2 U 15/09 – Treppenlift

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1273

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. April 2010, Az. 2 U 15/09

Vorinstanz: 4a O 216/07

I.
Die Berufung gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18.12.2008 – 4a O 216/07 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Rubrum des genannten Urteils dahingehend berichtigt wird, dass
a) Geschäftsführer der Klägerin nicht Herr Teofil-Nutu A, sondern Frau Monika B ist
und
b) die Beklagte zu 1) als GmbH “i.L.” firmiert.

II.
Die Kosten der Berufung haben die Beklagten zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 425.000,- €

Gründe

I.

Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin des u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 700 xxx betreffend einen Treppenlift mit einer Stabilisierungsvorrichtung (im folgenden “Klagepatent” genannt). Eingetragene Inhaber sind die Herren Engelbert C und Teofil-Nutu A, die in der Patentschrift auch als Erfinder genannt werden. Die Anmeldung des Klagepatents erfolgte in deutscher Sprache im März 2006 unter Inanspruchnahme einer Priorität der RO 200500xxy vom März 2005. Die Patentanmeldung wurde im September 2006, die Erteilung des Klagepatents im Juli 2007 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.

Sein vorliegend allein streitgegenständlicher Anspruch 1 lautet:

“Treppenlift mit einer Stabilisierungsvorrichtung, mit einem verzahnten Teil (2), das sich auf einer Buchse (11) befindet, durch die die Achse (14) eines Rotors geführt wird, auf der sich Rollen (15, 16, 17, 18) befinden, die auf einem unteren Rohr (19) der Fahrbahn rollen, wobei die Buchse sich zwischen zwei Hebeln (12, 13) befindet und es dem verzahnten Teil (2) erlaubt, in einen auf einer Grundplatte (6) befindlichen Zahnkranz zu greifen, wobei sich im Inneren der Platte (6) die Welle des Motorgetriebes (4) dreht, das mechanisch mittels einer Zugstange (3) mit dem verzahnten Teil (2) verbunden ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass für jeden Abstand zwischen den Achsen des unteren und eines oberen Fahrbahnrohres im waagerechten Bereich von 200 – 500 mm und den geneigten Bereichen der Fahrbahn von 0 – 90 Grad, der Konversionsfaktor (r) zwischen dem Abstand der Rohrachsen in Millimeter und dem Neigungswinkel der Fahrbahn gegenüber der Waagerechten einen Wert von 1,2 – 5 mm/Grad hat, und die Übersetzung bzw. der Übertragungsfaktor zwischen dem verzahnten Teil (2) und dem Zahnkranz (21) 1,97 – 5 beträgt.”

Nachfolgende Figuren sind Bestandteil der Klagepatentschrift und zeigen bevorzugte Ausführungsbeispiele: Figur 1 die Vorderansicht eines Treppenlifts, Figur eine entsprechende Seitenansicht und Figur 3 die Vorderansicht einer Stabilisierungsvorrichtung.

Die – sich inzwischen in Liquidation befindliche – Beklagte zu 1), deren Geschäftsführerin und Liquidatorin die Beklagte zu 2) war bzw. ist, vertrieb während ihrer werbenden Tätigkeit Treppenlifte, zu denen auch das Modell “D” gehörte. Ein solches zeigt das nachfolgende Lichtbild.

Die Klägerin, die durch die Beklagten den deutschen Teil des Klagepatents verletzt sieht und deshalb die Beklagte vorgerichtlich abgemahnt hat, hat vorgetragen, bereits am 21.08.2006 habe der rumänische Zoll bei der E S.R.L. mit Sitz in F, Rumänien, einen patentgemäßen Treppenlift mit Stabilisierungsvorrichtung beschlagnahmt, der an die Beklagte zu 1) hätte geliefert werden sollen. Sie – die Klägerin – habe außerdem im März 2006 über einen Dritten eine sog. Fahreinheit mit Stabilisierungsvorrichtung von der Beklagten zu 1) erworben. Diese beiden Treppenlifte seien identisch mit demjenigen, den die Beklagte zu 1) kurz nach Veröffentlichung des Klagepatents an Frau Waltraud G in H ausgeliefert habe.

