2 U 15/00 – Temperaturmessung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 30

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. August 2001, Az. 2 U 15/00

Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. Dezember 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Abschnitt I.1. des Urteilsausspruches wie folgt gefaßt wird:

Die Beklagte wird verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Infrarot-Temperaturmeßvorrichtungen mit einer Vorrichtung zur sichtbaren Darstellung einer von der Temperaturmeßvorrichtung zu messenden Energiezone, wobei die Vorrichtung eine Visiereinrichtung aufweist, die dazu ausgelegt ist, eine Vielzahl von stationären Lichtstrahlen gegen eine Oberfläche zu emittieren, deren Temperatur zu messen ist, und die Mittel aufweist, um die Lichtstrahlen um die Energiezone herum zu positionieren, um die Energiezone sichtbar darzustellen,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen die Visiereinrichtung aufweist:

a) einen Lasergenerator, der betriebsbereit ist, um
einen primären Laserstrahl zu erzeugen,

b) Mittel mit einer Laser-Strahlteilereinrichtung, die
betriebsbereit ist, um den primären Laser-Strahl in
mehr als zwei sekundäre Laserstrahlen zu teilen, und
die mehr als zwei sekundären Strahlen so zu projizie-
ren, dass diese in voneinander getrennten Positionen
um die Peripherie der Energiezone herum auf die Ober-
fläche auftreffen, um dergestalt eine entsprechende
Anzahl von sichtbaren Lichtpunkten am Umfang der
Energiezone auf der Oberfläche zu positionieren, um
so die Energiezone einzuschließen und zu konfigu-
rieren und folglich sichtbar darzustellen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000 DM abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland geschäftsansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz und der Wert der Beschwer der Beklagten betragen jeweils 500.000 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen An-teils des in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 0 644 408 (Klagepatent, Anlage 1; deutsche Übersetzung Anlage 1 a) betreffend ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Temperaturmessung mittels Infrarot-Technik; sie erwarb den deutschen Anteil von der ursprünglichen Inhaberin, der O2xxx E2xxxxxxxxx Inc., S4xxxxxx/
C2xxxxxxxxx, USA durch Vereinbarung vom 13./21. August 1998 (Anlage 2).

Die dem Klagepatent zugrundeliegende Anmeldung wurde am 23. Februar 1994 unter Inanspruchnahme einer US-Priorität vom 17. September 1993 eingereicht und am 22. März 1995 veröffentlicht; die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 22. Juli 1998. Die Ansprüche 1 und 4 des Klagepatentes lauten wie folgt:

1. A method for visibly outlining an energy zone to be
measured by a radiometer, said method comprising the
steps of providing said radiometer with a sighting
device adapted to project a plurality of stationary
light beams against a surface whose temperature is to
be measured and adapted to outline said energy zone
visibly;

characterised in that said sighting device is a laser
sighting device including a primary laser beam gene-
rator (312; 712) and a laser beam splitting device
(312A; 312B; 715), and in that said method includes:

(a) generating a primary laser beam to strike said
splitting device;

(b) dividing said primary laser beam, by means of
said splitting device, into more than two secon-
dary laser beams (314A; 314B; 714) and

(c) projecting said more than two secondary laser
beams from said splitting device, said more than
two secondary beams being directed to strike said
surface (320) at separate positions about the
periphery of said zone so as to project a corres-
ponding number of visible light spots (716) upon
said surface (320) at the periphery of said zone,
positioned so as to encompass and configure, and
so visibly outline, said zone.

4. Apparatus for use in conjunction with a radiometer
for visibly outlining an energy zone to be measured
by said radiometer ,said apparatus comprising a
sighting device adapted to emit a plurality of
stationary light beams against a surface whose
temperature is to be measured and means to position
said light beams about the energy zone to outline
said energy zone visibly; characterised in that said
sighting device comprises:

(a) a laser generator (312; 712) operable to generate
a primary laser beam;

(b) means comprising a laser beam splitting device
(312A, 312B; 715) operable to devide said primary
laser beam into more than two secondary laser
beams (314A, 314B; 714), and to project said more
than two secondary beams to strike said surface
(320) at separate positions about the periphery
of said zone, so as to position a corresponding
number of visible light spots (716) upon said
surface (320) at the periphery of said zone, to
encompass and configure, and so visibly outline,
said zone.

Die in der Klagepatentschrift wiedergegebene deutsche Übersetzung der beiden vorgenannten Patentansprüche lautet folgendermaßen:

1. Verfahren zum sichtbaren Darstellen einer von einem
Radiometer zu messenden Energiezone, wobei das Ver-
fahren den Schritt aufweist, das Radiometer mit einer
Visiereinrichtung zu versehen, die dazu ausgelegt
ist, eine Vielzahl von stationären Lichtstrahlen
gegen eine Oberfläche zu projizieren, deren Tempe-
ratur zu messen ist, und dazu ausgelegt ist, die
Energiezone sichtbar darzustellen;

dadurch gekennzeichnet, daß die Visiereinrichtung
eine Laser-Visiereinrichtung mit einem primären
Laserstrahlgenerator (312; 712) und einer Laser-
Strahlteilereinrichtung (312A; 312B; 715) ist, und
daß das Verfahren die Schritte aufweist:

(a) Erzeugen eines primären Laserstrahls, so daß
dieser auf die Teilereinrichtung auftrifft;

(b) Teilen des primären Laserstrahls mittels der
Teileinrichtung in mehr als zwei sekundäre Laser-
strahlen (314A; 314B; 714) und

(c) Projizieren der mehr als zwei sekundären Laser-
strahlen von der Teilereinrichtung, wobei die
mehr als zwei sekundären Strahlen so gerichtet
werden, daß sie auf die Oberfläche (320) in von-
einander getrennten Positionen um die Peripherie
der Zone herum auftreffen, um so eine ent-
sprechende Anzahl von sichtbaren Lichtpunkten
(716) auf die Oberfläche (320) am Umfang der Zone
zu projizieren, die so positioniert sind, daß sie
die Zone einschließen und konfigurieren und folg-
lich sichtbar darstellen.

