2 U 137/08 – Taschenfeder

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1277

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Februar 2010, Az. 2 U 137/08

Vorinstanz: 4b O 219/05

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.10.2008 – 4b O 219/05 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist für die Beklagten wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland in englischer Verfahrenssprache erteilten europäischen Patents 1 171 xxx (im folgenden „Klagepatent“ genannt), das am 31.03.2000 unter Inanspruchnahme zweier US-Prioritäten vom 16.04.1999 und 13.07.2000 angemeldet und dessen Erteilung am 27.10.2004 veröffentlicht wurde. Die vom Deutschen Patentamt am 24.11.2005 unter DE 600 15 yyy T2 veröffentlichte deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift liegt als Anlage BK 1a vor. Auf einen Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents hat die Technische Beschwerdekammer beim Europäischen Patentamt am 16.10.2007 die Aufrechterhaltung des Klagepatents in beschränkter Form angeordnet. Die deutsche Übersetzung der Entscheidung liegt als Anlage B 13 vor. Hiernach – dies ist zwischen den Parteien unstreitig, hiervon geht auch der Senat aus – lauten die vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche 1 und 13 des Klagepatents nunmehr wie folgt:

„1.
Verfahren zum Herstellen einer Folge von Spiralfedern in Taschen, umfassend das Zuführen eines Vorrats von Gewebe (16), das Falten des Gewebes um eine längslaufende Faltlinie in erste und zweite allgemein parallele Gewebelagen (24, 26), Einführen einer Reihe von axial komprimierten Federn (14, 14a) zwischen die erste und zweite Lage (24, 26), Verbinden der ersten und zweiten Lage (24, 26) miteinander durch Erzeugen einer Längsnaht (54) in der Nähe der freien Ränder (28) der ersten und zweiten Lage (24, 26), Zulassen, dass die Federn (14, 14a) wenigstens teilweise axial in dem Gewebe in derselben Richtung expandieren, in der sie zwischen die Lagen (24, 26) eingeführt wurden, so dass die Längsachse (60) jeder der Federn allgemein lotrecht zur Längsnaht (54) verläuft, und Erzeugen einer Quernaht (80, 80a) in dem Gewebe zwischen benachbarten Federn (14, 14a), um dadurch jede der Federn in einer Gewebetasche einzuschließen,
dadurch gekennzeichnet,
dass zugelassen wird, dass die Federn (14, 14a) nach dem Verbinden der ersten und zweiten Lage (24, 26) durch Erzeugen der Längsnaht (54) wenigstens teilweise innerhalb des Gewebes expandieren, und zwar bevor die Quernähte (80, 80a) erzeugt werden, die im wesentlichen parallel zu den Längsachsen (60) der wenigstens teilweise expandierten Federn (14, 14a) erzeugt werden.“

„13.
System zum Bilden einer Folge (12) von Spiralfedern in Taschen, wobei jede der Federn (14, 14a) in einer aus Gewebe gebildeten Tasche (86) eingeschlossen ist, wobei das System Folgendes umfasst: eine Gewebezufuhrstation zum Bereitstellen von ersten und zweiten im wesentlichen parallelen Gewebelagen (24, 26) als ein um eine längslaufende Faltlinie gefaltetes Gewebe, eine Federeinführstation (34), in der axial komprimierte Federn (14, 14a) individuell zwischen die erste und die zweite Lage (24, 26) eingeführt werden, eine Längsnahterzeugungsstation (52), die sich unterhalb der Federeinführstation (34), befindet, wobei in der Längsnahterzeugungsstation (52) die erste und die zweite Lage (24, 26) des Gewebes miteinander verbunden werden, indem eine Längsnaht (52) in der Nähe der freien Ränder 828) der ersten und zweiten Lage gebildet wird, eine Federexpansionsstation 870), in der die Federn (14, 14a) wenigstens teilweise zwischen der ersten und der zweiten Lage (24, 26) in derselben Ausrichtung expandieren können, in der sie zwischen die Lagen (24, 26) eingeführt wurden, so dass die Längsachse (60) jeder Feder allgemein lotrecht zur Längsnaht (54) ist, eine Quernahterzeugungsstation (78) zum Bilden einer Quernaht (80, 80a) in dem Gewebe um jedes Paar benachbarter Federn (14, 14a) zu trennen und dadurch jede der Federn nach dem Einführen in einer Gewebetasche (86) einzuschließen, und eine Transportstation (62, 94), die das Gewebe (16) und die darin enthaltenen Federn (14, 14a) durch die jeweiligen Stationen bewegt,
dadurch gekennzeichnet,
dass sich die Federexpansionsstation stromabwärts der Längsnahterzeugungsstation befindet, und dadurch, dass die Quernahterzeugungsstation (78) die Quernähte (80, 80a) allgemein parallel zu den Längsachsen (60) der wenigstens teilweise expandierenden Federn bildet, wobei die Quernahterzeugungsstation (78) stromabwärts der Federexpansionsstation (70) angeordnet ist.“

