2 U 77/04 – Entsorgen von flüssigen Medien

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  584

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Januar 2006, Az. 2 U 77/04

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. Juni 2004 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert; die Klage wird abgewiesen, soweit sie die Ausführungsform „Oberutzendorf“ betrifft.

II.
Die weitergehende Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Verpflichtung des Beklagten zu 2. zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz auf die Zeit bis zum 31. Oktober 2005 beschränkt.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,– Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 1,5 Millionen Euro.

Entscheidungsgründe:

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 0 413 xxx (Klagepatent, Anlage K 1) betreffend ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Entsorgen flüssiger Medien mit Produktionsrückständen. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 10. Juli 1990 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 12. August 1989 eingereicht und am 20. Februar 1991 im Patentblatt veröffentlicht worden; der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 3. März 1993 im Patentblatt bekannt gemacht worden. Am 18. April 1996 ist das Klagepatent von der ursprünglich eingetragenen Inhaberin, der S-Versorgungsanlagen GmbH in G auf die Klägerin umgeschrieben worden. Seine in diesem Rechtsstreit interessierenden Ansprüche 1 und 4 lauten wie folgt:

1.
Verfahren zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, wobei das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über Rohrleitungen (3, 5, 6) zu einem tieferliegenden Sammeltank (7) transportiert wird,
dadurch gekennzeichnet, dass das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über eine Hochleitung (3) zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4) gepumpt wird, von wo aus es kontinuierlich oder diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem (5, 6) zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) weitergeleitet wird.

4.
Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit Rohrleitungen (3, 5, 6), die zum Transport des zu entsorgenden Mediums von dem jeweiligen Anfallsort aus zu einem Sammeltank (7) führen,
gekennzeichnet durch
einen oder mehrere über dem Niveau der Zulaufbehälter (1) liegenden Einlaufhochbehälter (4), die über dem oder den Anfallsorten (1) angeordnet sind, und die jeweils über eine Hochleitung (3) mit dem jeweiligen Anfallsort (1) verbunden sind, und durch ein sich an den oder die Einlaufhochbehälter (4) anschließendes Rohrleitungssystem (5, 6), das zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter (1) oder darunter liegenden Sammeltank (7) führt.

Wegen der nur „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 3, 5 bis 8, 11 und 12 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen. Die nachfolgend wiedergegebene Figurendarstellung aus der Klagepatentschrift erläutert die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels.

Eine von der Beklagten zu 1. gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht durch Urteil vom 6. April 2005 abgewiesen (vgl. Anlage WKS 2 und im Verhandlungstermin vom 24. November 2005 überreichte Anlage WKS 2a); gegen dieses Urteil hat die Beklagte zu 1. Berufung eingelegt, aber noch nicht begründet.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer bis zum 31. Oktober 2005 auch der Beklagte zu 2. war, stellt her und vertreibt Vorrichtungen zum Entsorgen flüssiger Medien mit Produktionsrückständen. Eine erste Ausführungsform befindet sich in einem Werk der DC AG in Neukölln (nachfolgend: Ausführungsform I); zur Erläuterung der näheren Ausgestaltung dieser Anlage hat die Klägerin neben den als Anlagen K 4 und 7 vorgelegten Skizzen die nachstehend wiedergegebene Zeichnung gemäß Anlage K 8 vorgelegt, während die Beklagten zur Erläuterung u.a. auf die ebenfalls nachstehend wiedergegebene Zeichnung gemäß Anlage B 1 und das als Anlage B 5 überreichte Gutachten Prof. Dr. X nebst dortigen Anlagen und Abbildungen 1 bis 3 Bezug genommen haben.

Wie die Abbildung zeigt, wird das Medium in eine annähernd horizontal 8,5 Meter oberhalb des Fertigungsraumbodens verlaufende Leitung gepumpt, durch ein senkrechtes Fallrohr und auf einer Höhe von etwa 5,5 Metern erneut durch eine nahezu horizontal mit ca 1% Gefälle verlaufende Leitung geführt, bevor es nach dem Passieren eines weiteren Fallrohres auf einer Höhe von etwa 2,45 Metern in einen Einlaufverteiler gelangt und von dort in eines der beiden in der Zeichnung als „Sammeltank mit Filter“ bezeichneten Behältnisse geleitet wird. Der Boden, auf dem diese Behältnisse stehen, liegt etwa 0,48 Meter oberhalb des Bodens der Fertigungshalle. Zum Reinigen der Anlage ist es möglich, den kurz vor dem Einlaufverteiler angeordneten Absperrschieber (s. Anl. K 8, Schnittzeichnung A – A) zu schließen, das Medium bis in den oberhalb des Leitungssystems angeordneten Behälter aufzustauen und nach Öffnen des Absperrschiebers schlagartig aus dem System abzulassen.

Eine zweite Ausführungsform befindet sich im Werk der DC AG in Oberutzendorf (nachfolgend: Ausführungsform II) und entspricht der nachstehend wiedergegebenen von den Beklagten in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vorgelegten Prinzipzeichnung; die Klägerin hat insoweit auf die Zeichnung gemäß Anl. K 9 und Beklagten haben zusätzlich auf das Gutachten Prof. Dr. X nebst dortiger Abbildung 4 Bezug genommen.

Bei dieser Anlage, die in gleicher Weise funktioniert wie die Ausführungsform I, gelangt das zu entsorgende Medium nach dem Verlassen des senkrechten Fallrohres in eine etwa 50 Meter lange offene und drucklose Rinne, die von der Werkshalle weg mit etwa 1 % Gefälle unter der Kellerdecke verläuft und in den entfernt gelegenen Sammeltank führt.

Die Klägerin sieht in beiden Vorrichtungen eine mittelbare Verletzung des Klagepatentanspruches 1 und eine unmittelbare Verletzung des Klagepatentanspruches 4. Sie hat vor dem Landgericht vorgetragen: Kern der Erfindung sei die Ausnutzung der geodätischen Fallhöhe und die Erzeugung eines Unterdrucks in einem geschlossenen Leitungssystem, um die gewünschte hohe Strömungsgeschwindigkeit zu erreichen. Hierzu genüge es, dass eine ausreichende Fallhöhe vorhanden sei. Sei diese Fallhöhe – wie bei den angegriffenen Anlagen – vorhanden, könne der Sammeltank auch über dem Niveau der Anfallorte liegen. Es sei daher unerheblich, dass bei der Ausführungsform I das Niveau des Sammelbehälters um etwa 48 cm oberhalb des Niveaus der Zulaufbehälter der Werkzeugmaschinen liege. Ebenso wenig stehe einer Patentverletzung durch die Ausführungsform II entgegen, dass das Medium nach dem Verlassen des geschlossenen Rohrleitungssystems die erwähnte offene Rinne passieren müsse, bevor es den Sammeltank erreiche. Der Fachmann wisse, dass er das Medium nach dem Zurücklegen des geodätischen Gefälles auch durch eine offene Rinne in den Sammeltank leiten könne, ohne den erfindungsgemäß angestrebten Erfolg zu gefährden.

