2 U 69/08 – DNA-Polymerase

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1264

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. Januar 2010, Az. 2 U 69/08

I.
Die Berufung der Klägerin gegen das in 2008 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III.
Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 200.000,– € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland in englischer Verfahrenssprache erteilten europäischen Patents 0 258 xxx (im folgenden „Klagepatent“ genannt), das in 1987 unter Inanspruchnahme von vier US-Prioritäten, jeweils zwei von 1986 und von 1987, angemeldet und dessen Erteilung 1997 veröffentlicht wurde. Die vom Deutschen Patentamt 1997 unter DE 37 52 yyy T2 veröffentlichte deutsche Übersetzung der Klagepatentschrift liegt als Anlage K 2 vor. Auf einen Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents hat die Technische Beschwerdekammer beim Europäischen Patentamt am 24.10.2003 die Aufrechterhaltung des Klagepatents in beschränkter Form angeordnet.
Das Klagepatent bezieht sich auf ein gereinigtes thermostabiles Enzym und auf Verfahren zur Amplifikation, zum Nachweis und zur Clonierung von Nukleinsäuresequenzen unter Verwendung dieses Enzyms. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch 1 lautet nach Abschluss des Einspruchsverfahrens in deutscher Übersetzung:

Thermostabile Thermus B DNA-Polymerase, die die Verknüpfung von Nukleosidtriphosphaten zur Bildung eines zu einem Nukleinsäure-Matrizenstrang komplementären Nukleinsäurestrangs katalysiert, die ein Molekulargewicht von 86.000 – 90.000 besitzt, bestimmt gemäß ihrer Wanderung in SDS-PAGE, wenn die Markerproteine Phosphorylase B (92.500), Rinderserumalbumin (66.200), Ovalbumin (45.000), Carboanhydrase (31.000), Sojabohnen-Trypsininhibitor (21.500) und Lysozym (14.400) sind.

Das Patent ist infolge Zeitablaufs am 21.08.2007 erloschen.

Unter der Bezeichnung „A L“ und A S“ (im folgenden „angegriffene Ausführungsform“ genannt) bietet an und vertreibt die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland Taq DNA-Polymerasen aus den Zellen des Stammes T.B YT-I. Wie die Beklagte in ihrem Internetauftritt (Anlage K6) und ihrem Produktkatalog (Anlage K9) mitteilt, handelt es sich dabei um eine DNA-Polymerase, die eine Halbwertzeit von 0,9 Stunden bei 95 ° C beziehungsweise von unter 0,1 Stunden bei 100 ° C sowie die Fähigkeit hat, Primerverlängerungsprodukte durch Synthese von komplementären Nukleinsäuresträngen am 5`-Ende entlang des Matrizenstrangs in Richtung 3`-Ende zu bilden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte mache mit der angegriffenen Ausführungsform von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäßen Gebrauch, und behauptet in diesem Zusammenhang, die Taq DNA-Polymerase der angegriffenen Ausführungsform habe ein Molekulargewicht von 87.000 Dalton. Da die angegriffene Ausführungsform ebenso wie die Taq DNA-Polymerase des Klagepatents aus demselben Organismus desselben Stammes (T.B YT-I) isoliert und in E. coli rekombiniert worden sei, müsse auch das Molekulargewicht identisch sein. Dass das Molekulargewicht der angegriffenen Ausführungsform in dem Bereich von 81.000 und 89.000 Dalton und damit in dem im Klagepatentanspruch genannten Bereich liege, habe auch das vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten ergeben. Jedenfalls aber liege ein Gebrauch mit äquivalenten Mitteln vor.

Nachdem die Parteien im Hinblick auf das von der Klägerin ursprünglich auch geltend gemachte Unterlassungsbegehren den Rechtsstreit nach Ablauf der Schutzfrist für das Klagepatent übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, hat die die Klägerin die Beklagte vor dem Landgericht noch auf Vernichtung, Schadensersatz, Entschädigungszahlung, Auskunft und Rechnungslegung in Anspruch genommen.