Die Beklagten haben eine Patentverletzung in Abrede gestellt und geltend gemacht, die Klage sei unschlüssig. Die von der Klägerin in Bezug genommenen Verletzungstatbestände aus März und August 2006 lägen noch vor Veröffentlichung der Patenterteilung und hätten deswegen als Verletzungshandlungen schon aus Rechtsgründen auszuscheiden. Auch würden die betroffenen Treppenlifte das Klagepatent nicht verletzen. Der von Frau G vor der Veröffentlichung der Patenterteilung gekaufte Treppenlift sei möglicherweise bereits vor dem 02.07.2007 geliefert worden. Diesen habe die Beklagte zu 1) für die Verkäuferin, die Firma I Treppenlift GmbH, nur montiert. Er habe eine nicht dem Klagepatent entsprechende Stabilisierungsvorrichtung aufgewiesen, da er anstelle eines verzahnten Teils über ein vollständiges Zahnrad und anstelle zweier Hebel über einen Ausgleichsarm verfügt habe. Da das Zahnrad die gleiche Größe besitze wie das auf der Grundplatte montierte Zahnrad, betrage der Übertragungsfaktor lediglich 1,0 und liege damit außerhalb des anspruchsgemäßen Bereichs. Auf eine von ihnen angekündigte und in der Sache nicht weiter ausgeführte Vindikationseinrede sind die Beklagten in erster Instanz nicht mehr zurückgekommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung zweier Zeugen antragsgemäß wie folgt stattgegeben:

I.
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Fall der Beklagten zu 1) an deren gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Treppenlifte, bestehend aus einer Stabilisierungsvorrichtung, mit einem verzahnten Teil, das sich auf einer Buchse befindet, durch die die Achse des Rotors geführt wird, auf dem sich Rollen befinden, die auf einem unteren Rohr der Fahrbahn rollen, wobei die Buchse sich zwischen zwei Hebeln befindet und es dem verzahnten Teil erlaubt, in eine auf der Grundplatte befindlichen Zahnkranz zu greifen, wobei sich im Inneren der Platte die Welle des Motorgetriebes dreht, das mechanisch mittels einer Zugstange mit dem verzahnten Teil verbunden ist,

anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen jeder Abstand zwischen den Achsen des unteren und eines oberen Fahrbahnrohres im waagerechten Bereich von 200 bis 500 mm und den geneigten Bereichen der Fahrbahn von 0 bis 90 Grad, der Konversionsfaktor (r) zwischen dem Abstand der Rohrachsen in Millimeter und dem Neigungswinkel der Fahrbahn gegenüber der Waagerechten einen Wert von 1,2 bis 5 mm/Grad hat, und die Übersetzung bzw. der Übertragungsfaktor zwischen dem verzahnten Teil und dem Zahnkranz 1,97 bis 5 beträgt.

II.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziff. I, bezeichneten Handlungen seit dem 13.10.2006 begangen haben, und zwar unter Angabe

a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen – unter Einschluss von Typenbezeichnungen – sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben zu lit. d) erst ab dem 04.08.2007 verlangt werden und den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

III.
Die Beklagten werden verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen, unter Ziff. I. bezeichneten Treppenlifte zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu bezeichnenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

IV.
Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die in Ziff. I bezeichneten Handlungen in der Zeit vom 13.10.2006 bis zum 03.08.2007 eine angemessene Entschädigung zu zahlen,
2. dass die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziff. I. bezeichneten und seit dem 04.08.2007 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