Die nachfolgenden Abbildungen der Klagepatentschrift verdeutlichen die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Beklagte zu 1) ist ein chinesisches Unternehmen, das Maschinen zur automatischen Herstellung von Taschenfedern der Baureihe LR-PS (im folgenden „angegriffene Ausführungsform“ genannt) anbietet und vertreibt. Die Beklagten zu 2) und 3) bieten an und vertreiben die angegriffene Ausführungsform ebenfalls. Mit Zustimmung der Beklagten zu 1) geschah dies auch auf der Messe „A“ in Köln in der Zeit vom 29.04.2005 bis zum 03.05.2005, wobei die angegriffene Ausführungsform hier als „Pocket Spring Machine BBB – 45“ und „Pocket Spring Machine BBB – 60″ bezeichnet wurde. Wegen des Aufbaus und der Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Lichtbilder (Anlagen K 9 und K 13) sowie die als Anlage K 10 vorgelegte Videoaufnahme verwiesen. Lichtbild Anlage K9 Nr. 8 wird nachfolgend (ohne die Beschriftung der Klägerin) eingeblendet.

Die Faltung des Gewebes erfolgt bei der angegriffenen Ausführungsform um ein U-Profil, das von einem U-förmigen Abdeckprofil umgeben ist, welches auf dem Lichtbild hochkant stehend zu erkennen ist und auf dessen Unterseite der Betrachter des Lichtbildes schaut.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber in äquivalenter Weise Gebrauch. Die gerade erläuterte Faltung des Gewebes in U-Form stehe dem nicht entgegen, da nach dem Wortlaut des Klagepatents nicht ausgeschlossen sei, dass sich zwischen beiden parallelen Lagen des Gewebes ein Teilstück im rechten Winkel befinde.

Die Beklagten meinen demgegenüber, das Klagepatent setze voraus, dass das Gewebe an nur einer Längsfaltlinie gefaltet werde. Dies mache auch die Neuheit des Patents aus. Da die Klägerin im Einspruchsverfahren selber vorgetragen habe, dass sich die Faltung in U-Form von den zwei parallelen Lagen des Klagepatents unterscheide, müsse sie sich hieran festhalten lassen. Die Beklagten behaupten, bei der angegriffenen Ausführungsform werde die Längsnaht vor Einbringung der Federn in den Gewebeschlauch erzeugt. Auch sei eine der beiden Quernähte bereits erzeugt, bevor die Federn expandieren, so dass sich die Quernahterzeugungsstation dementsprechend nicht stromabwärts der Federexpansionsstation, sondern stromaufwärts derselben befinde.

Die auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung gerichtete Klage hat das Landgericht durch Urteil vom 21.10.2008 mit der Begründung abgewiesen, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent weder wortsinngemäß noch äquivalent, da dort das Gewebe nicht entlang einer längslaufenden Faltlinie in erste und zweite, allgemein parallele Gewebelagen gefaltet werde. Dies folge aus dem Wortlaut des Patentanspruchs in seiner funktionsbezogenen Auslegung. Zwar verstehe der Fachmann den Begriff „eine“ Längsfaltlinie nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmten Artikel. Aus der weiteren Formulierung, dass eine erste und zweite allgemein parallele Gewebelage gebildet werde, entnehme der Fachmann aber weiter, dass eine einzige Faltung der Gewebelage vorausgesetzt werde. Die Ausbildung einer dritten (und vierten etc.) Gewebelage sei damit als erfindungsgemäß ausgeschlossen. Aus der Patentbeschreibung sei zudem zu entnehmen, dass ein möglichst einfaches Verfahren zur Verfügung gestellt werden solle, das aufgrund seiner Einfachheit kommerziell praktikabel sei und ein nur geringfügiges Eingreifen von Arbeitskräften erforderlich mache. Sich auf eine andere Auslegung des Wortlauts zu berufen, sei der Klägerin auch aufgrund ihrer eigenen, von den Beklagten zutreffend in Bezug genommenen Einlassung im Einspruchsverfahren verwehrt. Eine äquivalente Verletzung scheitere an dem von den Beklagten erhobenen Formsteineinwand. Die Klägerin habe nicht bestritten, dass die angegriffene Ausführungsform hinsichtlich Faltung des Gewebes, Ausbildung der Nähte, Einbringung der Federn, Reihenfolge der Nahterzeugung und Expansion der Federn nach der technischen Lehre der vorbekannten US 4,854,023 arbeite. Letzteres wurde durch Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 19.12.2008 dahingehend korrigiert, dass die Klägerin eine Ausführung des Patents US 4,6854,023 durch die angegriffene Ausführungsform bestreitet.

Gegen das genannte Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht habe das Klagepatent fälschlicherweise rein philologisch ausgelegt. Der Fachmann erkenne, dass die Aufzählung „erste“ und „zweite“ Lage keinen abschließenden Charakter habe und aufgrund des Erfordernisses der parallelen Ausrichtung zweier Gewebelagen gerade weitere Gewebelagen vorhanden sein könnten. An dieser Auslegung sei sie – die Klägerin – auch nicht aufgrund ihres Vortrags im Einspruchsverfahren gehindert, an dem die Beklagten zu 1) und 2) ohnehin nicht beteiligt gewesen seien. Die beteiligte Beklagte zu 3) sei zum Zeitpunkt des Einspruchsverfahrens bereits verklagt gewesen, so dass im vorliegenden Verfahren relevante Vermögensdispositionen ihrerseits im Vertrauen auf Angaben im Einspruchsverfahren nicht in Betracht kämen.

