2 U 78/03 – Raffvorhänge II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 319

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Juni 2004, Az. 2 U 78/03

Vorinstanz: 4a O 155/02

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. März 2003 verkündete
Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert. Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Befestigung von Zugschnüren am unteren Rand eines Raffvorhangs, enthaltend ein am Vorhangstoff angebrachtes Befestigungsglied mit einem Schlitz, in den das mit einer Verdickung versehene Zugschnurende einklemmbar ist,

herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen das aus einem mit einem Schlitz versehenen biegsamen Streifen bestehende Befestigungsglied in der vom Vorhangstoff für die Aufnahme eines Fallstabes gebildeten Tasche befestigbar und mit Mitteln zur reversiblen Einschließung der im Schlitz eingeklemmten Verdickung
zwischen den beiden Enden des U-förmig zusammengeklappten Streifens versehen ist;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 13. Juli 1990 begangen hat, und zwar unter Angabe

a)
der Herstellungsmengen und –zeiten,

b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt

und der Beklagten gestattet wird, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dem eingetragenen Inhaber des Deutschen Patentes 37 39 317, Y, I, bis zum 9. Dezember 2002 und der der Klägerin seit dem 10. Dezember 2002 durch Handlungen der zu I. 1. bezeichneten Art entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,– € abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.

V.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 250.000,– Euro.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz (vgl. Anlage L 2 a) an dem Gegenstand des zugunsten ihres Geschäftsführers Y eingetragenen deutschen Patentes 37 39 317 (Klagepatent, Anl. L 1) betreffend eine Vorrichtung zur Befestigung der Zugschnüre am unteren Rand eines Raffvorhanges. Aus
diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch; durch Vereinbarung vom 10. Dezember 2002 (Anlage L 2 a) hat sie sich von ihrem Geschäftsführer die bis dahin entstandenen Ansprüche auf Schadenersatz und Rechnunglegung abtreten lassen.

Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 20. November 1987 eingereicht und am 6. Juli 1987 offengelegt worden; die Veröffentlichung der
Patenterteilung hat am 13. Juni 1990 stattgefunden.

Anspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:

Vorrichtung zur Befestigung der Zugschnüre am unteren Rand eines Raffvorhanges, enthaltend ein am Vorhangstoff angebrachtes Befestigungsglied mit einem Schlitz, in den das mit einer Verdickung versehene Zugschnurende einklemmbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass das aus einem mit einem Schlitz (31) versehenen biegsamen Streifen (30) bestehende Befestigungsglied in der vom Vorhangstoff (1) für die Aufnahme des Fallstabes (25) gebildeten Tasche (26) befestigbar und mit Mitteln (36, 37) bzw. (38, 39) zur reversiblen Einschließung der im Schlitz (31) eingeklemmten Verdickung (32) zwischen den beiden Enden (30a, 30b) des U-förmig zusammengeklappten Streifens (30) versehen ist.

Die nachfolgend wiedergegebenen Figurendarstellungen zeigen zwei Ausführungsbeispiele der Erfindung, und zwar Figur 1 für eine erste Ausführungsform die Anbringung des erfindungsgemäßen Befestigungsgliedes zusammen mit dem Knoten der Zugschnur in der Tasche des Vorhangstoffes für die Aufnahme des Fallstabes, Figur 3 das geschlitzte Befestigungsteil nach dem Einführen des mit einem Knoten versehenen Zugschnurendes in den Schlitz, Figur 2 das Befestigungsglied nach Umbiegen der geschlitzten Seite des Befestigungsteils, Figur 5 eine zweite Ausführungsform des geschlitzten Befestigungsstreifens mit eingeführtem Zugschnurende und Figur 4 die Befestigung eines solchen Elementes in der am Vorhandstoff vorgesehenen Tasche zur Aufnahme des Fallstabes.

Die Beklagte stellt her und vertreibt Raffvorhänge, deren Elemente zur Befestigung der Zugschnüre am unteren Ende des Vorhangstoffes entsprechend dem als Anlage L 5 vorgesehenen Musterstück und den als Anlagen L 6 und L 9 zu den Akten gereichten Abbildungen ausgebildet sind; die Beklagte hat ergänzend die Prinzipskizze gemäß Anlage B 1 vorgelegt, deren rechtes Bild nachstehend
wiedergegeben ist.

Wie diese Abbildung zeigt, weist das Befestigungsglied einen T-förmigen Umriss auf; etwa in der Mitte des senkrecht verlaufenden Abschnittes sind eine dreieckförmige Öffnung (A) und zwei runde Ausstanzungen vorgesehen. Die untere Hälfte des Längsabschnittes kann in Richtung des Querabschnittes umgeklappt werden; die dort vorgesehenen Zapfen greifen dann in die runden Ausstanzungen ein. Ein in der Mitte der unteren Hälfte des senkrechten Abschnittes vorgesehener dreieckförmiger Vorsprung greift nach dem Umklappen in die dreieckförmige Ausnehmung.

