hat eine Öffnung (11) zum Einsetzen und Entfernen von Wafern.

3.
Die Öffnung (11) ist

a) durch ein Paar gegenüberliegender Seitenwände (13) mit inneren
gegenüberliegenden Rippen (18) und Wafertaschen (19) dazwischen,
die dazu dienen, die axial ausgerichteten Wafer im Träger beabstandet
anzuordnen und zu halten,

b) und ein Paar von Endwänden (60, 50) ausgebildet.

4.
Die erste Endwand (60)

a) ist an der Transportvorrichtung einrastbar

b) und weist gegenüberliegende Kontaktschienen (59) auf.

5.
Die Kontaktschienen (59)

a) haben jeweils erste (69) und zweite (71) Abschnitte und sind im
Wesentlichen flach,

b) haben jeweils eine Innenkante (65) zur Öffnung (11) hin

c) und eine Außenkante (67) von der Öffnung (11) weg,

d) wobei die Kontaktschienen (59) von der Innenkante (65) zur Außen-
kante (67) abfallen,

e) und besitzen eine hervorstehende Rampe (73),

aa) die an dem ersten Abschnitt (69) jeder der Kontaktschienen (59)
anfängt,

bb) und sich zu einem Punkt zwischen den ersten (69) und zweiten
(71) Abschnitten der Kontaktschienen (59) erstreckt,

f) wodurch vier Kontaktpunkte (75, 77) zwischen dem Träger (58) und
der Transportvorrichtung gebildet werden,

aa) wobei zwei Kontaktpunkte (75) am Anfang der Rampen (73)

bb) und die zwei anderen Kontaktpunkte (77) an der Innenkante (65)
der zweiten Abschnitte (71) angeordnet sind.

Die Klagepatentschrift (Spalte 3, Zeile 55, bis Spalte 4, Zeile 23) hebt hervor: Die Kontaktschienen an der einen Endwand des Waferträgers hätten jeweils erste und zweite Abschnitte; infolge einer Rampe sei zwischen diesen Abschnitten ein Bogen vorhanden, wodurch ein Vier-Punkt-Kontakt mit der Transportvorrichtung ausgebildet werde. So habe der Waferträger ein breiteres Fenster an akzeptablen Formgebungsparametern, als bisher bekannt gewesen sei, wobei er ohne weiteres mit den SEMI-Standards übereinstimme. Die erfindungsgemäße Ausgestaltung des Waferträgers erlaube eine bestimmbare und beständige Anordnung des Trägers mit den darin befindlichen Wafern auf einer Wafertransportvorrichtung ohne Wackeln; diese Vorteile würden erreicht, indem nur eine kleine Menge an Kunststoffmaterial an dem Formträger strategisch angeordnet werde, wobei zu erwähnen sei, dass eine kleine Menge an Material einer Wölbung oder Schrumpfung nicht so stark unterliege wie eine große Menge an Kunststoffmaterial.

Von den oben wiedergegebenen Merkmalen des Patentanspruches 1 des Klagepatents bedürfen angesichts des Streites der Parteien die Merkmale der Gruppe 5 besonderer Erörterung.

Die Lehre der Merkmale 5 a) bis d) bewirkt, dass der Waferträger nach seinem Einrasten an der Transportvorrichtung – vgl. Merkmal 4 a) – nicht mit der gesamten Fläche der Kontaktschienen auf der Transporteinrichtung steht, sondern dass es hier allenfalls zu einer linienförmigen Berührung kommen kann. Um das zu erreichen, sollen die Kontaktschienen gemäß Merkmal 5 a) zunächst einmal „im Wesentlichen flach“ sein, d.h. sie sollen nicht nur in ihrer Längsausdehnung möglichst eben verlaufen, sondern sollen auch in ihrer Querausdehnung möglichst nicht gewölbt, sondern ebenfalls möglichst eben sein, womit sie – in Längsrichtung gesehen – zwei verhältnismäßig scharfe Kanten aufweisen, von denen eine unmittelbar entlang der in Merkmal 2 genannten Öffnung (11), also innen, verläuft – Merkmal 5 b) – und die andere in dem davon abgewandten Bereich, also außen – Merkmal 5 c) -. Weil die Oberfläche der Kontaktschienen darüber hinaus etwas „gekippt“ ist, so dass diese Schienen, wie es Merkmal 5 d) vorschreibt, „von der Innenkante zur Außenkante abfallen“, gelangt allenfalls die Innenkante in Berührung mit der Transportvorrichtung.