4. Vorrichtung zur Verwendung in Verbindung mit einem
Radiometer zur sichtbaren Darstellung einer von dem
Radiometer zu messenden Energiezone, wobei die Vor-
richtung eine Visiereinrichtung aufweist, die dazu
ausgelegt ist, eine Vielzahl von stationären Licht-
strahlen gegen eine Oberfläche zu emittieren, deren
Temperatur zu messen ist, und Mittel aufweist, um die
Lichtstrahlen um die Energiezone herum zu positionie-
ren, um die Energiezone sichtbar darzustellen;

dadurch gekennzeichnet, daß die Visiereinrichtung
aufweist:

(a) einen Lasergenerator (312; 712), der betriebs-
bereit ist, um einen primären Laserstrahl zu
erzeugen;

(b) Mittel mit einer Laser-Strahlteilereinrichtung
(312A; 312B; 715), die betriebsbereit ist, um den
primären Laserstrahl in mehr als zwei sekundäre
Laserstrahlen (314A; 314B; 714) zu teilen, und
die mehr als zwei sekundären Strahlen so zu pro-
jizieren, daß diese in voneinander getrennten
Positionen um die Peripherie der Zone herum auf
die Oberfläche (320) auftreffen, um dergestalt
eine entsprechende Anzahl von sichtbaren Licht-
punkten (716) am Umfang der Zone auf der Ober-
fläche (320) zu positionieren, um so die Zone
einzuschließen und zu konfigurieren und folglich
sichtbar darzustellen.

In den nachstehend wiedergegebenen Figuren 2 und 4 der Klagepatentschrift sind Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt, wobei die in Figur 2 gezeigte Ausführungsform einen einzelnen primären Laserstrahl in mehrere individuelle sekundäre Laserstrahlen teilt, die die äußere Begrenzung der zu messenden Oberfläche definieren, bei der in Figur 4 gezeigten Ausführungsform besteht die Strahlteilereinrichtung aus optischen Fasern. Demgegenüber zeigt Figur 1 ein Radiometer aus dem Stand der Technik, bei dem ein einzelner Laserstrahl etwa in die Mitte der Energiezone gerichtet wird.

Die Beklagte hat gegen die Erteilung des Klagepatentes Einspruch erhoben, den die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes am 13. Juni 2000 zurückgewiesen hat (Anl. ROP 4). Über die hiergegen eingelegte Beschwerde ist noch nicht entschieden.

Die Beklagte bietet in Deutschland berührungslos messende Thermometer unter den Bezeichnungen „Raynger MX“ (Ausfüh-rungsform MX) und „Raynger ST 60“ und „Raynger ST 80“ (Ausführungsform ST) an; zur Erläuterung der Ausführungs-
form MX hat die Klägerin die Werbeschrift gemäß Anlage 5 und die Skizzendarstellung gemäß Anlage 8 und zur Erläuterung der Ausführungsform ST die als Anl. ROP 2 vorgelegte Werbeschrift und die Skizze gemäß Anl. ROP 3 zu den Akten gereicht.

Die Geräte der Beklagten besitzen eine „diffraktive Optik“, die den primären Laserstrahl so beugt, dass ein auf das Zentrum des Meßfleckes auftreffender Laserstrahl und mehr als zwei Sekundär-Laserstrahlen entstehen, die weitere kreisförmig angeordnete Lichtpunkte außerhalb des Lichtfleckes erzeugen; die Zahl der peripheren Lichtpunkte beträgt bei der Ausführungsform MX 16 und bei der Ausführungsform ST 9. Für Fern-Thermometer mit einer diffraktiven Optik ist der Beklagten das deutsche Patent 195 28 590 (Anl. B 8) erteilt worden. Den hiergegen gerichteten u.a. auf das zum Klagepatent parallele US-Patent 5 368 392 hat das Deutsche Patent- und Markenamt durch Beschluß vom 25. September 2000 (Anl. B 12) zurückgewiesen.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht die Ausführungsform MX angegriffen und geltend gemacht, auch diffraktive Optiken seien Laserstrahlteiler im Sinne des Klagepatentes; daß neben den Sekundärstrahlen noch weitere Strahlen entstünden, sei für die Lehre des Klagepatentes bedeutungslos, der es nur darum gehe, aus dem einen generierten primären Laserstrahl mehrere Sekundär-Laserstrahlen zu erhalten, um auf diese Weise die Peripherie des vom Gerät erfaßten Meßfleckes und damit für den Benutzer den vom Gerät gerade erfaßten Meßfleck selbst sichtbar zu machen.

Die Beklagten haben gestützt auf das als Anl. B 7 vorgelegte Privatgutachten Prof. Dr. J1xx T1xxxxx eine Patentverletzung in Abrede gestellt und geltend gemacht, das Klagepatent erfasse nur am Prioritätstag des Klagepatentes landläufig bekannt gewesene Strahlteiler, zu denen die diffraktive Optik nicht gehöre, da sie damals erst in den Anfängen ihrer industriellen und kommerziellen Nutzung gestanden habe und den Laserstrahl auch nicht teile, sondern beuge.

Durch Urteil vom 7. Dezember 1999 hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt,

1. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungs-
mittel zu unterlassen,

Infrarot-Temperaturmeßvorrichtungen mit einer Vor-
richtung zur sichtbaren Darstellung einer vor
(richtig muß es „von“ lauten) der Termperaturmeß-
vorrichtung zu messenden Energiezone, wobei die
Vorrichtung eine Visiereinrichtung aufweist, die
dazu ausgelegt ist, eine Vielzahl von stationären
Lichtstrahlen gegen eine Oberfläche zu emittieren,
deren Temperatur zu messen ist, und Mittel aufweist,
um die Lichtstrahlen um die Energiezone herum zu
positionieren, um die Energiezone sichtbar darzu-
stellen,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu
gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen
oder zu besitzen,

bei denen die Visiereinrichtung aufweist:

(a) einen Lasergenerator, der betriebsbereit ist, um
einen primären Laserstrahl zu erzeugen,

(b) Mittel mit einer Laser-Strahlteilereinrichtung,
die betriebsbereit ist, um den primären Laser-
strahl in mehr als zwei sekundäre Laserstrahlen
zu teilen, und die mehr als zwei sekundären
Strahlen so zu projizieren, daß diese in vonein-
ander getrennten Positionen um die Peripherie der
Energiezone herum au die Oberfläche auftreffen,
um dergestalt eine entsprechende Anzahl von
sichtbaren Lichtpunkten am Umfang der Energiezone
auf der Oberfläche zu positionieren, um so die
Energiezone einzuschließen und zu konfigurieren
und folglich sichtbar darzustellen;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem
Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem
22. August 1998 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Liefermengen, -zeiten und -preisen und gegebenen-
falls Typenbezeichnungen sowie den Namen und An-
schriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange-
botsmengen, -zeiten und -preisen und gegebenen-
falls Typenbezeichnungen sowie den Namen und An-
schriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Wer-
beträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit-
raum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüs-
selten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und
Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin
einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegen-
über zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten
Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte
dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflich-
tet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen,
ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstel-
lung enthalten ist.