Die Klägerin meint, die Beklagte verletze durch die Herstellung und den Vertrieb mit derartigen Befestigungselementen ausgerüsteter Raffvorhänge das Klagepatent; die Befestigungsvorrichtung verwirkliche die in Anspruch 1 des Klagepatents gegebene technische Lehre wortsinngemäß, jedenfalls aber mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Sie hat vor dem Landgericht vorgetragen, die dreieckförmige Ausnehmung sei der Schlitz im Sinne des Klagepatentes. Das im eingebauten Zustand zum unteren Ende des Raffvorhanges gerichtete breitere Ende der dreieckigen Öffnung ermögliche das Einführen der Zugschnur-Verdickung. Nach oben hin verjünge sich die Öffnung wie ein Schlitz, in den sich die Zugschnur hineinziehe und dessen oberes Ende den Knoten einklemme. Nach dem Umklappen des senkrechten Streifens sei der Knoten im oberen Bereich des Schlitzes eingeschlossen. Obwohl das angegriffene Befestigungsteil T-förmig ausgebildet sei, habe es die Form eines biegsamen Streifens. Der waagerechte Streifen habe keine Funktion für die im Klagepatent gelehrte reversible Einklemmung oder Einschließung des Zugschnurendes; hierfür sei nur der senkrechte Streifen entscheidend, der bei der angegriffenen Ausführungsform in Übereinstimmung mit den Ausführungsbeispielen des Klagepatentes rechteckförmig sei.

Die Beklagte stellt eine Verwirklichung der unter Schutz gestellten Lehre in Abrede und hat vor dem Landgericht eingewandt, die dreieckförmige Ausnehmung der angegriffenen Vorrichtung sei kein Schlitz im Sinne des Klagepatentes. Erfindungsgemäß sichere das U-förmige Zusammenklappen des Streifens das in den Schlitz eingeklemmte Schnurende gegen unbeabsichtigtes Lösen. Das bei einem Schlitz bzw. einer Kerbe nach unten offene Ende werde bei diesem Vorgang nach oben geklappt, so dass das Zugschnurende nicht mehr aus dem offenen Ende herausgezogen werden könne. Bei der angegriffenen Ausführungsform ziehe sich die Verdickung der Schnur dagegen bei einer nach unten wirkenden Zugkraft tiefer in die dreieckförmige Ausstanzung hinein, so dass zur Festlegung des Zugschnurendes ein Hochklappen des Streifens nicht erforderlich sei. Das Hochklappen solle bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich den dreieckförmigen Vorsprung in der dreieckförmigen Ausstanzung fixieren und sie verschließen, so dass die Schnur nicht länger dort hinein- oder herausgezogen werden könne. Das
widerspreche der Lehre des Klagepatentes, bei der ausschließlich und allein das Umklappen eines zunächst zu einem Streifenende hin offenen kerbenartigen Schlitzes die im Schlitz eingeklemmte Verdickung zwischen den beiden Enden des Streifens einschließen solle; weitere Mittel seien erfindungsgemäß ausgeschlossen. Die dreieckige Öffnung des angegriffenen Gegenstandes sei auch so klein, dass sie sich nicht über einen wesentlichen Teil der Länge des Streifens erstrecke.

Durch Urteil vom 25. März 2003 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Vorrichtung weise keinen Schlitz in Gestalt einer vom Klagepatent vorausgesetzten einseitig offenen Ausnehmung auf, in welcher eine Zugschnur einfach einführ- und anschließend allein durch Umbiegen des Streifens zuverlässig und sicher arretierbar sei. Von einem Einsatz zusätzlicher Mittel zum Verschließen des Schlitzes gehe das Klagepatent ersichtlich nicht aus. Demgegenüber schließe die bei der angegriffenen Vorrichtung im Streifen enthaltene dreieckförmige Ausnehmung die Zugschnurverdickung ein, wenn sich die Schnur mit der Verdickung in der oberen Dreieckspitze festsetze. Das Umklappen des Streifens habe keine unmittelbare Auswirkung auf das Einschließen der im Schlitz eingeklemmten Verdickung; erst das Einführen des dreieckförmigen Vorsprungs in die Ausnehmung bewirke einen weiteren Einschluss der Schnur. Eine Verwirklichung der patentgemäßen Lehre mit äquivalenten Mitteln liege mangels Gleichwirkung nicht vor. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde die Zugschnur nicht durch einfaches U-förmiges Umklappen und anschließende Befestigung der beiden Enden miteinander eingeschlossen, sondern die endgültige und sichere Befestigung erfolge erst durch den Zusammenschluss der dreieckförmigen Ausnehmung – gemeint ist ersichtlich der Vorsprung – mit der Öffnung. Neben dem Einklemmen der Zugschnur in die Verjüngung der dreieckförmigen Öffnung setze die angegriffene Ausführungsform erfindungswidrig ein weiteres Mittel zur Arretierung der Zugschnur ein. Das sei für den Fachmann anhand der technischen Lehre des Klagepatentes ausgerichtete Überlegungen nicht als gleichwirkend auffindbar gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich erfolglos geltend gemachten Ansprüche weiter. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus: Entgegen der Auffassung des Landgerichts enthalte die Klagepatentschrift keinen Hinweis darauf, dass die erfindungsgemäße Lehre den Begriff „Schlitz“ abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch verwende, der darunter eine schmale spalt- oder einschnittartige Öffnung verstehe, die sowohl einseitig offen als auch allseitig geschlossen sein könne. Die im Stand der Technik beschriebene Kerbe sei nur eine von mehreren Möglichkeiten, einen derartigen Schlitz zu verwirklichen. Die Erfindung bestehe nicht darin, einen besonders gestalteten Schlitz zu verwenden, sondern sehe Mittel vor, um die beiden Enden des Streifens zuverlässig und dennoch leicht lösbar miteinander zu verbinden, wobei erst dieses Verbinden zur endgültigen und sicheren Befestigung der Zugschnur führe, die vorher leicht herausgezogen und wieder eingeführt werden könne. Eine Öffnung, die diese Aufgabe erfülle, sei unabhängig von ihrer Form ein Schlitz im Sinne der Erfindung. Für die Einklemmfunktion sei allein die Gestaltung des Schlitzes im Bereich der Umbiegestelle wesentlich. Dementsprechend habe auch die angegriffene Ausführungsform einen Schlitz in Gestalt des dreieckigen Spaltes, durch den das verdickte Zugende geführt und in dessen sich verjüngender Spitze es eingeklemmt werde. Zur reversiblen Sicherung des Zugschnurendes werde die angegriffene Ausführungsform mit ihrem senkrechten Streifen umgeklappt. In jedem Falle verwirkliche diese Ausgestaltung die Lehre des Klagepatentes mit äquivalenten Mitteln. Die erforderliche Gleichwirkung sei gegeben, weil auch die angegriffene Vorrichtung eine praktisch unsichtbare und damit ästhetisch befriedigende und leicht lösbare und dennoch sichere Befestigung der Zugschnur am Vorhangstoff gewährleiste. Der zusätzlich wirkende dreieckförmige Vorsprung sei ebenfalls ein Mittel zur reversiblen Einschließung und biete entgegen der Auffassung des Landgerichts keine andersartige Problemlösung. Auch ohne ihn liege die Gleichwirkung vor. Dass der Vorsprung die bereits eingeklemmte Zugschnur noch weiter einklemme, sei eine zusätzliche Sicherung, die aus dem Schutzbereich des Klagepatentes nicht herausführe.