Die Beklagte behauptet, das relative Molekulargewicht der streitgegenständlichen, von ihr lediglich angebotenen und von ihrer in den USA ansässigen Muttergesellschaft produzierten Taq DNA-Polymerasen betrage 78.300 Dalton, so dass eine wortsinngemäße Verwirklichung des Klagepatents ausscheide. Sie vertritt die Auffassung, eine eventuelle Identität mit der von der Klägerin hergestellten und angebotenen Taq DNA-Polymerase sei unerheblich, da es nur auf die Verwirklichung der Merkmale des Klagepatents ankomme. Die für die Markerproteine in der SDS-PAGE gefundenen Werte seien zu interpolieren und in Form einer linearen Standardkurve wiederzugeben, so dass das Molekulargewicht der Taq DNA-Polymerase auf einer Geraden abzulesen sei. Nur dann ergebe der Klagepatentanspruch so, wie er formuliert sei, einen Sinn. Werte man die Messergebnisse auf diese Weise aus, habe die Beweisaufnahme ein Molekulargewicht der angegriffenen Ausführungsform von 81.200 Dalton ergeben. Da mit dem im Klagepatent angegebenen Bereich bereits den Unsicherheiten der SDS-PAGE Rechnung getragen sei, seien weitere Toleranzen nicht zu berücksichtigen. Mit dieser Maßgabe liege auch das von der gerichtlichen Sachverständigen mittels einer Kurve ausgelesene Molekulargewicht von 85.000 Dalton unter dem im Klagepatent angegebenen Bereich. Nur dieses Messergebnis, bei dem alle im Klagepatent angegeben Markerproteine und nur diese zum Einsatz gekommen seien, sei aus Rechtsgründen entscheidend.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, Merkmal 4 des Hauptanspruchs 1 des Klagepatents der nachstehenden Merkmalsgliederung (s. Abschnitt II.) sei durch die angegriffene Ausführungsform weder wortsinngemäß noch äquivalent verwirklicht. Zur Bestimmung des in Merkmal 4 bestimmten Molekulargewichts der erfindungsgemäßen Taq DNA-Polymerase seien alle in Merkmal 4.2 genannten Markerproteine mit den dort angegebenen Gewichten heranzuziehen. Ob die Auswertung der so gewonnen Ergebnisse in Form einer Kurve oder einer Geraden zu erfolgen habe, könne dahinstehen. In beiden Fällen sei nicht festzustellen, dass durch die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent verletzt werde. Den systemimmanenten Ungenauigkeiten bei der Durchführung und Auswertung der SDS-PAGE sei durch den im Klagepatent angegebenen Gewichtsbereich Rechnung getragen. Denn der Fachmann erwarte an sich die Angabe eines konkreten Gewichts der patentierten Ausführungsform. Werde ein Bereich genannt, ziehe der Fachmann den Schluss auf die genannten Ungenauigkeiten und sehe den Toleranzbereich mithin als berücksichtigt an. Hierfür spreche auch, dass in der Beschreibung des Patents ein Gewicht von „etwa“ 86.000 bis 90.000 Dalton genannt und im Beispiel VI zu einer erfindungsgemäß isolierten Taq DNA-Polymerase ein Gewicht von 88.000 Dalton angegeben werde. Der Fachmann ersehe daraus, dass im Patent ein Toleranzbereich von +/- 2.000 Dalton berücksichtigt werde. Der Gewichtsbereich von 86.000 bis 90.000 Dalton sei deshalb abschließend. Dass das Molekulargewicht der angegriffenen Ausführungsform in diesen Bereich falle, habe die Klägerin nicht bewiesen. Werte man die von der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. C bei Durchführung der SDS-PAGE unter den oben genannten Bedingungen erzielten Ergebnisse durch eine lineare Gerade aus, komme man zu einem Gewicht der angegriffenen Ausführungsform von 81.200 Dalton. Werte man sie – wie es die Sachverständige getan hat – mittels einer Kurve aus, sei von einem relativen Molekulargewicht der angegriffenen Ausführungsform von 85.000 Dalton auszugehen. Denn dies sei der Mittelwert aus den dreien, von der Sachverständigen durchgeführten Experimenten. Zwar ergebe sich, wenn man hierzu eine Toleranz von 5 % rechnet, wie es die Sachverständige getan hat, eine teilweise Überschneidung mit dem Gewichtsbereich des Klagepatents. Da aufgrund der teilweisen Nichtüberschneidung jedoch nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Gewicht der angegriffenen Ausführungsform unter dem im Klagepatent angegebenen Bereich liege, sei die beweispflichtige Klägerin beweisfällig dafür geblieben, dass das Merkmal 4 erfüllt sei. Die Ergebnisse der