2 U 94/04 – Pipettensystem

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  592

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. Januar 2006, Az. 2 U 94/04

Vorinstanz: 4b O 417/03

A.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. September 2004 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,
Spritzen mit einem Befestigungsabschnitt und einem Spritzkolben für manuelle Pipettensysteme mit einer einen Befestigungsabschnitt und einen Spritzenkolben aufweisenden Spritze und einer Handpipette, die in einem Pipettengehäuse eine Aufnahme für den Befestigungsabschnitt und in
einem Aufnahmekörper eine Kolbenaufnahme für den Spritzenkolben, Befestigungseinrichtungen zum reversiblen Fixieren von Befestigungsabschnitt und Spritzenkolben in ihren Aufnahmen und Kolbenstelleinrichtungen zum Verschieben des Aufnahmekörpers im Pipettengehäuse aufweist, wobei Befestigungsabschnitt und Spritzenkolben durch Axialöffnungen ihrer Aufnahmen axial in ihre Befestigungspositionen schiebbar sind, die Befestigungseinrichtungen manuell betätigbare, radial zustellbare Greifeinrichtungen zum Fixieren des Befestigungsabschnittes und des Spritzenkolbens in den Befestigungspositionen haben, die Greifeinrichtungen schwenkbar im Pipettengehäuse gelagerte Spritzengreifhebel und im Aufnahmekörper verschwenkbar gelagerte Kolbengreifhebel haben, die Spritzengreifhebel und die Kolbengreifhebel zweiarmig mit einem Greifarm und einem Betätigungsarm für die manuelle Betätigung ausgeführt sind, und wobei die Spritzengreifhebel an den Innenseiten ihrer Betätigungsarme Kontaktstellen aufweisen, die durch Betätigen ihrer Betätigungsarme nach außen gegen die Betätigungsarme der Kolbengreifhebel schwenkbar sind und die Kolbengreifhebel betätigen,
wobei der den Befestigungsabschnitt bildende Spritzenflansch Führungsnuten und die Aufnahme für den Spritzenflansch zugehörige Führungsnasen haben,
Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder diesen zu liefern,
wenn der Befestigungsabschnitt und der Spritzenkolben in ihren Befestigungspositionen in den Aufnahmen an Anschlägen anliegen und der Befestigungsabschnitt als Spritzenflansch sowie der Spritzenkolben durch entsprechende Vorsprünge so ausgebildet sind, dass die Greifeinrichtungen den Befestigungsabschnitt und den Spritzenkolben durch Hintergreifen an den Anschlägen fixieren,

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 16. August 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe
a)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 16. August 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

B.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

C.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1 Million Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

D.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 1 Million Euro festgesetzt.

E.
Für die Beklagten wird die Revision zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch in der Bundesrepublik Deutschland Schutz beanspruchenden in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 0 656 xxx (Klagepatent, Anlage K 1) betreffend ein Pipettensystem. Sie ist aus der ursprünglich eingetragenen Inhaberin HEN GmbH in H-Stadt durch formwechselnde Umwandlung entstanden und nimmt aus diesem Schutzrecht die Beklagten in der Berufungsinstanz noch auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 22. Oktober 1994 unter Inanspruchnahme der Priorität des ebenfalls zu Gunsten der Klägerin eingetragenen deutschen Patentes 43 41 xxx (Anlage K 2) vom 3. Dezember 1993 eingereicht und am 7. Juni 1995 im Patentblatt veröffentlicht worden; der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 16. Juli 1997 im Patentblatt bekannt gemacht worden.
Die in diesem Rechtsstreit interessierenden Patentansprüche 1 bis 4 lauten wie folgt:
1.
Manuelles Pipettensystem mit einer einen Befestigungsabschnitt (6) und
einen Spritzenkolben (17) aufweisenden Spritze (7) und einer Handpipette (1), die in einem Pipettengehäuse (2) eine Aufnahme (59 für den Befestigungsabschnitt (6) und in einem Aufnahmekörper (19) eine Kolbenaufnahme (18) für den Spritzenkolben (17), Befestigungseinrichtungen (26, 36) zum reversiblen Fixieren von Befestigungsabschnitt und Spritzenkolben in ihren Aufnahmen und Kolbenstelleinrichtungen (56, 23) zum Verschieben des Aufnahmekörpers (19) im Pipettengehäuse (2) aufweist, wobei Befestigungsabschnitt (6) und Spritzenkolben (17) durch Axialöffnungen (9, 20) ihrer Aufnahmen (5, 18) axial in ihre Befestigungspositionen schiebbar sind, die Befestigungseinrichtungen (26, 36) manuell betätigbare, radial zustellbare Greifeinrichtungen (28, 36) zum Fixieren des Befestigungsabschnittes (6) und des Spritzenkolbens (17) in den Befestigungspositionen haben, die Greifeinrichtungen (28, 36) schwenkbar im Pipettengehäuse (2) gelagerte Spritzengreifhebel (28) und im Aufnahmekörper (19) schwenkbar gelagerte Kolbengreifhebel (36) haben, die Spritzengreifhebel (26) und die Kolbengreifhebel (36) zweiarmig mit einem Greifarm (29, 38) und einem Betätigungsarm für die manuelle Betätigung (30, 39) ausgeführt sind, und wobei die Spritzengreifhebel (26) an den Innenseiten ihrer Betätigungsarme (30) Kontaktstellen (33) aufweisen, die durch Betätigen ihrer Betätigungsarme (30) außen gegen die Betätigungsarme (39) der Kolbengreifhebel (36) schwenkbar sind und die Kolbengreifhebel (36) betätigen.
2.
Pipettensystem nach Anspruch 1, wonach Befestigungsabschnitt (6) und/oder Spritzenkolben (17) in ihren Befestigungspositionen in den Aufnahmen (5, 18) an Anschlägen (10, 21) anliegen und die Greifeinrichtungen (28, 38) den Befestigungsabschnitt und/oder den Spritzenkolben durch Hintergreifen an den Anschlägen fixieren.
3.
Pipettensystem nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Befestigungsabschnitt ein Spritzenflansch ist.
4.
Pipettensystem nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei der Spritzenkolben (17) einen Kolbenbund (37) zum Hintergreifen durch die Greifeinrichtungen (38) aufweist.
Die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift zeigen ein Ausführungsbeispiel der geschützten Erfindung; in Figur ist 1 das Unterteil einer Repetierpipette mit dem Oberteil einer eingesetzten Spritze im Querschnitt – in der rechten Hälfte vollständig und in der linken Hälfte mit teilweise eingesetzter Spritze – und in Figur 2 das in Figur 1 gezeigte Repetierpipettensystem in einem um 90° gedrehten Schnitt dargestellt, wobei die Befestigungseinrichtungen in der linken Hälfte betätigt und in der rechten Hälfte unbetätigt sind.

