2 U 153/01 – Steckmuffendichtung für Betonrohre

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 212 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Juni 2003, Az. 2 U 153/01 

1.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. Oktober 2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung jeder der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 26.000 € abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Insgesamt braucht die Klägerin zur Abwendung der Vollstreckung und brauchen die Beklagten zusammen zur Ermöglichung der Vollstreckung keine höhere Sicherheit als 36.700 € zu leisten.

4.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 511.000 €.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 33 45 569 (im folgenden: Klagepatent), das auf einer am 16. Dezember 1983 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 6. Juli 1983 eingegangenen und am 17. Januar 1985 offengelegten Anmeldung beruht. Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 7. Januar 1988.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

Steckmuffendichtung für Betonrohre, bestehend aus einem an der Glocke befestigten Dichtungselement aus elastomerem Material, das einen Dichtungsring und wenigstens einen im Bereich des Dichtungsringes auf seiner der Innenwandung der Glocke zugekehrten Seite in Umfangsrichtung verlaufenden Befestigungsansatz aufweist, der in die Innenwandung der Glocke eingeformt ist und der – in Einschubrichtung des Spitzendes gesehen – vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes angeordnet ist, und welches Dichtungselement mit einem an den Dichtungsring anschließenden, an der Innenwandung der Glocke anliegenden und sich bis in den Bereich des Glockenspiegels erstreckenden Kragen mit geringerer Dicke als der Dichtungsring versehen ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass auf der der Glockenwandung zugekehrten Seite (Rückenfläche 21) eine den Befestigungsansatz abteilende Nut (8) angeordnet ist und dass am Kragen (7) – in Einschubrichtung (4) gesehen – jeweils mit Abstand zwischen dem Verformungsteil des Dichtungsringes (5) und dem Glockenspiegel wenigstens ein umlaufendes, radial nach innen gerichtetes, im wesentlichen stegförmig geformtes Stützelement (12) angeordnet ist.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 6 aus der Klagepatentschrift zeigen: Figur 1 einen Teillängsschnitt durch die Glocke eines Betonrohres mit eingesetztem Dichtungselement (Bezugsziffer 3) und der für die Fertigung der Innenkontur der Glocke erforderlichen Untermuffe (Bezugsziffer 2) und Figur 6 eine weitere Ausführungsform des Dichtungselementes.

Die Beklagte zu 1) stellt in Schweden her und vertreibt in Deutschland über die Beklagte zu 2) unter der Bezeichnung „F 153“ Dichtungselemente zur Herstellung von Steckmuffendichtungen für Betonrohre. Die nähere Ausgestaltung dieser
Elemente ergibt sich aus dem von der Klägerin als Anl. W 8 überreichten Abschnitt eines Original-Dichtungselements sowie dessen von ihr als Anl. W 13 überreichter, mit Bezugsziffern versehenen und nachfolgend wiedergegebenen Abbildung:

Wie diese Abbildung zeigt, weist das genannte Dichtungselement in seinem vorderen Bereich (10) einen Ansatz auf, der erheblich tiefer liegt als der Kragen und der bei der Herstellung des mit der Steckmuffendichtung versehenen Betonrohres in dessen Wandung eingebettet wird, um die Dichtung im Rohr zu befestigen. Dieser Befestigungsansatz reicht bis in den Bereich hinter dem eigentlichen Dichtungsring (5) etwa bis zum Ende der ersten von einem Steg abgegrenzten verformbaren Kammer. Im Anschluss an eine Nut (8) liegt hinter dem Befestigungsansatz auf einem schräg zum Kragen (7) verlaufenden Abschnitt eine Wulst.

Nach der Behauptung der Klägerin haben die Beklagten vor den Dichtungselementen „F 153“ in Deutschland ein ähnlich gestaltetes Vorgängermodell (überreicht als Anl. W 12) vertrieben.

Die Klägerin hat geltend gemacht: Die Lehre des Klagepatents verlange nicht, dass der Befestigungsansatz – in Einschubrichtung des Spitzendes des nächsten Rohres gesehen – vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes ende, sondern nur, dass er vor diesem beginne. Die angegriffenen Ausführungsformen machten daher von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, jedenfalls aber in äquivalenter Weise Gebrauch, die Beklagten verletzten mithin das Klagepatent.