Damit allein begnügt sich Anspruch 1 des Klagepatents aber noch nicht, um einen „Wackelstuhl“-Effekt auch ohne die Beachtung eines „schmalen Fensters“ von Formgebungsprozessparametern zu verhindern. Vielmehr lehrt er darüber hinaus – Merkmal 5 e) mit den Untermerkmalen aa) und bb) -, jeweils an einem Ende der Kontaktschienen eine hervorstehende Rampe anzubringen, d.h. jedenfalls einen Teil (in der Breitenausdehnung gesehen) der Kontaktschienen zu einem Ende hin ansteigen zu lassen. Das hat zur Folge, dass nicht die gesamte Innenkante der Kontaktschiene auf der Transporteinrichtung aufsteht, sondern nur der letzte – oberste – Teil der Rampe (welche denjenigen Teil der Kontaktschiene, in welchem sie – die Rampe – verläuft, etwas anhebt) sowie das entgegengesetzte Ende der Kontaktschiene, d.h. das Ende des „zweiten Abschnitts“. Das wird in Merkmal 5 f) – mit den Untermerkmalen aa) und bb) – hervorgehoben.

Dem vom Klagepatent angesprochenen Durchschnittsfachmann ist dabei ohne weiteres klar, dass der im Patentanspruch genannte Begriff „Kontaktpunkte“ nicht echte „Punkte“ – d.h. Stellen, die keinerlei Fläche bilden – meint, sondern lediglich besagen will, dass zwar jede Kontaktschiene auf zwei „Flächen“ aufsteht, dass aber diese Flächen nur sehr klein sein sollen. Weil die Beschreibung des Klagepatents den in Figur 1 der Klagepatentschrift dargestellten Waferträger des Standes der Technik auch dann als unbefriedigend bezeichnet, wenn er die mit der Bezugszahl 49 versehenen „Noppen, Knöpfe oder Konsolen“ aufweise – wobei es dahingestellt bleiben kann, ob es im Stand der Technik am Prioritätstage des Klagepatents tatsächlich eine derartige Ausführungsform gab -, erkennt der Durchschnittsfachmann, dass die als „Kontaktpunkte“ bezeichneten Aufstandsflächen des erfindungsgemäßen Waferträgers deutlich kleiner sein sollen als die in Figur 1 mit der Bezugszahl 49 bezeichneten Flächen.

Welche genaue Höhe die „hervorstehende“ – vgl. Merkmal 5 e) – Rampe haben soll, gibt Anspruch 1 des Klagepatents nicht an; damit befassen sich erst die Unteransprüche 5 und 7, wobei Anspruch 5 eine Höhe der Rampe von 0,25 mm bis
0,5 mm nennt und Anspruch 7 eine solche von „ungefähr“ 0,46 mm, wie sie nach Spalte 5, Zeile 19 der Klagepatentschrift bei dem in den Figuren 5 bis 7 dargestellten Ausführungsbeispiel gegeben ist.