Die Klägerin vertreibt unter der Bezeichnung „MP Plus“ ein Pipettensystem bestehend aus Handpipette und Spritze, dessen Ausgestaltung sich aus den als Anlagen K 10.1 und 10.2 vorgelegten Mustern, der Fotoserie gemäß Anlage K 11 und der die Aufnahmevorrichtung für die Spritze zeigenden Abbildung gemäß Anlage K 17 ergibt. Dieses System benutzt neben der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre auch die im europäischen Patent 0 657 xxx (Anlage K 15) und in der deutschen Patentanmeldung 198 30 xxx (Anlage K 16) beschriebenen – im vorliegenden Verfahren aber nicht geltend gemachten – Erfindungen. Die Aufnahme der Pipette für die Spritze weist einen Absatz mit einer ringförmigen Abtasteinrichtung auf, die ihrerseits mit auf einem Kranz angeordneten noppenförmigen Tastsensoren versehen ist; die Spritze besitzt einen Kranz zur Aufnahme korrespondierender Abtastflächen, so dass bei Druckkontakt zwischen Abtasteinrichtung und Abtastfläche anhand der Schaltzustände jedes einzelnen Noppen die auf dem Spritzflansch enthaltenen Informationen – beispielsweise über das Spritzenvolumen – abgegriffen werden können (vgl. Anlage K 15, Spalten 6, Zeilen 35 bis 36 und die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1, 8 und 9).

Weiterhin hat der Spritzenflansch an seiner Oberseite einen ringförmigen Kranz wannenförmiger Vertiefungen und zwischen ihnen angeordnete Stützflächen, wobei die Vertiefungen sämtliche Tastsensoren der Pipette aufnehmen können und die Stützflächen sich auf der Abtasteinrichtung zwischen den Tastsensoren abstützen. Am Innenumfang der Aufnahme der Pipette sind mehrere Ausrichtnasen für Führungsnuten des Spritzenflansches vorhanden, die für eine wiederholbare Ausrichtung der Spritze mit ihrem Informationsträger auf die Abtasteinrichtungen sorgen. Hierdurch wird eine Nullcodierung bewirkt (vgl. die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1 bis 3 der deutschen Patentanmeldung 198 30 xxx).

