2 U 19/99 – Extrakoronales, aktivierbares Geschiebe

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 126 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. Mai 2001, Az. 2 U 13/95 

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. November 1998 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000 € abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland geschäftsansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 500.000,– DM (255.645,94 €).

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch in der Bundesrepublik Deutschland Schutz beanspruchenden europäischen Patentes 0 298 909 (Klagepatent, Anl. W 1) betreffend ein extrakoronales, aktivierbares Geschiebe. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung, Schadenersatz und Vernichtung der angegriffenen Erzeugnisse in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 9. Februar 1988 unter Inanspruchnahme einer schweizerischen Priorität vom 7. Juli 1987 eingereicht und am 11. Januar 1989 im Patentblatt veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung am 4. August 1993 im Patentblatt bekannt gemacht worden. Anspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:

Extrakoronales, aktivierbares Geschiebe, mit einer am natürlichen Zahn oder Implantat zu befestigenden Patrize (1) und einer daran befestigbaren, mit dem Zahnersatzteil zu verbindenden Matrize (2), welche einen Kunststoffeinsatz (3) aufweist, der aus einem einen Teil (7) der Patrize (1) umfassenden Friktionsteil (14) und einem daran anschließenden, in der Matrize (2) eingelassenen Befestigungsteil (15) besteht, dadurch gekennzeichnet, dass das Befestigungsteil (15) des Kunststoffeinsatzes (3) mit einer Schraube (4) im U-förmigen Verankerungsteil (13) der Matrize (2) befestigt ist.

Die nachfolgend wiedergegebenen beiden Figurendarstellungen aus der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels; bei der Schnittdarstellung gemäß Figur 1 verläuft die Schnittebene parallel zur Längsachse der Schraube, bei derjenigen gemäß Figur 2 senkrecht zur Längsachse der Schraube und in Längsrichtung der Patrize und Matrize.

Die Beklagte stellt her und vertreibt unter der Bezeichnung „C4xxxxxxxx“ extra-
koronale aktivierbare Geschiebe, deren Ausgestaltung in den hier interessierenden Einzelheiten aus dem von der Klägerin als Anlage W 4 überreichten Muster und den als Anlagen W 7, W 8 und B 2 überreichten Zeichnungen ersichtlich ist.

Wie die vorgenannten Abbildungen zeigen, nimmt die Matrize ein zylindrisches Gleitstück (7; Bezugszeichen entsprechend den vorstehenden Abbildungen) der Patrize (1) auf; zwischen der Matrize und dem Gleitstück der Patrize ist ein als Friktionsteil (14) dienender Kunststoffeinsatz (3) angeordnet. Achsparallel zur Aufnahmeöffnung für das zylindrische Gleitstück der Patrize ist in der Matrize ein Sackloch mit einem Schraubengewinde vorgesehen. In dieses Sackloch ragt durch eine Öffnung in der Trennwand zur Aufnahmeöffnung ein nasenförmiger Vorsprung (15) des Kunststoffeinsatzes hinein; dadurch, dass die eingedrehte Schraube (4) diesen Vorsprung verdrängt, wird der Kunststoffeinsatz mit Druck beaufschlagt.

Die Klägerin meint, die Beklagte verletze durch Herstellung und Vertrieb dieses Geschiebes das Klagepatent wortsinngemäß, zumindest aber mit äquivalenten Mitteln. Sie hat vor dem Landgericht vorgetragen, das im Anspruchskennzeichen beschriebene U-förmige Verankerungsteil der Matrize bilde bei der angegriffenen Vorrichtung der das Sackloch umgebende Abschnitt mit der Bezugsziffer 13. Der in die Sacklochbohrung hineinragende Vorsprung (15) des Kunststoffeinsatzes sei dessen Befestigungsteil, das durch die Druckbeaufschlagung der Schraube im Verankerungsteil der Matrize sowohl befestigt als auch verspannt werde.

Die Beklagte hat eingewandt, der Kunststoffeinsatz des angegriffenen Geschiebes habe zwar einen Friktionsteil, aber kein Befestigungsteil. Der in die Sacklochbohrung ragende Vorsprung sei funktionaler Bestandteil des Friktionsteils. Er werde auch nicht durch die Schraube befestigt; durch Anziehen der Schraube würden zwar sämtliche Teile der angegriffenen Vorrichtung verspannt, aber das genüge im Rahmen der technischen Lehre des Klagepatentes nicht, um der Schraube eine Befestigungsfunktion zuschreiben zu können. Die Matrize des angegriffenen Gegenstandes besitze auch kein U-förmiges Verankerungsteil. Sie bilde im Gegensatz zur Lehre des Klagepatentes keine Klemmbacken, durch deren Zusammenziehen bzw. Verspannen das Geschiebe aktiviert werde. Die Fixierung der Patrize erfolge ausschließlich durch die Druckbeaufschlagung des Kunststoffvorsprungs. Die Sacklochbohrung nehme den druckbeaufschlagten Vorsprung nicht im Sinne einer Verankerung auf.