Die Klägerin hat beantragt,

I.
die Beklagten zu verurteilen,

1.
es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Steckmuffendichtungen für Betonrohre, bestehend aus einem an der
Glocke befestigbaren Dichtungselement aus elastomerem Material, das einen Dichtungsring und wenigstens einen im Bereich des Dichtungsringes auf seiner der Innenwandung der Glocke zugekehrten Seite in Umfangsrichtung verlaufenden Befestigungsansatz aufweist, der in die Innenwandung der Glocke einformbar und der – in Einschubrichtung des Spitzendes gesehen – vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes angeordnet ist, und welches Dichtungselement mit einem an den Dichtungsring anschließenden, an der Innenwandung der Glocke anliegenden und sich bis in den Bereich des Glockenspiegels erstreckenden Kragen mit geringerer Dicke als der Dichtungsring versehen ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen auf der der Glockenwandung zugekehrten Seite (Rückenfläche) eine den Befestigungsansatz abteilende Nut angeordnet ist und bei denen am Kragen – in Einschubrichtung gesehen – jeweils mit Abstand zwischen dem Verformungsteil des Dichtungsringes und dem Glockenspiegel wenigstens ein umlaufendes, radial nach innen gerichtetes, im wesentlichen stegförmig geformtes Stützelement angeordnet ist;

2.
ihr – der Klägerin – darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie
– die Beklagten – die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 7. Februar 1988 begangen hätten, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen
und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten
und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den
Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten
und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie den
Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Kosten und
des erzielten Gewinns,

wobei es den Beklagten vorbehalten bleiben möge, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt ihr – der Klägerin – einem von ihr – der Klägerin – zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten trügen und ihn berechtigten und verpflichteten, ihr – der Klägerin – auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten sei;

3.
die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen zu 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten;

sowie

II.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr – der Klägerin – allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 7. Februar 1988 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.

Die Beklagten haben um Klageabweisung gebeten und eingewendet: Sie vertrieben schon keine „Steckmuffendichtungen“ (die aus jeweils einem Betonrohr und dem darin eingebetteten Dichtungselement bestünden), sondern nur Dichtungselemente, so dass der Klageantrag das angegriffene Verhalten nicht zutreffend umschreibe. Dichtungselemente gemäß dem Vorgängermodell des Typs „F 153“ hätten sie auf dem deutschen Markt nicht vertrieben. Die von ihnen vertriebenen Dichtungselemente verletzten das Klagepatent schon deshalb nicht, weil bei ihnen entgegen der Lehre des Klagepatents der Befestigungsansatz nicht – in Einschubrichtung des Spitzendes des nächsten Rohres gesehen – vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes angeordnet sei, sondern sich bis in einen Bereich hinter diesem erstrecke, womit die Glockenwandung im Bereich des Dichtungsringes geschwächt werde, was das Klagepatent gerade vermeiden wolle.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Urteil vom 25. Oktober 2001 wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt, mit der sie ihre bisherigen Anträge (mit der Abweichung, dass es im Unterlassungsantrag statt „vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes angeordnet“ nunmehr heißt: „vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes beginnend angeordnet“) weiterverfolgt, während die Beklagten um Zurückweisung des Rechtsmittels bitten.

Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Zwar ist entgegen der Rüge der Beklagten der Klageantrag nicht zu beanstanden, weil er – trotz des einleitend gebrauchten Wortes „Steckmuffendichtung“ – der Sache nach nur die von den Beklagten vertriebenen Dichtungselemente betrifft. Die Berufung kann aber deshalb keinen Erfolg haben, weil die Beklagten das Klagepatent nicht verletzen.

I.

Die Erfindung gemäß dem Klagepatent betrifft eine Steckmuffendichtung mit folgenden Merkmalen:

1. Es handelt sich um eine Steckmuffendichtung für Betonrohre;

2. bestehend aus einem Dichtungselement aus elastomerem Material;

3. das Dichtungselement ist an der Glocke (1) befestigt;

4. es weist einen Dichtungsring (5) und wenigstens einen Befestigungs-
ansatz (10) auf;

5. der Befestigungsansatz verläuft im Bereich des Dichtungsringes auf
seiner der Innenwandung der Glocke zugekehrten Seite in Umfangs-
richtung;

6. er ist in die Innenwandung der Glocke eingeformt und

7. in Einschubrichtung des Spitzendes gesehen vor dem Verformungsteil
des Dichtungsringes (5) angeordnet;

8. das Dichtungselement ist mit einem Kragen (7) versehen,

8.1 der an den Dichtungsring anschließt,

8.2 an der Innenwandung der Glocke anliegt,

8.3 sich bis in den Innenbereich des Glockenspiegels erstreckt und

8.4 mit geringerer Dicke als der Dichtungsring versehen ist.