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. und 3. sind, bietet an und vertreibt unter der Bezeichnung „TR professional“ Spritzen für Pipettensysteme, deren nähere Ausgestaltung aus dem von der Klägerin überreichten Muster gemäß Anlage K 14, der als Anlage K 18 vorgelegten Abbildung und den Katalogen 1 und 2 der Anlage B der Beklagten hervorgeht. Diese Spritzen sind an ihrem Flansch mit Führungsnuten sowie an der Flanschoberseite mit Vertiefungen und Stützflächen versehen und zufolge dieser Ausgestaltung mit dem erfindungsgemäßen System „MP Plus“ der Klägerin kompatibel; sie passen aber auch zu dem von der Beklagten zu 1. auf den Markt gebrachten System „RP“, zu dem Dosiersystem „MP 4780“ der Klägerin und zu Systemen anderer Hersteller (vgl. die Werbeschrift 3 der Anlage B und die Produkt- und Benutzerinformationen der Beklagten gemäß Anlagen K 12 und K 13). Weiterhin vertreibt die Beklagte zu 1. unter der Bezeichnung „TR“ Spritzen mit konventionellem Spritzenflansch, die für ihr Pipettensystem „Ritter RP“ und das System „MP“ der Klägerin geeignet sind (vgl. Werbeschrift 2 zur Anlage B).
Die Klägerin hält durch den Vertrieb der „TR professional“-Spritzen für ihr erfindungsgemäßes Pipettensystem „MP Plus“ das Klagepatent für mittelbar verletzt. Vor dem Landgericht hat sie geltend gemacht, die Spritze beziehe sich auf ein wesentliches Element der Erfindung, die ein System bestehend aus Spritze und Pipette umfasse. Die Spritze müsse erfindungsgemäß so ausgestaltet sein, dass sie mit dem Greifmechanismus der Handpipette zusammenwirken könne. Die angegriffene Spritze sei speziell für das System „MP Plus“ hergerichtet und abweichend von den üblichen Spritzen ausgestaltet, indem am Spritzenflansch auch das zur Verwirklichung der im europäischen Patent 0 657 xxx und in der deutschen Patentanmeldung 198 30 xxx beschriebenen Erfindungen notwendige Führungssystem aus Nut und Feder angebracht sei, das nach Art eines Schlüssels in die Aufnahme der „MP Plus“-Pipette passe. Die Abnehmer der Beklagten seien nicht zur Benutzung der Erfindung berechtigt. Auch diejenigen des erfindungsgemäßen Systems „MP Plus“ dürften die unter Schutz gestellte Vorrichtung nicht neu herstellen. Da mit dem Wechsel der Spritze eines der beiden Hauptbestandteile der unter Schutz gestellten Vorrichtung ausgetauscht werde, sei das Einsetzen einer neuen Spritze nicht nur eine Reparatur oder Ausbesserung; vielmehr verwirklichten sich bei dem Austausch die Vorteile der Erfindung erneut, beide Bestandteile leichter und sicherer miteinander verbinden und leichter voneinander trennen zu können, ohne die Spritze anfassen zu müssen.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht zuletzt sinngemäß beantragt,
I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen,
Spritzen mit einem Befestigungsabschnitt und einem Spritzenkolben für manuelle Pipettensysteme mit den – im einzelnen im Antrag aufgeführten – Merkmalen des Klagepatentanspruches 1
wobei der den Befestigungsabschnitt bildende Spritzenflansch Führungsnuten und die Aufnahme für den Spritzenflansch zugehörige Führungsnasen haben,
Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder diesen zu liefern,
ohne
a)
im Falle des Anbietens ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die einen Befestigungsabschnitt und einen Spritzenkolben aufweisenden Spritzen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents 0 656 xxx für das vorstehend beschriebene Pipettensystem verwendet werden dürfen,
und/oder
b)
im Falle der Lieferung den Abnehmern die schriftliche Verpflichtung mit dem Versprechen einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,– Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu zahlen an die Klägerin, aufzuerlegen, dass die Abnehmer die einen Befestigungsabschnitt und einen Spritzenkolben aufweisenden Spritzen nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des europäischen Patents 0 656 xxx für das vorstehend beschriebene Pipettensystem verwenden,
2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 16. August 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe der im vorliegenden Urteil zuerkannten Einzelauskünfte;
II. festzustellen,
dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin
allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 16. August 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die ursprünglich auch auf Entschädigung nebst vorbereitender Rechnungslegung gerichtete Klage gegen die Beklagte zu 1. hat die Klägerin vor dem Landgericht zurückgenommen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen,
und geltend gemacht, die angegriffene Spritze sei kein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehe. Die Erfindung betreffe nur den Greifhebelmechanismus der Pipette, aber nicht die Spritze. Zur deren Ausgestaltung enthalte der Klagepatentanspruch 1 nur die für jede Spritze geltende Vorgabe, sie müsse einen Flansch und einen Kolben aufweisen. Die Spritze sei ein übliches Handelsobjekt und für das erfindungsgemäße System lediglich Betriebsmittel. Auch die angegriffene Spritze sei weitgehend universell in allen gängigen Pipettengeräten verwendbar. Personen, die ein erfindungsgemäßes Pipettengerät von der Klägerin erworben hätten, seien berechtigt, dieses Gerät mit beliebigen passenden Spritzen zu betreiben; der Wechsel der Spritze gehöre zum bestimmungsgemäßen Gebrauch.
Durch Urteil vom 9. September 2004 hat das Landgericht die Klage mit den zuletzt gestellten Anträgen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, als Bestandteil des Klagepatentanspruches 1 sei die Spritze zwar ein auf ein wesentliches Element der Erfindung bezogenes Mittel, die Angebotsempfänger und Abnehmer der Beklagten seien jedoch berechtigt, die angegriffene Spritze in einem von der Klägerin stammenden Gerät zu verwenden, weil die Patentrechte nach dem Inverkehrbringen des geschützten Systems durch die Klägerin erschöpft seien. Mit dem Austausch der Spritze werde das erfindungsgemäße System nicht neu hergestellt. Die Spritzen seien auch aus der Sicht des Klageschutzrechtes Wegwerfartikel, die ständig ersetzt werden müssten, während die Handpipette um ein Vielfaches länger haltbar sei und bestimmungsgemäß nacheinander mit einer Vielzahl Spritzen bestückt werde. Ein solcher vorgegebener ständiger Austausch eines Systemteils spreche noch stärker als der Austausch eines gewöhnlichen Verschleißteils gegen das Vorliegen einer Neuherstellung. Die Spritze verkörpere keine wesentlichen Elemente des Erfindungsgedankens und ihr Austausch keine technischen oder wirtschaftlichen Vorteile der Erfindung. Die in dem erfindungsgemäßen System zu verwendende Spritze habe wie jede andere einen Befestigungsflansch am Ende ihres Zylinders und einen Kolben mit Kolbenbund. Kern der Erfindung sei es jedoch, zur Verwendung solcher herkömmlichen Spritzen eine manuelle Pipette bereitzustellen, die wegen ihrer besonders ausgebildeten Aufnahme- und Befestigungseinrichtung leichter mit der Spritze verbind- oder von ihr trennbar sei, ohne die Spritze anfassen zu müssen. Die Spritze habe untergeordnete Bedeutung; sie sei nur ein zur Verwendung des Systems notwendiger gewöhnlicher Bestandteil, der mit der eigentlichen erfinderischen Leistung in Abgrenzung zum Stand der Technik nichts zu tun habe. Dass die angegriffenen Spritzen in Übereinstimmung mit dem europäischen Patent 0 657 xxx und der deutschen Patentanmeldung 198 30 xxx der Klägerin an das von ihr konkret vertriebene Pipettensystem angepasst seien, liege außerhalb der vom Klagepatent beschriebenen technischen Lehre. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichtes Bezug genommen.
Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Begehren mit der Maßgabe weiter, dass die Merkmale der Ansprüche 1 bis 4 in Kombination geltend gemacht werden. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus: Entgegen der Ansicht des Landgerichts komme das Einsetzen der neuen Spritze nach dem Abtrennen der gebrauchten einer Neuherstellung des erfindungsgemäßen Systems gleich. Die Spritze sei einer der beiden Hauptbestandteile des unter Schutz gestellten Systems. Erfindungsgemäß müsse auch sie konstruktiv an den Erfindungsgedanken angepasst werden. Ihr Befestigungsabschnitt müsse nach Anspruch 3 als Flansch ausgebildet sein, um vom Spritzengreifhebel hinterfasst werden zu können, und der Spritzenkolben müsse nach Anspruch 4 ein vom Kolbengreifhebel hintergreifbarer Kolbenbund sein. Räumlich – konstruktiv müssten die mit den Befestigungseinrichtungen der Handpipette korrespondierenden Teile der Spritze so aufeinander abgestimmt sein, dass Spritzen- und Kolbengreifhebel zeitgleich verrasteten oder trennten. Die Spritzen würden auch nicht stets nach nur einmaliger Verwendung weggeworfen, sondern könnten erfindungsgemäß auch mehrfach verwendbar sein. Der wirtschaftliche Schwerpunkt liege auf dem Ergänzungsbedarf an Spritzen. Das alles gelte auch für die angegriffenen Spritzen, die darüber hinaus so an die Greifeinrichtung der von ihr vertriebenen Handpipette angepasst seien, dass ihre Führungsnuten und -nasen auch Unteranspruch 2 entsprächen und dazu dienten, die reine Axialbewegung durch eine sichere Führung zu unterstützen. Diese Ausgestaltung sei für das eigene System der Beklagten nicht notwendig und werde nur deshalb übernommen, um die Spritzen für das erfindungsgemäße System der Klägerin verwendbar zu machen. Durch das beantragte Verbot werde die Beklagte zu 1. nicht unzulässig in ihrer wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit eingeschränkt; es bleibe ihr unbenommen, Spritzen für ihr eigenes System weiter zu vertreiben.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
I. die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen,
Spritzen mit einem Befestigungsabschnitt und einem Spritzenkolben für manuelle Pipettensysteme mit den – im einzelnen im Antrag aufgeführten – Merkmalen des Klagepatentanspruches 1
Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder diesen zu liefern,
wenn der Befestigungsabschnitt und der Spritzenkolben in ihren Befestigungspositionen in den Aufnahmen an Anschlägen anliegen und der Befestigungsabschnitt als Spritzenflansch sowie der Spritzenkolben durch entsprechende Vorsprünge so ausgebildet sind, dass die Greifeinrichtungen den Befestigungsabschnitt und den Spritzenkolben durch Hintergreifen an den Anschlägen fixieren,
ohne die in Abschnitt I. 1. a) und b) des erstinstanzlichen Klageantrages angegebenen Maßnahmen zum Schutz der Rechte aus dem Klagepatent zu ergreifen;
hilfsweise, die Beklagten entsprechend dem Unterlassungsantrag zu I.1. aus der Klageschrift vom 21. Oktober 2003 zu verurteilen;
2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu 1. bezeichneten Handlungen ohne die Einschränkungen zu a) und b) seit dem 16. August 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe der zuerkannten Einzelauskünfte;
II.
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzten, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 16. August 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Zuletzt hat sie beantragt,
zu erkennen, wie geschehen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen. Ergänzend führen sie aus: Das Landgericht sei zwar zum richtigen Ergebnis gelangt, halte jedoch unzutreffend die Spritze ein wesentliches Element der Erfindung. Das Klagepatent schlage der Sache nach nur eine Handpipette mit einer besonderen Festhalte- und Lösevorrichtung vor, die eine handelsübliche Spritze festhalten und nach dem Einsatz loslassen solle. Die Spritze sei nur passives Objekt der Festhalte- und Lösemanipulationen der in besonderer Weise ausgestalteten Spritzen- und Kolbengreifhebel der Handpipette. Nicht die Spritze sei den Bedürfnissen der Handpipette angepasst worden, vielmehr seien Spritzen in ihrer üblichen Ausgestaltung mit Halteflansch am Zylinder- und Betätigungsknauf am Kolbenende schon immer auf dem Markt gewesen; auf deren Abmessungen habe sich die erfindungsgemäße Handpipette eingestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch begründet. Entgegen der Beurteilung durch das Landgericht verletzen die Beklagten durch die Lieferung und das Anbieten der angegriffenen „TR-professional“-Spritzen für das System „MP Plus“ der Klägerin mittelbar das Klagepatent und sind der Klägerin zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichtet.