Die Beklagten sind dem entgegengetreten und haben eingewandt, bei der Ausführungsform I sei das in der Zeichnung gemäß Anlage K 8 von der Klägerin als Einlaufverteiler bezeichnete Bauteil der Sammeltank, während das als Sammeltank mit Filter bezeichnete Bauteil eine nicht zum Sammeltank gehörende Aufbereitungsanlage darstelle. Dieser Sammeltank liege deutlich höher als das Niveau der Zulaufbehälter. Erfindungsgemäß müsse der Sammeltank jedoch etwa auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder darunter liegen, um die angestrebte hohe Strömungsgeschwindigkeit bei geringem Raumbedarf zu erzielen. Das sei mit einer beliebigen Höhendifferenz nicht möglich; dies habe auch der Prüfer im Erteilungsverfahren des Klagepatentes für wesentlich gehalten. Liege das Niveau des Sammeltanks oberhalb desjenigen der Zulaufbehälter, vergrößere sich die Gesamthöhe der Anlage und damit auch deren Platzbedarf.

Beide Ausführungsformen unterschieden sich von der Lehre des Klagepatentes dadurch, dass das Medium bei der für den Regelfall zur Entsorgung vorgesehenen Betriebsweise nicht in einen Einlaufhochbehälter gepumpt werde, sondern aus der Hochleitung direkt in die zum geschlossenen Leitungssystem gehörende Freispiegelleitung gelange, die ein Gefälle habe, damit das Medium kontinuierlich in den Sammeltank abfließen könne. Diese Leitung könne nicht horizontal ausgebildet sein und benötige erfindungswidrig besondere Reinigungsmaßnahmen. Erfindungsgemäß müsse das Medium im übrigen den Einlaufhochbehälter immer durchlaufen, auch wenn es nicht gestaut werde. Bei den angegriffenen Anlagen fülle sich das oberhalb der Freispiegelleitung angeordnete Gefäß dagegen nur, wenn das Medium durch Schließen des Absperrschiebers bis in diesen Behälter zurückgestaut werde. Diese Arbeitsweise werde nur für besondere Reinigungsvorgänge, aber nicht zur ständigen Entsorgung eingesetzt.

Bei der Ausführungsform II komme hinzu, dass die Freispiegelleitung in eine offene Rinne münde, die ihrerseits an der Aufbereitungsanlage und nicht im Sammeltank ende.

Durch Urteil vom 29. Juni 2004 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen entsprochen und hinsichtlich beider Ausführungsformen wie folgt erkannt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsstrafe, entweder als Ordnungsgeld bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder als Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, bei wiederholtem Verstoß bis zu insgesamt zwei Jahren

zu unterlassen,

a)
Vorrichtungen zum Entsorgen von flüssigen Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie, mit denen das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über Rohrleitungen zu einem tiefergelegenen Sammeltank transportiert wird,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 0 413 xxx anzubieten und/oder zu liefern,

wobei das zu entsorgende Medium von dem jeweiligen Anfallsort aus über eine Hochleitung zu einem über dem Niveau der Zulaufbehälter liegenden Einlaufhochbehälter gepumpt wird, von wo aus es diskontinuierlich über ein geschlossenes Rohrleitungssystem zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder darunter liegenden Sammeltank weitergeleitet wird,

b)
Vorrichtungen zur Durchführung des vorstehend zu a) beschriebenen Verfahrens mit Rohrleitungen, die zum Transport des zu entsorgenden Mediums von dem jeweiligen Anfallsort zu einem tieferliegenden Sammeltank führen,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 0 413 xxx herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen
oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen ein über dem Niveau der Zulaufbehälter liegender Einlaufhochbehälter vorhanden ist, der über den Anfallsorten angeordnet ist, und der jeweils über eine Hochleitung mit dem jeweiligen Anfallsort verbunden ist, und bei denen ein sich an den Einlaufhochbehälter anschließendes Rohrleitungssystem vorhanden ist, das zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder darunter liegenden Sammeltank führt,

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die vorstehend zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 18. April 1996 begangen worden sind, und zwar unter Angabe

a)
der Herstellungsmengen und –zeiten,

b)
der einzelnen Lieferungen (einschließlich Pumpen und Filter), aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und der Einsatzorte,

c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen,

d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Vertriebskosten und des erzielten Gewinns.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 18. April 1996 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Zur Begründung hat es ausgeführt, beide angegriffenen Anlagen verwirklichten die im Vorrichtungsanspruch 4 beschriebenen Merkmale wortsinngemäß, und mit ihnen könne ein Verfahren ausgeübt werden, das der technischen Lehre des Verfahrensanspruches 1 wortsinngemäß entspreche. Bei geschlossenem Absperrschieber am Ende des Rohrleitungssystems lasse sich das Medium durch die Einwirkung der Förderpumpe aus dem Zulaufbehälter bis in den als Einlaufhochbehälter zu betrachtenden Behälter oberhalb des Leitungssystems (vgl. Anl. B 1) aufstauen; bei einem anschließenden Öffnen des Absperrschiebers gelange das gesamte im Leitungssystem und im Behälter befindliche Medium unter Ausnutzung des geodätischen Gefälles zwischen Einlaufhochbehälter und Sammeltank in letzteren. Dass das Rohrleitungssystem bzw. die Freispiegelleitung ein Gefälle aufweise, welches es erforderlich mache, zunächst einen Rückstau zu bilden, sei nach der Lehre des Klagepatentes nicht ausgeschlossen. Die Ausführungsform I verwirkliche bei dieser diskontinuierlichen Betriebsweise auch die Vorgabe, das zu entsorgende Medium zu einem tiefer, nämlich annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter liegenden Sammeltank zu fördern. Sammeltank sei nicht der – nach dem übereinstimmenden Vorbringen in der mündlichen Verhandlung als offenes Behältnis ausgebildete – Einlaufverteiler, sondern die in der Zeichnung Anlage K 8 als Sammeltank mit Filter bezeichneten Behältnisse; erst dort werde das zu entsorgende Medium gesammelt. Diese Behältnisse lägen mit etwa 48 cm oberhalb der Ebene der Zulaufbehälter noch annähernd auf deren Niveau.

Beide angegriffenen Vorrichtungen leiteten das Medium über ein geschlossenes Rohrleitungssystem vom Einlaufhochbehälter zum Sammeltank. Dass das Medium bei der Oberutzendorfer Anlage nach dem Verlassen des geschlossenen Rohrleitungssystems vor dem Erreichen des Sammeltanks eine etwa 50 m lange offene Rinne passieren müsse, stehe dem nicht entgegen. Das Klagepatent setze nicht voraus, dass das geschlossene Rohrleitungssystem unmittelbar in den Sammeltank münde. Bei technisch-funktionaler Betrachtungsweise sei im diskontinuierlichen Betrieb allein erforderlich, dass mit dem geschlossenen Rohrleitungssystem ein geodätisches Gefälle realisiert werde und der für eine hohe Strömungsgeschwindigkeit erforderliche Unterdruck entstehen könne. Die Anordnung eines offenen Bauteils, das das Medium hinter dem geschlossenen Rohrleitungssystem zum Sammeltank weiterleite, wie dies bei den angegriffenen Vorrichtungen in Gestalt des Einlaufverteilers bzw. der Rinne geschehe, ändere nichts daran, dass das erfindungsgemäß angestrebte geodätische Gefälle sowie der Unterdruck im geschlossenen Rohrleitungssystem in gleicher Weise verwirklicht würden, als sei der Sammeltank so groß ausgestaltet, dass er bis an das geschlossene Rohrleitungssystem heranreiche.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil verfolgen die Beklagten ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und beantragen,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die
Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