von der Sachverständigen – zusätzlich – durchgeführten Untersuchungen mit den „ladder molecular weight standards“ seien vorliegend ohne Bedeutung, da die „ladder molecular weight standards“ zum Prioritätszeitpunkt noch nicht zur Verfügung standen und die Bestimmung des Molekulargewichts nach der Lehre des Klagepatents erfolgen müsse. Unerheblich sei auch eine ggf. vorhandene tatsächliche Identität des Molekulargewichts der von beiden Parteien angebotenen Taq DNA-Polymerasen. Maßgeblich sei nicht, dass diese dieselben tatsächlichen Eigenschaften hätten, sondern allein die Verwirklichung der Merkmale des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform. Eine solche liege auch nicht durch die Verwendung äquivalenter Mittel vor. Auch bei der Prüfung der Gleichwertigkeit einer abgewandelten Lösung sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch beim Klagepatent der über den Wortsinn hinausreichende Schutzbereich durch Zahlen und Maßangaben im Patentanspruch begrenzt. Dies berücksichtigt, ziehe der Fachmann eine Polymerase außerhalb des Bereichs von 86.000 bis 90.000 Dalton nicht als gleichwertig in Betracht.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht habe sowohl den im Patentanspruch 1 angegebenen Molekulargewichtsbereich als auch die Messergebnisse der Gerichtssachverständigen fehlerhaft beurteilt. Durch die bei Zugrundelegung des von der Sachverständigen unter Berücksichtigung einer Toleranz von 5 % ermittelten Molekulargewichtsbereichs festzustellende Überschneidung sei bewiesen, dass das Gewicht der angegriffenen Ausführungsform im Bereich von 86.000 bis 90.000 Dalton liege. Eine vollständige Deckung der streitgegenständlichen Bereiche sei entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht zu fordern. Denn der angegriffenen Ausführungsform könne ein bestimmter Molekulargewichtswert nicht zugeordnet werden. Auch sei die Annahme des Landgerichts falsch, im Patent sei eine Messungenauigkeit von +/- 2.000 Dalton berücksichtigt. Hierfür gebe es in der Patentschrift keine Anhaltspunkte. Vielmehr komme die Ungenauigkeit der SDS-PAGE-Methode im Begriff „etwa 86.000 bis 90.000“ zum Ausdruck. Auch die Technische Beschwerdekammer habe die ursprüngliche Offenbarung der Anmeldung nicht so verstanden, dass 86.000 – 90.000 der abschließend angegebene Fehlerbereich der erfindungsgemäßen Taq DNA-Polymerase sei. Der Fachmann lese daher den im Patentanspruch angegebenen Bereich als 86.000 +/- 5 % bis 90.000 +/- 5 %. Darüber hinaus ergebe sich bei zutreffender Würdigung des Beweisergebnisses, dass die graphische Auswertung der Messergebnisse mittels SDS-PAGE über eine lineare Standardkurve weder patentrechtlich geboten noch wissenschaftlich korrekt sei. Auch habe sich das Landgericht nicht damit beschäftigt, dass die hiesige Gerichtssachverständige eine Identität der tatsächlichen Gewichte der streitgegenständlichen Ausführungsformen ermittelt und ein weiterer Gutachter in einem anderen Klageverfahren der Klägerin vor dem LG München ein höheres Molekulargewicht der patentgeschützten Ausführungsform als von der hiesigen Gerichtssachverständigen ermittelt, nämlich 86.000 Dalton, festgestellt habe. Beides zeige zum einen, wie sehr die SDS-PAGE mit Fehlern behaftet sei, und zum anderen, dass es sich bei den Enzymen der Parteien um ein und dasselbe handeln müsse. Jedenfalls seien die Voraussetzungen einer äquivalenten Patentverletzung erfüllt. Hinsichtlich der – vom Fachmann ohne erfinderische Bemühungen aufzufindenden – Gleichwirkung folge dies aus der Produktspezifikation der Beklagten und den übereinstimmenden Molekulargewichten beider im hiesigen und dem Münchener Verfahren angegriffenen Ausführungsformen untereinander, die auch mit dem Molekulargewicht des jeweils mit untersuchten erfindungsgemäßen Erzeugnisses der Klägerin übereinstimmten. Entgegen der Ansicht des Landgerichts gehe der Fachmann auch von einer gleichwertigen Lösung aus. Der Fachmann werde nicht von dem vom Landgericht gehegten Fehlverständnis des im Klagepatent angegebenen Gewichtsbereichs ausgehen, sondern von dem von der Klägerin geschilderten.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf von 2008 aufzuheben und