A.
Durch die zweimalige Neufassung des Klageantrages in der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihre Klage weder erweitert im Sinne des § 264 ZPO noch geändert im Sinne der §§ 533, 263 ZPO. Der Klageangriff richtete sich sowohl vor dem Landgericht als auch im Berufungsverfahren stets und ausschließlich gegen die zum erfindungsgemäßen System „MP Plus“ passenden Spritzen in der Ausführungsform „TR professional“ und nicht auch gegen die in dem erfindungsgemäßen System nicht verwendbare Ausführung „TR“. Dass die sich mit „TR“-Spritzen befassenden Erörterungen auf S. 11 der Berufungsbegründung (Bl. 134 d.A.) nicht als dahingehende Ausdehnung des Klageangriffes verstanden werden sollen, hat die Klägerin im Verhandlungstermin vom 16. Februar 2006 vor dem Senat ausdrücklich klar gestellt. Sie hat in diesem Zusammenhang weiterhin erklärt, ihr Klageziel sei unverändert darauf gerichtet, den Beklagten Angebot und Vertrieb derjenigen Ausführungsform zu untersagen, die wegen ihrer Führungsnuten und –nasen zur Verwendung in ihrem erfindungsgemäßen Pipettensystem „MP Plus“ besonders hergerichtet seien. In den erstinstanzlichen Klageantrag seien die Führungsnuten und –nasen deshalb aufgenommen worden, um den in dieser Herrichtung liegenden besonderen Unrechtsgehalt hervorzuheben. In der (ersten) Neufassung des Antrages in der Berufungsbegründung habe sie den Hinweis auf diese Ausgestaltung fortgelassen, um die Antragsformulierung auf die zur Lehre des Klageschutzrechtes gehörenden Merkmale zu beschränken, mit der die genannten Führungsmittel nichts zu tun haben. In die in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren erfolgte nochmalige Neuformulierung sind die Führungselemente wieder aufgenommen worden, um den Umfang des auszusprechenden Verbotes so zu begrenzen, dass den Beklagten einerseits der Vertrieb zum erfindungsgemäßen System passender Spritzen verwehrt ist, sie aber andererseits beim Vertrieb von Spritzen zur Verwendung in patentfreien Pipettensystemen möglichst nicht behindert werden. Dies haben auch die Beklagten so gesehen, denn sie haben im Zusammenhang mit der Erörterung der Antragsfassung in der mündlichen Verhandlung geäußert, ein auf Spritzen mit Führungsnuten und –nasen an ihrem Spritzenflansch begrenztes, in Bezug auf solche Spritzen aber uneingeschränktes Verbot belaste sie weniger als die von der Klägerin zunächst begehrte Verpflichtung, ihren Abnehmern für den Fall einer Verwendung der Spritzen in dem erfindungsgemäßen Pipettensystem ein Vertragsstrafeversprechen zu Gunsten der Klägerin aufzuerlegen.

B.
Die Beklagten haben das Klagepatent mittelbar verletzt, indem sie Spritzen der angegriffenen Ausführungsform „TR professional“ Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland zur Verwendung in dem vom Klagepatent unter Schutz gestellten Pipettensystem „MP Plus“ angeboten und vertrieben haben.
1.
Die angegriffenen Spritzen sind ein Mittel im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht.
a)
Als Gegenstand der Erfindung bezeichnet die Klagepatentschrift ein Pipettensystem nach dem Oberbegriff des Anspruches 1. Insoweit ist die Beschreibung allerdings nicht an die Fassung des Hauptanspruches angepasst, denn sie berücksichtigt nicht, dass Anspruch 1 des Klagepatentes im Gegensatz zur Prioritätsanmeldung 43 41 xxx (Anlage K 1) einteilig abgefasst und nicht zwischen Oberbegriff und Kennzeichen unterscheidet. Aus dem nachfolgend erörterten Inhalt der Klagepatentbeschreibung entnimmt der angesprochene Durchschnittsfachmann jedoch, dass das Klagepatent mit dem hier an sich unzutreffenden Ausdruck „Oberbegriff“ der Sache nach (ebenso wie die Prioritätsanmeldung) auf die Merkmale 1 bis 5 der nachstehenden Merkmalsgliederung Bezug nehmen will.
Wie die Klagepatentschrift weiter ausführt (Spalte 1, Zeilen 5 bis 8), werden solche Pipettensysteme häufig als Repetier- oder Multipipettensysteme ausgeführt, mit denen eine Flüssigkeit schrittweise aus einer Spritze abgegeben werden kann. Ein solches Repetierpipettensystem ist nach den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift aus der deutschen Offenlegungsschrift 29 26 291 (vgl. Anlage K 3) bekannt, die insbesondere den Repetiermechanismus der Pipette betrifft, aber auch die Fixierung einer Spritze des Systems an der Pipette beschreibt, wobei die Spritze mit ihrem Flansch (7; Bezugszeichen entsprechen den nachstehend wiedergegebenen Figurendarstellungen aus der älteren Druckschrift) seitlich in eine seitlich offene im wesentlichen U-förmige Nut (6) eingesetzt und in dieser von einer axialen Andruckfeder (12) fixiert wird. Zur Verbindung des Spritzenkolbens mit der Kolbenstelleinrichtung ist ein Einsatzelement vorgesehen, das einen Endabschnitt des Spritzenkolbens zwischen zwei Backen (16 und 17) aufnimmt, welche mittels eines klappenförmigen Klemmgliedes (25), dessen Betätigungshebel (29) durch eine Öffnung (32) aus dem Gehäuse herausragt, gegen den Spritzenkolben pressbar sind (vgl. Klagepatentschrift Spalte 1, Zeilen 11-23; Anlage K 3, Ansprüche 11 und 7 und deren nachstehend wiedergegebene Figuren 1, 4 und 7).