Außerdem hat es festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 22. August 1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die bei den angegriffenen Fern-Thermometern benutzte diffraktive Optik sei eine Teilereinrichtung im Sinne des Klagepatentes und verwirkliche dessen Lehre wortsinngemäß. Erfindungsgemäß solle die Teilereinrichtung mehrere sekundäre Laserstrahlen aus einem primären Laserstrahl erzeugen und diese projizieren. Wie die Teilereinrichtung technisch beschaffen sei, lasse das Klagepatent offen. Die in der Klagepatentbeschreibung hierzu als Mittel genannten Spiegel, Optiken und Faseroptiken seien nur beispielhaft aufgezählt, auch die diffraktive Optik sei dem Fachmann am Prioritätstag als Mittel zur Teilung eines Laserstrahls geläufig gewesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Die vom Klagepatent vorausgesetzte Strahlteilereinrichtung müsse den Laserstrahl jedenfalls teilen, während die diffraktive Optik der angegriffenen Ausführungsform den Laserstrahl nur forme. Die in den als Anlagen 9-12 auszugsweise vorgelegten Druckschriften angesprochenen diffraktiven Elemente seien zwar noch mit herkömmlichen Strahlteilern wie Spiegeln, Optiken und Faseroptiken vergleichbar und in der Wissenschaft vereinzelt als Strahlteiler bezeichnet worden, das diffraktive Element der angegriffenen Vorrichtung habe jedoch ausschließlich strahlformende Wirkung, hierzu verweise sie auf ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. J1xx T1xxxxx (Anl. B 11). Ein solches Element sei am Prioritätstag des Klagepatentes zum Zwecke der Strahlformung nicht bekannt gewesen und deshalb auch nicht für Visierzwecke eingesetzt worden.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den beim europäischen Patentamt gegen die Erteilung des europäischen Patentes 0 644 408 eingelegten Einspruch auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Unterlassungsausspruch im angefochtenen Urteil wie geschehen neu gefaßt wird:

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Sofern die in dem angegriffenen Gerät benutzte diffraktive Optik die Lehre des Klagepatentes nicht wortsinngemäß benutze, verwirkliche sie sie jedenfalls in äquivalenter Form. Inzwischen bringe die Beklagte die Ausführungsform 60 in den Verkehr, die das Klagepatent als verschlechterte Ausführungsform verletze. Auch bei ihr ermögliche die Kreisanordnung der Laserpunkte es dem Anwender zu erkennen, ob das Gerät senkrecht oder schräg auf die Meßfläche gerichtet sei, und zeige auch über nahezu alle Entfernungen annähernd den Meßfleckdurchmesser. In jedem Fall habe die Beklagte mit der zugehörigen Bedienungsanleitung gemäß Anl. ROP 2 ein patentverletzendes Gerät angeboten.

Die Beklagte tritt dem entgegen und trägt vor, bei der Ausführungsform ST gebe es keine Entfernung, bei der der Lichtpunktekreis dem Meßfleck entspreche. Die Laserpunkte bei diesen Erzeugnissen umrissen den Meßfleck nur sehr grob; bei kurzen Entfernungen liege der Meßfleck vollständig außerhalb der Lichtpunkte. Das verlasse die Lehre des Klagepatentes, die sichtbaren Lichtpunkte genau am Umfang der gemessenen
Zone auf der Oberfläche zu positionieren.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte im angefochtenen Urteil zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verurteilt, weil die gewerbliche Nutzung von Fern-Thermometern der Ausführungsform MX schuldhaft die Rechte aus dem Klagepatent verletzt. Nichts anderes gilt für die erstmals im Berufungsrechtszug angegriffenen Fern-Thermometer der Ausführungsform „ST“. Beide Ausführungsformen sind Fern-Thermometer, die die in Anspruch 4 des Klagepatentes gegebene technische Lehre wortsinngemäß verwirklichen und deshalb auch geeignet und bestimmt sind, dass in Anspruch 1 des Klagepatentes beschriebene Verfahren auszuführen.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum genauen Messen der Temperatur einer Oberfläche unter Verwendung von Infrarot-Meßtechniken, bei denen eine Laser-Zieleinrichtung verwendet wird, um die Energiezone an einer entfernt liegenden Oberfläche darzustellen, an der die Temperatur zu messen ist(Anlage 1 a, Seite 1 Abs. 1). Solche Fernmeßgeräte bzw. Fern-Thermometer werden in der Klagepatentschrift als Radiometer bezeichnet (Anlage 1 a, Seite 1 Abs. 2).

Ein Fern-Thermometer dient zur berührungslosen Messung der Temperatur eines Objektes; die vom Objekt ausgehende im Infrarot-Bereich liegende Wärmestrahlung wird von einem Sensor erfaßt und mit einer geeigneten Einrichtung in eine Temperaturanzeige umgesetzt (vgl. Anlage 1 a, Seite 1 Abs. 2 und Seite 2, Abs. 2). Derartige Geräte können beispielsweise eingesetzt werden, um bei einem Verbrennungsmotor mit mehreren Zylindern durch Messung der Temperatur an den einzelnen Auspuffkrümmern festzustellen, ob Temperaturdifferenzen bestehen. Weist der Auspuffkrümmer eines der Zylinder eine deutlich geringere Temperatur auf, als diejenigen der anderen Zylinder, läßt sich auf einfache Weise feststellen, in welchem der Zylinder keine Verbrennung stattfindet.

Zur Durchführung der Temperaturmessung wird das Gerät wie eine Pistole auf das Meßobjekt gerichtet. Dabei erfaßt der Sensor (in der Klagepatentschrift als Detektor bezeichnet) diejenige Wärmestrahlung, die von der gerade „beobachteten“ Fläche ausgeht. Dieser Flächenbereich wird als Meßfleck bezeichnet; er ist um so größer, je weiter das Gerät vom Meßobjekt entfernt ist und um so kleiner, je weiter es dem Meßobjekt angenähert ist (Anlage 1 a, Seite 3 Abs. 2, Anlage 5, Seite 2 und Anl. ROP 2, Seite 21).

