2 U 23/02 – Haubenstretchautomat II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 301

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. April 2004, Az. 2 U 23/02

Vorinstanz: 4a O 447/98

A.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Januar 2002 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

I.

Die Beklagten werden verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patentes 0 633 186

a)
Vorrichtungen zur Durchführung eines Verfahrens zum Umhüllen von gegebenenfalls auf einer Palette oder dergleichen abgestütztem Stückgut mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie

anzubieten oder zu liefern,

bei welchem Verfahren der die Seitenflächenumhüllung bildende Folienabschnitt vor dem Überziehen über das Stückgut mittels Reffrollen auf querbewegliche, bügelartige Rahmenabschnitte eines Hubrahmens gerefft und von diesen quergestretcht wird,

bei dem die außerdem vertikal gedehnte Folie beim Überziehen über das Stückgut mittels des Hubrahmens vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randabschnittes oder/und der Palette wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt und der seitliche Andruck aufgehoben wird, wenn sich die Folie in voller Höhe an das Stückgut bzw. wenigstens teilweise an die Palette fest angelegt hat,

und bei dem die Folie während des Andrückens relativ zu ihrer Überziehkontur in einem Andrückbereich nach innen bewegt wird,

wobei die Folie von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung andererseits festgehalten und nach innen bewegt wird;

b)
ein Verfahren wie in vorstehender Ziffer I 1 a) beschrieben insbesondere im Zusammenhang mit Messen und Kundenvorführungen anzuwenden;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 11. Februar 1995 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– der Beklagte zu 3) sämtliche Angaben nur für die Zeit seit dem 27. Januar 1996 zu machen hat,

– auch die Beklagten zu 1) und zu 2) die Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 27. Januar 1996 zu machen haben, und

– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn er mächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II.
Es wird festgestellt, dass

1.
die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 11. Februar 1995 bis zum 26. Januar 1996 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2.
die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 27. Januar 1996 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

B.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

C.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1,1 Mio. € abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland geschäftsansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

D.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.022.583,76 € festgesetzt.

E.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 633 186 (Klagepatent, Anl. K 1) betreffend ein Verfahren zum Umhüllen von Stückgut. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zur Leistung einer angemessenen Entschädigung und ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Die am 14. Juni 1991 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom
15. Juni 1990 eingereichte Anmeldung des Klagepatents ist am 11. Januar 1995 im Patentblatt veröffentlicht und der Hinweis auf die Patenterteilung am 27. Dezember 1995 bekannt gemacht worden. In einem u.a. von der Beklagten zu 2) eingeleiteten Einspruchsverfahren hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes das Klagepatent zunächst mit folgendem Patentanspruch aufrecht erhalten:

Verfahren zum Umhüllen von ggf. auf einer Palette (10) od. dgl. abgestütztem Stückgut (1) mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie (2, 3), insbesondere von aus mehrschichtig übereinander palettierten Stückgutschichten bestehenden, würfel- bzw. quaderförmigen Stückgutstapeln (1), bei dem der die Seitenflächenumhüllung bildende Folienabschnitt (2, 3) vor dem Überziehen über das Stückgut (1) mittels Reffrollen (12) auf querbewegliche, bügelartige Rahmenabschnitte (9‘) eines Hubrahmens (9) gerefft und von diesen quergestretcht wird, bei dem die außerdem vertikal gedehnte Folie (2, 3) beim Überziehen über das Stückgut (1) mittels des Hubrahmens (9) vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randabschnittes oder/und der Palette (10) wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt und der seitliche Andruck aufgehoben wird, wenn sich die Folie (3) in voller Höhe an das Stückgut (1) bzw. wenigstens teilweise an die Palette (10) fest angelegt hat, und bei dem die Folie (3) während des Andrückens relativ zu ihrer Überziehkontur in einem Andrückbereich nach innen bewegt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Folie (3) von den bügelartigen Rahmenabschnitten (9‘) des Hubrahmens (9) einerseits sowie von den Reffrollen (12) andererseits gehalten und nach innen bewegt wird.

Im Beschwerdeverfahren erhielt der Patentanspruch die nachstehend wiedergegebene und in der Berufungsinstanz auch im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Fassung (vgl. die Entscheidungen der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes vom 25. Juni 2002 und der Einspruchsabteilung vom 30. Januar 2004 ; neu hinzu gekommene Merkmale sind kursiv geschrieben):

Verfahren zum Umhüllen von ggf. auf einer Palette (10) od. dgl. abgestütztem Stückgut (1) mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie (2, 3), insbesondere von aus mehrschichtig übereinander palettierten Stückgutschichten bestehenden, würfel- bzw. quaderförmigen Stückgutstapeln (1), bei dem der die Seitenflächenumhüllung bildende Folienabschnitt (2, 3) vor dem Überziehen über das Stückgut (1) mittels Reffrollen (12) auf quer bewegliche, bügelartige Rahmenabschnitte (9‘) eines Hubrahmens (9) gerefft und von diesen quergestretcht wird, bei dem die
außerdem vertikal gedehnte Folie (2, 3) beim Überziehen über das Stückgut (1) mittels des Hubrahmens (9) vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randabschnittes
oder/und der Palette (10) wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt und der seitliche Andruck aufgehoben wird, wenn sich die Folie (3) in voller Höhe an das Stückgut (1) bzw. wenigstens teilweise an die Palette (10) fest angelegt hat, und bei dem die Folie (3) während des Andrückens relativ zu ihrer Überziehkontur im Andrückbereich nach innen bewegt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass die Folie (3) von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten (9‘) des Hubrahmens (9) einerseits sowie von den Reffrollen (12) als Andrückeinrichtung andererseits fest gehalten und nach innen bewegt wird.