Daran wird in der Klagepatentbeschreibung (Spalte 1, Zeilen 23-31) bemängelt, die Spritze müsse zum Einsetzen und Koppeln der Kolbenstelleinrichtung und auch beim Herausnehmen angefasst werden. Beim Einsetzen beeinträchtige das Anfassen die in aller Regel notwendige Sterilität der Spritze, und bei der Entnahme bringe es die Gefahr mit sich, mit Reagenzflüssigkeit in Berührung zu kommen.
Nach den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift (Spalte 1, Zeilen 32-49) ist aus der Schweizer Patentschrift 671 xxx (Anlagen K 4) und der parallelen
europäischen Patentanmeldung 0 226 xxx (Anlage K 5), von denen die Figuren 2a bis d nachstehend wiedergegeben sind, ein Pipettensystem bekannt, dessen Spritze sich mit ihrem Flansch (5) und ihrem Kolben (2) axial in Befestigungspositionen von Aufnahmen schieben lässt. Dafür sind Befestigungseinrichtungen in Form erster Greifer (10) und zweiter Greifer (11) mit geschlitzten Endabschnitten (14) vorgesehen, die auf den Flansch des Spritzenkörpers und eines ringförmigen Abschnittes (6) des Spritzenkolbens aufgeschnappt werden. Hierzu wird der Spritzenkörper zunächst in den ersten Greifer eingesteckt und anschließend der zweite Greifer bis zum Aufschnappen auf den Pipettenkolben vorgeschoben. Nach dem Pipettieren wird die Spritze abgestoßen, indem durch Vorschieben des Greifers zunächst der Spritzenkörper aus dem Endabschnitt der Pipette gedrückt (Figur 2 c) und durch weiteres Vorschieben des zweiten Greifers dessen Endabschnitte an einer Spreizhülse (16) aufgespreizt werden und der Spritzenkolben freigegeben wird (vgl. Figur 2 d).

Hieran wird bemängelt (Spalte 1, Zeilen 50 bis 59), die zum Befestigen bzw. Lösen der Spritze zu überwindenden Rückstellkräfte der geschlitzten Endabschnitte seien zu groß, weil sie sicher stellen müssten, dass die Spritze beim Ansaugen oder Abgeben von Flüssigkeit sicher in ihrer Befestigung verbleibt; außerdem könne das Einsetzen und Abwerfen der Spritze nur bei vollständig eingedrücktem Spritzenkolben erfolgen, weil beide Vorgänge ein Vorschieben des zweiten Greifers zur Spritze hin voraussetzten.
Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht darin, bei einem Pipettensystem zur Handbetätigung die Kopplung und Trennung von Spritze und Pipette zu erleichtern, ohne dass der Anwender die Spritze anfassen muss, und den Einsatzbereich des Systems zu erweitern.
Der zur Lösung dieser Aufgabe in den Ansprüchen 1 bis 4 beschriebene Gegen-stand weist folgende Merkmalskombination auf:

1. Manuelles Pipettensystem mit einer Spritze (7) und einer Handpipette (1);
2. die Spritze weist einen Befestigungsabschnitt (6) und einen Spritzen-
kolben (17) auf;
3. die Pipette weist auf

3.1. in einem Pipettengehäuse (2) eine Aufnahme (5) für den Befestigungs-
abschnitt,

3.2 in einem Aufnahmekörper (19) eine Kolbenaufnahme (18) für den
Spritzenkolben,

3.3 Befestigungseinrichtungen (26, 36) zum reversiblen Fixieren von
Befestigungsabschnitt und Spritzenkolben in ihren Aufnahmen
(5, 18), und

3.4 Kolbenstelleinrichtungen (56, 23) zum Verschieben des Aufnahmekörpers
im Pipettengehäuse;

4. der Befestigungsabschnitt und der Spritzenkolben sind durch
Axialöffnungen (9, 20) ihrer Aufnahmen axial in ihre Befestigungs-
positionen schiebbar;

5. die Befestigungseinrichtungen (26, 36) haben manuell betätigbare, radial
zustellbare Greifeinrichtungen (28, 38) zum Fixieren des Befestigungs-
abschnitts und des Spritzenkolbens in den Befestigungspositionen;

5.1 die Greifeinrichtungen (28, 38) haben schwenkbar im Pipettengehäuse
gelagerte Spritzengreifhebel (26) und im Aufnahmekörper
schwenkbar gelagerte Kolbengreifhebel (36);

5.2 die Spritzengreifhebel und die Kolbengreifhebel sind zweiarmig
mit einem Greifarm (29, 38) und einem Betätigungsarm (30, 39) aus-
geführt;

5.3 die Spritzengreifhebel weisen an den Innenseiten ihrer Betätigungs-
arme (30) Kontaktstellen (33) auf;

5.4 die Kontaktstellen (33) sind durch Betätigung ihrer Betätigungsarme
außen gegen Betätigungsarme (39) der Kolbengreifhebel schwenkbar
und betätigen die Kolbengreifhebel.
(Anspruch 1)
6. Befestigungsabschnitt und/oder Spritzenkolben liegen in ihren Be-
festigungspositionen in den Aufnahmen (5, 18) an Anschlägen (10, 21)
an;

7. die Greifeinrichtungen (28, 38) fixieren den Befestigungsabschnitt und/oder
den Spritzenkolben durch Hintergreifen an den Anschlägen.