Durch Urteil vom 24. November 1998 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, das angegriffene Geschiebe entspreche nicht der technischen Lehre des Klagepatentes. Der Kunststoffeinsatz habe in Gestalt des in die Sacklochbohrung hineinragenden Vorsprungs zwar einen Befestigungsteil, es fehle jedoch an einem U-förmigen Verankerungsteil der Matrize. Nach der Lehre des Klagepatentes verspanne die Schraube die Schenkel des U-förmigen Verankerungsteils der Matrize gegeneinander und übe mittels der so erzeugten Klammerwirkung Druck auf den Kunststoffeinsatz aus, der es ermögliche, den Friktionsgrad zwischen Patrize und Matrize zu regulieren. Bei der angegriffenen Ausführungsform bilde die Matrize jedoch nicht zwei Schenkel, die sich um den in die Sacklochbohrung hineinragenden Vorsprung legten, sondern eine knopfartige Ausnehmung. Mit äquivalenten Mitteln werde die Lehre des Klageschutzrechtes nicht verwirklicht, weil die Schraube bei der angegriffenen Ausführungsform unmittelbar Druck auf den in die Sacklochbohrung ragenden Vorsprung ausübe, während beim Klagepatent die Aktivierung erst durch ein Zusammenwirken zwischen der Schraube und den beiden von ihr verspannten Schenkeln der Matrize stattfinde. Diese Abweichung habe der Fachmann nicht ohne erfinderisches Bemühen aus der Klagepatentschrift herleiten können.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre vor dem Landgericht erfolglos gebliebene Klage weiterverfolgt. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Kern der Erfindung bestehe darin, den Friktionsgrad durch ein Zusammenwirken von Schraube und Kunststoffeinsatz genau verändern zu können. Wie beim Gegenstand des Klagepatentes sei auch bei dem angegriffenen Geschiebe die Schraube das alleinige und einzige Mittel zum Aktivieren des Kunststoffeinsatzes. Jedenfalls bei späteren Ausführungsformen des „Centralock“-Geschiebes habe die Schraube auch Befestigungsfunktion. Fehle die Schraube, falle der Kunststoffeinsatz heraus.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

I.
die Beklagte zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland

extrakoronale, aktivierbare Geschiebe mit einer an natürlichen Zahn oder Implantat zu befestigenden Patrize und einer daran befestigbaren, mit dem Zahnersatzteil zu verbindenden Matrize, welche einen Kunststoffeinsatz aufweist, der aus einem Friktionsteil und einem daran anschließenden, in der Matrize eingelassenen Befestigungsteil besteht,

gewerbsmäßig herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes mit einer Schraube im U-förmigen Verankerungsteil der Matrize befestigt ist,

2.
ihr, der Klägerin, darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 11. Februar 1989 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten
und -preisen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten
und –preisen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-
kosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt;

– die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 4. September 1993 zu machen seien;

– die Angaben zu a) nur für die Zeit seit dem 1. Juli 1990 zu machen seien;

– der Beklagten vorbehalten bleiben könne, die Namen und Anschriften der Abnehmer und Angebotsempfänger statt ihr, der Klägerin, einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trage und ihn ermächtige und verpflichte, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sei,

3.
die im Besitz und/oder Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr, der Klägerin, zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr, der Klägerin

1.
für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 11. Februar 1989 bis zum 3. September 1993 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 4. September 1993 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde, wobei sich die Verpflichtung zum Schadenersatz für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränke.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzend geltend, entgegen der Ansicht des Landgerichts habe der Kunststoffeinsatz des angegriffenen Gegenstandes auch keinen Befestigungsteil. Die durch das unmittelbare Beaufschlagen von Vorsprung und Friktionsteil durch das Anziehen der Schraube erzeugte Friktionswirkung sei nicht mit derjenigen des Klagepatents vergleichbar, die sich nicht auf eine punktuelle Druckausübung beschränke, sondern den mit wesentlich größeren Flächen arbeitenden Klammergriff der Matrize zur Verspannung nutze.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben und ein schriftliches Gutachten eingeholt, das der gerichtliche Sachverständige Professor Dr. U1xxxx S3xxxxxx in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2002 erläutert hat. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten vom 30. August 2001 (Bl. 253-260 d.A.) und auf die Niederschrift der Verhandlung vom 6. Juni 2002 (Bl. 309-337 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Erzeugnisse, Leistung einer angemessenen Entschädigung und Schadenersatz nicht zu, denn das angegriffene Zahngeschiebe verwirklicht die in Anspruch 1 des Klagepatentes niedergelegte technische Lehre weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln.

I.

Das Klagepatent betrifft ein extrakoronales, aktivierbares Geschiebe, das eine am natürlichen Zahn oder Implantat zu befestigende Patrize und eine an dieser befestigbare mit dem Zahnersatzteil zu verbindende Matrize aufweist. Aktivieren bedeutet nach den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift (Spalte 1, Zeilen 28-30), die unvermeidliche Abnutzung der aufeinanderreibenden Geschiebeteile zu kompensieren. Die Aktivierung erfolgte nach den weiteren Ausführungen der einleitenden Patentbeschreibung (Spalte 1 Zeilen 31-33) bisher durch
zylindrische Stifte, U-förmige Drähte oder den Austausch konischer oder keilförmiger Profilteile; der Sachverständige erwähnt in diesem Zusammenhang auch miniaturisierte Schrauben oder zu verbiegende gleitende Hülsen (S. 2 des Gutachtens, Bl. 254 d.A.; S. 17 der Sitzungsniederschrift vom 6. Juni 2002, Bl. 325 d.A.). Wie die Klagepatentschrift weiter ausführt, haben sämtliche vorbekannten Aktivierungsmittel den Nachteil, dass entweder die benötigten Teile kompliziert und schwer herzustellen oder die Aktivierungsmittel relativ schwer einzustellen sind (Spalte 1 Zeilen 34-37).

