2 U 124/06 – Kunststoffeimerdeckel II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 788

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 20. Dezember 2007, Az. 2 U 124/06

Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. September 2006 verkündete
Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

G r ü n d e :
I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 565 xxx, dessen Erteilung am 26. Juli 1995 veröffentlicht worden ist. Das Klagepatent beträgt die Bezeichnung „topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer mit Deckel“.

Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer (1) mit einem Deckel (6), dessen Rand (5) mit einem an dem Gefäßrand (3) angeformten und nach außen hin vorstehenden Befestigungsflansch (4) oder dergleichen rastend verbindbar ist, wobei in der Raststellung des Deckels (6) eine an dessen umlaufenden Rand (5) angeformte, nach innen vorstehende Leiste (13) satt und dichtend um die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) herumgreift und an dem Gefäßrand (3) mindestens ein Werkzeug (14) zum Lösen des Deckels (6) angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass als Werkzeug eine an den Gefäßrand (3) angelenkte Lasche (14) vorgesehen ist, die durch eine Schwenkbewegung aus einer dem Gefäß nahen Sperrstellung nach außen den Deckelrand (5) in diesem Bereich nach außen über die Außenkante (18) hinweg in eine freigebende Lösungsstellung anhebt, wobei die mit der Leiste (13) zusammenwirkende Wirkfläche (Außenseite 21) der Lasche (14) in deren Sperrstellung vom Drehpunkt (Filmscharnier 15) der Lasche (14) fort von der Längsachse des Gefäßes beabstandet ist und wobei mindestens die eine der beiden den jeweils benachbarten Stirnkanten (26) der beiden Enden des Befestigungsflansches (4) gegenüberstehenden Kanten (25) der Lasche (14) mit dem zugehörigen Flanschende (26) über dünnwandige, als Originalitäts-Verschluss dienende und damit leicht abreißbare Kunststoffstege (27) oder einen durchgehenden Kunststofffilm verbunden ist.“

Die nachfolgend gezeigten Figuren 1, 5 und 6 der Klagepatentschrift verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Die Beklagte präsentierte auf einer Fachmesse 2005 einen mit einem Deckel versehenen Eimer. Die Einzelheiten der Ausgestaltung ergeben sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Muster sowie aus der nachfolgend eingeblendeten Prinzipskizze gemäß Anlage 5, die den Gefäßrand mit Lasche sowie den damit zusammenwirkenden Deckelrand wiedergibt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der angegriffene Eimer mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und hat dazu ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über eine nach innen vorstehende Leiste, welche die Außenkante des Befestigungsflansches satt und dichtend umgreife. Darüber hinaus gebe es keine Wirkfläche der Lasche, die mit der Leiste zusammenwirke.

Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Es hat die Handlungsalternative des Herstellens als nicht erfüllt erachtet und die Klage insoweit abgewiesen.

Es hat die Beklagte verurteilt,

I.
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

mit einem Deckel, dessen Rand mit einem am Eimerrand angeformten und nach außen hin vorstehenden Befestigungsflansch rastend verbindbar ist, wobei in der Raststellung des Deckels eine an dessen umlaufenden Rand angeformte, nach innen vorstehende Leiste satt und dichtend um die Außenkante des Befestigungsflansches herumgreift,

in der Bundesrepublik Deutschland gewerbsmäßig anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen,

bei denen am Eimerrand eine Lasche als Werkzeug zum Lösen des Deckels schwenkbar angeordnet ist, die durch eine Schwenkbewegung aus einer dem Eimer nahen Sperrstellung nach außen den Deckelrand in diesem Bereich nach außen über die Außenkante hinweg in eine freigebende Lösestellung anhebt, wobei die mit der Leiste zusammenwirkende Wirkfläche der Lasche in deren Sperrstellung vom Drehpunkt der Lasche fort von der Längsachse des Gefäßes beanstandet ist und die beiden den jeweils benachbarten Stirnkanten der beiden Enden des Befestigungsflansches gegenüberstehenden Kanten der Lasche mit dem zugehörigen Flanschende über dünnwandige, als Originalitäts-Verschluss dienende und dabei leicht abreißbare Kunststoffstege verbunden sind;