Die Klägerin beantragt im wesentlichen,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

hilfsweise,
ihr für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung zu gestatten, die
Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Ange-
botsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und
ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschafts-
prüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt
und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen,
ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung
enthalten ist,

äußerst hilfsweise,
im Falle ihrer Verurteilung die Revision zu ihren Gunsten zuzulassen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages ergänzend aus: Selbst wenn man davon ausgehe, dass die angegriffene Vorrichtung mit einem Schlitz versehen sei, werde die Vorgabe des Klagepatentanspruches 1 nicht erfüllt, dass die im Schlitz eingeklemmte Verdickung des Zugschnurendes allein durch das Zusammenklappen der beiden Streifenenden in der so gebildeten Tasche eingeschlossen werden müsse. Bei der angegriffenen Vorrichtung werde die Schnur erst nach Einsetzen des Vorsprunges bzw. Stopfens in die dreieckförmige Öffnung fixiert. Dieser Stopfen könnte auch separat – etwa über ein Band – am Streifen befestigt sein; dass er unmittelbar am Streifen angeformt sei, sei Zufall. Das Umklappen sei an sich funktionslos und diene nur dazu, den Stopfen in die Öffnung einzuführen. Eine Verwirklichung der patentgemäßen Lehre mit äquivalenten Mitteln sei mangels Gleichwirkung nicht gegeben. Eine dreieckförmige Öffnung im Zusammenwirken mit einem dort formschlüssig hineingreifenden dreieckförmigen Vorsprung oder Stopfen habe gegenüber der Lehre des Klagepatentes den erheblichen Nachteil, dass das Ende der Zugschnur wesentlich schwieriger in diese Öffnung hineinzubringen und aus ihr herauszulösen sei. Auch reiche schon die Lage der Dreieckspitze in Zugrichtung aus, um bei einer Belastung der Zugschnur deren verdicktes Ende in der dreieckförmigen Öffnung zu halten; das Umklappen des unteren Streifenteils trage hierzu nichts bei; allein der dreieckförmige Vorsprung bewirke die zusätzliche Sicherung. Eine solche Lösung ziehe der Fachmann nicht als der im Patentanspruch 1 gegenständlich beschriebenen Ausführung gleichwertig in Betracht.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Beurteilung durch das Landgericht stehen der Klägerin die gegen die Beklagte erhobenen Ansprüche zu. Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Befestigungsvorrichtung verletzen das Klagepatent, weil der angegriffene Gegenstand die Merkmale der in Anspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre wortsinngemäß verwirklicht.

A.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Befestigung der Zugschnüre bzw. Raffbänder am unteren Rand eines Raffvorhanges.

Solche Raffvorhänge bestehen aus einer zusammenraffbaren Stoffbahn – meist aus Textilmaterial – , an deren unterem durch einen Fallstab beschwerten Rand nach oben laufende Raffbänder oder Zugschnüre befestigt sind, die nahe dem oberen Rand der Stoffbahn durch horizontal nebeneinander angebrachte Ösen oder Schlaufen in die Horizontale umgelenkt und dabei zu einem Bündel vereinigt werden. Zieht man an diesem Bündel, wird der untere Rand der Stoffbahn angehoben und der Vorhang gerafft.