Aus der weiterhin in der Klagepatentbeschreibung erörterten US-Patentschrift 4 362 509 (Anl. W 2) ist ein extrakoronales Geschiebe bekannt, bei dem zwischen Matrize (12; Bezugszeichen entsprechen der älteren Druckschrift) und Patrize (14) ein Zwischenstück (16) aus elastischem Werkstoff vorgesehen ist, das den Direktkontakt zwischen beiden Geschiebeteilen verhindern und eventuelle Passungsfehler ausgleichen, aber nicht als Friktionselement dienen soll, denn es kann aus Teflon bestehen, das einen sehr niedrigen Reibungskoeffizienten besitzt. Infolgedessen ist auch kein Organ vorgesehen, um die Friktionskraft zwischen Patrize und Matrize regulieren zu können (Spalte 1 Zeilen 15-27 der Klagepatentschrift).

Die Aufgabe (das technisches Problem) der Erfindung besteht, soweit im Streitfall von Bedeutung, darin, ein extrakoronales, aktivierbares Geschiebe mit einfachen und genau arbeitenden Aktivierungsmitteln vorzuschlagen (Spalte 1 Zeilen 42-45 der Klagepatentschrift).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Anspruch 1 des Klagepatentes eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Extrakoronales, aktivierbares Geschiebe mit

a) einer am natürlichen Zahn oder Implantat zu befestigenden
Patrize und

b) einer daran befestigbaren, mit dem Zahnersatzteil zu verbindenden
Matrize.

2. Die Matrize

a) weist einen Kunststoffeinsatz auf und

b) besitzt ein U-förmiges Verankerungsteil.

3. Der Kunststoffeinsatz besteht

a) aus einem Friktionsteil, das einen Teil der Patrize umfasst,

und

b) aus einem daran anschließenden Befestigungsteil, das in die
Matrize eingelassen ist.

4. Das Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes ist mit einer
Schraube im U-förmigen Verankerungsteil der Matrize befestigt.

Gegenüber dem einleitend erörterten Stand der Technik besteht die wesentliche Lehre des Klagepatents darin, die Matrize mit einem Kunststoffeinsatz zu versehen und diesen Kunststoffeinsatz, insbesondere dessen Friktionsteil, als Aktivierungsmittel für das Geschiebe zu benutzen, und den Friktionsgrad mit Hilfe einer Schraube individuell einzustellen. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, darf der Kunststoffeinsatz, der eine Friktion erzeugen soll, im Unterschied zu dem aus der US-Patentschrift 4 362 509 (Anl. W 2) vorbekannten Teflon-Einsatz nicht glatt sein, er muss in der Matrize unverlierbar befestigt sein, und es muss schließlich eine Anordnung geschaffen werden, die es der Schraube ermöglicht, Matrize und Patrize über das zwischengeschaltete Friktionsteil des Kunststoffeinsatzes gegeneinander zu verspannen.

Zur Umsetzung dieser Anforderungen beschreitet Anspruch 1 des Klagepatentes einen speziellen konstruktiven Lösungsweg, der sowohl die in Merkmal 4 der vorstehenden Merkmalsgliederung beschriebene Befestigung des Kunststoffeinsatzes mit einer Schraube im U-förmigen Verankerungsteil der Matrize als auch die Aktivierung des Geschiebes betrifft, die hier mittelbar erfolgt, indem die Schraube beim Anziehen den Kunststoffeinsatz nicht direkt beaufschlagt, sondern mittelbar durch die Schenkel des U-förmigen Verankerungsteils und die daran anschließenden das Friktionsteil zangenartig umgreifenden Backen, die die Schraube beim Anziehen gegeneinander verspannt und die dann ihrerseits das Friktionsteil des Kunststoffeinsatzes zusammenpressen. Dass hierin der Kern der durch das Klagepatent geschützten Erfindung liegt, hat der gerichtliche Sachverständige mehrfach und überzeugend bestätigt (S. 4, 7/8, 12 und 26 der Anhörungsniederschrift vom 6. Juni 2002, Bl. 312, 315/316, 320 und 334 d.A.).