Die in Dänemark geschäftsansässige Beklagte zu 2), deren geschäftsführender Gesellschafter der Beklagte zu 3) ist, stellt Verpackungsmaschinen her. Die Beklagte zu 1), die die deutsche Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2) und deren Geschäftsführer ebenfalls der Beklagte zu 3) ist, vertreibt diese Maschinen in der Bundesrepublik Deutschland.

Im Jahre 1996 stellten die Beklagten zu 1) und 2) auf der Fachmesse „INTERPACK“ in Düsseldorf eine vollautomatische Haubenstretchanlage aus; im März 1997 lieferte die Beklagte zu 1) einen von der Beklagten zu 2) hergestellten Haubenstretchautomaten an den Abnehmer AB- Werke (heute: ABn GmbH) in Westerstetten und richtete ihn auch für die Inbetriebnahme her; die Funktionsweise dieses Automaten geht aus dem von der Klägerin als Anlage K 23 vorgelegten Bedienerhandbuch der Beklagten zu 2) hervor.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, die Beklagten hätten das Klagepatent durch die Ausstellung der genannten Anlage auf der Fachmesse „INTERPACK“ mittelbar verletzt, weil die Maschine dazu bestimmt und geeignet gewesen sei, das im Patentanspruch beschriebene Verfahren zu praktizieren.

Die Beklagten haben in erster Instanz eingewandt, entgegen der technischen Lehre des Klagepatentes hätten die Reffrollen der auf der Messe ausgestellten Anlage die Folie nur so lange gegen den Reffrahmen gedrückt, bis sich die Folienhaube auf die obere Seite des Stapels gelegt habe; sodann seien sie zurückgefahren und am Ende des Überziehvorganges nicht wieder angelegt worden. Beim weiteren Überziehen und Bewegen nach innen sei die Folie unter vertikaler Dehnung ausschließlich von ihrer stretchbedingten Spannung gegen die bügelartigen Rahmenabschnitte gedrückt worden.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 10. Januar 2002 nach Vernehmung von Zeugen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass die auf der Messe „INTERPACK“ 1996 ausgestellte Maschine das klagepatentgeschützte Verfahren ausüben könne. Die Prospektunterlagen der Beklagten enthielten keine dahingehenden Hinweise, und auch die Zeugenvernehmung habe hierfür keinen Beweis erbracht. Zwar hätten die von der Klägerin benannten Zeugen die patentgemäße Arbeitsweise der Maschine im wesentlichen bestätigt, die von den Beklagten benannten Zeugen hätten jedoch für die selbe Maschine die von den Beklagten vorgetragene außerhalb der Lehre des Klagepatentes liegende Arbeitsweise bekundet. Welche Aussage der Wahrheit entspreche, lasse sich nicht feststellen.

Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich erfolglos geltend gemachten Ansprüche weiter. Sie meint, das Landgericht habe das Ergebnis der Beweisaufnahme unzutreffend gewürdigt; es hätte die Aussagen der von ihr benannten Zeugen insbesondere deshalb für glaubwürdiger halten müssen, weil diese Zeugen ihre Wahrnehmungen auf der Messe unmittelbar nach Besichtigung der angegriffenen Maschine schriftlich niedergelegt hätten. Ergänzend begründet sie ihren Verletzungsvorwurf nunmehr auch mit der bereits erwähnten Lieferung eines Haubenstretchautomaten der angegriffenen Art an den Abnehmer AB-Werke in Westerstetten und trägt dazu vor, bei einer Besichtigung am 28. Februar 2002 habe diese Haubenstretchanlage ebenfalls nach dem klagepatentgemäßen Verfahren gearbeitet; auch das Bedienerhandbuch (Anl. K 23) beschreibe eine solche Arbeitsweise. Im übrigen hätten die Beklagten das Klagepatent unmittelbar verletzt, indem sie auf der Messe „INTERPACK“ 1996 die Anlage mit der im Patentanspruch beschriebenen Verfahrensweise vorgeführt hätten. Auch hätten die Beklagten die patentverletzende Vorrichtung angeboten, indem sie Interessenten aufgefordert hätten, sich die Anlage in Westerstetten im Betrieb anzusehen und sich von der einwandfreien Funktion der Anlage als auch der Qualität der Verpackungsergebnisse zu überzeugen.

Sie beantragt sinngemäß,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

den Verletzungsrechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchsverfahrens auszusetzen..

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und haben zuletzt ergänzend vorgetragen,

bei der nach Westerstetten gelieferten Vorrichtung führen die Reffrollen zwar im unteren Bereich der Palette wieder an die Stretchbügel heran, drückten die Folie dort aber weder an noch hielten sie sie fest. Das zeige sich nicht zuletzt daran, dass die Folienhaube, als der in der Berufungsinstanz beauftragte gerichtliche Sachverständige die Anlage besichtigt habe, an einer Seite von den Stretchbügeln abgesprungen sei. Ihre Monteure hätten – worüber zwischen den Parteien kein Streit besteht – die Anlage in Westerstetten vor ihrer Inbetriebnahme vor Ort so eingerichtet, wie sie noch am Tag der Besichtigung durch den gerichtlichen Sachverständigen gearbeitet habe.