I.
die Beklagte zu verurteilen,

1.
ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte in der Zeit vom 02.04.1988 bis zum 21.08.2007
in der Bundesrepublik Deutschland thermostabile Thermus B DNA-Polymerase hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat,
die die Verknüpfung von Nukleosidtriphosphaten zur Bildung eines zu einem Nukleinsäure-Matrizenstrang komplementären Nukleinsäurestrangs katalysiert, die ein Molekulargewicht von 86.000 – 90.000 Dalton besitzt, bestimmt gemäß ihrer Wanderung in SDS-PAGE, wenn die Markerproteine Phosphorylase B (92.500), Rinderserumalbumin (66.200), Ovalbumin (45.000), Carboanhydrase (31.000), Sojabohnen-Trypsininhibitor (21.500) und Lysozym (14.400) sind,

hilfsweise
die die Verknüpfung von Nukleosidtriphosphaten zur Bildung eines zu einem Nukleinsäure-Matrizenstrang komplementären Nukleinsäurestrangs katalysiert, die ein Molekulargewicht von 85.000 +/- 4.000 (81.000 – 89.000) Dalton besitzt, bestimmt gemäß ihrer Wanderung in SDS-PAGE, wenn die Markerproteine Phosphorylase B (92.500), Rinderserumalbumin (66.200), Ovalbumin (45.000), Carboanhydrase (31.000), Sojabohnen-Trypsininhibitor (21.500) und Lysozym (14.400) sind,

hilfsweise
die die Verknüpfung von Nukleosidtriphosphaten zur Bildung eines zu eines Nukleinsäure-Matrizenstrang komplementären Nukleinsäurestrangs katalysiert, die ein Molekulargewicht von 85.000 +/- 2 % (83.300 – 86.700) Dalton besitzt, bestimmt gemäß ihrer Wanderung in SDS-PAGE, wenn die Markerproteine Phosphorylase B (92.500), Rinderserumalbumin (66.200), Ovalbumin (45.000), Carboanhydrase (31.000), Sojabohnen-Trypsininhibitor (21.550) und Lysozym (14.400) sind,

und zwar unter der Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) sowie für die seit dem 04.07.1997 begangenen Handlungen unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

2.
die im Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen und bis zum 21.08.2007 hergestellten Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. zu vernichten;

II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.
ihr für die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 02.04.1988 bis 04.07.1997 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2.
ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 04.07.1997 bis zum 21.08.2007 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet.
Zutreffend ist das Landgericht zu der Auffassung gelangt, dass eine Patentverletzung nur dann vorliegt, wenn die angegriffene Ausführungsform ein Gewicht von 86.000 bis 90.000 Dalton hat. Zu Recht hat es hierzu ausgeführt, dass der Klägerin dieser Nachweis nicht gelungen ist.

1.
Anspruch 1 des Klagepatents betrifft eine gereinigte, thermostabile Thermus B DNA-Polymerase.

Zum Prioritätszeitpunkt gab es laut Klagepatentschrift umfangreiche Forschung zur Isolierung von DNA-Polymerasen aus mesophilen, d.h. im mittleren Temperaturbereich lebenden, Mikroorganismen, während es nur relativ wenige Untersuchungen zur Isolierung und Aufreinigung von DNA-Polymerasen aus thermophilen, also hohe Temperaturen bevorzugenden Mikroorganismen wie z.B. Thermus B gab.
Stand der Technik zu letzterem war zum einen ein im Aufsatz vom Kaledin et al. in Biokhymiya (1980) beschriebenes, aus sechs Schritten bestehendes Verfahren zur Isolierung und Aufreinigung einer DNA-Polymerase aus Zellen des T.B YT1 bestehend aus Isolierung des Rohextrakts, DEAE-Cellulose-Chromatographie, Fraktionierung auf Hydroxyapatit, Fraktionierung auf DEAE-Cellulose und Chromatographie auf Cellulose. Dabei wurden die vereinigten Fraktionen aus jeder Reinigungsstufe nicht auf Verunreinigungen durch Endo- oder Exonuclease(n) untersucht. Das Molekulargewicht des gereinigten Enzyms beträgt nach dortiger Angabe 62 000 Dalton pro Monomer-Einheit.
Außerdem gab es die Beschreibung eines zweiten Aufreinigungsprotokolls für eine T. B-Polymerase von A. Chien et al., J. Bacteriol., 127 (1976), 1550 – 1557. Bei diesem Verfahren wird der Rohextrakt auf eine DEAE-Sephadex-Säule aufgetragen. Die dialysierten vereinigten Fraktionen werden sodann einer Behandlung auf einer Phosphocellulose-Säule unterworfen. Nach Dialyse der vereinigten Fraktionen wird zur Verhinderung eines Aktivitätsverlustes der Polymerase Rinderserumalbumin (BSA) zugesetzt und das resultierende Gemisch auf eine DNA-Cellulose-Säule aufgetragen. Das aus der Säule gewonnene vereinigte Material wird wiederum dialysiert und hat – so die dortigen Angaben – bei Untersuchung mittels Gelfiltration ein Molekulargewicht von etwa 63 000 Dalton sowie bei Untersuchung mit Hilfe einer Saccharose-Dichtegradienten-Zentrifugation ein solches von etwa 68 000 Dalton.
Die Klagepatentschrift stellt sodann noch die am 10.12.1986 veröffentlichte EP-200,362 heraus, in der die Verwendung eines thermostabilen Enzyms zur Amplifizierung existierender Nucleinsäuresequenzen in großen Mengen – verglichen mit der ursprünglich vorhandenen Menge – durch Denaturierung, Synthese von Matrizensträngen und Hybridisierung unter Verwendung von Primer, Nucleotidtriphosphaten und einer Polymerase angeregt wird. Die verwendete Polymerase muss nicht nach jedem Denaturierungsschritt erneut zugegeben werden, wenn es sich um ein thermostabiles Enzym handelt, da die Hitze seine Aktivität nicht zerstört. Das Amplifikations- und Nachweisverfahren wurde auch von Saiki et al., Science, 230 (1985), 1350 – 1354, und Saiki et al., Bio/Technology, 3 (1985), 1008 – 1012, beschrieben.