V.
Die Beklagten werden verurteilt, gesamtverbindlich an die Klägerin 4.140,- € (Abmahnkosten) zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 02.10.2007 zu zahlen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch. Zwar begründe die von der Klägerin dargelegte Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) im März 2006 und August 2006 keine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr, da sie vor Erteilung und Veröffentlichung des Klagepatentes liege. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe jedoch zur Überzeugung der Kammer fest, dass der von der Beklagten zu 1) nach der Veröffentlichung der Patenterteilung an Frau G gelieferte und montierte Treppenlift dem Klagepatent entspreche. Die Montage stelle ein Inverkehrbringen i.S.v. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG dar. Soweit die Beklagten in den Raum stellten, dass die Lieferung bereits am 02.07.2006 erfolgt sein könne, sei das unsubstantiiert. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die an Frau G gelieferte Fahreinheit in ihrer technischen Ausgestaltung dem Treppenlift entspreche, der vom rumänischen Zoll beschlagnahmt worden sei und ausweislich der Unterlagen K 5 und K 6 die Merkmale des Patentanspruchs 1 verwirkliche. Die tatsächliche Übereinstimmung des gelieferten und des beschlagnahmten Treppenlifts habe der Zeuge J bestätigt, der für die entsprechende Wahrnehmung die notwendige Sachkunde habe. Seine detailreiche und widerspruchsfreie Aussage werde durch die Bekundung des von den Beklagten benannten Zeugen K bestätigt, der ebenfalls der Behauptung der Beklagten widersprochen und erklärt habe, der von ihm bei Frau G anlässlich der geplanten TÜV-Abnahme in Augenschein genommene Treppenlift habe über ein verzahntes Teil und zwei Hebel verfügt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Manipulation des Treppenlifts zwischen Lieferung und geplanter TÜV-Abnahme lägen nicht vor.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie machen geltend, das Landgericht habe den Aufbau des an Frau G gelieferten Treppenlifts fehlerhaft nicht weiter aufgeklärt. Die Fachkunde des Zeugen J müsse bestritten werden. Dieser sei auch voreingenommen. Ihrem erstinstanzlichen Beweisantritt auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nicht nachgegangen worden. Es bestehe der Verdacht der Manipulation des an Frau G gelieferten Treppenlifts. Da das deutsche Unternehmen der Klägerin Frau G den betreffenden Lift abgekauft und entfernt habe, sei die Beweismöglichkeit der Beklagten erschwert bzw. vernichtet worden. Rumänische Gerichte seien unter Einschaltung von Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffene Ausführungsform das dem Klagepatent zugrunde liegende rumänische Patent nicht verletze. Auch habe ein rumänisches Gericht am 17.04.2009 zugunsten des Zeugen K auf Übertragung des Patents an ihn entschieden. Dieser habe seine Erfinderansprüche am 20.04.2009 an die Beklagte zu 2) abgetreten. Unter Berufung hierauf erheben die Beklagten die Vindikationseinrede. Sie behaupten, der Zeuge Teofil-Nutu A habe dem Zeugen die Erfindung widerrechtlich entnommen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils vom 18.12.2008 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Beweiswürdigung des Landgerichts für zutreffend und die Erhebung des Vindikationseinwandes für verspätet. Sie bestreitet, dass der Zeuge K Erfinder des Klagepatents ist.

Mit Schriftsatz vom 14.01.2010 – außerhalb der Berufungsbegründungsfrist – hat die Klägerin klageerweiternd weitere vorgerichtliche Abmahnkosten von 4.180,- € geltend gemacht, nachdem ihre Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren abgelehnt worden war. Im Verhandlungstermin vom 25.02.2010 hat die Klägerin die erweiterte Klage zurückgenommen.

Wegen des weiteren Sach- Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.)
Nach der einleitenden Erläuterung der Klagepatentschrift betrifft die Erfindung Treppenlifte mit einer Stabilisierungsvorrichtung zur Beförderung von Personen auf Treppen im Inneren von Gebäuden.

Als Stand der Technik greift das Klagepatent die rumänische Patentanmeldung Nr. A. 2003-00159 auf, die bereits eine Stabilisierungsvorrichtung als Bestandteil eines Treppenlifts beschreibt. Diese Stabilisierungsvorrichtung hält den Stuhl und die Fußstütze auf der gesamten Länge der geneigten Fahrbahn in senkrechter Lage.

Ohne dass ein Nachteil dieses Stands der Technik ausdrücklich formuliert wird, stellt die Klagepatentschrift als Nutzen der Erfindung heraus, dass die vorgeschlagene Stabilisierungsvorrichtung eine waagerechte Lage des Stuhls eines Treppenlifts auch bei bis zu 90 Grad geneigten Teilen der Fahrbahn bereithält (Anlage K 2 Abschnitt [0004]).

Dieses Ziel wird mit der Erfindung durch Bewegen eines verzahnten Teils erreicht, das mittels einer Zugstange die Verbindung mit dem Motor-Getriebe, auf dem der Stuhl des Treppenlifts befestigt ist, gewährleistet (Anlage K 2, Abschnitt [0008]).

