2 U 57/01 – Reinigen und Trocknen von Atemschläuchen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 139 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. November 2002, Az. 2 U 57/01 

1.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. März 2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2.
Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 256.000 ? abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.
Beschwer der Beklagten und Streitwert für das Berufungsverfahren: 256.000 ?.

Tatbestand :

Die Klägerin ist Inhaberin des u.a. auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 452 790 (im folgenden: Klagepatent), das ein Verfahren zum Reinigen und Trocknen von in einem Einsatzwagen einer Labor-Geschirrspülmaschine abgelegten Atemschläuchen sowie einen Einsatzwagen zur Durchführung dieses Verfahrens betrifft. Das Klagepatent beruht auf einer am 10. April 1991 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 14. April 1990 eingegangenen und am 23. Oktober 1991 veröffentlichten Anmeldung. Der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 22. Juni 1994 im Patentblatt bekannt gemacht worden.

Die Ansprüche 1 und 2 des Klagepatents lauten wie folgt:

1.
Verfahren zum Reinigen und Trocknen von Atemschläuchen (4) in einer programmgesteuerten Labor-Geschirrspülmaschine, wobei die Atemschläuche (4) auf einem als Einsatzwagen (1) ausgebildeten Traggestell (2) mit Spülwasser- und Trocknungsluft-Rohranschlüssen (7, 8, 9) sowie zugeordneten Düsensätzen (5, DR) in ganzer Länge steigend spiralförmig oder wendelförmig abgelegt sind und wobei die Reinigungs- oder Spülflüssigkeit sowie die Trocknungsluft in den jeweiligen Programmschritten den Atemschläuchen (4) endseitig zugeführt wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Atemschläuche (4) von unten nach oben im Programmabschnitt „Reinigen/Spülen“ von einer Reinigungs- oder Spülflottensäule und im Programmabschnitt „Trocknen“ von einer Luftsäule durchströmt werden.

2.
Einsatzwagen zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Traggestell (2) für Atemschläuche (4) ein oder mehrere Schlauchablagen (3) in steigend spiralförmiger oder wendelförmiger Anordnung besitzt, dass die eine oder mehreren Schlauchablagen (3) unten vor separaten jeweils zu Düsengruppenreihen (DR) zusammengefassten Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen (5) enden, an welche die Atemschläuche (4) zum Entleeren von Spülflüssigkeit undicht ankuppelbar sind.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 aus der Klagepatentschrift zeigen ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Einsatzwagens, wobei der in Figur 1 in Vorderansicht zu sehende Einsatzwagen in der nachfolgenden Figur 2 in einer perspektivischen Darstellung mit mehreren in einem Traggestell zur Aufbereitung abgelegten Atemschläuchen gezeigt ist:

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer bis zum 26. April 2000 der Beklagte zu 2) war, stellt her und vertreibt Labor-Geschirrspülmaschinen, zu denen auch Einsatzwagen gehören, deren Ausgestaltung sich aus dem von der Klägerin als Anl. K 6 überreichten Prospekt der Beklagten zu 1) ergibt, aus dem die nachfolgend wiedergegebene Abbildung stammt:

Die Klägerin, die in der Herstellung und dem Vertrieb dieser Einsatzwagen eine Verletzung des Klagepatents sieht, hat gegen die Beklagten Klage auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Pflicht zum Schadensersatz sowie zur Leistung einer angemessenen Entschädigung erhoben, während die Beklagten um Klageabweisung, hilfsweise um Einräumung eines Wirtschaftsprüfer-Vorbehalts gebeten haben.

Sie haben sich darauf berufen, ihnen stehe am Gegenstand des Klagepatents ein privates Vorbenutzungsrecht zu; die Beklagte zu 1) habe nämlich im Winter 1989/90 für das damalige Kreiskrankenhaus K4xxxxx „Sondereinschubwagen“ für eine bereits vorher gelieferte programmgesteuerte Labor-Spülmaschine des Typs Newamatic HO 2 – 2 T entwickelt, auf denen Absaugschläuche zur Reinigung und Trocknung hätten angebracht werden können, die dabei jeweils von unten nach oben mit einer Reinigungs- und Spülflotte innenseitig durchgespült und anschließend – ebenfalls von unten nach oben – mit Trocknungsluft getrocknet worden seien. Die Entwicklung dieser „Sondereinschubwagen“ sei mit der als Anl. B 6
überreichten Zeichnung vom 2. April 1990 abgeschlossen gewesen.

