2 U 13/95 – Radaufhängung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 27

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. Mai 2001, Az. 2 U 13/95

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Dezember 1994 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens
zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 3 Mio. DM abwenden,
wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können jeweils durch die Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder öffentlichen Sparkasse geleistet werden.

4. Beschwer der Beklagten und Streitwert für das Berufungsverfahren: 3 M3x. DM.

Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin des u.a. auch für Deutschland geltenden, in deutscher Sprache abgefaßten europäischen Patents 0 319 651 (im folgenden: Klagepatent), das eine Radaufhängung betrifft. Das Klagepatent beruht auf einer am 5. August 1988 unter Inanspruchnahme zweier Prioritäten vom 8. Dezember 1987 (DE-37 41 551) und vom 22. Dezember 1987 (DE-37 43 450) eingegangenen Anmeldung, die am 14. Juni 1989 veröffentlicht worden ist. Die Erteilung des Klagepatents ist am 30. Oktober 1991 im Patentblatt veröffentlicht worden. Ein von der (damaligen) Muttergesellschaft der Beklagten gegen das Klagepatent eingelegter Einspruch ist erfolglos geblieben. Auf eine im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits erhobene Nichtigkeitsklage der Beklagten hin hat zwar das Bundespatentgericht mit Urteil vom 17. Februar 1997 den deutschen Teil des Klagepatents für nichtig erklärt; auf die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat aber der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. Dezember 1999 die Nichtigkeitsklage unter Abänderung des Urteils des Bundespatentgerichts abgewiesen.

Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

Radaufhängung mit einem einerseits mit der Karosserie (1) und andererseits mit dem Rad (2) verbundenen, eine Schraubendruckfeder (3) und einen Stoßdämpfer (4) aufweisenden, radführenden Federbein (5) und mit einem Querlenker (6), wobei die Schraubendruckfeder (3) im unbelasteten Zustand eine gekrümmte Federmittellinie (7) aufweist und der Krümmungsradius der Federmittellinie (7) nicht konstant ist,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Federmittellinie (7) im unbelasteten Zustand einen S-förmigen Verlauf hat.

Die Beklagte stellt Schraubenfedern für sogenannte Mc-Pherson-Federbeine her und liefert sie an die V1xxxxxxxx AG, welche sie in Radaufhängungen der von ihr produzierten Kraftfahrzeuge einbaut.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Federn der Beklagten hätten im unbelasteten Zustand eine Federmittellinie mit S-förmigem Verlauf, so daß die Beklagte mit ihrem Anbieten und Liefern mittelbar das Klagepatent verletze.

Die Klägerin hat beantragt,

I.
die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu
unterlassen,

Schraubendruckfedern, die im unbelasteten Zustand
eine gekrümmte Federmittellinie mit einem nicht
konstanten Krümmungsradius aufweisen und die be-
stimmt sind zur Verwendung in einer Radaufhängung
mit einem einerseits mit der Karosserie und anderer-
seits mit dem Rad verbundenen, die Schraubendruck-
feder und einen Stoßdämpfer aufweisenden, rad-
führenden Federbein und mit einem Querlenker,

gewerbsmäßig herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu
bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten
Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Federmittellinie im unbelasteten Zu-
stand einen S-förmigen Verlauf hat;

2. ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie
– die Beklagte – die zu 1. bezeichneten Handlungen
seit dem 30. November 1991 begangen habe, und zwar
unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Liefermengen, Typenbezeichnungen, Lieferzeiten,
Lieferpreisen sowie den Namen und Anschriften der
Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach An-
gebotsmengen, Typenbezeichnungen, Angebotszeiten,
Angebotspreisen sowie den Namen und Anschriften
der Angebotsempfänger,

c) der Gestehungskosten einschließlich sämtlicher
Kostenfaktoren und des erzielten Gewinns,

wobei

d) sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die
vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf das
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis
zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränke

und

e) der Beklagten vorbehalten bleiben möge, nach ihrer
Wahl die Namen und Anschriften ihrer Angebots-
empfänger statt ihr – der Klägerin – einem von ihr
zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwie-
genheit verpflichteten vereidigten Wirtschafts-
prüfer mitzuteilen, sofern sie – die Beklagte –
dessen Kosten übernehme und ihn ermächtige, ihr
– der Klägerin – auf konkrete Anfrage mitzuteilen,
ob ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter An-
gebotsempfänger in der gelegten Rechnung enthalten
sei;

sowie

II.
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 30. November 1991 begangenen Handlungen der Beklagten entstanden sei und noch entstehen werde.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und eingewendet, die Mittellinie der von ihr hergestellten Federn sei nicht
S-förmig, sondern nur in einer Richtung gekrümmt, wie es bereits am Prioritätstage des Klagepatents zum Stand der Technik gehört habe; eine Verletzung des Klagepatents liege daher nicht vor.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf das Urteil vom 20. Dezember 1994 wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, während die Klägerin um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet.

Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 7. März 1996 (Bl. 204-208 GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx vom 11. Juni 1997 (Bl. 297-327 GA) und vom 22. Februar 2001 (Bl. 411-418 GA) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Erläuterung der Gutachten durch den Sachverständigen vom 8. März 2001 (Bl. 436-480 GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet, weil das Landgericht der Klage mit Recht stattgegeben hat.

I.

Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine Radaufhängung für ein Kraftfahrzeug mit einem einerseits mit der Karosserie und andererseits mit dem Rad verbundenen, eine Schraubendruckfeder und einen Stoßdämpfer aufweisenden radführenden Federbein und mit einem Querlenker, wobei die Schraubendruckfeder im unbelasteten Zustand eine gekrümmte Federmittellinie aufweist, deren Krümmungsradius nicht konstant ist.

Radaufhängungen der hier grundsätzlich in Rede stehenden Art (sogenannte McPherson-Aufhängungen) zeichnen sich dadurch aus, daß bei ihnen der bei den ansonsten üblichen Radaufhängungen vorhandene obere Querlenker durch ein langhubiges Federbein ersetzt ist.

Wie die Klagepatentschrift ausführt, werden Schraubendruckfedern in der Regel so ausgeführt, daß die Federmittellinie eine Gerade bildet; Abweichungen hiervon sind unbeabsichtigt, fertigungsbedingt und nach der DIN 2096 Teil 2 Abschnitt 8 toleriert. Bei diesen Federn fällt die Federkraftwirkungslinie mit der Federmittellinie zusammen.

Nach den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift muß bei McPherson-Radaufhängungen der herkömmlichen Art, bei denen die Schraubendruckfeder konzentrisch zur Stoßdämpferachse angeordnet ist, die gesamte am oberen Abstützpunkt, also an der Karosserie, auftretende Querkraft von der Kolbenstange des Stoßdämpfers aufgenommen werden, wie es durch die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Klagepatentschrift verdeutlicht wird:

Die genannte Querkraft (FQ) resultiert daraus, daß die Federkraftwirkungslinie (9) und die Abstützwirkungslinie (11) nicht zusammenfallen. Das führt zu erheblichen Reibungskräften am Kolben des Stoßdämpfers, die nicht nur – worauf die Klagepatentschrift hinweist – eine ruckelnde Ein- und Ausfederung, also eine Verschlechterung des Fahrverhaltens und des Fahrkomforts bewirken, sondern auch einen erheblichen Verschleiß am Stoßdämpfer zur Folge haben.

Um die auf die Kolbenstange des Stoßdämpfers wirkenden Querkräfte zu reduzieren, baut man, wie die Klagepatentschrift mitteilt, schon seit längerer Zeit die Schraubendruckfeder so (nämlich schräg) in das Federbein ein, daß die Federkraftwirkungslinie mit der Stoßdämpferachse einen spitzen Winkel bildet. Im Idealfall, der in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 der Klagepatentschrift dargestellt ist,

müßte der Winkel zwischen der Federkraftwirkungslinie der Schraubendruckfeder und der Stoßdämpferachse dem Winkel zwischen der Abstützwirkungslinie und der Stoßdämpferachse entsprechen. Dann wäre im normal belasteten Zustand die Kolbenstange des Stoßdämpfers weitgehend querkraftfrei. Im allgemeinen kann jedoch der Winkel zwischen der Federkraftwirkungslinie der Schraubendruckfeder und der Stoßdämpferachse nur kleiner als der Winkel zwischen der Abstützwirkungslinie und der Stoßdämpferachse realisiert werden, weil die Durchgängigkeit des Stoßdämpfers durch die Schraubendruckfeder und eine hinreichende Freigängigkeit des Rades noch gewährleistet sein müssen.