Das Klagepatent erachtet es vor diesem Hintergrund als Aufgabe, ein auf dem Fachgebiet gewünschtes gereinigtes thermostabiles Enzym herzustellen, das zur Verbesserung des vorstehend beschriebenen diagnostischen Amplifikationsverfahren verwendet werden kann, d.h. ein für das PCR-Verfahren geeignetes Enzym zu definieren, das der sehr hohen für die Denaturierungsschritte in dem Verfahren notwendigen Temperaturen widersteht und damit den Erhitzungsteil des Zyklus unbeschadet übersteht.

Als Lösung sieht das Klagepatent ein Enzym von Thermus B vor, das sich nach dem Patentanspruch 1 durch folgende Merkmale auszeichnet, wobei der Senat, nachdem beide Parteien entsprechend verfahren sind, ausnahmsweise von der deutschen Übersetzung des Klagepatents (Anlage K 2) ausgeht:

1. Thermus B DNA-Polymerase,

2. die die Verknüpfung von Nukleosidtriphosphaten zur Bildung eines zu einem Nukleinsäure-Matrizenstrang komplementären Nukleinsäurestrangs katalysiert,

3. die thermostabil ist, und

4. die ein Molekulargewicht von 86.000 bis 90.000 besitzt,

4.1 bestimmt gemäß seiner Wanderung in SDS-PAGE,

4.2 wenn die Markerproteine Phosphorylase B (92.500), Rinderserumalbumin (66.200), Ovalbumin (45.000), Carboanhydrase (31.000), Sojabohnen-Trypsininhibitor (21.500) und Lysozym (14.400) sind.

Die Thermus B-DNA-Polymerase wird damit erstmals in voller Länge bereit gestellt. Sie ist nach Anspruch 1 des Klagepatents durch ihre Herkunft, ihr Molekulargewicht und ihre Thermostabilität definiert.

2.
Der in Merkmal 4 bestimmte Molekulargewichtsbereich ist – wie vom Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen – abschließend. Durch ihn ist der Ungenauigkeit, die mit einer Gewichtsbestimmung mittels SDS-PAGE verbunden ist, aus Sicht eines Durchschnittsfachmannes Rechnung getragen und das in ausreichendem Maße. Bei diesem Fachmann handelt es sich, wie letztlich auch die Sachverständige Prof. C in Übereinstimmung mit Prof. D (vgl. S.7 der Anlage K 17) anlässlich ihrer Anhörung bestätigt hat (s. S. 3 des Protokolls vom 13.05.2008, Bl.352 GA), um einen Diplom-Biochemiker oder Diplom-Biologen mit Fachkenntnissen im Bereich der Biochemie und Molekularbiologie, insbesondere in Bezug auf Proteine.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, (allein) die Formulierung „etwa 86.000 bis 90.000“ in der Beschreibung trage dieser Ungenauigkeit Rechnung, kann dem nicht zugestimmt werden. Das Wort „etwa“ ist in der nach der Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer maßgebenden Fassung des Patentanspruchs 1 nicht enthalten.