Die Klägerin beantragt unter teilweiser Klagerücknahme und Erweiterung der Klage im Hinblick auf den Antrag zu I. 3),

das angefochtene Urteil des Landgerichts vom 21.10.2008 (Az.: 4b O 219/05) in der Fassung des Tatbestandberichtigungsbeschlusses vom 19.12.2008 abzuändern und

I. die Beklagten zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland

a) ein Verfahren zum Herstellen einer Folge von Spiralfedern in Taschen, umfassend das Zuführen eines Vorrats von Gewebe, das Falten des Gewebes entlang einer Längsfaltlinie in eine erste und eine zweite, allgemein parallele Gewebelage, Einführen einer Reihe von axial komprimierten Federn zwischen die erste und die zweite Lage, Verbinden der ersten und der zweiten Lage miteinander durch Erzeugen einer Längsnaht in der Nähe der freien Ränder der ersten und der zweiten Lage, Zulassen, dass die Federn wenigstens teilweise axial in dem Gewebe in derselben Ausrichtung expandieren, in der sie zwischen die Lagen eingefügt wurden, so dass die Längsachse jeder der Federn allgemein lotrecht zur Längsnaht verläuft, und Erzeugen einer Quernaht in dem Gewebe zwischen benachbarten Federn, um dadurch jede der Federn in einer Gewebetasche einzuschließen,
in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden,
wobei es zugelassen wird, dass die Federn nach dem Verbinden der ersten und der zweiten Lage durch Erzeugen der Längsnaht und vor dem Erzeugen der Quernähte im Gewebe wenigstens teilweise expandieren, und wobei die Quernähte allgemein parallel zu den Längsachsen der wenigstens teilweise expandierten Federn erzeugt werden,

b) ein System
zur Durchführung des vorstehend zu Ziffer I. 1. a) bezeichneten Verfahrens in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;

c) ein System zum Bilden einer Folge von Spiralfedern in Taschen, wobei jede der Federn in einer aus Gewebe gebildeten Tasche eingeschlossen ist, wobei das System Folgendes umfasst: eine Gewebezufuhrstation zum Erzeugen einer ersten und einer zweiten parallelen Gewebelage, die entlang einer Längsfaltlinie gefaltet werden, eine Federeinführstation, in der axial komprimierte Federn individuell zwischen die erste und die zweite Lage eingeführt werden, eine Längsnahterzeugungsstation, die sich stromabwärts der Federeinführstation befindet, wobei in der Längsnahterzeugungsstation die erste und die zweite Lage des Gewebes miteinander verbunden werden, um eine Längsnaht in der Nähe der freien Ränder der ersten und der zweiten Lage des Gewebes miteinander verbunden werden, um eine Längsnaht in der Nähe der freien Ränder der ersten und der zweiten Lage zu bilden, eine Federexpansionsstation, in der die Federn wenigstens teilweise zwischen der ersten und der zweiten Lage in derselben Ausrichtung expandieren können, in der sie zwischen die Lagen eingeführt wurden, so dass die Längsachse jeder Feder allgemein lotrecht zur Längsnaht ist, eine Quernahterzeugungsstation zum Bilden einer Quernaht in dem Gewebe, um jedes Paar benachbarter Federn zu trennen und dadurch jede der Federn nach dem Einführen in einer Gewebetasche einzuschließen, und eine Transportstation, die das Gewebe und die darin enthaltenen Federn durch die jeweiligen Stationen bewegt,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, zu liefern, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wobei sich die Federexpansionsstation unterhalb der Längsnahterzeugungsstation befindet, und die Quernahterzeugungsstation die Quernähte allgemein parallel zu den Längsachsen der wenigstens teilweise expandierten Federn bildet, worin die Quernahterzeugungsstation sich stromabwärts von der Federexpansionsstation befindet,

hilfsweise
a(i) ein Verfahren zum Herstellen einer Folge von Spiralfedern in Taschen, umfassend das Zuführen eines Vorrats von Gewebe, das Falten des Gewebes entlang zweier Längsfaltlinien in eine erste und zweite, allgemein parallele Gewebelage, Einführen einer Reihe von axial komprimierten Federn zwischen die erste und die zweite Lage, Verbinden der ersten und der zweiten Lage miteinander durch Erzeugen einer Längsnaht in der Nähe der freien Ränder der ersten und der zweiten Lage, Zulassen, dass die Federn wenigstens teilweise axial in dem Gewebe in derselben Ausrichtung expandieren, in der sie zwischen die Lagen eingefügt wurden, so dass die Längsachse jeder der Federn allgemein lotrecht zur Längsnaht verläuft, und Erzeugen einer Quernaht in dem Gewebe zwischen benachbarten Federn, um dadurch jede der Federn in einer Gewebetasche einzuschließen,
in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden,
wobei es zugelassen wird, dass die Federn nach dem Verbinden der ersten und der zweiten Lage durch Erzeugen der Längsnaht und vor dem Erzeugen der Quernähte allgemein parallel zu den Längsachsen der wenigstens teilweise expandierten Federn erzeugt werden;