2.
der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die unter 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26. August 1995 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) sowie unter Vorlage eines Verzeichnisses, das – aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren – die Gestehungskosten und erzielten Gewinn ausweist,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 26. August 1995 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform mache von allen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch. Merkmale 3 und 5 seien bei der angegriffenen Ausführungsform durch die in der Anlage K 5 mit dem Bezugszeichen 13 versehene Ringwulst verwirklicht. Merkmal 3 des Klagepatents sehe vor, dass der Deckel eine an seinem umlaufenden Rand angeformte Leiste besitze, die nach innen vorstehe und infolge dessen in der Lage sei, die Außenkante des Befestigungsflansches in der Raststellung satt und dichtend zu umgreifen. Diese Formulierung setze voraus, dass eine Verbindung zwischen Deckel und Gefäß bestehe, die gewährleiste, dass der Eimer dicht verschlossen wird, so dass der Gefäßinhalt nicht nach außen dringen könne und der gewährleiste, dass sich der Deckel während des Transports oder der üblichen Handhabung nicht unbeabsichtigt lösen könne. Das Klagepatent verhalte sich nicht dazu, wo der Befestigungsrand bzw. die Leiste am Gefäß bzw. Deckel angeformt würden und welche konstruktive Ausgestaltungen sie im einzelnen haben sollten. Dies sei dem freien Belieben des Fachmanns überlassen. Dem Begriff der Leiste sei durch die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Ringwulst schon dadurch genügt, dass sie über den gesamten Umfang des Deckelrandes betrachtet als leistenartig vorstehendes Bauteil ausgebildet sei und die geforderten Funktionen erfülle. Des weiteren sei Merkmal 8 verwirklicht, wonach die Lasche mit einer Wirkfläche versehen sein müsse, die mit der Leiste des Deckelrandes zusammenwirke. Die Aufgabe der Wirkfläche und ihres Zusammenwirkens mit der Deckelleiste erschließe sich unmittelbar aus Merkmal 10. Bei der angegriffenen Ausführungsform könne nicht zweifelhaft sein, dass die in Anlage K 5 mit der Bezugsziffer (14) versehene Außenseite der Lasche eine „Fläche“ zur Verfügung stelle, die über Betätigung der Lasche eine „Wirkung“ in Bezug auf die Deckelleiste hervorbringe und deshalb eine Wirkfläche sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Das Landgericht übersehe, dass die Verschlussform, wie sie das Klagepatent fordere und wie sie auch bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht sei, dem Stand der Technik entspreche, wie es in der als Anlage B 3 zur Akte gereichten Patentschrift GB 235 920, dort Figur 4, und der als Anlage B 2 zu den Akten gereichten US 3, 773, 208, Figur 5, dargestellt sei. Die angegriffene Ausführungsform verfüge damit lediglich über eine bereits zum freien Stand der Technik gehörende Ringwulst. Daraus folge, dass Merkmale 3 und 5 nicht wortsinngemäß verwirklicht seien und im übrigen die angegriffene Ausführungsform zum freien Stand der Technik gehörte. Bzgl. Merkmal 8 komme es nicht allein auf den Zusammenhang zwischen der Außenseite und der zu verschwenkenden Lasche und dem daraus resultierenden Anheben der Deckelleiste über den Befestigungsflansch des Gefäßes zum Zwecke der Entrastung an. Dies gehöre bereits zum Stand der Technik nach US 3, 773, 208, dort Figur 5. Das Klagepatent stelle es aber nicht in das freie Belieben des Fachmanns, wo die Leiste (13) anzubringen sei. Bei der angesprochenen Wulst handele es sich nicht um eine Leiste, sondern um eine zum Stand der Technik gehörende Verdickung und es gebe kein Zusammenspiel der Wirkung dieser Wulst einerseits sowie der Außenfläche der Lasche andererseits. Bei der angegriffenen Ausführungsform wirke die Wulst (13) weder mittelbar noch unmittelbar mit der Außenfläche der Lasche (14) zusammen. Merkmal 9 fordere, dass die Wirkfläche fort von der Längsachse des Eimerrandes ausgebildet sei und nicht parallel oder nach innen gehend.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass das von der Beklagten vertriebene Eimer mit Deckel von sämtlichen Merkmalen des Klagepatents, insbesondere auch von den streitigen Merkmalen 3, 5, 8 und 9 wortsinngemäß Gebrauch macht.