Der Durchschnittsfachmann – nach den überzeugenden und insoweit auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten (S. 2, Bl. 254 d.A.) ein Zahntechnikermeister oder ein einschlägig spezialisierter Zahntechnikergeselle, der sich mit der Weiterentwicklung zahntechnischer Hilfsteile befasst – entnimmt Merkmal 4 in Verbindung mit den Erläuterungen in Spalte 2 Zeilen 28-32 und 48 ff. der Klagepatentbeschreibung eine Doppelfunktion der Schraube im Zusammenwirken mit dem U-förmigen Verankerungsteil. Die erste Funktion besteht darin, den Kunststoffeinsatz mit seinem Befestigungsteil im U-förmigen Verankerungsteil der Matrize zu befestigen (Spalte 2 Zeilen 28-31), um den Kunststoffeinsatz unverlierbar gegen ein Herausfallen aus dem unaktivierten Geschiebe zu sichern. Zu diesem Zweck sollen die U-förmigen Schenkel des Verankerungsteils der Matrize den Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes zwischen sich aufnehmen, damit die Schraube ihn dort befestigen kann, wobei das Wort „Verankerungsteil“ in den Merkmalen 2.b und 4 zusätzlich vorgibt, dass der Kunststoffeinsatz im U-förmigen Verankerungsteil nicht nur entsprechend Merkmal 3 b in die Matrize eingelassen, sondern dort verankert sein soll. Es genügt deshalb nicht, den Befestigungsteil nur in den Verankerungsteil einzulegen (vgl. hierzu auch S. 3 und 4 des schriftlichen Sachverständigengutachtens, Bl. 255, 256 d.A.). In der in Anspruch 2 und in Spalte 2 Zeilen 28-31 in Verbindung mit den Figurendarstellungen beschriebenen Ausführungsform wird die erforderliche unverlierbare Befestigung nach Merkmal 4 verwirklicht, indem die Schraube den U-förmigen Verankerungsteil und das Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes durchgreift und Relativbewegungen beider Teile gegeneinander verhindert. Im allgemein gefassten Anspruch 1 ist dieses Hindurchgreifen der Schraube durch den Kunststoffeinsatz und das Verankerungsteil allerdings nicht ausdrücklich niedergelegt. Da die Klagepatentbeschreibung jedoch keinen allgemeinen Teil aufweist, wird sich der Durchschnittsfachmann an dem orientieren, was im Ausführungsbeispiel als wesentlich für die Erfindung angegeben wird, zumal auch die der Erfindung allgemein zugeschriebenen Vorteile in Spalte 3 Zeilen 10-15 nur aus dem Ausführungsbeispiel abgeleitet und vom Durchschnittsfachmann deshalb auch allgemein auf die Erfindung bezogen werden. Auch der gerichtliche Sachverständige ist sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch während seiner mündlichen Anhörung von einem solchen Verständnis des Durchschnittsfachmannes ausgegangen (S. 4, 8, 12 und 26 der Anhörungsniederschrift, Bl. 312, 316, 320 und 334 d.A.; S. 4 f. des schriftlichen Gutachtens, Bl. 256 f. d.A.).

Die zweite Funktion der Schraube besteht in der Aktivierung des Geschiebes (Spalte 2 Zeilen 48-58 der Klagepatentschrift). Diese Funktion wird zwar in Anspruch 1 nicht ausdrücklich erwähnt, versteht sich für einen Durchschnittsfachmann jedoch von selbst, weil die patentgeschützte Vorrichtung ein aktivierbares Geschiebe sein soll und die Schraube und das U-förmige Verankerungsteil der Matrize die einzigen Bestandteile des Geschiebes sind, die als Mittel zur Aktivierung überhaupt in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang entnimmt der Durchschnittsfachmann der Vorgabe „U-förmiger Verankerungsteil“ im Sinne der Merkmale 2.b und 4, die Matrize jedenfalls auch in dem Bereich, in den das Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes im Sinne des Merkmals 3.b eingelassen ist, gleichsam gabel- oder zangenförmig auszubilden, damit die Schraube die Schenkel zu Aktivierungszwecken gegeneinander und in Richtung auf das dazwischen angeordnete Friktionsteil des Kunststoffeinsatzes verspannen und dadurch die erforderlichen Friktionskräfte erzeugen kann (vgl. S. 4 und 26 der Niederschrift über die Anhörung des Sachverständigen, Bl. 312, 334 d.A.). Dass die Schraube einen eine Abstützfläche bildenden Kopf aufweist, die sich beim Hineindrehen auf dem Verankerungsteil abstützt, dessen Schenkel gegeneinander zieht und dadurch Druck auf den Kunststoffeinsatz ausübt, den dieser auf das Gleitteil der Patrize weitergibt, ist zwar ebenfalls nicht in Anspruch 1, sondern nur in Anspruch 2 und der Klagepatentbeschreibung (Spalte 2 Zeilen 49-56) ausgeführt; da Anspruch 1 aber außer den U-förmigen Schenkeln des Verankerungsteils und der Schraube keine anderen Mittel benennt, die bei der Aktivierung des Geschiebes zusammenwirken können und sollen, geht der Durchschnittsfachmann davon aus, dass auch Anspruch 1 lehrt, die beiden U-förmigen Schenkel des Verankerungsteils mit Hilfe der Schraube zangenartig gegeneinander zu verspannen. Auch dies entspricht der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen (S. 2 bis 4 der Anhörungsniederschrift; Bl. 310 bis 312 d.A.)

Entgegen der Ansicht der Klägerin (S. 4 ihres nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 27. Juni 2002; Bl. 343 d.A.) hat der gerichtliche Sachverständige mit seinen auf S. 5 der Anhörungsniederschrift (Bl. 313 d.A.) wiedergegebenen Ausführungen ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen wollen, auch aus seiner Sicht diene die Schraube nach der Lehre des Klagepatentes in erster Linie der Aktivierung des Geschiebes. Die Ausführungen auf den Seiten 5 – 7 der Anhörungsniederschrift befassen sich nicht mehr mit der Frage, wie der Durchschnittsfachmann die Lehre des Klageschutzrechtes versteht, sondern erörtern bereits, ob das angegriffene Geschiebe von dieser Lehre Gebrauch macht. Dass dies nicht der Fall ist, hat der Sachverständige, wie im nachstehenden Abschnitt II im einzelnen dargelegt wird, mit überzeugenden Gründen verneint.

II.