und widerspricht dem Aussetzungsantrag. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten zur Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen. Bei der Ausführungsform II würden ungeachtet der nachgeschalteten breiten Rinne in dem vom Klagepatent als kritisch betrachteten Produktionsbereich alle erfindungsgemäß angestrebten Vorteile erreicht. Im Produktionsbereich habe die Beklagte zu 1. die nachteiligen Bodenrinnen durch hochgelegte Leitungen ersetzt; die außerhalb der Werkshalle liegende Rinne habe vor dem Einbau der hochgelegten Leitungen das Medium aus den Bodenrinnen gesammelt und sei übernommen worden, weil sie wegen ihrer Dimensionierung und ihres ausreichenden Gefälles auch nach der Errichtung der neuen Anlage zur Weiterleitung des Mediums geeignet erschienen sei. Das entspreche der schutzbeanspruchten technischen Lehre jedenfalls mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Auf die – ohnehin in jedem Einzelfall variierende – Entfernung des geschlossenen Leitungssystems zum Sammeltank komme es nicht an. Bei der Ausführungsform I diene der Einlaufverteiler als „Puffergefäß“ zum Abbremsen des herunterstürzenden Mediums; seine Kapazität betrage nur 4 m³. Zwar werde nicht die gesamte Höhe der Anlage für ein geodätisches Gefälle genutzt, die tatsächlich genutzte Fallhöhe reiche jedoch für diesen Zweck aus.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur zum Teil begründet, nämlich soweit die Beklagten ihre Verurteilung hinsichtlich der Ausführungsform II angreifen. Mit Recht hat das Landgericht dagegen die Ausführungsform I für klagepatentverletzend gehalten. Insoweit ist der Senat davon ausgegangen, dass die Klägerin gegen den Beklagten zu 2, nachdem die Beklagte zu 1. in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2005 erklärt hat, er sei am 31. Oktober 2005 aus ihrer Geschäftsführung ausgeschieden, Ansprüche auf Schadenersatz und Rechnungslegung nur noch bis zu diesem Tag erhebt und eine Anpassung des Klageantrages versehentlich unterblieben ist. Entsprechend hat der Senat die Verurteilung des Beklagten zu 2. eingeschränkt.

A.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Entsorgen flüssiger Medien aus der Industrie; als Beispiele nennt die Klagepatentschrift in der Beschreibungseinleitung Kühl- und Schleifmittel sowie Bohr- und Schleiföle, die bei der Bearbeitung von Werkstücken an Werkzeugmaschinen anfallen und Produktionsrückstände wie Späne, Pulver oder Schleifstaub enthalten können. Die Entsorgung besteht darin, das Medium vom jeweiligen Anfallort – einer Werkzeugmaschine bzw. deren Zulaufbehälter – über Rohrleitungen in einen tiefer liegenden Sammeltank abzuführen. Von dort kann das Medium – gegebenenfalls nach einer Reinigung und einem Abscheiden der Produktionsrückstände – zu den Werkzeugmaschinen zurückgefördert werden.

Das in Anspruch 1 beschriebene Verfahren weist die in den Merkmalen 1 bis 3.2 der nachstehenden Merkmalsgliederung angegebenen Schritte auf, und die in Anspruch 4 umschriebene Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens die Merkmale 2 bis 4.2. Wenn eine solche Vorrichtung nicht geeignet ist, das Verfahren gemäß Anspruch 1 auszuüben, so ist auch Anspruch 4 nicht erfüllt.

Im Stand der Technik erfolgte die Ableitung des Mediums bodenseitig entweder über offene Entsorgungsrinnen oder geschlossene im Boden verlegte Rohrleitungen. Daran beanstandet die Klagepatentbeschreibung neben dem hohen Installationsaufwand den hohen Platzbedarf, der vor allem daraus resultiert, dass die Leitungen ein entsprechendes Gefälle aufweisen müssen und der tieferliegende Sammeltank unterhalb des Bodens – meist im Keller – installiert werden muss. Das aus Platzgründen regelmäßig nur flach ausbildbare Gefälle erfordert nicht nur große Leitungslängen, sondern führt auch zu einer geringen Fließgeschwindigkeit, die ihrerseits Schmutzablagerungen durch Sedimentation begünstigt, weshalb zusätzliche Maßnahmen zur Reinigung – etwa Spüldüsen – notwendig sind. Offene Rinnen können außerdem überlaufen, und geschlossene Rohrleitungen können bei dieser herkömmlichen Betriebsweise als Freispiegelleitungen nur zur Hälfte befüllt werden, da stets ein entsprechender Luftraum vorhanden sein muss. Bodenkanäle verringern die Produktionsflächen und bereiten Probleme bei betriebsinternen Umstellungen in dem jeweiligen Gebäude (Klagepatentschrift, Spalte 1, Zeilen 25 bis 44).

Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht darin, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Entsorgen flüssiger Medien zu schaffen, das bei einfachem Aufbau und geringem Platzbedarf eine gute und problemlose Entsorgung ermöglicht.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird in Anspruch 1 ein Verfahren zum Entsorgen flüssiger Medien mit Produktionsrückständen aus der Industrie vorgeschlagen, das folgende Verfahrensschritte aufweist:

1.
das zu entsorgende Medium wird von dem jeweiligen Anfallort aus über Rohrleitungen zu einem tieferliegenden Sammeltank transportiert,

2.
das zu entsorgende Medium wird von dem jeweiligen Anfallort aus über eine Hochleitung zu einem Einlaufhochbehälter gepumpt,

2.1
der Einlaufhochbehälter liegt über dem Niveau der Zulaufbehälter,

3.
vom Einlaufhochbehälter wird das zu entsorgende Medium kontinuierlich
oder diskontinuierlich zu dem Sammeltank weitergeleitet, wobei

3.1
die Weiterleitung über ein geschlossenes Rohrleitungssystem erfolgt und

3.2
der Sammeltank annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder darunter liegt.

Die in Anspruch 4 zur Durchführung dieses Verfahrens vorgeschlagene Vorrichtung weist folgende Merkmale auf:

1.
Es handelt sich um eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3,

2.
mit Rohrleitungen, die zum Transport des zu entsorgenden Mediums von dem jeweiligen Anfallsort aus zu einem tieferliegenden Sammeltank führen,

3.
mit einem oder mehreren Einlaufhochbehältern, die

3.1
über dem Niveau der Zulaufbehälter liegen,

3.2
über dem oder den Anfallsorten angeordnet sind und

3.3
jeweils über eine Hochleitung mit dem jeweiligen Anfallsort verbunden sind,

4.
mit einem Rohrleitungssystem, das

4.1
sich an den Einlaufhochbehälter anschließt und

4.2
zu dem annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder darunter liegenden Sammeltank führt.