An bekannten nicht näher beschriebenen oder druckschriftlich belegten Arten, die Zugschnüre oder Raffbänder am unteren Rand der Stoffbahn zu befestigen, moniert die Klagepatentschrift, dass die Befestigung sich im Bedarfsfall nur umständlich oder sogar schwierig lösen lässt. An der Befestigung unter Verwendung von Karabinerhaken wird das unschöne Aussehen bemängelt. An der in der nachstehend wiedergegebenen Figur 7 der Schweizer Patentschrift 653 537 (Anlage L 3) gezeigten Befestigung, bei der das durch einen Knoten verdickte Ende der Zugschnur in eine Kerbe eines etwa ringförmigen, innen offenen Gegenstandes – in der Klagepatentschrift als Knopf bezeichnet – eingeklemmt wird, beanstandet die Patentbeschreibung neben dem unbefriedigenden Aussehen, dass die Zugschnur nicht zuverlässig gegen ein unbeabsichtigtes Lösen vom Vorhangstoff gesichert ist (Spalte 1, Zeilen 14-26). Dabei geht es nicht um ein Ablösen unter Zugbelastung, das bei einer derartigen Vorrichtung kaum eintritt, weil die Kerbe in Zugrichtung geschlossen ist und die Schnur mit ihrem Knoten dort eingeklemmt wird; diese Art des Einklemmens wird in Anspruch 1 des Klagepatentes in Merkmal 3 beibehalten. Gemeint ist vielmehr die fehlende Sicherung dagegen, dass die Schnur entgegen der Zugrichtung ungewollt wieder durch das offene Ende aus der Kerbe frei kommen kann, wenn keine Zugbelastung ansteht, etwa wenn der Vorhang zu Reinigungszwecken abgenommen wird oder weil der Benutzer dessen unteres Ende anhebt (vgl. auch Spalte 2, Zeilen 13 – 14).

Daraus leitet sich die Aufgabenstellung ab, eine ästhetisch befriedigende, leicht lösbare und dennoch sichere Befestigung der Zugschnüre am Vorhangstoff anzugeben (vgl. Spalte 1, Zeilen 31-33 der Klagepatentschrift).

Zur Lösung dieser Problemstellung wird in Anspruch 1 des Klagepatentes eine Vorrichtung vorgeschlagen, die folgende Merkmale miteinander kombiniert:

1.
Vorrichtung zur Befestigung der Zugschnüre am unteren Rand eines Raffvorhanges

2.
mit einem am Vorhangstoff angebrachten Befestigungsglied mit einem Schlitz;

3.
in den Schlitz ist das mit einer Verdickung versehene Zugschnurende einklemmbar.

4.
Das Befestigungsglied

a) besteht aus einem biegsamen Streifen, der mit einem Schlitz versehen
ist;

b) ist in der vom Vorhangstoff für die Aufnahme des Fallstabes gebildeten
Tasche befestigbar und

c) mit Mitteln zum reversiblen Einschließen der im Schlitz eingeklemmten
Verdickung zwischen den beiden Enden des U-förmig zusammen
geklappten Streifens versehen.

Der Kern der Erfindung besteht in der Ausgestaltung des bereits in Merkmal 2 angesprochenen mit einem Schlitz versehenen Befestigungsgliedes entsprechend den Vorgaben der Merkmalsgruppe 4. Durch die dort beschriebenen Maßnahmen kann das verdickte Ende der Zugschnur in zwei Schritten zuverlässig, aber dennoch bei Bedarf wieder lösbar gegen ein Herausrutschen aus der Befestigung gesichert werden. Für den ersten Schritt übernimmt das Klagepatent die aus der Schweizer Patentschrift 653 537 bekannte Befestigungsart, das verdickte Ende der Zugschnur in einen Schlitz einzuklemmen, und verbessert sie dadurch, dass das Befestigungsglied streifenförmig ausgebildet ist und in einem zweiten Schritt nach Merkmal 4 c) U-förmig zusammengeklappt und in dieser Stellung mit Hilfe der dort genannten Mittel lösbar fixiert werden kann. Dadurch wird das im Schlitz eingeklemmte Ende der Schnur zusätzlich so eingeschlossen, dass es auch bei zufälligen Bewegungen des Vorhangs, die nicht unter Zugbelastung erfolgen, nicht aus dem Schlitz frei kommen kann, solange der Streifen zusammengeklappt ist (vgl. Spalte 1, Zeilen 41-49 und Spalte 2 Zeilen 8-14 und 25-30 der Klagepatentschrift). Die erfindungsgemäß angestrebte Sicherung gegen ein unbeabsichtigtes Lösen der Befestigung besteht darin, dass zunächst der Streifen wieder aufgeklappt werden muss, bevor das Schnurende wieder aus dem Schlitz gezogen werden kann (vgl. Spalte 2, Zeilen 3-7). Das Anliegen, ein ästhetisch befriedigendes Aussehen zu erhalten, erfüllt die Vorgabe des Merkmals 4b), das Befestigungsglied am Vorhangstoff in der Tasche zur Aufnahme des Fallstabes zu befestigen und so den Blicken des Betrachters weitgehend zu entziehen (vgl. Spalte 1, Zeilen 49-53 der Klagepatentschrift).