b(i) ein System zur Durchführung des vorstehend zu Ziffer I. 1. a(i) bezeichneten Verfahrens in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;

c(i) ein System zum Bilden einer Folge von Spiralfedern in Taschen, wobei jede der Federn in einer aus Gewebe gebildeten Tasche eingeschlossen ist, wobei das System Folgendes umfasst:
eine Gewebezufuhrstation zum Erzeugen einer ersten und einer zweiten allgemein parallelen Gewebelage, die entlang zwei Längsfaltlinien gefaltet werden, eine Federeinführstation, in der axial komprimierte Federn individuell zwischen die erste und die zweite Lage eingeführt werden, eine Längsnahterzeugungsstation, die sich stromabwärts der Federeinführstation befindet, wobei in der Längsnahterzeugungsstation die erste und die zweite Lage des Gewebes miteinander verbunden werden, um eine Längsnaht in der Nähe der freien Ränder der ersten und der zweiten Lage zu bilden, eine Federexpansionsstation, in der die Federn wenigstens teilweise zwischen der ersten und der zweiten Lage in derselben Ausrichtung expandieren können, in der siezwischen die Lagen eingeführt wurden, so dass die Längsachse jeder Feder allgemein lotrecht zur Längsnaht ist, eine Quernahterzeugungsstation zum Bilden einer Quernaht in dem Gewebe, um jedes Paar benachbarter Federn zu trennen und dadurch jede der Federn nach dem Einführen in einer Gewebetasche einzuschließen, und eine Transportstation, die das Gewebe und die darin enthaltenen Federn durch die jeweiligen Stationen bewegt,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, zu liefern, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wobei sich die Federexpansionsstation unterhalb der Längsnahterzeugungsstation befindet, und die Quernahterzeugungsstation die Quernähte allgemein parallel zu den Längsachsen der wenigstens teilweise expandierten Federn bildet, worin die Quernahterzeugungsstation sich stromabwärts von der Federexpansionsstation befindet,

2. der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 27.11.2004 begangen haben, und zwar unter Angabe
a. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c. der Art und Umfang verübter eigener Verfahrensbenutzungshandlungen unter Einschluss insbesondere der Angabe des erzielten Umsatzes sowie der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Kosten und des erzielten Gewinns,
d. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der einzelnen Angebotsempfänger,
e. der betriebenen Werbung aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
f. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei es den Beklagten vorgehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten tragen und ihn zugleich ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer und/oder Lieferungen in der erteilten Rechnung enthalten sind;
wobei sich die Angaben gemäß Ziffer a), b) und d) nur auf die Handlungen zu Ziffer I. 1. b) und c) und die Angaben gemäß Ziffer c) nur auf die Handlung zu Ziffer I. 1. a) beziehen;

3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die unter I. 1. bezeichneten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des Senats vom 11.02.2010) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen;

II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 27.11.2004 begangenen Handlungen entstanden ist noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen gegenüber den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Rückruf gem. Art. 64 EPÜ, §§ 9, 10, 139, 140a, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB nicht zu, da die Beklagten das Klagepatent nicht verletzen.

1.)
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und System zum Herstellen einer Kette von Taschenfedern.

Solche waren nach dem Stand der Technik bekannt, wobei zumeist eine Marshall-Konstruktion gewählt wurde, bei der jede einzelne Taschenfeder in einem eigenen Gewebebeutel bzw. einer eigenen Gewebetasche untergebracht war. Diese Beutel bzw. Taschen wurden üblicherweise zwischen zwei Lagen eines Gewebestreifens durch Erzeugung einer Längsnaht an den nicht miteinander verbunden Rändern des Streifens und diverser Quernähte nach Einbringung der Federn zwischen die Lagen gebildet. Den bekannten Verfahren war gemein, dass das Gewebe um die Feder geschlossen wurde, nachdem die Feder eingeführt worden war. Das Klagepatent nennt hierzu die Verfahren nach den US-Patenten 4,854,023 und 4,439,977. Letzteres sieht vor, dass die eingebrachten Federn in komprimiertem Zustand verbleiben, bis die Gewebelagen in Längs- und Querrichtung miteinander verbunden sind, und erst im Anschluss daran durch eine Drehstation innerhalb der Gebetaschen um 90 ° in Position gedreht werden. Als besonderen Nachteil dieses Verfahrens stellt die Klagepatentschrift heraus, dass es beim Drehprozess zu einem Verheddern oder Verhaken der Federn kommen kann und zusätzlicher kostenträchtiger Arbeitsaufwand, z.T. unter Reparatur dabei beschädigter Taschen, notwendig ist, um die Federn in die richtige Position zu bringen.

Aufgabe des Klagepatents ist es daher, ein Verfahren und System zum Herstellen von Folgen von Spiralfedern in Taschen bereit zu stellen, mit dem die genannten Nachteile überwunden werden und das dadurch kommerziell praktikabel, weil kosten- und arbeitssparend ist (Absatz [0007) der Beschreibung).