1.
Das Klagepatent betrifft ein insbesondere als Eimer oder dergleichen ausgebildetes topfförmiges Gefäß, das mit einem Deckel versehen ist, dessen Rand mit an dem Gefäßrand angeformten Befestigungsflansch rastend verbindbar ist.

Das Klagepatent führt aus, dass ein derartiges topfförmiges Gefäß aus der EP-A-243 545 bekannt sei. Grundsätzlich sei es so, dass die Gestaltung und die Abmessungen sowie auch die Maßtoleranzen bei einem solchen Deckel im allgemeinen so gewählt seien, dass der Deckel, wenn er an seinem unteren Rand erfasst werde, von dem Rand des Gefäßes abgezogen und damit von diesem gelöst werden könne (Klagepatent K 1, Spalte 1 Abs. 0003). Als Anforderungen an einen solchen Deckel sei zu formulieren, dass sich dieser bei einem noch vertretbaren manuellen Kraftaufwand von dem Eimerrand lösen lasse und andererseits aber auch ein ausreichend guter Verschluss des Gefäßes durch den Deckel gewährleistet werde. Bei dem aus dem genannten EP-A-243 545 bekannten Gefäß sei am Rand eines Deckels eine als Daumenvorsprung ausgestaltete Handhabe angeformt. Mit Hilfe dieser Handhabe könne der Deckel nur in einer ganz bestimmten Position zum Deckelrand, in welchem an einer Stelle ein Ausschnitt vorgesehen sei, mit seinem umgreifenden Rand über einen vorspringenden Rastrand am Gefäß hinweggehoben werden, so dass der Deckel dann vom Gefäßrand abgehoben werden könne (K 1, Spalte 1, Absatz 0004).

Das Klagepatent formuliert es als seine Aufgabe, bei einem Gefäß der zuvor angegebenen Gattung in jeder beliebigen Position des Deckels zum Eimerrand, einen intensiven Verschluss zwischen dem Eimerrand und dem Deckel zu gewährleisten, ein leichtes Abheben des Deckels von dem Eimerrand zu ermöglichen und auch einen Orginalitätverschluss auf einfache und leichte Weise am Gefäß vorzusehen (K 1, Spalte 1, Absatz 0004 bis Spalte 2 oben). Diese Aufgabe werde erfindungsgemäß durch eine Kombination nachfolgender Merkmale gelöst (folgt der Merkmalsanalyse des Landgerichts):

1) Topfförmiges Gefäß (1) mit einem Deckel (6).

2) An dem Gefäßrand (3) ist ein Befestigungsflansch (4) oder dergleichen angeformt, der nach außen hin vorsteht.

3) An dem umlaufenden Rand (5) des Deckels (6) ist eine Leiste (13) angeformt, die nach innen vorsteht.

4) Der Deckelrand (5) ist mit dem Befestigungsflansch (4) des Gefäßes (1) rastend verbindbar.

5) In der Raststellung des Deckels (6) umgreift die Leiste (13) des Deckelrandes (5) satt und dichtend die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4).

6) Am Gefäßrand (3) ist mindestens ein Werkzeug (14) zum Lösen des Deckels (6) angeordnet.

7) Als Werkzeug ist eine Lasche (14) vorgesehen, die am Gefäßrand (3) angelenkt ist.

8) Die Lasche (14) hat eine Wirkfläche (Außenseite 21), die mit der Leiste (13) des Deckelrandes (5) zusammenwirkt.

9) Die Wirkfläche (21) ist in der dem Gefäß (1) nahen Sperrstellung der Lasche (14) vom Drehpunkt (Filmscharnier 15) der Lasche (14) fort von der Längsachse des Gefäßes (1) beabstandet.