An die Ausgestaltung des Schlitzes stellt das Klagepatent nur wenige konkrete Anforderungen. Ein Schlitz ist nach allgemeinem Sprachgebrauch auch eine längliche schmale Öffnung, durch die etwas hindurch– oder in die etwas hineingeführt werden kann. Von diesem Bedeutungsgehalt geht ersichtlich auch die Klagepatentschrift aus. Diese längliche Öffnung kann sich nur über einen Teil der Länge des Befestigungsstreifens erstrecken und ist daher zwangsläufig an einem Ende geschlossen (vgl. Spalte 1, Zeilen 41 – 42 der Klagepatentbeschreibung); an diesem geschlossenen Ende oder in dessen Nähe liegt im eingebauten Zustand das verdickte Ende der Zugschnur gegen die Zugbelastung an. Die genaue Länge des Schlitzes stellt Anspruch 1 in das Belieben des Durchschnittsfachmanns; Anspruch 2 und die zugehörige Beschreibung des Ausführungsbeispiels (Spalte 2, Zeilen 36 – 39) schlagen insoweit vor, dass der Schlitz nur unwesentlich über die Umbiegestelle hinaus reichen und vorzugsweise schon vor dieser enden soll. Damit soll erreicht werden, dass der Schlitz sich an der Umbiegestelle, die den Zugbelastungen ausgesetzt ist, nicht aufweiten und die Verdickung der Zugschnur nach außen hindurch lassen kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem angesprochenen Durchschnittsfachmann zweckmäßig, den Schlitz vor der Umbiegestelle enden zu lassen, was ihm Anspruch 1 auch freistellt.

Hinsichtlich der Umrissform des Schlitzes enthält das Merkmal 2 für den Durchschnittsfachmann die Vorgabe, dass in dem Schlitz das mit einer Verdickung versehene Ende der Zugschnur einklemmbar sein soll. Da das Einklemmen nicht an beliebiger Stelle, sondern dort erfolgen soll, wo das Zugschnurende bzw. seine Verdickung bei Zugbelastung anliegt, muss nur diese Stelle des Schlitzes schmal genug sein, um das Ablösen des Zugschnurendes zu verhindern. Der Schlitz braucht nicht über seine gesamte Länge gleich breit zu sein; er kann sich zum Anlageende hin verjüngen, wie das auch in den Figuren 1 bis 3 und 5 der Klagepatentschrift gezeigt wird.

Das Klagepatent enthält entgegen der Auffassung des Landgerichts keinen Hinweis darauf, dass erfindungsgemäß als Schlitz nur Ausführungsformen in Betracht kommen, die wie eine Kerbe einseitig offen sind bzw. bei denen der Befestigungsstreifen an einem Rand eine Öffnung zum Einführen und Herausnehmen des Schnurendes aufweist. Zwar zeigen beide in der Klagepatentschrift erörterten Ausführungsbeispiele wie auch die in der einleitenden Beschreibung als Stand der Technik diskutierte Schweizer Patentschrift 653 537 kerbenartige Schlitze, die vom Rand des Befestigungselementes ausgehen, und eine solche Ausgestaltung ist sinnvoll, wenn der Schlitz schmaler ist als das verdickte Ende der Zugschnur und dieses an keiner Stelle durch die Öffnung hindurch geführt werden kann. In diesem Fall müssen die Mittel zur reversiblen Einschließung im Sinne des Merkmals 4 c) so beschaffen sein, dass der Knoten bei nicht zugbelasteten Bewegungen des Vorhangs nicht durch das offene Ende des Schlitzes nach außen gleiten kann. Eine solche Ausgestaltung ist nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns jedoch eine Besonderheit des Ausführungsbeispiels, die den weiteren Vorteil bietet, dass das Zugschnurende besonders leicht eingeführt und wieder herausgenommen werden kann, weil die Verdickung nicht durch die Öffnung hindurch geführt werden muss (vgl. Spalte 2, Zeilen 3-7 der Klagepatentschrift); er weiß aber auch, dass ein nur unwesentlich mühsameres Einlegen und ebenso einfaches Herausziehen der Zugschnur möglich ist, wenn der Schlitz nach allen Seiten geschlossen ist, vorausgesetzt, er geht an einem Ende in eine Öffnung über, die so bemessen ist, dass der Knoten ohne Schwierigkeiten hindurch passt, und er verjüngt sich zum gegenüber liegenden Ende hin so, dass jedenfalls dort das Zugschnurende unter Zugbeanspruchung klemmend festgelegt werden kann; auch diese Befestigungsart geht letztlich aus der erwähnten vorbekannten Schweizer Patentschrift hervor, bei der die Kerbe in eine von dem ringförmigen Befestigungsglied umschlossene Öffnung mündet und der Knoten vor dem Einklemmen in der Kerbe durch diese Öffnung hindurch geführt werden muss. Die Mittel zum reversiblen Einschließen brauchen dann nur so beschaffen zu sein, dass sie im zusammengeklappten Zustand des Streifens einen Austritt der Verdickung durch das breitere Ende des Schlitzes auch bei den bereits angesprochenen zugentlasteten Bewegungen des unteren Vorhangendes unterbinden. Die Klagepatentschrift enthält keine Hinweise darauf, dass solche Ausführungsformen, bei denen sich der erfindungsgemäß angestrebte Erfolg ebenso gut erreichen lässt, vom technisch verstandenen Wortsinn des Klagepatentanspruches 1 nicht erfasst werden. Es geht im Rahmen der Erfindung nicht um den Aufwand, den das Hineinlegen des Zugschnurendes in den Schlitz verursacht, sondern um eine zuverlässige Sicherung des eingeklemmten Schnurendes gegen ein unbeabsichtigtes Freikommen aus der Einklemmung, die bei Bedarf ohne besondere Mühe wieder gelöst werden kann.