Die Arbeitsweise der nach Westerstetten gelieferten Anlage erlaube keine Rückschlüsse auf diejenige der auf der „INTERPACK“ ausgestellten Maschine. Jede von ihnen – den Beklagten – gelieferte Haubenstretchanlage werde individuell nach den Wünschen des jeweiligen Abnehmers eingestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben und ein schriftliches Gutachten eingeholt, das der gerichtliche Sachverständige Professor SV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten vom 8. April 2003 und auf die in der Niederschrift der Sitzung vom 19. Februar 2004 wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen (Bl. 404 bis 417 d.A.; nachfolgend: Anhörungsniederschrift) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil ist zulässig und auch begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Entschädigung zu, weil der angegriffene Haubenstretchautomat nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme dazu in der Lage ist, das im aufrecht erhaltenen Anspruch des Klagepatentes unter Schutz gestellte Verfahren auszuüben. Aus der patentbenutzenden Arbeitsweise der vom gerichtlichen Sachverständigen besichtigten Maschine kann indiziell auch darauf geschlossen werden, dass die in Düsseldorf im Jahre 1996 auf der Messe „INTERPACK“ ausgestellte Vorrichtung ebenso gearbeitet hat.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Umhüllen von Stückgut mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie; dieses Verfahren umfasst die in den Merkmalen 1 bis 4b und 7 der nachstehenden Merkmalsgliederung angegebenen Verfahrensschritte.

Wie die Klagepatentschrift einleitend ausführt (Spalte 1, Zeilen 8-27), soll der untere Randbereich der Folie das Stückgut bzw. die Palette mit einem Unterstretch untergreifen, um eine witterungsbeständige und auch transportgesicherte Ladeeinheit zu schaffen. Insbesondere wenn das Folienmaterial sowohl horizontal quer- als auch vertikal längsgestretcht worden ist, neigt der untere Randbereich der Folie jedoch dazu, sich aufgrund der erzeugten erheblichen Rückstellkräfte zumindest an einzelnen Stellen der Haubenseitenwände bis über die Palette bzw. die Unterseite des Stückgutstapels hochzuziehen. Dazu kann es vor allem dann kommen, wenn die Folie vom Hubrahmen abgleitet, bevor sich der darüber befindliche Folienabschnitt fest an das Stückgut bzw. an die Palette anlegen konnte.

Um dieses Hochrutschen des unteren Folienrandes zu verhindern, schlägt das deutsche Gebrauchsmuster 90 01 319 (Anl. K 2) bewegliche Klemmbacken (32; Bezugsziffern entsprechen den nachstehend wiedergegebenen Figuren 8 und 9 der älteren Druckschrift) vor, welche die Folie in der untersten Stellung des Hubrahmens an das Stückgut oder die Palette andrücken, bevor die Schwenkbügel (11) des Hubrahmens den unteren Folienrand freigeben (Figur 8 in Verbindung mit S. 10 Abs. 3 der älteren Druckschrift). Unterhalb der Palette und damit des Hubrahmens können zusätzliche weitere Klemmbacken (36) vorgesehen sein, die nach Betätigung eines Parallel-Lenkergetriebes (35) durch Kolben-Zylinder-Einheiten (38) den unteren Folienrand klemmend erfassen und unter die Palette bewegen (vgl. Figur 9 in Verbindung mit dem die S. 10 und 11 übergreifenden Absatz der älteren Gebrauchsmusterschrift).

Daran wird in der Klagepatentschrift beanstandet, dass die Klemmbacken einschließlich ihres Antriebes und ihrer Steuerung zusätzliche Vorrichtungen erfordern, die einen erheblichen zusätzlichen Aufwand verursachen (Spalte 1 Zeilen 44-46).

In der deutschen Patentschrift 40 19 041 (Anl. K 3) ist vorgeschlagen worden, den unteren Randabschnitt der Folienumhüllung gegenüber der übrigen Folienumhüllung beim Verpackungsvorgang zu verstärken. Hierzu wird der untere Randabschnitt der Stretchfolie vor dem Untergreifen des Stückgutes bzw. der Palette aus einer ersten Absenkstellung unter dem Stückgut oder im Bereich der Palette wieder angehoben und erst danach losgelassen, damit der untere Folienrandabschnitt einen doppellagigen Bereich bildet (vgl. die nachstehend wiedergegebenen Figuren 7 bis 11 der älteren Druckschrift). Reversierbar antreibbare Reffrollen können gegebenenfalls in der zweiten Absenkstellung erneut mit der Folie in Eingriff gebracht werden, um die dort erstrebte Faltenwirkung zwecks Verstärkung des unteren Folienrandes zu bewirken; auf die hier interessierende Problematik hat das jedoch keinen Einfluss (Spalte 2 Zeilen 6-27 der Klagepatentschrift).

Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht darin, ein Verfahren anzugeben, das den angestrebten Unterstretch einfach und sicher verwirklichen kann, ohne dass die Folie sich nach dem Loslassen ihres unteren Randes wieder hochziehen kann.

Zur Lösung dieses Problems wird erfindungsgemäß ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vorgeschlagen (die in der mündlichen Verhandlung vor der Technischen Beschwerdekammer am 25. Juni 2002 hinzu gekommenen Teilmerkmale bzw. Ergänzungen sind in Kursivschrift wiedergegeben):

1.
Gegebenenfalls auf einer Palette oder dergleichen abgestütztes Stückgut, insbesondere aus mehrschichtig übereinander palettierten Stückgutschichten bestehende würfel- bzw. quaderförmige Stückgutstapel, sollen mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie umhüllt werden.

2.
Vor dem Überziehen über das Stückgut wird der die Seitenflächenumhüllung bildende Folienabschnitt mittels Reffrollen auf querbewegliche, bügelartige Rahmenabschnitte eines Hubrahmens gerefft und von diesen quergestretcht.

3.
Außerdem wird die Folie vertikal gedehnt.

4.
Beim Überziehen über das Stückgut mittels des Hubrahmens wird die (quer- und längs-) gedehnte Folie

a) vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des
unteren Stückgut-Randabschnittes und/oder der Palette

b) wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt.