Zu diesem Zweck sieht das Klagepatent in seinem Anspruch 1 folgende Merkmale vor:
1. Treppenlift mit einer Stabilisierungsvorrichtung;

2. die Stabilisierungsvorrichtung besteht aus einem verzahnten Teil (2);

3. das verzahnte Teil (2) befindet sich auf einer Buchse (11);

4. durch die Buchse (11) wird die Achse (14) eines Rotors geführt;

5. auf der Rotorachse (14) befinden sich Rollen (15, 16, 7, 18),
a. die auf einem unteren Rohr (19) der Fahrbahn rollen;

6. die Buchse (11) befindet sich zwischen zwei Hebeln (12, 13),
a. so dass das verzahnte Teil (12) in einen auf einer Grundplatte (6) befindlichen Zahnkranz (21) eingreifen kann;

7. im Inneren der Grundplatte (6) dreht sich die Welle eines Motorgetriebes (14),
a. das mechanisch mittels einer Zugstange (3) mit dem verzahnten Teil (2) verbunden ist;

8. für jeden Abstand zwischen den Achsen des unteren (19) und eines oberen (9) Fahrbahnrohres im waagerechten Bereich von 200 bis 500 mm bei Fahrbahnen mit einem Neigungswinkel von 0 bis 90 Grad hat der Konversionswinkel (r) zwischen dem Abstand der Rohrachsen in Millimeter und dem Neigungswinkel der Fahrbahn gegenüber der Waagerechten einen Wert von 1,2 bis 5 mm/Grad;

9. die Übersetzung bzw. der Übertragungsfaktor zwischen dem verzahnten Teil (2) und dem Zahnkranz (21) beträgt 1,97 bis 5.

2.)
Diese Merkmale weist die angegriffene Ausführungsform, wie sie von der Beklagten zu 1) nach Veröffentlichung der Patenterteilung in Wiederholungsgefahr begründender Weise bei Frau G montiert wurde, in vollem Umfang auf.

Dabei ist, was die konkrete Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform anbelangt, von den diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts auszugehen. Insofern handelt es sich um eine Tatfrage. Ob der tatrichterlich festgestellte Aufbau der angegriffenen Ausführungsform das Klagepatent verletzt, ist sodann Rechtsfrage.

Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Anhaltspunkte liegen hier nicht vor. Die Berufung zeigt solche auch nicht auf.

Soweit die Beklagten ihre erstinstanzlichen pauschalen Angriffe auf die Fachkunde und Glaubhaftigkeit des Zeugen J wiederholen, fehlt es bereits an einer Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen erstinstanzlichen Entscheidungsgründen, in denen sich das Landgericht ausführlich mit den genannten Punkten auseinandersetzt und von denen abzuweichen der Senat keinerlei Veranlassung hat. Die Beklagten ignorieren, dass auch der von ihnen selbst benannte Zeuge K in völliger Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Angaben des Zeugen J bekundet hat, der bei Frau G eingebaute Lift habe die Gestaltung wie in den Anlagen K 5 und K 6 aufgewiesen (Seite 6 des Protokolls vom 20.11.2008, Bl. 82 GA). Wie das Landgericht auf dieser Grundlage richtig festgestellt hat (LGU 12 f), verfügt die angegriffene Ausführungsform damit unter anderem über ein verzahntes Teil (2) und zwei Hebel (12, 13). Der Konversionsfaktor (r) beträgt – ausgehend hiervon – unstreitig 1,46 mm/Grad. Der Übertragungsfaktor zwischen dem verzahnten Teil und dem Zahnkranz beläuft sich, was bei dieser Sachlage ebenfalls unstreitig ist, auf 4,01.