Die in Merkmal 4. a) vorgeschriebene Streifenform des Befestigungsgliedes verlangt keine streng rechteckige Ausbildung und schließt auch nicht aus, den Befestigungsstreifen mit weiteren sich in andere Richtungen erstreckenden streifenförmigen Funktionsteilen zu verbinden, so dass aus der Verbindung beider Teile eine nicht mehr rechteckige Umrisskontur, etwa in Gestalt einer T-Form, entsteht. Notwendig ist erfindungsgemäß nur, dass zwei Enden der Vorrichtung U-förmig zusammengeklappt bzw. aufeinandergelegt werden können, wobei mit Ende auch nicht zwingend die beiden Schmalkanten an den Enden gemeint sind, sondern es auch möglich ist, die Schmalkante eines Streifenabschnittes auf einen mittleren Bereich des verbleibenden Streifens zu legen und diesen Bereich, weil er den zweiten an dem Zusammenklappvorgang beteiligten Abschnitt beendet, ebenfalls als Ende im Sinne des Merkmals 4. c) zu betrachten. Hiergegen hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch keine Einwände mehr erhoben.

Ebensowenig muss die beim Zusammenlegen der Streifenabschnitte nach innen zu liegen kommende Oberfläche des dem Schlitz gegenüber liegenden Streifenabschnittes vollständig plan sein. Sie kann auch Vorsprünge aufweisen, die in die vom Schlitz gebildete Öffnung eingreifen können, um die Zugschnur mit ihrem Ende noch sicherer zu befestigen. Wichtig ist nur, dass das verdickte Ende der Schnur nach dem Zusammenklappen des Befestigungsstreifens nicht nur im Schlitz eingeklemmt wird und diese Verbindung Zugbeanspruchungen Stand hält, sondern zusätzlich im Schlitz eingeschlossen ist und sich auch bei „zufälligen“, ohne Zuglast stattfindenden Bewegungen nicht unbeabsichtigt lösen kann. Dieses Einschließen muss allein durch das Zusammenklappen der beiden Enden des Befestigungsstreifens und darf nicht erst durch den Einsatz weiterer Festlegungsmittel erfolgen, die erst durch weitere Manipulationen wirksam gemacht werden müssen. Mit dem Zusammenklappen muss auch die Befestigung des Schnurendes bewirkt und das Schnurende eingeschlossen sein.

B.

Die angegriffene Befestigungsvorrichtung macht von der in Anspruch 1. des Klagepatentes unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß Gebrauch.

1.
Sie verwirklicht unstreitig die Merkmale 1. und 4. b) der vorstehenden Merkmalsgliederung, so dass sich hierzu weitere Ausführungen erübrigen. Weiterhin besteht kein Streit darüber, dass die Merkmale 2. und 3. wortsinngemäß erfüllt sind, soweit sie ein am Vorhangstoff angebrachtes Befestigungsglied voraussetzen, das seinerseits ein Vorrichtungsteil, nämlich eine dreieckförmige Öffnung aufweist, in deren obere Spitze das mit einer Verdickung versehene Zugschnurende eingeklemmt werden kann.

2.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die dreieckförmige Öffnung ein Schlitz im Sinne der Merkmale 2., 3., 4. a) und 4. b). Das Einklemmen des Zugschnurendes in diesen Schlitz erfolgt, indem das durch einen Knoten verdickte Ende der Zugschnur durch das breitere Ende der Öffnung eingeführt und anschließend in das gegenüber liegende Spitzende der Öffnung verschoben wird. An dieser Stelle ist die Öffnung schmaler als die Verdickung der Zugschnur und hält diese insoweit fest, als diese in Zugrichtung belastet immer weiter in diese Spitze hineingezogen wird und aus dieser nur rückwärts zum breiteren Ende hin wieder hinausgezogen werden kann.

Dass die sich allmählich bis zur Spaltbreite verjüngende Spitze der angegriffenen Befestigungsvorrichtung zum lösbaren Einführen und Einklemmen des Zug-schnurendes geeignet ist, stellt die Beklagte zu Recht nicht in Abrede; sie räumt es letztlich selbst ein, indem sie ausführt, das Zugschnurende erfahre durch das Festlegen und das Hineinziehen in die dreieckförmige Öffnung „ein erstes Arretieren“ in der dreieckförmigen Spitze (S. 3 und 14 der Berufungsbegründung; Bl. 97, 108 d.A.).