Der Klägerin kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie sich auf die Ausführungen der Technischen Beschwerdekammer unter Nr.21 der Entscheidung (Anlage K 12a) und das dort vermeintlich zum Ausdruck kommende Verständnis der Beschwerdekammer vom Gewichtsbereich in Merkmal 4 bezieht. Welches Verständnis das sein soll, lässt die Klägerin in der Berufungsbegründung ohnehin offen. Der Wortlaut der genannten Ausführungen ist nicht eindeutig. Sie können sowohl im Sinne der landgerichtlichen Auslegung als auch dahingehend verstanden werden, dass aus verschiedenen Thermus B-Stämmen gewonnene Enzyme verschiedene Gewichte haben und letztere durch den angegebenen Bereich abgedeckt werden. Die zuletzt genannte Auslegung kommt aber nur in Betracht, wenn diese Enzyme tatsächlich verschiedene Gewichte haben und auch ein Fachmann genau dies als bei der Bereichsangabe berücksichtigt sieht. Beides wird von der Klägerin nicht, jedenfalls nicht substantiiert dargelegt. Erstmaliger und einziger Vortrag hierzu ist im Schriftsatz vom 25.05.2009 erfolgt, obwohl bereits in der ersten Instanz sowohl im schriftlichen Gutachten als auch anlässlich der Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. C die Toleranzen und ihre Bedeutung thematisiert wurden. Trotzdem hat die Klägerin bis zum Abschluss der ersten Instanz nichts in dem nun von ihr beanspruchten Sinn vorgetragen. Ob dies die Anwendung von § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO rechtfertigen würde, kann dahinstehen. Denn auch jetzt fehlt es an einer konkreten Darlegung der Klägerin, dass aus verschiedenen Thermus B-Stämmen gewonnene Enzyme verschiedene Gewichte im im Klagepatent angegebenen Bereich haben. Die doppelte Verwendung des Wortes „kann“ in der entsprechenden Passage des Schriftsatzes vom 25.05.2009 (dort S.19, Bl.621 GA) zeigt vielmehr, dass die Klägerin lediglich eine Vermutung hegt und keine konkreten Tatsachen wiedergibt. Zudem behauptet die Klägerin auch jetzt nicht, aufgrund solcher festgestellter Unterschiede den im Patent angegebenen Bereich gewählt zu haben. Vielmehr führt sie selber in der Berufungsbegründung auf S.18 (Bl.519 GA) aus, dass man bei jeder individuellen Messung des Molekulargewichts eines bestimmten Proteins zu unterschiedlichen Ergebnissen gelange, was durch die der Messmethode immanenten Messungenauigkeiten bedingt sei. Durch die Angabe von Fehlergrenzen komme man aber auf einen Bereich des scheinbaren Molekulargewichts, der dem Rechnung trage, hier also 81.000 bis 89.000 Dalton bzw. 86.000 bis 90.000 Dalton. Das aber ist genau das Verständnis des Landgerichts von der Bedeutung der Molekulargewichtsangabe in Merkmal 4. Zudem widerspräche die Annahme, der Molekulargewichtsbereich sei nur im Hinblick auf verschiedene Gewichte der aus verschiedenen Stämmen des Thermus B gewonnenen Enzyme gewählt worden, dem bisherigen Kernpunkt der klägerischen Argumentation, bei der Gewinnung der Taq-Enzyme in vollständiger Länge ergebe sich immer dasselbe Molekulargewicht, auch wenn die diesbezüglichen Messergebnisse schwankten.
Erst recht ist nichts dafür ersichtlich oder von der Klägerin dargelegt, dass der Fachmann aus dem im Merkmal 4 angegebenen Bereich den Rückschluss auf verschiedene Gewichte aus verschiedenen Thermus B-Stämmen gewonnener Enzyme zieht. Hier sprechen sowohl die Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen als auch die des vor dem Landgericht München tätig gewordenen Gutachters Prof. Dr. D wiederum für das Verständnis, das das Landgericht dem Gewichtsbereich aus der Sicht eines Fachmannes beigemessen hat. Beide Sachverständigen haben den Rückschluss auf eine Berücksichtigung der Ungenauigkeit der SDS-PAGE gezogen. So hat Prof. Dr. D im Gutachten für das Landgericht München, das sich ebenfalls mit dem Klagepatent beschäftigte, auf S.10 (Anlage K 17) ausgeführt:

„Der Fachmann versteht unter Merkmal 4, dass Proteine mit einem Molekulargewicht im Bereich von 86.000 bis 90.000 unter den Patentanspruch fallen. Die Bereichsangabe führt er auf die durchschnittliche experimentelle Ungenauigkeit zurück, mit der Molekulargewichte in dieser Größenordnung behaftet sind, und er wird annehmen, dass diese Angabe einem durchschnittlichen Molekulargewicht von 88.000 +/- 2.000 (+/- 2,3 %) entspricht.“

Im gleichen Sinn hat sich Frau Prof. Dr. C anlässlich ihrer Anhörung vor dem Landgericht Düsseldorf geäußert (s. S.9, 11 und 18 der Sitzungsniederschrift vom 13.05.2008, Bl.358, 360, 368 GA)