Wesentlich ist es, möglichst nur diejenige konkrete Fläche zu erfassen, deren Temperatur gemessen werden soll. Diese Fläche nennt die Klagepatentbeschreibung die zu messende Energiezone; sie wird in der Regel als diejenige Fläche definiert, aus der 90 % der vom Temperaturmeßgerät erfaßten Energie stammt (Anlage 1 a, Seite 2 Abs. 3).

Um die Ausrichtung des Gerätes auf das interessierende Meßobjekt bzw. den interessierenden Flächenausschnitt zu erleichtern, ist es mit einer Visiereinrichtung ausgerüstet, mit deren Hilfe der Meßfleck bzw. seine Lage für das menschliche Auge sichtbar gemacht wird.

Im Stand der Technik waren Visiereinrichtungen bekannt, die mit Hilfe eines Lasers einen Leuchtpunkt oder ein „Faden-kreuz“ auf dem zu messenden Objekt erzeugten und dadurch den Mittelpunkt des Meßfleckes angaben (vgl. Figur 1 der Klagepatentschrift). Daran beanstandet die Klagepatentschrift als nachteilig, daß nicht die Größe der Energiezone angezeigt wird, aus der die Messung tatsächlich vorgenommen wird. Das bringt die Gefahr mit sich, daß der Meßfleck nicht genau auf die zu messende Oberfläche gerichtet oder die richtige Entfernung des Gerätes vom Meßobjekt nicht feststellbar ist und die erzielten Messungen deshalb fehlerhaft sind. Bei verhältnismäßig großflächigen Objekten kann bei falscher Ausrichtung oder zu geringer Entfernung der interessierende Ausschnitt nur teilweise erfaßt werden, so dass nicht interessierende benachbarte Flächen innerhalb der Meßzone liegen. Bei kleinen in der Nachbarschaft anderer Wärme ausstrahlender Objekte befindlichen Meßgegenständen kann bei zu großer Entfernung auch die Wärmestrahlung der Nachbarobjekte mitgemessen werden (Anlage 1 a, Seite 5 Abs. 3 und Seiten 9 und 10).

Wie die Klagepatentschrift weiter ausführt (Seite 5 Abs. 3 bis Seite 6 Abs. 1), wird in der deutschen Offenlegungsschrift 32 13 955 (Anl. B 4; Entgegenhaltung D 1 im Einspruchsverfahren) vorgeschlagen, zwei aufeinanderzu konvergierende Strahlen sich schneiden zu lassen, wodurch die Position des kleinstmöglichen Meßfleckes markiert wird. In der US-Patentschrift 4 315 150 wird einer der konvergierenden Strahlen dazu verwendet, den Mittenfleck oder das Ziel anzuzeigen, und der andere bildet einen Kreis um den Mittenfleck. Auch hier muß jedoch weiterhin die genaue Größe der Energiezone bekannt sein, wenn man in bezug auf die tatsächlich gemessene Fläche Gewißheit besitzen möchte. Auch hier besteht die Gefahr ungenauer Messungen, wenn die Energiezone zu klein ist oder eine unregelmäßige Form besitzt.

Wie in der Klagepatentschrift weiter ausgeführt wird (Anlage 1 a, Seite 6, letzter Absatz), schlägt die US-Patentschrift 4 495 881 vor, mit Hilfe einer Glühlampe oder einer Stroboskop-Lampe einen sichtbaren Lichtstrahl zu erzeugen, der dem Blickfeld des Infrarot-Detektors entspricht und der die der gemessenen Energiezone entsprechende Oberfläche vollständig flächig beleuchtet. Die Druckschrift JP-A-57-22 521 (Anl. B 4 = Entgegenhaltung D 2 im Einspruchsverfahren) schlägt vor, eine Vielzahl von Glühlampen um das Blickfeld des Infrarot-Detektors herum anzuordnen, die eine Vielzahl sichtbarer Lichtstrahlen erzeugen, die im wesentlichen parallel zur Außenkante des unsichtbaren Strahls aus der Infrarot-Strahlung verlaufen, der dem Blickfeld des Infrarot-Detektors entspricht. Dadurch wird näherungsweise die der gesamten Energiezone entsprechende Fläche der Oberfläche umschrieben bzw. umrissen. Beiden Vorschlägen wird jedoch der Nachteil zugeschrieben, daß die sichtbaren Lichtstrahlen von den Glühlampen, die auf die Oberfläche in der Energiezone oder in der Nähe der Energiezone auftreffen, dieser Zone weitere Energie zuführen, die dann vom Infrarot-Detektor erfaßt wird, was wiederum ungenaue Temperaturmessungen verursacht (Anlage 1 a, Seite 7 Abs. 1 am Ende).

Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht darin, die Visiereinrichtung so auszubilden, daß sie die aktuell gemessene Energiezone genauer darstellt und genauere Meßergebnisse ermöglicht (Anlage 1 a, Seite 7 Abs. 2 und 3 und Seite 10 Abs. 3).

Zur Lösung dieses Problems schlagen die Patentansprüche 1 und 4 folgende Merkmalskombinationen vor:

Anspruch 1:

1A) Verfahren zum sichtbaren Darstellen einer von einem
Radiometer (1) zu messenden Energiezone (E).

1B) Das Radiometer (10) wird mit einer Visiereinrich-
tung (12) versehen.

1B1) Die Visiereinrichtung (12) ist dazu ausgelegt, eine
Vielzahl stationärer Lichtstrahlen gegen eine
Oberfläche (320) zu projizieren, deren Temperatur
zu messen ist.

1B2) Die Visiereinrichtung (12) ist dazu ausgelegt, die
Energiezone (E) sichtbar darzustellen.

1C) Die Visiereinrichtung (12) ist eine Laser-Visier-
einrichtung mit einem primären Laserstrahlgenerator
(312; 712) und einer Laser-Strahlteilereinrichtung
(312A; 312 B; 715).

1D) Es wird ein primärer Laserstrahl (14) erzeugt, so
daß dieser auf die Teilereinrichtung (312A, 312B;
715) auftrifft.

1E) Der primäre Laserstrahl (14) wird mittels der Tei-
lereinrichtung (312A, 312 B; 715) in mehr als zwei
sekundäre Laserstrahlen (314A, 314 B; 714) geteilt.