Der Durchschnittsfachmann wird jedoch erkennen, dass die Rampe jedenfalls deutlich höher sein muss als die Toleranz, die nach den in der Klagepatentschrift genannten SEMI-Standards für den Abstand D 1 (vgl. Figur 2 der Klagepatentschrift) zulässig ist und die bei 0,13 mm liegt. Denn nur in einem solchen Fall ist gewährleistet, dass der erfindungsgemäße Waferträger auch dann nicht „wackelt“, wenn man ein „breites Fenster“ an Formgebungsprozessparametern zur Verfügung hat, sich also bei der Herstellung des Trägers nicht unbedingt innerhalb eines ganz engen Rahmens für derartige Parameter halten muss. Der Durchschnittsfachmann wird daher annehmen, die Mindesthöhe der Rampe nach Anspruch 1 liege jedenfalls nicht wesentlich unter den im Anspruch 5 als Mindesthöhe genannten 0,25 mm. Dabei wird er auch erkennen, dass sich der mit der Rampe erfindungsgemäß verfolgte Zweck, nämlich die jeweilige Kontaktschiene an ihrem einen Ende so weit anzuheben, dass sie zuverlässig auf zwei „Kontaktpunkten“ steht – d.h. einerseits auf dem letzten Teil der Rampe und andererseits auf dem letzten Teil der Innenkante des „zweiten Abschnitts“ der Kontaktschiene -, nur dann erreichen lässt, wenn die Rampe einen nicht zu kleinen Steigungswinkel hat; das bedeutet, dass die Rampe um so kürzer sein muss, je weniger hoch sie ist.

2.

Von der oben dargelegten Lehre des Klagepatents macht der angegriffene Waferträger der Beklagten keinen Gebrauch.

Nach der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gegebenen Darstellung sollen bei den Kontaktschienen der angegriffenen Waferträger „Rampen“ jeweils etwa in der Mitte (d.h. am Gipfelpunkt) der in der Anlage ROP 8 dargestellten Kurven beginnen und jeweils an den Enden der Kontaktschienen ihren höchsten Punkt erreichen. Bei einer solchen Betrachtung würden sich zwar „Rampen“ mit einer Höhe von jeweils etwa 0,6 mm ergeben, die als „hervorstehend“ im Sinne des Merkmals 5 e) angesehen werden könnten; entgegen der Lehre des Klagepatents – Merkmal 5 e) – wiese dann aber jede Kontaktschiene statt „einer“ Rampe deren zwei auf, nämlich außer einer Rampe, die – in Übereinstimmung mit Merkmal 5 e) – am Ende des ersten Abschnitts jeder Kontaktschiene anfinge und sich bis zu einem Punkt zwischen dem ersten und dem zweiten Abschnitt erstreckte, auch noch eine weitere, die am Ende des zweiten Abschnitts anfinge und sich ebenfalls bis zu einem Punkt zwischen dem ersten und dem zweiten Abschnitt erstreckte; vor allem jedoch wäre bei einer solchen Betrachtung auch das Merkmal 5 a) nicht erfüllt, weil die Kontaktschienen dann nicht „im Wesentlichen flach“ wären, denn sie würden in ihrem Längsverlauf nicht in etwa eben, sondern eindeutig und über ihre gesamte Länge gekrümmt verlaufen.

Wollte man dagegen annehmen, nur jeweils der ziemlich flach verlaufende erste Teil der in der Anlage ROP 8 dargestellten Kurven (etwa von 0 cm bis 3 cm) zeige die „Rampen“, dann hätten diese eine Höhe von weniger als 0,1 mm und wären daher nicht im Sinne des Merkmals 5 e) „hervorstehend“.