Die Klagepatentschrift führt aus (Spalte 1 Zeile 63 bis Spalte 2 Zeile 3): Eine derartige Steckmuffendichtung sei aus der DE-OS 31 36 315 (Anl. W 5) bekannt. Der Vorteil derartiger, mit einem die Innenwandung der Glocke auskleidenden Kragen versehenen Dichtungselemente liege im wesentlichen im fertigungstechnischen Bereich und bestehe darin, dass beim Ziehen der Untermuffe nach dem Abbinden, aber noch vor vollständiger Aushärtung des Betons keine Ausbrüche auftreten könnten.

Der Durchschnittsfachmann, der die genannte DE-OS heranzieht, stellt fest, dass diese in der Tat eine Steckmuffendichtung mit den oben genannten Merkmalen zeigt, bei der das aus Befestigungsansatz, Dichtungsring und Kragen bestehende Dichtungselement aus elastomerem Material an der Innenwandung der Glocke befestigt ist, und zwar mit Hilfe des dort als „stegförmiger Ansatz (10)“ bezeichneten Teiles – in der Terminologie des Klagepatents also eines Befestigungsansatzes -, welches entsprechend Merkmal 6 in die Innenwandung der Glocke eingeformt ist und (vgl. Merkmal 7) in Einschubrichtung des Spitzendes gesehen vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes angeordnet ist.

Dazu heißt es auf Seite 9 Zeilen 26-29 der genannten Offenlegungsschrift:

„Am Außenumfang des Formteiles“ (= nach der Terminologie des Klagepatents: des Dichtungselements), „und zwar – in Einschubrichtung 4“ (= in Einschubrichtung des Spitzendes, vgl. a.a.O., Seite 8 Zeile 37) „gesehen – vor dem Dichtungsring 5“ (= nach der Terminologie des Klagepatents: vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes) „ist ein in Umfangsrichtung verlaufender Ansatz 10 angeordnet, durch den das Formteil fest im Beton verankert ist.“

Die Klagepatentschrift (Spalte 2 Zeilen 3-14) kritisiert an dem genannten Stand der Technik lediglich, dort werde, um ein Eindrücken des hinter dem eigentlichen Dichtungsring liegenden Hohlraumes beim Betonieren (also bei der Herstellung des Betonrohres) zu verhindern, dieser durch einen lösbaren Formring (in der
DE-OS 31 36 315 als „Presspolster (9)“ bezeichnet) abgestützt, was sowohl die Materialkosten als auch den Arbeitsaufwand bei der Herstellung erhöhe, und bezeichnet es dann (Spalte 2 Zeilen 15-25) als Aufgabe der Erfindung, eine Steckmuffendichtung der gattungsgemäßen Art in ihrer Form so zu verbessern, dass das Dichtungselement trotz einer verhältnismäßig komplizierten, zum Teil dünnwandigen Querschnittsform im Strangpressverfahren herstellbar sei, ohne zusätzlich einzufügende Formteile bei der Rohrherstellung einbetonierbar und in der Glocke des fertigen Rohres zuverlässig gehalten sei, so dass beim Einschieben des Spitzendes das Dichtungselement nicht aus seiner Verankerung herausgezogen werden könne.

Das so bezeichnete technische Problem soll erfindungsgemäß dadurch gelöst werden, dass die Steckmuffendichtung zusätzlich zu den Merkmalen 1 bis 8.4 folgende weiteren Merkmale aufweist:

9. Auf der der Glockenwandung zugekehrten Seite (Rückenfläche 21)
ist eine den Befestigungsansatz abteilende Nut (8) angeordnet;

10. am Kragen ist wenigstens ein Stützelement (12) angeordnet;

10.1 es ist umlaufend,

10.2 radial nach innen gerichtet und

10.3 im wesentlichen stegförmig geformt;

11. das Stützelement ist – in Einschubrichtung (4) gesehen – jeweils mit
Abstand zwischen dem Verformungsteil des Dichtungsringes (5) und
dem Glockenspiegel angeordnet.