Nach dem Verständnis des angesprochenen Durchschnittsfachmanns – nach den Ausführungen des Bundespatentgerichts im Nichtigkeitsverfahren (Anlage WKS 2a, S. 10) ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit Grundkenntnissen in der Hydraulik – ist es wesentlich für die Erfindung, das zu entsorgende Medium vom Anfallort aus nicht mehr bodenseitig abzuführen, sondern in hochliegenden Leitungen. Hierzu ist das Medium vom Anfallort aus in einen oder mehrere Einlaufhochbehälter hochzuleiten und von dort durch ein an den/die Einlaufhochbehälter anschließendes geschlossenes Rohrleitungssystem zum Sammeltank zu transportieren. Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass – neben der weiterhin durchführbaren konventionellen Abführung des Mediums durch Freispiegelleitungen – auch eine Betriebsweise möglich ist, bei der das Medium im geschlossenen Rohrleitungssystem unter Ausnutzung eines geodätischen Gefälles mit einer so hohen Strömungsgeschwindigkeit in den Sammeltank abgeführt werden kann, dass sich Ablagerungen gar nicht erst bilden können bzw. das zu entsorgende Medium beim Durchströmen des geschlossenen Rohrleitungssystems vorhandene Ablagerungen wegspült. Fällt nur wenig Medium an, kann dies etwa durch die im Ausführungsbeispiel beschriebene Betriebsweise erreicht werden, bei der das Medium im geschlossenen Rohrleitungssystem zurück bis in den Einlaufhochbehälter aufgestaut und anschließend schlagartig in den Sammeltank abgelassen wird. Da das Rohrleitungssystem dann über den gesamten Rohrleitungsquerschnitt mit Medium gefüllt ist, erzeugt die ablaufende Flüssigkeitssäule unter der Wirkung des geodätischen Gefälles nach Art eines Pumpenkolbens einen Unterdruck, der für ein Nachsaugen von Flüssigkeit oder Luft und für die bereits erwähnte hohe Strömungsgeschwindigkeit sorgt. Diese Reinigung erfolgt durch das zu entsorgende Medium selbst, ohne dass noch zusätzliche Reinigungsmaßnahmen ergriffen werden müssen und dementsprechend auch keine zusätzlichen Vorrichtungen zur Reinigung wie etwa Spüldüsen benötigt werden (Klagepatentschrift Spalte 2, Zeilen 1 bis 18 und 24 bis 30; Spalte 3, Zeilen 23 bis 29 und Spalte 7, Zeilen 35 bis 44). Bei einer solchen Betriebsweise sind entgegen der Ansicht der Beklagten die Reinigung des geschlossenen Rohrleitungssystems und die Entsorgung des Mediums nicht voneinander trennbar; mit der Reinigung wird gleichzeitig unter Ausübung des in Anspruch 1 unter Schutz gestellten Verfahrens das Medium entsorgt.
Wenn in Merkmal 3 des Verfahrensanspruches 1 von einer kontinuierlichen oder diskontinuierlichen Weiterleitung des Mediums die Rede ist (der Vorrichtungsanspruch 4 erwähnt dieses Begriffspaar nicht), dann muss auch bei einer kontinuierlichen Betriebsweise, wie sie in Anspruch 1 unter Schutz gestellt wird, der gesamte Querschnitt des Rohrleitungssystems vollständig mit Flüssigkeit gefüllt sein. Entgegen der Ansicht der Klägerin erscheint dem angesprochenen Durchschnittsfachmann eine derartige Betriebsweise durchaus möglich; sie wird auch in der Klagepatentbeschreibung erwähnt (vgl. Spalte 7, Zeilen 16 bis 20). Sind nämlich in entsprechend hoher Zahl Anfallorte und auch Einlaufhochbehälter in entsprechend großer Zahl und/oder Füllkapazität vorhanden und ist der Rohrleitungsquerschnitt so bemessen, dass nicht alle Behälter gleichzeitig entleert werden können, sondern das darin aufgestaute Medium nur allmählich abgelassen werden kann, dann sammelt sich das aus den Zulaufbehältern nachgeförderte Medium dort ständig in gewissem Umfang an. Die Abgabemenge aus dem Einlaufhochbehälter und die Leitungsquerschnitte lassen sich so bemessen, dass die aus den Einlaufhochbehältern abgegebene Menge der in den Sammeltank abgelassenen Menge entspricht und der Füllstand in den Einlaufhochbehältern im wesentlichen gleich bleibt. Dann ist jedenfalls der hinter dem letzten Einlaufbehälter liegende Teil des geschlossenen Rohrleitungssystems mit seinem gesamten Querschnitt kontinuierlich und ständig mit Medium gefüllt. Etwas anderes ist auch in Spalte 6, Zeilen 48 bis 53 der Klagepatentschrift nicht gesagt, die erkennbar diese Betriebsart in Bezug nimmt, aber nur andeutungsweise beschreibt. Die Lehre des Klagepatentes schließt es auch nicht aus, dass die in Anspruch 4 beschriebene Vorrichtung auch in einer dem Stand der Technik entsprechenden kontinuierlichen Betriebsweise arbeiten und die Rohre des geschlossenen Systems als „Freispiegelleitungen“ nutzen kann. Anspruch 4 verlangt nicht, dass ständig eine der beiden in Anspruch 1 unter Schutz gestellten Betriebsarten ausgeführt wird, und auch Anspruch 1 stellt in Merkmal 3 in Verbindung mit den Ausführungen in der Klagepatentbeschreibung (Spalte 6, Zeile 42 bis Spalte 7, Zeile 21 und Spalte 2, Zeilen 19 bis 21) lediglich klar, dass sowohl für eine kontinuierliche als auch für eine diskontinuierliche Arbeitsweise nur Schutz beansprucht wird, sofern hierbei das geodätische Gefälle ausgenutzt wird. Auch die Klagepatentschrift geht davon aus, dass dies bei einer kontinuierlichen Arbeitsweise nur selten wird geschehen können, weil die dafür benötigten Mengen an Medium in aller Regel nur bei entsprechend zahlreichen Anfallorten und/oder hohen Anfallmengen zur Verfügung stehen. Das Merkmal 3 des Anspruches 1 ist bereits erfüllt, wenn eine der beiden dort genannten Betriebsarten ausgeübt wird.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich die Funktion des Einlaufhochbehälters: Er ist ein Behältnis, das einerseits ein Reservoir bildet, das beim Entstehen des Unterdruckes noch eine gewisse Fluidmenge zum Nachsaugen verfügbar machen soll, damit der Unterdruck und die hohe Strömungsgeschwindigkeit zur Selbstreinigung des geschlossenen Leitungssystems noch eine Zeit aufrechterhalten werden kann, er soll weiterhin für den Fall, dass bei einer diskontinuierlichen Betriebsweise nicht bereits im Leitungssystem aufgestaut wird, eine Flüssigkeitsmenge bereitstellen, die bei seiner Entleerung den Querschnitt des geschlossenen Rohrleitungssystems zur Erzeugung des Unterdrucks insgesamt ausfüllt, und er soll ein „Zwischenlager“ bilden, in dem das aus den Zulaufbehältern nachgeförderte Medium untergebracht werden kann, bis der Einlaufbehälter entleert wird. Die Anweisungen in Merkmal 2 des Anspruches 1, das Medium vom Anfallort aus über eine Hochleitung zum Einlaufhochbehälter zu pumpen, und in den Merkmalen 3 und 3.3 des Anspruches 4, den Einlaufbehälter über eine Hochleitung mit dem jeweiligen Anfallort zu verbinden, verlangen aus der Sicht des Durchschnittsfachmannes nicht, dass die Hochleitung dem Ausführungsbeispiel und der Figurendarstellung der Klagepatentschrift folgend unmittelbar in den Einlaufhochbehälter mündet. Sind weder das Rohrleitungssystem noch der Einlaufhochbehälter gefüllt, läuft das Medium bei einer solchen Ausgestaltung ohnehin erst durch diesen hindurch; bei der erfindungsgemäßen diskontinuierlichen Betriebsweise erfüllt er seine Funktionen erst, wenn das System vollständig gefüllt ist und das Medium sich bis in den Einlaufhochbehälter staut. Erfindungsgemäß ist es auch möglich, die Hochleitung nur bis zur horizontalen Sammelleitung zu führen. Ist diese vollständig mit Medium gefüllt, fördert die Pumpe weiteres Medium aus dem Zulaufbehälter zwangsläufig in den Einlaufhochbehälter.