Dass das Einführen des Zugschnurendes in die Öffnung etwas mühsam sein mag, weil der Knoten der Zugschnur vor dem Einklemmen anders als bei einem bis zum Streifenrand durchgehenden Schlitz durch die Öffnung hindurch gesteckt werden muss und es nicht möglich ist, die Schnur gleich so einzuziehen, dass der Knoten sofort auf der späteren Innenseite zu liegen kommt, steht der Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre nach den Ausführungen am Ende des vorstehenden Abschnittes A nicht entgegen. Die Klagepatentschrift kritisiert am Stand der Technik nicht die Probleme bei der Befestigung bzw. beim Einführen des Zugschnurendes in das Befestigungsglied, sondern deren mangelhafte Zuverlässigkeit und schwierige Lösbarkeit (Spalte 1, Zeilen 16-18); die erfindungsgemäße Abhilfe besteht nicht in einer besonderen Art des Einklemmens, sondern darin, dass das bisher zur endgültigen Befestigung dienende und aus dem Stand der Technik grundsätzlich bekannte Einklemmen des Schnurendes nur noch als Vorarretierung dient, während die endgültige Befestigung durch das Zusammenklappen des geschlitzten Streifens bewerkstelligt wird.

3.
Die angegriffene Vorrichtung stimmt auch mit Merkmal 4 c) überein. Sie weist Mittel auf, mit denen die im Schlitz eingeklemmte Verdickung reversibel zwischen den beiden Enden des U-förmig zusammengeklappten Befestigungsstreifens eingeschlossen werden kann. Unstreitig ist der senkrecht verlaufende Abschnitt bzw. Streifen des T-förmigen Befestigungsteils zusammenklappbar, und die aufeinander gelegten Abschnitte bilden in diesem zusammengeklappten Zustand die Schenkel eines U, die durch die Umbiegestelle miteinander verbunden sind. Die reversible Fixierung dieser Verbindung erfolgt dadurch, dass an einem Ende vorgesehene Zapfen in Löcher am gegenüber liegenden Ende klemmend eingreifen und aus diesen Löchern auch wieder herausgezogen werden können; diese Zapfen sind die von Merkmal 4 c) verlangten Mittel zum reversiblen Einschließen der im Schlitz eingeklemmten Verdickung.

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird die im Schlitz eingeklemmte Verdickung durch das Zusammenklappen der beiden Abschnitte reversibel zwischen den
beiden zusammengeklappten Ende eingeschlossen. Erfolglos macht die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend, das Zusammenklappen für sich allein bewirke bei dem angegriffenen Gegenstand noch nichts, und erst das Verschließen der dreieckförmigen Öffnung mit dem entsprechend geformten Vorsprung lege das Zugschnurende entgültig fest. Es ist unerheblich, ob die angegriffene Ausführungsform, wäre der dreieckförmige Vorsprung nicht vorhanden und der der Öffnung gegenüber liegende Abschnitt plan, nach dem Umklappen keine befriedigende Sicherung gegen ein unbeabsichtigtes Lösen der Verbindung bewirkte, weil das Ende der Zugschnur sich dann weiterhin in Längsrichtung in der Öffnung bewegen und auch im umgeklappten Zustand durch das untere – breitere – Ende aus der Öffnung freikommen könnte. Denn die angegriffene Ausführungsform ist nicht so beschaffen, sondern hat einen dreieckförmigen Vorsprung, der beim Zusammenklappen der beiden Abschnitte mit der Klappbewegung automatisch in die Öffnung bzw. den Schlitz eindringt und sie über den größten Teil ihrer Länge verschließt. Frei bleiben nur die Spitze und der ihr benachbarte Bereich; dort wird das Zugschnurende festgelegt und kann sich nicht mehr zum breiten Ende hin bewegen. Insofern gehört auch der dreieckförmige Vorsprung zusammen mit dem bereits erwähnten Zapfen zu den Mitteln, die den im Schlitz eingeklemmten Knoten der Zugschnur zwischen den beiden Enden des zusammengeklappten Streifens reversibel einschließen. Durch welche konkreten Maßnahmen beim Zusammenklappen die reversible Einschließung bewirkt wird, stellt Anspruch 1 des Klagepatentes in das Belieben des Durchschnittsfachmanns; die Verwirklichung des Merkmals 4. c) verlangt nur, dass das Raffband mit seiner Verdickung nach dem Zusammenklappen sowohl im Schlitz eingeklemmt als auch zwischen den beiden Enden des Streifens eingeschlossen ist.