Das Landgericht hat – im wesentlichen den Anträgen der Klägerin folgend –

I. die Beklagten verurteilt,

1.
es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

im deutschen Geltungsbereich des europäischen Patents 0 452 790

Einsatzwagen zur Durchführung eines Verfahrens zum Reinigen und Trocknen von Atemschläuchen in einer programmgesteuerten Labor-Geschirrspülmaschine, wobei die Atemschläuche auf einem als Einsatzwagen ausgebildeten Traggestell mit Spülwasser- und Trocknungsluft-Rohranschlüssen sowie zugeordneten Düsensätzen in ganzer Länge steigend spiralförmig oder wendelförmig abgelegt sind und wobei die Reinigungs- oder Spülflüssigkeit sowie die Trocknungsluft in den jeweiligen Programmschritten den Atemschläuchen endseitig zugeführt wird und bei dem die Atemschläuche von unten nach oben im Programmabschnitt „Reinigen/Spülen“ von einer Reinigungs- oder Spülflottensäule und im Programmabschnitt „Trocknen“ von einer Luftsäule durchströmt werden,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das Traggestell für die Atemschläuche eine oder mehrere Schlauchablagen in steigend spiralförmiger oder wendelförmiger Anordnung besitzt und bei denen die eine oder mehreren Schlauchablagen unten vor separaten jeweils zu Düsengruppenreihen zusammengefassten Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen enden, an welche die Atemschläuche zum Entleeren von Spülflüssigkeit undicht ankuppelbar sind;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 23. November 1991 begangen hätten, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten sowie der Menge etwa erhaltener
oder bestellter Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Her-
steller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten
und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschrif-
ten der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten
und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschrif-
ten der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-
kosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai
1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in
den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränke;

– vom Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und von beiden Beklagten die
Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 22. Juli 1994 zu machen seien;

– sich die Rechnungslegungsverpflichtung des Beklagten zu 2) auf bis zum
26. April 2000 begangene Handlungen beschränke und

– den Beklagten vorbehalten bleibe, die Namen und Anschriften der nicht
gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin
einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit
verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Be-
klagten dessen Kosten trügen und ihn ermächtigten und verpflichteten,
der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abneh-
mer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sei.

Darüber hinaus hat das Landgericht

II. festgestellt,

1.
dass die Beklagte zu 1) verpflichtet sei, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 23. November 1991 bis zum 21. Juli 1994 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.
dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 22. Juli 1994 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde, wobei sich die Verpflichtung des Beklagten zu 2) zum Schadensersatz auf die bis zum 26. April 2000 begangenen Handlungen beschränke.

Auf das Urteil vom 15. März 2001 wird Bezug genommen.

Die Beklagten haben Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen und zusätzlich hilfsweise darum bitten, die Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten zu 1) im August 2001 gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung und des Aussetzungsantrages.

Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe :

Die Berufung ist nicht begründet.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Reinigen und Trocknen von Atemschläuchen in einer programmgesteuerten Labor-Geschirrspülmaschine, wobei die Atemschläuche auf einem als Einsatzwagen ausgebildeten Traggestell mit Spülwasser- und Trocknungsluft-Rohranschlüssen sowie zugeordneten Düsensätzen in ganzer Länge steigend spiralförmig oder wendelförmig abgelegt sind und wobei die Reinigungs- oder Spülflüssigkeit sowie die Trocknungsluft in den jeweiligen Programmschritten den Atemschläuchen endseitig zugeführt wird. Ferner betrifft das Klagepatent einen Einsatzwagen zur Durchführung eines solchen Verfahrens.

Wie die Klagepatentschrift (Seite 2 Zeilen 12-17) einleitend ausführt, ist aus der DE-A-37 10 349 (Anl. K 2 zur Klageschrift) ein derartiges Verfahren bekannt, bei dem die Atemschläuche von oben nach unten von einer Reinigungs- und Spülflotte zur Innenreinigung und anschließend von Trocknungsluft durchströmt werden und bei dem die Außenreinigung der Atemschläuche über Sprüharme oder Sprühdüsen erfolgt, welche auf die zu reinigenden Schlauchhohlkörper gerichtet sind.