Zu diesem Zweck sieht das Klagepatent in Anspruch 1 ein Verfahren zum Herstellen einer Folge von Spiralfedern mit folgenden Merkmalen vor:

1. Es wird ein Vorrat von Gewebe (16) zugeführt, das um eine längslaufende Faltlinie in erste und zweite, allgemein parallele Gewebelagen (24, 26) gefaltet wird.

2. Eine Reihe von axial komprimierten Federn (14, 14a) wird zwischen die erste und die zweite Lage (24, 26) eingeführt.

3. Die erste und die zweite Lage werden durch das Erzeugen einer Längsnaht (54) in der Nähe der freien Ränder (28) der ersten und der zweiten Lage miteinander verbunden.

4. Es wird zugelassen, dass die Federn (14, 14a) wenigstens teilweise axial in dem Gewebe in derselben Ausrichtung expandieren, in der sie zwischen die Lagen (24, 26) eingeführt wurden, so dass die Längsachse (60) jeder der Federn allgemein lotrecht zur Längsnaht (54) verläuft.

5. Es wird eine Quernaht (80, 80a) in dem Gewebe zwischen benachbarten Federn (14, 14a) erzeugt, um dadurch jede der Federn in einer Gewebetasche (86) einzuschließen.

6. Es wird zugelassen, dass die Federn (14, 14a) innerhalb des Gewebes nach dem Verbinden der ersten und der zweiten Lage (24, 26) durch Erzeugen der Längsnaht (54) und vor dem Erzeugen der Quernähte (80, 80a) wenigstens teilweise expandieren.

7. Die Quernähte (80, 80a) werden im Wesentlichen parallel zu den Längsachsen (60) der wenigstens teilweise expandierenden Federn (14, 14a) erzeugt.

Anspruch 13 lautet in Form einer Merkmalsanalyse:

System zum Bilden einer Folge (12) von Spiralfedern in Taschen, wobei jede der Federn (14, 14a) in einer aus Gewebe gebildeten Tasche (86) eingeschlossen ist und das System Folgendes umfasst:

1. Eine Gewebezuführstation zum Erzeugen einer ersten und zweiten, im allgemeinen parallelen Gewebelage (24, 26), die um eine längslaufende Faltlinie gefaltet werden,

2. eine Federeinführstation (34), in der axial komprimierte Federn (14, 14a) individuell zwischen die erste und die zweite Lage (24, 26) eingeführt werden,

3. eine Längsnahterzeugungsstation (52),
3.1. die sich unterhalb der Federeinführstation (34) befindet,
3.2. wobei in der Längsnahterzeugungsstation (52) die erste und die zweite Lage (24, 26) des Gewebes miteinander verbunden werden,
3.3. indem eine Längsnaht (52) in der Nähe der freien Ränder (28) der ersten und der zweiten Lage (24, 26) gebildet wird,

4. eine Federexpansionsstation (70),
4.1. in der die Federn (14, 14a) wenigstens teilweise zwischen der ersten und der zweiten Lage (24, 26) in derselben Ausrichtung expandieren können, in der sie zwischen die Lagen (24, 26) eingeführt wurden,
4.2. so dass die Längsachse (60) jeder Feder allgemein lotrecht zur Längsnaht (54) ist,

5. eine Quernahterzeugungsstation (78) zum Bilden einer Quernaht (80, 80a), in dem Gewebe,
5.1. um jedes Paar benachbarter Federn (14, 14a) zu trennen,
5.2. und dadurch jede der Federn nach dem Einführen in einer Gewebetasche (86) einzuschließen,

6. eine Transportstation (62, 94), die das Gewebe (16) und die darin enthaltenen Federn (14, 14a) durch die jeweiligen Stationen bewegt.

7. Die Federexpansionsstation befindet sich stromabwärts der Längsnahterzeugungsstation.

8. Die Quernahterzeugungsstation (78) bildet die Quernähte (80, 80a) allgemein parallel zu den Längsachsen (60) der wenigstens teilweise expandierten Federn (14, 14a).

9. Die Quernahterzeugungsstation (78) ist stromabwärts der Federexpansionsstation (70) angeordnet.

2.)
Unstreitig weist die angegriffene Ausführungsform die folgenden Merkmale auf:

Sie hat eine Federzuführstation, welche eine Reihe von axial komprimierten Federn individuell zwischen zwei Gewebelagen einführt (Anspruch 1 und 13 jeweils Merkmal 2). Zwischen der ersten und zweiten Lage wird wenigstens teilweise eine Expansion der Federn in derselben Ausrichtung ermöglicht, in der die Federn zwischen die Lagen eingeführt wurden, wobei die Längsachse jeder Feder allgemein lotrecht zur Längsnaht ist (Anspruch 1 und 13 Merkmal 4 bzw. Merkmalsgruppe 4). Die Federexpansion erfolgt dabei stromabwärts der Längsnahterzeugung (Anspruch 13 Merkmal 7). Anschließend wird eine Quernaht in dem Gewebe zwischen benachbarten Federn erzeugt, wobei benachbarte Federn getrennt und die Federn in Gewebetaschen eingeschlossen werden (Anspruch 1 und 13 Merkmal 5 bzw. Merkmalsgruppe 5). Dabei werden Quernähte im Wesentlichen parallel zu den Längsachsen der wenigstens teilweise expandierten Federn erzeugt (Anspruch 1 Merkmal 7). Dem Transport des Gewebes und der darin enthaltenen Feder dient eine Transportstation (Anspruch 13 Merkmal 6).