Durch die ständige Verbreiterung der für Kraftfahrzeuge benutzten Reifen und die damit verbundene Verlagerung des Radaufstandspunktes nach außen treten immer größere Winkel zwischen der Stoßdämpferachse und der Abstützwirkungslinie auf, auf die die Federkraftwirkungslinie eingestellt werden müßte, wenn im normal belasteten Zustand die Kolbenstange des Stoßdämpfers querkraftfrei bleiben soll.

Da – so führt die Klagepatentschrift aus – aus den oben dargelegten Gründen die Schraubendruckfeder in bezug auf die Stoßdämpferachse nicht so schräg gestellt werden kann, wie das eigentlich wünschenswert wäre, habe man bereits die Federkraftwirkungslinie gegenüber der Federmittellinie verschoben, und zwar durch Schrägstellung einer Endwindung oder beider Endwindungen, durch Verdickung der Endwindungen, durch Schrägstellung der Federteller oder Kombinationen der vorbeschriebenen Maßnahmen. Damit könne in Grenzen erreicht werden, daß die Federkraftwirkungslinie am unteren Ende der Schraubendruckfeder weiter außen liege als die Federmittel-linie, während die Federkraftwirkungslinie und die Federmittellinie am oberen Ende der Schraubendruckfeder durch den Abstützpunkt gingen. Dabei sei jedoch noch unbefriedigend, daß der erreichbare Winkel zwischen der Federkraftwirkungslinie und der Stoßdämpferachse immer noch nicht ausreiche und daß die Schraubendruckfeder im mittleren Arbeitsbereich beim Ein- und Ausfedern zu Windungsberührungen und zum Ausbeulen neige.

Die Erfindung geht – so die Klagepatentschrift – konkret aus von der in der GB-A 11 98 713 = DE-A 15 05 616 gezeigten Radaufhängung, bei der ebenfalls die Federkraftwirkungslinie gegenüber der Federmittellinie verschoben ist, und zwar dadurch, daß die Schraubendruckfeder im unbelasteten Zustand eine gekrümmte Federmittellinie aufweist. Die Krümmung der Federmittellinie führt dazu, daß die Federkraftwirkungslinie nicht mit der Federmittellinie zusammenfällt und daher bei ansonsten gleicher Geometrie von Federbein und Querlenker geringere Querkräfte auftreten. Ist, wie bei dem oben genannten Stand der Technik, der in der nachstehend wiedergegebenen Figur 5 der Klagepatentschrift dargestellt ist:

der Krümmungsradius der Federmittellinie konstant, so führt das zu einer Parallelverschiebung zwischen der Federkraftwirkungslinie (9) und der Federmittellinie (7).

Die Klagepatentschrift bezeichnet es sodann als Aufgabe der Erfindung, einen weiteren Beitrag zur Lösung der zuvor aufgezeigten Problematik zu leisten, nämlich eine Radaufhängung anzugeben, bei der an der Kolbenstange des Stoßdämpfers auftretende Querkräfte noch weitergehend eliminiert seien.

Das so bezeichnete technische Problem soll erfindungsgemäß gelöst werden durch

1. eine Radaufhängung mit

a) einem radführenden Federbein (5), das einerseits
mit der Karosserie (1) und andererseits mit dem
Rad (2) verbunden ist, und

b) einem Querlenker (6).

2. Das Federbein (5) weist auf

a) eine Schraubendruckfeder (3) und

b) einen Stoßdämpfer (4).