Dass dies auf die angegriffene Ausführungsform zutrifft, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Der Vorsprung, der die Öffnung verschließt, ist kein besonderes Vorrichtungsteil, und er ist auch kein zusätzliches Mittel, sondern er ist integraler und untrennbarer Bestandteil des Befestigungsstreifens, mit dessen Hilfe die Einschließung bewirkt wird, sobald die beiden Abschnitte zusammengeklappt werden. Ein Zusammenklappen der Enden, ohne gleichzeitig den Vorsprung mit zu bewegen und die Verdickung einzuschließen, ist nicht möglich. Es geschieht genau das, was in der Klagepatentschrift als zweiter Schritt der reversiblen Befestigung nach dem Einklemmen der Zugschnur beschrieben wird. Mit dem Zusammenklappen der beiden Enden wird zwangsläufig auch der Vorsprung bewegt. Liegen die
Enden aufeinander, dann ist der Knoten der Zugschnur eingeschlossen und kann auch bei ohne Zugbelastung erfolgenden Bewegungen des unteren Vorhangendes nicht aus der schmalen Spitze des Schlitzes frei kommen. Zusätzliche Manipulationen, um den Schlitz zu verschließen, sind nicht notwendig. Das ergibt sich nicht zuletzt aus dem eigenen Sachvortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, das Umklappen diene dazu, den dreieckförmigen Vorsprung in die entsprechend geformte Öffnung einzuführen. Dass die Innenseiten der aufeinander liegenden Abschnitte bis auf den Schlitz völlig plan sind, verlangt das Klagepatent nicht. Sein Schutz beschränkt sich auch nicht auf die Ausführungsbeispiele in der Klagepatentschrift, denen gemeinsam ist, dass der zusammengeklappte Streifen mit seinen aufeinanderliegenden Enden eine Tasche bildet, in den das eingeklemmte Ende „eingesperrt“ ist. Es lässt auch mit dem Schlitz zusammenwirkende Erhebungen auf der gegenüber liegenden Oberfläche des benachbarten Streifens zu, die den Knoten der Zugschnur in dem Schlitz eingeklemmt fixieren.

4.
Aus den Ausführungen im vorstehenden Abschnitt I. ergibt sich weiterhin, dass die angegriffene Ausführungsform einen Befestigungsstreifen im Sinne des Merkmals 4 a) aufweist, obwohl sie T-förmig ausgebildet ist. Hiergegen hat die Beklagte im Verhandlungstermin auch keine Einwände mehr erhoben.

III.

1.
Da die Beklagte entgegen § 9 PatG eine patentierte Erfindung benutzt, kann die Klägerin sie nach § 139 Abs. 1 PatG auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Als Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz am Gegenstand dieses Schutzrechtes gehört sie zu den Verletzten im Sinne dieser Vorschrift. Die für die Zuerkennung von Unterlassungsansprüchen erforderliche Gefahr künftiger Rechtsverletzungen ergibt sich daraus, dass die Beklagte das Klageschutzrecht im Rahmen ihrer erwerblichen Tätigkeit verletzt hat und deshalb vermutet wird, dass sie diese Handlungen auch künftig fortsetzen wird.

2.
Nach § 139 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 398 BGB hat die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die rechtsverletzenden Handlungen vor der durch den Vertrag vom 10. Dezember 2002 erfolgten Abtretung dem eingetragenen Inhaber des Klagepatentes und der vom Zeitpunkt der Abtretung an in ihrer Person entstanden ist und noch entstehen wird. Der Senat geht davon aus, dass dies dem Begehren der Klägerin entspricht, obwohl sie als Stichtag für den Übergang von Ansprüchen aus abgetretenem zu solchen aus eigenem Recht im Klageantrag den 15. Mai 2002 angegeben hat. Eine teilweise Abweisung der Klage liegt darin nicht.

Die Beklagte hat das Klageschutzrecht schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hätte sie die ihr als einem einschlägig tätigen Fachunternehmen obliegende im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte sie sich vor Aufnahme der Verletzungshandlungen über die Schutzrechtslage vergewissert. Im Rahmen dieser Nachforschungen wäre sie auf das Klagepatent gestoßen und hätte jedenfalls aufgrund zutreffender rechtlicher Beratung erkennen können, dass der angegriffene Gegenstand der dort unter Schutz gestellten technischen Lehre entspricht.

Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass durch die schutzrechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, den die Klägerin jedoch noch nicht beziffern kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Handlungen ohne eigenes Verschulden im Einzelnen nicht kennt, hat sie ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen.

3.
Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz dem Grunde nach fest, so entspricht es Treu und Glauben (§ 242 BGB), dass sie der Klägerin über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Rechnung legt, um sie in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können. Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die Erteilung der ihnen abverlangten Auskünfte auch nicht unzumutbar belastet. In diesem Zusammenhang ist der Senat davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Angabe der Herstellungsmengen und –zeiten die im Klageantrag angegebene Beschränkung auf die Zeit seit dem 1. Juli 1990 gegenstandslos ist, da die vom Auskunftsbegehren der Klägerin erfasste Zeitspanne ohnehin erst mit dem 13. Juli 1990 beginnt.

Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte auch über die Herstellungsmengen und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Gegenstände Auskunft zu erteilen. Die nach Abs. 2 dieser Bestimmung geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammen gefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung nach § 242 BGB zu machen sind.

Hinsichtlich der Angabe der Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger hat der Senat dem Begehren der Beklagten entsprochen und ihr insoweit unter teilweiser Klageabweisung einen Wirtschaftsprüfervorbehalt gewährt. Diese Angaben werden vom erweiterten und nur durch unmittelbare Mitteilung an den Verletzten erfüllbaren Auskunftsanspruch nach § 140b PatG nicht erfasst, so dass insoweit der Beklagten nach § 242 BGB mit Rücksicht auf das zwischen den Parteien bestehende Wettbewerbsverhältnis nicht zugemutet werden kann, ihre Kundenbeziehungen der Klägerin offenzulegen. Die Klägerin hat gegen die Einräumung des Wirtschaftsprüfervorbehaltes auch keine Einwände erhoben.

IV.

Als im wesentlichen unterlegene Partei hat die Beklagte nach § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n.F. liegen ersichtlich nicht vor. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

R1 R4 Dr. R3