3.)
Die angegriffene Ausführungsform erfüllt auch Merkmal 1 beider streitgegenständlichen Patentansprüche jedenfalls in äquivalenter Weise.

Rechtlicher Ausgangspunkt für die Auslegung der von Merkmal 1 beider streitgegenständlichen Ansprüche des Klagepatents geforderten Faltung des Gewebes um eine „längslaufende Faltlinie“ in „erste und zweite, allgemeine parallele Gewebelagen“ ist der technische Sinn des Merkmals aus Sicht des Fachmanns, bei dem es sich vorliegend um einen Maschinenbauingenieur handelt. Er entnimmt dem Wortsinn, dass sich das Klagepatent von der im Stand der Technik bekannten Faltung in U-Form (US-Patent 4,854,023), bei der um zwei Längsfalten 3 Gewebelagen gebildet werden, abgrenzt. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, die mit der Beurteilung durch die Technische Beschwerdekammer beim Europäischen Patentamt vom 16.10.2007 übereinstimmen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Es liegt jedoch eine äquivalente Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nach Merkmal 1 durch die angegriffene Ausführungsform vor.
Der Schutzbereich eines Patents erstreckt sich auch auf vom Wortsinn abweichende Ausführungen, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Ansprüche, d.h. an der darin beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte (vgl. BGH GRUR 1986, 803 – Formstein; 1988, 896 – Ionenanalyse; 1989, 903 – Batteriekastenschnur; 2002, 511 (512) – Kunststoffrohrteil). Eine äquivalente Benutzung liegt damit nur vor, wenn in Bezug auf das Ersatzmittel kumulativ die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Das Austauschmittel muss dieselbe technische Wirkung erzielen, die das im Patentanspruch beschriebene Lösungsmittel nach der Lehre des Klagepatents erreichen soll (Gleichwirkung);
b) der Durchschnittsfachmann mit dem Kenntnisstand des Prioritätstags muss ohne erfinderische Überlegungen in der Lage gewesen sein, das Austauschmittel als funktionsgleiches Lösungsmittel aufzufinden (Naheliegen);
c) der Fachmann muss die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine Lösung in Betracht gezogen haben, die zu der im Wortsinn des Patenanspruchs liegenden gegenständlichen Ausführungsform gleichwertig ist (Gleichwertigkeit).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Durch die Faltung um zwei Längsfaltlinien werden zwei Gewebelagen zueinander in parallele Ausrichtung gebracht, wie es im Ergebnis auch bei der Faltung um eine Längsfaltlinie geschieht. Bei beiden Lösungen ist eine Seite verschlossen, die andere geöffnet und zwischen beiden parallelen Gewebelagen wird ein Abstand geschaffen, was notwendig ist, um die komprimierten Federn zwischen die Lagen einzubringen. Die Faltung in U-Form ist für den Fachmann auch eine naheliegende Lösung. Sie war nach dem Stand der Technik (US- Patent 4,854,023), der in der Klagepatentschrift zitiert wird, bekannt. Die Überlegungen, die der Fachmann aufwenden muss, um zur gleichwirkenden Faltung in U-Form zu gelangen, sind auch am Sinngehalt der Klagepatentschrift orientiert. Neben den Erkenntnissen aufgrund des gerade Gesagten ist für den Fachmann offensichtlich, dass die Übergänge zwischen einer V-Form, wie beim Klagepatent, und einer U-Form fließend sind. Die Faltung um zwei Längsfaltlinien mag zwar mit einem gewissen konstruktiven Mehraufwand verbunden sein, der jedoch nicht ins Gewicht fällt, während die Faltung in U-Form andererseits aufgrund des gesicherten Abstandes zwischen den Lagen ein sichereres Einführen der komprimierten Federn ermöglicht als die Faltung in V-Form.

Der Schutzbereich des Klagepatents ist nicht durch eine beschränkende Erklärung der Klägerin im Einspruchsverfahren beeinträchtigt. Die von der Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 2006, 923 – Luftabscheider für Milchsammelanlage) für einen solchen Fall aufgestellten Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Dies gilt in Bezug auf die Beklagten zu 1) und 2) schon deshalb, weil sie nicht am Einspruchsverfahren beteiligt waren. Eine Erstreckung auf Unbeteiligte wie z.B. bei § 12 PatG käme allenfalls bei Abnehmern eines am Einspruchsverfahren beteiligten, nach Treu und Glauben privilegierten Herstellers in Betracht. Ein solches Verhältnis besteht zwischen der Beklagten zu 3) und den Beklagten zu 1) und 2) nicht.
Aber auch die Beklagte zu 3) kann sich nicht mit Erfolg auf die Ausführungen der Klägerin im Einspruchsverfahren durch Schriftsatz vom 26.01.2006 (Anlage K14a) berufen. Die dortigen Darlegungen auf Seite 5 im 2.Absatz enthalten eine bloße Meinungsäußerung der Klägerin bei der Diskussion des entgegen gehaltenen Standes der Technik, aber keine „Verzichts“-Erklärung in Bezug auf eine bestimmte Ausführungsform.