Das Landgericht hat auch keinen geeigneten erstinstanzlichen Beweisantritt der Beklagten übergangen. Soweit die Beklagten auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 02.09.2009 (Bl. 44 GA) „Beweis für alles Vorstehende unter Protest gegen die Beweislast: Sachverständigengutachten“ angeboten haben, ist bereits zweifelhaft, ob sich dieser Beweisantritt auch auf die Behauptungen auf Seite 2 des genannten Schriftsatzes bezog oder nur auf die auf Seite 3 enthaltenen Ausführungen. Selbst wenn aber unter Sachverständigenbeweis gestellt war, mit welcher Stabilisierungsvorrichtung der an Frau G gelieferte Lift bei Montage durch die Beklagte zu 1) versehen war, war dem nach Vernehmung der Zeugen nicht nachzugehen. Dass und weshalb die soeben wiedergegebene Aussage des Zeugen K unrichtig sein soll, zeigen die Beklagten nicht auf. Bei einem völlig eindeutigen Beweisergebnis wie hier dient das Begehren nach zusätzlicher Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens offensichtlich nur der Prozessverschleppung. Die weitere Aussage des Zeugen K als richtig unterstellt, nur er und nicht die Beklagte zu 2) sei für den Vertrieb und die Technik zuständig, beziehen die Beklagten ihre technischen Informationen die Lieferung G betreffend allein von ihm. Vor diesem Hintergrund stellt das Aufrechterhalten der Behauptung, der an Frau G gelieferte Lift habe kein verzahntes Teil und keine zwei Hebel aufgewiesen, zudem eine unzulässige Behauptung ins Blaue hinein dar.

3.)
Die Beklagten können auch nicht mit ihrer erstmals in der Berufung aufgestellten Behauptung gehört werden, sie seien nach der Abtretung vom 20.04.2009 Inhaber der materiellen Erfinderrechte, so dass die Klägerin nicht gegen sie vorgehen könne. Es handelt sich um neues Verteidigungsvorbringen, das streitig ist und nicht zugelassen werden kann, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. In erster Instanz hatten die Beklagten den entsprechenden Einwand nur angekündigt, aber sodann nicht weiter verfolgt. So hat es das Landgericht im angefochtenen Urteil – im Übrigen zu Recht – festgestellt, ohne dass die Beklagten eine Tatbestandsberichtigung beantragt haben.

Zwar hat der BGH anlässlich mehrerer Rechtsstreite, in denen erst nach Abschluss der ersten Instanz eine neue Schlussrechnung erteilt worden war, entschieden, dass diese neue Schlussrechnung nicht aufgrund der §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt bleiben dürfe (vgl. u.a. NJW-RR 2005, 1687). Er hat dabei jedoch ausdrücklich festgehalten, dass sich seine diesbezüglichen Überlegungen allein auf den zu entscheidenden Fall der Vorlage einer neuen Schlussrechnung beziehen und die hierbei zu ziehenden Konsequenzen andere sind als bei neuem Vorbringen zu Anfechtung, Abtretung etc. Während bei letzterem die Anwendung der Präklusionsvorschriften ihr Ziel, eine abschließende Klärung des zwischen den Parteien bestehenden Streits in angemessener Zeit zu fördern, erreichen können, ist das bei der Zurückweisung einer neuen Schlussrechnung gerade nicht der Fall. Der Senat erachtet daher in Übereinstimmung mit dem 20. Zivilsenat des OLG Düsseldorf (vgl. GRUR-RR 2005, 281) und dem OLG Karlsruhe (OLGR Karlsruhe 2004, 309) die Präklusionsvorschriften auf eine erst nach Abschluss der ersten Instanz herbeigeführte Abtretung und hieraus abgeleitete Rechte für anwendbar.