1. Das angegriffene Geschiebe verwirklicht die technische Lehre des Klagepatentanspruches 1 nicht wortsinngemäß. Es fehlt das Merkmal 4 der vorstehenden Merkmalsgliederung.

a) Zwar verfügt der Kunststoffeinsatz entgegen der Ansicht der Beklagten über ein Befestigungsteil; es besteht aus einem knopfförmigen Vorsprung. Dieser Vorsprung ist jedoch entgegen der technischen Lehre des Klagepatentes nicht mit einer Schraube in der Matrize befestigt, sondern er ragt durch eine komplementär geformte Durchtrittsöffnung in die Sackbohrung der Matrize hinein und kann hierdurch auch bei fehlender Schraube nicht aus der Matrize herausfallen. Auch das hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung bestätigt (S. 6/7 der Anhörungsniederschrift; Bl. 314/315 d.A.) und wird zusätzlich durch das Anl. W 4 zur Akte gereichte Musterstück belegt; auch dort wird der Kunststoffeinsatz weiterhin zuverlässig in der Matrize gehalten, wenn die Schraube gelöst und die Patrize entfernt ist. Der knopfartige Vorsprung des Kunststoffeinsatzes wirkt formschlüssig mit der Durchtrittsöffnung zusammen, in die er im montierten Zustand eingesteckt ist (S. 7 des schriftlichen Sachverständigengutachtens, Bl. 259 d.A.; S. 4 und 6 der Niederschrift über die Anhörung des Sachverständigen Bl. 312, 314 d.A.). Soweit die Klägerin auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 28. Mai 2002 (Bl. 305 d.A.) behauptet, der Kunststoffeinsatz falle aus der Matrize des angegriffenen Geschiebes heraus, wenn die zum Aktivieren vorgesehene Schraube nicht vorhanden sei, hat sich das in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Bei dem als Anl. W 4 vorgelegten Musterstück der angegriffenen Ausführungsform saß der Kunststoffeinsatz nach dem Entfernen der Schraube weiterhin fest in der Matrize und ließ sich auch mit Hilfe von Werkzeugen nicht lösen. Wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat (S.4 – 7 der Anhörungsniederschrift; Bl. 312 – 315 d.A.), hat auch er entsprechende Feststellungen getroffen (vgl. insbesondere S. 6 der Niederschrift, Bl. 314 d.A.) Hiermit übereinstimmend hat die Klägerin auf Seite 2 ihres letztgenannten Schriftsatzes (Bl. 304 d.A.) zu einer Ausführungsform mit einem Kunststoffeinsatz, der einen rundlichen Noppen aufweist, auf den die Schraube bei der Aktivierung Druck ausübt, selbst ausgeführt, der Kunststoffeinsatz falle aus der Matrize auch dann nicht heraus, wenn die Schraube nicht auf ihn einwirke. Die von der Klägerin als Anl. W 7 vorgelegte und im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebene Zeichnung belegt, dass das im vorliegenden Rechtsstreit angegriffene Geschiebe insoweit nicht anders beschaffen ist.

b) Darüber hinaus besitzt die angegriffene Vorrichtung kein U-förmiges Verankerungsteil. Das Verankerungsteil der angegriffenen Ausführungsform wird nicht durch gegeneinander verspannbare U-Schenkel gebildet, sondern durch denjenigen Teil der Trennwand zwischen dem Friktionsbereich und der Sacklochbohrung, der die Durchtrittsöffnung für den knopfartigen Vorsprung des Kunststoffeinsatzes enthält. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt es auch nicht, dass die Sacklochbohrung in Höhe dieser Durchtrittsöffnung einen U-förmigen Querschnitt aufweist. Auch dort sind infolge der Sacklochbohrung und ihrer Begrenzungswandung zum Friktionsbereich keine Schenkel vorhanden, die zum Aktivieren des Geschiebes zangenartig gegeneinander verspannt werden können. Aktiviert wird das angegriffene Geschiebe vielmehr dadurch, dass die Schraube beim Eindrehen in die Sackbohrung den knopfartigen Vorsprung des Kunststoffeinsatzes in Richtung auf das Friktionsteil verdrängt, so dass das Kunststoffmaterial dieses Vorsprungs in den Friktionsbereich ausweichen muss und die dort eintretende zusätzliche Materialmenge zum Regulieren der Friktionskräfte verwendet wird. Zu einer Verformung bzw. Verspannung zangenförmiger Metallteile, wie sie der technisch verstandene Wortsinn der Merkmale 2.b, 3.a und b und 4 des Klagepatentanspruches 1 lehrt, kommt es bei der angegriffenen Ausführungsform nicht.

2. Die Merkmale 2.b und 4 sind bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht in äquivalenter Form verwirklicht.