Schließlich führt auch der von den Beklagten erhobene Formstein-Einwand nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents. Dieser Einwand besagt, dass eine angegriffene Ausführungsform dann nicht in den Schutzbereich des Patents fällt, wenn sie mit der Gesamtheit ihrer Merkmale, seien sie wortsinngemäß oder äquivalent verwirklicht, im Stand der Technik vorweggenommen ist oder sich aus dem Stand der Technik nahe liegend ergibt (BGH GRUR 1986, 803 – Formstein). Die vorliegend angegriffene Ausführungsform ist mit der Gesamtheit ihrer Merkmale nicht im Stand der Technik vorweggenommen. Entgegen der Ansicht der Beklagten beschreibt die US-Patentschrift 4,854,023 eine mit der angegriffenen Ausführungsform nicht übereinstimmende Vorgehensweise. Die Federn verbleiben dort erfindungsgemäß bis nach dem Verlassen der Quernahterzeugungsstation und Abkühlen der dort erzeugten Quernähte in komprimiertem Zustand. Erst anschließend findet die Expansion bis zur Begrenzung durch die Gewebetasche statt. Soweit sich die Federn zuvor nach dem Verlassen der Hülse im Umfang der Hülsenwand und damit nur geringfügig ausdehnen, stellt dies keine erfindungsgemäße Expansion dar. Der Senat teilt insofern die Ansicht der Beschwerdekammer (siehe Seite 12 Ziff. 3.3.3 der Entscheidung vom 16.10.2007, Anlage B 13), dass dieser Ausdehnung in der US 4,854,023 keine konkrete Funktion zugewiesen wird.

4.)
Weiterhin macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents gemäß Merkmal 3 des Anspruchs 1 bzw. Merkmalsgruppe 3 des Anspruchs 13 Gebrauch.

Danach sieht das Patent weiter vor, dass zur Verbindung der Gewebelagen stromabwärts nach der Federeinführung die Längsnaht erzeugt wird, wobei die erste und die zweite Lage durch die Längsnaht in der Nähe der freien Ränder der ersten und der zweiten Lage verbunden werden. Die Reihenfolge der Längsnahterzeugung nach Einführung der Feder zwischen die beiden Gewebelagen folgt für beide Ansprüche aus dem Wortlaut. Der Fachmann entnimmt dabei auch Anspruch 1, dass die Reihenfolge der beschriebenen Schritte nicht beliebig, sondern genau bedacht ist, um den angestrebten Zweck zu erreichen.

Dass die Längsnahterzeugungsstation bei der angegriffenen Ausführungsform der Federeinführstation nachgeordnet ist, wird von den Beklagten bestritten. Dies folgt aus ihrem Vorbringen in den Schriftsätzen vom 25.10.2005 und 04.04.2006. Dass sie auf dieses Vorbringen in den nachfolgenden Schriftsätzen nicht wieder eingegangen sind, kann nicht dahingehend verstanden werden, dass sie von dem entsprechenden Bestreiten Abstand genommen haben.

Jedoch ergibt sich auch aus der Beschreibung der Arbeitsweise der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagten, dass sich die Federn bereits im Inneren des Gewebeschlauchs befinden, wenn bei diesem die Längsnaht geschlossen wird. Wie die Beklagten vortragen, werden die Federn zunächst in eine Hülse eingeführt und erst durch die Hülse in den Gewebeschlauch eingelassen, nachdem der Gewebeschlauch durch Erzeugen der Längsnaht fertiggestellt worden ist (S.2 f des Schriftsatzes vom 04.04.2006, Bl.100 f GA). Dies ist auch der von der Klägerin zur Gerichtsakte gereichten Videoaufzeichnung, welche unstreitig die angegriffene Ausführungsform und ihre Arbeitsweise zeigt, zu entnehmen (Anlage K 10). Dies führt aber nicht zu dem Schluss, dass die Längsnahterzeugungsstation stromaufwärts der Federeinführstation liegt. Denn die Hülse ist das U-Profil, um das das Gewebe gelegt wird. Wie der Videoaufzeichnung zu entnehmen ist (Zeitabschnitt 1.46 min. bis 1.50 min.), werden erst die Federn in die Hülse geschoben, um die bereits das Gewebe gelegt ist. Dann wird bei dem um die Hülse herum gelegten Gewebe die Längsnaht geschlossen, so dass sich die Federn in der Hülse im Gewebeschlauch befinden. Dann endet die Hülse, so dass die Federn aus der Hülse unmittelbar in den – an der Längsseite geschlossenen – Schlauch fallen.
Das zwischenzeitliche Vorhandensein einer Hülse oder etwas ähnlichem im Gewebeschlauch bzw. den beiden allgemein parallelen Gewebelagen zwischen diesem und den Federn wird vom Klagepatent nicht ausgeschlossen.