Die Klagepatentschrift (Seite 2 Zeilen 18-25) kritisiert an diesem bekannten Verfahren, es habe sich herausgestellt, dass die – in Fliessrichtung gesehen – hinteren Bereiche der inneren Schlauchfalten der faltenbalgähnlich gestalteten Atemschläuche nur mit einer übermäßig hohen Wasser- und Trocknungsluftversorgung optimal gereinigt sowie getrocknet werden könnten, da diese Schlauchfaltenbereiche von dem vorübergeführten Medium nicht unmittelbar berührt würden. Darüber hinaus könne es trotzdem noch vorkommen, dass bei ungünstiger Schlauchablage im Einsatzwagen bzw. bei nicht ordnungsgemäß auf die Spritzdüsen ausgerichteten Schlauchenden die Atemschläuche unzureichend mit gegebenenfalls auch nach dem Trocknen zurückbleibenden Wassernestern in den Schlauchfalten gereinigt würden, so dass eine zeitraubende Nachbehandlung der Atemschläuche erforderlich werde.

Anschließend erwähnt die Klagepatentschrift (Seite 2 Zeilen 26-32) ein aus der DE-A-31 43 005 (Anl. K 3 zur Klageschrift) bekanntes Verfahren zur Atemschlauch-Durchspülung. Die genannte Druckschrift betrifft eine Spülmaschine, von der die nachstehend wiedergegebene Figur 1 ein Ausführungsbeispiel zeigt:

Bei der in jener Schrift gelehrten Spülmaschine sind die Schläuche auf dem Außenradius einer rotierenden Trommel (die nach dem Inhalt der Beschreibung ein Drahtgestell bzw. ein Drahtkäfig sein kann oder die Form einer herkömmlichen Waschtrommel von Haushalts-Waschmaschinen haben kann und deren Drehachse statt horizontal – wie in Figur 1 gezeigt – auch vertikal oder schräg angeordnet sein kann) abgelegt und jeweils mit einem Ende vor einer das Spülwasser bzw. die Trocknungsluft führenden Injektordüse plaziert; während des Reinigungs- und des Trocknungsvorganges dreht sich die Trommel.

Die Klagepatentschrift (Seite 2 Zeile 28 f. sowie Zeilen 33-37) beanstandet auch bei diesem Stand der Technik, die Innenräume der aufgewickelten Atemschläuche würden vom Spülwasser unzureichend durchströmt; darüber hinaus setze das dort durchgeführte Verfahren einen technisch sehr aufwendigen Spezialeinsatz für die Aufnahme der aufzubereitenden Atemschläuche voraus, in dem für weiteres zu reinigendes Anästhesie-Zubehör wie Atemkalkbehälter, Atembeutel und dergleichen keine geeignete Stellfläche mehr abgetrennt werden könne.

Die Klagepatentschrift bezeichnet es sodann (Seite 2 Zeilen 38-42) als Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur hygienischen Aufbereitung bzw. zum Reinigen, Desinfizieren und Trocknen von Atemschläuchen zu schaffen, welches mit vertretbarem Aufwand hinsichtlich der Ausbildung des Einsatzwagens sowie hinsichtlich Zeit- und Energieverbrauch eine optimale Durchflutung der Schlauchhohlkörper unabhängig von deren Länge, Durchmesser oder Schlauchfaltenausbildung sicherstelle.

Das so bezeichnete technische Problem soll gemäß Anspruch 1 des Klagepatents durch ein Verfahren mit folgenden Merkmalen gelöst werden:

1. Ein Verfahren zum Reinigen und Trocknen von Atemschläuchen in
einer programmgesteuerten Labor-Geschirrspülmaschine;

2. die Atemschläuche werden

a) in ganzer Länge steigend

und

b) spiralförmig oder wendelförmig abgelegt;

3. die Ablage erfolgt auf einem Traggestell (2),

a) das als Einsatzwagen ausgebildet ist

und

b) das mit Spülwasser- und Trocknungsluft-Rohranschlüssen
(7, 8, 9)

sowie

c) diesen zugeordneten Düsensätzen (5, DR) versehen ist;

4. die Reinigungs- oder Spülflüssigkeit sowie die Trocknungsluft werden
in den jeweiligen Programmschritten den Atemschläuchen endseitig
zugeführt;

5. die Atemschläuche (4) werden von unten nach oben im Programm-
abschnitt „Reingen/Spülen“ von einer Reinigungs- oder Spülflotten-
säule und im Programmabschnitt „Trocknen“ von einer Luftsäule
durchströmt.