Der Schutzbereich eines – wie das Klagepatent – nach dem 1. Januar 1978 angemeldeten Patentes bemisst sich auch hinsichtlich der Benutzung der Erfindung durch Abwandlungen der patentgemäßen Lehre nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der Patentansprüche. In den Schutzbereich eines Patentes fallen grundsätzlich auch solche Abwandlungen, die im Rahmen eines einheitlichen Lösungsgedankens die gleiche oder im wesentlichen die gleiche Wirkung wie die Mittel nach dem Patent haben und die der Fachmann in ihrer Ausgestaltung mit Hilfe seiner Fachkenntnisse aufgrund von Überlegungen auffinden kann, die sich an der in den Patentansprüchen umschriebenen Erfindung orientieren. Die Verwendung gleichwirkender Mittel, die den geschützten Lösungsgedanken wesentlich verändern oder dem Grundgedanken der Erfindung widersprechen, fällt regelmäßig nicht in den Schutzbereich (vgl. BGH GRUR 1999, 977, 981 – Räumschild; 1992, 436 – Befestigungsvorrichtung II; 1991, 444 – Autowaschvorrichtung; 1992, 40 – beheizbarer Atemluftschlauch). Die Frage der Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne kann weder allein aufgrund der bloßen Übereinstimmung im Leistungsergebnis noch aufgrund eines Vergleiches der Wirkungen nur des abgewandelten Merkmals der patentgemäßen Lehre mit denjenigen der beim angegriffenen Gegenstand verwirklichten Abwandlung entschieden werden. Maßgeblich ist, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale – für sich und insgesamt – gerade zur Lösung des dem Patentanspruch zugrundeliegenden Problems bereit stellen. Nur so ist gewährleistet, dass trotz Abwandlung eines oder mehrerer Merkmale lediglich diejenigen Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfasst werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist. Der Patentanspruch ist daraufhin zu untersuchen, welche von den einzelnen Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung des zugrundeliegenden Problems patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die Lösung und stellt die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (BGH GRUR 2000, 1005, 1006 – Bratgeschirr). Es reicht aus, dass diese Wirkungen in einem praktisch noch erheblichen Maße erzielt werden (BGH, a.a.O. und GRUR 1999, 909, 914 – Spannschraube). Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann, müssen die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, um die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, dass der Fachmann sie als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH GRUR 2002, 523, 524 ff. – Custodiol I).

a) Geht man hiervon aus, liegt die erforderliche Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne allerdings vor. Sowohl das in Anspruch 1 des Klagepatentes beschriebene als auch das angegriffene Geschiebe verfügen über einfache und genau arbeitende Aktivierungsmittel, wie sie die dem Klagepatent zugrundeliegende Erfindung bereitstellen will (vgl. Spalte 1 Zeilen 43/44 der Klagepatentschrift). Sowohl der im Klagepatentanspruch 1 beschriebene Gegenstand als auch die angegriffene Vorrichtung benötigen keine komplizierten oder schwer herstellbaren Aktivierungsmittel mehr, wie sie aus dem in der Klagepatentbeschreibung einleitend erörterten Stand der Technik vorbekannt waren, sondern es wird ein Kunststoffeinsatz durch einfaches Betätigen einer Schraube zur individuellen genauen Regulierung und Einstellung der Friktionskräfte mit Druck beaufschlagt, wobei diese Beaufschlagung beim Gegenstand des Klagepatentanspruches 1 mittelbar über die Matrize erfolgt, deren U-Schenkel des Verankerungsteils von der Schraube zusammen mit den daran anschließenden den Friktionsteil umgebenden „Backen“ verspannt werden, und beim angegriffenen Geschiebe unmittelbar erzeugt wird, indem die Schraube den knopfartigen Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes aus der Sackbohrung in den Friktionsbereich verdrängt. Demgemäß hat der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten (S. 5, Bl. 257 d.A.) sowohl die in Anspruch 1 des Klagepatentes beschriebene als auch die angegriffene Vorrichtung als „Geschiebe mit Kunststoffeinsatz zur individuellen Friktionseinstellung“ bezeichnet und bei seiner mündlichen Anhörung erklärt, übereinstimmend mit der in Anspruch 1 beschriebenen Vorrichtung habe auch das angegriffene Geschiebe einfache und genau einstellbare Aktivierungsmittel (S. 9 der Niederschrift über die Anhörung des Sachverständigen vom 6. Juni 2002, Bl. 317 d.A.).