5.)
Nicht verwirklicht wird von der angegriffenen Ausführungsform hingegen Merkmal 6 des Anspruchs 1 bzw. Merkmal 9 des Anspruchs 13.

a)
Merkmal 6 des Anspruchs 1 sieht ein „wenigstens teilweises Expandieren der Federn nach dem Anbringen der Längsnaht und vor dem Erzeugen der Quernähte“ vor. Der Anspruchswortlaut ist dahingehend eindeutig, dass eine Verfahrensreihenfolge einzuhalten ist, bei der
 die komprimierten Federn durch eine Längsnaht zwischen den Gewebelagen eingeschlossen werden,
 danach die Federn wenigstens teilweise expandieren und
 erst anschließend die Quernähte erzeugt werden.

Exakt so hat auch die sachkundige Technische Beschwerdekammer das Klagepatent verstanden, wie ihren Ausführungen auf Seite 10 ihrer Entscheidung vom 16.10.2007 (Anlage B 13) zu entnehmen ist. Mit den in eine bestimmte Reihenfolge gesetzten Quernähten sind dabei – wie auch die Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt hat – diejenigen beiden Quernähte gemeint, die eine Feder einschließen.

Nach den vom Berichtigungsantrag der Klägerin nicht betroffenen Feststellungen des Landgerichts ist diese Reihenfolge bei der angegriffenen Ausführungsform nicht eingehalten. Auf Seite 6 des angegriffenen Urteils ist festgehalten,
– dass der Gewebeschlauch mit einer vorlaufenden Quernaht versehen wird,
– dass anschließend die bis dahin komprimierte Feder von der Hülse an den Gewebeschlauch übergeben wird, wobei die Feder teilweise expandiert,
– dass danach hinter der Feder eine zweite (nachlaufende) Quernaht erzeugt wird und
– dass anschließend die Feder weiter expandiert und die Gewebetasche vollständig aufspannt.

Die Klägerin bezieht sich demgegenüber darauf, dass sich die Quernahterzeugungsstation bei der angegriffenen Ausführungsform im Produktionsrichtung erst nach der Federexpansionsstation, d.h. dem Ende der Hülse, von der die Federn in den Gewebeschlauch übergeben werden, befindet. Daraus schließt sie, dass die Quernähte erst gesetzt werden können, wenn die Federn expandiert sind, und behauptet, die Federn dehnten sich am Ende der Hülse im Bereich der zwei seitlich mit Scharnieren angebrachten Klappen aus, bevor die 1. Quernaht gesetzt sei.
Der Rückschluss aus der Anordnung der Stationen ist keineswegs zwingend, zumal es sinnvoll sein kann, den Schlauch einseitig durch eine Quernaht zu schließen, bevor die erste Feder an den Gewebeschlauch übergeben wird, damit die aus der Hülse entlassene Feder nicht aus dem Gewebeschlauch herausfällt bzw. dort einen korrekten Platz einnimmt.
Dass bei der angegriffenen Ausführungsform in genau dieser Weise verfahren wird, zeigt die Videoaufnahme Anlage K 10, die vom Senat und den Parteien in der mündlichen Verhandlung am 14.01.2010 in Augenschein genommen worden ist. Wertet man den Zeitabschnitt 2.47 min bis 2.56 min. über das Menue „Aktuelle Wiedergabe“ – „Wiedergabegeschwindigkeit“ – Einzelbildtasten < > aus, zeigt sich, dass die vollständige Zusammenführung der die Quernaht erzeugenden Maschinenteile nicht nach der teilweisen Expansion der die Hülse im Bereich der Seitenklappen verlassenden Feder, wie sie bei Zeitmoment 2.47 min., 2.49 min., 2.50 m., 2.52 min., 2.53 min. und 2.55 min zu sehen ist, erfolgt, sondern jeweils 7 Einzelbilder zuvor. Damit ist die erste Quernaht gesetzt, wenn die jeweilige Feder aus der Hülse austritt.

b)
Merkmal 9 des Anspruchs 13 sieht vor, dass die Quernahterzeugungsstation stromabwärts der Federexpansionsstation angeordnet ist. Das ist rein apperativ bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Merkmal 9 ist jedoch nicht isoliert, sondern in der Zusammenschau mit Merkmal 8 des Anspruchs 13 zu betrachten, in dem es heißt, dass „die Quernahterzeugungsstation die Quernähte allgemein parallel zu den Längsachsen der wenigstens teilweisen expandierten Federn bildet“. Die Gesamtheit beider Merkmale besagt für den Fachmann, dass er eine solche Quernahterzeugungsstation im Anschluss an die Federexpansionsstation vorzusehen hat, die ihre Quernähte (beide) an – ganz oder teilweise – expandierte Federn setzt. Die Arbeitsweise der Quernahterzeugungsstation wäre unerheblich, wenn es das Merkmal (8) nicht gäbe. Es ist aber Bestandteil des Patentanspruchs und charakterisiert die erfindungsgemäße Vorrichtung deswegen dahin, dass die Quernahterzeugungsstation ihre Quernähte nicht irgendwie erzeugt, sondern in ganz bestimmter Weise, nämlich
– im Wesentlichen parallel zu den Längsachsen
– der wenigstens teilweise expandierten Federn.

Für Anspruch 13 gilt deswegen im Ergebnis nichts anderes als für Anspruch 1.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs.1, 269 Abs.3 S.2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.