5.
Dies geschieht in der Weise, dass die Folie von den das Widerlager bildenden bügelartigen Randabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung andererseits fest gehalten und nach innen bewegt wird.

6.
Während des Andrückens wird die Folie relativ zu ihrer Überziehkontur in einem Andrückbereich nach innen bewegt.

7.
Der seitliche Andruck wird aufgehoben, wenn sich die Folie in voller Höhe an das Stückgut bzw. wenigstens teilweise an die Palette fest angelegt hat.

Wesentlich für die in der vorstehenden Merkmalskombination beschriebene Erfindung ist, dass zum Festhalten der Folie während ihrer Bewegung nach innen (und gegebenenfalls bis unter den unteren Rand des Stapels) anstelle der im Stand der Technik verwendeten besonderen Greifer oder Klemmbacken Vorrichtungsteile eingesetzt werden, die der Haubenstretchautomat ohnehin aufweist, nämlich die Reffrollen, die den unteren Folienrand gegen die bügelartigen Abschnitte des Hubrahmens andrücken (vgl. Gutachten S. 5/23 und 11/23; Einspruchsabteilung, Anlage K 9, S. 6 und 7 der Entscheidungsgründe). Dies soll verhindern, dass die Folie sich im unteren Stapelbereich bzw. im Palettenbereich hochzieht und nicht vollständig an den Stapel anlegen bzw. ihn zumindest stellenweise nicht untergreifen kann (vgl. Technische Beschwerdekammer, Anl. K 20, S. 16 Abs. 3 und S. 19 Abs.1).

Der von den Reffrollen gegen die bügelartigen Rahmenabschnitte angedrückte Bereich der Folie ist während des Andrückens – und damit auch, während die Folie gemäß Merkmal 6 nach innen bewegt wird – gegenüber den Reffrollen und den bügelartigen Rahmenabschnitten im wesentlichen relativ unverschieblich fest gehalten (Technische Beschwerdekammer, S. 19 oben). Das bedeutet für den Durchschnittsfachmann, dass die Folie zwischen den Rahmenabschnitten und den Reffrollen eingeklemmt werden soll; auf andere Weise lässt sich die genannte Zielsetzung nicht erreichen (vgl. Technische Beschwerdekammer, S. 16, Abs. 1, S. 17, Abs. 1 und S. 18, 19, Ziffer 3, Einspruchsabteilung, a.a.O.). „Im wesentlichen relativ unverschieblich“ bedeutet aber nicht, dass es überhaupt keine Relativbewegung zwischen Folie und Reffrollen geben darf; das brächte die Gefahr mit sich, dass die Folie reißt. Solange der Überziehvorgang noch nicht vollständig abgeschlossen ist, müssen noch aufgereffte Teile im unteren Bereich der Haubenseitenwände nach und nach aus der Einklemmung losgelassen werden, und das ist nur möglich, wenn eine gewisse Relativbewegung zwischen Folie und Reffrollen stattfinden kann. Es muss nur verhindert werden, dass die Folie unbeabsichtigt hochrutschen kann und an den betreffenden Stellen den zuvor erzeugten Vertikalstretch wieder verliert. Nur dazu müssen die beim Andrücken von den Reffrollen erzeugten Haltekräfte ausreichen (vgl. Einspruchsabteilung, a.a.O., S. 7 Abs. 1).

Wesentlich ist weiter, dass die Folie beim Loslassen zumindest bis zur Oberschicht 11 der Palette unter Spannung am Gutstapel anliegt (vgl. Figur 8 der Klagepatentschrift); solange dort noch keine vollständige Anlage erfolgt ist, wie sie Figur 7 zeigt, kann sich die Folie beim Loslassen immer noch hochziehen (vgl. Spalte 5, Zeilen 4-20 der Klagepatentschrift). Da in die Klagepatentbeschreibung jedoch nunmehr der ausdrückliche Hinweis aufgenommen worden ist, Figur 7 falle nicht in den Schutzumfang des Patents (vgl. den handschriftlichen in Spalte 6 nach Zeile 17 vorgesehenen Texteinschub), erfasst der Patentanspruch nicht mehr die in Spalte 5, Zeilen 27-38 der Klagepatentschrift beschriebene und in Figur 7 dargestellte Verfahrensweise, die Reffrollen im Bereich des unteren Stapels in Andrückstellung festzuhalten und den Hubrahmen allein tiefer fahren zu lassen. Das ist mit dem Wortlaut des neu gefassten Anspruches nicht mehr vereinbar, weil nach der aufrechterhaltenen Fassung nicht mehr teilweise der Gutstapel, sondern nur noch der Hubrahmen mit seinen bügelartigen Abschnitten das Widerlager für die Reffrollen bilden und die Andrückstellung der Reffrollen gegen dieses Widerlager erst aufgehoben werden soll, wenn sich die Folie zumindest in voller Höhe an das Stückgut und, falls vorhanden, wenigstens teilweise an die Palette fest angelegt hat. Das setzt voraus, dass die Folie im eingeklemmten Zustand noch so weit nach innen gefahren wird, bis auch ihr unterer Seitenwandbereich jedenfalls den äußeren Stapelumfang erreicht und sich dort angelegt hat, und es setzt weiter voraus, dass sich auch die Reffrollen zusammen mit dem Hubrahmen die Folie gegen dessen bügelartige Abschnitte drückend bis in diese Stellung bewegen. Andererseits ist es aber nicht erforderlich, die Folie im eingeklemmten Zustand wie beim deutschen Gebrauchsmuster 90 01 319 (Anl. K 2) noch weiter als bis zur Außenkontur des Stapels oder der Palette nach innen zu fahren. Konkrete Zahlenwerte, wie weit die Reffrollen nach innen fahren müssen, werden im Patentanspruch nicht angegeben; allgemein gültige Werte lassen sich nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht aufstellen; die Einzelheiten richten sich nach den im Einzelfall angewendeten Parametern wie der Stärke des Horizontal- und des Vertikalstretches und der Dicke der Folie (vgl. Gutachten S. 12/23).