1F) Die mehr als zwei sekundären Laserstrahlen (314A,
314B; 714) werden von der Teilereinrichtung (312A,
312B; 715) projziert.

1F1) Die mehr als zwei sekundären Strahlen (314A, 314B;
714) werden dabei so gerichtet, daß sie auf die
Oberfläche (320) in voneinander getrennten Positio-
nen um die Peripherie der Zone (E) herum auftref-
fen, um so eine entsprechende Anzahl sichtbarer
Lichtpunkte (716) auf die Oberfläche (320) am Um-
fang der Zone (E) zu projizieren.

1F2) Die Lichtpunkte (716) sind so positioniert, daß sie
die Zone (E) einschließen und konfigurieren und
folglich sichtbar darstellen.

Anspruch 4:

4A) Vorrichtung zur Verwendung in Verbindung mit einem
Radiometer (10) zur sichtbaren Darstellung einer
von dem Radiometer (10) zu messenden Energiezone
(E).

4B) Die Vorrichtung weist eine Visiereinrichtung (12)
auf.

4B1) Die Visiereinrichtung (12) ist dazu ausgelegt, eine
Vielzahl stationärer Lichtstrahlen gegen eine
Oberfläche (320) zu emittieren, deren Temperatur zu
messen ist.

4B2) Die Visiereinrichtung (12) weist Mittel auf, um die
Lichtstrahlen um die Energiezone (E) herum zu posi-
tionieren, um die Energiezone (E) sichtbar darzu-
stellen.

4C) Die Visiereinrichtung (12) weist einen Lasergenera-
tor (312; 712) auf, der betriebsbereit ist, um ei-
nen primären Laserstrahl (14) zu erzeugen.

4D) Die Visiereinrichtung (12) weist Mittel mit einer
Laser-Strahlteilereinrichtung (312A, 312B; 715)
auf.

4D1) Die Laser-Strahlteilereinrichtung (312A, 312B; 715)
ist betriebsbereit, um den primären Laserstrahl
(14) in mehr als zwei sekundäre Laserstrahlen
(314A, 314B; 714) zu teilen.

4D2) Die Laser-Strahlteilereinrichtung (312A, 312B; 715)
ist betriebsbereit, um die mehr als zwei sekundären
Strahlen (314A, 314B; 714) so zu projizieren, daß
diese in voneinander getrennten Positionen um die
Peripherie der Zone (E) herum auf die Oberfläche
(320) auftreffen.

4D3) Dergestalt wird eine entsprechende Anzahl
sichtbarer Lichtpunkte (716) am Umfang der Zone
(E) auf der Oberfläche (320) positioniert, um so
die Zone (E) einzuschließen und zu konfigurieren
und folglich sichtbar darzustellen.

Wesentlich für die Erfindung ist es, entsprechend den Merkmalen 1D bis 1F, 2 und 4B1 bis 4D3 aus einem primären Laserstrahl mit Hilfe einer Strahlteilereinrichtung (laser beam splitting device) mehr als zwei sekundäre Laserstrahlen zu erzeugen, und diese um die Peripherie der Energiezone herum auf die Oberfläche des Meßobjektes auftreffen zu lassen, um auf diese Weise nicht mehr nur die Mitte, sondern auch die äußere Begrenzung der Energiezone für den Benutzer sichtbar zu machen (Anlage 1 a, Seite 8 Abs. 3, Seite 10 Abs. 3 und Seite 11 Abs. 2). Wie die Strahlteilereinrichtung, mit der die Visiereinrichtung ausgestattet ist, im einzelnen ausgebildet wird, bleibt in den Ansprüchen 1 und 4 offen; Anspruch 5 schlägt als bevorzugte Ausführungsform Teilereinrichtungen vor, die ein Bündel faseroptischer Elemente aufweisen (vgl. hierzu ferner das Ausführungsbeispiel in Figur 4 in Verbindung mit Anlage 1 a, Seite 12 Abs. 3 und Seite 8 Abs. 3 letzte Zeile); die Mittel, die eine solche Laser-Strahlteilereinrichtung umfaßt (means comprising laser beam splitting device) werden nur wirkungsmäßig bzw. funktional beschrieben. Die Ansprüche erfassen beliebige Mittel, die geeignet sind, das Licht einer Laserquelle so zu projizieren, dass es sich im Auge des Anwenders als Anzahl von lichtbaren Lichtpunkten am Umfang der zu messenden Zone auf der Oberfläche des Gegenstandes darstellt, dessen Temperatur ermittelt werden soll.

Bestätigt in dieser ersten Einschätzung aufgrund des Anspruchswortlauts wird der Durchschnittsfachmann durch die Ausführungen in Spalte 4 Zeilen 27-30 der Klagepatentbeschreibung (deutsche Übersetzung Anlage 1 a, Seite 8 Abs. 3). Als geeignete Mittel zur Aufteilung des primären Laserstrahls werden beispielhaft und ganz allgemein Spiegel, Optiken und Faseroptiken genannt. Der in der Klagepatentschrift genannte Begriff „optics“ wird in keine Richtung eingeschränkt. Jegliche dem Durchschnittsfachmann zur Verfügung stehende Art von optischen Einrichtungen, die das bewirken kann, was die Merkmale 4D1 bis 4D3 bzw. 1F bis 1F2 erreichen sollen, wird vom Anspruchswortlaut erfaßt. Unerheblich ist, ob die Optik den primären Laserstrahl im buchstäblichen Sinne des Wortes „zerteilt“, also physikalisch getrennte sekundäre Laserstrahlen erzeugt oder ob sie den primären Laserstrahl nur so verformt, dass infolge Beugung der Lichtquellen diskrete Lichtpunkte aufgrund einer Lichtintensitätsverteilung in Erscheinung treten. Im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 ist ebenfalls nur allgemein von Teilkomponenten bzw. Komponenten die Rede, die durch ihre Funktion definiert werden. Wesentlich ist nur, dass die auf die Oberfläche auftreffenden Leuchtpunkte aus einem Primär-Laserstrahl abgeleitet sind (derived from a single primary laser beam) und nicht etwa wie im Stand der Technik eine Vielzahl von Glühlampen bzw. primären Lichtquellen eingesetzt wird, die der Oberfläche des Meßobjektes unerwünschte Wärme zuführen. Dass am Prioritätstag jedenfalls die diffraktive Optik auch für den angesprochenen Durchschnittsfachmann ein optisches Mittel war, um einen Laserstrahl aufzusplitten in dann zwangsläufig mehrere entstehende Teilstrahlen, ergibt sich auch aus den von der Klägerin als Anl. K 9 bis K 12 und ROP 1 vorgelegten Literaturstellen bzw. Unterlagen; dieser Vorgang wird dort wie im Klagepatent als „beam splitting“ bezeichnet. Auch die von der Klägerin auf Seite 8 im 2. Absatz ihrer Berufungserwiderung zitierten Ausführungen des von der Beklagten beauftragten Privatgutachters Prof. Dr. T1xxxxx gemäß Anl. B 11 belegen, dass die diffraktive Optik zur Strahlteilung auf anderen Gebieten als den Fern-Thermometern am Prioritätstag des Klagepatentes Stand der Technik war. Wie die Verfasser der vom Privatgutachter zitierten Fachveröffentlichung diesen Vorgang bezeichnet haben, ist für die Terminologie des Klagepatentes ohne Bedeutung.