10) Die Lasche (14) hebt durch eine Schwenkbewegung aus der Sperrstellung nach außen den Deckelrand (5) in diesen Bereich nach außen über die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) hinweg in eine freigebende Lösestellung an.

11) Den beiden jeweils benachbarten Enden (26) des Befestigungsflansches (4) stehen Kanten (25) der Lasche (14) gegenüber.

12) Mindestens die eine Kante (25) der Lasche (14) ist mit dem zugehörigen Ende (26) des Befestigungsflansches (4) über dünnwandige, als Originalitäts-Verschluss dienende und damit leicht abreißbare Kunststoffstege (27) oder über einen durchgehenden Kunststofffilm verbunden.

2.
Merkmale 2 bis 5 betreffen das rastende und dichtende Zusammenwirken von Befestigungsflansch des Gefäßrandes und Leiste des Deckelrandes. Dieses Zusammenwirken hat das Landgericht in seinem Urteil zutreffend dargestellt.

Merkmale 3 und 5 sehen dabei vor, dass an dem umlaufenden Rand (6) des Deckels eine Leiste (13) angeformt ist, die nach innen vorsteht. Sinn der nach innen vorstehenden ringförmigen Leiste ist es, den an dem Eimerrand angeformten Befestigungsflansch satt und dichtend zu hintergreifen. Dabei sind die Profilierungen des Deckelrandes und die Abmessungen der an diesen Deckelrand angeformten Leiste so zu wählen, dass ein unerwünschtes Lösen des auf dem Eimerrand aufgesetzten Deckelrandes von dem Eimerrand nicht möglich ist (Klagepatent Spalte 3, Absatz 0015). Somit wirken hier die ringförmige Leiste des Deckels sowie der Befestigungsflansch des Gefäßes, deren Profil sich entsprechen, als Rastelemente zusammen, indem die ringförmige Leiste des Deckels die Außenkante des Befestigungsflansches in der Raststellung satt und dichtend umgreift. Dies entspricht der Aufgabenstellung des Klagepatentes, einen ausreichend guten Verschluss des Gefäßes durch den Deckel zu gewährleisten. Dabei trifft das Klagepatent – so das Landgericht zu Recht – in seinem Anspruch 1 keine Festlegung, nach der die umlaufende Leiste Deckels und der Befestigungsflansch des Gefäßes an einer bestimmten Stelle der Konstruktion zu positionieren sind. Insbesondere lässt sich das Klagepatent nicht daraufhin einengen, dass die „satte und dichtende“ Verbindung zwischen Gefäß und Deckel am unteren Rand des umlaufenden Außenrandes (12) des Deckels zu erfolgen hat. Diese Festlegung ist dem freien Belieben des Durchschnittsfachmanns überlassen.

Abgesehen davon, dass es nach der Rechtsprechung unerheblich ist, ob Merkmale im Oberbegriff oder im Kennzeichen des Patentanspruchs stehen, ist es selbstverständlich, dass praktische jede Erfindung an den Stand der Technik anknüpft und in diesem Vorgefundenes übernimmt. Es kann daher nicht argumentiert werden, Merkmale 2, 3 und 5 seien nur dann erfüllt, wenn über das hinausgegangen werde, was der Stand der Technik zeige. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es daher nicht darauf an, ob Merkmale 3 und 5 nicht nur aufgrund der EP 243 545, welche auch nach den einleitenden Bemerkungen der Klagepatentschrift (Sp. 1, Zeilen 1 bis 35) den Gattungsbegriff bildet, sondern auch aus den Patentschriften US 3,773,208 (Anlage B2, vgl. Sp. 1, Zeilen 42 ff.) und GB 2 235 920 (Anlage B 3, vgl. Sp. 1 Zeilen 47 ff.) bekannt sind.