Der Sammeltank ist dasjenige Behältnis, in das das Medium nebst den Produktionsrückständen entsorgt wird; er nimmt das Medium auf und sammelt es, bevor es gegebenenfalls zu den Anfallorten zurückgeleitet wird (vgl. Klagepatentschrift, Spalte 2, Zeilen 36 bis 49). Das schließt nicht aus, im Sammeltank auch die im Medium enthaltenen Produktionsrückstände abzuscheiden. Unteranspruch 3 erfasst auch diese Möglichkeit (vgl. auch Spalte 2, Zeilen 47 und 48); denn dort ist offen gelassen, ob die Verunreinigungen im Sammeltank (vgl. Spalte 4, Zeilen 17 bis 21) oder in nachgeschalteten Funktionseinheiten aus dem Medium entfernt werden (zu letzterer Variante siehe Spalte 3, Zeilen 45 bis 50; Spalte 5, Zeilen 28 bis 29; Spalte 7, Zeilen 26 bis 34).

An den Einlaufhochbehälter schließt sich nach Merkmal 3.1 des Anspruches 1 ein geschlossenes Rohrleitungssystem an, das zum Sammeltank führt (vgl. Merkmalsgruppe 3 des Anspruchs 1 und Merkmalsgruppe 4 des Anspruches 4). Es geht dabei nicht nur darum, unter Ausnutzung des geodätischen Gefälles eine hohe Strömungsgeschwindigkeit auch in den horizontalen Teilen des Systems zu erzeugen, vielmehr soll die erzeugte starke Strömung die gesamte Leitungsstrecke vom Einlaufhochbehälter bis zum Sammeltank von Feststoffablagerungen freihalten. Eine auch nur teilweise offene Gerinnestrecke lässt das angestrebte Freispülen der Leitung grundsätzlich nicht zu (vgl. BPatG, a.a.O., S. 9 Abs. 1.2). Hiermit übereinstimmend werden in der Klagepatentschrift Ausgestaltungen, bei denen das Medium neben Rohrleitungen auch offene Rinnen durchströmt, aus den eingangs genannten Gründen abgelehnt. Offene Rinnen leisten nicht das, was das klagepatentgemäße geschlossene Rohrleitungssystem bewirken soll. Vor diesem Hintergrund betrachtet der Durchschnittsfachmann eine vor dem Sammeltank liegende offene Rinne auch nicht als Teil des Sammeltanks; sie dient nicht der Sammlung des zu entsorgenden Mediums, sondern dessen Weitertransport.

Die Vorgabe in den Merkmalen 1 und 3.2 des Anspruches 1 und in den Merkmalen 2 und 4.2 des Anspruches 4, das Medium in einen tiefer, nämlich annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder darunter liegenden Sammeltank zu leiten, bezieht sich zusammen mit der Vorgabe von Merkmal 2.1 des Verfahrensanspruches 1 und Merkmal 3.1 des Vorrichtungsanspruches 4, einen oberhalb der Zulaufbehälter liegenden Einlaufhochbehälter vorzusehen, auf das Entstehen eines für die Erzeugung des benötigten Unterdruckes ausreichend hohen geodätischen Gefälles. Was unter „annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter“ zu verstehen ist, insbesondere bei welchem Höhenunterschied zum Einlaufhochbehälter diese Anweisung noch eingehalten ist, bemisst sich anhand der Relation zur Fallhöhe. Ist der Höhenunterschied zwischen Zulauf- und Einlaufhochbehälter verhältnismäßig gering, muss der Sammeltank, damit eine für ein geodätisches Gefälle ausreichende Fallhöhe vorhanden sein soll, auf dem Niveau der Zulaufbehälter oder besser noch darunter liegen. Ist der Höhenunterschied zwischen Zulauf- und Einlaufhochbehältern so groß, dass nicht die gesamte Differenz zur Erzeugung des angestrebten Unterdruckes nötig wird, erkennt der Durchschnittsfachmann, dass er bei der Bemessung dessen, was unter „annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter liegend“ zu verstehen ist, wesentlich mehr Spielraum hat. Der Durchschnittsfachmann wird andererseits den Begriff „Sammeltank“ in diesem Zusammenhang nicht nur auf den Tankboden als tiefste Stelle beziehen. Denn der Sammeltank wird ihm nur nach seiner Funktion beschrieben und muss so aufgebaut sein, dass seine vorgegebene Kapazität voll ausgenutzt werden kann. Seine Füllstandshöhe darf in die Berechnung der benötigten Gefällestrecke nicht einbezogen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man die von den Beklagten zitierten Äußerungen des Prüfers im Erteilungsverfahren (Anl. B 2) indiziell als sachkundige Hinweise darauf heranzieht, wie der Durchschnittsfachmann das betreffende Merkmal versteht. Auch sie lassen nicht erkennen, dass die Lehre des Klagepatentes voraussetzt, das auszunutzende geodätische Gefälle in jedem Einzelfall so groß wie möglich auszubilden. Ein derartiges Verständnis hat in der Klagepatentschrift auch keinen Niederschlag gefunden. Der Durchschnittsfachmann wird aus diesem Grund auf den Einlass in dem Sammeltank oder auf das Niveau des Mediums im Sammeltank abstellen, bis zu dem das geodätische Gefälle sinnvoll genutzt werden kann.

B.

Von der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre macht nur die Ausführungsform I Gebrauch, nicht dagegen die Ausführungsform II.

1.
Die Ausführungsform I (Neukölln) verwirklicht die beanspruchte Lehre des Klagepatentes wortsinngemäß.

a) Sie ist geeignet, das in Anspruch 1 umschriebene Verfahren auszuüben.

