4a O 131/09 – Zugang Aufforderungsschreiben

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1446

Landgericht Düsseldorf
Schlussurteil vom 25. Mai 2010, Az. 4a O 131/09

I. Die Klage wird, soweit über sie noch nicht mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 02.02.2010 entschieden wurde, abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

II. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen Verletzung des europäischen Patents 0 906 XXX (im Folgenden: Klagepatent) mit Schriftsatz vom 23.04.2009 beim Landgericht Düsseldorf eine Beschlussverfügung beantragt, welche die Kammer mit Beschluss vom 24.04.2009 wegen der besonderen Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung erlassen hat. Auf Veranlassung der Klägerin wurde diese einstweilige Verfügung der Beklagten noch am gleichen Tag auf der Deutschen Messe in Hannover zugestellt.

Nachdem die Beklagte keine Abschlusserklärung abgegeben hatte, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.07.2009 Hauptsacheklage erhoben. Soweit die Klägerin mit dieser Klage Unterlassung, Rechnungslegung und Vernichtung sowie die Feststellung des Bestehens von Schadenersatz- und Entschädigungsansprüchen beantragt hat, hat die Beklagte die Klageforderung, noch bevor sie ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat, mit Schriftsatz vom 02.02.2010 unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Die Kammer hat die Beklagte daraufhin im Wege eines Teil-Anerkenntnisurteils verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

im deutschen Geltungsbereich des europäischen Patents EP 0 906 XXX Gleitlager zur Lagerung von Wellen oder dergleichen mit einem Lagerkörper aus Kunststoff und einem den Lagerkörper stützenden Gehäuse, wobei das Gleitlager die Welle im Wesentlichen voll umfänglich umschließt und der Lagerkörper einen sich über dessen gesamte axiale Ausdehnung erstreckenden Schlitz und mindestens einen sich ebenfalls über die gesamte axiale Ausdehnung erstreckenden deformierbaren Bereich aufweist, der eine Öffnung des Schlitzes ermöglicht, so dass der Lagerkörper im Wesentlichen in radialer Richtung zur Welle auf diese aufbringbar und von dieser entfernbar ist, und wobei der Lagerkörper Mittel zur verdreh- und verschiebesicheren Festlegung aufweist,

anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Mittel zur verdrehsicher und verschiebungssicheren Festlegung des Lagerkörpers so ausgebildet sind, dass zunächst eines derselben und nachfolgend hierzu das andere betätigbar ist;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 07.05.1999 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet

e) sowie für die seit dem 07.05.1999 begangenen, zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

3. die im Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I. 1. zu vernichten.

Zugleich hat die Kammer festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. der Klägerin für die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 07.05.1999 bis zum 10.12.1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 11.12.1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Klägerin behauptet, sie habe die Beklagte mit Schreiben vom 24.06.2009 erfolglos auffordern lassen, eine Abschlusserklärung zur rechtskräftigen Beseitigung der Wiederholungsgefahr und zum Anerkenntnis der Schadenersatzansprüche abzugeben.

Die Klägerin beantragt daher,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.540,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage, soweit sie über den bereits anerkannten Teil hinausgeht, abzuweisen.

Sie bestreitet den Zugang des Schreibens der Klägerin vom 24.06.2009. Der durch die Beklagte insoweit benannte Zeuge A sei bei der Beklagten für alle Schutzrechtsangelegenheiten verantwortlich, habe aber ein derartiges Schreiben nie erhalten. Er habe anlässlich der Klagezustellung noch bei der zentralen Post und beim zentralen Telefaxeingang nachgefragt, auch dort sei ein entsprechendes Schreiben nicht eingegangen.

Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat, soweit über sie noch nicht durch Teil-Anerkenntnisurteil entschieden wurde, in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des eine Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung beinhaltenden Schreibens vom 24.06.2009 zu. Die Beklagte hat den Zugang dieses Schreibens substantiiert bestritten. Da die Klägerin zwar das Schreiben als Anlage K 6 vorgelegt, jedoch keinen Beweis hinsichtlich dessen Zugangs angeboten hat, ist sie insoweit beweisfällig geblieben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 93 ZPO. Nachdem die Beklagte die durch die Klägerin in der Hauptsache unter Ziffern 1. bis 4. geltend gemachte Forderung mit Schriftsatz vom 02.02.2010 sofort anerkannt hat, sind der Klägerin insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die Beklagte keine Veranlassung zur Einreichung einer Hauptsacheklage gegeben hat, § 93 ZPO.

Anlass zur Einreichung der Hauptsacheklage ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die bei der Klägerin vernünftigerweise die Überzeugung oder Vermutung hervorrufen mussten, sie werde ohne eine solche Klage nicht zu ihrem Recht kommen. Die Klägerin musste die Beklagte daher grundsätzlich vor Einreichung der Hauptsacheklage abmahnen, um der Kostenfolge des § 93 ZPO zu entgehen (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage, § 139 ZPO, Rz. 163). Dies ist unstreitig nicht geschehen. Soweit sich die Klägerin demgegenüber darauf beruft, sie habe die Beklagte mit Schreiben vom 24.06.2009 erfolglos zur Abgabe eines Abschlussschreibens aufgefordert, hat die Beklagte den Zugang dieser Aufforderung substantiiert bestritten. Da die Klägerin dem nicht entgegen getreten ist, ist der fehlende Zugang dieses Aufforderungsschreibens als zugestanden anzusehen, § 138 Abs. 3 ZPO.

Die vorherige Abmahnung der Beklagten war auch nicht entbehrlich. Eine Abmahnung ist grundsätzlich nur dann unzumutbar und damit entbehrlich, wenn die mit der vorherigen Abmahnung notwendig verbundene Verzögerung unter Berücksichtigung der gerade im konkreten Fall gegebenen außergewöhnlichen Eilbedürftigkeit schlechthin nicht mehr hinnehmbar ist, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte für die Klägerin feststand, dass eine Abmahnung der Beklagten erfolglos bliebe oder sich der Klägerin bei objektiver Sicht der Eindruck geradezu aufdrängen musste, die Beklagte baue auf die grundsätzliche Abmahnpflicht und wolle sich diese zunutze machen (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski a. a. O.).

Anhaltspunkte hierfür sind jedoch weder vorgetragen, noch ersichtlich. Insbesondere war eine vorherige Abmahnung auch unter Berücksichtigung der vorangegangenen einstweiligen Verfügung nicht entbehrlich. Zwar hat die Beklagte keine Abschlusserklärung abgegeben. Von sich aus brauchte die ausländische Beklagte, der die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung nicht zugegangen war, eine derartige Erklärung jedoch auch nicht abgeben.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird bis zum 02.02.2010 auf 100.000,- EUR, danach auf 3.540,40 EUR sowie das Kosteninteresse aus einem Streitwert von 100.000,- EUR festgesetzt.