Merkmal 8, wonach die Lasche eine Wirkfläche (Außenfläche 21) hat, die mit der Leiste (13) des Deckels zusammenwirkt, muss im Zusammenhang mit den Merkmalen 6 bis 10, insbesondere mit Merkmal 10 gesehen werden. Merkmal 10 des Klagepatents sieht vor, dass die Lasche (14) durch eine Schwenkbewegung aus der Sperrstellung nach außen den Deckelrand (5) in diesem Bereich nach außen über die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) hinweg in eine freigebende Lösestellung anhebt. Nach der Beschreibung des Klagepatents (Spalte 3 Absatz 0016) soll dies ein leichtes und vor allem auch kräftesparendes Lösen des Deckels von dem Eimerrand ermöglichen. Soll der Deckel vom Eimerrand abgehoben werden, so hintergreift die den Eimer benutzende Person den unteren Rand der Lasche (14) und erteilt dieser Lasche eine Schwenkbewegung nach außen, wodurch die am Deckelrand angeformte Leiste (13) in radialer Richtung nach außen gedrückt wird, sich der Deckelrand verformt und mit dem am Eimer befindlichen Befestigungsflansch (4) außer Eingriff kommt (Spalte 3, Absatz 0018). Das Klagepatent trifft dabei keine Aussage dazu, ob nach Merkmal 8 die nach außen zu bewegende Lasche (14), die eine Wirkfläche (Außenseite 21) aufweist, mit der Leiste (13) des Deckelrandes (5) in Kontakt tritt. Merkmal 8 des Klagepatents spricht lediglich von einem Zusammenwirken, womit gemeint ist, dass das Nachaußenziehen der Lasche (14) bewirkt, dass sich der Deckelrand (5) auf eine Weise mit nach außen bewegt, die die „satte und dichtende Verbindung“ von Leiste (13) und Befestigungsflansch (4) löst. Nicht ersichtlich ist, dass die Lasche selbst die Leiste des Deckelrandes bewegen soll. Die Figuren 5 und 6 des Klagepatents nebst der entsprechenden Beschreibung lassen zwar ein unmittelbares Zusammenwirken von Leiste (13) und Wirkfläche der Lasche (14, 21) vermuten. Dies ist aber, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, eine Besonderheit des Ausführungsbeispiels, auf das der Schutzbereich des Patentanspruchs 1 nicht eingeengt werden darf. Aus Merkmal 9 ergibt sich, dass die angesprochene Wirkfläche (21) in der Sperrstellung der Lasche (14) vom Drehpunkt der Lasche (Filmscharnier 15) beabstandet und zwar fort von der Längsachse des Gefäßes. Dies bedeutet, dass die Wirkfläche weder parallel zur Längsachse des Gefäßes noch auf dieses hinführend ausgestaltet sein darf.

3.
Die zu 2. vorgenommene Auslegung ergibt, dass die angegriffene Ausführungsform in allen Merkmalen von der Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass die als Ringwulst bezeichnete Ausprägung des Deckelrandes gemäß Anlage K 5, Bezugsziffer 13 als „nach innen vorstehende Leiste“ im Sinne von Merkmal 3 des Klagepatentes anzusehen ist. Dementsprechend ist der Befestigungsflansch (4) des Gefäßes am oberen Eimerrand ausgebildet und bildet, so wie von Merkmal 5 gefordert, mit der ihn umgreifenden Leiste des Deckelrandes eine satte und dichtende Verbindung. Dass eine solche bei der angegriffenen Ausführungsform nicht erreicht wird, behauptet auch die Beklagte nicht. Merkmal 6 und 7 des Klagepatents sind in der angegriffenen Ausführungsform gemäß Anlage K 5 verwirklicht und dort mit (14) und (14’) bezeichnet. Die Entrastung von Eimer und Deckel geschieht bei der angegriffenen Ausführungsform nach Anlage K 5 auf eben die in den Merkmalen 8 bis 10 beschriebene Weise. Indem die in Anlage K 5 mit (14’) bezeichnete Wirkfläche der Lasche, die von in der Sperrstellung von der Längsachse des Eimerrandes beabstandet ist, durch Bewegen der Lasche (14) nach außen gezogen wird, drückt sie den in Anlage 5 mit (5) bezeichneten Deckelrand nach oben und außen, was bewirkt, dass sich die Ringwulst (13) von dem am oberen Eimerrand befindlichen Befestigungsflansch (4) löst.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es bestand kein Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.