Ob die damit in Merkmal 4 berücksichtigte Messtoleranz von +/- 2.000 aus wissenschaftlicher Sicht (zu) knapp bemessen ist, kann dahinstehen. Denn die Klägerin muss sich an den Wortlaut des Patents und damit den von ihr konkret gewählten Bereich aus Gründen der Rechtssicherheit halten lassen. Dieser Bereich ist aus wissenschaftlicher Sicht jedenfalls nicht so offensichtlich unzutreffend, dass sein technischer Sinngehalt aus der Sicht eines Durchschnittsfachmanns zwingend die Berücksichtigung (weiterer) +/- 5 % erfordert. Die Sachverständige Prof. Dr. C hat in ihrer Anhörung angegeben, bei einem scheinbaren Molekulargewicht, das auf eine gerade Linie falle, „seien 2 % in Ordnung“. Von der Anwendung einer solchen Linie sind sowohl Prof. Dr. E als auch die Technische Beschwerdekammer ausgegangen. Damit kann nicht festgestellt werden, dass aus Sicht eines Durchschnittsfachmannes die Auswertung der Messergebnisse über eine Linie und damit ein in Merkmal 4 ausreichend berücksichtigter Toleranzbereich offensichtlich ausgeschlossen ist.

Ob, wenn schon im Patentanspruch die Messungenauigkeit der SDS-PAGE berücksichtigt ist, bei der Feststellung des relativen Gewichts der angegriffenen Ausführungsform nochmals eine Toleranz berücksichtigt werden darf, hat das Landgericht nicht thematisiert, es aber seiner Prüfung – zu Gunsten der Klägerin – unterstellt. Das ist aus Rechtsgründen unzulässig. Wie bereits dargestellt, ist der Ungenauigkeit der im Klagepatent vorgegebenen Messmethode auch aus der Sicht eines Durchschnittsfachmanns ausreichend Rechnung getragen. Für eine Verdopplung der Toleranz besteht damit weder Veranlassung noch aus Gründen der Rechtssicherheit Raum. Vielmehr ist der Schwierigkeit der Ermittlung des Molekulargewichts einer zu vergleichenden Taq Polymerase auf dem vorgegebenen Weg dadurch zu begegnen, dass mehrere Messungen durchgeführt und die so gefundenen Ergebnisse gemittelt werden. Dies ist der nach den Ausführungen von Prof. Dr. D vom Fachmann beschrittene Weg. Auf S.10 seines Gutachtens heißt es in diesem Zusammenhang:

„Um die Größe des gefundenen Wertes des gemessenen Molekulargewichts zu erhärten, wird er (der Fachmann) die Messung wiederholen, bis statistisch gesichert ist, ob das so gemessene Molekulargewicht in den Bereich 86.000 bis 90.000 fällt. Liegt das gemittelte Molekulargewicht in diesem Bereich, so erfüllt das Protein das Kriterium des Patentanspruchs.“

Die Sachverständige Prof. Dr. C hat drei Messungen die angegriffene Ausführungsform betreffend durchgeführt. Dabei ist sie zu Molekulargewichten von 84.000, 85.000 und 86.000 Dalton gekommen, gemittelt 85.000 Dalton. Damit erfüllt das geprüfte Protein auf der Grundlage des gerade Gesagten nicht das Kriterium des Patentanspruchs.
Da mithin keine Teil-Überschneidung zu vergleichender Molekulargewichtsbereiche vorliegt, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, wie eine solche Überschneidung zu bewerten wäre.

Eine eventuelle tatsächliche Identität der von beiden Parteien angebotenen Enzyme ist vom Landgericht entgegen der Auffassung der Klägerin sehr wohl gewürdigt und für rechtlich unerheblich gehalten worden, weil es nur um die Verwirklichung der Merkmale des Klagepatents gehe. Das ist zutreffend.
Der Klägerin ist zwar im Grundsatz darin zuzustimmen, dass es vorliegend um einen Stoffschutz geht. Auch legen die Übereinstimmungen der Messergebnisse bzgl. des Erzeugnisses der Klägerin und der jeweiligen angegriffenen Ausführungsform im hiesigen Verfahren und im Verfahren vor dem Landgericht München nahe, dass es sich bei diesen Enzymen um den Stoff handelt, den die Klägerin unter Patentschutz stellen lassen wollte. Dies hilft jedoch nicht darüber hinweg, dass in diesem Fall der im Patentanspruch definierte Bereich nicht zutreffend gewählt wurde. Nur dieser ist aus Gründen der Rechtssicherheit von Bedeutung.

Zu welchen konkreten Messergebnissen Prof. Dr. D im Verfahren vor dem LG München gekommen ist, ist ebenfalls unerheblich. Die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen der hiesigen Sachverständigen aufgrund ihrer eigenen Untersuchungen wird von der Klägerin nicht angegriffen. Der Ungenauigkeit der SDS-PAGE wird durch das Klagepatent Rechnung getragen.