Ferner schlägt das Klagepatent (Anspruch 2) einen Einsatzwagen zur Durchführung des Verfahrens mit folgenden Merkmalen vor:

1. Einsatzwagen zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1,
d.h. eines Verfahrens zum Reinigen und Trocknen von Atemschläuchen
mit den vorstehend wiedergegebenen Merkmalen 1 bis 5;

2. das Traggestell (2) für die Atemschläuche (4) besitzt eine oder
mehrere Schlauchablagen (3);

3. die eine oder mehreren Schlauchablagen (3)

a) sind steigend spiralförmig oder wendelförmig angeordnet

und

b) enden unten vor Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen (5);

4. die Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen (5) sind

a) separat

und

b) jeweils zu Düsengruppenreihen (DR) zusammengefasst;

5. an die Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen (5) sind die Atem-
schläuche (4) zum Entleeren von Spülflüssigkeit undicht ankuppel-
bar.

Die Klagepatentschrift (Seite 2 Zeilen 46-58) hebt hervor, die Erfindung gewährleiste eine 100 %ige Innenspülung und somit auch eine Innenreinigung der Atemschläuche dadurch, dass diese in ihrer Länge steigend kreisförmig oder spiralförmig auf einem Traggestell des Einsatzwagens abgelegt und von unten nach oben von einer Reinigungs- bzw. Spülflottensäule durchströmt würden. Diese Spülflottensäule werde aufgebaut, indem das untere Schlauchende an eine Düsenvorrichtung adaptiert werde (und zwar, wie bei der Beschreibung des Ausführungsbeispiels auf Seite 3, Zeilen 12 ff. der Klagepatentschrift betont wird, durch „undichtes Ankuppeln“), die einen größeren Flottenauslauf an dieser Stelle verhindere. Ebenso werde im Programmschritt „Trocknen“ (die Beschreibung des Ausführungsbeispiels auf Seite 3 Zeile 17 f. der Klagepatentschrift weist insoweit darauf hin, das undichte Ankuppeln der Atemschläuche sichere das Abfließen von Spül- bzw. Reinigungswasser aus den Schläuchen nach dem Reinigungs-/Spülvorgang) eine Trocknungsluftsäule aufgebaut, welche dafür sorge, dass auch die Trocknung der Atemschläuche optimal ohne Zurückbleiben von Wassernestern durchgeführt werde. Durch die spiralförmige bzw. kreis- oder wendelförmige Ablage der Atemschläuche im Zentrum des Einsatzwagens würden Stellflächen für weiteres Anästhesie-Zubehör wie Atemkalkbehälter, Atembeutel und dergleichen geschaffen, wobei auch für dieses Zubehör entsprechende Einspritzvorrichtungen mit speziellen Düsen im Wagen vorgesehen werden könnten. Mit dem Einsatzwagen gemäß der Erfindung könnten somit auch verschiedene Instrumente für den Krankenhaus- bzw. Laborbedarf praxisgerecht aufbereitet werden.

II.

Der angegriffene Einsatzwagen der Beklagten macht von der technischen Lehre des Anspruchs 2 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch, wie das Landgericht im einzelnen dargelegt hat. Da auch die Beklagten die Verwirklichung sämtlicher Merkmale des Patentanspruchs 2 nicht in Abrede stellen, kann der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil verweisen.

III.

Die Beklagten sind zur Benutzung der Lehre des Klagepatents nicht berechtigt, insbesondere können sie sich nicht mit Erfolg auf ein privates Vorbenutzungsrecht (§ 12 PatG) berufen; dabei kann zu ihren Gunsten angenommen werden, dass die Beklagte zu 1) (die damals noch als „N1xxxxx N2xxxxxxx GmbH“ firmierte) im Winter 1989/90 für das damalige Kreiskrankenhaus K4xxxxx die „Sondereinschubwagen“ gemäß der Zeichnung (Anl. B 6) vom 2. April 1990 entwickelt hat und bereits im Februar 1990 mit dem Kreiskrankenhaus K4xxxxx einen Vertrag über die Lieferung solcher „Sondereinschubwagen“ geschlossen hat.

Denn abgesehen davon, dass die „Sondereinschubwagen“ nicht der Durchführung eines Verfahrens zum Reinigen und Trocknen von Atemschläuchen (vgl. Merkmale 1 und 2 der Merkmalsgliederung zu Anspruch 2 des Klagepatents) dienten, sondern eines solchen zur Reinigung und Trocknung von (wesentlich längeren) Absaugschläuchen (die anders als die in der Klagepatentschrift angesprochenen Atemschläuche nicht faltenbalgähnlich gestaltet sind und daher innen keine Schlauchfalten aufweisen, so dass bei ihnen die in der Klagepatentschrift angesprochenen Probleme nicht auftauchen), fehlte es bei den in Rede stehenden „Sondereinschubwagen“ auch an Schlauchablagen im Sinne der Merkmale 3 und 3 a der genannten Merkmalsgliederung sowie an jeweils zu Düsengruppenreihen zusammengefassten Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen im Sinne von Merkmal 4 b.