Des weiteren weist der als Anlage K 6 vorgelegte Waferträger auch an den Enden der Kontaktschienen keine „Kontaktpunkte“ im Sinne des Merkmals 5 f) auf, sondern jeweils Flächen, die etwa so groß sind wie die in Figur 1 der Klagepatentschrift gezeigten „Noppen, Knöpfe oder Konsolen“, bei denen es sich nach dem eindeutigen Inhalt der Klagepatentschrift gerade nicht um die erfindungsgemäßen „Kontaktpunkte“ handelt. Dass die genannten Flächen bei dem angegriffenen Waferträger eine solche Größe haben, zeigt sich, wenn man den Waferträger auf eine ebene Fläche stellt und ein Blatt Papier von etwa 0,1 mm Dicke – d.h. mit einer solchen, die etwa der nach den SEMI-Standards zugelassenen Toleranz bei dem Abstand D 1 (= Figur 2 der Klagepatentschrift) entspricht – unter die Kontaktschienen schiebt. Einen solchen Versuch hat die Klägerin selbst im ersten Rechtszug zunächst als geeignet angesehen, um zu ermitteln, ob der Waferträger „Kontaktpunkte“ aufweist, und zwar nicht erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ( in der andere Mittel als ein Blatt Papier nicht zur Verfügung gestanden haben mögen), sondern auch schon vorher, wie sich aus ihrem Schriftsatz vom 26. Februar 2002 ergibt, in welchem sie sich auf einen solchen Versuch unter Verwendung eines Blattes Papier berufen hat (vgl. a.a.O., S 4, Bl. 56 GA). Bei einem derartigen Versuch ergeben sich jeweils in der Nähe der Enden der Kontaktschienen Bereiche, in denen sich das Blatt Papier nicht mehr unter die Schiene schieben lässt, die also einen Abstand von weniger als 0,1 mm von der Fläche haben, auf welcher der Waferträger steht. Diese Bereiche haben jeweils eine Länge von etwa 1,5 bis 2 cm und können auf keinen Fall mehr als „Kontaktpunkte“ im Sinne des Klagepatents angesehen werden.

Dass man mit Hilfe eines Versuches der genannten Art dann, wenn man statt eines Blattes Papier etwas nimmt, was mit etwa 0,01 mm nur ungefähr ein Zehntel der Dicke eines solchen Blattes aufweist – wie es die Klägerin im Verlauf dieses Rechtsstreits später getan hat -, zu „Kontaktpunkten“ kommen mag, die deutlich kleiner sind, ist ohne Bedeutung, weil sich erfindungsgemäß die „Kontaktpunkte“ auch und gerade dann ergeben müssen, wenn man die nach den SEMI-Standards zugelassenen Toleranzen (von 0,13 mm) berücksichtigt, also nur die Bereiche der Kontaktschienen betrachtet, die einen Abstand von maximal etwa 0,1 mm zu der Ebene haben, auf welcher der Waferträger steht.

Der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass die Waferträger der Beklagten den Anforderungen der SEMI-Standards entsprechen, kann für sich allein nicht dazu führen, sie als patentverletzend anzusehen; denn der genannte Umstand kann ebensogut darauf beruhen, dass die Beklagten nur ein „schmales Fenster an Formgebungsprozessparametern“ bei der Herstellung der Waferträger angewendet haben, was nach den Ausführungen der Klagepatentschrift durch die Erfindung gerade entbehrlich gemacht werden soll. Dass sich auch mit den Mitteln des Standes der Technik am Prioritätstage des Klagepatents Waferträger herstellen ließen, die den SEMI-Standards genügten, ergibt sich nicht zuletzt aus der Beschreibung des Klagepatents selbst. Der von der Klägerin besonders hervorgehobene Sachverhalt, dass bei allen von ihr untersuchten Waferträgern aus der Produktion der Beklagten die Maße praktisch gleich seien, spricht eher für ein bei deren Produktion angewandtes „schmales Fenster von Formgebungsprozessparametern“ als für das bei einer erfindungsgemäßen Ausgestaltung zur Verfügung stehende „breite Fenster“.

Hat damit das Landgericht die Klage mit Recht abgewiesen, so war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Zu einer Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen: Weder hat die Rechtssache – als reine Einzelfallentscheidung – grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

R1 R2 Dr. R3
Vorsitzender Richter Richter am Richter am
am Oberlandesgericht Oberlandesgericht Oberlandesgericht