(Anspruch 2)
8. Der Befestigungsabschnitt ist ein Spritzenflansch.
(Anspruch 3)
9. Der Spritzenkolben weist einen Kolbenbund (37) zum Hintergreifen durch die Greifeinrichtungen auf.
(Anspruch 4)
b)
Auf der Grundlage der Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung „Flügelradzähler“ (GRUR 2005, 758 ff.) ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den von der Beklagten zu 1. angebotenen und vertriebenen Spritzen der Ausführungsform „TR professional“ um Mittel handelt, die sich auf ein wesentliches Element der unter Schutz gestellten Erfindung beziehen.
Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, sind solche, die nach ihrer Wirkungsweise dazu geeignet sind, einen Eingriff in den Schutzgegenstand des Klagepatentes nach sich zu ziehen. Ein Mittel bezieht sich dabei auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem solchen Element bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens zusammen zu wirken. Aus dieser Eignung ergibt sich die besondere Gefahr, der § 10 PatG entgegen wirken soll, mit der Lieferung des Mittels zu einem Eingriff in den Schutzgegenstand des Patentrechtes beizutragen und diesen zu fördern. Das Gesetz stellt dabei nicht auf einer Anpassung der Mittel im Sinne einer erfindungsfunktionell individualisierten Ausbildung ab, wie sie die Rechtsprechung zu der vor Inkrafttreten des § 10 PatG bestehenden Rechtslage verlangt hat, sondern auf die Beziehung des Mittels zu der Erfindung. Das Kriterium der Eignung des Mittels, mit einem wesentlichen Element der Erfindung bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammen zu wirken, schließt solche Mittel aus, die – wie etwa die für den Betrieb einer geschützten Vorrichtung benötigte Energie – zwar bei der Benutzung der Erfindung verwendet werden können, zu Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre jedoch nichts beitragen. Leistet ein Mittel jedoch einen solchen Beitrag, wird es demgegenüber im allgemeinen nicht darauf ankommen, mit welchem Merkmal oder welchen Merkmalen des Patentanspruches es zusammenwirkt. Was Bestandteil des Patentanspruches ist, ist regelmäßig bereits deshalb auch ein wesentliches Element der Erfindung. Der Patentanspruch definiert die geschützte Erfindung und begrenzt den dem Schutzrechtsinhaber gewährten Schutz auf Benutzungsformen, die sämtliche Merkmale der Erfindung verwirklichen. Spiegelbildlich zu dieser schutzbegrenzenden Funktion jedes einzelnen Merkmals ist jedes einzelne Merkmal grundsätzlich auch tauglich für ein Verbot der Lieferung von Mitteln im Sinne des § 10 PatG. Insbesondere ist es nicht möglich, die wesentlichen Elemente der Erfindung danach zu bestimmen, ob sie den Gegenstand des Patentanspruches vom Stand der Technik unterscheiden. Das zeigt insbesondere § 10 Abs. 2 PatG, der allgemein im Handel erhältliche und daher typischerweise der Erfindung nicht angepasste Mittel in den Kreis der sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehenden Mittel einbezieht, sie vom Verbot des Abs. 1 nicht schlechthin ausnimmt, sondern nur die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand verschärft, indem das in Abs. 1 niedergelegte Verbot bei solchen allgemein im Handel erhältlichen Erzeugnissen lediglich dann eingreift, wenn der Lieferant seinen Abnehmer bewusst veranlasst, in einer nach § 9 Satz 2 PatG verbotenen Weise zu handeln (BGH GRUR 2004, 758, 761 – Flügelradzähler). Nur ein für die technische Lehre der Erfindung völlig untergeordnetes Merkmal kann als nicht wesentliches Element der Erfindung außer Betracht zu lassen sein (BGH, a.a.O. l.Sp., vorletzter Absatz sowie Leitsatz 1) a.E.).
b)
Auch die von den Beklagten gelieferte Spritze der Ausführungsform „TR professional“ ist in Bezug auf die in Anspruch 1 des Klagepatentes umschriebene Erfindung kein nicht-wesentliches Element, sondern bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung. Sie ist zwar innerhalb des unter Schutz gestellten Systems passives Objekt mit Hilfe der Greifvorrichtungen des Pipettengehäuses erfolgender Ankoppelungs-, Festhalte- und Lösemanipulationen, aber sie weist auch die besondere auf die Greifhebel abgestimmte Ausgestaltung auf, die dazu benötigt wird, dass diese Manipulationen in der erfindungsgemäß angestrebten Weise ausgeführt werden können. Die Spritze ist gemäß Merkmal 2 der oben stehenden Merkmalsgliederung mit einem Befestigungsabschnitt und einem Spritzenkolben versehen, wobei nicht jede beliebige Ausgestaltung des Befestigungsabschnittes und des Spritzenkolbens genügt, sondern beide nach Merkmal 4 des Anspruches 1 so ausgebildet sein müssen, dass sie mit den in den Merkmalsgruppen 3 und 5 näher beschriebenen Greif- und Fixierelementen des Pipettengehäuses in der erfindungsgemäß vorgesehenen Weise zusammenwirken können, so dass die Spritze durch eine einzige axiale Bewegung in die Befestigungseinrichtungen des Pipettengehäuses einführbar ist, ihr Befestigungsabschnitt und Kolben gleichzeitig von den Kolben- und den Spritzengreifhebeln fixiert werden und durch einen Druck auf die Betätigungsarme der Spritzengreifhebel ebenso gleichzeitig von beiden Greifhebeln auch wieder los gelassen werden. Darin liegen der Nutzen und das Wesen des unter Schutz gestellten Pipettensystems, das ohne die Spritze unvollständig und damit nicht funktionsfähig ist. Um mit den Greifelementen des Pipettengehäuses in der erfindungsgemäßen Weise zusammenwirken zu können, muss die Spritze zusätzlich nach den von der Klägerin kombiniert mit Anspruch 1 geltend gemachten Ansprüchen 2 bis 4 weiterhin so ausgestaltet sein, dass ihr Befestigungsabschnitt ein Flansch ist und dass dieser Flansch und/oder der Spritzenkolben in ihren Befestigungspositionen in den dafür vorgesehenen Aufnahmen und an Anschlägen des Pipettengehäuses anliegen und von den Greifeinrichtungen hintergriffen und an den Anschlägen festgehalten werden können. Angesichts der vorstehend dargelegten Bedeutung der Spritze im Rahmen des Schutz beanspruchenden Pipettensystems verbietet sich die Annahme, die Spritze verwirkliche für die technische Lehre der Erfindung völlig untergeordnete Merkmale und könne als nicht wesentliches Element der Erfindung außer Betracht bleiben. Erst recht ist die Spritze nicht mit einem Betriebsstoff wie der benötigten Energie vergleichbar, denn das in Anspruch 1 beschriebene System ist zwar ohne die benötigten Betriebsstoffe, aber nicht ohne die Spritze vollständig vorhanden.
2.
Die subjektiven Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung sind ebenfalls erfüllt. Die Beklagten weisen in sämtlichen zu den Akten gereichten die angegriffenen Spritzen betreffenden Benutzerinformationen – der Gesamtpreisliste Laborbedarf gemäß Anlage K 12, der Benutzerinformation gemäß Anlage K 13 und der Werbeschrift gemäß Anlage 3 zur Anlage B – darauf hin, dass die angegriffenen Spritzen auch mit dem erfindungsgemäßen System „MP Plus“ kompartibel sind. Das erlaubt die Feststellung, dass jedenfalls ein Teil der Abnehmer die angegriffenen Spritzen auch in MP-Plus-Pipettengehäusen verwendet und die Beklagten mit einer solchen Zweckbestimmung rechnen und sie zumindest billigend in Kauf nehmen. Dass Besitzer solcher Pipettengehäuse zur Deckung ihres Bedarfs an Ersatzspritzen auch zu den angegriffenen Gegenständen greifen, geschieht unter diesen Umständen mit Wissen und Wollen der Beklagten.