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Anlage im Regelfall – wie die Beklagten vortragen – konventionell in der Weise betrieben wird, dass das Medium kontinuierlich aus den Zulaufbehältern in die im Wesentlichen horizontal – mit 1 % Gefälle – verlaufende als Freispiegelleitung betriebene Sammelleitung gepumpt und von dieser kontinuierlich in den Sammeltank geleitet wird, denn diese Betriebsweise ist nicht Gegenstand des Klageangriffes. Angegriffen wird die Anlage wegen der zu ihrer Reinigung eingesetzten Arbeitsweise, bei der der vor dem Erreichen des Einlaufverteilers befindliche Absperrschieber geschlossen und das Medium bis in den Einlaufhochbehälter aufgestaut und sodann durch Öffnen des Absperrschiebers schlagartig abgelassen wird.
Wortsinngemäß verwirklicht werden bei dieser Betriebsart die Merkmale 1 und 3.2. Das Medium wird vom Anfallort über Rohrleitungen zum tiefer, nämlich annähernd auf dem Niveau der Zulaufbehälter liegenden Sammeltank geleitet. Sammeltank im Sinne des Klagepatentes ist nicht das in Anlage K8 als Einlaufverteiler bezeichnete Behältnis, sondern sind die beiden darunter befindlichen Sammeltanks mit Filter. Der Einlaufverteiler ist nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nach unten offen und bildet für das Medium nur eine Durchgangsstation, von der aus es in einen der beiden Sammeltanks weitergeleitet wird. Erst dort wird es endgültig aufgenommen; in diese beiden Behälter wird das Medium entsorgt. Dass es dort zugleich gereinigt wird, steht der Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre, wie bereits im vorstehenden Abschnitt A. ausgeführt wurde, nicht entgegen.
Allerdings reicht das zur Strömungserzeugung nutzbare geodätische Gefälle nicht bis zum Boden des Sammeltankes, sondern endet schon am Einlaufverteiler, der als unstreitig offenes Behältnis drucklos ist, also etwa 2,5 m oberhalb des Zulaufbehälterniveaus. Dass die als Höhendifferenz verbleibenden 6 m zur Erzeugung der zum Reinigen der Rohre benötigten hohen Strömungsgeschwindigkeit nach dem Aufstauen des Mediums in den Einlaufhochbehälter nicht ausreichen, behaupten auch die Beklagten nicht. Das Klagepatent setzt auch nicht voraus, dass die gesamte Höhendifferenz vom Einlaufhochbehälter bis zum Boden des Sammeltanks für das geodätische Gefälle zur Verfügung steht, denn es wird weder vorgeschrieben, dass die Einlaufstelle des geschlossenen Rohrleitungssystems in Höhe des Sammeltank-Bodens liegen muss, noch, dass die Einlaufstelle annähernd auf dem Niveau des Zulaufbehälters oder darunter zu liegen hat. Ohne Rücksicht auf die Lage des Sammeltank-Einlaufes wird lediglich allgemein vorgegeben, dass der Sammeltank auf dieser Höhe angeordnet sein muss, so dass das Merkmal 3.2 auch Konfigurationen erfasst, bei denen das Medium in den oberen Bereich des Sammeltankes einläuft, obwohl bei solchen Ausgestaltungen die restliche Höhendifferenz bis zum Tankboden, da der Sammeltank drucklos ist, nicht mehr zur Erzeugung eines Unterdruckes genutzt werden kann. In dieser Weise arbeitet auch die in der Figurendarstellung der Klagepatentschrift gezeigte Vorrichtung. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die Gesamthöhe der Anlage gegenüber einem Einlassen an einer tiefer gelegenen Stelle des Sammeltankes mehr Platz benötigt, weil die Erfindung nicht die maximal mögliche Platzersparnis anstrebt, sondern nur im Grundsatz auf weniger Platzbedarf des Leitungssystems gerichtet ist, indem die flächenintensiven Bodenrinnen entfallen, die Sammelleitung nicht mehr im Boden verlegt werden muss, sondern oberhalb der Werkzeugmaschinen verlaufen kann, und auch der Sammeltank nicht mehr in einem tiefergelegten Stockwerk untergebracht zu werden braucht.
Verwirklicht wird auch das Merkmal 2. Das Medium wird bei der Neuköllner Anlage vom Anfallort aus über eine Hochleitung in einen Einlaufhochbehälter gepumpt. Als Einlaufhochbehälter dient das von den Beklagten als Rücklaufspeicherbehälter bezeichnete Gefäß. Ohne Bedeutung ist hierbei, dass der Abnehmer die Anlage im Regelfall wie eine herkömmliche Vorrichtung betreibt und das Medium bei dieser Betriebsweise überhaupt nicht in den Rücklaufspeicherbehälter, sondern sofort in die Sammelleitung gelangt, die wie im Stand der Technik als Freispiegelleitung betrieben wird und das Medium ohne Ausnutzen eines geodätischen Gefälles in den Sammeltank abführt. Unstreitig kann die Anlage auch wie im Ausführungsbeispiel beschrieben und damit so arbeiten, dass der am Ende des Rohrleitungssystems befindliche Absperrschieber geschlossen wird, das Medium sich im Leitungssystem und anschließend im Rücklaufspeicherbehälter aufstaut, bevor es diskontinuierlich abgelassen wird und hierbei auch die erfindungsgemäßen Vorteile genutzt werden. Das vorhandene geodätische Gefälle erzeugt eine hohe Strömungsgeschwindigkeit, bei der das zu entsorgende Medium selbst beim Durchströmen die Leitungen reinigt, ohne dass es zusätzlicher Reinigungsvorrichtungen oder –maßnahmen bedarf. Dass bei dieser Betriebsweise ein ausreichend hohes geodätisches Gefälle vorhanden ist, stellen die Beklagten nicht in Abrede, und es ergibt sich auch aus den Ausführungen des Privatgutachtens Prof. Dr. X. Auch diese Betriebsweise ist eine bestimmungsgemäße Arbeitsweise der Anlage; wie oft die Anlage so betrieben wird, ist unerheblich.

Dass das Medium zunächst nicht in den Einlaufhochbehälter gelangt, sondern unmittelbar in die Sammelleitung und erst nach Schließen des am Ende des Rohrleitungssystems befindliche Absperrschiebers bis in den Einlaufhochbehälter gestaut wird, steht dem nicht entgegen. Zum einen erfolgt auch bei dieser Arbeitsweise die Förderung des Mediums in den Einlaufhochbehälter durch die Pumpe am Anfallort, und Anspruch 1 schreibt nicht vor, dass die Hochleitung unmittelbar in den Einlaufhochbehälter mündet; dies ist nur eine Besonderheit des Ausführungsbeispiels, auf die sich der Wortsinn des Merkmals aber nicht beschränkt.

„Pumpen über eine Hochleitung zu einem Einlaufhochbehälter“ bedeutet nur, dass das Medium bei der Förderung in den Einlaufhochbehälter die Hochleitung passieren muss, schließt aber nicht aus, zwischen Hochleitung und Einlaufhochbehälter weitere zu passierende Leitungsabschnitte zwischenzuschalten oder Abschnitten der Sammelleitung eine Doppelfunktion zuzuweisen und sie beim Aufstauen des Mediums bis in den Einlaufhochbehälter auch als Abschnitt der Hochleitung zu nutzen, wie das bei der angegriffenen Vorrichtung der Fall ist. Bei dieser Betriebsweise hat der Rücklaufspeicherbehälter auch die Funktion des erfindungsgemäßen Einlaufhochbehälters, Medium zur Verlängerung des beim Ablassen entstehenden Saugeffektes zu sammeln und zwischenzuspeichern, und auf diese Weise den sofortigen Abtransport vom Anfallort aus zu ermöglichen.