Dieses Verständnis des Durchschnittsfachmanns von der ihm durch die Merkmale des Klagepatentanspruches vermittelten technischen Lehre hat der gerichtliche Sachverständige im Grundsatz bestätigt (Gutachten S. 11/23 und 12/23; S. 2, 3 und 11 – 13 der Anhörungsniederschrift, Bl. 405, 405 und 414 – 416 d.A.). Die fachliche Ausrichtung der vom Sachverständigen für maßgeblich gehaltenen Person, nämlich einer solchen, die SPS-Steuerungen programmiert oder umprogrammiert (vgl. Gutachten S. 10/23), ist allerdings nicht diejenige des Durchschnittsfachmannes, auf dessen Verständnis es bei der Auslegung der Merkmale des Klagepatentanspruches ankommt. Die Steuerungstechnik ist im Patentanspruch nicht näher beschrieben, und die steuerungstechnische Umsetzung der im Klagepatentanspruch beschriebenen Verfahrensweise stellt das Klagepatent in das Belieben des Durchschnittsfachmannes. Es geht der geschützten Erfindung vielmehr darum, ein bestimmtes Verpackungsverfahren für einen Haubenstretchautomaten zu entwickeln; der angesprochene Durchschnittsfachmann muss daher, wie dem Senat aus anderen Sachverständigenäußerungen zu anderen Patenten aus der Haubenstretch-Verpackungstechnik bekannt ist, über Kenntnisse auf dem Gebiet der Haubenstretchtechnik verfügen und auch die Konstruktion der zu verwendenden Maschine entsprechend ausbilden können. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Diplom-Ingenieur mit einer Fachhochschul- oder Universitätsausbildung im Maschinenbau und Praxiserfahrungen im Bereich der Schüttgut-Fördertechnik mit Schwerpunkt auf einem Gebiet von Maschinen zur Handhabung fester, pulverförmiger und flüssiger Güter; ebenso, wie er bei Bedarf einen Werkstofffachmann zu Rate ziehen wird, wenn es um spezifische Eigenschaften der zu verwendenden Folie geht, wird er zur steuerungstechnischen Umsetzung bei Bedarf einen SPS-Fachmann hinzuziehen. Da die Ausführungen des Sachverständigen jedoch im Übrigen in Einklang stehen mit den Ausführungen der fachkundigen Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes, sieht der Senat keine Bedenken, der Auslegung der hier streitigen Merkmale des Klagepatentanspruchs durch den gerichtlichen Sachverständigen zu folgen.

II.

Der angegriffene Haubenstretchautomat ist dazu geeignet, das im Klagepatentanspruch unter Schutz gestellte Verfahren auszuüben, so dass die Beklagten durch die Vorführung, die Lieferung und das Anbieten entsprechend beschaffener Vorrichtungen das Klagepatent verletzt haben.

1.

Die Beklagten haben das Klagepatent mittelbar verletzt, indem sie an in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Abnehmer Haubenstretchautomaten der angegriffenen Art zur Benutzung der klagepatentgeschützten Erfindung angeboten und/oder geliefert haben.

a)

Die angegriffene Vorrichtung erfüllt die objektiven Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 PatG. Als Vorrichtung, mit der das klagepatentgeschützte Verfahren praktiziert werden kann, ist sie nicht nur ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, sondern sie ist selbst ein wesentliches Element der Erfindung.

aa)

Unstreitig verwirklichen die angegriffenen Haubenstretchautomaten bei ihrer Arbeitsweise die Merkmale 1 bis 3 der vorstehenden Merkmalsgliederung und auch das Merkmal 4, soweit es voraussetzt, dass die längs- und quergedehnte Folienhaube mit Hilfe des Hubrahmens über das Stückgut gezogen wird. Zur Verwirklichung dieser Merkmale erübrigen sich daher weitere Ausführungen.

bb)

Die angegriffene Vorrichtung benutzt auch die in den Merkmalen 4 a) und b) und den Merkmalen 5 bis 7 beschriebenen Verfahrensschritte. In der letzten Phase des Haubenüberziehvorgangs wird die Folie in der Nähe ihres unteren Randes von den wieder angefahrenen Reffrollen gegen die das Widerlager bildenden bügelartigen Randabschnitte des Hubrahmens angedrückt und hierdurch zwischen beiden einklemmend festgehalten. Während sie auf diese Weise festgehalten wird, wird sie relativ zu ihrer Überziehkontur nach innen bewegt, bis sie sich auch im unteren Stapelbereich an das Stückgut und auch die Palette fest angelegt hat.