3.
Nicht zu folgen vermag der Senat jedoch der Ansicht des Landgerichts, die Rechte aus dem Klagepatent seien erschöpft, nachdem die Klägerin ein erfindungsgemäßes MP-Plus-Pipettengehäuse zusammen mit einer Spritze in den Verkehr gebracht habe. Zwar darf derjenige, der eine patentgeschützte Vorrichtung vom Patentinhaber oder einem mit seiner Zustimmung handelnden Dritten erworben hat, mit dieser Sache nach Belieben verfahren, insbesondere darf er Betriebsstoffe zuführen oder zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit notwendige Reparaturen und Erhaltungsmaßnahmen vornehmen, ohne hierzu an die Zustimmung des Patentinhabers gebunden zu sein. Dagegen ist es ihm verwehrt, die erfindungsgemäße Vorrichtung neu herzustellen oder solche Maßnahmen zu treffen, die einer dem Patentinhaber vorbehaltenen Neuherstellung gleichkommen. Die Abgrenzung wird danach vorgenommen, ob die Maßnahme noch die Identität des bereits in den Verkehr gebrachten konkreten patentgeschützten Erzeugnisses wahrt, oder der Schaffung eines neuen erfindungsgemäßen Gegenstandes gleichkommt. Hierzu bedarf es einer Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Schutzrechtsinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers an einem ungehinderten Gebrauch des von ihm erworbenen geschützten Erzeugnisses andererseits, bei der die Eigenart des patentgeschützten Gegenstandes berücksichtigt werden muss. Dabei kann zum einen Bedeutung gewinnen, ob es sich bei den betreffenden Teilen um solche handelt, mit deren Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist, zum anderen kommt es aber auch darauf an, inwieweit sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln. Auch wenn der Austausch eines Verschleißteils, das während der zu erwartenden Lebensdauer einer Vorrichtung gegebenenfalls mehrfach ersetzt zu werden pflegt, regelmäßig keine Neuherstellung ist, kann es anders liegen, wenn gerade durch den Austausch dieses Teils der technische oder wirtschaftliche Vorteil der Erfindung erneut verwirklicht wird (BGH, a.a.O., S. 762 – Flügelradzähler -).

Eine solche Fallgestaltung liegt auch hier vor. Mit dem Austausch der Spritzen durch solche der angegriffenen Ausführungsform überschreiten die Abnehmer die Grenzen ihrer Befugnis zu einem bestimmungsgemäßen Gebrauch und stellen das erfindungsgemäße Gesamterzeugnis erneut her. Die Klägerin hat mit dem Inverkehrbringen des erfindungsgemäßen Systems zwar ihre Zustimmung dazu gegeben, dass der Abnehmer in der erfindungsgemäßen Weise Pipettengehäuse und Spritze zusammenfügt und voneinander trennt, diese Zustimmung bezieht sich aber nur auf den Fall, dass die Abnehmer des unter Schutz gestellten Pipettensystems bei einem notwendigen Austausch der Spritze auch den Ersatzgegenstand von ihr beziehen. Nichts ist dafür ersichtlich, dass die Klägerin auch damit einverstanden ist, dass Abnehmer eines kompletten Systems bei einem notwendigen Austausch die von der Klägerin stammende Spritze durch eine solche der angegriffenen Ausführungsform ersetzen. Die angegriffenen Spritzen sind Gegenstände, die in ihrer Ausgestaltung besonderen Vorgaben der Klagepatentansprüche 1 bis 4 entsprechen, die sie haben müssen, um mit dem Pipettengehäuse in der erfindungsgemäßen Weise zusammenwirken zu können; beide – Pipettengehäuse und Spritze – bilden die in Anspruch 1 unter Schutz gestellte Baueinheit. Diese Einheit wird funktionsunfähig, wenn die Spritze ersetzt werden muss, und die von der Klägerin in den Verkehr gebrachte Einheit geht mit der Entnahme der zu ersetzenden Altspritze unter. Übrig bleibt nur ein Teil der unter Schutz gestellten Vorrichtung, nämlich das Pipettengehäuse; mit diesem stellt der Benutzer beim Einsetzen einer neuen Spritze eine neue von Anspruch 1 des Klagepatentes erfasste Vorrichtung her, die mit der ursprünglich in den Verkehr gebrachten und durch das Entnehmen der Altspritze untergegangenen Einheit nicht mehr identisch ist. Unter diesen Umständen gibt es keinen Raum für die Annahme, die Klägerin und Inhaberin des Klageschutzrechtes habe bereits durch das erstmalige Inverkehrbringen beider zum geschützten Pipettensystem gehörenden Komponenten den ihr zustehenden Nutzen aus der Erfindung gezogen. Die im Klagepatent unter Schutz gestellte Erfindung ist wirtschaftlich gerade auf den Austausch der Spritzen angelegt, von denen jeweils eine einzige Teil der erfindungsgemäßen Funktionseinheit ist. Gerade beim Austausch der Spritze verwirklicht sich auch der technische Vorteil der unter Schutz gestellten Erfindung, indem das Abwerfen der Altspritze und das Ankoppeln der neuen Spritze gegenüber dem Stand der Technik wesentlich vereinfacht werden. Der wirtschaftliche Schwerpunkt der Erfindung besteht nicht nur darin, ein Gerät zur Verfügung zu stellen, mit dessen Hilfe sich die Pipettierspritzen einfach koppeln und abtrennen lassen, sondern ist auch und gerade auf die Abdeckung des Ersatzbedarfs an passenden Spritzen gerichtet, deren Verwendung im Rahmen des unter Schutz gestellten Systems wesentlich erleichtert wird. Wirtschaftlich gesehen liegt der Schwerpunkt der in Anspruch 1 geschützten Erfindung nicht auf der Handpipette, sondern auf dem beim Benutzer nach Erwerb des Systems zu erwartenden Ersatzbedarf an Spritzen, der während der Lebensdauer der Handpipette einen den Kaufpreis des Systems bei weitem übersteigenden Kostenaufwand erfordert. Dass die Spritze mit ihrem Befestigungsabschnitt bzw. Befestigungsflansch und ihrem Kolben bzw. Kolbenbund im Stand der Technik bereits bekannt ist, ist dagegen nicht von Bedeutung, zumal der sichere, eine Kontamination von Spritze und Benutzer vermeidende Gebrauch durch die geschützte Erfindung eine erhebliche Verbesserung erfahren hat.