Die Lehre des Klagepatentes schließt Ausführungsformen ein, bei denen neben den peripheren Lichtpunkten auch ein zentraler Lichtpunkt verwendet wird. Die Kritik in Spalte 3 Zeile 42 bis Spalte 4 Zeile 3 (deutsche Übersetzung Anlage 1 a, Seiten 6-7) am Stand der Technik aus der US-Patentschrift 4 494 881 und der japanischen Offenlegungsschrift 57-22 521 betrifft nur das von Glühlampen ausgehende Licht, das durch seine Energiedichte der Meßzone Energie zuführt, die der Infrarot-Detektor miterfaßt und jedenfalls bei niedrigen Meßtemperaturen die Meßergebnisse verfälscht. An vorbekannten Visier-Einrichtungen, die mit einem zentralen, auf die Mitte der Energiezone zielenden Laserstrahl arbeiten (vgl. Spalte 2 Zeilen 46 ff.; deutsche Übersetzung Seite 4-5) wird dagegen nicht die Verfälschung der Meßergebnisse durch von der Visier-Einrichtung zugeführte Energie kritisiert, sondern die nicht hinreichend genaue Erfassung der zu messenden Energiezone, insbesondere wenn die von der Energiezone eingeschlossene Oberfläche eine unregelmäßige Form hat (vgl. Spalte 3 Zeilen 24-38; deutsche Übersetzung Anlage 1 a, Seite 6 Abs. 1-3) oder schräg zum Fern-Thermometer liegt. Hätten das Licht von Laserstrahlen und Glühlampen im Hinblick auf die Verfälschung von Temperatur-Messungen dieselbe Bedeutung, wäre die Kritik der Klagepatentbeschreibung an der japanischen Offenlegungsschrift unverständlich, weil die nach dem dortigen Stand der Technik erzeugten Lichtstrahlen der Visier-Einrichtung ähnlich wie das Klagepatent näherungsweise die der gemessenen Energiezone entsprechende Oberfläche umschreiben.

Das Klagepatent verlangt auch nicht, dass die von den sekundären Laserstrahlen erzeugten Lichtpunkte absolut genau an der Peripherie des Meßfleckes liegen. Entscheidend ist nur, dass die Oberfläche des Meßfleckes im wesentlichen innerhalb der von der Verbindungslinie zwischen den einzelnen Lichtpunkten eingeschlossenen Fläche liegt und nicht wesentliche Teile dieser Fläche außerhalb der Verbindungslinie liegen. Bereits hierdurch werden genauere Meßergebnisse erzielt als bei Ausführungsformen mit nur einem zentralen Lichtpunkt. Erst recht ist es nicht erforderlich, dass unabhängig von der Entfernung des Fern-Thermometers zur zu messenden Oberfläche der Meßfleck exakt der durch die Lichtpunkte eingekreisten Oberfläche auf dem Meßobjekt entspricht. Das ist auch bei der in Figur 2 der Klagepatentschrift gezeigten Ausführungsform nicht der Fall, weil der die Laser-Lichtpunkte nur in der dort dargestellten Entfernung des Fern-Thermometers zum Meßobjekt genau die äußere Begrenzung des Meßfleckes markieren, während bei kürzeren Entfernungen ein zunehmender Abstand der äußeren Umgrenzung von den Laserpunkten gegeben ist.

II.

Die angegriffenen Fern-Thermometer der Beklagten verwirklichen die Merkmale des Klagepatentanspruches 4 wortsinngemäß.

1. Dass die angegriffenen Fern-Thermometer sowohl in der Ausführungsform „MX“ als auch in der Ausführungsform „ST“ die Merkmale 4A bis 4C wortsinngemäß verwirklichen, ist zwischen den Parteien auch im Berufungsrechtszug unstreitig und bedarf daher keiner weiteren Erörterungen.