3. Die Schraubendruckfeder (3) weist im unbelasteten
Zustand eine gekrümmte Federmittellinie (7) auf.

4. Der Krümmungsradius der Federmittellinie (7) der
Schraubendruckfeder (3) ist nicht konstant.

5. Die Federmittellinie (7) der Schraubendruckfeder
(3) hat im unbelasteten Zustand einen S-förmigen
Verlauf.

Ein Ausführungsbeispiel der patentierten Erfindung ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 6 der Klagepatentschrift dargestellt:

Wie die Klagepatentschrift hervorhebt, werden durch die Verwendung einer Schraubendruckfeder, deren Federmittellinie im unbelasteten Zustand einen S-förmigen Verlauf hat, insbesondere in Verbindung mit entsprechender Gestaltung der Endwindung oder beider Endwindungen und/oder entsprechender Gestaltung der der Krafteinleitung dienenden Federteller, Querkräfte bzw. Momente eingeleitet, die dazu führen, daß bei ansonsten gleicher Geometrie von Federbein und Querlenker geringere Querkräfte auf den Stoßdämpfer wirken. Die Klagepatentschrift weist darauf hin, bei der erfindungsgemäßen Radaufhängung könne die Federmittellinie nur in einer Ebene gekrümmt sein, vorzugsweise sei sie jedoch in mehr als einer Ebene gekrümmt.

II.

Von der technischen Lehre des Klagepatents macht die Beklagte durch die Lieferung der angegriffenen Federn mittelbar Gebrauch, so daß die Klägerin gemäß § 10 PatG von ihr Unterlassung verlangen kann.

Die Erfindung nach dem Klagepatent liegt praktisch allein in der Ausgestaltung der bei den patentgemäßen Radaufhängungen verwendeten Schraubendruckfeder, diese stellt also ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne des § 10 PatG dar. Da die Feder sinnvollerweise nur zum Einbau in derartigen Radaufhängungen verwendet werden kann und als Abnehmer daher nur Hersteller solcher Radaufhängungen in Frage kommen, ist es auch offensichtlich, daß die von der Beklagten an ihre Abnehmer gelieferten Schraubendruckfedern von diesen dazu bestimmt werden, für die Benutzung der geschützten Erfindung verwendet zu werden.

Daß die Radaufhängungen, in welche die von der Beklagten gelieferten Federn eingebaut werden, die Merkmale 1, 1 a, 1 b, 2, 2 a, 2 b, 3 und 4 der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 des Klagepatents wortlautgemäß erfüllen, wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen, so daß es keiner weiteren Erörterung bedarf.

Wie aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats feststeht, ist bei den von der Beklagten hergestellten und gelieferten Federn aber auch das Merkmal 5 des Anspruchs 1 des Klagepatents wortlautgemäß erfüllt, weil sie nämlich eine Federmittellinie aufweisen, die im unbelasteten Zustand der Feder einen S-förmigen Verlauf hat.

Wie der Sachverständige Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx auf Seite 7 seines Gutachtens vom 11. Juni 1997 (Bl. 303 GA) hervorgehoben hat, gibt die Klagepatentschrift weder in ihren Ansprüchen noch in ihrer Beschreibung ein Verfahren an, nach welchem die im Anspruch genannte Federmittellinie zu bestimmen ist; auch in der allgemein zugänglichen Literatur ist der Begriff der Mittellinie einer Schraubenfeder nicht bekannt. Der Durchschnittsfachmann, an den sich das Klagepatent richtet
– das ist nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen auf Seite 3 f. seines Gutachtens vom 11. Juni 1997 (Bl. 299 f. GA) ein Ingenieur mit Fachhochschulausbildung oder mit einem Universitätsabschluß als Diplom-Ingenieur, der ein hinreichendes Maß an Erfahrungen in der Konstruktion von Fahrwerken gesammelt hat -, wird daher zur Ermittlung und Bestimmung der Federmittellinie ein Verfahren wählen, das sich aus bekannten mathematischen Zusammenhängen herleiten läßt.