4.
a) Da die Beklagten entgegen § 10 PatG eine patentierte Erfindung benutzt haben, sind sie der Klägerin als Schutzrechtsinhaberin nach Artikel 2 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 3 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. Im Streitfall war es nicht erforderlich, den Unterlassungsausspruch mit Rücksicht darauf, dass die angegriffenen Spritzen auch in außerhalb der Lehre des Klagepatentes liegenden Pipettensystemen verwendet werden können, auf solche Fälle zu beschränken, in denen die Beklagten als Lieferanten eines auf ein wesentliches Element der Erfindung bezogenen Mittels nicht durch geeignete und zumutbare Maßnahmen Vorsorge treffen, dass ihre Abnehmer das ihnen gelieferte Mittel nicht patentgemäß verwenden werden (vgl. BGH, a.a.O., Flügelradzähler;
Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 5. Auflage, S. 839; Schulte/Kühnen, PatG,
7. Auflage, § 10, Rdnr. 32), auch wenn die Beklagten die Ausführungsform „RP professional“ als Folge dieses Verbotes auch für außerhalb der klagepatentgeschützten Lehre liegende Pipettensysteme nicht mehr vertreiben dürfen. Die von der Klägerin ursprünglich den Beklagten abverlangten Vorsorgemaßnahmen sollten für den Fall der Lieferung der angegriffenen Spritzen darin bestehen, den Abnehmern die schriftliche Verpflichtung mit dem Versprechen einer an die Klägerin zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,– Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufzuerlegen, dass die Abnehmer die angegriffenen Spritzen nicht ohne Zustimmung der Klägerin für das Klagepatent geschützte Pipettensystem verwendeten. Diese Verpflichtung wäre in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen einem unbeschränkten Verbot praktisch gleichgekommen ; sie hätte die Beklagten auch bei einem Vertrieb der angegriffenen Spritzen an Benutzer anderer kompatibler, aber außerhalb der Schutz beanspruchenden Lehre liegender Pipettensysteme behindert, weil Abnehmer, auch wenn sie das ihnen gelieferte Mittel außerhalb der patentgeschützten Lehre zu verwenden beabsichtigen, erfahrungsgemäß nicht bereit sind, eine solche Verpflichtung einzugehen und statt dessen den Bezug eines Wettbewerbserzeugnisses vorziehen (vgl. dazu Scharen, GRUR 2001, 995 ff.). Die Beklagten haben zu der im Verhandlungstermin vom 16. Februar 2003 vorgenommenen Neufassung des Klageantrages unter Beschränkung auf Spritzen mit Führungselementen erklärt, ein unbeschränktes Verbot dieses Inhaltes belaste sie weniger als die Verpflichtung, ihren Abnehmern ein strafbewehrtes Unterlassungsversprechen abzuverlangen. Mit dieser Erklärung haben sie für den Fall, dass der Senat eine Verurteilung für notwendige erachtet, ein auf die Ausführungsform „TR professional“ beschränktes Vollverbot vorgezogen, um Abnehmern anderer Systeme dazu passende Spritzen anderer Ausführungsformen frei und unbelastet mit einer Vertragsstrafeverpflichtung liefern zu können. Mit Rücksicht darauf hat der Senat keine Bedenken gesehen, das Verbot entsprechend dem zuletzt gestellten Klageantrag auszusprechen.

b) Nach § 139 Abs. 2 PatG in Verbindung mit Artikel 64 Abs. 1 und 3 EPÜ müssen die Beklagten der Klägerin außerdem allen Schaden ersetzen, der dieser durch die mittelbar patentverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Der im Falle einer mittelbaren Patentverletzung zu ersetzende Schaden ist derjenige, der dadurch entsteht, dass der Abnehmer mit dem ihm gelieferten Mittel eine unmittelbare Patentverletzung begeht. Insoweit genügt es nicht, dass nur die Gefahr einer solchen Verletzung besteht, vielmehr ist die Feststellung zumindest eines derartigen Schadenfalles erforderlich (BGH Urteil vom 7. Juni 2005 – X ZR 247/02 – Antriebsscheibenaufzug, Umdruck S. 28/29). Davon, dass zu den Abnehmern der angegriffenen Spritzen auch solche gehören, die die Spritzen im Rahmen ihres Ersatzbedarfes für das patentgemäße System „MP Plus“ beschafft haben, muss schon aufgrund der bereits erwähnten dahingehenden Werbehinweise der Beklagten als sicher ausgegangen werden.

Die mittelbaren Patentverletzungshandlungen der Beklagten sind schuldhaft erfolgt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hätten die Beklagten zu 2. und 3. als Geschäftsführer eines einschlägig tätigen Fachunternehmens die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätten sie sich vor der Aufnahme der mittelbaren Verletzungshandlungen über die Schutzrechtslage informiert; im Rahmen dieser Nachforschungen wären sie auf das Klageschutzrecht gestoßen und hätten jedenfalls bei zutreffender rechtlicher Beratung ohne Schwierigkeiten feststellen können, dass für das erfindungsgemäße Pipettensystem ohne

Zustimmung der Klägerin keine kompatiblen Spritzen in den Verkehr gebracht werden dürfen. Das in der Unterlassung dieser Maßnahmen liegende Verschulden der Beklagten zu 2. und 3. ist der Beklagten zu 1. nach § 31 BGB zuzurechnen; nach §§ 830, 840 BGB haften sämtliche Beklagten für die begangenen Verletzungshandlungen als Gesamtschuldner. Der zu leistende Schadenersatz erfasst jedoch nicht sämtliche Lieferungen der angegriffenen Spritzen unter Einschluss derjenigen an Benutzer patentfreier Pipettensysteme, sondern beschränkt sich in seiner Höhe auf den Vertrieb der angegriffenen Spritzen für das erfindungsge-mäße System „MP Plus“.

c) Damit die Klägerin die ihr zustehenden Schadenersatzansprüche berechnen kann, sind die Beklagten nach § 242 BGB und § 140 b PatG verpflichtet, der Klägerin unter Angabe der im Urteilsausspruch angegebenen Einzelauskünfte über den Umfang der angegriffenen Handlungen Rechnung zu legen. Der Klägerin sind die zur Bezifferung ihrer Ansprüche notwendigen Einzelheiten ohne eigenes Verschulden unbekannt; demgegenüber werden die Beklagten durch die Erteilung der ihnen abverlangten Auskünfte nicht unverhältnismäßig belastet und können sie auch ohne Schwierigkeiten erteilen.

III.

Als unterlegene Partei haben die Beklagten gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

IV.

Der Senat hat die Revision für die Beklagten zugelassen, weil die Frage, patentrechtlicher Erschöpfung bei mittelbarer Patentverletzung grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO hat.

R1 R2 Dr. R3