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten weisen beide Ausführungsformen auch eine Laser-Strahlteilereinrichtung im Sinne des Merkmals 4D auf, die dem primären Laserstrahl entsprechend Merkmal 4D1 in mehr als zwei sekundäre Laserstrahlen teilt, wobei die sekundären Laserstrahlen in Übereinstimmung mit Merkmal 4D2 in voneinander getrennten Positionen um die Peripherie der Meßzone herum auf die Oberfläche des Meßobjektes auftreffen und nach Merkmal 4D3 den Umfang der zu messenden Zone einschließen, konfigurieren und auf die Weise sichtbar darstellen. Eine Laserstrahl-Teilereinrichtung im vorgenannten Sinne ist auch die bei den angegriffenen Geräten eingesetzte diffraktive Optik. Wie bereits im vorstehenden Abschnitt I. näher dargelegt wurde, umfaßt der Begriff „Laser-Strahlteilereinrichtung“ jedes optische Mittel, das aus einem primären Laserstrahl mehrere sekundäre Laserstrahlen entstehen läßt, die so auf die, wenn sie auf die Oberfläche des Meßobjektes auftreffen, die gemessene und vom UV-Fenster erfaßte Zone zwischen sich einschließen. Dass auch die diffraktive Optik hierzu in der Lage ist, stellt die Beklagte nicht in Abrede und wird auch belegt durch die Ausführungen in der deutschen Patentschrift 195 28 590 (Anl. B 8), die sich mit dem Einsatz einer diffraktiven Optik in Fern-Thermometern befassen. Dort ist im einzelnen dargelegt, dass mit Hilfe der diffraktiven Optik eine einfache entfernungsunabhängige Kennzeichnung der Lage und Größe des Meßfleckes möglich ist (vgl. Anl. B 8, Spalte 2 Zeilen 25-29, Spalte 4 Zeilen 8-12 und den Beschluß der Patentabteilung 52 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 25. September 2000, Anl. B 12, Seite 9). Dass der Beklagten das vorgenannte Patent für den Einsatz der diffraktiven Optik in der Visier-Einrichtung eines Thermometers zur Erzeugung einer Lichtintensitätsverteilung erteilt worden ist, schließt nicht aus, dass die diffraktive Optik gleichzeitig eine Laser-Strahlteilereinrichtung ist, wie sie aus der Sicht des Durchschnittsfachmannes vom Wortsinn der Merkmale 4D bis 4D2 erfaßt wird. Das Patent der Beklagten ist vom Klagepatent abhängig und lehrt den Einsatz einer besonderen Form eines Strahlteilers, die mit dem in der Patentschrift gemäß Anl. B 8 genannten Vorteilen verbunden ist, gleichzeitig aber auch von der Lehre des Klagepatentes Gebrauch macht, aus einem primären Laserstrahl mehr als zwei sekundäre Laserstrahlen abzuleiten und mit ihrer Hilfe einen Flächenausschnitt auf der Oberfläche des Meßobjektes sichtbar zu machen, der den Außenumfang der zu messenden Energiezone einschließt. Diese Lehre wird im Patent der Beklagten weiterentwickelt, indem die diffraktive Optik als spezielle Ausführungsform einer Laser-Strahlteilereinrichtung vorgeschlagen wird. Die in der Patentschrift der Beklagten angegebenen Vorteile führen die angegriffenen Fern-Thermometer der Beklagten deshalb nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatentes hinaus (vgl. BGH GRUR 1991, 436, 439 f. – Befestigungsvorrichtung II; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 5. Aufl., § 14 Rdn. 100; vgl. ferner BGH GRUR 1991, 518, 519 – Polyester-
fäden). Für die wortsinngemäße Verwirklichung der genannten Merkmale ist es deshalb auch ohne Bedeutung, ob die bei der angegriffenen Ausführungsform als Laser-Strahlteilereinrich-tung eingesetzte diffraktive Optik am Prioritätstag des Klagepatentes noch nicht als mögliche Ausführungsform in Betracht gezogen worden ist (vgl. BGH GRUR 1991, 518, 519 – Polyesterfäden).

Die Laser-Strahlteilereinrichtung der angegriffenen Geräte erzeugt einen primären Laserstrahl mehr als zwei sekundäre Laserstrahlen, die in einzelnen Lichtpunkten in voneinander getrennten Positionen um die Peripherie der Meßzone herum auf die Oberfläche des Meßobjektes auftreffen; die Anzahl der peripheren Lichtpunkte beträgt bei der Ausführungsform „MX“ 8 und bei der Ausführungsform „ST“ 16.

3. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Beklagten, bei der Ausführungsform „ST“ gebe es keine Entfernung, bei der der durch die Laser-Lichtpunkte auf der Oberfläche des Meßobjektes gebildete Kreis exakt dem Meßfleck entspreche. Wie bereits im vorstehenden Abschnitt I. ausgeführt wurde, verlangt das Merkmal 4D3 nicht, dass der aus den Laser-Lichtpunkten gebildete Kreis genau oder nahezu genau an der Peripherie des Meßfleckes liegt. Das ist auch beim in Figur 2 gezeigten Ausführungsbeispiel nicht der Fall, wenn man die dort dargestellte Entfernung des Thermometers zur Oberfläche des Meßobjektes verringert. Auch dann ergibt sich bei abnehmender Entfernung ein größer werdender Abstand zwischen dem Laserkreis und dem Außenumfang des Meßfleckes. Wesentlich ist nur, dass der Meßfleck sich innerhalb der vom Lichtpunktekreis markierten Fläche befindet. Gibt es eine Entfernung, bei dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, macht das Fern-Thermometer von der Lehre des Merkmale 4D3 Gebrauch; darauf, ob es auch andere Entfernungen gibt, bei denen der Laserkreis den Meßfleck einschließt, kommt es nicht mehr an. Auch bei den Geräten der Ausführungsform „ST“ ist ausweislich der von der Beklagten durchgeführten und in den Anlagen B 17 und B 18 dokumentierten Messungen die vom Infrarot-Sensor erfaßte Fläche nahezu vollständig vom Lichtpunktekreis eingeschlossen. Der Teil, mit dem sie den Laserkreis nach außen überragt, fällt praktisch nicht ins Gewicht. Die Energiezone ist bei Abständen von 1.500 mm und mehr vom Laserkreis eingeschlossen. Das gilt auch für die Entfernung von 914 mm, die in der die Ausführungsform „ST“ betreffenden Bedienungsanleitung (Anl. ROP 2) als Scharfpunkt des Gerätes bezeichnet wird. Zwar ist, wenn man von den Anlagen B 17 und B 18 ausgeht, der außerhalb des Laserkreises liegende Teil des Meßflecks etwas größer als bei der Entfernung von 1.500 mm, der weitaus überwiegende Teil des Meßflecks befindet sich aber auch hier innerhalb des Laserkreises. Auch bei einer solchen Konfiguration lassen sich noch ausreichend genaue Meßergebnisse erzielen, die denjenigen weit überlegen sind, die die nach dem Stand der Technik arbeitenden Fern-Thermometer ermöglichten, bei denen entweder nur ein Laserpunkt das Zentrum des Meßfleckes anzeigte, ohne dass dessen äußere Begrenzung erkennbar war oder bei denen zwei an der Peripherie des Meßfleckes liegende Laserpunkte zwar den Durchmesser des Meßflecks, aber nicht dessen Umfang angaben, und bei denen insbesondere bei schräg liegenden Oberflächen keine genauen Meßergebnisse erzielt werden konnten. Bei den in Betracht kommenden Anwendungsbereichen, etwa dem von der Klägerin in der Berufungsbeantwortung zu Ziffer III. (Bl. 166 d.A.) genannten Anwendungsfall der Temperatur-Messung an Zylindern eines Verbrennungsmotors bzw. Auspuffkrümmern zur Ermittlung ausgefallener Zylinder ist es nicht erforderlich, die Temperatur des ausgefallenen Zylinders absolut genau zu bestimmen, sondern es genügt, dass ein deutliches Temperaturgefälle zu den arbeitenden Zylindern feststellbar ist. Dass die angegriffenen Fern-Thermometer der Ausführungsform „ST“ präzise Meßergebnisse erzielen, räumt auch die Beklagte ein; in Übereinstimmung hiermit macht sie auch nicht geltend, die Angaben in ihrer Bedienungsanleitung seien unzutreffend, und die angegriffenen Geräte besäßen in Wirklichkeit keinen Scharfpunkt bei einem Abstand von 914 mm von der Oberfläche des Meßobjektes.