Schließlich liegt auch keine äquivalente Benutzung des Klagepatents durch die Beklagte vor.
Zwar erstreckt sich der Schutzbereich des Patents auch auf vom Wortsinn abweichende Ausführungen, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Ansprüche, d.h. an der darin beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte (vgl. BGH GRUR 1986, 803 – Formstein; 1988, 896 – Ionenanalyse; 1989, 903 – Batteriekastenschnur; 2002, 511 (512) – Kunststoffrohrteil). Eine äquivalente Benutzung liegt damit nur vor, wenn in Bezug auf das Ersatzmittel kumulativ die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Das Austauschmittel muss dieselbe technische Wirkung erzielen, die das im Patentanspruch beschriebene Lösungsmittel nach der Lehre des Klagepatents erreichen soll (Gleichwirkung);
b) der Durchschnittsfachmann mit dem Kenntnisstand des Prioritätstags muss ohne erfinderische Überlegungen in der Lage gewesen sein, das Austauschmittel als funktionsgleiches Lösungsmittel aufzufinden (Naheliegen);
c) der Fachmann muss die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine Lösung in Betracht gezogen haben, die zu der im Wortsinn des Patenanspruchs liegenden gegenständlichen Ausführungsform gleichwertig ist (Gleichwertigkeit).

Vorliegend fehlt es, wie vom Landgericht zutreffend angenommen, an der Verwirklichung des Merkmals der Gleichwertigkeit. In seinen Entscheidungen „Kunststoffrohrteil“, „Schneidmesser I“, „Schneidmesser II“, „Custodiol I“ und „Custodiol II“ (GRUR 2002, 511 ff, 514 ff, 519 ff, 523 ff und 527 ff) hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass als im Sinne des Patentanspruchs gleichwertig nur eine Ausführungsform angesehen werden kann, die der Fachmann als eine solche auffinden kann, die nicht nur überhaupt die Wirkung eines – im Anspruch zahlenmäßig eingegrenzten – Merkmals der Erfindung erzielt, sondern auch gerade diejenige, die nach seinem Verständnis anspruchsgemäß der zahlenmäßigen Eingrenzung dieses Merkmals zukommen soll. Erschließt sich dem Fachmann kein abweichender Zahlenwert als im Sinne des anspruchsgemäßen Werts gleichwirkend, erstreckt sich der Schutzbereich insoweit nicht über den Sinngehalt des Patentanspruchs hinaus. Die anspruchsgemäße Wirkung des zahlenmäßig bestimmten Merkmals wird in diesem Fall nach dem Verständnis des Fachmanns durch die (genaue) Einhaltung eines Zahlenwerts bestimmt und kann daher notwendigerweise durch einen abweichenden Zahlenwert nicht erzielt werden. Denn der Anmelder ist, unabhängig davon ob ihm dies möglich ist, von Rechts wegen nicht gehalten, den vollen technischen Gehalt der Erfindung zu erkennen und auszuschöpfen. Dem Patentinhaber ist es dann jedoch verwehrt, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, was er nicht unter Schutz hat stellen lassen. So liegen die Dinge hier. Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.09.2009 vertieft in Bezug genommenen Entscheidung „Schneidmesser I“ (GRUR 2002, 515 (519)). Diese Rechtsprechung des BGH verkennt der Senat nicht. Es handelt sich jedoch um eine auf das damals streitgegenständliche Patent bezogene Entscheidung, die auf die vorliegenden Gegebenheiten nicht übertragbar ist. Anders als im dort zugrunde liegenden Fall wird der Durchschnittsfachmann vorliegend annehmen, dass die Vermeidung einer Abweichung von dem in Merkmal 4 definierten Molekulargewichtsbereich für die unter Schutz gestellte Lehre wesentlich und bestimmend ist. Die notwendige Toleranz erkennt er nach dem oben Gesagten als in der Zahlenangabe bereits ausreichend berücksichtigt. Ein abweichender Zahlenwert als im Sinne des anspruchsgemäßen Werts gleichwirkend erschließt sich ihm nicht. Insofern kann es ihm nicht anders ergehen als der gerichtlichen Sachverständigen, die anlässlich ihrer Anhörung bekundet hat, sie wisse nicht, wie der Bereich von 86.000 bis 90.000 Dalton zustande gekommen sei (s. S.13 der Sitzungsniederschrift, Bl.362 GA). Dass der Fachmann eine von der Gewichtsangabe abstrahierte, ansonsten aber patentgemäße Gewinnung des Enzyms als technisch sinnvoll erkennt, ist nach der zitierten Rechtsprechung unerheblich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.