Angesichts des Umstandes, daß die patentgemäß gelehrte Federmittellinie, worauf die Klagepatentschrift in Spalte 4 Zeilen 37-40 ausdrücklich hinweist, nicht nur in einer Ebene gekrümmt sein muß, sondern (und zwar nach der Patentschrift a.a.O. sogar „vorzugsweise“) in mehr als einer Ebene gekrümmt sein kann, erscheint, wie der Sachverständige Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx zutreffend ausgeführt hat (vgl. Seite 5 seines Ergänzungsgutachtens vom 22. Februar 2001, Bl. 416 GA), die von der Beklagten selbst insoweit vorgeschlagene Methode der Bestimmung der Federmittellinie nach einer Hüllkurve in einer bestimmten Schnittebene – hier der 90 Grad-270 Grad-Ebene – ungeeignet, weil es keine räumlichen Krümmungen der Federmittellinie erkennen läßt.

Der Sachverständige Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx hat in seinen Gutachten überzeugend ausgeführt, die von ihm gewählte Methode, die Federmittellinie in der Weise zu bestimmen, daß man bei einer größeren Zahl von Kreisen, die an die Windungen der Feder angenähert sind, die Mittelpunkte feststellt und diese als Mittelpunkte der jeweiligen Windungen annimmt, wobei die Verbindung dieser Mittelpunkte den Verlauf der Federmittellinie ergibt, lasse dann, wenn man zumindest alle 90 Grad eine komplette Windung betrachte, einen hinreichend zutreffenden Verlauf der Federmittellinie erkennen, wobei sich lediglich bei der obersten Windung der angegriffenen Feder wegen der dort gegebenen Einziehung und der dadurch bedingten Krümmungsänderungen kein hinreichend genaues Bild ergebe. Der Sachverständige Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx hat die Abmessungen der angegriffenen Feder mit einer Koordinatenmeßmaschine (mit einer Genauigkeit von 0,1 mm) ermittelt, indem er die Feder fest eingespannt und in regelmäßigen Abständen von 15 Grad auf den Windungsumfang abgetastet hat. Er hat dabei unter Anwendung der nach seinen überzeugenden Darlegungen geeignet erscheinenden Methode eine in mehreren Ebenen gekrümmte Mittellinie festgestellt, die räumlich in dem nachfolgend wiedergegebenen Bild 10 des Gutachtens vom 11. Juni 1997 dargestellt ist:

Dabei ergibt sich in der 90 Grad-270 Grad-Ebene das folgende Bild (Bild 7 des Gutachtens vom 11. Juni 1997):

Wie daraus ersichtlich ist und wie der Sachverständige Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx sowohl in seinen schriftlichen Gutachten als auch bei seiner Anhörung vor dem Senat erklärt hat, weist die angegriffene Feder eine in mehreren Ebenen gekrümmte Federmittellinie mit einem S-förmigen Verlauf auf, wobei sich die stärkste S-förmige Krümmung in der 90 Grad-270 Grad-Ebene ergibt. Zwar ist die S-förmige Krümmung der Federmittellinie bei der angegriffenen Feder weniger ausgeprägt als bei dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 6 der Klagepatentschrift, es handelt sich aber nach den Ausführungen des Sachverständigen auf Seite 21 seines Gutachtens vom 11. Juni 1997 (Bl. 317 GA), denen der Senat angesichts der Sachkunde des gerichtlichen Gutachters folgt, eindeutig um mehr als nur „unbeab-sichtigte, fertigungsbedingte Abweichungen“ im Sinne des Standes der Technik gemäß Spalte 1 Zeilen 20-25 der Klagepatentschrift. Dabei ist der S-förmige Verlauf über die gesamte Feder, also auch im Bereich der eingezogenen Windungen, auf die es nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zur Erreichung des patentgemäßen Zieles ebenfalls ankommt, festzustellen, und zwar auch dann, wenn man wegen der dargestellten meßtechnischen Schwierigkeiten den allerletzten Teil der obersten Windung außer Betracht läßt.