4. Der Verwirklichung des Merkmals 4D2 steht auch nicht entgegen, dass die angegriffenen Fern-Thermometer der Beklagten in beiden Ausführungsformen neben den im Außenkreis angeordneten Lichtpunkten einen weiteren Lichtpunkt zur Angabe des Meßfleckzentrums auf die Oberfläche des Meßobjektes projizieren. Die Klagepatentschrift lehnt solche in das Zentrum des Meßfleckes treffende Lichtpunkte nur ab, wenn sie dem Meßfleck zusätzliche Wärmeenergie zuführen, die der Infrarot-Detektor zusätzlich zu der vom Meßobjekt abgestrahlten Wärme detektiert und die zu ungenauen Meßergebnissen führen können oder aber wenn der im Zentrum des Meßflecks liegende Laserpunkt die einzige Orientierung für den Anwender darüber darstellt, auf welchem Flächenausschnitt der zu messenden Oberfläche er das Fern-Thermometer richtet. Sofern dagegen Laserpunkte vorhanden sind, die den Umfang der Meßzone sichtbar machen, fallen solche Ausführungsformen unter das Merkmal 4D3.

III.

Dass die Beklagte, weil sie das Klagepatent schuldhaft verletzt, der Klägerin zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichtet ist, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil im Abschnitt III. der Entscheidungsgründe zutreffend dargelegt. Auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen; sie gelten sinngemäß auch für die erstmals im Berufungsrechtszug angegriffene Ausführungsform „ST“. Da beide Ausführungsformen wortsinngemäß von der Lehre des Klagepatentes Gebrauch machen, genügt es, den Klageantrag zur Kennzeichnung des beantragten Unterlassungsgebots auf die Wiedergabe des Wortlauts der deutschen Übersetzung des Klagepatentanspruches 4 zu beschränken (vgl. Benkard/Rogge, Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 139 Rdn. 32). Welche Ausführungsformen der Urteilstenor erfaßt, läßt sich durch seine Auslegung anhand des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ermitteln.

IV.

Es bestand keine Veranlassung, die Verhandlung im Patentverletzungsrechtsstreit nach § 148 ZPO auszusetzen und die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes im Einspruchsverfahren abzuwarten. Wird der Einspruch gegen das Klagepatent nur auf fehlende Erfindungshöhe gestützt, kommt eine Aussetzung nur in Betracht, wenn neuer Stand der Technik entgegengehalten wird, der im Erteilungs- oder bisherigen Einspruchsverfahren nicht berücksichtigt worden ist und/oder die Erfindungshöhe durch den entgegengehaltenen Stand der Technik so sehr in Frage gestellt wird, dass sich für ihre Zuerkennung kein vernünftiges Argument mehr finden läßt.

Im Streitfall stützt sich die Beschwerdebegründung nur auf Entgegenhaltungen, die auch schon die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes in ihrer Entscheidung gemäß Anl. ROP 4 berücksichtigt und als nicht schutzhindernd eingestuft hat. Die technische Lehre der deutschen Offenlegungsschrift 32 13 955 (Anl. B 4/D 1) zum Klagepatent besteht, wie bereits im Abschnitt I. dargelegt wurde, darin, dass dort nur zwei Laserstrahlen verwendet werden, die den Durchmesser des Meßflecks bzw. „Blickfeldes“ anzeigen und nicht den Außenumriß (Einspruchsabteilung ROP 4, Seiten 6/7). Die ebenfalls im vorstehenden Abschnitt I. bereits erwähnte JP-A 57-22 521 (Anl. B 4/D 2), bei der ein Außenkreis aus einer Vielzahl von Glühlampen vorgeschlagen wird, wird wegen seines apparativen Aufwandes als nicht schutzhindernd angesehen. Die im Beschwerdeverfahren weiterhin in bezug genommene sowjetische Patentschrift 1 827 553 (Anl. B 4/B 6 = D 3) zeigt in ihrem Ausführungsbeispiel in den Figuren 1 bis 3 ein Dosimeter, bei dem es darum geht, sichtbar zu machen, ob das Gerät genau auf den vom Laser angestrahlten Kontrollpunkt gerichtet ist, dessen Strahlenbelastung überprüft werden soll. Der Meßfleck ist daher nur klein bzw. „punktförmig“, so dass auch die vier Leuchtpunkte um den Meßfleck herum nur diesen Kontrollpunkt umschließen (Einspruchsabteilung Anl. ROP 4 Seite 11), die vier Lichtpunkte sind deshalb nur eine andere Möglichkeit, statt eines zentralen Punktes das Zentrum des Meßflecks darzustellen. Wenn die Einspruchsabteilung die Erfindungshöhe mit der Begründung anerkannt hat, von der Offenbarung der am nächsten kommenden Entgegenhaltungen D 1 und D 2 bis zur Veröffentlichung der dem Klagepatent zugrundeliegenden Anmeldung seien zehn Jahre vergangen, und auch die Einsprechende selbst habe 1994 noch ein Fern-Thermometer mit einer Visier-Einrichtung mit nur zwei sekundären Laserstrahlen zum Patent angemeldet und sei erst nach Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatentes dazu übergegangen, Geräte mit mehr als zwei sekundären Laserstrahlen in der Außenumgebung des Meßflecks zu fertigen, so sind das vernünftige Argumente, die dafür sprechen, dass der Gegenstand der geschützten Erfindung dem Durchschnittsfachmann nicht nahegelegt war. Unter diesen Umständen läßt sich die Annahme nicht rechtfertigen, das Klagepatent werde im Beschwerdeverfahren mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit widerrufen.

V.

Da die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Voll-

streckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 S. 1 ZPO.

S3xxxxxxxx R2xx Dr. B3xxxx