Angesichts des Streites der Parteien bedarf vor allem das Merkmal 7 besonderer Erörterung, wonach der Befestigungsansatz „vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes angeordnet“ sein soll. „Verformungsteil des Dichtungsringes“ ist nach der Terminologie des Klagepatents der Bereich des Dichtungsringes, der beim Einschieben des Spitzendes verpresst wird und mittels der Rückstellkräfte des elastomeren Materials die erforderliche Dichtwirkung entfaltet (vgl. dazu Spalte 5 Zeile 67 bis Spalte 6 Zeile 4 sowie Zeilen 7-10 der Klagepatentschrift).

Die in Merkmal 7 beschriebene Lage des Befestigungsansatzes hat das Klagepatent aus dem Stand der Technik, nämlich aus der DE-OS 31 36 315, übernommen. An ihr übt das Klagepatent auch keine Kritik.

Wenn der Durchschnittsfachmann nach der Bedeutung bzw. der Funktion dieses Lagenmerkmals fragt, so findet er dazu in der DE-OS 31 36 315 folgende Ausführungen:

„… der Vorteil der erfindungsgemäßen Ausgestaltung besteht jedoch insbesondere darin, dass es hierbei möglich ist, den Steg in bezug auf die Dichtfläche des Dichtungsringes in Einschubrichtung gesehen vor dem wirksamen Teil des Dichtungsringes“ (= mit den Worten des Klagepatents: „des Verformungsteiles des Dichtungsringes“) „anzuordnen. Hierdurch wird bewirkt, dass die durch den Ansatz bedingte Schwächung des Glockenquerschnittes schon beim Einschieben eines Spitzendes unbelastet bleibt“ (a.a.O., Seite 7 Zeile 36 bis Seite 8 Zeile 6).

„… Bei dieser Ausführungsform“ (nämlich bei dem in Figur 4 a.a.O. gezeigten Ausführungsbeispiel) „kann der stegförmige Ansatz 10 in Richtung auf die Glockenöffnung verschoben sein, um die durch den Ansatz bedingte Schwächung des Glockenquerschnittes möglichst weit von der Belastungszone des Dichtungsringes anzuordnen“ (a.a.O., Seite 10 Zeilen 30-36).

Diese Hinweise nimmt die Beschreibung des Klagepatents in Spalte 2 Zeilen 34-43 auf, wo es nämlich heißt:

„Durch die erfindungsgemäße Anordnung des Befestigungsansatzes wird erreicht, dass die beim Einschieben des Spitzendes des anzuschließenden Rohres in die mit dem Dichtungselement versehene Glocke auf den Verformungsteil wirkenden und von der Glocke aufzunehmenden Kräfte – in Einschubrichtung gesehen – erst hinter der vom Befestigungsansatz im Beton freigehaltenen Nut“ (damit ist nicht die in Merkmal 9 genannte Nut im Dichtungselement gemeint, sondern die Nut im Beton des Rohres, in welcher nach der Fertigstellung des Rohres der Befestigungsansatz 10 liegt – vgl. Figur 1 der Klagepatentschrift), „also in einem Bereich der Glocke wirksam werden, der nicht durch diese Querschnittsverminderung geschwächt ist.“

Merkmal 7 verlangt also nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns, dass der Befestigungsansatz (insgesamt) vor dem Verformungsteil des Dichtungsringes, also vor dem Bereich des Betonrohres angeordnet sein (und nicht nur dort beginnen) soll, auf den beim Einschieben des folgenden Rohres Kräfte einwirken. Dieser letztere Bereich soll nicht durch eine Querschnittsverminderung, wie sie der in die Wand des Betonrohres eingebettete Befestigungsansatz bewirkt, geschwächt werden, was sich nur erreichen lässt, wenn der Befestigungsansatz vor diesem Bereich endet.

Dass das Klagepatent Nuten im Beton, die zu Schwächungen des Glockenquerschnitts führen, möglichst vermeiden will, ergibt sich für den Durchschnittsfachmann auch aus Spalte 7 Zeilen 14-17, wo darauf hingewiesen wird, der bei dem Dichtungselement gemäß Figur 6 vorhandene Stützfuß 27, der nur für die Herstellung des Profils von Bedeutung sei, könne nach der Vulkanisation vom Profilsteg abgetrennt werden, um Schwächungen des Glockenquerschnitts (die eintreten würden, wenn man bei der Herstellung des Rohres den Stützfuß mit einbetonieren würde) zu vermeiden.