Diese Arbeitsweise der angegriffenen Maschine hat der im Berufungsverfahren eingeschaltete gerichtliche Sachverständige während der Besichtigung eines entsprechenden von der Beklagten zu 1) gelieferten Haubenstretchautomaten beim Abnehmer ABn GmbH in Westerstetten zur Überzeugung des Senats festgestellt und in seinem schriftlichen Gutachten vom 8. April 2003 und anlässlich seiner mündlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2004 näher beschrieben. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, fahren die Reffrollen auf den letzten 10 bis 15 cm des Haubenüberziehvorgangs an den Stapel heran (S. 7 der Anhörungsniederschrift; Bl. 410 d.A.), ergreifen die Folie oberhalb ihres unteren Randes und drücken sie gegen den Reffrahmen, womit die bügelartigen Rahmenabschnitte des Hubrahmens gemeint sind (S. 8 und 9 der Anhörungsniederschrift, Bl. 411 und 412 d.A.). In dieser Stellung fahren der Reffrahmen und die Reffrollen mit der zwischen ihnen befindlichen Folie nach innen, bis der Rand der Palette erreicht ist und die Folie sich dort angelegt hat (S. 7 der Anhörungsniederschrift, Bl. 410 d.A.). Während der Besichtigung der angegriffenen Haubenstretchmaschine durch den gerichtlichen Sachverständigen bewegte sich die Folie mit den sie einschließenden Reffrollen nebst Rahmenbügeln mit, ohne dass die in vertikaler Richtung wirkenden Rückstellkräfte den Widerstand der Reffrollen überwinden und die Folie aus dem Klemmgriff von Reffrollen und Rahmenbügeln hätten herausziehen können (S. 5 der Anhörungsniederschrift, Bl. 408 d.A.). Dass die Folie sich nach dem Heranfahren der Reffrollen an die Rahmenbügel zunächst noch ein Stück nach oben hochgezogen hat und erst danach zwischen Reffrollen und Rahmenbügel so eingeklemmt wurde, wie es das Klagepatent in Merkmal 5 verlangt (vgl. S. 9 bis 13 der Anhörungsniederschrift, Bl. 412 bis 416 d.A.), steht der Verwirklichung der klagepatentgeschützten Lehre nicht entgegen. Wie sich aus den weiteren überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ergibt, geht das darauf zurück, dass der Vertikalstretch zunächst noch so stark ist, dass er die Bremswirkung der Reffrollen unmittelbar nach deren Anfahren in der letzten Überziehphase noch überwinden kann – etwa um einem Reißen der Folie vorzubeugen – und erst nach dieser teilweisen Entspannung der Folie die Bremswirkung der Reffrollen stark genug ist, um die Folie gegen den verbleibenden Vertikalstretch festzuhalten (vgl. S. 9 und 11 der Anhörungsniederschrift, Bl. 412 und 414 d.A.).

Die Ausführungen in der Bedienungsanleitung (Anl. K 23, S. 7/11) bestätigen die vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellte Arbeitsweise. Zur hier interessierenden Ausführungsform mit Hubtisch wird dort ausgeführt:

Wenn der Rahmen fast in Bodenposition ist, fahren die Aufrollmotoren (damit sind die Reffrollen gemeint, vgl. Gutachten S. 22/23) in Richtung der inneren Greifer, um die Folie festzuhalten. Wenn der Rahmen sich in der unteren Position und der Hubtisch in der zweitobersten Position befinden, werden die inneren Greifer (damit sind die bügelartigen Abschnitte des Hubrahmens gemeint), die sich unter Palettenniveau befinden, Richtung Mitte geführt. Diese Bewegung wird von einem Timer gesteuert. Wenn der Timer abgelaufen ist, wird die Bewegung Richtung Mitte stoppen und die Aufrollmotoren fahren zurück. Der Hubtisch wird zur obersten Position angehoben, und die Haube wird von den inneren Greifern abgeliefert (Timer „innerer Greifer“ kann nicht justiert werden).

Dass die Folie im Bereich ihres unteren Randes zwischen den Reffrollen und den Rahmenbügeln klemmend festgehalten wird, zeigen auch die als Anlagen K 18 und K 19 vorgelegten Fotos, die während einer Besichtigung der in Westerstetten aufgestellten Maschine durch die Klägerin gefertigt worden sind. Auf den Fotos Anlage K 18 B und Anlage K 19 A ist zu erkennen, dass die zwischen der Reffrolle und dem Rahmenbügel befindliche Folie oberhalb der Reffrolle im Eckbereich des Rahmenbügels ein Loch aufweist. Dieses auf dem Foto gem. Anlage K 18 A noch nicht vorhandene Loch in der Folie spricht – wie auch der gerichtliche Sachverständige zutreffend dargelegt hat (S. 4 und 5 der Anhörungsniederschrift, Bl. 407, 408 d.A.) – dafür, dass die Reffrolle die Folie so fest gegen den das Widerlager bildenden Rahmenbügel angedrückt hat, dass die Folie bei der weiteren Abwärtsbewegung sogar teilweise eingerissen ist. Auch die aus dem Foto gem. Anlage K 19 A zu sehende Faltenbildung der Folie im Bereich des Rahmenbügels und die auf dem Bild gem. Anlage K 19 B zu erkennenden Verformungen der Folie nach dem Zurückfahren der Reffrollen und dem Abgleiten vom Rahmenbügel sprechen dafür, dass die Folie zwischen Reffrolle und Rahmenbügel klemmend festgehalten worden ist und hierbei die auf dem Foto zu sehenden Verformungen erfahren hat.