b) Die bei der angegriffenen Vorrichtung verwirklichte Abwandlung der in den Merkmalen 2.b und 4 des Klagepatentanspruches 1 beschriebenen Ausgestaltung war für den Durchschnittsfachmann am Prioritätstag des Klagepatentes jedoch nicht anhand am Patentanspruch orientierter Überlegungen als zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe gleichwirkendes Mittel auffindbar. Mit Hilfe am Sinngehalt der in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten technischen Lehre ausgerichteter Überlegungen konnte er die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln nicht als der gegenständlichen gleichwertige Lösung erkennen. Das Klagepatent ist auf eine Aktivierung durch ein zangenförmiges Zusammenziehen der Matrize im Bereich des Friktionsteils gerichtet; wie der Sachverständige im Anhörungstermin mehrfach erläutert hat, bewegen sich die Schenkel der Matrize im Bereich des Friktionsteils aufgrund der bestehenden Hebelverhältnisse relativ weiter aufeinander zu als im Bereich des U-förmigen Verankerungsteils, wo nach Merkmal 4 auch die Schraube angeordnet sein muss (vgl. S. 11 und 12 der Anhörungsniederschrift vom 6. Juni 2002, Bl. 319, 320 d.A.). Da der Fachmann, wie der Sachverständige weiter erklärt hat (S. 13 der Anhörungsniederschrift, Bl. 321 d.A.) und was auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, diese zangenartige Bewegung von vorbekannten ähnlichen Geschieben her kennt, die nur aus Metall bestehen und keinen Kunststoffeinsatz aufweisen, ist für ihn wesentlich, dass das Klagepatent diese vorbekannte „Zangenbewegung“ der Matrize übernommen hat und beibehalten will. Der Durchschnittsfachmann wird deshalb, worauf der Sachverständige ebenfalls zutreffend hingewiesen hat (a.a.O.), an diesem konstruktiven Prinzip festhalten und auch bei seiner Suche nach Alternativlösungen zu der im Klagepatentanspruch 1 beschriebenen Ausgestaltung nur Möglichkeiten in Betracht ziehen, bei denen die Matrize diese Zangenbewegung ausführt. Zum Auffinden von Lösungen wie die bei der angegriffene Ausführungsform verwirklichte, bei denen der Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes durch die Beaufschlagung der Aktivierungsschraube in den Friktionsbereich hinein verdrängt wird, muss er dagegen dieses auch vom Klagepatent vorgegebene konstruktive Prinzip verlassen und insbesondere die der Schraube vom Klagepatent in Merkmal 4 ausdrücklich zugewiesene Befestigungsfunktion aufgeben. Hierzu findet er in der Klagepatentschrift keinerlei Anregungen oder Hinweise. Die Patentansprüche setzen für die Schraube sowohl die Befestigungs- als auch die Aktivierungsfunktion voraus. Was die Aktivierungsfunktion betrifft, befassen sie sich ebenso wie die Klagepatentbeschreibung und die Figurendarstellungen nur mit der durch das Anziehen der Schraube ausgelösten Zangenbewegung der Matrizenbacken im Friktionsbereich, enthalten aber keinen Hinweis darauf, dass es für die Erfindung auch wesentlich ist, beim Anziehen der Schraube Kunststoffmaterial des Befestigungsteils aus dem U-förmigen Verankerungsteil in den Friktionsbereich zu verdrängen und auch diesen Vorgang für die Aktivierung des Geschiebes zu nutzen. Daraus kann der Fachmann – wie es auch der gerichtliche Sachverständige getan hat (S. 21 der Anhörungsniederschrift, Bl. 329 d. A.) – nur ableiten, erfindungsgemäß gehe es darum, die genaue Einstellung der Friktion durch eine Zangenbewegung der Matrizenbacken zu erreichen. Sofern der Durchschnittsfachmann unter diesen Umständen bei der in Anspruch 1 des Klagepatentes beschriebenen Ausgestaltung dennoch auch eine Verdrängung von Kunststoffmaterial für erfindungswesentlich hält, wird er nach den weiteren und vom Senat für zutreffend gehaltenen Ausführungen des Sachverständigen mit berücksichtigen, dass die Matrizenbacken aufgrund der bestehenden Hebelverhältnisse an ihrem vorderen Ende beim Verspannen eine größere Strecke zurücklegen als an ihrem hinteren dem U-förmigen Verankerungsteil benachbarten Ende und dementsprechend der den Kunststoffeinsatz aufnehmende Zwischenraum am vorderen Ende stärker verengt wird. Er wird deshalb eher erwarten, dass die Verdrängung in umgekehrter Richtung vom vorderen Ende zum Befestigungsteil hin stattfindet und durch die vor allem im vorderen Friktionsbereich größere eintretende stärkere Pressung des Kunststoffeinsatzes Material aus dem Friktionsbereich in den Bereich des Befestigungsteils verdrängt wird, zumal im in den Figurendarstellungen beschriebenen Ausführungsbeispiel des Klagepatentes im rückwärtigen Ende des U-förmigen Verankerungsteils ein Hohlraum vorgesehen ist, in den der Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes ausweichen kann. Unabhängig davon, ob dieser Hohlraum
– wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 27. Juni 2002 vorgetragen hat – in erster Linie das Einsetzen des Befestigungsteils in den U-förmigen Verankerungsteil ermöglichen soll, kann er jedenfalls auch dazu genutzt werden, den sich beim Anziehen der Schraube und beim Gegeneinanderziehen der Matrizenschenkel ausdehnenden Befestigungsteil des Kunststoffeinsatzes ganz oder teilweise aufzunehmen (vgl. S. 12 und 14 der Niederschrift über die Anhörung des Sachverständigen, Bl. 320, 322 d.A.).

Dagegen, dass die bei dem angegriffenen Geschiebe verwirklichte vom Wortsinn des Klagepatentanspruches 1 abweichende Ausgestaltung am Prioritätstag des Klagepatentes für den Durchschnittsfachmann ohne erfinderisches Bemühen auffindbar war, spricht auch der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform Nachteile überwindet, die dem in Anspruch 1 des Klageschutzrechtes beschriebenen Gegenstand anhaften. Wie der Sachverständige weiter ausgeführt hat (Bl. 15 der Anhörungsniederschrift, Bl. 323 d.A.), überwindet das angegriffene Geschiebe die vom Klagepatent noch übernommene von mechanischen Vorläufern ohne Kunststoffeinsatz her vorbekannte Aktivierung durch Verformung metallener Teile und vermeidet dadurch Nachteile, die sich daraus ergeben können, dass die Metallzange sich nach dem Lockern und Herausnehmen der Schraube nicht mehr weit genug öffnet, um ein problemloses Auswechseln des Kunststoffeinsatzes zu ermöglichen. Aus diesem Grund hat der gerichtliche Sachverständige die zum Auffinden der bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichten Abwandlungen erforderlichen Überlegungen zu Recht als gegenüber dem Klagepatent erfinderisch bewertet (S. 16, 23 und 27 der Anhörungsniederschrift, Bl. 324, 331 und 335 d.A.; vgl. ferner S. 5 oben des schriftlichen Gutachtens, Bl. 257 d.A.), und die gegenüber dem Klagepatent erfinderische Leistung darin gesehen, dass die Schraube den Kunststoffeinsatz unmittelbar und ohne Mithilfe beweglicher Metallteile beaufschlagt und ihn gezielt so in eine Richtung verformt, dass sich die Friktion erhöht bzw. individuell einstellen lässt (S. 26 und 27 der Anhörungsniederschrift; Bl. 334, 335 d.A.).