Erörterungsbedürftig ist auch Merkmal 9. Dieses Merkmal ist im Hinblick auf den in der Klagepatentschrift genannten letzten Aufgabenteil zu sehen, nämlich zu erreichen, dass das Dichtungselement in der Glocke des fertigen Rohres zuverlässig gehalten wird, so dass es beim Einschieben des Spitzendes des nächsten Rohres nicht aus seiner Verankerung gezogen werden kann.

Nach Merkmal 9 soll auf der der Glockenwandung zugekehrten Seite (Rückenfläche) des Dichtungselements eine den Befestigungsansatz abteilende Nut angeordnet sein. Hier geht es also – anders als bei der in Spalte 2 Zeile 40 f. angesprochenen Nut im Beton – um eine Nut im Dichtungselement, die den Befestigungsansatz „abteilen“ soll, nämlich von den übrigen Teilen des Dichtungselements, also dem Dichtring mit seinem Verformungsteil und dem Kragen. Der bei der Herstellung der Glocke in die Nut des Dichtungselements eingeflossene Beton stellt gleichsam eine Stütze oder eine Klammer dar, die den Befestigungsansatz zusätzlich stabilisiert. Insoweit heißt es in Spalte 3 Zeilen 17 ff. der Klagepatentschrift, die erfindungsgemäße Ausbildung des Dichtungselementes habe den Vorteil, dass im Bereich der Glockenwandung durch den Betoniervorgang ein stegförmiger Ansatz ausgeformt werde, der in das Dichtungselement eingreife und dieses in der Glocke fixiere. Damit sind etwaige Befestigungsdefizite des Standes der Technik, bei dem die Gefahr eines „Herauswürgens“ des Befestigungsansatzes aus der im Beton vorhandenen Nut besteht – nämlich unter dem Einfluss der Längskräfte, die beim Einschieben des Spitzendes des nächsten Rohres in die Glocke entstehen -, zumindest erheblich vermindert (vgl. dazu Spalte 3 Zeilen 29-35 und Spalte 5 Zeilen 6-12).

II.

Von der oben dargestellten Lehre des Klagepatents machen weder das Dichtungselement „F 153“ noch dessen Vorgängermodell Gebrauch, von dem zugunsten der Klägerin unterstellt werden kann, die Beklagten hätten es auch in Deutschland vertrieben.

Bei beiden Dichtungselementen sind nämlich weder das Merkmal 7 noch das Merkmal 9 verwirklicht.

Bei den angegriffenen Ausführungsformen erstreckt sich der Befestigungsansatz bis in den Bereich hinter dem Verformungsteil des Dichtungsringes, ist also nicht gemäß dem oben erläuterten Merkmal 7 vor dem Verformungsteil angeordnet. Da wegen der Länge des Befestigungsansatzes der Querschnitt der Glocke auch in dem Teil vermindert wird, der die von dem eingeschobenen Spitzende auf den Verformungsteil des Dichtungsringes ausgehenden Kräfte aufnimmt, tritt bei den angegriffenen Ausführungsformen die mit dem Merkmal 7 bezweckte Wirkung nicht ein, so dass dieses Merkmal auch nicht äquivalent verwirklicht ist.

Des weiteren fehlt bei den angegriffenen Ausführungsformen eine Nut, die gemäß Merkmal 9 den Befestigungsansatz von dem Teil des Dichtungselementes abteilt, der beim Einschieben des Spitzendes zusammengepresst wird. Die in der Abbildung gemäß Anl. W 13 mit der Bezugsziffer 8 gekennzeichneten Nut liegt nämlich erst deutlich hinter dem Verformungsteil des Dichtungsringes. Damit ist auch das Merkmal 9 weder wortsinngemäß noch äquivalent verwirklicht.

III.

Fehlt es damit an einer Patentverletzung, so war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Zu einer Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 ZPO) besteht kein Anlass, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind: Als reine Einzelfallentscheidung hat die vorliegende Sache keine grundsätzliche Bedeutung; auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Mxx Kxx Jxx