Dass die übergezogene Folie bei der Besichtigung der Anlage durch den gerichtlichen Sachverständigen, wie auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Gegenwart des gerichtlichen Sachverständigen vorgeführte Videofilm zeigt, an einer Ecke hochgerutscht bzw. vom Rahmenbügel abgesprungen und aus dem Eingriff zwischen Reffrolle und Rahmenbügel freigekommen ist, ändert an der vorstehenden Beurteilung nichts. Zu Recht hat der gerichtliche Sachverständige aus den vorstehend dargelegten Umständen die Schlussfolgerung abgeleitet, dass die in der letzten Haubenüberziehphase nochmals an die Rahmenbügel herangefahrenen Reffrollen dazu dienen sollen, die zwischen ihnen eingeschlossene Folie beim Fahren nach innen festzuhalten (S. 8 und 9 der Anhörungsniederschrift, Bl. 411, 412 d.A.), so wie es auch in der vorstehend wiedergegebenen Aussage der Bedienungsanleitung zu entnehmen ist. Ein anderer plausibler Grund, weshalb die angegriffene Vorrichtung die Reffrollen in der letzten Phase nochmals an die bügelartigen Rahmenabschnitte heranfährt und beide sich die Folie zwischen sich festhaltend nach innen bewegen, wird von den Beklagten nicht dargelegt und ist im übrigen auch nicht ersichtlich. Dass – aus welchen Gründen auch immer – die Folie an einer Haubenecke im Einzelfall auch einmal aus dem eingeklemmten Zustand zwischen Reffrolle und Widerlager freikommen kann, zeigt nur, dass die angegriffene Vorrichtung unter bestimmten Umständen nicht absolut zuverlässig arbeitet. Das ist vom gerichtlichen Sachverständigen mit Recht für unerheblich gehalten worden.

b)

Auch die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung sind gegeben. Die Beklagten haben die angegriffenen Anlagen in Deutschland nicht berechtigten Personen zur Benutzung der Erfindung angeboten bzw. geliefert, obwohl sie wussten und es auch aufgrund der Umstände offensichtlich war, dass die angegriffene Vorrichtung dazu geeignet und bestimmt ist, vom Abnehmer für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten (S. 13/23) ausgeführt hat, ist die Steuerung der nach Westerstetten gelieferten Maschine so programmiert, dass die Haubenstretchanlage ausschließlich in der vom Sachverständigen festgestellten Betriebsweise arbeiten kann; die Beklagten haben zuletzt auch nicht mehr in Abrede gestellt, dass sie durch ihre Monteure die besichtigte Anlage in Westerstetten vor ihrer Inbetriebnahme vor Ort so eingerichtet haben, wie sie noch im Zeitpunkt der Besichtigung durch den gerichtlichen Sachverständigen lief (vgl. S. 3 ihres Schriftsatzes vom 2. Dezember 2002, Bl. 320 d.A.). Überholt ist daher die zwischen den Parteien zu Beginn des Berufungsverfahrens kontrovers diskutierte Frage, ob die angegriffene Anlage für den Anwender auf verschiedene Betriebsweisen eingestellt und auf diese Weise auch außerhalb der klagepatentgeschützten Lehre eingesetzt werden könne und welche Maßnahmen der Abnehmer hierzu ergreifen müsse. Da die angegriffene Vorrichtung ausschließlich nach dem klagepatentgeschützten Verfahren arbeiten kann und die Beklagten in ihrer Betriebsanleitung (Anl. K 23) auch eine entsprechende Arbeitsweise vorgeben, war ihnen als Lieferanten der angegriffenen Anlage bewusst, dass ihre Abnehmer zwangsläufig die ihnen einzig mögliche Zweckbestimmung treffen, die Maschine zur Ausübung des klagepatentgemäßen Verfahrens einzusetzen.

2.

Die Beklagten haben das Klagepatent unmittelbar verletzt, indem sie im Mai 1996 auf der Fachmesse „INTERPACK“ in Düsseldorf den dort ausgestellten Haubenstretchautomaten vorgeführt haben. Die vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellte und in der Bedienungsanleitung gemäß Anl. K 23 beschriebene Arbeitsweise der nach Westerstetten gelieferten Anlage ist ein Indiz dafür, dass die auf der Messe „INTERPACK“ ausgestellte Maschine in gleicher Weise gearbeitet hat. Diese Indizwirkung können die Beklagten nicht mit dem nicht näher substantiierten Einwand entkräften, die Arbeitsweise einer jeden von ihnen gelieferten Haubenstretchanlage werde individuell nach den Wünschen des jeweiligen Abnehmers eingerichtet, so dass die Funktionsweise der nach Westerstetten gelieferten Anlage nicht zwangsläufig derjenigen der auf der Messe „INTERPACK“ ausgestellten und vorgeführten Vorrichtung entspreche. Das Vorbringen der Beklagten enthält keinen Hinweis darauf, dass sie insbesondere in den Jahren 1996 und 1997 tatsächlich wenigstens eine patentfrei arbeitende Haubenstretchanlage nach Deutschland geliefert haben. Die Beklagten haben weder einen konkreten Abnehmer einer solchen Maschine benannt, noch haben sie konkret vorgetragen, dass die vorstehend zitierten Ausführungen in Ziffer 17 der Steuerungsanleitung für die in Düsseldorf ausgestellte Maschine keine Gültigkeit hatten, noch haben sie die diese Maschine betreffende Bedienungsanleitung zu den Akten gereicht, noch haben sie andere Unterlagen über bis 1997 ausgeführte Lieferungen nicht patentverletzender Haubenstretchanlagen nach Deutschland vorgelegt. Zu einer entspechenden Ergänzung ihres Vorbringens hätte nicht zuletzt deshalb Veranlassung bestanden, weil die Ausführungen zur Funktionsbeschreibung und zu Ziffer 17 b) der Steuerungsanleitung in dem Bedienerhandbuch gemäß Anl. K 23 jeweils schon vor der Messe „INTERPACK“, nämlich am 22. August 1995, ihre auch der 1997 erfolgten Lieferung nach Westerstetten zugrunde liegende Fassung erhalten haben und die Beklagten dementsprechend auch schon vor der Messe „INTERPACK“ im Mai 1996 zur Herstellung solcher Maschinen in der Lage waren, die wie dort beschrieben arbeiteten. Das stützt ebenso wie die zeitliche Nähe der Lieferung der klagepatentverletzenden Maschine nach Westerstetten und der Fachmesse die Annahme, dass auch die auf der Messe „INTERPACK“ ausgestellte Haubenstretchanlage der Beklagten entsprechend den genannten Ausführungen in Ziff. 17 der Steuerungsanleitung gem. Anlage K 23 gearbeitet hat. Unter diesen Umständen war es nicht erforderlich, die vom Landgericht vernommenen Zeugen erneut nach der von ihnen beobachteten Arbeitsweise der dort ausgestellten Haubenstretchanlage zu befragen.