Dass sich die Beklagte zu 2) die „Erfinderrechte“ des Zeugen K in Bezug auf das Klagepatent erst nach Abschluss der ersten Instanz hat abtreten lassen, beruht, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, allein auf prozesstaktischen Überlegungen. Ein solches Handeln ist nicht mehr von dem Recht auf Prozessplanung gedeckt und mit der Prozessförderungspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren. Danach muss jede Partei mit Zurückweisung rechnen, wenn sie mit möglicherweise liquiden Einwendungen zurückhält und erst einmal abwartet, wie sich das Gericht zu dem schon vorgebrachten Prozessstoff stellt (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 531 Rdnr. 32 m.w.N.). Zudem wäre das Verhalten der Beklagten zu 2) jedenfalls nachlässig gewesen. Die Beklagten standen während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens in Kontakt mit dem Zeugen K, der der Ehemann der Beklagten zu 2) ist und das Unternehmen der Beklagten zu 1) faktisch führt. Weshalb es diesem nicht möglich war, den Beklagten die von diesen jetzt mitgeteilten Informationen in Bezug auf eine vermeintlich widerrechtlich entnommene Erfindung zu verschaffen und der Beklagten zu 2) die entsprechenden Rechte abzutreten, ist weder ersichtlich noch von den Beklagten erläutert.
Auf ein – im Übrigen in keiner Weise konkretisiertes (Bezeichnung des Gerichts, Aktenzeichen o.ä.) – Urteil eines rumänischen Gerichts vom 17.04.2009 können sie sich zur Rechtfertigung selbst auf der Grundlage ihrer eigenen Argumentation nicht berufen. Wie die Beklagten nunmehr selber einräumen müssen, liegt ein solches Urteil nicht vor. Soweit sie formulieren, dass „offensichtlich bis zum heutigen Tage eine rechtskräftige Entscheidung wohl nicht vorliege“ (Seite 2 des Schriftsatzes vom 29.01.2010, Bl. 265 GA), kann das nicht dahingehend verstanden werden, dass eine erstinstanzliche Entscheidung vorliegt, gegen die – lediglich – Rechtsmittel eingelegt worden ist. Denn dann hätte es mehr als nahe gelegen, diese Entscheidung vorzulegen oder wenigstens unter Angabe des Aktenzeichens die tragenden Gründe mitzuteilen. Diese müssten dem Zeugen K als dortigem Kläger bekannt sein. Sein Wissen müssen sich die Beklagten nach der Abtretung zurechnen lassen (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 138 Rdnr.16 a.E. zum unzulässigen Bestreiten mit Nichtwissen bei Geltendmachung eines Rechts nach Abtretung). Existiert eine solche Entscheidung aber nicht, stehen die Beklagten – von ihrer eigenen Argumentation ausgehend – jetzt in keiner Weise anders, als sie es bei einer Abtretung während der ersten Instanz getan hätten. Wie auch immer geartete „positive Entwicklungen von Streitigkeiten in Rumänien“ sind nicht ersichtlich und von den Beklagten auch in keiner Weise konkretisiert. Sie legen auch nicht dar, weshalb sie der Auffassung waren, eine solche „positive Entwicklung“ in Bezug auf das vorliegende Verfahren abwarten zu müssen/dürfen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 09.03.2010 führt zu keiner anderen Beurteilung. Dass und weshalb der Zeuge K den Beklagten und ihren Prozessbevollmächtigten „die rumänischen Prozesse nicht hinreichend deutlich machen konnte“, ist bereits im Grundsatz nicht nachvollziehbar und wird von den Beklagten auch nicht ansatzweise erläutert. Der vorliegende Fall ist auch nicht mit dem vom Senat durch Urteil vom 03.09.2009 (I-2 U 48/07) entschiedenen vergleichbar, in dem es um den Zeitpunkt der Erteilung eines weiteren Patentes durch das Deutsche Patent- und Markenamt, also einen unabhängigen Dritten, ging. Jedenfalls auf eine Konstellation wie die vorliegende, bei der es die Beklagten aufgrund der personellen Verflechtung mit dem Zeugen K in der Hand hatten, den Zeitpunkt der Abtretung frei zu bestimmen, müssen die Präklusionsvorschriften angewendet werden. Ansonsten wäre es, wenn der Zeitpunkt der Abtretung allein vom Willen der Partei abhängt, in deren Belieben gestellt, die gesetzlich vorgegebene Beschränkung des Streitstoffs im Berufungsrechtszug und die Aufgabenzuweisung an das Berufungsgericht zu unterlaufen, was dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entgegen steht (so auch OLG Karlsruhe a.a.O.).

4.)
Bzgl. der Rechtsfolgen der danach vorliegenden Patentverletzung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im – insoweit auch nicht angefochtenen – erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 92 Abs. 2 ZPO (analog). Soweit die Klägerin die Klage zwischenzeitlich erweitert und insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wieder zurückgenommen hat, war ihre Mehrforderung verhältnismäßig gering und hat, da nicht streitwerterhöhend (§ 4 Abs. 1 2. Hs. ZPO), keine besonderen Kosten verursacht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.