Diese Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen verlieren ihre Überzeugungskraft nicht dadurch, dass er zuvor die Frage bejaht hatte, ob der Durchschnittsfachmann auch Ausführungsformen wie die in Anlage 1 zur Anhörungsniederschrift (Bl. 337 d.A.) skizzierte in seine Überlegungen einbeziehen werde, die sich dadurch auszeichnet, dass die Schraube nur zur Aktivierung und nicht zur Befestigung dient und die Aktivierung mittels Verdrängung von Kunststoffmaterial aus dem Befestigungsteil in den Friktionsbereich bewerkstelligt wird (vgl. 13/14 der Anhörungsniederschrift, Bl. 321/322 d.A.). Diese Antwort beruhte ersichtlich darauf, dass der Sachverständige die an ihn gerichtete Frage zunächst dahin missverstanden hatte, ob der Fachmann derartige Alternativlösungen überhaupt und unabhängig vom Inhalt der Klagepatentschrift in Betracht zieht. Nach der Aufklärung dieses Missverständnisses hat der Sachverständige jedoch mehrfach hervorgehoben, die Klagepatentschrift gebe dem Fachmann keine Anhaltspunkte für eine solche Lösung ( S. 14/ 15 und 21/22 der Anhörungsniederschrift, Bl. 322/323 und 329/330 d.A.).

Soweit die Klägerin die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen mit dem Hinweis in Zweifel zieht, der Durchschnittsfachmann, der sich auch mit der Weiterentwicklung von Zahngeschieben beschäftige, benötige zum Auffinden der bei der angegriffenen Vorrichtung verwirklichten Abwandlungen keine Überlegungen erfinderischen Ranges, weil er die aktuellen Entwicklungen der Geschiebetechnik aus der Praxis kenne (S. 8 ihres Schriftsatzes vom 27. Juni 2002; Bl. 347 d.A.) vermag der Senat dem nicht beizutreten. Zur Beurteilung der Frage, ob die vom Wortsinn des Patentanspruches 1 abweichende Ausgestaltung der angegriffenen Vorrichtung ohne erfinderische Überlegungen auffindbar war, kommt es auf das Fachwissen des Durchschnittsfachmannes am Prioritätstag des Klagepatentes und nicht auf spätere oder aktuelle Weiterentwicklungen in der Geschiebetechnik an. Die Klägerin hat indessen keinen am Prioritätstag des Klagepatentes zum allgemeinen Fachwissen gehörenden Stand der Technik aufgezeigt, der den Durchschnittsfachmann dazu hätte veranlassen können, ausgehend von der in den Ansprüchen des Klagepatentes beschriebenen Erfindung weitergehende Überlegungen anzustellen, als sie vorstehend aufgezeigt worden sind.

3. Es bestand keine Veranlassung, ein weiteres Gutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen. Das Gericht ist hierzu nach § 412 ZPO verpflichtet, wenn das Gutachten des bisherigen Sachverständigen mangelhaft, also unvollständig, widersprüchlich und nicht überzeugend ist oder der Gutachter nicht über die notwendige Sachkunde verfügt (BGHZ, 53, 245, 258/9 – Anastasia; BGH MDR 1980, 662 f.; vgl. ferner BGH, NJW 1986, 1928, 1930; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 412 Rdn. 1 und 2). Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hat das schriftliche Gutachten jedenfalls zusammen mit den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen im Anhörungstermin vom 6. Juni 2002 dem Senat eine ausreichende tatsächliche Grundlage für seine Überzeugung verschafft, dass das angegriffene Geschiebe der Beklagten die technische Lehre des Klagepatentes weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln verwirklicht. Weder das schriftliche Gutachten noch die mündlichen Erläuterungen bieten Anhaltspunkte dafür, dass der gerichtliche Sachverständige nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt. Dass der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung angegeben hat (S. 17 und 20 der Sitzungsniederschrift vom 6. Juni 2002, Bl. 325 und 328 d.A.), er habe erstmals anlässlich des Streitfalles Zahngeschiebe kennengelernt, bei denen der Friktionsgrad durch Einwirkung einer Schraube auf einen Kunststoffeinsatz eingestellt wird und besitze mit dem hier interessierenden Geschiebe keine praktischen Erfahrungen, reicht hierzu nicht aus. Wie insbesondere seine von der Klägerin nicht angezweifelten Erläuterungen zu den mit der angegriffenen Ausführungsform überwundenen Nachteilen der vom Klagepatent noch beibehaltenen Zangenbewegung der Matrizenbacken beim Aktivieren zeigen, war der Sachverständige in der Lage, die einschlägigen technischen Zusammenhänge zu erkennen und bei der Beurteilung der Frage auszuwerten, welchen Inhalt die technische Lehre des Klagepatentes aus der Sicht des Durchschnittsfachmannes hat und ob das angegriffene Geschiebe dieser Lehre entspricht. Die Klägerin legt auch nicht dar, welche konkreten technischen Gegebenheiten der Sachverständige nicht berücksichtigt hat und aus welchen Gründen er bei ihrer Berücksichtigung in seiner Begutachtung zu einem abweichenden Ergebnis hätte kommen müssen.

III.

Da die Berufung der Klägerin erfolglos geblieben ist, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 S. 1 ZPO.

IV.

Zu einer Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n.F. ersichtlich nicht vorliegen. Die Angelegenheit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.