Wortsinngemäß verwirklicht ist weiterhin das Merkmal 2.1, weil der als Einlaufhochbehälter im Sinne der Erfindung dienende Rücklaufspeicherbehälter unstreitig über dem Niveau der Zulaufbehälter liegt.
Wortsinngemäß erfüllt sind weiterhin die Merkmale 3 und 3.1. Unstreitig verfügt die in Neukölln errichtete Anlage über ein geschlossenes Rohrleitungssystem und sie leitet das zu entsorgende Medium auch diskontinuierlich in den Sammeltank ab. Diskontinuierlich ist diese Arbeitsweise deshalb, weil das Medium vor jedem Ablassen aus dem Leitungssystem und dem Einlaufhochbehälter zunächst bis dorthin aufgestaut werden muss.
b) Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, erfüllt die Ausführungsform I auch die Merkmale des Vorrichtungsanspruches 4 wortsinngemäß.
2.
Dagegen erfüllt die Ausführungsform II (Oberutzendorf) auch bei der vorbeschriebenen diskontinuierlichen Arbeitsweise die unter Schutz gestellte technische Lehre weder wortsinngemäß noch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.
a) Zwar verwirklicht das von ihr ausgeübte Verfahren wortsinngemäß die Merkmale 1, 2, 2.1, 3 und 3.2, eine wortsinngemäße Verwirklichung scheitert aber daran, dass die Anlage über kein geschlossenes Rohrleitungssystem zwischen Sammeltank und Einlaufhochbehälter verfügt, wie es in Merkmal 3.1 des Patentanspruches 1 vorausgesetzt wird.
aa) Eine wortsinngemäße Verwirklichung scheitert daran, dass das Leitungssystem dieser Anlage nicht bis zum Sammeltank, sondern nur bis zum Ende des Produktionsbereichs reicht und das Medium nach dem Passieren des Absperrschiebers durch eine etwa 50 m lange offene Rinne in den Sammeltank geleitet wird. Wie vorstehend in Abschnitt A dargelegt, verlangt der technisch verstandene Wortsinn des Merkmals 3.1 aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmannes, dass sich das geschlossene Rohrleitungssystem vom Einlaufhochbehälter bis zum Sammeltank erstreckt und nicht durch offene Gerinnestrecken unterbrochen wird. Das soll insbesondere sicherstellen, dass die gesamte Entfernung der Leitungsstrecke keinerlei zusätzlichen Reinigungsmaßnahmen unterzogen werden muss, weil das Medium die gesamte Leitungsdistanz mit der durch das geodätische Gefälle erzeugten hohen Geschwindigkeit durchströmt und Ablagerungen mit fortspült. In der auf die Gefällestrecke folgenden Transportrinne ist dieser Erfolg schon deshalb nicht erreichbar, weil sie im Gegensatz zu dem geschlossenen Leitungsabschnitt stets drucklos ist und die erfindungsgemäß benötigte hohe Strömungsgeschwindigkeit jedenfalls nicht durch ein Ausfüllen des gesamten Querschnittes mit Medium erzeugt werden kann, so dass auf andere Weise gewährleistet werden muss, dass die beim diskontinuierlichen Ablassen des Mediums aus dem geschlossenen Leitungssystem kommenden großen Fluidmengen sicher und störungsfrei in den Sammeltank gelangen können. Bei der angegriffenen Anlage geschieht das dadurch, dass die Transportrinne einen wesentlich größeren Querschnitt aufweist als die geschlossenen Rohrleitungen und mit einem Gefälle von etwa 1 % verläuft.
bb) Diese Ausgestaltung verwirklicht die Lehre des Merkmals 3.1 auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.
Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung der unter Schutz stehenden Erfindung vorliegen, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte. Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, dass der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; die Bestimmung des Schutzbereiches hat sich an den Patentansprüchen auszurichten. Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruches abweichenden Ausführung zum Schutzbereich ist es erforderlich, dass die angegriffene Ausführungsform das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und dass der Fachmann die Abwandlung aufgrund seiner Fachkenntnisse am Prioritätstag aufgrund am Inhalt der Patentansprüche orientierter Überlegungen als gleichwirkendes Mittel auffinden konnte. Diese Überlegungen müssen derart an Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Gleichwertige in Betracht zieht (BGH GRUR 2002, 511, 512 – Kunststoffrohrteil, m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Es fehlt schon an einer objektiv gleichwirkenden Abwandlung. Das in Merkmal 3.1 geforderte vom Einlaufhochbehälter bis zum Sammeltank reichende geschlossene Rohrleitungssystem ist bei der Oberutzendorfer Anlage auf der Distanz zwischen dem Ende des Produktionsbereichs und dem Sammeltank ersetzt worden durch eine etwa 50 m lange Transportrinne, die, obwohl sie unter der Kellerdecke verläuft, offen ausgebildet ist. Diese Transportrinne kann die erfindungsgemäß bezweckte Wirkung eines geschlossenen Leitungssystems nicht erzielen. Weil sie offen ausgebildet ist, ist sie stets drucklos; der in dem vorausgegangenen geschlossenen Abschnitt erzeugte Unterdruck kann sich hier nicht fortsetzen, so dass auch die im geschlossenen Abschnitt erreichte und zur Selbstreinigung notwendige hohe Strömungsgeschwindigkeit nicht aufrecht erhalten werden kann. Um das Medium dennoch auch mit dem im diskontinuierlichen Betrieb anfallenden großen Mengen überlaufsicher aufnehmen und mit einer ausreichenden Geschwindigkeit weiter transportieren zu können, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, nämlich ein im Vergleich zu den Rohren des geschlossenen Systems wesentlich größerer Querschnitt und ein entsprechendes Gefälle. Beides will das Klagepatent gerade vermeiden. Aus der Sicht der unter Schutz gestellten Erfindung werden damit Vorteile preisgegeben, die das Klagepatent gerade als bedeutsam hervorhebt, wie etwa der durch die geschlossene Ausbildung mögliche geringere Leitungsquerschnitt und die hierdurch erzielte Kosten- und Raumersparnis (vgl. Klagepatentschrift, Spalte 2, Zeilen 10 bis 13); letzteres wird daran deutlich, dass die Transportrinne aufgrund ihres relativ flachen Gefälles von 1% auf der langen Strecke von 50 m nur einen Höhenunterschied von 0,5 m überwindet.
Eine solche teilweise offene Ausbildung konnte der Fachmann am Prioritätstag auch nicht mit Hilfe seiner Fachkenntnisse aufgrund an den Patentansprüchen ausgerichteter Überlegungen als zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe einem vollständig geschlossenen Rohrleitungssystem gleichwirkendes und vor allem gleichwertiges auf der Linie der unter Schutz gestellten Erfindung liegendes Mittel auffinden. Dem stehen nicht nur die vorerwähnten zusätzlichen Maßnahmen entgegen, die zur überlaufsicheren Weiterleitung des Mediums getroffen werden müssen, sondern auch der Umstand, dass eine nur drucklos passierbare Strecke aus der Sicht der unter Schutz gestellten Erfindung insbesondere keine ausreichende Selbstreinigung gewährleistet und damit gerechnet werden muss, dass von Zeit zu Zeit besondere Reinigungsmaßnahmen erforderlich werden oder ein entsprechendes, dann aber viel Platz beanspruchendes Gefälle vorgesehen werden muss. Dafür, dass aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmannes zu erwarten war, auch die Transportrinne der angegriffenen Anlage müsse zusätzlichen Reinigungsmaßnahmen unterzogen werden, spricht nicht zuletzt der Umstand, dass das Gefälle der Transportrinne, das nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren etwa 1 % beträgt, ebenso groß ist wie dasjenige in der geschlossenen „Freispiegelleitung“ innerhalb des Produktionsbereiches, dort aber bei konventioneller Betriebsweise eine Reinigung notwendig ist. Aber selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die bei der diskontinuierlichen Betriebsweise abgelassenen Fluidmengen aufgrund ihres Strömungsvolumens die mitgeführten Feststoffpartikel mit sich fortreißen können, ist eine entsprechend groß dimensionierte Rinne im Hinblick auf den dafür benötigten Platz und die fortbestehende Überlaufgefahr nicht nur ein die Linie der unter Schutz gestellten technischen Lehre verlassendes Mittel, sondern, da gerade diese Auswirkungen erfindungsgemäß vermieden werden sollen, sogar eine Lösung, die von der unter Schutz gestellten Erfindung wegführt.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die in der Klagepatentschrift an einer Verwendung offener Rinnen geübte Kritik sich in erster Linie auf offen im Boden von Werkshallen verlaufende Rinnen bezieht, während die Transportrinne der angegriffenen Anlage unterhalb der Kellerdecke verläuft und durch diese nach oben abgedeckt ist, und dass die Kritik am Stand der Technik hauptsächlich den Produktionsbereich betrifft, wo offene Rinnen besonders nachteilig sind, während die Transportrinne der angegriffenen Anlage außerhalb dieses Bereiches liegt und in ihrem Erstreckungsbereich keine Werkzeugmaschinen aufgestellt sind, bei deren Umstellung die Transportrinne stören könnte. Diese Umstände ändern nichts an dem erheblichen Platzbedarf der Transportrinne und ihrer offenen Ausbildung. Im Hinblick auf die große Länge der Transportrinne von 50 m kann auch nicht entscheidend darauf abgestellt werden, der erfindungsgemäß angestrebte Erfolg werde wegen seiner Verwirklichung im Produktionsbereich gerade dort erreicht, wo es besonders wichtig sei, und demgegenüber sei die vom Medium in einer offenen Gerinnestrecke zu passierende Entfernung vernachlässigbar kurz. Auch darauf, ob diese Rinne bei der Errichtung der angegriffenen Anlage schon bauseits vorhanden war oder ob sie mit installiert worden ist, kann es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ankommen. Unter diesen Umständen ist es auch ein Gebot der Rechtssicherheit, dass Dritte sich angesichts der hier gegebenen Formulierung der Patentansprüche darauf verlassen können müssen, nicht wegen einer Anlage in Anspruch genommen zu werden, die abweichend von der Vorgabe eines bis zum Sammeltank reichenden geschlossenen Rohrleitungssystems abweicht und über eine Strecke von 50 m anstelle einer geschlossenen Leitung eine offene Rinne benutzt.
b) Aus diesen vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass auch der Vorrichtungsanspruch 4 nicht erfüllt wird.