III.

1.

Da die Beklagten entgegen den §§ 9 und 10 PatG eine patentierte Erfindung benutzt haben, kann die Klägerin sie nach § 139 Abs. 1 PatG auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Als eingetragene Inhaberin des Klageschutzrechtes gehört sie zu den Verletzten im Sinne der genannten Vorschrift. Die für die Zuerkennung von Unterlassungsansprüchen erforderliche Gefahr künftiger Rechtsverletzungen ergibt sich daraus, dass die Beklagten das Klagepatent im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit verletzt haben und deshalb vermutet wird, dass sie diese Handlungen auch künftig wiederholen werden.

2.

Nach § 139 Abs. 2 PatG haben die Beklagten der Klägerin auch allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die schutzrechtsverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Diese Verpflichtung erfasst auch die mittelbaren Verletzungshandlungen unabhängig davon, ob sie zu einer unmittelbaren Patentverletzung führen, indem der Abnehmer mit der ihm gelieferten Vorrichtung das im Klagepatentanspruch beschriebene Verfahren ausübt, oder ob die mittelbare Verletzungshandlung insoweit folgenlos bleibt, etwa weil der Dritte von einem Bezug der ihm angebotenen patentverletzenden Vorrichtung Abstand nimmt (vgl. dazu Senat in: Mitteilungen 2003, 264, 268 ff. – Antriebsscheibenaufzug). Im Übrigen ist davon auszugehen, dass im Streitfall die Abnehmer der angegriffenen Vorrichtung diese zur Ausübung des klagepatentgeschützten Verfahrens verwendet haben. Die Beklagten haben das Klagepatent schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hätte der Beklagte zu 3. die ihm als Geschäftsführer einschlägig tätiger Fachunternehmen obliegende im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte er sich vor Aufnahme der Verletzungshandlungen über die Schutzrechtslage vergewissert; im Rahmen dieser Nachforschungen wäre er auf die Klageschutzrechte gestoßen und hätte jedenfalls aufgrund zutreffender rechtlicher Beratung erkennen können, dass die angegriffene Anlage das im Klagepatent unter Schutz gestellte Verfahren praktiziert. Dieses Verschulden des Beklagten zu 3. ist den beiden anderen Beklagten entsprechend § 31 BGB zuzurechnen; darüber hinaus haben alle Beklagten mittäterschaftlich zusammengewirkt und haben der Klägerin hierfür nach den §§ 830, 840 BGB einzustehen. Für ihre Verpflichtung zum Schadenersatz haften sie als Gesamtschuldner.

Darüber hinaus sind die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Klägerin für die vorbezeichneten und in der Zeit von der Veröffentlichung der dem Klagepatent zugrunde liegenden Anmeldung bis zur Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung jeweils zuzüglich einer angemessenen Prüfungs- und Überlegungsfrist von jeweils einem Monat begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Beklagten zu 1. und 2. die der Klagepatentanmeldung zugrunde liegende Erfindung benutzt haben, obwohl ihnen zumindest hätte bekannt sein müssen, dass die angegriffene Haubenstretchanlage das in dieser Anmeldung beschriebene Verfahren praktiziert. Die Verpflichtung zur Leistung einer angemessenen Entschädigung erfasst auch mittelbare Benutzungshandlungen (vgl. Senat, a.a.O., S. 269 f. – Antriebsscheibenaufzug).

Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die Verletzungshandlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und auch aus den erfindungsbenutzenden Handlungen im Offenlegungszeitraum Entschädigungsansprüche erwachsen sind, die Klägerin ihre Ansprüche jedoch noch nicht beziffern kann, weil sie den Umfang der Benutzungshandlungen ohne eigenes Verschulden im Einzelnen nicht kennt, hat sie ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz und der Beklagten zu 1. und 2. zur Leistung einer angemessenen Entschädigung zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen.

3.

Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz und der Beklagten zu 1. und 2. zur Leistung einer angemessenen Entschädigung dem Grunde nach fest, so entspricht es Treu und Glauben (§ 242 BGB), dass sie der Klägerin über den Umfang ihrer erfindungsbenutzenden Handlungen Rechnung legen, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr zustehenden Ansprüche beziffern zu können. Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die Erteilung der ihnen abverlangten Auskünfte auch nicht unzumutbar belastet.

4.

Gem. § 140 b) PatG haben die Beklagten schließlich über ihre Liefermengen und den Vertriebsweg der schutzrechtsverletzenden Haubenstretchanlage Auskunft zu erteilen; die nach Abs. 2 dieser Bestimmung geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2 a) mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

IV.

Zu einer Aussetzung der Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit nach § 148 ZPO, um das Ergebnis des Einspruchsverfahrens gegen die Erteilung des Klagepatentes abzuwarten, besteht keine Veranlassung, nachdem die Einspruchsabteilung auf die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer hin das Klagepatent in der geltend gemachten Fassung aufrecht erhalten hat.

V.

Da das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der Klägerin zum Nachteil der Beklagten abgeändert worden ist, haben die Beklagten als unterlegene Partei nach
§ 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1
Satz 1 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache wegen der Frage, ob auch die mittelbare Benutzung einer offengelegten zum Patent angemeldeten Erfindung Entschädigungsansprüche auslöst, grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. hat.

R1 R2 Dr. R3