Die Klagepatentschrift kritisiert auf Seite 2 Zeilen 33-35 an der aus der
DE-A-31 43 005 ersichtlichen Spülmaschine ausdrücklich die dort zur Aufnahme der Atemschläuche verwendete Trommel, weil diese zur Folge habe, dass keine geeignete Stellfläche zur Aufnahme weiteren zu reinigenden Anästhesie-Zubehörs mehr abgetrennt werden könne, und hebt als Vorteil der patentgemäßen Lösung auf Seite 2 Zeilen 53-58 u.a. hervor, dass durch die Verwendung von spiral- bzw. kreis- oder wendelförmigen Ablagen für die Atemschläuche im Zentrum des Einsatzwagens Stellfläche für weiteres Anästhesie-Zubehör geschaffen werde. Daraus ergibt sich, dass es sich bei den in den Merkmalen 3 und 3 a der in Rede stehenden Merkmalsgliederung genannten „steigend spiralförmig oder wendelförmig angeordneten Schlauchablagen“ erfindungsgemäß nicht um Trommeln handeln darf, d.h. um Gebilde, die jedenfalls seitlich so weit geschlossen sind, dass dort, wo sie sich befinden, von der Seite her keine weiteren zu reinigenden Zubehörteile in den Einsatzwagen eingebracht werden können.

Die nach dem Vortrag der Beklagten im Unternehmen der Beklagten zu 1) im Winter 1989/90 entwickelten „Sondereinschubwagen“ wiesen aber zur Aufnahme der jeweils zu reinigenden Absaugschläuche Trommeln auf. Selbst wenn diese Trommeln, wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen haben, oben und unten offen waren, ist nicht ersichtlich, inwieweit es möglich gewesen sein soll, im Inneren der Trommeln weiteres Anästhesie-Zubehör abzustellen und dort zu reinigen.

Auch wiesen die „Sondereinschubwagen“ jeweils nur eine Spülwasser- und Trocknungsluftdüse (in der Zeichnung gemäß Anl. B 6 mit „C“ bezeichnet) für den einen zu reinigenden Schlauch auf, nicht aber, wie es Merkmal 4 b der Merkmalsgliederung zu Anspruch 2 des Klagepatents vorsieht, mehrere, jeweils zu Düsengruppenreihen zusammengefasste Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen. Auch dieses Merkmal ist von nicht geringer Bedeutung für die Erfindung nach dem Klagepatent, weil nämlich die Zusammenfassung der Spülwasser- und Trocknungsluftdüsen zu Düsengruppenreihen Platz spart, womit zusätzliche Stellfläche für weiteres zu reinigendes Anästhesie-Zubehör geschaffen wird.

Ein Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG, das als Ausnahme von dem Verbietungsrecht des Patentinhabers eng zu verstehen ist, beschränkt sich aber auf das, was tatsächlich vorbenutzt worden ist, und gestattet daher, wenn der vorbenutzte Gegenstand nicht alle patentgemäßen Merkmale aufweist, nicht eine Benutzung auch eines anders beschaffenen, sämtliche Merkmale des Patentanspruchs verwirklichenden Gegenstandes (vgl. dazu BGH GRUR 2002, 231, 234 – Biegevorrichtung).

Die Beklagten mögen daher zwar berechtigt sein, Einsatzwagen wie die nach ihrem Vortrag bis Anfang April 1990 entwickelten und im Juli 1990 an das Kreiskrankenhaus K4xxxxx ausgelieferten (die – wie ausgeführt – nicht alle Merkmale von Anspruch 2 des Klagepatents aufgewiesen haben) herzustellen und zu vertreiben, nicht aber auch die – anders beschaffene und alle Merkmale von Anspruch 2 des Klagepatents verwirklichende – angegriffene Ausführungsform.

IV.

Dass und warum die Beklagten angesichts der widerrechtlichen Benutzung der durch das Klagepatent geschützten Erfindung in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang der Klägerin gegenüber zur Unterlassung und Rechnungslegung sowie zum Schadensersatz und zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet sind, wobei die Klägerin zulässigerweise auf bloße Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten klagen kann, hat das Landgericht im einzelnen zutreffend ausgeführt, ohne dass die Beklagten diese Ausführungen besonders angegriffen haben. Der Senat kann daher zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Landgerichts verweisen.