C.
Aus den vorstehenden Ausführungen zu B.1 folgt, dass die angegriffene Ausführungsform I das Klagepatent im Umfang seines Verfahrensanspruches 1 mittelbar verletzt; da sie das erfindungsgemäße Verfahren ausüben kann, ist sie ein Mittel im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Auch die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung liegen vor. Nach der Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass der Benutzer die Anlage jedenfalls intermittierend von Zeit zu Zeit nach dem in Anspruch 1 unter Schutz gestellten Verfahren betreiben wird. Die Anlage muss gereinigt werden, verfügt aber über keine besondere Spülvorrichtungen. Will der Benutzer die Anlage patentfrei einsetzen, muss er solche besonderen Vorrichtungen zur Reinigung zusätzlich installieren lassen. Verzichtet er auf diesen Installationsaufwand, kann er sie nur dann patentfrei benutzen, wenn er das zu entsorgende Medium vollständig aus der Anlage ablässt und sie stattdessen in der diskontinuierlichen Arbeitsweise mit einem Reinigungsmittel befüllt und sodann den Spülvorgang durchführt. Wegen des damit verbundenen Betriebsaufwandes und der Notwendigkeit, die Anlage zur Reinigung stillzusetzen kann nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass dies kein Benutzer tun wird. Es ist vielmehr anzunehmen, dass der Benutzer die Anlage so einsetzt, wie sie ihm geliefert worden ist, das Medium in der Anlage belässt und auch zum Spülen benutzt, zumal sie bei dieser Betriebsweise keinerlei Veränderungen bedarf. Es erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass auch die Beklagten, die die angegriffene Anlage in diesem Zustand geliefert haben, davon ausgehen, dass der Betreiber sie auf die von ihnen vorgesehene – patentverletzende – Weise zur Reinigung betreiben wird.

D.
Dass die Beklagten im Hinblick auf die Ausführungsform I zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichtet sind, ergibt sich aus den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt. Obwohl die Anlage auch nach dem Stand der Technik ohne Ausnutzung eines geodätischen Gefälles betrieben werden kann, muss deren Vertrieb uneingeschränkt untersagt werden. Nach der Lebenserfahrung kann aus den vorstehend zu C. dargelegten Gründen davon ausgegangen werden, dass der Benutzer die Anlage jedenfalls intermittierend von Zeit zu Zeit nach dem in Anspruch 1 unter Schutz gestellten Verfahren betreiben wird.

E.
Zu einer Aussetzung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens besteht keine Veranlassung, denn die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das Nichtigkeitsurteil des Bundespatentgerichts ist noch nicht begründet worden, so dass sich auch die Erfolgsaussichten dieser Berufung derzeit noch nicht abschätzen lassen.

E.
Entsprechend den Unterliegensanteilen beider Parteien sind die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben worden. Es bestand keine Veranlassung, der Klägerin einen zusätzlichen Teil der Kosten des Rechtsstreits dafür aufzuerlegen, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht das Wort „kontinuierlich“ aus dem Klageantrag gestrichen hat. Wie ihr Vorbringen zeigt, hat sie stets dieselben Anlagen angegriffen und dies auch nur in Bezug auf deren diskontinuierliche Betriebsweise. Unter diesen Umständen liegt in der Streichung des Wortes „kontinuierlich“ nur eine Anpassung der Anträge an die angegriffenen Gegenstände und keine teilweise Klagerücknahme.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 ZPO n.F. liegen ersichtlich nicht vor. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts i.S.d. § 543 Abs. 2
Nr. 2 ZPO.

R1 R2 Dr. R3