Wie der Sachverständige Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx auf Seite 3 seines Ergänzungsgutachtens unter Rdn. 12 (Bl. 414 GA) zutreffend hervorgehoben hat, ergibt sich aber auch dann, wenn man die angegriffene Feder mit Hilfe des Verfahrens (unter Verwendung der Computer-Tomographie) untersucht, welches das von der Beklagten beauftragte Institut für Verfahrenstechnik der Universität H5xxxxxx angewendet hat (vgl. den als Anl. F 22 zum Schriftsatz der Beklagten vom 28. Juli 2000 vorgelegten „Bericht“ des genannten Instituts vom 24. Juli 2000), vor allem in der 90 Grad-270 Grad-Ebene eine S-förmig gekrümmte Federmittellinie.

Gemäß der Klagepatentschrift (vgl. Spalte 4 Zeilen 29-36) soll der patentgemäß erstrebte Erfolg (nämlich eine gegenüber dem Stand der Technik weitergehende – nicht eine vollständige, ohnehin nicht erreichbare – Eliminierung der an der Kolbenstange des Stoßdämpfers auftretenden Querkräfte) nicht allein durch die Verwendung einer Feder mit S-förmig gekrümmter Federmittellinie erreicht werden, sondern dazu sollen u.a. auch bereits bekannte Mittel wie die geeignete Gestaltung der Endwindungen und/oder der Federteller beitragen. Daß dies auch dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns vom Klage-
patent entspricht, hat der Sachverständige Prof. Dr. W3xxxxxxxxxx bei seiner mündlichen Anhörung ausdrücklich bestätigt (vgl. Seite 6 der Niederschrift vom 8. März 2001, Bl. 441 GA), wobei er erklärt hat, die gerade durch die Verwendung einer Feder mit S-förmig gekrümmter Mittellinie eintretende zusätzliche Verbesserung des durch die bereits bekannten Maßnahmen erreichbaren Zustandes könne sozusagen als das „Sahnehäubchen“ betrachtet werden, das „noch oben drauf“ komme. Ein bestimmtes Mindestmaß der gerade von der Feder mit S-förmig gekrümmter Mittellinie bewirkten weiteren Eliminierung der nachteiligen Querkräfte auf die Kolbenstange des Stoßdämpfers verlangt das Klagepatent nicht; es reicht vielmehr aus, daß ein – nach dem vorgesagten bei der angegriffenen Feder vorhandener – S-förmiger Verlauf der Federmittellinie bei einem vom Fachmann vorzunehmenden „richtigen“ Einbau der Feder, bei der die Ebene mit der deutlichsten S-förmigen Krümmung etwa quer zur Fahrzeuglängsachse verläuft, irgendeinen quantifizierbaren Einfluß auf den erstrebten Verlauf der Federkraftwirkungslinie (nämlich in einem möglichst kleinen Winkel zur Abstützwirkungslinie) hat. Daß das bei der angegriffenen Feder der Fall ist, hat der gerichtliche Sachverständige bei seiner Anhörung ausdrücklich bestätigt (vgl. vor allem Seiten 42-44 der Niederschrift vom 8. März 2001, Bl. 477-479 GA), und der Senat ist angesichts der Sachkunde des gerichtlichen Gutachters von der Richtigkeit dieser Erklärung überzeugt, so daß er ihr folgt.

Daß der gerichtliche Sachverständige den von ihm eindeutig bejahten quantifizierbaren Einfluß des S-förmigen Verlaufes der bei der angegriffenen Feder vorhandenen Mittellinie bei seiner Anhörung der Höhe nach nicht näher angeben konnte, nötigt angesichts dessen, daß das Klagepatent insoweit ein bestimmtes Maß nicht verlangt, nicht zu weiteren Ermittlungen, so daß bereits jetzt eine Verwirklichung auch des Merkmals 5 feststeht.

III.

Daß und warum angesichts dessen die Beklagte nicht nur zur Unterlassung verpflichtet ist, sondern auch zum Schadensersatz (wobei die Klägerin zulässigerweise auf bloße Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten klagen kann) und in dem beantragten Umfang zur Rechnungslegung, hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, ohne daß die Beklagte diese Ausführungen besonders angegriffen hätte, so daß der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen darauf verweisen kann.

IV.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.