V.

Eine Aussetzung der Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits mit Rücksicht auf die von der Beklagten zu 1) gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage (§ 148 ZPO) war nicht anzuordnen.

Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes Ausschließlichkeitsrecht gewährt, dessen Durchsetzung durch eine Aussetzung der Verhandlung eines Verletzungsrechtsstreits – selbst dann, wenn bereits ein nur gegen Sicherheitsleistung des Patentinhabers vorläufig vollstreckbares erstinstanzliches Urteil vorliegt – jedenfalls erheblich erschwert würde, kommt eine Aussetzung nur in Betracht, wenn eine Vernichtung des Klagepatents in dem gegen dieses Recht anhängigen Verfahren nicht nur möglich, sondern überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. dazu Senat, Mitt. 1997, 257 ff. – Steinknacker – sowie GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe). Dabei ist zwar, wie der Senat in seiner „Steinknacker“-Entscheidung ausgeführt hat, bei der Prüfung der Aussetzungsfrage im Berufungsverfahren dann ein weniger strenger Maßstab anzulegen, wenn der Schutzrechtsinhaber bereits – wie hier – über einen erstinstanzlichen Titel gegen seinen Prozessgegner verfügt, aus dem er – wenn auch nur gegen Sicherheitsleistung – vorläufig vollstrecken kann, eine hinreichende Erfolgsaussicht für den Angriff auf das Klageschutzrecht ist aber auch in derartigen Fällen erforderlich; vorliegend fehlt es jedoch auch an einer solchen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage hält die Beklagte zu 1) dem Klagepatent die deutschen Offenlegungsschriften 37 10 349 (Anl. K 2, Anl. CCP 3/1), 31 43 005 (Anl. K 3, Anl. CCP 3/3), 34 43 912 (Anl. CCP 3/4) und 36 21 248 (Anl. CCP 3/2) sowie die behauptete Entwicklung der „Sondereinschubwagen“ für das Kreiskrankenhaus K4xxxxx im Winter 1989/90 entgegen.

Die DE-OS 37 10 349 und die DE-OS 31 43 005, die in der Klagepatentschrift erwähnt werden, sind bereits im Erteilungsverfahren betreffend das Klagepatent vom sachkundigen Europäischen Patentamt geprüft und als nicht patenthindernd angesehen worden.

Die DE-OS 34 43 912 betrifft die Reinigung von Endoskopen, die ganz anders gestaltet sind als Atemluftschläuche; zudem werden dort die Endoskope nicht
– wie es der Lehre des Klagepatents entspricht – von unten nach oben, sondern von oben nach unten von Reinigungs-/Spülflüssigkeit sowie von Trocknungsluft durchströmt, so dass keine Flüssigkeits- oder Trocknungsluftsäulen gebildet werden. Die DE-OS 36 21 248 lehrt einen Einsatz für eine Labor-Spülmaschine, bei dem die zu reinigenden Schläuche nicht nur steigend angebracht werden, sondern (vgl. Spalte 6 Zeilen 44-53, Spalte 7 Zeilen 23-28 und Spalte 7 Zeilen 36-41 sowie Figur 1 dieser Druckschrift) so, dass die freien Enden der Schläuche auf der diagonal gegenüberliegenden Seite des zu ihrer Lagerung verwendeten Gestells herunterhängen; in diesen Teilen der Schläuche können daher – anders als bei der Lehre des Klagepatents – von vornherein keine Flüssigkeits- oder Trocknungsluftsäulen gebildet werden.

Der in der Nichtigkeitsklage genannte druckschriftliche Stand der Technik hat daher die Lehre des Klagepatents weder vorweggenommen noch nahegelegt.

Dasselbe gilt, wie sich aus den Ausführungen unter III. dieses Urteils ergibt, für die „Sondereinschubwagen“, die die Beklagte zu 1) nach dem Vortrag der Beklagten im Winter 1989/90 für das Kreiskrankenhaus K4xxxxx entwickelt hat; selbst wenn man zugunsten der Beklagten annehmen will, die von ihnen aufgeführten Besprechungen aus der Zeit vor dem 14. April 1990 (= dem Prioritätstage des Klagepatents) seien als offenkundige Vorbenutzungen anzusehen, lassen sie daher eine Vernichtung des deutschen Teils des Klagepatents nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten.

VI.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 108 ZPO.

Zu einer Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.) besteht kein Anlass, weil die vorliegende Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

S5xxxxxxxx K1xxxxxxxx R6xx